L 9 U 2455/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 991/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 2455/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 7. März 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles vom 31.01.2002.

Der 1955 geborene Kläger war seit Oktober 2000 als Einkäufer im Außendienst für die Firma W.GmbH, W., beschäftigt. Am 31.01.2002 befand sich der Kläger laut der Unfallanzeige des Arbeitgebers auf dem Weg zu einem Kunden, als er während einer kurzen Rast und auf einem Parkplatz zwischen Sulzheim und Wallertheim auf nassem Untergrund ausrutschte und sein linkes Handgelenk verletzte.

Im Durchgangsarztbericht von Dr. N., DRK-Krankenhaus A. vom 31.01.2002, wo sich der Kläger am selben Tag gegen 13:20 Uhr vorgestellt hatte, wird die Diagnose "Kontusion linker distaler Unterarm" gestellt. Der Kläger sei über einen Randstein gestolpert und hingefallen.

Die Durchgangsärzte am Universitätsklinikum M. beschrieben aufgrund einer Vorstellung des Klägers am 31.01.2002 eine massive Schwellung sowie ein Hämatom über dem Handrücken/Handgelenk streckseitig. Es fanden sich ein Druckschmerz über der Tabatière bei intakter Motorik und eine Hyperästhesie Dig. I - IV links. Die Handgelenksbeweglichkeit sei schmerzbedingt nicht prüfbar gewesen, ohne Nachweis einer Fraktur nach durchgeführter Röntgendiagnostik. Der Kläger wurde unter Verordnung eine Unterarmgipsschiene zur Weiterbehandlung bei einem heimatnahen D-Arzt entlassen.

Der Chirurg Dr. B., W. stellte unter dem 28.03.2002 eine weiter bestehende Arbeitsunfähigkeit fest. Der MRT-Befund vom 18.02.2002 habe keine knöcherne Verletzung ergeben. Es bestünde keine wesentliche Bewegungseinschränkung des Handgelenkes aber ausgeprägte Ruhe- und Belastungsschmerzen, eine Ödembildung im Bereich des Handgelenkes sowie eine Parästhesie in der ganzen rechten Hand mit wechselnder Lokalisation. Dr. H. und Dr. L., Universitätsklinikum M., berichteten unter dem 10.04.2002 über eine zum Ausschluss einer Sudeck´schen Dystrophie am 21.03.2002 durchgeführte regionale Drei-Phasen-Skelett-Szintigraphie des linken Handgelenkes. Hierbei habe sich kein Anhalt für eine Sudeck´sche Dystrophie ergeben. Eine veranlasste neurologische Untersuchung (vgl. Bericht des Neurologen H. vom 20.03.2002) habe in der elektrophysiologischen Befundung eine leichte axionale Läsion des Nervus medianus links sowie eine deutliche Schädigung des Nervus ulnaris im Bereich des Sulcus ergeben. Diese Schädigungslokalisation sei jedoch mit dem beschriebenen Unfallhergang und mit dem damaligen Unfallgeschehen nicht vereinbar. PD Dr. R. und Dr. R., Universitätsklinikum M., teilten auf Anfrage der Beklagten mit (08.05.2002), dass der Kläger eine schwere Kontusion des linken Handgelenkes erlitten habe. Diesbezüglich sei eine leichte Nervus medianus-Schädigung erklärbar. Bei der neurophysiologischen Untersuchung sei als Nebenbefund eine Schädigung des Nervus ulnaris in Höhe des Sulcus ulnaris beschrieben worden. Weil sich der Unfall auf das Handgelenk bezogen habe, seien die Schädigung des Nervus ulnaris und das Ulnaris-Rinnensyndrom keine Folge des Unfalles vom 31.01.2002. Gleichwohl sei der Kläger noch arbeitsunfähig wegen der Handgelenkskontusion und verbleibe in D-ärztlicher Behandlung, weil in der Folge des Unfalles Bewegungseinschränkungen im Bereich der Finger eingetreten seien.

Der Kläger befand sich am 30.04., 07.05. und 03.06.2002 in ambulanter Behandlung der Schmerzambulanz des Universitätsklinikums M ... In den Berichten vom 14.05. und 03.06.2002 waren folgende Diagnosen gestellt worden: "Zn. Kontusion des linken Handgelenkes am 31.01.2002, CRPS II (komplexes regionales Schmerzsyndrom) linker Unterarm (ICD-10: M 89.0), Sulcus ulnaris-Syndrom links (ICD-10: G 56.2). Aus klinischer Sicht stehe weiterhin das CRPS im Vordergrund der Beschwerden, das Sulcus ulnaris-Syndrom trete eher in den Hintergrund, sodass man einer operativen Intervention zum jetzigen Zeitpunkt sicher zurückhaltend gegenüberstehen sollte. Unter dem 05.06.2002 führten Dr. S. und Dr. M. zum Verlauf der Erkrankung aus, dass sich der Kläger mit dem klinischen Bild eines Morbus Sudeck (CRPS II) in ihrer Ambulanz vorgestellt habe. Obwohl sich in der Szintigraphie keinerlei diesbezüglichen Veränderungen gezeigt hätten, hielten sie in Übereinstimmung mit den neurologischen Kollegen an der Diagnose fest und hätten ihre Behandlung darauf ausgerichtet. Das daneben bestehende Sulcus ulnaris-Syndrom scheine von der Beschwerdesymptomatik her derzeit nicht im Vordergrund zu stehen.

Der Kläger befand sich vom 24.06.2002 bis 06.07.2002 in stationärer Behandlung der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik (BGU) F. Im Rahmen der Aufnahmeuntersuchung (Bericht vom 12.07.2002) gab der Kläger an, tagsüber schwelle die linke Hand an, er habe Schmerzen am Handrücken, am Ellenbogen, in der Schulter, der Halswirbelsäule, und das Gefühl, als sei eine Manschette um seinen Unterarm gewickelt, es bestehe ein Taubheitsgefühl im Handrücken und in allen Fingern und so, als würde der Kleinfinger kürzer, die Hand schwitze mehr und werde bläulich. Dr. W. führte in seinem Bericht vom 12.07.2002 nach Abschluss der stationären konservativen Behandlung aus, dass als Folge des Ereignisses von 31.01.2002 an der Streckseite des linken körperfernen Unterarmes eine etwa 3 cm durchmessende, subkutan gelegene Vernarbung festzustellen sei. Die vom Kläger geklagten Beschwerden würden jedoch durch diese Unfallfolgen nur zum unwesentlichen Teil verursacht. Wesentliche Teilursache für die jetzt geklagten Beschwerden seien das unfallfremde Sulcus nervi ulnaris-Syndrom und der laterale Bandscheibenvorfall C6/7 links, dessen ursächlicher Zusammenhang mit dem Ereignis vom 31.01.2002 noch zusammenhangsgutachtlich zu klären sei. Grundlage seiner Beurteilung war auch die von Dr. F. am 01.07.2002 durchgeführte neurologische Befunderhebung ("massives, auch operationswürdiges Ellennervenrinnensyndrom", eine Supinatorlogensyndrom-Symptomatik sei auszuschließen, es bestehe eine blande C7-Symptomatik, die distale sensible Nervenleitgeschwindigkeit des Nervus medianus wurde mit 51m/sec bestimmt).

