L 5 KR 4862/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 7366/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4862/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 5/12 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Das SGB 5 regelt in §§ 27 Abs 1 S 1 Nrn 2 und 2a, 28 Abs 2 iVm § 55 SGB 5 einen Katalog von Leistungen einschließlich der damit verbundenen Leistungsausschlüsse. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BSG, dass dieser beschränkte Leistungskatalog verfassungsrechtlichen Anforderungen auch in den Fällen entspricht, in denen etwa die gesetzlich ausgeschlossene Art der Zahnersatzversorgung als einzig medizinisch sinnvolle Leistung in Betracht kommt (vgl BSG vom 23.5.2007 - B 1 KR 27/07 B). (Rn.45)


2. Mit § 55 Abs 2 SGB 5 sollte sichergestellt werden, dass für einkommensschwache Versicherte die Kosten der jeweiligen Regelversorgung von der Krankenkasse vollständig übernommen werden. Der Gesetzgeber hat aber in § 55 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB 5 ausdrücklich festgestellt, dass die Krankenkassen auch bei einkommensschwachen Versicherten nur den doppelten Festzuschuss leisten, wenn diese, ungeachtet ihrer wirtschaftlichen Lage, nach Abs 4 oder 5 einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleich- oder andersartigen Zahnersatz wählen (hier für ein Kind, das an einem Gendefekt sämtlicher Zähne in Form der Dentinogenesis imperfecta leidet). (Rn.37)
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.09.2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt mit seiner Klage von der Beklagten die volle Übernahme der tatsächlichen Kosten für seine Versorgung mit Zahnkronen, die zum überwiegenden Teil bereits erfolgt und bezüglich vier weiterer Zähne vorgesehen ist.

Der 1999 geborene Kläger ist bei der Beklagten familienversichert. Er leidet an einem Gendefekt sämtlicher Zähne in Form der Dentinogenesis imperfecta, einer Fehlentwicklung bzw. Strukturstörung der Zahndentitionen, die eine starke Abrasion der Zähne zur Folge hat.

Die Eltern des Klägers legten einen Heil- und Kostenplan des Zahnarztes Prof. Dr. E. vom 06.03.2008/14.03.2008 (Bl. 3 f. d. Verw.-Akten) mit der Bitte um volle Kostenübernahme vor. In dem Heil- und Kostenplan ist für die Zähne 11, 12, 14, 15, 16, 21, 22, 24, 25, 26, 31, 32, 36, 41, 42, 46 der Befund "erhaltungswürdiger Zahn mit weitgehender Zerstörung". Als Therapie ist eine Versorgung mit vollkeramischen oder keramisch vollverblendeten Edelstahlkronen vorgesehen.

Der Zahnarzt Dr. Sch. von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg nahm im Verwaltungsverfahren im Mai 2008 dahingehend Stellung, dass sich die klinische Situation bei dem Kläger dramatisch verschlechtert habe und mehrere Zähne erhebliche Defekte und eine aufweichende Zahnhartsubstanz aufwiesen. Somit sei die Überkronung aller Zähne erforderlich. Durch Bescheid vom 15.05.2008 (Bl. 11 f. d. Verw.-Akten) genehmigte die Beklagte den vorgelegten Heil- und Kostenplan für eine gleichartige Versorgung und teilte mit, dass der befundbezogene Festzuschuss, der an den Zahnarzt nach Durchführung der Behandlung überwiesen werde, 3.113,24 EUR betrage, wobei sich aus den Berechnungen auf dem beigefügten Heil- und Kostenplan ergibt, dass ein um 30% erhöhter Festzuschuss zugrunde gelegt worden war.

Mit Schreiben vom 19.07.2008 baten die Eltern des Klägers um die Benennung alternativer Behandlungsmöglichkeiten, nachdem die Beklagte die Kosten entsprechend dem Kostenvoranschlag nicht übernehme. Mit Schreiben vom 04.08.2008 (Bl. 18 d. Verw.Akten) legten die Eltern des Klägers Widerspruch ein und bestanden auf einer vollen Kostenübernahme. Im September 2008 stellte der Kläger durch seine Eltern einen Antrag auf einen Zuschuss zum Zahnersatz wegen eines Härtefalls (Bl. 22 f. d. Verw.-Akten). Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse wird auf den Einkommensteuerbescheid 2007 sowie die eingereichten Verdienstabrechnungen (B1. 25 ff. d. Verw.-Akten) verwiesen.

Durch Bescheid vom 27.10.2008 wies die Beklagte den klägerischen Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass nach § 55 SGB V der Kläger Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz habe. Die Festzuschüsse umfassten 50 % der gesetzlich festgesetzten Beträge für die jeweilige Regelversorgung, wobei der Festzuschuss beim Kläger um 30 % zu erhöhen sei. Ein Härtefall liege nicht vor.

