Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 3972/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 2400/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
§ 14 SGB IX erfasst auch den Fall, dass zwischen zwei Rehabilitationsträgern gleicher Art die Zuständigkeit umstritten ist (hier: Sozialhilfeträger, bei denen die örtliche Zuständigkeit nach § 98 SGB XII im Streit steht).
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. April 2010 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert wird auf 46.497,72 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Aufwendungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, welche die Klägerin seit 22.4.2009 als zweitangegangener Rehabilitationsträger erbracht hat.
Die am 1978 in Kasachstan geborene Leistungsberechtigte H. L. - künftig: L - siedelte 1994 mit ihrer Familie nach Deutschland über. Hier erreichte sie den Realschulabschluss und absolvierte eine Ausbildung zur Krankenschwester. Diese brach sie ab, nachdem sie an einer Borderline Persönlichkeitsstörung im Sinne einer dissoziativen Identitätsstörung erkrankt war. Im Folgenden wurde sie im Zeitraum ab dem 11.3.2007 mit Unterbrechungen bis zum 19.8.2008 stationär in der Klinik G. (B.) wegen der schweren Ausprägung ihrer dissoziativen Identitätsstörung behandelt. Vor Aufnahme in diese Klinik hatte sie ihre Wohnung und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der.
Mit Beschluss des Amtsgerichts B. vom 7.3.2008 wurde L durch einstweilige Anordnung unter Betreuung gestellt und Rechtsanwalt N. zum Betreuer bestellt. Dessen endgültige Bestellung vom 24.8.2008 erfolgte sodann bis zum 31.7.2010. Zur Begründung der Betreuungsentscheidung hieß es, es sei dringend anzunehmen, dass L nicht in der Lage sei, ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen. Im Beschluss vom 7.3.2008 sind u.a. "Vermögenssorge, Entscheidung über die Wohnungsangelegenheiten, Geltendmachung von Ansprüchen auf Sozialleistungen" als Aufgabe des Betreuers genannt (Bl. 223 Beklagtenakte).
Am 19.8.2008 wurde L aus der Klinik G. zu ihren Eltern nach O. entlassen. In einem von ihrem Betreuer an die Arge Beschäftigung B. gerichteten Schreiben vom 19.9.2008 hieß es dazu, L habe "nunmehr den Wohnsitz in B. aufgegeben und ist zu ihren Eltern nach O. gezogen" (Bl. 65 Beklagtenakte). Mitte August 2008 erfolgte auch die melderechtliche Ummeldung nach O ... Dort hielt sich L bis zur neuerlichen stationären Wiederaufnahme in der Fachklinik G. am 19.9.2008 auf. Am 5.11.2008 beantragte der Betreuer beim Beklagten die Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe und teilte mit, dass die L am 19.8.2008 an den Wohnsitz der Eltern entlassen worden sei. Der Aufenthalt sei zwar zunächst nur für wenige Tage gedacht gewesen. Es habe sich aber herausgestellt, dass L nicht in der Lage gewesen sei, eigenständig zu leben, weshalb sie bei den Eltern verblieben sei. Der Wohnsitz in B. sei nicht aufrecht zu erhalten gewesen, sondern sei nach O. verlegt worden (Bl. 1 Beklagtenakte).
Nach den Feststellungen der psychiatrischen Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie H. vom 17.4.2008, 20.6.2008 und 19.12.2008 (Bl. 101 ff. Beklagtenakte) litt L unter einer dissoziativen Identitätsstörung, die nur mittels stationärer Unterbringung zu behandeln sei. Im Gutachten vom 19.12.2008 fasste die Psychiaterin H. zusammen, dass L Selbsttötungstendenzen zeige und "derzeit großer Gefahr ausgesetzt" sei, "sich ( ...) in Lebensgefahr zu bringen oder selbst ihr Leben zu beenden". Es bestehe die Notwendigkeit fortgesetzter stationärer Unterbringung. Bis zum 21.4.2009 wurde L im G. stationär auf Kosten des gesetzlichen Krankenversicherungsträgers untergebracht.
Der Beklagte leitete den Antrag des Betreuers vom 5.11.2008 per Telefaxschreiben vom 19.11.2008 an die Klägerin weiter und bat um Bearbeitung des Falles wegen örtlicher Zuständigkeit der Klägerin. In einem weiteren Schreiben vom 9.12.2008 vertrat der Beklagte gegenüber der Klägerin die Auffassung, ihre Zuständigkeit ergebe sich im Übrigen aus § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX (Bl. 21 Beklagtenakte). Auf die Frage des Betreuers der L nach der Bearbeitung des Antrags erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 19.1.2009 (Bl. 27 Beklagtenakte), die Klägerin sei zuständig und verwies in einem Ablehnungsbescheid vom 23.1.2009 auf § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX (Bl. 33 Beklagtenakte).
Mit Stellungnahme vom 16.2.2009 (Bl. 141 Beklagtenakte) teilte die Ltd. Oberärztin H., Klinik G., dem Betreuer der L mit, diese sei am 19.8.2008 aufgrund einer Kostenbegrenzung der Krankenkasse entlassen worden. Zu diesem Zeitpunkt sei nur eine ambulante Weiterbehandlung, jedoch keine weitere stationäre Neuaufnahme im G. geplant gewesen sei.
In einem Rechtsstreit der L gegen die Klägerin vor dem Sozialgericht Karlsruhe (S 4 SO 971/08) entschied das Sozialgericht mit Urteil vom 29.1.2009, dass die Klägerin nur bis 19.8.2008 der für die L örtlich zuständige Sozialhilfeträger gewesen sei. Mit der Entlassung aus dem G. am 19.8.2008 und der Wohnsitznahme in O. sei die "Heimkette" unterbrochen und ein neuer gewöhnlicher Aufenthalt begründet worden.
In einem weiteren Rechtsstreit der L gegen den Beklagten vor dem Sozialgericht Freiburg (S 6 SO 830/09 ER) trug der dortige Prozessbevollmächtigte der L vor, dass am 18.8.2008 die melderechtliche Ummeldung mit der neuen Adresse in O. erfolgt sei. Bei der Entlassung aus dem G.f am 19.8.2008 sei offen gewesen, ob die L erneut stationär aufgenommen werden würde. Die Wohnung der Eltern in O. habe bis auf weiteres der Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen sein sollen (Bl. 49 Beklagtenakte). Mit Beschluss vom 13.3.2009 entschied das Sozialgericht F., dass die im dortigen Verfahren beigeladene Klägerin (nur) wegen § 14 SGB IX gegenüber der L vorläufig zuständig für die Erbringung der Eingliederungshilfeleistungen sei. Tatsächlich spreche jedoch vieles dafür, dass letztlich der Beklagte – auch wenn er den Antrag der L binnen 2 Wochen weitergeleitet habe – der materiell endgültig zuständige Träger sei. Denn die L habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach dem 19.8.2009 in seinem Zuständigkeitsbereich begründet.
Am 22.4.2009 übersiedelte L von der Fachklinik G. in das Klinikum W. in H. wo sie seither vollstationär untergebracht ist. Mit Bescheid vom 15.4.2009 (Bl. 803 Klägerakte) übernahm die Klägerin im Rahmen der Eingliederungshilfe die Kosten für die Unterbringung der L im Klinikum W. in H. und wies darauf hin, dass sie zweitangegangener Reha-Träger sei. Mit Schreiben vom gleichen Tag (Bl. 167 Beklagtenakte) forderte sie den Beklagten auf, die von ihr als zweitangegangenem Rehabilitationsträger zugunsten der L erbrachten Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß § 14 Abs. 4 SGB IX zu erstatten. Der Beklagte sei zuständiger Leistungsträger, weil L ab dem 19.8.2008 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in O. und damit im Zuständigkeitsbereich des Beklagten begründet habe. Diese Auffassung werde durch die Entscheidungen der Sozialgerichte Karlsruhe (S 4 SO 971/08, Urteil vom 29.1.2009) und Sozialgericht Freiburg (S 4 SO 830/09 ER, Beschluss vom 13.3.2009) bestätigt.
Unter dem 4.8.2009 lehnte der Beklagte die begehrte Kostenerstattung ab (Bl. 415 Beklagtenakte). Durch den Aufenthalt der L bei ihren Eltern in O. in der Zeit nach dem 19.8.2008 sei ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht begründet worden.