Der behandelnde Orthopäde Dr. U., W., teilte der Großhandels- und Lagerei BG, jetzt BG Handel und Warendistribution, unter dem 02.09.2002 mit, der Kläger befinde sich seit 29.07.2002 in seiner Behandlung und klage unverändert über Schulter- und Nackenschmerzen mit Ausstrahlung in den gesamten linken Arm, Taubheiten des Armes, eine schmerzhafte Handgelenksbeweglichkeit links und eine Schwellneigung von Hand- und Unterarm. Es bestehe ein Zustand nach lateralem Bandscheibenvorfall HWK 6/7 links mit neurologischen Defiziten, ein akut rezidivierendes Zervikobrachialsyndrom links, ein oberes BWS-Syndrom links mit Funktionsstörungen, eine beginnende Handgelenksarthrose links und ein Ganglion Os lunatum linkes Handgelenk. Hierzu legte er u.a. den Bericht der Radiologen Dres. S. vom 29.08.2002 vor, die über ein am 27.08.2002 angefertigtes MRT des linken Handgelenkes berichteten (u.a. kein Hinweis auf Morbus Sudeck).

Im Bericht des Radiologen Dr. Z. über ein MRT der HWS vom 01.07.2002 wird ein linksseitiger Bandscheibenvorfall C6/7 angegeben.

Nach Beiziehung eines Vorerkrankungsverzeichnisses erstattete der Chirurg Dr. K. auf Veranlassung der Beklagten unter dem 12.11.2002 ein fachärztliches Gutachten zur Zusammenhangsfrage. Als Folgen des Unfalles stellte er noch eine endgradige Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk sowie eine leichte Kapselschwellung fest. Es sei von einer Prellung des linken Handgelenkes mit Beteiligung der Weichteile auszugehen. Schadensbilder dieser Art pflegten in aller Regel folgenlos abzuheilen. Im konkreten Fall sei es zu einer eher blande verlaufenden Heilentgleisung gekommen, ohne dass die bisher erhobenen Befunde, die Durchsicht der zahlreichen, vorgelegten Röntgenaufnahmen und der jetzige klinische Befund die Diagnose einer symptomatischen Reflexdystrophie bzw. eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms erlaubten. Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit sei bis zur Entlassung aus der stationären Behandlung der BGU (06.07.2002) anzuerkennen. Die Unfallfolgen minderten die Erwerbsfähigkeit ab 07.07.2002 um weniger als 10 vH. Der größere Teil der beklagten linksseitigen Beschwerdesymptomatik sei einer Zervikobrachialgie links und einem Sulcus ulnaris-Syndrom ebenfalls links zuzuordnen. Dabei handele es sich jeweils um unfallunabhängige krankhafte Veränderungen.

Mit Bescheid vom 27.12.2002 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 31.01.2002 als Arbeitsunfall an und lehnte einen Anspruch auf Rente wegen der Folgen des Unfalles ab. Das gleiche gelte für sonstige Leistungen nach dem 06.07.2002. Der Unfall habe zu einer Prellung des linken Handgelenkes mit Beteiligung der Weichteile geführt. Als Unfallfolgen lägen noch eine endgradige Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk sowie eine leichte Kapselschwellung vor. Aufgrund dieser Unfallfolgen sei eine MdE in messbarem Grade nicht verblieben. Die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit sowie Behandlungsbedürftigkeit habe längstens bis zum Zeitpunkt der Entlassung aus der BG Unfallklinik Frankfurt am 06.07.2002 bestanden. Die darüber hinaus bestehende Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit stehe nicht mit dem Unfallgeschehen in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang. Sie bestünden vielmehr auf Grund des unfallunabhängig vorliegenden Bandscheibenvorfalles im Bereich C6/7 der Halswirbelsäule sowie des ebenfalls unfallunabhängig vorliegenden Ellennervenrinnen-Syndroms.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, vor dem Arbeitsunfall keine Schmerzen und Krankheiten gehabt zu haben, wie diese im Gutachten von Dr. K. beschrieben worden seien.

Die Neurologen Dr. L./H. beschrieben nach einer Untersuchung des Klägers am 04.12.2002 eine ausgeprägte Ulnarisneuropathie am Ellenbogen links, eine Ulnarisneuropathie am Ellenbogen rechts und ein schmerzbetontes radikuläres Syndrom C7 links. In ihrem Bericht vom 08.05.2003 nach einer weiteren Untersuchung des Klägers am 07.05.2003 teilten sie die Diagnosen einer ausgeprägten Ulnarisneuropathie am Ellenbogen beidseits sowie ein radikuläres Syndrom C7 links mit. Der klinisch-neurologische Befund sei geprägt durch die beschriebenen Sensibilitätsstörungen, welche zum einen sicherlich die beiden ulnaris-versorgten Bereiche der Hände beträfen, zum anderen seien die weiteren Sensibilitätsstörungen links durch die progrediente radikuläre Symptomatik C7 links verursacht. Bezüglich der Beschwerdesymptomatik sei sowohl im Hinblick auf die peripheren Engpasssyndrome als auch auf den NPP HWK 6/7 von einer unfallunabhängigen chronischen Entwicklung auszugehen. Allerdings müsse im Hinblick auf die Anamnese von einer unfallbedingten Auslösesituation der klinischen Symptomatik "sowohl die UNE links" als auch das radikuläre Syndrom C7 links betreffend ausgegangen werden.

Der Kläger legte weitere Berichte, u.a. vom Radiologen Dr. V., der HNO-Ärzte Prof. Dr. H. und Dr. H. und den ärztlichen Entlassungsbericht der Karl Aschoff-Rhein Pfalz Klinik Bad Kreuznach (teilstationäre Behandlung vom 26.03. bis 17.04.2003; Diagnosen Cervicobrachialgie links bei Nucleus pulposus-Prolaps C6/C7 li. und multisegmentaler Dysfunktion, Sulcus ulnaris-Syndrom, links mehr als rechts, Hyperlipidämie, arterielle Hypertonie).

Der Radiologe Dr. V. berichtete unter dem 16.05.2003 über Untersuchungen des Klägers am 15.05. und 16.05.2003. Er fand in den durchgeführten MRT-Funktionsuntersuchungen Zeichen einer densnahen Gelenkkapselpathologie mit narbigen Gewebekonturen nach einem deutlichen Dens-Kapseltrauma mit Zeichen einer Ruptur der synovialen Kapsel und Zeichen eines Zustandes nach on Top Dens-Periost-Trauma. Subchondrale synoviale Veränderungen in den C0 bis C1 und C1 bis C2-Gelenken mit Zeichen von Druckusuren im C1-C2-Gelenk bds. Insgesamt resultiere eine funktionelle Subluxationsstellung von HWK1 zu HWK2. Außerdem bestünden deutliche posttraumatische Gewebeveränderung mit narbigen Konturen entlang der densnahen Insertion der ligamenta alaria beidseits mit einem instabilen Dens, eine nahezu SAR-Aufbrauchung in beiden Rotationspositionen rechts und links und in den max. Rechts-Links-Rotationsfunktionen und Zeichen einer Flussminderung der Arteria vertebralis im Atlasschleifenabschnitt im Vergleich zu links. Prof. Dr. H. führte in seinem Bericht vom 30.05.2003 aus, dass bei der manuellen Untersuchung der oberen HWS eine ausgeprägte Blockierung im Bereich von Occiput zu C1 imponiere. Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. H. berichtete unter dem 19.12.2002 über eine Untersuchung des Klägers am 18.12.2002 mit den Diagnosen Muschelhyperplasie, Tinnitus links und geringgradiger Innenohrhochtonschwerhörigkeit beidseits. Der Tinnitus links repräsentiere eine akute Funktionsstörung des linken Innenohres, ein Zusammenhang des Tinnitus mit dem Unfall könne nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Unter dem 23.01.2003 berichtete Dr. H. über einen vom Kläger geklagten, Sekunden anhaltenden Drehschwindel mit Übelkeit bei schnellen Bewegungen. Als Diagnosen gab er eine "Cupulolithiasis (posttraumatisch)" an. Die daraufhin von der Beklagten beauftragten PD Dr. M. und Dr. S., Krankenhaus H. am T., kamen in ihrem unfallchirurgischen Gutachten vom 20.11.2003 zu dem Ergebnis, dass als wesentliche Unfallfolge lediglich die noch bestehende geringfügige endgradige Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk vorliege. Unfallunabhängig seien die degenerativen Veränderungen im unteren HWS-Bereich mit Bandscheibenvorfall C6/C7 und entsprechender Funktionsstörung der Halswirbelsäule sowie eine möglicherweise linksseitige Alteration des Nervus ulnaris mit klinischem Verdacht eines Ulcus ulnaris-Syndroms zu werten. Die massiven Funktionsstörungen in der Halswirbelsäule seien jedoch durch den Untersuchungsbefund nicht zu objektivieren gewesen. Die unfallbedingte MdE sei ab 07.07.2002 mit unter 10 vH zu beurteilen.