Ein Teil der vorgesehenen Behandlung wurde in der Zeit vom 17.07. bis 13.08.2008 durchgeführt, wobei abweichend vom Heil- und Kostenplan die Überkronung der Zähne 14, 15, 24, 25 zurückgestellt wurde. Mit Rechnung vom 18.08.2008 berechnete der Zahnarzt Prof. Dr. E. hierfür Gesamtkosten in Höhe von 5.995,03 EUR abzüglich des Festzuschusses der Beklagten in Höhe von 2.279,52 EUR, sodass sich ein Versichertenanteil in Höhe von 3.715,51 EUR ergab. Der Festzuschuss wurde an den behandelnden Zahnarzt Prof. Dr. E. ausgezahlt.

Der Kläger hat sein Begehren weiterverfolgt und am 03.11.2008 Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhoben. Er trägt vor, dass eine Überkronung seiner Zähne mit rostfreien Stahlkronen erforderlich sei, um die bleibenden Zähne zu erhalten. Der Kläger ist der Auffassung, dass er nicht lediglich einen Anspruch auf die im Gesetz normierten Festzuschüsse gemäß § 55 SGB V habe. Der dieser Regelung zugrunde liegende Zweck, die Eigenverantwortung der Versicherten zu stärken, komme bei einem angeborenen Gendefekt eines Kindes nicht zum Tragen. Es handle sich nicht um Prothetik im eigentlichen Sinn. Es gehe darum, dem Kläger überhaupt die Möglichkeit zu eröffnen nach Verlust des geschädigten Milchgebisses ein funktionsfähiges bleibendes Gebiss zu erhalten. Hierbei handle es sich um eine notwendige Maßnahme der Zahnerhaltung. Weiter trägt der Kläger vor, dass sein Fall sehr ungewöhnlich sei. Sein Kiefer könne aufgrund der Erbkrankheit nur ein ganz unzureichendes und auch ungenügendes erstes bzw. zweites Gebiss ausbilden. Viele Zähne seien überhaupt nicht gebildet worden. Schon von daher könne es nicht um einen Zahnersatz gehen, denn dies würde bedeuten, dass ein bereits ausgebildetes, aber dann verlorenes Gebiss durch technische Mittel ersetzt oder verstärkt werde. Auch sei sein Fall mit der genetisch bedingten Nichtanlage der Zähne gleichzustellen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie ist der Auffassung, der Kläger habe lediglich einen Anspruch auf den Festzuschuss hinsichtlich der Regelversorgung. Die Mehrkosten für die vorgesehene Therapieplanung, keramisch vollverblendete Kronen anstatt vestibulär (mit Kunststoff verblendete Kronen) habe der Kläger zu tragen. Die Tatsache, dass der Kläger an einem Gendefekt leide, führe zu keiner vollständigen Kostenübernahme. Die Höhe der Festzuschüsse sei von der Art der Erkrankung nicht abhängig.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 24.09.2009 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung des für den eingegliederten Zahnersatz geleisteten Versicherungsanteils bzw. auf Freistellung von der insofern entstandenen Gebührenforderung des behandelnden Zahnarztes Prof. Dr. E. und keinen Sachleistungsanspruch ohne Versichertenanteil hinsichtlich des an den Zähnen 14, 15, 24 und 25 bisher nicht durchgeführten Zahnersatzes. Bei der gemäß Heil- und Kostenplan vom 14.03.2008 geplanten Versorgung handele es sich nach Auffassung der Kammer um Zahnersatz im Sinne des § 55 SGB V. Zahnersatz im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB V umfasse als komplette Leistung sowohl die Gewährung zahnärztlicher Behandlung als auch die dafür erforderlichen zahntechnischen Leistungen, wobei Zahnersatz sowohl in festsitzender als auch herausnehmbarer Form eingegliedert werde (vgl. Wagner in: Krauskopf, § 55 Rdn. 4). Ausweislich des eingereichten Heil- und Kostenplanes vom 14.03.2008 sollten die erhaltungswürdigen Zähne des Klägers mit Kronen versorgt werden. Auf Basis der beim Kläger vorhandenen Zahnreste würden die Zahnkronen fest eingegliedert. Dabei spiele es keine Rolle, dass die infolge der Erkrankung des Klägers angegriffenen, aber noch vorhandenen Zähne zunächst stabilisiert und präpariert werden müssten, bevor die Kronen eingesetzt werden könnten. Damit handele es sich offensichtlich um Leistungen des Zahnersatzes im Sinne der §§ 55, 56 SGB V. Diese regelten die Ansprüche bei der Versorgung mit Zahnersatz abschließend mit der Folge, dass ein Rückgriff auf die allgemeine Regelung über die Verschaffung (zahn-)ärztlicher Behandlungen ausgeschlossen sei (BSG, Urteil vom 06.10.1999, B 1 KR 9/99 R). Die genetische Erkrankung der Zähne des Klägers bedinge den Zahnersatz. Dieser stelle sich nicht als allgemein-medizinisch sinnvolle und notwendige ärztliche Behandlungsmaßnahme im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V dar (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.12.2006, L 16 KR 101/06). Der Leistungsanspruch des § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB V sei auf befundbezogene Festzuschüsse begrenzt und zwar unabhängig von der Ursache der Behandlungsbedürftigkeit (beispielsweise Adelt in: LPK-SGB V, 3. Aufl. 2009, § 55 Rdn. 62 ff.; Höfer in: Kass.Komm., § 55 SGB V Rdn. 9; Wagner in: Krauskopf, § 55 SGB V Rdn. 5; Krasney in: JurisPK-SGB V, § 55 Rdn. 22, 31 ff.; Hessisches LSG, Urteil vom 24.05.2007, L 8 KR 82/06; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 22.02.2006, L 5 KR 123/04; BSG, Urteil vom 13.07.2004, B 1 KR 37/02 R; Beschluss vom 23.05.2007, B 1 KR 27/07 B). Ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Versorgung mit implantologischen Leistungen gem. § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V i.V.m. B.VII. der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung wegen einer generalisierten genetischen Nichtanlage von Zähnen habe (vgl. dazu BSG, Urteil vom 13.07.2004, B 1 KR 37/02 R), sei nach Auffassung der Kammer nicht entscheidungsrelevant. Voraussetzungen und Umfang des streitgegenständlichen Anspruchs hinsichtlich des eingegliederten bzw. begehrten Zahnersatzes richteten sich nach §§ 55, 56 SGB V. Die Beteiligten seien sich darüber einig, dass beim Kläger die Anspruchsvoraussetzungen, insbesondere die medizinisch notwendige Versorgung mit Zahnersatz, vorlägen. Daraus folge als Rechtsfolge ein Anspruch auf einen befundbezogenen Festzuschuss. Der von der Beklagten auf 3.113,24 EUR festgesetzte befundbezogene Festzuschuss sei nicht zu beanstanden. Der Kläger habe nicht ansatzweise aufgezeigt, dass die Bestimmung des befundbezogenen Festzuschusses durch die Beklagte fehlerhaft sei. Die Beteiligten gingen übereinstimmend davon aus, dass die Höhe des Festzuschusses nach § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V um 30 % zu erhöhen gewesen sei (§ 55 Abs. 1 Satz 3 und 5 SGB V). Weiterhin gingen sie übereinstimmend davon aus, dass bei dem Kläger ein Härtefall im Sinne des § 55 Abs. 3 SGB V nicht vorliege. Die Höhe des prozentualen Festzuschusses richte sich nach den festgesetzten Beträgen für die jeweilige Regelversorgung (§ 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V), die in der Festzuschuss-Richtlinie niedergelegt seien. Danach seien hinsichtlich des Befundes Nr. 1.1 (erhaltungswürdiger Zahn mit weitgehender Zerstörung der klinischen Krone oder unzureichender Retentionsmöglichkeit) je Zahn bei einem Bonus von 30 % 153,02 EUR und für den Befund Nr. 1.3 (erhaltungswürdiger Zahn mit weitgehender Zerstörung der klinischen Krone oder unzureichende Retentionsmöglichkeit im Verblendbereich (15-25 und 34-44) je Verblendung für Kronen 55,41 EUR anzusetzen.