Am 10.9.2009 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und zur Begründung vorgebracht, L habe in der Zeit ab dem 19.8.2008 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten begründet. Zu diesem Zeitpunkt sei sie nämlich aus der Klinik G. zu ihren Eltern nach O. nach Hause entlassen worden. Dabei spreche schon die von der Klägerin tatsächlich verbrachte Zeit von einem Monat (19.8. bis 18.9.2008) dafür, hier nicht nur einen vorübergehenden Aufenthalt anzunehmen. Aus den verschiedenen Äußerungen ihres Betreuers sowie den Stellungnahmen der Klinik G. ergebe sich, dass in O. der neue gewöhnliche Aufenthalt habe sein sollen. Eine weitere stationäre Aufnahme nach dem 19.8.2008 in den G. sei nicht geplant gewesen. Ab dem Zeitpunkt der gewöhnlichen Aufenthaltnahme der L in O. sei der Beklagte der örtlich zuständige Sozialhilfeträger. Dementsprechend sei er auch zur Kostentragung verpflichtet.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat die Auffassung vertreten, L habe für den fraglichen Zeitraum ab dem 19.8.2008 keinen gewöhnlichen Aufenthalt in O. und damit in seinem Zuständigkeitsbereich begründet, da L von vornherein nur beabsichtigt habe, sich im August 2008 vorübergehend bei ihren Eltern aufzuhalten. Schon aufgrund ihrer schweren Erkrankung sei ein Verweilen - bis auf weiteres - im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs in O. für sie ausgeschlossen gewesen. Der Gesundheitszustand bzw. die Gefährdung der L habe der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts in O. bei ihren Eltern entgegengestanden. Im Übrigen mache die tatsächliche Aufenthaltsdauer der L in O. nur ca. einen Monat aus. Eine solche Zeit entspreche in etwa einem ausgedehnten Urlaub. Auch dies spreche dafür, dass L von vornherein nur einen zeitlich begrenzten Aufenthalt in O. habe eingehen wollen.
Mit Beschluss vom 19.11.2009 hat das SG den Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) zum Rechtsstreit notwendig beigeladen, weil die Entscheidung über die Frage einer etwaigen Kostentragung, wenn ein gewöhnlicher Aufenthalt des Leistungsberechtigten nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln sei, nur einheitlich ergehen könne.
Der Beigeladene hat keinen eigenen Prozessantrag gestellt und schriftsätzlich ebenfalls die Auffassung vertreten, L habe für die Zeit ab dem 19.8.2008 ihren neuen gewöhnlichen Aufenthalt in O. begründet. Dabei sei zu berücksichtigen, dass L allein nicht in der Lage gewesen sei, eine Aufenthaltsbestimmung vorzunehmen (Gutachten der Psychiaterin Hoffmann vom 17.4.2008). Dementsprechend seien die Aussagen des Betreuers der L von Bedeutung. In seinem Schreiben vom 19.9.2008 habe dieser dargelegt, dass geplant gewesen sei, dass L solange bei ihren Eltern bleibe, bis sie sich wieder an das Leben außerhalb der Klinik gewöhnt habe. Deshalb habe der Betreuer sie auch in O. angemeldet. Relevant seien insofern die tatsächlichen Verhältnisse für die Zeit ab dem 19.8.2008, wobei es auf eine vorausschauende Betrachtung ankomme. Deshalb sei es unzulässig, wie der Beklagte, retrospektiv dahingehend zu argumentieren, dass der Aufenthalt in O. von vornherein unmöglich oder schädlich für die Klägerin gewesen sei. Auch die die Klägerin behandelnde Psychiaterin Hoffmann habe im Schreiben vom 16.2.2009 an den Betreuer zum Ausdruck gebracht, dass die Entlassung am 19.8.2008 aufgrund einer Kostenbegrenzung der Krankenkasse geschehen sei und bis auf eine ambulante Weiterbehandlung keine weitere stationäre Neuaufnahme der L geplant gewesen sei. Auch diese Aussage bekräftige, dass im entscheidenden Zeitraum der Entlassung am 19.8.2008 der Aufenthalt der Leistungsberechtigten in O. als zukunftsoffen zu bezeichnen sei und durch die ambulante Weiterbehandlung eine Verfestigung der Lebensverhältnisse habe eintreten sollen. Die nachträgliche Erkenntnis, dass L dann im September doch wieder stationär psychiatrisch hat behandelt werden müssen, könne sich nicht negativ auf die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts auswirken.
Auf den Antrag der Klägerin hat das SG mit Urteil vom 22.4.2010 den Beklagten verurteilt, der Klägerin für die Zeit ab dem 22.4.2009 - Aufnahme in das Klinikum Wahrendorff - bis zum 30.4.2010 die im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen erbrachten Leistungen nach § 14 Abs. 4 SGB X in Höhe von 41.497,72 EUR zu erstatten und hat festgestellt, dass der Beklagte für die Zeit ab dem 1.5.2010 bis auf Weiteres dem Grund nach verpflichtet ist, die im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen von der Klägerin für L erbrachten Leistungen nach Maßgabe des § 14 Abs. 4 SGB IX zu erstatten. Die Klägerin sei nur bis einschließlich 19.8.2008 der örtlich zuständige Sozialhilfeträger gemäß § 98 Abs. 2 SGB XII gewesen. Für die Zeit danach sei der Beklagte der örtlich zuständige Sozialhilfeträger. Am 19.8.2008 sei es zu einer Unterbrechung der bis dahin bestehenden "Heimkette" und damit zu einer gewöhnlichen Aufenthaltnahme der L bei ihren Eltern in O. gekommen. Dort, in O., also im Zuständigkeitsbereich des Beklagten, habe L ab dem 19.8.2008 ihren neuen Lebensmittelpunkt bilden wollen. Alle äußeren Indizien und der zeitliche Ablauf würden hierfür sprechen. Maßgeblich sei eine vorausschauende Betrachtung unter Berücksichtigung der Äußerungen der behandelnden Ärzte. Die leitende Oberärztin H. habe im Schreiben vom 16.2.2009 ausgeführt, dass die Entlassung der Klägerin am 19.8.2008 aufgrund der Kostenbegrenzung der Krankenkasse geschehen sei und bis auf eine ambulante Weiterbehandlung keine unmittelbar bevorstehende stationäre Neuaufnahme der Leistungsberechtigten geplant gewesen sei. Auch daraus ergebe sich, dass im entscheidenden Zeitpunkt der Entlassung von L am 19.8.2008 ihr Aufenthalt in O. als zukunftsoffen zu bezeichnen gewesen sei und durch die ambulante Weiterbehandlung eine Verfestigung der Lebensverhältnisse habe eintreten sollen. Die geltend gemachte Erstattungssumme habe die Klägerin für den Zeitraum vom 22.4.2009 bis zum 30.4.2010 durch Vorlage der Rechnungen des Klinikums Wahrendorff GmbH - Pflegeheime - und die darauf anzurechnenden Rentenversicherungs- und Unterhaltsbeitragsleistungen nachgewiesen.
Gegen das ihm am 29.4.2010 mit Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat der Beklagte am 20.5.2010 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Das SG habe die vorliegenden Umstände nicht zutreffend gewürdigt und sich zu Unrecht an den äußerlichen Gegebenheiten orientiert. Der Aufenthalt in O. sei nicht zukunftsoffen gewesen, sondern sei lediglich "notfallmäßig" erfolgt. Aufgrund des Krankheitsbildes sei von vorneherein klar gewesen, dass der Aufenthalt in O. nur vorübergehend habe sein können.
Der Beklagte/Berufungskläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. April 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin/Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf ihr bisheriges Vorbringen und auf die Ausführungen des SG im Urteil vom 22.4.2010 Bezug.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Behördenakten der Klägerin und des Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
II.
Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und statthafte Berufung ist zulässig. Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels der Klägerin ist – soweit es den Zahlungsanspruch für den Zeitraum 22.4.2009 bis 30.4.2010 betrifft - die allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG, da im Verhältnis der Beteiligten ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Für den Zeitraum ab dem 1.5.2010 ist die Klage als Feststellungsklage zulässig gewesen (vgl. zur Statthaftigkeit der kombinierten Leistungs- und Feststellungsklage: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 27.8.2009 – L 8 SO 78/07 = juris RdNr. 34 m.w.N.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.12.2009 – L 7 KA 161/09 B ER = juris RdNr. 6). Die Feststellungsklage ermöglicht eine umfassendere Klärung des streitigen Rechtsverhältnisses, insbesondere auch im Hinblick auf noch nicht konkret bezifferte und geltend gemachte Ansprüche für die Zeit ab Mai 2010 und zukünftige Zeiträume (vgl. dazu z.B. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 8.2.2000 – B 1 KR 13/99 R = HVBG-INFO 2000, 2178 ff. m.w.N.). Der Beklagte ist als in Anspruch genommener örtlicher Träger der Sozialhilfe richtiger Beklagter.
III.
Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 22.4.2010 den Beklagten verurteilt, der Klägerin für die Zeit ab dem 22.4.2009 - Aufnahme in das Klinikum Wahrendorff - bis zum 30.4.2010 die im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen erbrachten Leistungen nach § 14 Abs. 4 SGB IX in Höhe von 41.497,72 EUR zu erstatten und hat festgestellt, dass der Beklagte für die Zeit ab dem 1.5.2010 bis auf Weiteres dem Grund nach verpflichtet ist, die im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen von der Klägerin für L erbrachten Leistungen nach Maßgabe des § 14 Abs. 4 SGB IX erstatten. Die Klägerin war zwar als zweitangegangener Rehabilitationsträger im Außenverhältnis zur L zunächst zuständig und leistungsverpflichtet. Sie war aber nur bis einschließlich 19.8.2008 der örtlich zuständige Sozialhilfeträger gemäß § 98 Abs. 2 SGB XII. Für die Zeit danach ist der Beklagte der örtlich zuständige Sozialhilfeträger und ist deshalb im Innenverhältnis der Reha-Träger untereinander der Klägerin gegenüber erstattungspflichtig. Die Klägerin hatte als zweitangegangener Rehabilitationsträger – durch die Weiterleitung des Antrags vom 5.11.2008 durch den Beklagten - zunächst gegenüber der L zu leisten, hat aber im Innenverhältnis zum eigentlich zuständigen Träger – dem Beklagten - gemäß § 14 Abs. 4 SGB IX einen Anspruch auf Erstattung der von ihr für die L erbrachten Kosten der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen gegen den Beklagten für den Zeitraum vom 22.4.2009 bis zum 30.4.2010 in Höhe von 41.497,72 EUR. Diese Forderung ist von der Klägerin in zutreffender Höhe geltend gemacht worden.
Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Wird nach Bewilligung der Leistung durch einen Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB IX festgestellt, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist, erstattet dieser dem Rehabilitationsträger, der die Leistung erbracht hat, dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften (§ 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX).
Die Klägerin und der Beklagte sind jeweils Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX, u.a. für die hier in Frage stehenden Leistungen nach § 5 Nr. 4 SGB IX (Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, Eingliederungshilfe, §§ 53 ff. SGB XII i.V.m. §§ 55 ff. SGB IX). Für Leistungen zur Teilhabe als Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen gelten gemäß § 53 Abs. 4 Satz 1 SGB XII die Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch (SGB IX), soweit sich aus dem SGB XII und den aufgrund dieses Buches erlassenen Rechtsverordnungen nichts Abweichendes ergibt. Die i.S. des § 2 Abs. 1 SGB IX behinderte L hat am 5.11.2008, vertreten durch den Betreuer, entsprechende Teilhabeleistungen beim Beklagten beantragt. Dieser hat als erstangegangener Träger den Antrag der L am 19.11.2008 – mithin gerade noch innerhalb der Frist des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX – an die Klägerin weitergeleitet. Die Klägerin ist als zweitangegangener Rehabilitationsträger damit im Außenverhältnis zur L zuständig geworden, da eine nochmalige Weiterleitung oder Zurückverweisung des Antrags nicht möglich ist (BSG, Urteil vom 26.10.2004 - B 7 AL 16/04 R - BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 1; Urteil vom 26.6.2007 - B 1 KR 34/06 R - BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 4; Urteil vom 21.8.2008 - B 13 R 33/07 R - BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 7).
§ 14 SGB IX greift auch, wenn die Zuständigkeit zwischen zwei Rehabilitationsträgern gleicher Art umstritten ist, also auch zwischen zwei Sozialhilfeträgern, bei denen die örtliche Zuständigkeit nach § 98 SGB XII im Streit steht (Luik in jurisPK-SGB IX, 2010, § 14 RdNr. 45 m.w.N.). Gemäß § 14 Abs. 4 SGB IX erstattet, wenn nach Bewilligung der Leistung durch einen Rehabilitationsträger – hier die Klägerin - nach § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB IX festgestellt wird, dass ein anderer Rehabilitationsträger – hier der Beklagte - für die Leistung zuständig ist, dieser dem Rehabilitationsträger, der die Leistung erbracht hat, dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften.
Mit § 14 SGB IX soll nur im Außenverhältnis (behinderter Mensch gegenüber Rehabilitationsträger) rasch die Leistungspflicht festgestellt werden (BSG, Urteil vom 26.10.2004 – B 7 AL 16/04 R – BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 1). Im Innenverhältnis der Rehabilitationsträger bleibt es jedoch nicht bei der Zuständigkeitsverteilung nach § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX. Im Verhältnis der Reha-Träger untereinander ist eine Lastenverschiebung ohne Ausgleich nicht bezweckt (BSG, Urteil vom 22.6.2010 – B 1 KR 33/09 R = juris RdNr. 12 m.w.N.). Den Ausgleich bewirkt der Anspruch nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX, bei dessen Prüfung es auf die tatsächlichen Zuständigkeiten nach dem SGB IX/SGB XII ankommt.
§ 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX stellt sicher, dass für die Fälle des § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB IX der zweitangegangene Rehabilitationsträger, an den der sich selbst für unzuständig haltende erstangegangene Rehabilitationsträger den Antrag weitergeleitet hat (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB IX), im Nachhinein vom "eigentlich" materiell-rechtlich zuständigen Rehabilitationsträger die Aufwendungen nach den für den zweitangegangenen Rehabilitationsträger geltenden Rechtsvorschriften erstattet erhält (vgl. BSG, Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 7/10 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen, juris RdNr. 11 m.w.N.; s. auch BT-Drucks 14/5074, S. 102). Denn der zweitangegangene Rehabilitationsträger ist im Verhältnis zum behinderten Menschen nicht nur vorläufig, sondern endgültig und umfassend leistungspflichtig (st Rspr des BSG, vgl etwa BSG, Urteil vom 26.6.2007 – B 1 KR 34/06 R - BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 4). Er erhält im Gegenzug hierfür einen vollständigen Ersatz aller Aufwendungen, wenn er nach der "eigentlichen" Zuständigkeitsordnung der Rehabilitationsträger (außerhalb von § 14 SGB IX; hier nach § 98 SGB XII) Leistungen, für die er nicht zuständig war, aufgrund der Zuständigkeit als zweitangegangener Träger erbringen musste. Weil ihn § 14 SGB IX dazu beruft, umfassend nach allen Leistungsvorschriften, die in Betracht kommen, als Rehabilitationsträger zu leisten, er sich mithin dieser Leistungspflicht nicht entziehen kann, bedarf es eines umfassenden Ausgleichsmechanismus als "notwendiges Korrelat" (BSG, Urteil vom 26.6.2007 — B 1 KR 34/06 R — BSGE 98, 267). Der zweitangegangene Rehabilitationsträger ist nämlich im Gegensatz zum erstangegangenen Rehabilitationsträger besonders schutzwürdig, da er einer aufgedrängten Zuständigkeit ausgesetzt ist und unabhängig von seiner tatsächlichen Leistungspflicht schnell handeln muss (vgl. SG Frankfurt, Urteil vom 6.4.2009 – S 25 KR 598/06 = juris RdNr. 17).
Die L ist im Klinikum G. vom 19.9.2008 bis zum 21.4.2009 stationär auf Kosten des gesetzlichen Krankenversicherungsträgers behandelt worden, so dass für diesen Zeitraum keine Erstattungspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin besteht. Für die Zeit ab dem 22.4.2009, dem Beginn der stationären Unterbringung der Leistungsberechtigten im Klinikum Wahrendorff GmbH, hat die Klägerin fortlaufend Leistungen der Eingliederungshilfe in monatlicher Höhe von regelmäßig 3.741,70 EUR erbracht, ohne hierfür örtlich zuständig zu sein. Die Klägerin ist örtlich zuständiger Sozialhilfeträger gemäß § 98 Abs. 2 SGB XII nämlich nur bis einschließlich 19.8.2008 gewesen, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Für die Zeit danach ist der Beklagte örtlich zuständiger Sozialhilfeträger.
Für die stationäre Leistung ist gemäß § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII derjenige Träger der Sozialhilfe und damit für die Eingliederungshilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich der Leistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne von § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII in einer anderen Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistungen ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach § 98 Abs. 1 SGB XII zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistungen unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen (§ 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII).
Zur Überzeugung des Senats hat L ab dem 19.8.2008 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in O. gehabt.
Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist in § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - SGB I - legal definiert. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat danach jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts ist nach der einschlägigen Rechtsprechung des BSG und des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG -, der sich der erkennende Senat anschließt, erforderlich, dass ein Aufenthalt von voraussichtlich einer gewissen Dauer vorliegt (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28.6.1984 – 3 RK 27/83 - BSGE 57, 93). Zumindest muss die Absicht bestehen, an einem bestimmten Ort nicht nur vorübergehend zu verweilen (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 17.5.1973 – V C 107/72 - BVerwGE 42, 198 = FEVS 21, 361; BVerwG, Urteil vom 29.6.2002 – 5 C 46/01 = ZfSH/SGB 2003, 229). Durch einen Aufenthalt, der nur wenige Tage währt, wird ein gewöhnlicher Aufenthalt i.S. des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I noch nicht begründet, wenn er wegen seiner Art des Zwecks nur zu einer flüchtigen Begegnung mit dem Ort führt und der Wille einer nur kurz befristeten Verweildauer erkennbar ist (Hohm in Schellhorn/Hohm, Kommentar SGB XII, 18. Aufl. 2010, § 98 RdNr. 15, 47 f.). Deshalb reicht ein zeitlich unbedeutender Aufenthalt von Stunden oder Tagen - Kurzaufenthalt - für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts regelmäßig nicht aus (vgl. Wahrendorf, in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl., 2010, § 98 RdNr. 23; Schoch in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 98 RdNr. 11). Lässt sich eine Willensbildung im Hinblick auf eine Niederlassungsabsicht nicht feststellen, sind die Dauer des Aufenthalts an einem bestimmten Ort sowie die sonstigen objektiven Merkmale, die zum Zeitpunkt des Ortswechsels vorliegen, ein wichtiges Indiz dafür, ob ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet worden ist (Hohm, aaO, RdNr. 49). Da auf den Willen der schwer geistig behinderten L zur Überzeugung des Senats nicht abgestellt werden kann – deshalb ist für alle hier relevanten Lebensbereiche eben auch ein Betreuer bestellt – kommt es auf die äußeren Umstände und Geschehensabläufe an, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Insoweit sind die Maßstäbe des Beklagten unzutreffend. Auch eine Befragung der Eltern der L, wie vom Beklagten angeregt, konnte unterbleiben, da maßgeblich insoweit die Äußerungen und Handlungen des Betreuers für die "Vermögenssorge, Entscheidung über die Wohnungsangelegenheiten, Geltendmachung von Ansprüchen auf Sozialleistungen" sind. Angesichts der Art und Schwere der Behinderung von L sind die Urlaubs-Vergleiche des Beklagten neben der Sache. Hierzu erübrigt sich jeder weitere Kommentar.
Der gewöhnliche Aufenthalt setzt weiter keine ständige, ununterbrochene Anwesenheit voraus. Ob sich jemand gewöhnlich in einem Gebiet aufhält oder nur vorübergehend dort verweilt, lässt sich nur im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise entscheiden, wobei alle für die Beurteilung der künftigen Entwicklung bei Beginn eines streitigen Zeitraums erkennbaren Umstände zu berücksichtigen sind (BSG, Urteil vom 22.3.1988 – 8/5a RKn 11/87 - BSGE 63, 93 = SozR 2200 § 205 Nr. 65; Seewald, in Kassler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Bd. I, § 30 SGB I RdNr. 19). Ist ein inländischer gewöhnlicher Aufenthalt anzunehmen, wird er auch und sogar durch Abwesenheit im Ausland, falls diese ihrer Natur nach vorübergehend ist, nicht beendet. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist nichtgleichbedeutend mit "nie abwesend sein" (BSG, Urteil vom 28.7.1967 – 4 RJ 411/96 - BSGE 27, 88 = SozR Nr. 5 zu § 1319 RVO; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.6.2002 – L 1 KG 2338/99 = juris RdNr. 39). Auch eine Abwesenheit von längerer Dauer hebt dann den gewöhnlichen Aufenthalt nicht auf, wenn die Absicht oder Wahrscheinlichkeit besteht, an den früheren Aufenthaltsort zurückzukehren und gefestigte Beziehungen dorthin aufrechterhalten bleiben (Seewald in Kassler Kommentar, a.a.O. RdNr. 19 m.w.N.). Das BSG hat aus § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I ein Drei-Stufen-Schema entwickelt. Es prüft zunächst den Aufenthalt, dann die Umstände des Aufenthalts und nimmt schließlich eine Würdigung der Umstände vor. Unter diesen Voraussetzungen ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Begründung und Innehabung von gleichzeitig mehreren Wohnsitzen und gewöhnlichen Aufenthalten möglich. Begründet wird dies mit dem der Sache nach gegebenen Zusammenhang mit den entsprechenden steuerrechtlichen Regelungen (BSG, Urteil vom 25.10.1977 - 8/12 RKg 8/77 - BSGE 45, 95 = SozR 5870 § 8 Nr. 3; ebenso LSG Baden-Württemberg, a.a.O. = juris RdNr. 39 und Seewald in Kasseler Kommentar, a.a.O., § 30 RdNr. 22). Diese Rechtsprechung macht sich der erkennende Senat zu eigen.
An diesem Prüfungsmaßstab orientiert, ist es zur Überzeugung des Senats zu einer Unterbrechung der bis August 2008 bestehenden "Heimkette" und damit zu einer gewöhnlichen Aufenthaltnahme der L bei ihren Eltern in O. am 19.8.2008 gekommen. Dort, in O., also im Zuständigkeitsbereich des Beklagten, hat die L ab dem 19.8.2008 einen neuen Lebensmittelpunkt bilden wollen. Dafür sprechen alle feststellbaren äußeren Umstände und Äußerungen der handelnden Personen. Hierauf hat das SG zu Recht abgestellt. Der Senat nimmt auf die Ausführungen des SG ausdrücklich Bezug und weist die Berufung auch aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Zum Einen hat der Betreuer der L, Rechtsanwalt N., im an die Arge B. adressierten Schreiben vom 19.8.2008 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass L ihren Wohnsitz in B. aufgegeben habe und zu ihren Eltern nach O. gezogen sei. Weiter spricht dafür die Anmeldung der L in O ... Außerdem ist das zeitliche Moment der Aufenthaltsdauer vorliegend von Bedeutung. L hat nämlich immerhin einen Monat bei ihren Eltern in O. verbracht. Die Argumentation des Beklagten, L sei aufgrund ihres Krankheitsbildes tatsächlich nie in der Lage gewesen, längere Zeit in O. zu verweilen geht fehl, als diese Argumentation eine rückwirkende Betrachtung des Sachverhalts offenbart. Relevant sind aber die tatsächlichen Verhältnisse am 19.8.2008. Entscheidend ist eine vorausschauende prognostische Betrachtung. Für die vorausschauende Betrachtung maßgeblich sind auch die Äußerungen der Leitenden Oberärztin Hoffmann im Schreiben vom 16.2.2009. Darin hat Frau Hoffmann ausgeführt, dass die Entlassung der Klägerin am 19.8.2008 aufgrund der Kostenbegrenzung der Krankenkasse geschehen und bis auf weiteres nur eine ambulante Weiterbehandlung und keine weitere stationäre Neuaufnahme von L geplant gewesen ist. Auch daraus ergibt sich, dass im entscheidenden Zeitpunkt der Entlassung der L am 19.8.2008 deren Aufenthalt in O. als zukunftsoffen zu bezeichnen ist und durch die ambulante Weiterbehandlung eine Verfestigung der Lebensverhältnisse habe eintreten sollen. Die nachträgliche Erkenntnis, dass L dann ab Ende September doch wieder hat stationär psychiatrisch behandelt werden müssen, kann sich für die mit Datum vom 19.8.2008 zu treffende Prognoseentscheidung nicht mehr negativ auf die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts zu diesem Zeitpunkt auswirken, wie das SG zutreffend hervorgehoben hat. Denn für die Prognose sind maßgeblich die ex-ante bekannten und erkennbaren Umstände (BSG, Urteil vom 16.12.1999 – B 14 EG 1/99 R - SozR 3-7833 § 6 Nr. 22 = Breith 2000, 758; Urteil vom 30.8.2007 – B 10 EG 6/06 R = SozR 4-7833 § 6 Nr. 4). Damit ist der Beklagte für die stationäre Leistung ab dem 19.9.2008 örtlich zuständig gewesen (§ 98 Abs. 2 Satz 1 SGBXII).
Der Beklagte bleibt auch materiell-rechtlich endgültig zuständig für die Leistungserbringung in Wahrendorff/Hannover. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung i.S. des § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, weiterhin entscheidend; also verbleibt es insoweit weiterhin bei O. als maßgeblichem Aufenthaltsort der L. Ein Übertritt von einer Einrichtung in eine andere nach § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII liegt vor, wenn sich dieser Wechsel unmittelbar, also ohne Zeitverzögerung, vollzieht, so wie es im April 2009 der Fall war, als die L vom G. nach Wahrendorff verlegt wurde. D.h. nicht für die erneute Aufnahme im G. im September 2008, wohl aber für den Übertritt nach Wahrendorff im April 2009 liegen die Voraussetzungen des § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII vor (vgl. Schoch in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 98 RdNr. 32 f.).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. den §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Er bemisst sich für die Leistungsklage auf den bezifferten Betrag und für den Feststellungsantrag auf weitere 5.000 EUR.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert wird auf 46.497,72 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Aufwendungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, welche die Klägerin seit 22.4.2009 als zweitangegangener Rehabilitationsträger erbracht hat.