Der Kläger legte hierauf einen Bericht des Neurochirurgen Dr. M., B. vom 30.01.2004 vor, welcher die Diagnosen "Zervikalsyndrom, Zervikozephalgie und zervikoenzephale Symptome" nennt. Es handele sich um zervikoenzephale Symptome, die zur Arbeitsunfähigkeit geführt hätten. Diese Beschwerden bestünden seit dem Unfallereignis am 21.01.2002. Er empfehle zur Behandlung die stationäre Aufnahme in der neurologischen Abteilung des Knappschaftskrankenhauses P.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie verwies zur Begründung auf die Gutachten von PD Dr. M./Dr. S. und das Gutachten von Dr. K ...

Hiergegen hat der Kläger am 18.03.2004 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben.

Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen beim Orthopäden Dr. U., beim Facharzt für Anästhesiologie, spezielle Schmerztherapie Dr. S. sowie bei Dr. J., Knappschaftskrankenhaus P. vom 09.03.2005, wo sich der Kläger am 23.04.2004 ambulant sowie vom 04.05. bis 07.05.2004 in stationärer Behandlung befunden hat. Wegen des Inhalts der gemachten Aussagen wird auf Blatt 16 ff., 26 ff. und 46 ff. der Gerichtsakte verwiesen.

Der Kläger hat u.a. den Bericht über eine testpsychologische Untersuchung bei dem Nervenarzt Dr. B., T., vom 13.06.2005 vorgelegt und darauf hingewiesen, dass diese die Untersuchung des Dr. H. (vorgelegter Arztbrief vom 17.08.2004), sowie die vorgelegte gutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. O. vom 16.09.2004 bestätige, wonach er durch die HWS-Distorsion eine milde, traumatische Gehirnschädigung erlitten habe.

Das SG hat weiter Beweis erhoben durch das Einholen eines Gutachtens nach Aktenlage bei Dr. K., M ... Er hat am 16.08.2005 ausgeführt, dass die von Dr. J. geäußerte Annahme einer stattgehabten Distorsion/eines Schleudertraumas der Halswirbelsäule eine nicht muskulär kontrollierte, energiereiche, sagittale, freie Bewegung des Kopfes gegenüber dem fixierten Rumpf voraussetze. Vergleichbare Verhältnisse seien im vorliegenden Fall auszuschließen. Der zur Diskussion stehende Sturz habe keine Rumpffixierung und damit auch keinen peitschenschlagähnlichen Bewegungsausschlag der Halswirbelsäule beinhaltet. Eine Beteiligung des Achsenorgans bei dem versicherten Ereignis sei auszuschließen. Insofern komme dem Unfallereignis auch kein auslösender Kerncharakter zu. Sofern in der Vergangenheit eine Medianusirritation vorgelegen habe (bei der gutachterlichen Untersuchung am 11.11.2002 seien keine Zeichen einer solchen Nervenläsion mehr nachweisbar gewesen), müsste diese als vollständig abgeheilt betrachtet werden. Nach dem Bericht des Dr. J. sei zudem zu berücksichtigen, dass vergleichbare Verhältnisse auch auf der kontralateralen Seite bestanden hätten; ein Umstand, der eine unfallbedingte Genese wenig wahrscheinlich mache.

Mit Urteil vom 07.03.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens es nicht überwiegend wahrscheinlich zu machen sei, dass die Gesundheitsstörung im Bereich der linken Hand, die Kopfschmerzen und die Bewegungsbeeinträchtigung des Kopfes verbunden mit Schwindel und Tinnitus rechtlich wesentliche Folge des Arbeitsunfalles vom 31.01.2002 seien. Dabei hat sich das SG den aus seiner Sicht eingehenden in sich widerspruchsfreien und schlüssigen Darlegungen von Dr. K. und PD Dr. M. in den erstellten Gutachten sowie den übereinstimmenden Befundberichten von PD Dr. R. vom 08.05.2002 und Dr. W. vom 12.07.2002 angeschlossen. Danach ergebe sich weder aus den erhobenen Befunden noch aus dem Erkrankungsverlauf ein Hinweis darauf, dass der Sturz auf das Handgelenk und die Bewegungsbeeinträchtigungen des Kopfes sowie Kopfschmerzen und Schwindelerscheinungen in einem kausalen Zusammenhang stünden.

Gegen das ihm am 26.04.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.05.2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, neben dem eingeholten orthopädischen Gutachten wäre zur Aufklärung des Sachverhaltes auch ein neurochirurgisches Gutachten von Amts wegen erforderlich gewesen. Der Senat hat Beweis erhoben durch das Beiziehen von in den Akten des SG im Verfahren des Klägers gegen den Rentenversicherungsträger (S 2 R 2415/05) enthaltenen ärztlichen Äußerungen. Insbesondere hat der Senat die sachverständige Zeugenaussage des Facharztes für Innere Medizin Dr. G. vom 30.01.2006, das neurologische Gutachten des Dr. R. vom 14.03.2006 sowie das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. G. vom 21.08.2006 beigezogen. Wegen des Inhalts wird auf Blatt 29 ff., 38 ff. und 50 ff. der Senatsakte verwiesen.

Der Kläger hat die Stellungnahme von Oberarzt Dr. H., J.-Universität M., vom 06.11.2006 vorgelegt, und - nach einem richterlichen Hinweis - die Erstellung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Dr. H. beantragt.

