Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 17 AS 5501/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 2750/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist wegen der der Klägerin gewährten Rentennachzahlung zum einen wegen der Anrechnung als Einkommen die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.08.2010 bis 31.12.2010 sowie zum anderen die teilweise Rückforderung von Leistungen für den Monat August 2010.
Der Kläger und die Klägerin beziehen von dem Beklagten (früher Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung R., jetzt Jobcenter R., § 6d SGB II - im Folgenden Beklagter) als Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Auf ihren Weiterbewilligungsantrag vom 27.05.2010 bewilligte der Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 31.05.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.2010 in Höhe von monatlich 440,50 EUR (für Kosten der Unterkunft und Heizung - KdU). Ausgehend von einem Gesamtbedarf von 1.114,- EUR war der restliche Bedarf durch das von der Arbeitsagentur R. an die Klägerin gezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von 703,50 EUR monatlich gedeckt, das als Einkommen berücksichtigt wurde.
Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg bewilligte der Klägerin im Juli 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 30.09.2011 weiter. Rückwirkend für die Zeit vom Oktober 2009 bis Juli 2010 (10 Monate) ergab sich eine Rentennachzahlung in Höhe von 8.662,10 EUR. Ab August 2010 wurde die Rente in Höhe von 866,21 EUR monatlich gezahlt (Bescheid vom 02.07.2010, Bl. 100 VA). Die Arbeitsagentur R. (ALG I-Träger) hob die Bewilligung von Arbeitslosengeld gegenüber der Klägerin ab dem 13.07.2010 (Bescheid vom 08.07.2010 - Bl. 106 VA) auf und meldete bei der Deutschen Rentenversicherung auf die Rentennachzahlung einen Erstattungsanspruch wegen des ausgezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 6.612,90 EUR an, der befriedigt wurde.
Den Rest der Nachzahlung in Höhe von 2.063,83 EUR überwies der Rentenversicherungsträger an die Klägerin. Der Betrag wurde am 25.08.2010 auf dem Konto der Klägerin gutgeschrieben, das sich zu diesem Zeitpunkt mit 1.592,38 EUR im Soll befand. Der Beklagte hatte einen Erstattungsanspruch für die den Klägern gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht angemeldet. (Der Beklagte hatte für einen vorangegangenen Zeitraum einen Erstattungsanspruch gegen den Rentenversicherungsträger gestellt; deswegen war ein Rechtsstreit der Klägerin beim SG unter dem Az. S 9 R 3434/09 anhängig ;vgl. Bl. 27 LSG). Statt dessen rechnete er den Restbetrag der Nachzahlung verteilt auf 10 Monate als Einkommen an. Wegen des geänderten Sachverhalts erließ er den Änderungsbescheid vom 27.07.2010 (Bl. 115 VA), den er auf den Widerspruch der Kläger mit Abhilfebescheid vom 15.10.2010 wieder aufhob und mitteilte, dass über Ansprüche ab 01.07.2010 neu entschieden werde (Bl. 170 VA).
Dies setzte der Beklagte mit drei Bescheiden vom 15.10.2010 um:
Mit Änderungsbescheid vom 15.10.2010 zum Bescheid vom 27.07.2010 (richtig 31.05.2010, vgl. Bl. 179 VA) bewilligte er der Bedarfsgemeinschaft für Juli 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i.H.v. 862,60 EUR (Anrechnung des nur anteiligen Arbeitslosengelds I, ohne Rente, ohne Rentennachzahlung). Für die Zeit vom 01.08. bis 31.12.2010 gewährte der Beklagte nur noch KdU i.H.v. 71,41 EUR monatlich. Als Einkommen berücksichtigt wurden hierbei die auf zehn Monatsraten zu 206,38 EUR verteilte Rentennachzahlung sowie die in Höhe von 866,21 EUR an die Klägerin gezahlte Erwerbsminderungsrente.
Mit zwei Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 15.10.2010, jeweils an den Kläger und die Klägerin gerichtet, hob die Beklagte die Leistungen für August 2010 in Höhe von jeweils 184,54 EUR auf und forderte deren Erstattung (bisherige KdU 440,50 EUR minus 71,41 EUR, geteilt durch 2; Bl. 172, 175 VA).
