L 12 AS 6003/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 3150/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 6003/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 9. November 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 27. April 2007 bis zum 30. September 2007, insbesondere im Hinblick auf einen ernährungsbedingten Mehrbedarf, streitig.

Der 1965 geborene Kläger, der erwerbsfähig ist und über kein Einkommen und Vermögen verfügte, bezog seit 22. August 2006 Arbeitslosengeld II (Alg II) vom Beklagten. Dabei berücksichtigte der Beklagte zunächst im Hinblick auf einen beim Kläger bestehenden Diabetes mellitus Typ I, der mit konventioneller Insulintherapie behandelt wurde, einen ernährungsbedingten Mehrbedarf in Höhe von monatlich 51,13 EUR.

Auf den Fortzahlungsantrag vom 27. April 2007 gewährte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 9. Mai 2007 für die Zeit vom 27. April bis zum 30. September 2007 Alg II in Höhe von monatlich 754,17 EUR und berücksichtigte dabei die Regelleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige in Höhe von monatlich 345,- EUR und die dem Kläger entstandenen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 409,17 EUR. Einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung im Hinblick auf die beim Kläger vorliegende Diabetes-Erkrankung berücksichtigte der Beklagte nicht mehr. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 16. Mai 2007 Widerspruch ein und legte ein ärztliches Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin D.-B. vom 23. August 2006 vor, wonach bei dem Kläger ein Diabetes mellitus Typ I bestehe, eine konventionelle Insulintherapie durchgeführt werde, Diabetes-Kost erforderlich sei und die Notwendigkeit für eine kostenaufwändige Ernährung bestehe. Mit Änderungsbescheid vom 2. Juni 2007 erhöhte der Beklagte für die Zeit ab 1. Juli 2007 die Bewilligung der Regelleistung auf monatlich 347,- EUR. Den Widerspruch des Klägers wies er mit Widerspruchsbescheid vom 14. August 2007 als unbegründet zurück. Nach dem aktuellen Rationalisierungsschema 2004 des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner sei eine spezielle Diabetes-Kost nicht mehr notwendig.

Dagegen hat der Kläger am 17. August 2007 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Die Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge aus dem Jahr 1997 sei noch nicht geändert worden. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso der Beklagte unter Berufung auf das aktuelle Rationalisierungsschema 2004 die Gewährung eines Mehrbedarfs ablehne. Er sei auf die Gewährung des Mehrbedarfs zum Erwerb von Nahrungsmitteln angewiesen.

Das SG hat, nachdem der Kläger zunächst die Abgabe einer umfassenden Entbindungserklärung seiner behandelnden Ärzte von der ärztlichen Schweigepflicht abgelehnt und dann - nach Hinweis des SG auf Mitwirkungsobliegenheiten - ausschließlich den behandelnden Arzt für Innere Medizin Dr. E. von der ärztlichen Schweigepflicht befreit hatte, bei diesem eine sachverständige Zeugenaussage eingeholt (Bl. 35/38 der SG-Akten). Danach liege bei dem Kläger ein Diabetes mellitus vom Typ I vor. Dieser verwende Insulin und führe eine intensivierte Insulinbehandlung durch. Der Kläger habe fast regelmäßig pro Woche ein bis zwei Unterzuckerungen und täglich Hyperglykämien, mindestens einmal pro Tag mit Werten über 250 mg/dl. Wegen der sehr schwankenden Blutzuckerwerte solle der Kläger unbedingt zuckerhaltige Nahrungsmittel meiden. Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe dürften verwendet werden. Der Kläger solle sich eiweißreich ernähren. Bei kohlehydratreicher Versorgung komme es zu erheblichen Ausschlägen im postprandial gemessenen Blutzucker.