In dem daraufhin in Auftrag gegebenen Gutachten vom 04.01.2008 hat Dr. H. ausgeführt, dass die Beweglichkeit der HWS mit einer fast 90%igen Blockierung der Bewegungsmöglichkeiten in allen Bewegungsebenen demonstriert worden sei. Die aktive Innervationsaufforderung für die Bewegung des Kopfes werde nur ansatzweise versucht. Bei der dann mehrfach durchgeführten passiven Bewegungsprüfung der HWS hätten sich keine Bewegungseinschränkung und kein knöcherner oder muskulärer Widerstand gegen die volle Bewegungsausnutzung feststellen lassen. Es habe sich bei der gutachterlichen körperlichen klinisch-neurologisch-neurochirurgischen Untersuchung eine demonstrierte und aggravierte Funktionseinschränkung der HWS bei nicht zu erreichender Willkürinnovation ergeben. Für den Bereich der linken Hand finde sich temperaturmäßig und vom optischen Aspekt keine Pathologie mehr, es fänden sich keine Schwellung, keine Farbveränderung, keine Druckempfindlichkeit (weder im Bereich des Mittelhandgelenkes noch im Bereich des Handrückens) und auch keine funktionellen Einschränkungen mehr an der linken Hand. Sämtliche Muskelfunktionsprüfungen seien sowohl für die medianus- als auch die ulnaris-versorgte Muskulatur frei von Hinweisen einer nervalen Läsion. Beide Ulnarisnervenrinnen seien druckschmerzhaft und würden bei der Palpation als empfindlich empfunden, wobei hier die linke Seite deutlich empfindlicher sei. Bei der durchgehend demonstrierten sensiblen Hemisymptomatik links lasse sich eine sensible ulnarisbezogene Versorgungseinschränkung nicht herausarbeiten, wobei erkennbar werde, dass der Kläger auf diese differenzierte Befragung nur ausweichend antworte. Die zweimalig durchgeführte Kernspintomografie (u.a. 21.02.2002) der linken Hand, einschließlich des linken Handgelenkes und des linken Unterarmes zeigten keine Hinweise für eine Sudeck´sche Dystrophie. Sie zeigten keine Hinweise für knöcherne Verletzungen und sie zeigten sehr wohl eine Schwellung im Bereich des Handrückens, die im Sinne eines Hämatoms, welches dann in Resorption begriffen gewesen sei, gedeutet werden könne. Klinisch sei hierzu bei der Erstuntersuchung am Unfalltag eine diffuse ödematöse Schwellung beschrieben worden, am Abend des Unfalltages nach dem Sturz eine Hämatomverfärbung. Die vorab schon von Dr. H. und Dr. L. und schließlich auch von Dr. F. nachgewiesene Ulnarisrinnensymptomatik beidseits, wobei die linke Seite führe, sei auf eine konstitutionell vorhandene Veranlagung mit beidseitigem Engensyndrom für den Nervus ulnaris in seinem Sulcus am Ellenbogengelenk zurückzuführen. Diese klinisch-neurologisch und neurophysiologisch belegte Entität sei unfallunabhängig, weil sie zum einen durch das Unfallereignis topografisch nicht erreicht worden sei und zum anderen unfallunabhängig beidseits vorliege und schließlich auch zum Unfallzeitpunkt und unfallzeitpunktnahe keine klinische Symptomatik verursacht habe. Die dann später hinzugekommene, subjektiv empfundene Symptomatik mit Kopfschmerz sei kernspintomografisch mit einer Untersuchung des Gehirnes abgeklärt, wobei sich kein pathologischer Befund habe nachweisen lassen. Die hierfür gemachten Angaben entsprächen alle der Dokumentation einer subjektiv angegebenen Symptomatik. Die durchgeführten differenzialdiagnostischen Untersuchungen, die sowohl fachorthopädisch als auch fachotologisch vorlägen, zeigten keinerlei Hinweise für eine unfallbedingte Schädigung und der empfundene Tinnitus sei erst sehr viel später aufgetreten. Otologisch liege eine altersbedingte Hochtonsenke im Sinne einer diskreten Schwerhörigkeit linksseitig vor. Im Bereich der linken Hand, am linken Arm, an der linken Schulter, am Kopf und an der HWS des Klägers lägen keine erkennbaren Funktionseinschränkungen vor, die im Rahmen einer objektiven und reproduzierbaren Funktionsuntersuchung nachweisbar wären. Es bestehe ein Zustand nach Prellung der linken Hand und des linken Handgelenkes, außerdem finde sich eine Ganglionbildung, die kernspintomografisch für den Bereich des linken Handgelenkes im August 2002 bildgebend nachgewiesen worden sei. Funktionell bewirke sie keine Einschränkung. Für den Bereich des linken Armes, der linken Schulter, des Kopfes und der HWS lägen keine Hinweise für eine diagnostizierbare Betroffenheit durch das Unfallereignis im Sinne eines Sturzes vor. Nach seiner gutachterlichen Bewertung des Unfallherganges sei eine Schädigung der HWS oder des oberen Kopfgelenkes vollständig auszuschließen. Eine diskrete axonale Schädigung des Nervus medianus auf der linken Seite sei von dem Neurologen Dr. H. beschrieben worden, bei späteren neurophysiologischen Kontrolluntersuchungen aber nicht mehr auffällig gewesen. Die vorübergehende diskrete axonale Schädigung sehe er trotz Zweifeln an einer unfallbedingten Verursachung im Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Unter Berücksichtigung der nachprüfbaren und dokumentierten zeitlichen Parameter halte er es aus neurochirurgischer Sicht für gerechtfertigt, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bei einem Rechtshänder mit Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand mit 20 % für einen Zeitraum von 12 Monaten nach dem Sturzereignis anzunehmen. Danach liege bis zum Zeitpunkt seiner gutachterlichen Untersuchung eine MdE um 10 % vor.

Der Kläger hat dann unter Hinweis auf das von Dr. G. in dessen Gutachten vom 21.08.2006 diagnostizierte komplexe regionale Schmerzsyndrom Typ II nach Distorsion/Kontusion am linken Handgelenk, die Kopfschmerzen im Sinne eines zervikozephalen Kopfschmerzsyndroms und Spannungskopfschmerzsyndroms, eines Schulter-Arm-Schmerzes und eines Bandscheibenvorfalles, eines Nervus Ulnarisrinnensyndroms beidseits links betont und eines Nervus medianus-Engpass-Syndroms im Sinne eines CTS geltend gemacht, es sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen der Sachverständige zu einem abweichenden Ergebnis gelangt sei.

Auf Antrag des Klägers hat der Senat daraufhin ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG bei Dr. G., M., vom 30.12.2008 eingeholt. Als Unfallfolge gibt Dr. G. ein komplexes regionales Schmerzsyndrom Typ II nach Distorsion und Kontusio des linken Handgelenkes, verbunden mit einer posttraumatischen CTS links an. Vom Unfall unabhängig bestehe eine Polyneuropathie distal-symmetrisch noch unklarer Ätiologie, eine relative zervikale Spinalkanalstenose in mehreren Segmenten ohne Anhaltspunkte für eine zervikale Myolopathie, ein Gesichtsschmerz (inzwischen deutlich gebessert), ein Schlafapnoesyndrom, schwergradig, mit CPAP Beatmungspflicht, eine sensible Störung im Bereich der gesamten linken Körperhälfte, median begrenzt, degenerative Veränderungen im Bereich der HWS nach NPP C6/7, mnestische und kognitive Einschränkungen bei Mikroangiopathie und Hirnathrophie, eine Restless-Legs-Symptomatik, derzeit ohne relevante klinischen Auswirkungen, sowie Gefäßrisikofaktoren wie Bluthochdruck, Adipositas, Fettstoffwechselstörung und Nikotinkonsum. Die MdE werde wegen des chronisch regionalen Schmerzsyndroms und für die Nervus medianus Irritation auf 20 geschätzt. Die Nervus medianus-Schädigung sei bei den Untersuchungen im Jahr 2006 neurophysiologisch nicht mehr nachweisbar gewesen, sodass sich die MdE von 20 auf 10 für die Residuen des CRPS reduziere.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass eine Auslösung der linksseitigen Nervus medianus-Beschwerden durch das zu entschädigende Unfallereignis nicht möglich gewesen sei und bezog sich diesbezüglich auf die Berichte von Dres. H. und L., sowie PD Dr. R. und Dr. R ... Selbst Dr. H. habe bestätigt, dass der Unfall mit seinem Sturzereignis, welcher erkennbar nur die dorsale, also rückhandbezogene weichteilgewebige Ausstattung der linken Hand und des Handgelenkes betroffen habe, den Nervus medianus nicht habe schädigen können. Insoweit hat die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. F. vorgelegt. Er hat darauf hingewiesen (30.03.2009), im Jahre 2002 sehr wohl den Medianus mit untersucht zu haben, der sich elektrophysiologisch als völlig unauffällig dargestellt habe. Darüber hinaus müsse darauf hingewiesen werden, dass 2002 in P. ebenfalls ein unauffälliger Befund bezüglich des Medianus links beschrieben worden sei, lediglich rechts sei über ein blandes Carpaltunnelsyndrom berichtet worden, was mit dem Unfall in keiner Weise zusammenhänge. Festzuhalten sei auch, dass mehrere Untersucher, auch während der stationären Behandlung in der BG-Klinik, eine relevante Heilentgleisung im Sinne eines CRPS nicht hätten nachweisen können. Ein CRPS II habe schon im Jahre 2002 nicht mehr vorgelegen, weil eine relevante unfallabhängige Nervenschädigung nicht vorgelegen habe. Letztlich sei dem Sachverständigen vorzuhalten, dass er nicht berücksichtigt habe, dass eine Fülle unfallfremder Nervenstörungen und radikulärer Störungen vorgelegen habe. Er habe die Schmerzsymptomatik nicht im Zusammenhang mit diesen unfallfremden Störungen diskutiert, sondern postuliert, eine relevante Medianusläsion, welche objektiv schon im Jahre 2002 nicht mehr vorgelegen habe, sei insoweit zu berücksichtigen.

