Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 1126/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 4994/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Einer Bewilligung von Alg II steht zu verwertendes Vermögen solange entgegen, bis es verbraucht ist. Bei Aufhebung der Leistungsbewilligung wegen fehlender Hilfebedürftigkeit aufgrund von Vermögen ist die gesamte überzahlte Leistung zu erstatten. Eine Beschränkung des Rückforderungsbetrags der Höhe nach auf den Wert des zu verwertenden Vermögens erfolgt nicht.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rücknahme von Bewilligungsentscheidungen über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und eine damit verbundene Erstattungsforderung der Beklagten in Höhe von 11.207,59 EUR.
Der 1981 geborene Kläger bewohnte in den Jahren 2006 bis 2009 allein eine seinem Vater gehörende Wohnung in M. Am 14. September 2006 beantragte er die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II und gab hierbei im Antragsformular an, geschieden zu sein und außer einem Girokonto über keine Vermögenswerte zu verfügen. Im Folgeantrag vom 15. März 2007 gab er keine Änderungen in seinen Vermögensverhältnissen an. Die Beklagte gewährte ihm mit Bescheiden vom 6. Oktober 2006, 21. März 2007, 2. Juni 2007 und 16. Juli 2007 (Aufhebung ab 1. August 2007 mit Bescheid vom 19. Juli 2007) Leistungen für die Zeit vom 14. September 2006 bis 30. Juni 2007 in Höhe von 345 EUR monatlich und für Juli 2007 in Höhe von 395,40 EUR. Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung wurden getrennt vom kommunalen Träger erbracht. Nach einer kurzfristigen Beschäftigung als Metallhilfsarbeiter beantragte der Kläger am 25. Oktober 2007 erneut Grundsicherungsleistungen und gab hierbei wiederum außer dem Girokonto keine Vermögenswerte an. Mit Bescheiden vom 3. Januar 2008 bewilligte die Beklagte vorläufig Leistungen in Höhe von 347 EUR monatlich für Oktober 2007 und für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis 31. März 2008. Im Fortzahlungsantrag vom 4. März 2008 gab der Kläger keine Änderung in seinen Vermögensverhältnissen an. Die Beklagte bewilligte mit Bescheiden vom 6. März 2008 und 17. Mai 2008 und Leistungen für 1. April bis 30. Juni 2008 in Höhe von 347 EUR monatlich und für 1. Juli bis 31. August 2008 in Höhe von 351 EUR monatlich (Aufhebung ab 1. September mit Bescheid vom 13. August 2008). Nach einer Ortsabwesenheit beantragte der Kläger am 15. September 2008 erneut Leistungen unter der Angabe, dass sich seine Vermögensverhältnisse nicht geändert hätten.
Durch einen Datenabgleich erfuhr die Beklagte im Oktober 2008, dass der Kläger im Jahr 2007 aus einer Geldanlage bei der L.kasse Baden-Württemberg ( ...) einen Kapitalertrag von 91 EUR erzielt hatte und forderte daraufhin vom Kläger die lückenlose Belegung seines Einkommens und Vermögens. Der Kläger erklärte, die Geldanlage bei der ... gehöre seinem Vater und stellte am 21. Oktober 2008 einen wiederholten Leistungsantrag.
Mit Bescheid vom 24. Oktober 2008 bewilligte die Beklagte vorläufig Leistungen für die Zeit vom 15. September 2008 bis 31. März 2009 in Höhe von 351 EUR monatlich und forderte Nachweise über die Inhaberschaft der Vermögensanlage. Der Kläger legte eine schriftliche Bestätigung seines Vaters C.D. vor, wonach dieser das Geld bei der ... auf den Namen seines Sohnes gespart habe. Beigefügt war ein Kontoauszug über ein Girokonto des C.D., woraus eine Lastschrift über die monatliche Sparrate für den Bausparvertrag ersichtlich war. Das Bausparguthaben betrug am 1. Januar 2007 7.223,59 EUR und am 1. Januar 2008 7.366,84 EUR.
Mit Bescheid vom 23. Januar 2009 hob die Beklagte die Bewilligungsentscheidungen vom 6. Oktober 2006, 16. Juli 2007, 3. Januar 2008, 6. März 2008, 17. Mai 2008 und 24. Oktober 2008 ab 14. September 2006 ganz auf und forderte überzahlte Leistungen von 8.182,56 EUR, Beiträge zur Krankenversicherung von 2.669,09 EUR und Beiträge zur Pflegeversicherung von 355,94 EUR, insgesamt 11.207,59 EUR vom Kläger zurück.
Auf den Widerspruch des Klägers hörte die Beklagte ihn unter Hinweis auf die Rechtslage mit Schreiben vom 5. Februar 2009 an. Der Kläger äußerte, er habe von der Geldanlage nichts gewusst, da der Vertrag bereits 1997 von seinen Eltern ohne sein Wissen abgeschlossen worden sei. Die Kontoauszüge befänden sich auch heute noch in der Verwahrung seiner Eltern. Der Vertrag sei vom Vater bespart worden, um die Wohnungsbauprämie für den Kläger zu sichern. Als er nach der Ausbildung aus gesundheitlichen Gründen keinen Arbeitsplatz gefunden habe, habe der Vater das Geld als Mietersatz einbehalten, um abzusichern, dass er sich bei einer erfolgreichen Bewerbung ein Auto leisten könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 13. März 2009 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage. Zur Begründung wird vorgetragen, dass sämtliche Zahlungen auf den Bausparvertrag vom Konto des Vaters erfolgt seien, der sich auch als Begünstigter habe eintragen lassen. Der Vater habe sich sämtliche Rechte am Vertrag vorbehalten, indem er seinen Sohn von der Existenz des Vertrags nicht unterrichtet und sämtliche Vertragsunterlagen bei sich verwahrt habe. Tatsächlich habe also der Vater Gläubiger des Bausparvertrags sein wollen. Der Kläger habe erst mit Schreiben der Beklagten vom 8. Oktober 2008 von der Existenz des Vertrags erfahren und mit seinem Vater Rücksprache gehalten. Durch seine Angabe gegenüber der Beklagten, es handele sich um Vermögen des Vaters, habe er den Anspruch seines Vaters auf das Guthaben anerkannt und den Gläubigervorbehalt bestätigt. Der Vater sei von Anfang an faktischer Inhaber des Bausparvertrags gewesen und in der Folgezeit auch geblieben.