Nach persönlicher Anhörung des Klägers hat das SG mit Urteil vom 9. November 2009 die Klage abgewiesen. Gemäß § 21 Abs. 5 SGB II erhielten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Für die beim Kläger vorliegende Diabetes mellitus-Erkrankung vom Typ I sei jedoch zur Überzeugung der Kammer keine kostenaufwändige Ernährung erforderlich. Die Kammer stütze sich bei dieser Einschätzung auf die aktuellen Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostenzulagen vom 1. Oktober 2008. Danach sei aufgrund neuester medizinischer Erkenntnisse und nach dem aktuellen Stand der Ernährungsmedizin u.a. für Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit - Typ II und Typ I, konventionell und intensiviert konventionell behandelt) in der Regel ein krankheitsbedingt erhöhter Ernährungsaufwand zu verneinen. Es sei davon auszugehen, dass der auf der Grundlage der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) 2003 bemessene Regelsatz den notwendigen Aufwand für eine Vollkost decke.

Gegen das seinen Bevollmächtigten am 26. November 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 21. Dezember 2009 erhobene und vom SG zugelassene Berufung des Klägers, mit der er weiterhin höheres Alg II unter Berücksichtigung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs geltend macht. Der Kläger leide nicht nur an Diabetes mellitus Typ I, sondern auch an einer chronischen Lyme-Neuroborreliose, an Polyarthritiden der Schultergelenke und anderer Gelenke sowie der Achillessehne mit Schmerzbehandlung durch hochdosierte Opioide, an Vasculitis Rheumatica und einer Hypothyreose nach M. H ... Auch für die Therapien dieser Erkrankungen habe der Kläger besonders auf seine Ernährung zu achten. Er habe sich an eine kohlehydratreduzierte Ernährung zu halten mit Gemüse, Reis, Nüssen, Schaf- und Ziegenmilchprodukten, Olivenöl, Rapsöl, frischem Fisch sowie zusätzlich Fischöl-, Borretsch- und Nachtkerzenölkapseln. Vor diesem Hintergrund könnten die Empfehlungen des Deutschen Vereins nicht ohne weiteres auf den individuellen Bedarf des Klägers übertragen werden. Auch decke der auf Grundlage der EVS 2003 bemessene Regelsatz nicht den notwendigen Aufwand für eine Vollkost.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 9. November 2009 und die Bescheide des Beklagten vom 9. Mai 2007 und vom 2. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2007 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 27. April 2007 bis zum 30. September 2007 höhere Leistungen in Form eines Mehrbedarfs für die Diabetes mellitus Typ I-Erkrankung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf das angefochtene Urteil.

Der Kläger wurde mit gerichtlicher Verfügung vom 20. April 2011 aufgefordert, binnen vier Wochen eine Entbindungserklärung bezüglich der ärztlichen Schweigepflicht vorzulegen und die ihn in der Zeit von April 2007 bis März 2008 behandelnden Ärzte zu benennen. Mit gerichtlicher Verfügung vom 17. Oktober 2011 hat der Senat den Kläger darauf hingewiesen, dass ohne die Benennung der behandelnden Ärzte und die Vorlage der angeforderten Entbindungserklärung eine weitere Aufklärung des medizinischen Sachverhalts nicht möglich ist, was zu Lasten des Klägers gehen kann. Mit gerichtlicher Verfügung vom 5. Dezember 2011 hat der Senat den Kläger darauf hingewiesen, dass eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten und erwogen wird, nach § 153 Abs. 4 SGG im Beschlussverfahren zu Ungunsten des Klägers zu entscheiden, und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30. Dezember 2011 gegeben. Eine Reaktion der Klägerseite erfolgte nicht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

II.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss, weil der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten wurden angehört (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet. Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte und vom SG für den Senat bindend zugelassene Berufung (§ 144 Abs. 3 SGG) ist zulässig, jedoch unbegründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten für die Zeit vom 27. April bis zum 30. September 2007 kein Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als die bewilligten Beträge zu.

Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben gemäß § 7 Abs. 1 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 gültig gewesenen Fassung (a. F.) Personen, die - wie der Kläger - das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Streitig ist vorliegend allein, in welcher Höhe dem Kläger Leistungen zustehen. Die Höhe des Bedarfs des Klägers berechnet sich aus dem ihm zustehenden Regelsatz in Höhe von 345,- EUR bzw. ab 1. Juli 2007 in Höhe von 347,- EUR (§ 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung). Hinzu kommen die auf den Kläger entfallenen anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 409,17 EUR. Dagegen hat der Kläger keine Einwendungen vorgebracht. Anhaltspunkte für eine falsche Berechnung der Kosten für Unterkunft und Heizung sind im übrigen nicht ersichtlich.

Ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II ist zu Gunsten des Klägers nicht zu berücksichtigten. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass der Kläger an einer Krankheit leidet und er deshalb aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedarf. Nach § 21 Abs. 5 SGB II in der bis 31. März 2011 geltenden Fassung (a. F.) erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Als Erkrankungen, die einen ernährungsbedingten Mehrbedarf verursachen können, kommt u.a. ein Diabetes mellitus vom Typ I, eine chronische Lyme-Neuroborreliose und eine Hypothyreose nach M. Hashimoto in Betracht. Es spricht zwar viel dafür, dass der Kläger aufgrund seiner Erkrankungen nicht einer kostenaufwändigen Ernährung bedarf. Denn nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ist bei einer Diabetes mellitus-Erkrankung (auch vom Typ I) eine Ernährungsform, die einen finanziellen Mehraufwand bedeutet, nicht erforderlich. Aufgrund der Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, Stand 1. Oktober 2008, ist ein ernährungsbedingter Mehrbedarf bei Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit - Typ II und Typ I, konventionell und intensiviert konventionell behandelt) nicht anzunehmen; der noch in den Empfehlungen des Vereins (Stand 1997) angenommene Standpunkt wurde darin revidiert. Danach (vgl. Ziffer 4 ff. der Empfehlungen) ist u.a. bei Diabetes mellitus gleich welchen Typs, Hyperlipidämie, Hyperurikämie, Gicht, Hypertonie und Diabetes mellitus ein krankheitsbedingt erhöhter Mehrbedarf zu verneinen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der auf der Grundlage der EVS 2003 bemessene Regelsatz den notwendigen Aufwand für eine Vollkost deckt. Unabhängig von der in der Rechtsprechung umstrittenen Frage, ob die Empfehlungen 2008 als antizipiertes Sachverständigengutachten anzusehen sind (vgl. zum Streitstand BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 100/10 R - Juris), können die Empfehlungen 2008 jedenfalls als Orientierungshilfe dienen und es sind weitere Ermittlungen im Einzelfall nur dann erforderlich, sofern Besonderheiten, insbesondere von den Empfehlungen abweichende Bedarfe, substantiiert geltend gemacht werden (vgl. BSG, Urteile vom 27. Februar 2008 - B 14/7b AS 64/06 R; vom 25. April 2008 - B 14/11b AS 3/07 R -; vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 100/10 R -jeweils Juris). Die Empfehlungen gelten nur dann nicht, wenn im Einzelfall anzustellende Ermittlungen Hinweise auf einen von den Empfehlungen abweichenden Mehrbedarf ergeben (beispielsweise BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 a.a.O.). Abweichungen von den Empfehlungen sind auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts begründungsbedürftig (Beschluss vom 20. Juni 2006 - 1 BvR 2673/05 -). Vorliegend ist aus der vom SG eingeholten Stellungnahme des behandelnden Arztes Dr. E. nicht ersichtlich, dass und aus welchen Gründen von den Empfehlungen abzuweichen ist. Soweit Dr. E. ausführt, dass der Kläger zuckerhaltige und kohlehydratreiche Nahrungsmittel meiden und sich eiweißreich ernähren solle, begründet dies keine von der Vollkost, definiert als eine Kost, die den Bedarf an essenziellen Nährstoffen deckt (1.), in ihrem Energiegehalt den Energiebedarf berücksichtigt (2.), Erkenntnisse der Ernährungsmedizin zur Prävention und auch zur Therapie berücksichtigt (3.) und in ihrer Zusammensetzung den üblichen Ernährungsgewohnheiten angepasst ist, soweit Punkt 1. - 3. nicht tangiert werden (4.), abweichende Kostform. Die Empfehlungen von Dr. E. können im Rahmen der Vollkost umgesetzt werden. Der Kostenaufwand für eine Ernährung mit Vollkost wird nach einer in die Empfehlungen des Deutschen Vereins eingegangenen wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zum Thema: Lebensmittelkosten für eine vollwertige Ernährung, April 2008 durch den bei der Bemessung des Regelsatzes für Ernährung eingeflossenen Betrag gedeckt (http://www.dge.de/pdf/ws/Lebensmittelkosten-vollwertige-Ernaehrung.pdf). Es muss daher nunmehr als wissenschaftlich gesichert gelten, dass Vollkost nicht teurer als "normale ungesunde" Kost ist, oder doch jedenfalls aus dem für Ernährung vorgesehenen Anteil des Regelsatzes finanziert werden kann (vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober 2009 - L 12 AS 4179/08 - m.w.N.).