Dr. G. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25.05.2009 daran festgehalten, dass eine initiale Schädigung des Nervus medianus nach den unfallnahen Untersuchungsergebnissen als gesichert anzunehmen sei. Auch bezüglich des CTS seien die Voraussetzungen für die Annahme eines Unfallzusammenhangs erfüllt. Ein CRPS II sei in mehreren Befunden der Universitätsklinik M. wiedergegeben worden. Es sei damit nachgewiesen, dass es in der Initialphase vorgelegen habe.

Die Beratungsärzte der Beklagten und Dr. G. haben daraufhin kontrovers die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des Nachweises einer Schädigung des Nervus medianus einerseits und eines CRPS II andererseits (vgl. Stellungnahmen Dr. F. vom 05.08.2009, Bl. 242ff. der Senatsakten, Dr. G. vom 06.01.2010, Bl. 250ff., Neurologin P. vom 31.03.2010, Bl. 260ff., Dr. G. vom 05.07.2010, Bl. 271ff.) diskutiert. Hierauf hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 16.07.2010 nochmals erwidert.

Der Kläger hat noch das fachneurologische Gutachten von Dr. R. und Dr. H., Universitätsklinikum F., vom 31.12.2009 aus dem von ihm gegen seine private Unfallversicherung geführten Rechtsstreit vorgelegt. Darüber hinaus hat er das seine Berufung zurückweisende Urteil des Oberlandesgerichtes K. vom 14.01.2011 gegen das seine Klage abweisende Urteil des Landgerichtes M. vom 12.09.2007 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 7. März 2006 aufzuheben sowie den Bescheid vom 27. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, als Unfallfolgen ein komplexes regionales Schmerzsyndrom Typ 2 nach Distorsion und Kontusio des linken Handgelenks verbunden mit posttraumatischem CTS links anzuerkennen und ihm Verletztenrente nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren,

hilfsweise, ein neurologisches Gutachten von Amts wegen einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist zunächst der zulässigerweise mit einer Anfechtungs- und Leitungsklage verfolgte Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente. Diesen Anspruch hatte die Beklagte in dem mit der Klage angefochtenen Bescheid und Widerspruchsbescheid abgelehnt.

Zu Recht haben die Beklagte und das SG entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen des von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalles vom 31.01.2002 hat.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vH gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vH mindern. Gemäß § 72 Abs. 1 SGB VII wird die Rente von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem entweder der Anspruch auf Verletztengeld endet oder der Versicherungsfall eingetreten ist, wenn kein Anspruch auf Verletztengeld entstanden ist.

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.6.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Voraussetzung für die Berücksichtigung einer Gesundheitsstörung bzw. Funktionseinschränkung bei der Bemessung der MdE ist u. a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis bzw. dem dadurch eingetretenen Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Gesundheitserstschaden und den fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf Grund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. die zusammenfassende Darstellung der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung im Urteil des BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 = BSGE 96, 196-209 und in Juris).

Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nach dem Urteil des BSG vom 9.5.2006 (aaO Rdnr. 15) nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze steht dem Kläger wegen den Folgen des von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalles keine Rente zu. Der Kläger zog sich auf dem Weg zu einem Kunden bei einem Sturz während einer Rast auf einem Parkplatz eine Kontusion des linken Handgelenkes zu. Damit liegt zunächst - wie die Beklagte zu Recht angenommen hat - ein Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII vor. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 20 vH liegt jedoch über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall (also über den 01.08.2002) hinaus nicht vor. Damit besteht mit Ende des Verletztengeldanspruches, den die Beklagte bestandskräftig mit dem 06.07.2002 festgestellt hat, kein Anspruch auf Rente.

Der Senat stützt sich dabei im Wesentlichen auf die Gutachten von Dr. K. vom 12.11.2002 und PD Dr. M./Dr. S. vom 20.11.2003, welche er im Wege des Urkundenbeweises verwerten kann, und das vom SG eingeholte Gutachten des Dr. K. vom 16.08.2005 sowie auf die vorliegenden Befundberichte von Dr. W. vom 12.07.2002 und Dr. F. vom 02.07.2002 (über die Untersuchung vom 01.07.2002).