Der Widerspruch der Kläger gegen die Bescheide vom 15.10.2010 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 01.12.2010 hinsichtlich der Änderung der Bewilligung ab 01.07.2010 sowie mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 09.12.2010 hinsichtlich der Aufhebungen und Erstattungen für August 2010 zurückgewiesen (Bl. 187, 205, 211 VA).
Dagegen haben die Kläger am 28.12.2010 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und geltend gemacht, die Rentennachzahlung der Klägerin. könne dem Kläger nicht angerechnet werden, da weder eine Ehe noch eine Lebenspartnerschaft vorliege. Das ergebe sich aus den Erstattungsregeln des § 34a SGB II. Die Rentennachzahlung sei zudem kein Einkommen, sondern Vermögen und habe auch schadlos mit Schulden verrechnet werden können.
Gleichzeitig haben sie einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt (S 17 AS 5331/10 ER). Mit Beschluss vom 11.01.2011 hat das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Beschwerde der Kläger hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Beschluss vom 25.02.2011 zurückgewiesen (L 13 AS 628/11 ER-B).
Die Klage hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 25.05.2011 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass für die angefochtenen Bescheide die Voraussetzungen des § 48 SGB X vorlägen. Die Rentennachzahlung stelle kein Vermögen dar, sondern sei als einmaliges Einkommen anzurechnen. Renten seien nach der Rechtsprechung des BSG auch nicht von der Anrechnung als Einkommen ausgenommen. Die Verwendung zur Schuldentilgung stehe der bedarfsmindernden Berücksichtigung der Rentennachzahlung nicht entgegen. Offene Schulden seien nicht vom Einkommen abzusetzen, Einkommen zuerst zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft einzusetzen. Auch habe das LSG im Beschluss über den einstweiligen Rechtsschutz auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30.07.2008 (BSG - B 14 AS 26/07 R) hingewiesen, wonach die Berücksichtigung des Einkommens davon unberührt bleibt, dass es der Kläger zur Tilgung eines vorher aufgebauten Überziehungskredits oder einer geduldeten Überziehung verwendet. Daran könne eine Vereinbarung mit der Bank nichts ändern, wonach die erwartete Rentenzahlung für den Ausgleich des Kontos verwendet werden müsse. Eine wirksame Vereinbarung dieser Art sei schon mangels Schriftform gemäß § 505, 492 BGB nicht ersichtlich und wäre auch nach § 55 Abs. 1 SGB I in Verbindung mit § 394 BGB unwirksam (Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2011, L 13 AS 628/11 ER-B). Die Zahlung könne auch durch eine solche Vereinbarung nicht zu zweckbestimmtem Einkommen werden. Den Zweck bestimme nicht der Empfänger. Die Rentenzahlung diene dem Lebensunterhalt und damit dem gleichen Zweck wie die Leistungen nach dem SGB II. Zudem sei die Aufrechnung durch die Bank für 14 Tage ausgeschlossen gewesen (§ 55 Abs. 1 SGB I iVm § 394 BGB; vgl. Kasseler Kommentar § 55 SGB I Rn. 10 mwN.), weshalb ein Zugriff auf eingegangene Sozialleistungen immer möglich gewesen sei. Die Rentennachzahlung könne auch für den Zeitraum ab 01.08.2010 berücksichtigt werden. Einmaliges Einkommen sei auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen und im Regelfall nicht vollständig auf die monatliche Leistung vorzunehmen. Berechnungsfehler hinsichtlich der verbliebenen Leistungshöhe seien nicht ersichtlich. Auch die Anrechnung der Rentennachzahlung beim Kläger sei rechtmäßig, da er mit der Klägerin eine Bedarfsgemeinschaft bilde. Einkommen und Vermögen des Partners seien gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II zu berücksichtigen. § 34a SGB II sei vorliegend nicht einschlägig, da der Anwendungsbereich nur eröffnet sei, wenn der Grundsicherungsträger über einen originären, eigenständigen Anspruch gegenüber einem anderen Sozialleistungsträger verfüge. Die Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X für August 2010 seien je in Höhe von 184,54 EUR sowohl für den Kläger als für die Klägerin gegeben. Danach seien bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Fehler in der Berechnung der Rückforderung seien nicht erkennbar.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Kläger gegen Empfangsbekenntnis am 01.06.