Gegen dieses ihm am 07.10.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.10.2009 Berufung beim Sozialgericht eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, der Erstattungsanspruch für den Zahnersatz ergebe sich aus § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Gem. § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB V umfasse die Krankenbehandlung die zahnärztliche Behandlung und die Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen. Zwar beinhalteten zahnärztliche Leistungen nach § 28 Abs. 2 SGB V grundsätzlich keinen Zahnersatz. Dennoch würden hier in besonders schweren Fällen Ausnahmen zugelassen. Dies gelte insbesondere für vom Gemeinsamen Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in den Behandlungs-Richtlinien (BehandlRL-ZÄ) festgelegte Ausnahmeindikationen. Der Kläger leide an einem seltenen Gendefekt namens Dentinogenesis imperfecta. Durch diesen Gendefekt seien sämtliche Zähne - soweit überhaupt von Zähnen gesprochen werden könne - ohne Behandlung unbrauchbar. Die Dentinogenesis imperfecta sei eine autosomal dominant vererbte Fehlentwicklung/Strukturstörung der Zahndentitionen und des Kiefers und führe daher zu Dysplasien im Ober- und Unterkiefer. Im Gegensatz zu einem normal ausgebildeten Gebiss seien beim Kläger Zähne oftmals überhaupt nicht angelegt. Bei den vorhandenen Zähnen des Klägers handele es sich lediglich um Zahnstummel, die als Kau- und Beißwerkzeuge nicht zu gebrauchen seien. Normal ausgebildete Zähne seien beim Kläger überhaupt nicht vorhanden. Der Gendefekt des Klägers wirke sich in Form eines umfassenden Kiefer- und Gebissdefekts aus. Es handele sich somit um eine angeborene Fehlbildung des gesamten Kiefers und Gebisses. Durch die Behandlungen sei die Kaufunktion des Kiefers erstmals teilweise hergestellt worden. Gem. lit B. Ziff. VII 2 BehandlRL-ZÄ fielen diese angeborenen Fehlbildungen unter die besonders schweren Fälle, in denen Ausnahmeindikationen für Implantate und Suprakonstruktionen i.S.v. § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V gegeben seien. Explizit genannt würden hier beispielsweise ektodermale Dyplasien. Die beim Kläger vorliegende Krankheit sei mit einer ektodermalen Dysplasie gleichzusetzen. Jedenfalls liege im vorliegenden Fall eine angeborene Fehlbildung und damit eine Ausnahmeindikation vor, die einen Erstattungsanspruch nach § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V auslöse. Soweit der Standpunkt vertreten würde, dass die dentinogenesis imperfecta nicht unter lit B. Ziff. VII 2 BehandlRL-ZÄ fallen würde, so liege den Richtlinien ein klares Systemversagen zu Grunde. Die Behandlung dieser Erkrankung als Ausnahme (Seltenheitsfall) hätte dahingehend geregelt werden müssen, dass die Erkrankung des Klägers in den Ausnahmekatalog aufgenommen werde. Dies gebiete auch eine verfassungskonforme Auslegung (im Gegensatz zu BSG vom 27.03.2007, AZ: B 1 KR 30/06 R, in Anlehnung an BVerfG vom 06.12.2005, AZ: 1 BvR 347/98). Es sei nicht ersichtlich, weshalb hier die ektodermale Dysplasie einen besonders schweren Fall darstellen sollte, während die dentinogenesis imperfecta nicht als solcher gewertet werde. Die Krankheiten seien absolut vergleichbar. Beide seien durch Gendefekte ausgelöst und könnten sich autosomal dominant vererben. Beide kämen äußerst selten vor und führten zu Dysplasien im Kiefer des Patienten. Aufgrund deren Ähnlichkeit und Folgen seien beide als besonders schwere Fälle einzustufen, die Ausnahmeindikationen darstellten. Ein weiterer Grund für die Ausnahmeindikation sei die generalisierte Nichtanlage von Zähnen. Zwar verfüge der Kläger vor seiner Behandlung teilweise - zum großen Teil seien die Zähne auch überhaupt nicht angelegt gewesen - über Zahnstummel. Diese seien jedoch nicht wie ein normal ausgebildetes Gebiss einsetzbar. Der Kläger habe auf dem Zahnfleisch gekaut. Die Situation sei eine Form der generalisierten Nichtanlage von richtigen Zähnen. Daher sei auch aus diesem Grund eine Ausnahmeindikation gegeben, die die komplette Kostenübernahme rechtfertige.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.09.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 15.05.