Dr. K. stellte in seinem Gutachten vom 12.11.2002 eine endgradige Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk sowie eine leichte Kapselschwellung als Unfallfolgen fest. Schlüssig und überzeugend hat Dr. K. ausgeführt, dass es angesichts fehlender knöcherner Läsionen und des in der Kernspintomographie vom 18.02.2002 festgestellten Handrückenödems zu einer Prellung des linken Handgelenkes mit Beteiligung der Weichteile gekommen war. Auch wenn er von einer zunächst vorliegenden eher blande verlaufenden Heilentgleisung ausgeht, konnte er sich sowohl aufgrund der bisher erhobenen Befunde und der Durchsicht der zahlreichen, ihm vorliegenden Röntgenaufnahmen sowie aufgrund des von ihm bei der Untersuchung erhobenen Befundes nicht vom Vorliegen einer sympathischen Reflexdystrophie bzw. eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms (CRPS) überzeugen. Im Vergleich zu den in der Rentenliteratur angegebenen Erfahrungswerten zur MdE-Bewertung (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 544) wird eine MdE um 10 vH erst für Folgen eines Speichenbruchs mit verbliebener Achsenabknickung und Einschränkung der Handgelenksbewegungen um insgesamt 40 Grad angenommen. Entsprechend rechtfertigt auch erst eine erhebliche Achsenabknickung und Einschränkung der Handgelenksbewegungen um insgesamt 80 Grad eine MdE um 20-30 vH. Nachdem die gutachterliche Untersuchung eine nur endgradige Bewegungseinschränkung ergeben hat, die sich zudem noch im physiologischen Rahmen bewegte, ist die von Dr. K. vorgeschlagene MdE-Bewertung mit unter 10 vH nicht zu beanstanden. Die auch im Rahmen des Gutachtens Dr. K. geklagte und beschriebene Beschwerdesymptomatik ist im Wesentlichen nicht den Folgen des Unfalles anzulasten sondern beruht auf einer - unfallunabhängig bestehenden - Cervicobrachialgie links und einem Sulcus-ulnaris-Syndrom (worauf noch einzugehen sein wird). Die von Dr. K. erhobenen Befunde sowie dessen Einschätzung werden durch den ausführlichen Bericht von Dr. W. vom 12.07.2002 bestätigt. Auch er beschreibt eine lediglich endgradige Bewegungseinschränkung des linken Handgelenkes im Seitenvergleich (55/0/40 li. zu 65/0/55 re. bei "Normalwerten" von 35-60/0/50-60 für Streckung/Beugung; 25/0/35 li. zu 25/0/40 re. bei "Normalwerten" von 25-30/0/30-40 für Abspreizen daumen-wärts/kleinfingerwärts; vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, aaO, S. 573) und führte die vom Kläger geschilderten Beschwerden zum wesentlichen Teil auf das unfallunabhängige Sulcus nervi ulnaris-Syndrom und den lateralen Bandscheibenvorfall C 6/7 zurück. Darüber hinaus führte er aus, dass bei seinen Visiten am 02.07., 03.07. und 05.07.2002 weder im Bereich des linken Armes noch im Bereich der linken Hand Zeichen einer Sudeck´schen Dystrophie festzustellen waren. Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob es in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall zu einem CRPS gekommen war. Für den hier zu entscheidenden Zeitraum ab dem 07.07.2002 jedenfalls lassen sich wesentliche und für die MdE Bewertung relevante Funktionseinschränkungen aufgrund eines solchen nicht mehr feststellen.

Die im Hinblick auf die Bewertung der MdE abweichend hierzu vertretenen Auffassungen von den auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen Dr. H. (04.01.2008) und Dr. G. (30.12.2008) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Soweit Dr. H. von einer MdE von 20 vH für Dauer eines Jahres nach dem Unfallereignis ausgeht, ist diese nicht schlüssig und basiert wohl auf einer freien Schätzung, ohne sich mit den bereits beschriebenen objektiven Befunden im Juli und November 2002 (Untersuchung Dr. K.) auseinanderzusetzen. Dies gilt umso mehr, als Dr. H. keinen Anhalt für das Vorliegen einer Sudeck´schen Heilentgleisung sah - weder aufgrund der durchgeführten bildgebenden Verfahren noch aufgrund des klinischen Bildes - und insoweit sogar von einer Arbeitshypothese (eines CRPS) während der Behandlung im Mai und Juni 2002 (der Behandlung in der eigenen Klinik) sprach. Auch die Nervus medianus Schädigung beschrieb er ausgehend von der von Dr. H. nur als diskret bezeichneten axonalen Schädigung als "später" unauffällig und auch klinisch nicht mehr bedeutsam, weil Funktionseinschränkungen für den Nervus medianus (welcher für die sensible Versorgung der Finger I bis III zuständig sei) nicht beschrieben seien. So kommt er zur Einschätzung, eine vorübergehende diskrete axonale Schädigung habe vorgelegen, ohne diese weiter einzugrenzen und anhand der vorliegenden Befunde zu verifizieren. Dabei liegen jedoch schon mit der Untersuchung von Dr. F. am 01.07.2002, welche eine distale sensible Nervenleitgeschwindigkeit des Nervus medianus von 51m/sec (Normalbefund) ergeben hat, sowie aufgrund des stationären Aufenthaltes in der BGU Frankfurt/Main Ende Juni/Anfang Juli 2002 aussagekräftige Befunde vor, welche zur MdE-Einschätzung heranzuziehen waren. Die Einlassung zur MdE von Dr. H. überrascht auch insoweit, weil er ausdrücklich darauf hinwies, dass eine Sudeck´sche Heilentgleisung bei der differentialdiagnostischen Bewertung der BGU Frankfurt/Main keine Rolle mehr gespielt habe. Dabei geht er - wie die Vorgutachten auch - von einem anlagebedingten nunmehr beidseitig vorliegenden Ulnaris-Rinnen-Syndrom und einer unfallunabhängig bestehenden HWS-Symptomatik (die Schädigung der HWS oder des oberen Kopfgelenkes durch den Unfall hat er ausgeschlossen) aus.

Soweit Dr. G. wegen eines CRPS Typ 2 nach Distorsion und Kontusio des linken Handgelenkes verbunden mit einem posttraumatischen CTS links eine MdE von 20 vH für gerechtfertigt hält, vermag dies ebenfalls nicht zu überzeugen. Auch er teilt zwar die Meinung der Vorgutachten, dass das Sulcus-ulnaris-Rinnensyndrom genauso unfallunabhängig zu bewerten ist wie die Cervicocephalgie bei degenerativen Veränderungen der HWS; er ist jedoch der Meinung, die MdE rechtfertige sich aus dem CRPS und der Nervus medianus-Irritation, wobei letztere 2006 nicht mehr nachweisbar gewesen sei und weshalb die MdE ab diesem Zeitpunkt auf 10 vH (wegen der Residuen der CRPS) einzuschätzen sei. Mit nachvollziehbaren Befunden und damit verbundenen Funktionseinschränkungen vermochte der Sachverständige dies nicht zu begründen. Dabei stimmte er bei der Beantwortung der Beweisfrage 7 (Gutachtensauftrag vom 15.10.2008) der Einschätzung von Dr. H. ausdrücklich - sowohl im Hinblick auf die feststellbaren Unfallfolgen als auch dessen MdE-Einschätzung - zu, obwohl er bei der Beantwortung der Beweisfrage 5 eine rentenberechtigende MdE noch bis ins Jahr 2006 für gerechtfertigt hielt. Dass das von ihm - in Übereinstimmung mit den Behandlern der Uniklinik M. im Juni 2002 - beschriebene CRPS II über den 1.08.2002 hinaus in einem rentenrechtlich relevanten Ausmaß vorgelegen hat, lässt sich seinen Ausführungen nicht schlüssig entnehmen. Vielmehr führt er in seinem Gutachten selbst aus, ein CRPS II setze ein Schmerzsyndrom nach einer partiellen klinisch und neurophysiologisch nachweisbaren peripheren Nervenläsion voraus. Er räumt ein, dass der Schweregrad der Störung nicht so gravierend gewesen sei, dass trophische Störungen (wie Nagelwachstumsstörungen, Haarwachstumsstörungen, Gelenkversteifung, Knochenstoffwechselstörungen mit Demineralisation) bei den Zusatzuntersuchungen nachweisbar gewesen seien und kommt zu dem Schluss, dass dies das Vorhandensein eines chronisch regionalen Schmerzsyndroms nicht ausschließe. Die MdE-Einschätzung von Dr. H. unterstützte er in seinem Gutachten mit der Begründung, dass das CRPS wegen des fehlenden Nachweises von pathologischen Befunden im MRT, Szintigraphie und Röntgen und bei den neurophysiologischen Untersuchungen nicht in voller Ausprägung aufgetreten sei. Damit setzt er sich - wie oben bereits ausgeführt - wie bereits Dr. H. nicht mit den zum maßgeblichen Zeitpunkt vorliegenden Befunden auseinander und kann die von ihm angenommene MdE auch nicht schlüssig begründen. Denn bei fehlendem Nachweis in bildgebenden Verfahren, einer zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr nachgewiesenen Nervenschädigung und fehlenden trophischen Störungen liegen objektiv nachvollziehbare Befunde für die Annahme einer MdE in rentenberechtigenden Grade unter Berücksichtigung der oben genannten Vergleichswerte nicht vor. Dies gilt umso mehr, als Dr. G. eine Abgrenzung der Beschwerden aufgrund des Ulnaris-Rinnensyndroms - als unfallunabhängiger Erkrankung - und dessen Auswirkungen nicht vornimmt. Im Hinblick auf die auch seiner Ansicht nach geringgradige Ausprägung des CRPS hätte zur Begründung der daraus abgeleiteten MdE aber Veranlassung bestanden. Im Übrigen spricht Dr. G. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25.05.2009 dann auch nur noch von einem CRPS Typ 2 in der "Initialphase", ohne dessen Ende näher zu bestimmen.