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 01.07.2011 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt und an der Auffassung festgehalten, dass das durch die Verrechnung des Überziehungskredits verbrauchte Geld nicht weiter zu berücksichtigen sei. Jedenfalls stehe das Geld nach Ablauf der maßgeblichen Fristen nicht zur Existenzsicherung zur Verfügung und sei im Übrigen auch zur Bezahlung von Notwendigem für die Existenzsicherung, nämlich für rückständige Mieten verwandt worden. Unabhängig davon habe sich der allein bedürftige Kläger die Rentennachzahlung zugunsten der Klägerin nicht als Einkommen anrechnen lassen müssen. Die Beklagte habe versäumt einen Erstattungsanspruch geltend zu machen, der auf Grund von § 34a SGB II aF. nicht hätte berücksichtigt werden dürfen, weil sich nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift nur solche Leistungen als Aufwendungen des Trägers der Grundsicherung darstellten, die dem Lebenspartner oder dem nicht getrennt lebenden Ehegatten erbracht wurden. Die Ansprüche des nichtehelichen Lebenspartners habe der Gesetzgeber schützen wollen. Dies werde unterlaufen, wenn diese dann später beim Bedürftigen der Bedarfsgemeinschaft als Einkommen angerechnet werden dürften.
Die Kläger beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Mai 2011 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 15. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2010 abzuändern und den Klägern im Zeitraum vom 1. August bis 31. Dezember 2010 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne Anrechnung der Rentennachzahlung in Höhe von 206,38 EUR monatlich als Einkommen zu gewähren sowie die Bescheide vom 15. Oktober 2010 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 9. Dezember 2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 13.02.2012 und vom 01.03.2012 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge und die Akte des SG S 17 AS 5531/10 ER Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg.
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Anfechtungs- und Leistungsklagen zu Recht abgewiesen. Die Bescheide des Beklagten vom 15.10.2010 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 01.12.2010 und vom 09.12.2010 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten.
Das SG hat unter Darlegung der zutreffenden Rechtsnormen sowie unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG verbunden mit einer rechtsfehlerfreien Subsumtion zutreffend entschieden, dass die Kläger keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.08.2010 bis 31.12.2010 haben. Ebenso sind die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidungen des Beklagten für den Monat August 2010 nicht zu beanstanden. Der Senat sieht deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
In Bezug auf das Vorbringen im Berufungsverfahren ist nochmals Folgendes auszuführen:
Sofern die Kläger einwenden, dass ihnen die Rentennachzahlung durch die Verrechnung mit Schulden auf dem Girokonto nicht zur Verfügung gestanden habe, hat bereits das SG darauf hingewiesen, dass diese Frage durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als entschieden anzusehen ist. In Bezug auf einen Überziehungskredit - nichts anderes kann für Schulden auf einem Girokonto gelten - ist geklärt, dass der Geldzufluss trotz Rückführung des Kredits als Einkommen zu berücksichtigen bleibt. Insoweit handelt es sich lediglich um eine bestimmte Form der Einkommensverwendung. Das Geld verliert hierdurch nicht seinen Charakter als Einkommen (BSG, Urteil vom 30.07.2008 - B 14 AS 26/07 R, über juris Rn.25). Welche Möglichkeiten die Kläger gehabt hätten, eine Verrechnung auf dem Girokonto zu vermeiden, hat das LSG Baden-Württemberg bereits in dem Beschluss vom 25.02.2011 die Kläger betreffend dargestellt (L 13 AS 628/11 ER-B). Hierauf wird ergänzend Bezug genommen. Die Rentennachzahlung stand damit grundsätzlich als "bereite Mittel" zur Bedarfsdeckung zur Verfügung (vgl. hierzu für den Fall der Pfändung: BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 KG 1/10 R, SozR 4-5870 § 6a Nr. 2, juris Rn. 23). Unerheblich ist, dass die Kläger das nach der Verrechnung mit dem negativen Saldo gebliebene restliche Geld zur Bezahlung rückständiger Mieten verwandt haben wollen. Die Sicherung des Lebensunterhalts geht der Schuldentilgung grundsätzlich vor (vgl. BSG, Urteil vom 06.10.2011 - B 14 AS 152/10 R - juris Rn. 23).