Das SG hat von der ... die Vertragsunterlagen angefordert und Unterlagen zum Vertragsschluss, Freistellungsaufträge für die Jahre 1997 und 2004, Anträge auf Wohnungsbauprämie für 1997 bis 2003 sowie die Jahreskontoauszüge 1997 bis 2008 erhalten. Der Vertrag wurde zwischen dem Kläger, vertreten durch den Vater und der ... abgeschlossen, die angefallene Korrespondenz wurde mit dem Kläger geführt.
Sodann hat das SG in der mündlichen Verhandlung am 26. Juli 2010 C.D. als Zeugen vernommen und mit Urteil vom gleichen Tag die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Aufhebung der Bewilligungen könne auf § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gestützt werden. Vorliegend seien die Bewilligungsentscheidungen für die Zeit vom 14. September 2006 bis 31. Juli 2007, Oktober 2007, 1. Dezember 2007 bis 31. August 2008 und 15. September 2008 bis 31. März 2009 als von Anfang an rechtswidrig anzusehen. Dem Kläger hätten keine Leistungen zugestanden, denn er sei nicht hilfebedürftig gewesen. Unstreitig sei, dass auf den Namen des Klägers Bausparguthaben existiert habe, das den für den Kläger zulässigen Freibetrag nach § 12 Abs. 2 SGB II überstiegen habe. Die Kammer sei nicht davon überzeugt, dass zwischen dem Kläger und seinem Vater ein verdecktes Treuhandverhältnis bestanden habe. Vorliegend sei zu keiner Zeit erkennbar gewesen, dass der Kläger in Bezug auf den Bausparvertrag im fremden Interesse gehandelt hätte. Der Vertrag sei auf seinen Namen eröffnet worden. Die Eintragung des Vaters als Begünstigter beinhalte nur eine Erklärung dahingehend, dass im Falle des Todes des Klägers das Bausparvermögen nicht in die Erbmasse fallen möge, sondern an den Begünstigten. Es bestünden auch erhebliche Zweifel, dass der bei Abschluss des Bausparvertrags noch minderjährige Kläger als Treuhänder das Vermögen seines Vaters verwaltet haben solle. Der Abschluss einer mündlichen Treuhandvereinbarung dürfte nicht erfolgt sein, da laut Vortrag des Klägers keine Besprechung zwischen ihm und seinem Vater über den Bausparvertrag erfolgt sei. Eine im Nachhinein geschlossene Treuhandvereinbarung nach "Bekanntwerden" des Bausparkontos sei unerheblich, da die Erkennbarkeit des Handelns im fremden Namen nachträglich nicht mehr herstellbar sei. Jedenfalls hielte eine solche Vereinbarung auch keinem Drittvergleich stand, da sämtliche regelungsbedürftigen Tatsachen - Verwendung der Prämien und Zinsen, Verwendung bei Zuteilungsreife - nicht besprochen worden seien. Mithin sei die Bausparsumme dem Kläger zuzuordnen. Der Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit stehe auch kein schützenswertes Vertrauen des Klägers entgegen. Hierauf könne er sich nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruhe, die der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Die unvollständige Angabe der bestehenden Vermögenswerte sei als grob fahrlässig zu werten. Die Kammer sei überzeugt, dass dem Kläger die Existenz des Bausparvermögens bekannt gewesen sei. Zum einen sei die Korrespondenz mit dem Kläger geführt worden, mithin seien ihm jahrelang die Kontoauszüge zugeschickt worden. Wenn auch - wie in der mündlichen Verhandlung angegeben - die Mutter des Klägers dessen Haushalt führe und in der Regel den Postkasten leere, sei es schlichtweg nicht nachzuvollziehen, dass der Kläger im gesamten streitigen Zeitraum keine Kenntnis von den Kontoauszügen erlangt haben solle. Allein die Tatsache, dass das Anhörungsschreiben der Beklagten über die geplante Rückforderung von Leistungen den Kläger erreicht habe - hierauf habe er umgehend reagiert - spreche dafür, dass ihm die Post, sofern er sie nicht selbst in Empfang nehme, zumindest vorgelegt werde. Darüber hinaus habe der Kläger bestätigt, zumindest den Freistellungsauftrag für Kapitalerträge aus dem Jahr 2004 unterschrieben zu haben. Der Einwand, er habe diesen Antrag in der Annahme unterschrieben, es handele sich um eine Darlehensangelegenheit seines Vaters, sei aufgrund des eindeutigen Wortlauts im Antrag nicht nachvollziehbar. Dort werde die Bausparkasse vom Kläger wörtlich beauftragt, dessen anfallende Zinseinnahmen aus dem Bausparkonto vom Steuerabzug freizustellen. Das Unterlassen der Angabe der Existenz des Bausparvertrags beruhe zur Überzeugung der Kammer nicht auf der Unkenntnis des Klägers, sondern auf dessen allgemeiner Nachlässigkeit, die als grobe Sorgfaltspflichtverletzung zu werten sei.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 23. September 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. Oktober 2010 eingelegte Berufung des Klägers. Auf dessen Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 25. Februar 2011 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist gewährt. Zur Begründung der Berufung führt der Kläger erneut aus, dass er von der Existenz des Bausparvertrags nichts gewusst habe. Im Zusammenhang mit dem Freistellungsauftrag aus dem Jahr 2004 habe der Kläger nicht gewusst, was er unterschreibe. Aufgrund des Zeitablaufs von zwei Jahren bis zur Antragstellung im Jahr 2006 könne auch keine fahrlässige Unkenntnis abgeleitet werden. Hinzu komme, dass Leistungen zurückgefordert würden, die über den Betrag der angesparten Summe hinausgingen. Der Kläger sei zumindest so zu stellen, als hätte er das Vermögen von Anfang an tatsächlich eingesetzt. Ein Rückforderungsanspruch könne nur in Höhe des einzusetzenden Vermögens entstanden sein, alles andere wäre weder mit dem Gleichheitssatz vereinbar noch verhältnismäßig.