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.10.2008 aufzuheben, soweit eine weitergehende Kostenübernahme abgelehnt wurde, sowie die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zusätzlich zum geleisteten Festzuschuss Kosten der Behandlung durch Prof. E. gemäß Rechnung vom 18.08.2008 in Höhe von 2.120,- EUR zu erstatten und ihn von der Restforderung von Prof. E. aus der Rechnung vom 18.08.2008 in Höhe von 1.590,94 EUR freizustellen sowie ihm die erforderlichen Leistungen des Zahnersatzes hinsichtlich der Zähne 14, 15, 24 und 25 ohne Eigenbeteiligung zu gewähren,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, bei dem Kläger liege eine Amelogenesis imperfecta vor. Es handele sich bei dem Begriff "Amelogenesis imperfecta" um den Sammelbegriff einer heterogenen Gruppe genetisch bedingter Schmelzbildungsstörungen. Die Zähne wiesen eine gelbliche bis bräunliche Färbung auf. Der Schmelz sei wenig widerstandsfähig und unterliege dadurch erhöhten Abrasionen und besitze eine erhöhte Kariesanfälligkeit. Die übrige Zahnsubstanz sei nicht betroffen. Das Krankheitsbild des Klägers sei nicht mit dem der ektodermalen Dysplasie vergleichbar bzw. gleichzusetzen. Bei der ektodermalen Dysplasie sei die Schmelzentwicklung nicht gestört. Es könnten aber Zahnpolymorphien, Zahnverlagerungen und Zahnnichtanlagen auftreten. Die Zähne unterlägen nicht einem erhöhten Abrieb und einer erhöhten Kariesanfälligkeit. Eine Ausnahmeindikation nach den Richtlinien des Bundesaussschusses vom 24.07.1998 nach § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V liege bei dem Versicherten nicht vor. Eine Ausnahmeindikation könne nur dann vorliegen, wenn nebeneinander drei Hauptbedingungen erfüllt seien: • Eine besondere anatomische Mangelsituation durch einen in den Richtlinien abschließend festgelegten Umstand. • Die Unmöglichkeit einer konventionellen Zahnersatzversorgung ohne Verwendung von Implantaten. • Die Versorgung mit Implantaten einschließlich Suprakonstruktion im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung. Bei dem Versicherten gehe es um Überkronungen bei geschädigten Zähnen, nicht aber um den Ersatz fehlender Zähne. Selbst wenn einzelne Zähne bereits fehlen würden, so könnte der Versicherte immer noch mit konventionellem Zahnersatz versorgt werden. Die Beklagte zitierte einen Auszug der Antwort der Bundesregierung (16/13565) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (16/13339), wonach seit jeher die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für die Versorgung mit Zahnersatz auf einen Teil der Kosten beschränkt gewesen seien. Mit der Einführung des "befundbezogenen Festzuschusssystems" Anfang 2005 sei die vertragszahnärztliche Versorgung mit Zahnersatz grundlegend neu geordnet worden: "Unabhängig von ihrem Mundgesundheitszustand, ihrem Alter, ihren Erkrankungen oder Erkrankungsrisiken wie Allergien erhalten gesetzlich Versicherte bei einem bestimmten Befund bundesweit einheitliche Festzuschüsse zu einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz", erläutere die Regierung. Da "innerhalb der Festzuschuss-Konzeption nicht auf jeden einzelnen Behandlungsfall mit klinischen Besonderheiten oder individuellen Wünschen bei der Auswahl der Werkstoffe abgestellt" werden könne, sei nicht auszuschließen, dass Versicherte "im Einzelfall mehr als 50 Prozent der in der Regelversorgung abgebildeten Kosten zu übernehmen haben", heiße es in der Antwort weiter. Von einem Systemmangel könne daher nicht gesprochen werden, da dem Kläger eine konventionelle Behandlungsmethode (Zahnüberkronungen) zur Verfügung stehe. Die Begrenzung der Kostenbeteiligung sei durch den Gesetzgeber vorgegeben worden, so dass eine weitere Bezuschussung außerhalb des gesetzlichen Rahmens der Beklagten nicht möglich ist. Die Beklagte hat das Sozialmedizinische Gutachten Dr. med. Dr. med. dent. U. vom MDK vom 27.01.2010 vorgelegt, aus dem sich darüber hinaus ergibt, dass eine medizinische Notwendigkeit für eine weitere Zahnersatzversorgung der Zähne 14, 15, 24 und 25 sich aus dem Verlauf ergebe und bei fortschreitender Zahnschädigung gegeben sei. Die Behandlung des Prof. E. mit Kostenvoranschlag vom 14.03.2008 sei medizinisch erforderlich und geeignet, das Erkrankungsbild des Klägers zu beseitigen, mit vorläufiger Ausnahme der Zähne 15, 14, 24, 25. Die Amelogenesis imperfecta sei auf den Zahnschmelz beschränkt Bei lege artis durchgeführten Überkronungen und einwandfreier Mundhygiene sei nicht mit vorzeitigem Zahnverlust und der Notwendigkeit einer Zahnersatzversorgung zu rechnen.