Soweit der Kläger geltend macht, dass aufgrund weiterer bei ihm vorliegender Erkrankungen (z.B. chronische Lyme-Neuroborreliose, Hypothyreose nach M. Hashimoto) Abweichungen von den Empfehlungen des Deutschen Vereins gerechtfertigt seien, waren dem Senat weitere Ermittlungen des medizinischen Sachverhalts nicht möglich. Der Kläger hat verhindert, die von seinen behandelnden Ärzten im streitgegenständlichen Zeitraum bei ihm erhobenen Befunde zu ermitteln und diese gegebenenfalls zum Anlass für die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zu nehmen, um beurteilen zu können, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen in seinem Fall von den Empfehlungen abzuweichen ist. Er hat - trotz Aufforderung und Hinweis auf die Folgen unterlassener Mitwirkung - weder seine ihn im streitgegenständlichen Zeitraum behandelnden Ärzte benannt, noch diese von ihrer ärztlichen Schweigepflicht entbunden hat. Vor dem SG hatte er ausdrücklich nur Dr. E. von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden, jedoch die Benennung und gerichtliche Befragung seiner weiteren behandelnden Ärzte abgelehnt. Unter diesen Umständen kann der Senat die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen ernährungsbedingten Mehrbedarf im Sinne des § 21 Abs. 5 SGB II a. F. nicht feststellen, was zu Lasten des die Feststellungslast für die anspruchsbegründeten Tatsachen tragenden Klägers geht (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 103 Rn. 19a).

Für den Kläger ergibt sich auch nicht daraus ein Anspruch auf höhere Regelleistung, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Vorschriften des bis 2010 geltenden § 20 SGB II teilweise für verfassungswidrig erklärt hat (vgl. Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - Juris). Denn die Vorschriften blieben nach der Entscheidung des BVerfG weiterhin anwendbar, der Gesetzgeber wurde nicht unmittelbar von Verfassungs wegen als verpflichtet angesehen, für die Zeit ab Inkrafttreten des SGB II am 1. Januar 2005 höhere Leistungen festzusetzen. Damit bleibt es bei den im streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund von § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II festgesetzten Regelleistungsbeträgen und der Kläger kann mit seinem Begehren auf höhere Leistungen nicht durchdringen (vgl ... BVerfG, Beschluss vom 24. März 2010 - 1 BvR 395/09 -). Der vom Gesetzgeber durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderungen des Zweiten und Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch vom 23. März 2011 (BGBl. I, S. 453 ff.) festgesetzte Regelbedarf für alleinstehende Personen von 364,- EUR monatlich gilt erst ab 1. Januar 2011, eine Änderung für die Vergangenheit ist nicht erfolgt. Schließlich liegen keine Anhaltspunkte vor, dass dem Kläger aus sonstigen Gründen, insbesondere wegen eines Mehrbedarfs (§ 21 SGB II), ein Anspruch auf höhere Leistungen zusteht.

Damit belief sich der monatliche Bedarf des Klägers auf 754,17 EUR bzw. ab Juli 2007 auf 756,17 EUR. Diesen Betrag hat der Beklagte dem Kläger bewilligt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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