Wegen des hier streitigen Sachverhalts ist der Kläger nach seinem auf die Rechtsfolgen beschränkten Einspruch gegen den Strafbefehl vom Amtsgericht M. mit Urteil vom 4. Januar 2011 (1 Cs 91 Js 12734/10) rechtskräftig wegen Betrugs zum Nachteil der Beklagten verurteilt worden zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 15 EUR, insgesamt 1.350 EUR. Die Tilgung der Geldstrafe erfolgte zwischenzeitlich durch Ableistung von 360 Stunden gemeinnütziger Arbeit.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Juli 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Februar 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit seinem Vortrag, der Kläger habe bei Unterzeichnung des Freistellungsauftrags nicht gewusst, was er unterschreibe, bestätige der Prozessbevollmächtigte die Überzeugung des SG, dass der Kläger nachlässig gehandelt habe. Wenn sich jemand aus Nachlässigkeit nicht um seine Angelegenheiten kümmere, obwohl er es könnte, müsse er die Konsequenzen tragen. Die Erstattungsforderung berechne sich zu Recht aus der Summe der zu Unrecht erhaltenen Leistungen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), da der Wert des Beschwerdegegenstands 750 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) und auch ansonsten zulässig, nachdem der Senat dem Kläger wegen Versäumung der Berufungsfrist mit Beschluss vom 25. Februar 2011 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt hat. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, denn die Beklagte war - wie das SG zu Recht entschieden hat - berechtigt, die Leistungsbewilligungen für die hier streitigen Zeiträume vom 14. September 2006 bis 31. März 2007, 1. April bis 31. Juli 2007, Oktober 2007, 1. Dezember 2007 bis 31. März 2008, 1. April bis 31. August 2008 und 15. September 2008 bis 31. März 2009 zurückzunehmen und die erbrachten Leistungen nebst Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung zurückzufordern.
Verfahrensrechtliche Grundlage der Rücknahme der Bewilligungen sind mit Blick auf die von Anfang an rechtswidrigen Bewilligungsbescheide die Bestimmungen der §§ 40 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 SGB II, 45 SGB X in der Modifikation durch § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit bestimmt sich hierbei nach den tatsächlichen und materiell-rechtlichen Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des begünstigenden Verwaltungsakts (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-1500 § 54 Nr. 18). Nach § 45 Abs. 1 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB III ist ein begünstigter Verwaltungsakt unter Beachtung der Einschränkungen der Absätze 2 und 4 von § 45 SGB X ganz oder teilweise zurückzunehmen. Auf Vertrauensschutz (vgl. § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X) kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit (1.) er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, (2.) der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder (3.) er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bösglaubigkeit ist der Erlass des zurückzunehmenden begünstigenden Bescheids (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 24 S. 82; SozR a.a.O. Nr. 39 S. 127).
Die vorgenannten Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bescheide liegen hier vor. Die Bewilligungsbescheide waren rechtswidrig, weil der Kläger wegen des Bausparvermögens bei der ... keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II hatte.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch nur Personen, die u.a. hilfebedürftig sind (Nr. 3 a.a.O.). Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch (1.) Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, (2.) aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II), also auch das hier streitige Bausparguthaben. Abzusetzen ist nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ein Grundfreibetrag von 150 EUR je vollendetem Lebensjahr sowie ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen von 750 EUR (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Zu Beginn des ersten Bewilligungsabschnitts war der Kläger 25 Jahre alt, zu Beginn des letzten hier streitigen Abschnitts war er 27 Jahre alt. Der Freibetrag belief sich daher zu Beginn des streitigen Zeitraums auf 4.500 EUR und zum Ende auf 4.800 EUR. Das Bausparguthaben belief sich am 1. Januar 2007 auf 7.223,59 EUR und am 1. Januar 2008 auf 7.366,84 EUR, so dass es zu jeder Zeit ab 14. September 2006 deutlich über den Freibeträgen lag. Der Bausparvertrag wurde erst im Juni 2009 aufgelöst, so dass das Vermögen auch im gesamten hier streitigen Zeitraum noch vorhanden war.
Das auf seinen Namen angelegte Bausparvermögen ist dem Kläger auch zuzurechnen. Der Senat teilt nach eigener Überprüfung die Auffassung des SG, dass se ...t dann, wenn das Guthaben allein aus Mitteln des Vaters des Klägers angespart wurde, die Voraussetzungen für ein im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigendes verdecktes Treuhandverhältnis nicht vorgelegen haben. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 24. Mai 2006 (SozR 4-4200 § 6 Nr. 4; vgl. auch die Parallelentscheidung B 11a AL 49/05 R - (juris)) zwar entschieden, dass es einen Rechtsgrundsatz, der Arbeitslose müsse sich am "Rechtsschein der Kontoinhaberhaft" festhalten lassen, im Recht der Arbeitslosenhilfe nicht gebe. Zur Begründung hat das BSG aber u.a. auf die verwaltungs- und finanzgerichtliche Rechtsprechung verwiesen und dazu ausgeführt: "Entsprechend ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich besteht, ein strenger Maßstab anzulegen; das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse muss eindeutig erkennbar sein (vgl. BFHE 183, 518 unter Bezug auf die Beweisregeln in § 159 Abs. 1 Abgabenordnung). Bei der Prüfung von Schuldverpflichtungen unter nahen Angehörigen gilt der Grundsatz, dass ein Vertrag und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten einem Fremdvergleich standhalten, also dem zwischen fremden Dritten Üblichen entsprechen muss (vgl. BFH, Urteil vom 5. Februar 1988 - III R 234/84 -; BFH, Beschluss vom 25. Juni 2002 - X B 30/01 - (beide juris))."
Diese Grundsätze, die sich der erkennende Senat zu Eigen macht, sind auch auf die Frage, ob ein verdecktes Treuhandverhältnis im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung als Voraussetzung des Anspruchs auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II Berücksichtigung finden muss, zu übertragen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 30 = BSGE 106, 185; Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Juni 2009 - L 1 AS 31/08 - (juris)) und führen vorliegend dazu, dass der angelegte Betrag zu berücksichtigen ist. Insoweit kann hinsichtlich der Darlegungen, warum vom Bestehen eines verdeckten Treuhandvertrags zwischen dem Kläger und seinem Vater nicht ausgegangen werden kann, auf die überzeugende und ausführliche Darstellung des SG Bezug genommen werden, welches unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze zutreffend zu dem Ergebnis gelangt ist, dass das Bausparvermögen dem Kläger im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zuzurechnen ist. Der Senat weist daher die Berufung des Klägers insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und nimmt hierauf Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Im Übrigen wird diese Beurteilung auch dadurch bestätigt, dass der Kläger nach seinen Angaben im Strafverfahren das Vermögen se ...t verbraucht hat zur Schuldentilgung und für den Lebensunterhalt.
Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da die Bewilligungsbescheide auf Angaben beruhen, die er zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X), denn er hat bei allen Anträgen das Bausparvermögen nicht angegeben. Die rechtswidrigen Bewilligungen beruhen auf diesen Angaben des Klägers. Entgegen der klaren und unmissverständlichen Fragestellung in den jeweiligen Antragsformularen hat der Kläger unrichtige Angaben bezüglich seiner Vermögensverhältnisse gemacht, in dem er jeweils das Vorhandensein von Vermögen verneint und das auf seinen Namen angelegte Bausparvermögen nicht angegeben hat. Dabei ist der Senat davon überzeugt, dass dem Kläger - unter Zugrundelegung der eindeutigen Fragestellung - auch bei der ihm eingeräumten eigenen rechtlichen Wertung (vgl. BSGE 42, 184, 188 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSGE 47, 28, 33; BSG SozR 4100 § 152 Nr. 6) ohne weitere Überlegung klar sein musste, dass zu den anzugebenden Vermögenswerten der auf seinen Namen lautende Bausparvertrag gehört. Bedingter Vorsatz ist insoweit ausreichend (vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar, SGB X § 45 Rdnr. 37 m.w.N.). Das Vorbringen des Klägers, er habe keine Kenntnis von dem Bausparguthaben gehabt, hält der Senat nicht für glaubwürdig. Dagegen spricht nicht nur, dass der Kläger jedenfalls den Freistellungsauftrag für Kapitalerträge für das Jahr 2004 unterschrieben hat, aus dem die Existenz eines auf ihn laufenden Bausparvertrags ohne weiteres ersichtlich war - sonstige Unterschriften konnte er auf Vorhalt in der mündlichen Verhandlung vor dem SG nach seinen Angaben nicht identifizieren - sondern auch, dass sämtliche Korrespondenz mit der Bausparkasse unter Namen und Anschrift des Klägers lief. Auch wenn die Mutter des Klägers ihm in der streitigen Zeit den Haushalt versorgte und Post annahm, erscheint es ausgeschlossen, dass er entsprechende Unterlagen niemals erhielt, zumal der Kläger stets auf entsprechende Anschreiben der Beklagten reagiert hat. Davon abgesehen hat der Kläger während seiner Ausbildung vermögenswirksame Leistungen bezogen, die auf den Bausparvertrag liefen. Auch insoweit ist schlechterdings nicht nachvollziehbar, dass die Existenz des Bausparvertrags dem Kläger verborgen geblieben sein soll. Angesichts all dessen kann es nur als grob fahrlässig betrachtet werden, dass der Kläger den Bausparvertrag im Rahmen der Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II nicht angegeben hat.
Die in § 45 Abs. 3 und 4 SGB X genannten Fristen sind eingehalten. Nach § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bis zum Ablauf von 10 Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 SGB X vorliegen. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit muss innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen erfolgen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts für die Vergangenheit rechtfertigen (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Zur Kenntnis der Behörde von den maßgeblichen, die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen gehört regelmäßig auch die Anhörung der Beteiligten (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nrn. 27 und 42). Ganz davon abgesehen hat die Beklagte erst durch den Datenabgleich im Oktober 2008 von den Kapitalerträgen des Klägers erfahren und dadurch erstmals konkrete Hinweise darauf erhalten, dass der Kläger während des Leistungsbezugs über zu berücksichtigendes Vermögen verfügte. Bereits im Januar 2009 folgte der Rücknahme- und Erstattungsbescheid, sodass an der Einhaltung der Jahresfrist kein Zweifel besteht.
Der Kläger ist daher nach § 50 Abs. 1 SGB X verpflichtet, die im Zeitraum vom 14. September 2006 bis 31. Juli 2007, Oktober 2007, 1. Dezember 2007 bis 31. August 2008 und 15. September bis 31. Dezember 2008 gezahlten Grundsicherungsleistungen zu erstatten. Der Rückforderungsbetrag für diese Zeiträume ist von der Beklagten zutreffend mit 8.182,56 EUR festgesetzt worden. Über die Modalitäten der Rückzahlung ist vorliegend nicht zu entscheiden (vgl. BSG SozR 1200 § 42 Nr. 4 S. 18; SozR 3-1300 § 48 Nr. 3 S. 84).
Rechtsgrundlage für die Rückforderung der in diesen Zeiträumen von der Beklagten geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ist § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. § 335 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 SGB III. Der Kläger ist daher auch zur Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 3.025,03 EUR verpflichtet. Die Erstattungsforderung ist von der Beklagten zutreffend berechnet worden.
Soweit der Kläger geltend macht, aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes müsse der Rückforderungsbetrag jedenfalls der Höhe nach auf das zu verwertende Vermögen begrenzt werden, trifft dies nicht zu. Maßgebend ist stets der aktuelle Bedarfszeitraum, so dass es auf das in diesem Zeitraum vorhandene Vermögen ankommt (vgl. BSGE 100, 196). Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hatte in der Sozialhilfe seine entgegengesetzte Auffassung, nach der der Wert des Vermögens dem Gesamtbedarf im Bedarfszeitraum gegenüberzustellen und für den über den Vermögenswert hinausgehenden Bedarf Sozialhilfe zu gewähren sei, im Jahr 1997 ausdrücklich aufgegeben (vgl. BVerwGE 106, 105). Auch im Recht der Arbeitslosenhilfe, dem die Berücksichtigung von Vermögen im Rahmen des § 12 SGB II nach dem Willen des Gesetzgebers folgt (vgl. BT-Drucks. 15/1516 S. 53), wurde mit der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) 2002 die zuvor ausgeschlossene "Mehrfachanrechnung" von Vermögen (vgl. § 9 AlhiV 1974) zulässig. Dies hat das BSG nicht beanstandet (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit der AlhiV 2002: BSG SozR 4-4220 § 6 Nr. 1 = BSGE 91, 94; BSG SozR 4-4220 § 6 Nr. 3). Nach dem Grundsatz der Subsidiarität ist der Hilfebedürftige solange auf sein Vermögen zu verweisen, bis es verbraucht ist. Entsprechend ist auch im Erstattungsfall die gesamte überzahlte Leistung zurückzufordern ohne Beschränkung auf die Höhe des verwertbaren Vermögens.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rücknahme von Bewilligungsentscheidungen über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und eine damit verbundene Erstattungsforderung der Beklagten in Höhe von 11.207,59 EUR.