Der Kläger hat hierauf erwidert, dass die §§ 55, 56 SGB V, für den Fall, dass sie eine abschließende Sonderregelung zur Kostenübernahme von Zahnersatz auch für Kinder enthielten, bei denen statt Implantaten wegen einer angeborenen Fehlbildung von Zähnen Zahnersatz notwendig sei, eine Lücke enthielten. Die genetisch infolge der angeborenen Krankheit angelegten Zähne des Klägers seien als Kauwerkzeuge unbrauchbar. Ohne Überkronung wären sie zu extrahieren und durch Implantate zu ersetzen. Für die Argumentation, dass in einem solchen Fall die Kosten von der Beklagten als zuständiger Krankenkasse zu übernehmen sein dürften, werde auf das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 15.12.2009, AZ. L 11 KR 4668/09 verweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Berufungsakte, der Gerichtsakte des SG sowie der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft. Der Kläger begehrt die Erstattung bzw. Freistellung von den von ihm als Versicherten zu tragenden Kosten an der erfolgten Zahnbehandlung in Höhe von 3.715,51 EUR über den gewährten Festzuschuss hinaus sowie die Gewährung einer weitergehenden Zahnbehandlung entsprechend dem Heil- und Kostenplan vom 06.03.2008/14.03.2008 unter voller Übernahme der tatsächlichen Kosten. Damit wird der Wert der Beschwer nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG erreicht. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Anfechtungs- und Leistungsklage ist insgesamt zulässig. Der Kläger hatte sowohl die vollständige Kostenübernahme der inzwischen durchgeführten als auch der entsprechend dem Heil- und Kostenplan vom 06.03.2008/14.03.2008 weiterhin beabsichtigten zahnärztlichen Behandlung mit Schreiben vom 25.03.2008 beantragt. Die Beklagte hat den Heil- und Kostenplan mit Bescheid vom 15.05.2008 genehmigt. Die Entscheidung über die Genehmigung des aufgestellten Heil- und Kostenplans erfolgte durch Verwaltungsakt gegenüber dem Kläger, der durch die Genehmigung einen Anspruch auf den Kassenanteil erhält (BSGE 49, 68, 69 = SozR 2200 § 205 Nr. 28; BSG SozR 3-5555 § 9 Nr. 1 S. 5). Gleichzeitig hat die Beklagte in diesem Bescheid die beantragte weitergehende Kostenbeteiligung über den um 30% erhöhten Festzuschuss hinaus abgelehnt.