Nur der Vollständigkeit halber und unter Berücksichtigung der oben genannten Maßstäbe zur Kausalitätsbeurteilung weist der Senat angesichts des vorliegenden weitgehend übereinstimmenden Ergebnisses der gutachterlichen Einschätzungen nach Beweiserhebung darauf hin, dass eine rechtlich wesentliche Verursachung oder Verschlimmerung des bereits von Dr. H. im März 2002 beschriebenen Ulnarisrinnen-Syndroms links sowie die im Dezember 2002 beschriebene "sehr ausgeprägte" Ulnarisneuropathie am Ellenbogen links und die Ulnarisneuropathie am Ellenbogen rechts (im März keine Befunderhebung rechts) mit der hierfür erforderlichen Wahrscheinlichkeit nicht im Zusammenhang mit dem Unfall gesehen werden kann. Schon Dr. H. wies in seinem Bericht vom 20.03.2002 darauf hin, dass sich die höher gelegene Ulnarisläsion nicht aus dem Unfallgeschehen ableiten lasse. Die Gutachten von Dr. K. und PD Dr. M. haben das Vorliegen eines unfallunabhängigen Schadensbildes ebenso bestätigt wie die auf Antrag des Klägers eingeholten Gutachten nach § 109 SGG.

Gleiches gilt für die geltend gemachten Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule. Insbesondere die festgestellten degenerativen Veränderungen im unteren HWS-Bereich mit Bandscheibenvorfall C6/7 und entsprechender Funktionsstörung der HWS können ebensowenig wie die später beschriebenen Zervikoenzephalen Syndrome (Dr. M., 30.01.04) mit Wahrscheinlichkeit in einen rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall gebracht werden. Insoweit fehlt es bereits am Nachweis eines sog. Erstschadens im Bereich der Wirbelsäule, an Brückensymptomen, an radiologisch nachweisbaren Unfallfolgen und an einer plausiblen Erklärung der Verursachung durch den vom Kläger erlittenen Sturz. So enthalten die Durchgangsarztberichte der erstbehandelnden Ärzte (Dr. N., DRK-Krankenhaus A., Dr. H., Universitätsklinikum M. und Dr. B., W.) weder Hinweise auf eine Beteiligung der Wirbelsäule noch über Schmerzangaben in diesem Bereich. Erstmals wird erst 11 Wochen nach dem Unfall eine Beschwerdesymptomatik für die Wirbelsäule (sowie Schulter) im Durchgangsarztbericht von Dr. W., M., beschrieben und am 01.07.2002 der linksseitige Bandscheibenvorfall C6/7 diagnostiziert. Schließlich ist die Herleitung eines Unfallzusammenhanges, wie er vom Neurologen Dr. J. vertreten wurde, nicht haltbar. In Unkenntnis des Unfallherganges - wie er in seiner sachverständigen Zeugenaussage für das SG Freiburg im Rentenverfahren unter dem 09.03.2005 angegeben hat - und unter den von ihm gestellten Prämissen eines adäquaten Traumas, des Vorliegens von Brückensymptomen und nachweislichen äußeren Verletzungszeichen beschreibt er eine "Peitschenschlagbewegung" im Sinne einer Beschleunigungsverletzung der HWS als mögliche Ursache für die Entstehung der Wirbelsäulenbeschwerden bei von ihm ebenfalls angenommenen vorbestehenden degenerativen Veränderungen in diesem Wirbelsäulenabschnitt. Dabei erweisen sich nicht nur die von ihm zugrunde gelegten Annahmen als nicht zutreffend, wie bereits ausgeführt wurde, sondern auch der von ihm beschriebene "Peitschenschlageffekt" kann, worauf Dr. K. zu Recht hinweist, schon nicht mit Wahrscheinlichkeit oder gar als bewiesen angenommen werden, weil es beim geschilderten Sturz an der hierfür erforderlichen Fixierung des Rumpfes fehlte. Lassen sich Unfallfolgen an der Wirbelsäule und auch am Kopfgelenk nicht wahrscheinlich machen, sind auch die damit in Zusammenhang gebrachten Beschwerden und Folgen wie Bewegungseinschränkung der HWS, Schulter-/Arm-Schmerzen links, Kopfschmerzen, Schwindel, Tinnitus nicht auf den Unfall zurückzuführen und damit auch nicht im Rahmen der zu beurteilenden MdE zu berücksichtigen. Gleiches gilt für die beschriebene milde traumatische Hirnschädigung, weil schon die hierfür als ursächlich erachtete (Prof. Dr. O., 17.08.2004) "nicht abgefangene HWS-Distorsion" nicht nachgewiesen ist, womit ein Unfallzusammenhang nicht hergestellt werden kann. In dem vom Senat beigezogenen Gutachten des Dr. G. vom 21.08.2006 wird im Übrigen die festgestellte Akzentuierung der äußeren Liquorräume im Sinne eines Ausdrucks der Hirninvolution am ehesten als Substrat mikroangiopathischer Veränderungen gesehen, für die die entsprechenden Risikofaktoren auch vorliegen (Nikotinkonsum, arterielle Hypertonie, Adipositas, Fettstoffwechselstörung). Diese, so Dr. G., bilden den ätiologischen Hintergrund für eine Veränderung der kleinen cerebralen Gefäße.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eine hiervon abweichende Kausalitätsbeurteilung (Sulcus-ulnaris-Rinnensymptomatik und Wirbelsäulenverletzung) auch die auf Antrag des Klägers gehörten Sachverständigen in ihren Gutachten nach § 109 SGG nicht vertreten haben.

Für Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet liegen keine Anhaltspunkte vor, die weitere Ermittlungen von Amts wegen erforderlich machten. Im vom Senat beigezogenen Gutachten des Dr. G. vom 21.08.2006 wird insoweit ausgeführt, dass eine seelische Erkrankung im engeren Sinne nicht zu eruieren gewesen ist. Abgesehen von Zeichen einer Anpassungsstörung (Reizbarkeit, Unzufriedenheit und Frustriertheit) hätten sich Hinweise auf eine depressive Verstimmung, für psychotisches Erleben oder eine Demenz nicht ergeben. Angesichts der großen Zahl an gesundheitlichen Einschränkungen liegen vergleichsweise geringfügig ausgeprägte Folgen des Unfalles vor. Die Beschwerdesymptomatik wird bestimmt durch das beidseitige Ulnarisrinnensyndrom, die Auswirkungen der Wirbelsäulenerkrankung mit Ausstrahlung in Schulter und Arm, ein Schlaf-Apnoe-Syndrom, ein Restless-Legs-Syndrom und mnestisch-kognitiven Einschränkungen, die allesamt und im Wesentlichen auf organische Ursachen rückführbar sind. Für eine eigenständige auf den Unfall zurückzuführende Störung ist bislang nichts substantiiert vorgetragen worden, eine entsprechende Behandlung wird offensichtlich nicht durchgeführt und ein zeitlicher Zusammenhang lässt sich ebenfalls nicht herstellen. Das vom Kläger vorgelegte Gutachten von Dr. R. und Dr. H., Universitätsklinikum F., vom 31.12.2009, äußert - fachfremd - auch lediglich den Verdacht auf das Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung. Im Übrigen stützt das Gutachten das vorliegende Beweisergebnis, weil es ebenfalls zu dem Ergebnis kommt, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall und eine HWS-Beschleunigungsverletzung bei vorbestehenden degenerativen HWS-Veränderungen auszuschließen ist.