Der 1981 geborene Kläger bewohnte in den Jahren 2006 bis 2009 allein eine seinem Vater gehörende Wohnung in M. Am 14. September 2006 beantragte er die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II und gab hierbei im Antragsformular an, geschieden zu sein und außer einem Girokonto über keine Vermögenswerte zu verfügen. Im Folgeantrag vom 15. März 2007 gab er keine Änderungen in seinen Vermögensverhältnissen an. Die Beklagte gewährte ihm mit Bescheiden vom 6. Oktober 2006, 21. März 2007, 2. Juni 2007 und 16. Juli 2007 (Aufhebung ab 1. August 2007 mit Bescheid vom 19. Juli 2007) Leistungen für die Zeit vom 14. September 2006 bis 30. Juni 2007 in Höhe von 345 EUR monatlich und für Juli 2007 in Höhe von 395,40 EUR. Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung wurden getrennt vom kommunalen Träger erbracht. Nach einer kurzfristigen Beschäftigung als Metallhilfsarbeiter beantragte der Kläger am 25. Oktober 2007 erneut Grundsicherungsleistungen und gab hierbei wiederum außer dem Girokonto keine Vermögenswerte an. Mit Bescheiden vom 3. Januar 2008 bewilligte die Beklagte vorläufig Leistungen in Höhe von 347 EUR monatlich für Oktober 2007 und für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis 31. März 2008. Im Fortzahlungsantrag vom 4. März 2008 gab der Kläger keine Änderung in seinen Vermögensverhältnissen an. Die Beklagte bewilligte mit Bescheiden vom 6. März 2008 und 17. Mai 2008 und Leistungen für 1. April bis 30. Juni 2008 in Höhe von 347 EUR monatlich und für 1. Juli bis 31. August 2008 in Höhe von 351 EUR monatlich (Aufhebung ab 1. September mit Bescheid vom 13. August 2008). Nach einer Ortsabwesenheit beantragte der Kläger am 15. September 2008 erneut Leistungen unter der Angabe, dass sich seine Vermögensverhältnisse nicht geändert hätten.
Durch einen Datenabgleich erfuhr die Beklagte im Oktober 2008, dass der Kläger im Jahr 2007 aus einer Geldanlage bei der L.kasse Baden-Württemberg ( ...) einen Kapitalertrag von 91 EUR erzielt hatte und forderte daraufhin vom Kläger die lückenlose Belegung seines Einkommens und Vermögens. Der Kläger erklärte, die Geldanlage bei der ... gehöre seinem Vater und stellte am 21. Oktober 2008 einen wiederholten Leistungsantrag.
Mit Bescheid vom 24. Oktober 2008 bewilligte die Beklagte vorläufig Leistungen für die Zeit vom 15. September 2008 bis 31. März 2009 in Höhe von 351 EUR monatlich und forderte Nachweise über die Inhaberschaft der Vermögensanlage. Der Kläger legte eine schriftliche Bestätigung seines Vaters C.D. vor, wonach dieser das Geld bei der ... auf den Namen seines Sohnes gespart habe. Beigefügt war ein Kontoauszug über ein Girokonto des C.D., woraus eine Lastschrift über die monatliche Sparrate für den Bausparvertrag ersichtlich war. Das Bausparguthaben betrug am 1. Januar 2007 7.223,59 EUR und am 1. Januar 2008 7.366,84 EUR.
Mit Bescheid vom 23. Januar 2009 hob die Beklagte die Bewilligungsentscheidungen vom 6. Oktober 2006, 16. Juli 2007, 3. Januar 2008, 6. März 2008, 17. Mai 2008 und 24. Oktober 2008 ab 14. September 2006 ganz auf und forderte überzahlte Leistungen von 8.182,56 EUR, Beiträge zur Krankenversicherung von 2.669,09 EUR und Beiträge zur Pflegeversicherung von 355,94 EUR, insgesamt 11.207,59 EUR vom Kläger zurück.
Auf den Widerspruch des Klägers hörte die Beklagte ihn unter Hinweis auf die Rechtslage mit Schreiben vom 5. Februar 2009 an. Der Kläger äußerte, er habe von der Geldanlage nichts gewusst, da der Vertrag bereits 1997 von seinen Eltern ohne sein Wissen abgeschlossen worden sei. Die Kontoauszüge befänden sich auch heute noch in der Verwahrung seiner Eltern. Der Vertrag sei vom Vater bespart worden, um die Wohnungsbauprämie für den Kläger zu sichern. Als er nach der Ausbildung aus gesundheitlichen Gründen keinen Arbeitsplatz gefunden habe, habe der Vater das Geld als Mietersatz einbehalten, um abzusichern, dass er sich bei einer erfolgreichen Bewerbung ein Auto leisten könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 13. März 2009 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage. Zur Begründung wird vorgetragen, dass sämtliche Zahlungen auf den Bausparvertrag vom Konto des Vaters erfolgt seien, der sich auch als Begünstigter habe eintragen lassen. Der Vater habe sich sämtliche Rechte am Vertrag vorbehalten, indem er seinen Sohn von der Existenz des Vertrags nicht unterrichtet und sämtliche Vertragsunterlagen bei sich verwahrt habe. Tatsächlich habe also der Vater Gläubiger des Bausparvertrags sein wollen. Der Kläger habe erst mit Schreiben der Beklagten vom 8. Oktober 2008 von der Existenz des Vertrags erfahren und mit seinem Vater Rücksprache gehalten. Durch seine Angabe gegenüber der Beklagten, es handele sich um Vermögen des Vaters, habe er den Anspruch seines Vaters auf das Guthaben anerkannt und den Gläubigervorbehalt bestätigt. Der Vater sei von Anfang an faktischer Inhaber des Bausparvertrags gewesen und in der Folgezeit auch geblieben.