Gegen diesen Bescheid vom 15.05.2008 hat der Kläger am 06.08.2008 Widerspruch eingelegt, soweit mit ihm in Bezug auf die nach dem Kostenplan vorgesehene Behandlung lediglich der erhöhte Festzuschuss bewilligt und die weitergehende Kostenübernahme abgelehnt worden war. Streitgegenstand ist damit der Bescheid der Beklagten vom 15.05.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.10.2008. Dieser ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Dabei umfasst die Krankenbehandlung nach Satz 2 Ziff. 2 und Ziff. 2a dieser Vorschrift u.a. die zahnärztliche Behandlung und die Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen. Die zahnärztliche Behandlung beinhaltet nach § 28 Abs. 2 SGB V die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist; sie umfasst auch konservierend chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen, die im Zusammenhang mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen erbracht werden. Für Zahnersatzleistungen enthalten die §§ 55, 56 SGB V spezielle Regelungen. Danach hat der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf den Festzuschuss, aber nicht darüber hinaus.

Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte nach den Vorgaben in den Sätzen 2 bis 7 Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (zahnärztliche und zahntechnische Leistungen) in den Fällen, in denen eine zahnprothetische Versorgung notwendig ist und die geplante Versorgung einer Methode entspricht, die gemäß § 135 Abs. 1 SGB V anerkannt ist.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt, denn der Kläger ist bei der Beklagten versichert, die Versorgung mit Zahnkronen im Jahr 2008 war medizinisch notwendig und die von seinem Zahnarzt durchgeführte Versorgung entsprach einer nach § 135 Abs. 1 SGB V anerkannten Methode.

Die Festzuschüsse umfassen gemäß § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V 50 vom Hundert der nach § 57 Abs. 1 Satz 6 und Abs. 2 Satz 6 und 7 festgesetzten Beträge für die jeweilige Regelversorgung. Für eigene Bemühungen zur Gesunderhaltung der Zähne erhöhen sich die Festzuschüsse gemäß § 55 Abs. 1 Satz 3 SGB V um 20 vom Hundert. Die Festzuschüsse erhöhen sich um weitere 10 vom Hundert, wenn der Versicherte seine Zähne regelmäßig gepflegt und in den letzten zehn Kalenderjahren vor Beginn der Behandlung, frühestens seit dem 1. Januar 1989, die Untersuchungen nach § 55 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 und 2 ohne Unterbrechung in Anspruch genommen hat. Dies gilt nicht in den Fällen des Absatzes 2. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1978 geboren sind, gilt der Nachweis für eigene Bemühungen zur Gesunderhaltung der Zähne für die Jahre 1997 und 1998 als erbracht. Nach § 55 Abs. 2 SGB V haben Versicherte bei der Versorgung mit Zahnersatz zusätzlich zu den Festzuschüssen nach Absatz 1 Satz 2 Anspruch auf einen Betrag in jeweils gleicher Höhe, angepasst an die Höhe der für die Regelversorgungsleistungen tatsächlich anfallenden Kosten, höchstens jedoch in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten, wenn sie ansonsten unzumutbar belastet würden; wählen Versicherte, die unzumutbar belastet würden, nach Absatz 4 oder 5 einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleich- oder andersartigen Zahnersatz, leisten die Krankenkassen nur den doppelten Festzuschuss. Eine unzumutbare Belastung liegt u.a. vor, wenn die monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Versicherten 40 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches nicht überschreiten. Mit dieser Regelung sollte sichergestellt werden, dass für einkommensschwache Versicherte die Kosten der jeweiligen Regelversorgung von der Krankenkasse vollständig übernommen werden (vgl. BT-Drucks. 15/1525 S. 92). Der Gesetzgeber hat aber in § 55 Abs. 2 Satz 1 Zweiter Halbsatz SGB V gleichzeitig ausdrücklich festgestellt, dass die Krankenkassen auch bei einkommensschwachen Versicherten nur den doppelten Festzuschuss leisten, wenn diese, ungeachtet ihrer wirtschaftlichen Lage, nach Abs. 4 oder 5 einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleich- oder andersartigen Zahnersatz wählen (vgl. auch KassKomm-Höfler, § 55 SGB V RdNr. 29 ff.).