Die am 1978 in Kasachstan geborene Leistungsberechtigte H. L. - künftig: L - siedelte 1994 mit ihrer Familie nach Deutschland über. Hier erreichte sie den Realschulabschluss und absolvierte eine Ausbildung zur Krankenschwester. Diese brach sie ab, nachdem sie an einer Borderline Persönlichkeitsstörung im Sinne einer dissoziativen Identitätsstörung erkrankt war. Im Folgenden wurde sie im Zeitraum ab dem 11.3.2007 mit Unterbrechungen bis zum 19.8.2008 stationär in der Klinik G. (B.) wegen der schweren Ausprägung ihrer dissoziativen Identitätsstörung behandelt. Vor Aufnahme in diese Klinik hatte sie ihre Wohnung und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der.
Mit Beschluss des Amtsgerichts B. vom 7.3.2008 wurde L durch einstweilige Anordnung unter Betreuung gestellt und Rechtsanwalt N. zum Betreuer bestellt. Dessen endgültige Bestellung vom 24.8.2008 erfolgte sodann bis zum 31.7.2010. Zur Begründung der Betreuungsentscheidung hieß es, es sei dringend anzunehmen, dass L nicht in der Lage sei, ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen. Im Beschluss vom 7.3.2008 sind u.a. "Vermögenssorge, Entscheidung über die Wohnungsangelegenheiten, Geltendmachung von Ansprüchen auf Sozialleistungen" als Aufgabe des Betreuers genannt (Bl. 223 Beklagtenakte).
Am 19.8.2008 wurde L aus der Klinik G. zu ihren Eltern nach O. entlassen. In einem von ihrem Betreuer an die Arge Beschäftigung B. gerichteten Schreiben vom 19.9.2008 hieß es dazu, L habe "nunmehr den Wohnsitz in B. aufgegeben und ist zu ihren Eltern nach O. gezogen" (Bl. 65 Beklagtenakte). Mitte August 2008 erfolgte auch die melderechtliche Ummeldung nach O ... Dort hielt sich L bis zur neuerlichen stationären Wiederaufnahme in der Fachklinik G. am 19.9.2008 auf. Am 5.11.2008 beantragte der Betreuer beim Beklagten die Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe und teilte mit, dass die L am 19.8.2008 an den Wohnsitz der Eltern entlassen worden sei. Der Aufenthalt sei zwar zunächst nur für wenige Tage gedacht gewesen. Es habe sich aber herausgestellt, dass L nicht in der Lage gewesen sei, eigenständig zu leben, weshalb sie bei den Eltern verblieben sei. Der Wohnsitz in B. sei nicht aufrecht zu erhalten gewesen, sondern sei nach O. verlegt worden (Bl. 1 Beklagtenakte).
Nach den Feststellungen der psychiatrischen Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie H. vom 17.4.2008, 20.6.2008 und 19.12.2008 (Bl. 101 ff. Beklagtenakte) litt L unter einer dissoziativen Identitätsstörung, die nur mittels stationärer Unterbringung zu behandeln sei. Im Gutachten vom 19.12.2008 fasste die Psychiaterin H. zusammen, dass L Selbsttötungstendenzen zeige und "derzeit großer Gefahr ausgesetzt" sei, "sich ( ...) in Lebensgefahr zu bringen oder selbst ihr Leben zu beenden". Es bestehe die Notwendigkeit fortgesetzter stationärer Unterbringung. Bis zum 21.4.2009 wurde L im G. stationär auf Kosten des gesetzlichen Krankenversicherungsträgers untergebracht.
Der Beklagte leitete den Antrag des Betreuers vom 5.11.2008 per Telefaxschreiben vom 19.11.2008 an die Klägerin weiter und bat um Bearbeitung des Falles wegen örtlicher Zuständigkeit der Klägerin. In einem weiteren Schreiben vom 9.12.2008 vertrat der Beklagte gegenüber der Klägerin die Auffassung, ihre Zuständigkeit ergebe sich im Übrigen aus § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX (Bl. 21 Beklagtenakte). Auf die Frage des Betreuers der L nach der Bearbeitung des Antrags erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 19.1.2009 (Bl. 27 Beklagtenakte), die Klägerin sei zuständig und verwies in einem Ablehnungsbescheid vom 23.1.2009 auf § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX (Bl. 33 Beklagtenakte).
Mit Stellungnahme vom 16.2.2009 (Bl. 141 Beklagtenakte) teilte die Ltd. Oberärztin H., Klinik G., dem Betreuer der L mit, diese sei am 19.8.2008 aufgrund einer Kostenbegrenzung der Krankenkasse entlassen worden. Zu diesem Zeitpunkt sei nur eine ambulante Weiterbehandlung, jedoch keine weitere stationäre Neuaufnahme im G. geplant gewesen sei.
In einem Rechtsstreit der L gegen die Klägerin vor dem Sozialgericht Karlsruhe (S 4 SO 971/08) entschied das Sozialgericht mit Urteil vom 29.1.2009, dass die Klägerin nur bis 19.8.2008 der für die L örtlich zuständige Sozialhilfeträger gewesen sei. Mit der Entlassung aus dem G. am 19.8.2008 und der Wohnsitznahme in O. sei die "Heimkette" unterbrochen und ein neuer gewöhnlicher Aufenthalt begründet worden.
In einem weiteren Rechtsstreit der L gegen den Beklagten vor dem Sozialgericht Freiburg (S 6 SO 830/09 ER) trug der dortige Prozessbevollmächtigte der L vor, dass am 18.8.2008 die melderechtliche Ummeldung mit der neuen Adresse in O. erfolgt sei. Bei der Entlassung aus dem G.f am 19.8.2008 sei offen gewesen, ob die L erneut stationär aufgenommen werden würde. Die Wohnung der Eltern in O. habe bis auf weiteres der Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen sein sollen (Bl. 49 Beklagtenakte). Mit Beschluss vom 13.3.2009 entschied das Sozialgericht F., dass die im dortigen Verfahren beigeladene Klägerin (nur) wegen § 14 SGB IX gegenüber der L vorläufig zuständig für die Erbringung der Eingliederungshilfeleistungen sei. Tatsächlich spreche jedoch vieles dafür, dass letztlich der Beklagte – auch wenn er den Antrag der L binnen 2 Wochen weitergeleitet habe – der materiell endgültig zuständige Träger sei. Denn die L habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach dem 19.8.2009 in seinem Zuständigkeitsbereich begründet.
Am 22.4.2009 übersiedelte L von der Fachklinik G. in das Klinikum W. in H. wo sie seither vollstationär untergebracht ist. Mit Bescheid vom 15.4.2009 (Bl. 803 Klägerakte) übernahm die Klägerin im Rahmen der Eingliederungshilfe die Kosten für die Unterbringung der L im Klinikum W. in H. und wies darauf hin, dass sie zweitangegangener Reha-Träger sei. Mit Schreiben vom gleichen Tag (Bl. 167 Beklagtenakte) forderte sie den Beklagten auf, die von ihr als zweitangegangenem Rehabilitationsträger zugunsten der L erbrachten Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß § 14 Abs. 4 SGB IX zu erstatten. Der Beklagte sei zuständiger Leistungsträger, weil L ab dem 19.8.2008 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in O. und damit im Zuständigkeitsbereich des Beklagten begründet habe. Diese Auffassung werde durch die Entscheidungen der Sozialgerichte Karlsruhe (S 4 SO 971/08, Urteil vom 29.1.2009) und Sozialgericht Freiburg (S 4 SO 830/09 ER, Beschluss vom 13.3.2009) bestätigt.
Unter dem 4.8.2009 lehnte der Beklagte die begehrte Kostenerstattung ab (Bl. 415 Beklagtenakte). Durch den Aufenthalt der L bei ihren Eltern in O. in der Zeit nach dem 19.8.2008 sei ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht begründet worden.