2. Soweit der Kläger mit dem in der mündlichen Verhandlung abweichend vom bislang gestellten Antrag nunmehr die Anerkennung eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms Typ 2 nach Distorsion und Kontusio des linken Handgelenkes verbunden mit posttraumatischem CTS links begehrt, kann der Senat dahingestellt sein lassen, ob damit eine als zulässig anzusehende Klageänderung verbunden ist und ob die erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig ist. Zweifel ergeben sich insoweit, als die Beklagte hierüber nicht entschieden hat. Ein Verfügungssatz, der Unfallfolgen feststellt oder die Anerkennung von Unfallfolgen ausdrücklich ablehnt, erhält der Bescheid nicht. Insoweit fehlt es an einer anfechtbaren Entscheidung und dem nach § 78 SGG erforderlichen Vorverfahren. Auch das SG hat - mangels Antrag - nicht über den jetzt zur Entscheidung gestellten Antrag entschieden.

Letztlich ist der Antrag jedoch auch unbegründet. Denn zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides (27.12.2002) lag ein durch eine Medianusirritation verursachtes CRPS Typ 2 zumindest nicht mehr vor, was Dr. K. in seinen beiden Gutachten feststellte und was letztlich auch durch das nach § 109 SGG eingeholte Gutachten von Dr. H. bestätigt wurde. Der Senat hält dies - wie oben bereits ausführlich dargelegt - für überzeugend, zumal es bereits bei der Untersuchung bei Dr. F. am 01.07.2002 keinen Nachweis mehr für eine Nervus medianus Irritation gab und auch Dr. H. angab, diese diskrete Schädigung sei nach der Untersuchung beim Neurologen Dr. H. bei späteren Untersuchungen nicht mehr auffällig gewesen und klinisch auch nicht zeichnend gewesen, weil Funktionseinschränkungen für den Nervus medianus nicht beschrieben worden seien. Darüber hinaus hat Dr. H. Dr. K. auch insoweit bestätigt, als eine Sudeck´sche Heilentgleisung sich nicht habe nachweisen lassen. Sowohl von den Schmerztherapeuten als auch von den konsultierten Neurologen der neurologischen Klinik des Klinikums der J.- Universität M., also des Klinikums für das auch Dr. H. tätig ist, sei diese Diagnose nur als Arbeitshypothese aufgefasst worden und schon bei der stationären Untersuchung in der BG Klinik F. nicht mehr Gegenstand einer differenzialdiagnostischen Untersuchung gewesen. Hinweise hierauf ergaben sich weder skelettszintigraphisch, noch kernspintomographisch, nativröntgenologisch oder klinisch, was auch dem Bericht des Dr. W. vom 12.07.2002 entnommen werden kann (keine Zeichen einer Sudeck´schen Dystrophie). Soweit Dr. G. hierzu eine andere Auffassung vertritt, kann er weder den bildgebenden noch den klinischen Beweis für das Vorliegen einer Sudeck´schen Dystrophie und damit für das von ihm behauptete CRPS Typ II, für das der Nachweis einer Nervenschädigung erforderlich wäre, über den 07.07.2002 hinaus erbringen. Die insoweit im Bericht des Dr. W. enthaltenen Befunde nimmt er insoweit nicht zur Kenntnis. Wenn er in seinem Gutachten den Schlussfolgerungen von Dr. K. zustimmt, dann aber feststellt, Dr. K. habe die Medianusirritation nicht in seine Überlegungen mit einbezogen, so hätte er dies bei einem fehlenden Nachweis ab November 2002 bzw. schon ab Juli 2002 in seine MdE-Bewertung einbeziehen und berücksichtigen müssen. Gleiches gilt für die Bewertung des Gutachtens von Dr. H., der er sich ebenfalls angeschlossen hat, welcher aber nur von einer vorübergehenden diskreten axonalen Schädigung ausgegangen war und dessen MdE-Bewertung er ebenfalls zugestimmt hat. Diese Widersprüche vermögen daher eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen, zumal er selbst ausführt, dass die Diagnose eines CRPS Typ 2 ein Schmerzsyndrom nach partiellen klinisch und neurophysiologisch nachweisbaren Nervenläsionen erfordert und diese Nervus medianus-Symptomatik sich langsam zurückgebildet habe. Gravierende Störungen im Hinblick auf klinische Auswirkungen wie Nagelwachstumsstörungen, Haarwachstumsstörungen, Gelenkversteifung, Knochenstoffwechselstörungen mit Demineralisation verneinte er ebenso. Damit kann die Entscheidung der Beklagten auch aus diesen Gründen nicht rechtswidrig gewesen sein und ein Anspruch auf die Feststellung als Unfallfolge auch nicht bestehen.

Gleiches gilt im Übrigen für das von ihm ebenfalls angegebene Karpaltunnelsyndrom, das er in Zusammenhang mit der Nervus medianus-Schädigung sieht und welches er in seinem Gutachten als "beidseits rechts mehr als links, posttraumat. linksseitig akzentuiert" beschreibt. Damit ist schon ein Unfallzusammenhang nicht nachzuvollziehen, wenn das CTS auch an der vom Unfall nicht betroffenen Seite in ausgeprägterer Form vorliegt. Soweit Dr. G. den Unfallzusammenhang nicht über eine Nervenschädigung sondern eine Kompression des Nerven begründen will, stellt der Senat fest, dass eine solche Kompression bei der Untersuchung in der BG Klinik F. ebenfalls nicht mehr beschrieben ist und am 04.12.2002 sowohl für den Nervus medianus rechts als auch links unauffällige Befunde erhoben wurden (Bericht Dr. L./H.). Damit sind - wie Dr. H. zu Recht anmerkte - Nervenengpasssyndrome für den Nervus medianus links nicht herauszuarbeiten gewesen.

3. Dem Hilfsantrag auf Einholung eines neurologischen Gutachtens war nicht stattzugeben, nachdem der Sachverhalt aufgrund der vorliegenden Befunde und Gutachten geklärt ist. Es ist im Hinblick auf das vorliegende Beweisergebnis auch nicht ersichtlich, welchen weiteren Aufschluss ein weiteres Gutachten auf neurologischem Fachgebiet geben könnte, zumal auf Antrag des Klägers mit dem Gutachten Dr. G. ein Neurologe gehört wurde und mit dem vom Senat aus dem beim SG Freiburg anhängig gewesenen Rentenverfahren beigezogenen Gutachten von Prof. Dr. S. und Oberarzt Dr. R. ebenfalls ein neurologisches Gutachten vorliegt. Dieses bestätigt im Übrigen, dass sich im Verlauf weder kernspintomographisch noch szintigraphisch ein Hinweis auf ein komplexes regionales Schmerzsyndrom finden ließ.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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