Auf Grund der vorliegenden zahnärztlichen Befunde wäre der Kläger bei einer Regelversorgung hinsichtlich der Zähne 11, 12, 14, 15, 16, 21, 22, 24, 25, 26, 31, 32, 36, 41, 42 und 46 mit Kronen aus Nichtedelmetall sowie für die Zähne 11, 12, 13, 14, 15, 21, 22, 24, 25, 31, 32, 41, 42 zusätzlich mit vestibulären Verblendungen vorsorgt worden. Dies ergibt sich aus den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung. Nach Abschnitt D. "Anforderungen an einzelne Behandlungsbereiche" – I. "Versorgung mit Zahnkronen" Ziff. 20 dieser Richtlinien gehören metallische Voll- und Teilkronen zur Regelversorgung. Ebenfalls zur Regelversorgung gehören vestibuläre Verblendungen im Oberkiefer bis einschließlich Zahn fünf, im Unterkiefer bis einschließlich Zahn vier. Im Bereich der Schneidezähne eins bis drei umfasst die vestibuläre Verblendung auch die Schneidekanten.

Nach dem Heil- und Kostenplan betragen die voraussichtlichen Kosten für die Regelversorgung 4.789,60 EUR. Hierauf bezieht sich der mit dem angegriffenen Bescheid mitgeteilte Festzuschuss in Höhe von 3.113,24 EUR. Der Therapieplan vom 06.03.2006/14.03.2008 sieht für alle zu behandelnden Zähne (11, 12, 14, 15, 16, 21, 22, 24, 25, 26, 31, 32, 36, 41, 42 und 46) eine Versorgung mit Kronen mit vollkeramischer Verblendung vor. Tatsächliche Kosten hierfür werden mit voraussichtlich 10.486,67 EUR angegeben.

Der Kläger hat zunächst keinen Anspruch auf die mit seinem Widerspruch ebenfalls ausdrücklich begehrte Übernahme der Kosten, die darauf beruhen, dass die vorgesehene Versorgung im Hinblick auf das zu verwendende Material (Edelstahl/Keramik) und die Verblendung auch der Zähne 16, 26, 36 und 46 über die Regelversorgung hinausgeht. Dass die vorgesehenen Abweichungen medizinisch indiziert sind, wurde nicht dargetan und ist auch nicht ansatzweise erkennbar.

Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf volle Übernahme der Kosten für die Regelversorgung. Es kann offen bleiben, ob die Regelung des § 55 Abs. 2 SGB V sich auf Zahnersatz einschließlich Zahnkronen bezieht, da die Beklagte zutreffend dargestellt hat, dass eine unzumutbare Belastung des Klägers im Hinblick auf die Einkommenssituation seiner ihm unterhaltsverpflichteten Eltern nicht vorliegt. Allerdings wäre auch dann, wenn der Kläger durch die Kosten dieser Behandlung wirtschaftlich unzumutbar belastet würde, der von der Beklagten hierfür zu leistende Zuschuss nach § 55 Abs. 2 Satz 1 Zweiter Halbsatz SGB V auf den doppelten Festzuschuss begrenzt.

Aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des 11. Senats (Urteil vom 15.12.2009 - L 11 KR 4668/09 -, veröffentlicht in Juris) ergibt sich für den vorliegenden Fall nichts anderes. Denn in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall war beim dortigen Kläger eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich, da die konventionelle prothetische Brückenversorgung keinen dauerhaften Behandlungserfolg gesichert hätte. Hier geht es jedoch gerade um die Überkronung und nicht den Ersatz der Zähne mittels Implantaten. Dass Implantate notwendig werden könnten, wenn die rechtzeitige Versorgung mit Kronen unterbliebe, ändert nichts daran, dass es gegenwärtig ausschließlich um die Versorgung mit Kronen geht, die hier notwendig, geeignet und wirtschaftlich ist. Zudem wäre im Falle des erforderlichen Ersatzes von einzelnen Zähnen auch zunächst die Möglichkeit der Überbrückung zu prüfen.

Der Festzuschuss ist von der Beklagten auch der Höhe nach rechnerisch zutreffend festgesetzt worden. Ein Teil der vorgesehenen Behandlung ist durch Überkronung der schadhaften Zähne mit Ausnahme der Zähne 14, 15 und 24, 25 erfolgt. Hierfür wurden insgesamt Kosten in Höhe von 5.995,03 EUR in Rechnung gestellt (Rechnung vom 18.08.2008). Die Beklagte hat einen Festzuschuss in Höhe von 1.836,24 EUR für die Überkronung von 12 Zähnen sowie 443,28 EUR für die Verblendung von 8 Zähnen geleistet. Die Verblendung der Zähne 16, 26, 36 und 46 wird, wie dargelegt, von der Regelversorgung nicht mit umfasst. Die Kostenbeteiligung entspricht einem Festzuschuss zu den Kosten der Regelversorgung für erhaltungswürdige Zähne mit weitgehender Zerstörung der klinischen Krone oder unzureichender Retentionsmöglichkeit entsprechend der bis zum 30.06.2008 geltenden Festzuschuss-Richtlinie in Höhe von 50% sowie eine Erhöhung dieses Festzuschusses um 30%. Sie entspricht damit dem auf der Grundlage des Heil- und Kostenplans zugesagten Festzuschuss für die Behandlung, soweit diese durchgeführt wurde. Eine darüber hinausgehende Kostenübernahme sieht § 55 Abs. 1 SGB V nicht vor.