Das SG hat von der ... die Vertragsunterlagen angefordert und Unterlagen zum Vertragsschluss, Freistellungsaufträge für die Jahre 1997 und 2004, Anträge auf Wohnungsbauprämie für 1997 bis 2003 sowie die Jahreskontoauszüge 1997 bis 2008 erhalten. Der Vertrag wurde zwischen dem Kläger, vertreten durch den Vater und der ... abgeschlossen, die angefallene Korrespondenz wurde mit dem Kläger geführt.
Sodann hat das SG in der mündlichen Verhandlung am 26. Juli 2010 C.D. als Zeugen vernommen und mit Urteil vom gleichen Tag die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Aufhebung der Bewilligungen könne auf § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gestützt werden. Vorliegend seien die Bewilligungsentscheidungen für die Zeit vom 14. September 2006 bis 31. Juli 2007, Oktober 2007, 1. Dezember 2007 bis 31. August 2008 und 15. September 2008 bis 31. März 2009 als von Anfang an rechtswidrig anzusehen. Dem Kläger hätten keine Leistungen zugestanden, denn er sei nicht hilfebedürftig gewesen. Unstreitig sei, dass auf den Namen des Klägers Bausparguthaben existiert habe, das den für den Kläger zulässigen Freibetrag nach § 12 Abs. 2 SGB II überstiegen habe. Die Kammer sei nicht davon überzeugt, dass zwischen dem Kläger und seinem Vater ein verdecktes Treuhandverhältnis bestanden habe. Vorliegend sei zu keiner Zeit erkennbar gewesen, dass der Kläger in Bezug auf den Bausparvertrag im fremden Interesse gehandelt hätte. Der Vertrag sei auf seinen Namen eröffnet worden. Die Eintragung des Vaters als Begünstigter beinhalte nur eine Erklärung dahingehend, dass im Falle des Todes des Klägers das Bausparvermögen nicht in die Erbmasse fallen möge, sondern an den Begünstigten. Es bestünden auch erhebliche Zweifel, dass der bei Abschluss des Bausparvertrags noch minderjährige Kläger als Treuhänder das Vermögen seines Vaters verwaltet haben solle. Der Abschluss einer mündlichen Treuhandvereinbarung dürfte nicht erfolgt sein, da laut Vortrag des Klägers keine Besprechung zwischen ihm und seinem Vater über den Bausparvertrag erfolgt sei. Eine im Nachhinein geschlossene Treuhandvereinbarung nach "Bekanntwerden" des Bausparkontos sei unerheblich, da die Erkennbarkeit des Handelns im fremden Namen nachträglich nicht mehr herstellbar sei. Jedenfalls hielte eine solche Vereinbarung auch keinem Drittvergleich stand, da sämtliche regelungsbedürftigen Tatsachen - Verwendung der Prämien und Zinsen, Verwendung bei Zuteilungsreife - nicht besprochen worden seien. Mithin sei die Bausparsumme dem Kläger zuzuordnen. Der Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit stehe auch kein schützenswertes Vertrauen des Klägers entgegen. Hierauf könne er sich nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruhe, die der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Die unvollständige Angabe der bestehenden Vermögenswerte sei als grob fahrlässig zu werten. Die Kammer sei überzeugt, dass dem Kläger die Existenz des Bausparvermögens bekannt gewesen sei. Zum einen sei die Korrespondenz mit dem Kläger geführt worden, mithin seien ihm jahrelang die Kontoauszüge zugeschickt worden. Wenn auch - wie in der mündlichen Verhandlung angegeben - die Mutter des Klägers dessen Haushalt führe und in der Regel den Postkasten leere, sei es schlichtweg nicht nachzuvollziehen, dass der Kläger im gesamten streitigen Zeitraum keine Kenntnis von den Kontoauszügen erlangt haben solle. Allein die Tatsache, dass das Anhörungsschreiben der Beklagten über die geplante Rückforderung von Leistungen den Kläger erreicht habe - hierauf habe er umgehend reagiert - spreche dafür, dass ihm die Post, sofern er sie nicht selbst in Empfang nehme, zumindest vorgelegt werde. Darüber hinaus habe der Kläger bestätigt, zumindest den Freistellungsauftrag für Kapitalerträge aus dem Jahr 2004 unterschrieben zu haben. Der Einwand, er habe diesen Antrag in der Annahme unterschrieben, es handele sich um eine Darlehensangelegenheit seines Vaters, sei aufgrund des eindeutigen Wortlauts im Antrag nicht nachvollziehbar. Dort werde die Bausparkasse vom Kläger wörtlich beauftragt, dessen anfallende Zinseinnahmen aus dem Bausparkonto vom Steuerabzug freizustellen. Das Unterlassen der Angabe der Existenz des Bausparvertrags beruhe zur Überzeugung der Kammer nicht auf der Unkenntnis des Klägers, sondern auf dessen allgemeiner Nachlässigkeit, die als grobe Sorgfaltspflichtverletzung zu werten sei.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 23. September 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. Oktober 2010 eingelegte Berufung des Klägers. Auf dessen Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 25. Februar 2011 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist gewährt. Zur Begründung der Berufung führt der Kläger erneut aus, dass er von der Existenz des Bausparvertrags nichts gewusst habe. Im Zusammenhang mit dem Freistellungsauftrag aus dem Jahr 2004 habe der Kläger nicht gewusst, was er unterschreibe. Aufgrund des Zeitablaufs von zwei Jahren bis zur Antragstellung im Jahr 2006 könne auch keine fahrlässige Unkenntnis abgeleitet werden. Hinzu komme, dass Leistungen zurückgefordert würden, die über den Betrag der angesparten Summe hinausgingen. Der Kläger sei zumindest so zu stellen, als hätte er das Vermögen von Anfang an tatsächlich eingesetzt. Ein Rückforderungsanspruch könne nur in Höhe des einzusetzenden Vermögens entstanden sein, alles andere wäre weder mit dem Gleichheitssatz vereinbar noch verhältnismäßig.