Am 10.9.2009 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und zur Begründung vorgebracht, L habe in der Zeit ab dem 19.8.2008 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten begründet. Zu diesem Zeitpunkt sei sie nämlich aus der Klinik G. zu ihren Eltern nach O. nach Hause entlassen worden. Dabei spreche schon die von der Klägerin tatsächlich verbrachte Zeit von einem Monat (19.8. bis 18.9.2008) dafür, hier nicht nur einen vorübergehenden Aufenthalt anzunehmen. Aus den verschiedenen Äußerungen ihres Betreuers sowie den Stellungnahmen der Klinik G. ergebe sich, dass in O. der neue gewöhnliche Aufenthalt habe sein sollen. Eine weitere stationäre Aufnahme nach dem 19.8.2008 in den G. sei nicht geplant gewesen. Ab dem Zeitpunkt der gewöhnlichen Aufenthaltnahme der L in O. sei der Beklagte der örtlich zuständige Sozialhilfeträger. Dementsprechend sei er auch zur Kostentragung verpflichtet.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat die Auffassung vertreten, L habe für den fraglichen Zeitraum ab dem 19.8.2008 keinen gewöhnlichen Aufenthalt in O. und damit in seinem Zuständigkeitsbereich begründet, da L von vornherein nur beabsichtigt habe, sich im August 2008 vorübergehend bei ihren Eltern aufzuhalten. Schon aufgrund ihrer schweren Erkrankung sei ein Verweilen - bis auf weiteres - im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs in O. für sie ausgeschlossen gewesen. Der Gesundheitszustand bzw. die Gefährdung der L habe der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts in O. bei ihren Eltern entgegengestanden. Im Übrigen mache die tatsächliche Aufenthaltsdauer der L in O. nur ca. einen Monat aus. Eine solche Zeit entspreche in etwa einem ausgedehnten Urlaub. Auch dies spreche dafür, dass L von vornherein nur einen zeitlich begrenzten Aufenthalt in O. habe eingehen wollen.
Mit Beschluss vom 19.11.2009 hat das SG den Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) zum Rechtsstreit notwendig beigeladen, weil die Entscheidung über die Frage einer etwaigen Kostentragung, wenn ein gewöhnlicher Aufenthalt des Leistungsberechtigten nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln sei, nur einheitlich ergehen könne.
Der Beigeladene hat keinen eigenen Prozessantrag gestellt und schriftsätzlich ebenfalls die Auffassung vertreten, L habe für die Zeit ab dem 19.8.2008 ihren neuen gewöhnlichen Aufenthalt in O. begründet. Dabei sei zu berücksichtigen, dass L allein nicht in der Lage gewesen sei, eine Aufenthaltsbestimmung vorzunehmen (Gutachten der Psychiaterin Hoffmann vom 17.4.2008). Dementsprechend seien die Aussagen des Betreuers der L von Bedeutung. In seinem Schreiben vom 19.9.2008 habe dieser dargelegt, dass geplant gewesen sei, dass L solange bei ihren Eltern bleibe, bis sie sich wieder an das Leben außerhalb der Klinik gewöhnt habe. Deshalb habe der Betreuer sie auch in O. angemeldet. Relevant seien insofern die tatsächlichen Verhältnisse für die Zeit ab dem 19.8.2008, wobei es auf eine vorausschauende Betrachtung ankomme. Deshalb sei es unzulässig, wie der Beklagte, retrospektiv dahingehend zu argumentieren, dass der Aufenthalt in O. von vornherein unmöglich oder schädlich für die Klägerin gewesen sei. Auch die die Klägerin behandelnde Psychiaterin Hoffmann habe im Schreiben vom 16.2.2009 an den Betreuer zum Ausdruck gebracht, dass die Entlassung am 19.8.2008 aufgrund einer Kostenbegrenzung der Krankenkasse geschehen sei und bis auf eine ambulante Weiterbehandlung keine weitere stationäre Neuaufnahme der L geplant gewesen sei. Auch diese Aussage bekräftige, dass im entscheidenden Zeitraum der Entlassung am 19.8.2008 der Aufenthalt der Leistungsberechtigten in O. als zukunftsoffen zu bezeichnen sei und durch die ambulante Weiterbehandlung eine Verfestigung der Lebensverhältnisse habe eintreten sollen. Die nachträgliche Erkenntnis, dass L dann im September doch wieder stationär psychiatrisch hat behandelt werden müssen, könne sich nicht negativ auf die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts auswirken.
Auf den Antrag der Klägerin hat das SG mit Urteil vom 22.4.2010 den Beklagten verurteilt, der Klägerin für die Zeit ab dem 22.4.2009 - Aufnahme in das Klinikum Wahrendorff - bis zum 30.4.2010 die im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen erbrachten Leistungen nach § 14 Abs. 4 SGB X in Höhe von 41.497,72 EUR zu erstatten und hat festgestellt, dass der Beklagte für die Zeit ab dem 1.5.2010 bis auf Weiteres dem Grund nach verpflichtet ist, die im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen von der Klägerin für L erbrachten Leistungen nach Maßgabe des § 14 Abs. 4 SGB IX zu erstatten. Die Klägerin sei nur bis einschließlich 19.8.2008 der örtlich zuständige Sozialhilfeträger gemäß § 98 Abs. 2 SGB XII gewesen. Für die Zeit danach sei der Beklagte der örtlich zuständige Sozialhilfeträger. Am 19.8.2008 sei es zu einer Unterbrechung der bis dahin bestehenden "Heimkette" und damit zu einer gewöhnlichen Aufenthaltnahme der L bei ihren Eltern in O. gekommen. Dort, in O., also im Zuständigkeitsbereich des Beklagten, habe L ab dem 19.8.2008 ihren neuen Lebensmittelpunkt bilden wollen. Alle äußeren Indizien und der zeitliche Ablauf würden hierfür sprechen. Maßgeblich sei eine vorausschauende Betrachtung unter Berücksichtigung der Äußerungen der behandelnden Ärzte. Die leitende Oberärztin H. habe im Schreiben vom 16.2.2009 ausgeführt, dass die Entlassung der Klägerin am 19.8.2008 aufgrund der Kostenbegrenzung der Krankenkasse geschehen sei und bis auf eine ambulante Weiterbehandlung keine unmittelbar bevorstehende stationäre Neuaufnahme der Leistungsberechtigten geplant gewesen sei. Auch daraus ergebe sich, dass im entscheidenden Zeitpunkt der Entlassung von L am 19.8.2008 ihr Aufenthalt in O. als zukunftsoffen zu bezeichnen gewesen sei und durch die ambulante Weiterbehandlung eine Verfestigung der Lebensverhältnisse habe eintreten sollen. Die geltend gemachte Erstattungssumme habe die Klägerin für den Zeitraum vom 22.4.2009 bis zum 30.4.2010 durch Vorlage der Rechnungen des Klinikums Wahrendorff GmbH - Pflegeheime - und die darauf anzurechnenden Rentenversicherungs- und Unterhaltsbeitragsleistungen nachgewiesen.
Gegen das ihm am 29.4.2010 mit Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat der Beklagte am 20.5.2010 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Das SG habe die vorliegenden Umstände nicht zutreffend gewürdigt und sich zu Unrecht an den äußerlichen Gegebenheiten orientiert. Der Aufenthalt in O. sei nicht zukunftsoffen gewesen, sondern sei lediglich "notfallmäßig" erfolgt. Aufgrund des Krankheitsbildes sei von vorneherein klar gewesen, dass der Aufenthalt in O. nur vorübergehend habe sein können.
Der Beklagte/Berufungskläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. April 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin/Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf ihr bisheriges Vorbringen und auf die Ausführungen des SG im Urteil vom 22.4.2010 Bezug.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Behördenakten der Klägerin und des Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
II.
Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und statthafte Berufung ist zulässig. Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels der Klägerin ist – soweit es den Zahlungsanspruch für den Zeitraum 22.4.2009 bis 30.4.2010 betrifft - die allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG, da im Verhältnis der Beteiligten ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Für den Zeitraum ab dem 1.5.2010 ist die Klage als Feststellungsklage zulässig gewesen (vgl. zur Statthaftigkeit der kombinierten Leistungs- und Feststellungsklage: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 27.8.2009 – L 8 SO 78/07 = juris RdNr. 34 m.w.N.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.12.2009 – L 7 KA 161/09 B ER = juris RdNr. 6). Die Feststellungsklage ermöglicht eine umfassendere Klärung des streitigen Rechtsverhältnisses, insbesondere auch im Hinblick auf noch nicht konkret bezifferte und geltend gemachte Ansprüche für die Zeit ab Mai 2010 und zukünftige Zeiträume (vgl. dazu z.B. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 8.2.2000 – B 1 KR 13/99 R = HVBG-INFO 2000, 2178 ff. m.w.N.). Der Beklagte ist als in Anspruch genommener örtlicher Träger der Sozialhilfe richtiger Beklagter.
III.
Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 22.4.2010 den Beklagten verurteilt, der Klägerin für die Zeit ab dem 22.4.2009 - Aufnahme in das Klinikum Wahrendorff - bis zum 30.4.2010 die im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen erbrachten Leistungen nach § 14 Abs. 4 SGB IX in Höhe von 41.497,72 EUR zu erstatten und hat festgestellt, dass der Beklagte für die Zeit ab dem 1.5.2010 bis auf Weiteres dem Grund nach verpflichtet ist, die im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen von der Klägerin für L erbrachten Leistungen nach Maßgabe des § 14 Abs. 4 SGB IX erstatten. Die Klägerin war zwar als zweitangegangener Rehabilitationsträger im Außenverhältnis zur L zunächst zuständig und leistungsverpflichtet. Sie war aber nur bis einschließlich 19.8.2008 der örtlich zuständige Sozialhilfeträger gemäß § 98 Abs. 2 SGB XII. Für die Zeit danach ist der Beklagte der örtlich zuständige Sozialhilfeträger und ist deshalb im Innenverhältnis der Reha-Träger untereinander der Klägerin gegenüber erstattungspflichtig. Die Klägerin hatte als zweitangegangener Rehabilitationsträger – durch die Weiterleitung des Antrags vom 5.11.2008 durch den Beklagten - zunächst gegenüber der L zu leisten, hat aber im Innenverhältnis zum eigentlich zuständigen Träger – dem Beklagten - gemäß § 14 Abs. 4 SGB IX einen Anspruch auf Erstattung der von ihr für die L erbrachten Kosten der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen gegen den Beklagten für den Zeitraum vom 22.4.2009 bis zum 30.4.2010 in Höhe von 41.497,72 EUR. Diese Forderung ist von der Klägerin in zutreffender Höhe geltend gemacht worden.
Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Wird nach Bewilligung der Leistung durch einen Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB IX festgestellt, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist, erstattet dieser dem Rehabilitationsträger, der die Leistung erbracht hat, dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften (§ 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX).
Die Klägerin und der Beklagte sind jeweils Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX, u.a. für die hier in Frage stehenden Leistungen nach § 5 Nr. 4 SGB IX (Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, Eingliederungshilfe, §§ 53 ff. SGB XII i.V.m. §§ 55 ff. SGB IX). Für Leistungen zur Teilhabe als Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen gelten gemäß § 53 Abs. 4 Satz 1 SGB XII die Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch (SGB IX), soweit sich aus dem SGB XII und den aufgrund dieses Buches erlassenen Rechtsverordnungen nichts Abweichendes ergibt. Die i.S. des § 2 Abs. 1 SGB IX behinderte L hat am 5.11.2008, vertreten durch den Betreuer, entsprechende Teilhabeleistungen beim Beklagten beantragt. Dieser hat als erstangegangener Träger den Antrag der L am 19.11.2008 – mithin gerade noch innerhalb der Frist des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX – an die Klägerin weitergeleitet. Die Klägerin ist als zweitangegangener Rehabilitationsträger damit im Außenverhältnis zur L zuständig geworden, da eine nochmalige Weiterleitung oder Zurückverweisung des Antrags nicht möglich ist (BSG, Urteil vom 26.10.2004 - B 7 AL 16/04 R - BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 1; Urteil vom 26.6.2007 - B 1 KR 34/06 R - BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 4; Urteil vom 21.8.2008 - B 13 R 33/07 R - BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 7).
§ 14 SGB IX greift auch, wenn die Zuständigkeit zwischen zwei Rehabilitationsträgern gleicher Art umstritten ist, also auch zwischen zwei Sozialhilfeträgern, bei denen die örtliche Zuständigkeit nach § 98 SGB XII im Streit steht (Luik in jurisPK-SGB IX, 2010, § 14 RdNr. 45 m.w.N.). Gemäß § 14 Abs. 4 SGB IX erstattet, wenn nach Bewilligung der Leistung durch einen Rehabilitationsträger – hier die Klägerin - nach § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB IX festgestellt wird, dass ein anderer Rehabilitationsträger – hier der Beklagte - für die Leistung zuständig ist, dieser dem Rehabilitationsträger, der die Leistung erbracht hat, dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften.
Mit § 14 SGB IX soll nur im Außenverhältnis (behinderter Mensch gegenüber Rehabilitationsträger) rasch die Leistungspflicht festgestellt werden (BSG, Urteil vom 26.10.2004 – B 7 AL 16/04 R – BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 1). Im Innenverhältnis der Rehabilitationsträger bleibt es jedoch nicht bei der Zuständigkeitsverteilung nach § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX. Im Verhältnis der Reha-Träger untereinander ist eine Lastenverschiebung ohne Ausgleich nicht bezweckt (BSG, Urteil vom 22.6.2010 – B 1 KR 33/09 R = juris RdNr. 12 m.w.N.). Den Ausgleich bewirkt der Anspruch nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX, bei dessen Prüfung es auf die tatsächlichen Zuständigkeiten nach dem SGB IX/SGB XII ankommt.
§ 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX stellt sicher, dass für die Fälle des § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB IX der zweitangegangene Rehabilitationsträger, an den der sich selbst für unzuständig haltende erstangegangene Rehabilitationsträger den Antrag weitergeleitet hat (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB IX), im Nachhinein vom "eigentlich" materiell-rechtlich zuständigen Rehabilitationsträger die Aufwendungen nach den für den zweitangegangenen Rehabilitationsträger geltenden Rechtsvorschriften erstattet erhält (vgl. BSG, Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 7/10 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen, juris RdNr. 11 m.w.N.; s. auch BT-Drucks 14/5074, S. 102). Denn der zweitangegangene Rehabilitationsträger ist im Verhältnis zum behinderten Menschen nicht nur vorläufig, sondern endgültig und umfassend leistungspflichtig (st Rspr des BSG, vgl etwa BSG, Urteil vom 26.6.2007 – B 1 KR 34/06 R - BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 4). Er erhält im Gegenzug hierfür einen vollständigen Ersatz aller Aufwendungen, wenn er nach der "eigentlichen" Zuständigkeitsordnung der Rehabilitationsträger (außerhalb von § 14 SGB IX; hier nach § 98 SGB XII) Leistungen, für die er nicht zuständig war, aufgrund der Zuständigkeit als zweitangegangener Träger erbringen musste. Weil ihn § 14 SGB IX dazu beruft, umfassend nach allen Leistungsvorschriften, die in Betracht kommen, als Rehabilitationsträger zu leisten, er sich mithin dieser Leistungspflicht nicht entziehen kann, bedarf es eines umfassenden Ausgleichsmechanismus als "notwendiges Korrelat" (BSG, Urteil vom 26.6.2007 — B 1 KR 34/06 R — BSGE 98, 267). Der zweitangegangene Rehabilitationsträger ist nämlich im Gegensatz zum erstangegangenen Rehabilitationsträger besonders schutzwürdig, da er einer aufgedrängten Zuständigkeit ausgesetzt ist und unabhängig von seiner tatsächlichen Leistungspflicht schnell handeln muss (vgl. SG Frankfurt, Urteil vom 6.4.2009 – S 25 KR 598/06 = juris RdNr. 17).
Die L ist im Klinikum G. vom 19.9.2008 bis zum 21.4.2009 stationär auf Kosten des gesetzlichen Krankenversicherungsträgers behandelt worden, so dass für diesen Zeitraum keine Erstattungspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin besteht. Für die Zeit ab dem 22.4.2009, dem Beginn der stationären Unterbringung der Leistungsberechtigten im Klinikum Wahrendorff GmbH, hat die Klägerin fortlaufend Leistungen der Eingliederungshilfe in monatlicher Höhe von regelmäßig 3.741,70 EUR erbracht, ohne hierfür örtlich zuständig zu sein. Die Klägerin ist örtlich zuständiger Sozialhilfeträger gemäß § 98 Abs. 2 SGB XII nämlich nur bis einschließlich 19.8.2008 gewesen, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Für die Zeit danach ist der Beklagte örtlich zuständiger Sozialhilfeträger.
Für die stationäre Leistung ist gemäß § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII derjenige Träger der Sozialhilfe und damit für die Eingliederungshilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich der Leistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne von § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII in einer anderen Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistungen ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach § 98 Abs. 1 SGB XII zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistungen unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen (§ 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII).
Zur Überzeugung des Senats hat L ab dem 19.8.2008 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in O. gehabt.
Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist in § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - SGB I - legal definiert. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat danach jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts ist nach der einschlägigen Rechtsprechung des BSG und des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG -, der sich der erkennende Senat anschließt, erforderlich, dass ein Aufenthalt von voraussichtlich einer gewissen Dauer vorliegt (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28.6.1984 – 3 RK 27/83 - BSGE 57, 93). Zumindest muss die Absicht bestehen, an einem bestimmten Ort nicht nur vorübergehend zu verweilen (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 17.5.1973 – V C 107/72 - BVerwGE 42, 198 = FEVS 21, 361; BVerwG, Urteil vom 29.6.2002 – 5 C 46/01 = ZfSH/SGB 2003, 229). Durch einen Aufenthalt, der nur wenige Tage währt, wird ein gewöhnlicher Aufenthalt i.S. des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I noch nicht begründet, wenn er wegen seiner Art des Zwecks nur zu einer flüchtigen Begegnung mit dem Ort führt und der Wille einer nur kurz befristeten Verweildauer erkennbar ist (Hohm in Schellhorn/Hohm, Kommentar SGB XII, 18. Aufl. 2010, § 98 RdNr. 15, 47 f.). Deshalb reicht ein zeitlich unbedeutender Aufenthalt von Stunden oder Tagen - Kurzaufenthalt - für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts regelmäßig nicht aus (vgl. Wahrendorf, in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl., 2010, § 98 RdNr. 23; Schoch in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 98 RdNr. 11). Lässt sich eine Willensbildung im Hinblick auf eine Niederlassungsabsicht nicht feststellen, sind die Dauer des Aufenthalts an einem bestimmten Ort sowie die sonstigen objektiven Merkmale, die zum Zeitpunkt des Ortswechsels vorliegen, ein wichtiges Indiz dafür, ob ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet worden ist (Hohm, aaO, RdNr. 49). Da auf den Willen der schwer geistig behinderten L zur Überzeugung des Senats nicht abgestellt werden kann – deshalb ist für alle hier relevanten Lebensbereiche eben auch ein Betreuer bestellt – kommt es auf die äußeren Umstände und Geschehensabläufe an, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Insoweit sind die Maßstäbe des Beklagten unzutreffend. Auch eine Befragung der Eltern der L, wie vom Beklagten angeregt, konnte unterbleiben, da maßgeblich insoweit die Äußerungen und Handlungen des Betreuers für die "Vermögenssorge, Entscheidung über die Wohnungsangelegenheiten, Geltendmachung von Ansprüchen auf Sozialleistungen" sind. Angesichts der Art und Schwere der Behinderung von L sind die Urlaubs-Vergleiche des Beklagten neben der Sache. Hierzu erübrigt sich jeder weitere Kommentar.
Der gewöhnliche Aufenthalt setzt weiter keine ständige, ununterbrochene Anwesenheit voraus. Ob sich jemand gewöhnlich in einem Gebiet aufhält oder nur vorübergehend dort verweilt, lässt sich nur im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise entscheiden, wobei alle für die Beurteilung der künftigen Entwicklung bei Beginn eines streitigen Zeitraums erkennbaren Umstände zu berücksichtigen sind (BSG, Urteil vom 22.3.1988 – 8/5a RKn 11/87 - BSGE 63, 93 = SozR 2200 § 205 Nr. 65; Seewald, in Kassler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Bd. I, § 30 SGB I RdNr. 19). Ist ein inländischer gewöhnlicher Aufenthalt anzunehmen, wird er auch und sogar durch Abwesenheit im Ausland, falls diese ihrer Natur nach vorübergehend ist, nicht beendet. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist nichtgleichbedeutend mit "nie abwesend sein" (BSG, Urteil vom 28.7.1967 – 4 RJ 411/96 - BSGE 27, 88 = SozR Nr. 5 zu § 1319 RVO; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.6.2002 – L 1 KG 2338/99 = juris RdNr. 39). Auch eine Abwesenheit von längerer Dauer hebt dann den gewöhnlichen Aufenthalt nicht auf, wenn die Absicht oder Wahrscheinlichkeit besteht, an den früheren Aufenthaltsort zurückzukehren und gefestigte Beziehungen dorthin aufrechterhalten bleiben (Seewald in Kassler Kommentar, a.a.O. RdNr. 19 m.w.N.). Das BSG hat aus § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I ein Drei-Stufen-Schema entwickelt. Es prüft zunächst den Aufenthalt, dann die Umstände des Aufenthalts und nimmt schließlich eine Würdigung der Umstände vor. Unter diesen Voraussetzungen ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Begründung und Innehabung von gleichzeitig mehreren Wohnsitzen und gewöhnlichen Aufenthalten möglich. Begründet wird dies mit dem der Sache nach gegebenen Zusammenhang mit den entsprechenden steuerrechtlichen Regelungen (BSG, Urteil vom 25.10.1977 - 8/12 RKg 8/77 - BSGE 45, 95 = SozR 5870 § 8 Nr. 3; ebenso LSG Baden-Württemberg, a.a.O. = juris RdNr. 39 und Seewald in Kasseler Kommentar, a.a.O., § 30 RdNr. 22). Diese Rechtsprechung macht sich der erkennende Senat zu eigen.
An diesem Prüfungsmaßstab orientiert, ist es zur Überzeugung des Senats zu einer Unterbrechung der bis August 2008 bestehenden "Heimkette" und damit zu einer gewöhnlichen Aufenthaltnahme der L bei ihren Eltern in O. am 19.8.2008 gekommen. Dort, in O., also im Zuständigkeitsbereich des Beklagten, hat die L ab dem 19.8.2008 einen neuen Lebensmittelpunkt bilden wollen. Dafür sprechen alle feststellbaren äußeren Umstände und Äußerungen der handelnden Personen. Hierauf hat das SG zu Recht abgestellt. Der Senat nimmt auf die Ausführungen des SG ausdrücklich Bezug und weist die Berufung auch aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Zum Einen hat der Betreuer der L, Rechtsanwalt N., im an die Arge B. adressierten Schreiben vom 19.8.2008 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass L ihren Wohnsitz in B. aufgegeben habe und zu ihren Eltern nach O. gezogen sei. Weiter spricht dafür die Anmeldung der L in O ... Außerdem ist das zeitliche Moment der Aufenthaltsdauer vorliegend von Bedeutung. L hat nämlich immerhin einen Monat bei ihren Eltern in O. verbracht. Die Argumentation des Beklagten, L sei aufgrund ihres Krankheitsbildes tatsächlich nie in der Lage gewesen, längere Zeit in O. zu verweilen geht fehl, als diese Argumentation eine rückwirkende Betrachtung des Sachverhalts offenbart. Relevant sind aber die tatsächlichen Verhältnisse am 19.8.2008. Entscheidend ist eine vorausschauende prognostische Betrachtung. Für die vorausschauende Betrachtung maßgeblich sind auch die Äußerungen der Leitenden Oberärztin Hoffmann im Schreiben vom 16.2.2009. Darin hat Frau Hoffmann ausgeführt, dass die Entlassung der Klägerin am 19.8.2008 aufgrund der Kostenbegrenzung der Krankenkasse geschehen und bis auf weiteres nur eine ambulante Weiterbehandlung und keine weitere stationäre Neuaufnahme von L geplant gewesen ist. Auch daraus ergibt sich, dass im entscheidenden Zeitpunkt der Entlassung der L am 19.8.2008 deren Aufenthalt in O. als zukunftsoffen zu bezeichnen ist und durch die ambulante Weiterbehandlung eine Verfestigung der Lebensverhältnisse habe eintreten sollen. Die nachträgliche Erkenntnis, dass L dann ab Ende September doch wieder hat stationär psychiatrisch behandelt werden müssen, kann sich für die mit Datum vom 19.8.2008 zu treffende Prognoseentscheidung nicht mehr negativ auf die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts zu diesem Zeitpunkt auswirken, wie das SG zutreffend hervorgehoben hat. Denn für die Prognose sind maßgeblich die ex-ante bekannten und erkennbaren Umstände (BSG, Urteil vom 16.12.1999 – B 14 EG 1/99 R - SozR 3-7833 § 6 Nr. 22 = Breith 2000, 758; Urteil vom 30.8.2007 – B 10 EG 6/06 R = SozR 4-7833 § 6 Nr. 4). Damit ist der Beklagte für die stationäre Leistung ab dem 19.9.2008 örtlich zuständig gewesen (§ 98 Abs. 2 Satz 1 SGBXII).
Der Beklagte bleibt auch materiell-rechtlich endgültig zuständig für die Leistungserbringung in Wahrendorff/Hannover. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung i.S. des § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, weiterhin entscheidend; also verbleibt es insoweit weiterhin bei O. als maßgeblichem Aufenthaltsort der L. Ein Übertritt von einer Einrichtung in eine andere nach § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII liegt vor, wenn sich dieser Wechsel unmittelbar, also ohne Zeitverzögerung, vollzieht, so wie es im April 2009 der Fall war, als die L vom G. nach Wahrendorff verlegt wurde. D.h. nicht für die erneute Aufnahme im G. im September 2008, wohl aber für den Übertritt nach Wahrendorff im April 2009 liegen die Voraussetzungen des § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII vor (vgl. Schoch in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 98 RdNr. 32 f.).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. den §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Er bemisst sich für die Leistungsklage auf den bezifferten Betrag und für den Feststellungsantrag auf weitere 5.000 EUR.
Rechtskraft
Aus
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