Daran ändert auch die zum 01.07.2008 In Kraft getretene Änderung der "Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Bestimmung der Befunde und der Regelversorgungsleistungen, für die Festzuschüsse nach §§ 55, 56 SGB V zu gewähren sind, sowie über die Höhe der auf die Regelversorgungsleistungen entfallenden Beträge nach § 56 Abs. 4 SGB V" vom 04.06.2008 (veröffentlicht im Bundesanzeiger 2008 S. 2 103) nichts. Der Kläger hat zwar auf der Grundlage des angegriffenen Bescheids vom 15.05.2008 erst im Juli/August 2008 und damit nach dem 01.07.2008 die Behandlung durchführen lassen, ein Anspruch auf Zugrundelegung der ab 01.07.2008 erhöhten Festzuschüsse ergibt sich daraus jedoch nicht. Danach hätte der Festzuschuss 1.847,16 EUR für die Überkronung von 12 Zähnen (für 12 Kronen je 153,93 EUR) sowie 448,32 EUR für die Verblendung von 8 Zähnen (8 Verblendungen zu je 56,04 EUR, somit insgesamt 2.295,48 EUR anstelle von 2.279,52 EUR betragen, so dass von der Beklagten noch ein Betrag in Höhe von 15,96 EUR zu leisten wäre. Maßgebend für die Höhe des Festzuschusses ist nach § 87 Abs. 1a Satz 7 SGB V jedoch der Zeitpunkt der Genehmigung des Zahnersatzes. Nach Vorlage des Heil-und Kostenplans ist dieser vor Beginn der Behandlung von der Krankenkasse zu prüfen (§ 87 Abs.1a Satz 4 SGB V). Entsprechend der Versorgungsnotwendigkeit bewilligt die Krankenkasse die Festzuschüsse; nach Abschluss der Behandlung rechnet der Zahnarzt die bewilligten Festzuschüsse ab (§ 87 Abs.1a Sätze 6 und 7 SGB V). Bezogen auf den Genehmigungszeitpunkt 15.5.2008 besteht somit nur Anspruch auf Festzuschüsse in der bis 30.6.2008 vorgesehenen Höhe.

Der angegriffene Bescheid ist damit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es gibt keine Grundlage für die von ihm beanspruchte Übernahme eines über den um 30% erhöhten Festzuschuss hinausgehende Kostenübernahme für die streitgegenständliche Versorgung mit Zahnersatz. Verfassungsrechtliche Bedenken können nicht durchdringen. Das SGB V regelt in §§ 27 Abs. 1 Nr.2 und 2a, 28 Abs. 2 i.V.m. § 55 SGB V einen Katalog von Leistungen einschließlich der damit verbundenen Leistungsausschlüsse. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BSG, dass dieser beschränkte Leistungskatalog verfassungsrechtlichen Anforderungen auch in den Fällen entspricht, in denen etwa die gesetzlich ausgeschlossene Art der Zahnersatzversorgung als einzig medizinisch sinnvolle Leistung in Betracht kommt (vgl. BSG Beschl. v. 23.05.2007 - B 1 KR 27/07 B - m. w. N.). Der vorliegende Fall unterscheidet sich aber insoweit von den bisher entschiedenen Fallkonstellationen, als der Gesetzgeber selbst etwa im Bereich der Kieferorthopädie (für schwere Kieferanomalien) und im Bereich der Implantatversorgung für besonders schwere Fälle Ausnahmeregelungen vorsieht. Eine solche Härtefallregelung fehlt aber im Bereich der Versorgung mit Zahnersatz allgemein und für besonders betroffene Jugendliche im Besonderen. Die dadurch bestehende gesetzliche Lücke kann auch nicht unter Rückgriff auf die Entscheidung des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115,25) geschlossen werden, weil eine dem vom BVerfG geforderten Schweregrad entsprechende Erkrankung hier nicht vorliegt. Im Hinblick auf die unterschiedliche Ausgestaltung der Ansprüche von Kindern und Jugendlichen mit körperlichen Behinderungen, etwa auf Körperersatzstücke gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V, für deren Ausgleich die Krankenkassen aufzukommen haben, hat der Senat die Revision zugelassen.

Die Berufung konnte damit keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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