Wegen des hier streitigen Sachverhalts ist der Kläger nach seinem auf die Rechtsfolgen beschränkten Einspruch gegen den Strafbefehl vom Amtsgericht M. mit Urteil vom 4. Januar 2011 (1 Cs 91 Js 12734/10) rechtskräftig wegen Betrugs zum Nachteil der Beklagten verurteilt worden zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 15 EUR, insgesamt 1.350 EUR. Die Tilgung der Geldstrafe erfolgte zwischenzeitlich durch Ableistung von 360 Stunden gemeinnütziger Arbeit.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Juli 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Februar 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit seinem Vortrag, der Kläger habe bei Unterzeichnung des Freistellungsauftrags nicht gewusst, was er unterschreibe, bestätige der Prozessbevollmächtigte die Überzeugung des SG, dass der Kläger nachlässig gehandelt habe. Wenn sich jemand aus Nachlässigkeit nicht um seine Angelegenheiten kümmere, obwohl er es könnte, müsse er die Konsequenzen tragen. Die Erstattungsforderung berechne sich zu Recht aus der Summe der zu Unrecht erhaltenen Leistungen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), da der Wert des Beschwerdegegenstands 750 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) und auch ansonsten zulässig, nachdem der Senat dem Kläger wegen Versäumung der Berufungsfrist mit Beschluss vom 25. Februar 2011 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt hat. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, denn die Beklagte war - wie das SG zu Recht entschieden hat - berechtigt, die Leistungsbewilligungen für die hier streitigen Zeiträume vom 14. September 2006 bis 31. März 2007, 1. April bis 31. Juli 2007, Oktober 2007, 1. Dezember 2007 bis 31. März 2008, 1. April bis 31. August 2008 und 15. September 2008 bis 31. März 2009 zurückzunehmen und die erbrachten Leistungen nebst Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung zurückzufordern.
Verfahrensrechtliche Grundlage der Rücknahme der Bewilligungen sind mit Blick auf die von Anfang an rechtswidrigen Bewilligungsbescheide die Bestimmungen der §§ 40 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 SGB II, 45 SGB X in der Modifikation durch § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit bestimmt sich hierbei nach den tatsächlichen und materiell-rechtlichen Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des begünstigenden Verwaltungsakts (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-1500 § 54 Nr. 18). Nach § 45 Abs. 1 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB III ist ein begünstigter Verwaltungsakt unter Beachtung der Einschränkungen der Absätze 2 und 4 von § 45 SGB X ganz oder teilweise zurückzunehmen. Auf Vertrauensschutz (vgl. § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X) kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit (1.) er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, (2.) der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder (3.) er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bösglaubigkeit ist der Erlass des zurückzunehmenden begünstigenden Bescheids (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 24 S. 82; SozR a.a.O. Nr. 39 S. 127).
Die vorgenannten Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bescheide liegen hier vor. Die Bewilligungsbescheide waren rechtswidrig, weil der Kläger wegen des Bausparvermögens bei der ... keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II hatte.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch nur Personen, die u.a. hilfebedürftig sind (Nr. 3 a.a.O.). Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch (1.) Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, (2.) aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II), also auch das hier streitige Bausparguthaben. Abzusetzen ist nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ein Grundfreibetrag von 150 EUR je vollendetem Lebensjahr sowie ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen von 750 EUR (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Zu Beginn des ersten Bewilligungsabschnitts war der Kläger 25 Jahre alt, zu Beginn des letzten hier streitigen Abschnitts war er 27 Jahre alt. Der Freibetrag belief sich daher zu Beginn des streitigen Zeitraums auf 4.500 EUR und zum Ende auf 4.800 EUR. Das Bausparguthaben belief sich am 1. Januar 2007 auf 7.223,59 EUR und am 1. Januar 2008 auf 7.366,84 EUR, so dass es zu jeder Zeit ab 14. September 2006 deutlich über den Freibeträgen lag. Der Bausparvertrag wurde erst im Juni 2009 aufgelöst, so dass das Vermögen auch im gesamten hier streitigen Zeitraum noch vorhanden war.
Das auf seinen Namen angelegte Bausparvermögen ist dem Kläger auch zuzurechnen. Der Senat teilt nach eigener Überprüfung die Auffassung des SG, dass se ...t dann, wenn das Guthaben allein aus Mitteln des Vaters des Klägers angespart wurde, die Voraussetzungen für ein im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigendes verdecktes Treuhandverhältnis nicht vorgelegen haben. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 24. Mai 2006 (SozR 4-4200 § 6 Nr. 4; vgl. auch die Parallelentscheidung B 11a AL 49/05 R - (juris)) zwar entschieden, dass es einen Rechtsgrundsatz, der Arbeitslose müsse sich am "Rechtsschein der Kontoinhaberhaft" festhalten lassen, im Recht der Arbeitslosenhilfe nicht gebe. Zur Begründung hat das BSG aber u.a. auf die verwaltungs- und finanzgerichtliche Rechtsprechung verwiesen und dazu ausgeführt: "Entsprechend ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich besteht, ein strenger Maßstab anzulegen; das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse muss eindeutig erkennbar sein (vgl. BFHE 183, 518 unter Bezug auf die Beweisregeln in § 159 Abs. 1 Abgabenordnung). Bei der Prüfung von Schuldverpflichtungen unter nahen Angehörigen gilt der Grundsatz, dass ein Vertrag und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten einem Fremdvergleich standhalten, also dem zwischen fremden Dritten Üblichen entsprechen muss (vgl. BFH, Urteil vom 5. Februar 1988 - III R 234/84 -; BFH, Beschluss vom 25. Juni 2002 - X B 30/01 - (beide juris))."
Diese Grundsätze, die sich der erkennende Senat zu Eigen macht, sind auch auf die Frage, ob ein verdecktes Treuhandverhältnis im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung als Voraussetzung des Anspruchs auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II Berücksichtigung finden muss, zu übertragen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 30 = BSGE 106, 185; Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Juni 2009 - L 1 AS 31/08 - (juris)) und führen vorliegend dazu, dass der angelegte Betrag zu berücksichtigen ist. Insoweit kann hinsichtlich der Darlegungen, warum vom Bestehen eines verdeckten Treuhandvertrags zwischen dem Kläger und seinem Vater nicht ausgegangen werden kann, auf die überzeugende und ausführliche Darstellung des SG Bezug genommen werden, welches unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze zutreffend zu dem Ergebnis gelangt ist, dass das Bausparvermögen dem Kläger im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zuzurechnen ist. Der Senat weist daher die Berufung des Klägers insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und nimmt hierauf Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Im Übrigen wird diese Beurteilung auch dadurch bestätigt, dass der Kläger nach seinen Angaben im Strafverfahren das Vermögen se ...t verbraucht hat zur Schuldentilgung und für den Lebensunterhalt.
Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da die Bewilligungsbescheide auf Angaben beruhen, die er zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X), denn er hat bei allen Anträgen das Bausparvermögen nicht angegeben. Die rechtswidrigen Bewilligungen beruhen auf diesen Angaben des Klägers. Entgegen der klaren und unmissverständlichen Fragestellung in den jeweiligen Antragsformularen hat der Kläger unrichtige Angaben bezüglich seiner Vermögensverhältnisse gemacht, in dem er jeweils das Vorhandensein von Vermögen verneint und das auf seinen Namen angelegte Bausparvermögen nicht angegeben hat. Dabei ist der Senat davon überzeugt, dass dem Kläger - unter Zugrundelegung der eindeutigen Fragestellung - auch bei der ihm eingeräumten eigenen rechtlichen Wertung (vgl. BSGE 42, 184, 188 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSGE 47, 28, 33; BSG SozR 4100 § 152 Nr. 6) ohne weitere Überlegung klar sein musste, dass zu den anzugebenden Vermögenswerten der auf seinen Namen lautende Bausparvertrag gehört. Bedingter Vorsatz ist insoweit ausreichend (vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar, SGB X § 45 Rdnr. 37 m.w.N.). Das Vorbringen des Klägers, er habe keine Kenntnis von dem Bausparguthaben gehabt, hält der Senat nicht für glaubwürdig. Dagegen spricht nicht nur, dass der Kläger jedenfalls den Freistellungsauftrag für Kapitalerträge für das Jahr 2004 unterschrieben hat, aus dem die Existenz eines auf ihn laufenden Bausparvertrags ohne weiteres ersichtlich war - sonstige Unterschriften konnte er auf Vorhalt in der mündlichen Verhandlung vor dem SG nach seinen Angaben nicht identifizieren - sondern auch, dass sämtliche Korrespondenz mit der Bausparkasse unter Namen und Anschrift des Klägers lief. Auch wenn die Mutter des Klägers ihm in der streitigen Zeit den Haushalt versorgte und Post annahm, erscheint es ausgeschlossen, dass er entsprechende Unterlagen niemals erhielt, zumal der Kläger stets auf entsprechende Anschreiben der Beklagten reagiert hat. Davon abgesehen hat der Kläger während seiner Ausbildung vermögenswirksame Leistungen bezogen, die auf den Bausparvertrag liefen. Auch insoweit ist schlechterdings nicht nachvollziehbar, dass die Existenz des Bausparvertrags dem Kläger verborgen geblieben sein soll. Angesichts all dessen kann es nur als grob fahrlässig betrachtet werden, dass der Kläger den Bausparvertrag im Rahmen der Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II nicht angegeben hat.
Die in § 45 Abs. 3 und 4 SGB X genannten Fristen sind eingehalten. Nach § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bis zum Ablauf von 10 Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 SGB X vorliegen. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit muss innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen erfolgen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts für die Vergangenheit rechtfertigen (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Zur Kenntnis der Behörde von den maßgeblichen, die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen gehört regelmäßig auch die Anhörung der Beteiligten (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nrn. 27 und 42). Ganz davon abgesehen hat die Beklagte erst durch den Datenabgleich im Oktober 2008 von den Kapitalerträgen des Klägers erfahren und dadurch erstmals konkrete Hinweise darauf erhalten, dass der Kläger während des Leistungsbezugs über zu berücksichtigendes Vermögen verfügte. Bereits im Januar 2009 folgte der Rücknahme- und Erstattungsbescheid, sodass an der Einhaltung der Jahresfrist kein Zweifel besteht.
Der Kläger ist daher nach § 50 Abs. 1 SGB X verpflichtet, die im Zeitraum vom 14. September 2006 bis 31. Juli 2007, Oktober 2007, 1. Dezember 2007 bis 31. August 2008 und 15. September bis 31. Dezember 2008 gezahlten Grundsicherungsleistungen zu erstatten. Der Rückforderungsbetrag für diese Zeiträume ist von der Beklagten zutreffend mit 8.182,56 EUR festgesetzt worden. Über die Modalitäten der Rückzahlung ist vorliegend nicht zu entscheiden (vgl. BSG SozR 1200 § 42 Nr. 4 S. 18; SozR 3-1300 § 48 Nr. 3 S. 84).
Rechtsgrundlage für die Rückforderung der in diesen Zeiträumen von der Beklagten geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ist § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. § 335 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 SGB III. Der Kläger ist daher auch zur Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 3.025,03 EUR verpflichtet. Die Erstattungsforderung ist von der Beklagten zutreffend berechnet worden.
Soweit der Kläger geltend macht, aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes müsse der Rückforderungsbetrag jedenfalls der Höhe nach auf das zu verwertende Vermögen begrenzt werden, trifft dies nicht zu. Maßgebend ist stets der aktuelle Bedarfszeitraum, so dass es auf das in diesem Zeitraum vorhandene Vermögen ankommt (vgl. BSGE 100, 196). Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hatte in der Sozialhilfe seine entgegengesetzte Auffassung, nach der der Wert des Vermögens dem Gesamtbedarf im Bedarfszeitraum gegenüberzustellen und für den über den Vermögenswert hinausgehenden Bedarf Sozialhilfe zu gewähren sei, im Jahr 1997 ausdrücklich aufgegeben (vgl. BVerwGE 106, 105). Auch im Recht der Arbeitslosenhilfe, dem die Berücksichtigung von Vermögen im Rahmen des § 12 SGB II nach dem Willen des Gesetzgebers folgt (vgl. BT-Drucks. 15/1516 S. 53), wurde mit der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) 2002 die zuvor ausgeschlossene "Mehrfachanrechnung" von Vermögen (vgl. § 9 AlhiV 1974) zulässig. Dies hat das BSG nicht beanstandet (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit der AlhiV 2002: BSG SozR 4-4220 § 6 Nr. 1 = BSGE 91, 94; BSG SozR 4-4220 § 6 Nr. 3). Nach dem Grundsatz der Subsidiarität ist der Hilfebedürftige solange auf sein Vermögen zu verweisen, bis es verbraucht ist. Entsprechend ist auch im Erstattungsfall die gesamte überzahlte Leistung zurückzufordern ohne Beschränkung auf die Höhe des verwertbaren Vermögens.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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