Auch musste sich der "allein bedürftige" Kläger die Rentennachzahlung an seine Lebensgefährtin anrechnen lassen. Rentennachzahlungen sind erzieltes Einkommen (BSG, Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R). Als solches sind sie in der Bedarfsgemeinschaft auch zu berücksichtigen. Einkommen und Vermögen der Partner sind wechselseitig beim jeweils anderen zu berücksichtigen (Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 9 Rn. 25).
Aus § 34a SGB II aF (idF. des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006, gültig bis 31.03.2011) können die Kläger nichts für sie Günstiges herleiten. Danach konnte zwar der Grundsicherungsträger auch Ersatz für die Aufwendungen verlangen, die für den nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner des Hilfebedürftigen sowie an dessen unverheiratete Kinder unter 25 Jahren geleistet wurden, sofern er über einen originären, eigenständigen Anspruch gegen einen Dritten verfügte. Hierunter fallen etwa die Erstattungsansprüche nach §§ 103, 104 SGB X, die der Beklagte grundsätzlich gegenüber dem Rentenversicherungsträger haben kann. Nicht erwähnt ist in der Vorschrift allerdings der eheähnliche Partner, wie im Fall des Klägers. Es war umstritten, ob die Vorschrift auf den eheähnlichen Partner in einer Bedarfsgemeinschaft ausgeweitet werden kann (bejahend: Link in Eicher Spellbrink aaO, § 34a Rn. 22; ablehnend, weil als gewollt anzusehen, allerdings mit verfassungsrechtlichen Bedenken: Grote-Seifert in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 34a, Rn. 15 f, jeweils mit wNw.). Insbesondere im Hinblick auf das aus Art. 6 GG abzuleitende Verbot, die eheliche Lebensgemeinschaft schlechter zu behandeln als eine eheähnliche, begegnet die abweichende Behandlung von Ehegatten und Lebenspartnern gegenüber eheähnlichen bzw. partnerschaftsähnlichen Partnern bei Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft einerseits und Heranziehung zu Erstattungsansprüchen andererseits erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Bundessozialgericht hat deshalb die im Wesentlichen identische Vorgängerregelung in § 140 BSHG ausdrücklich auch auf Partner eheähnlicher Gemeinschaften angewandt (BSG, Urteil vom 08.08.1990 - 11 RAr 79/88 - über juris Leitsatz Nr. 3). Von daher ist es abwegig hieraus im Umkehrschluss einen Schutzgedanken für die nichteheliche Lebensgemeinschaft der Kläger herzuleiten.
Im Übrigen besteht für Leistungsträger keine Verpflichtung Erstattungsansprüche geltend zu machen. Bei der Erstattung handelt es sich vielmehr um die sicherste von unter Umständen verschiedenen Möglichkeiten, über einen finanzkräftigen Schuldner und in einer Summe an den zu erstattenden Geldbetrag zu gelangen, was bei der Geltendmachung gegenüber dem Leistungsempfänger der Grundsicherung eher fraglich erscheint. Dem Beklagten steht es frei, die Rentennachzahlung entweder als Einkommen verteilt über mehrere Monate bei der Leistungsgewährung gegenüber den Leistungsempfängern zu berücksichtigen oder ggf. einen Erstattungsanspruch gegen einen anderen Leistungsträger geltend zu machen. Eine entgegenstehende Norm ist nicht ersichtlich. Dass der Beklagte vorliegend die erste Variante gewählt hat, macht geradezu vor dem Hintergrund Sinn, dass die Klägerin im Rechtsstreit gegen den Rentenversicherungsträger wegen der Erfüllung eines Erstattungsanspruchs des Beklagten die weitere Auszahlung einer Rentennachzahlung für einen vorangegangenen Zeitraum erwirkt hat und das SG dort § 34a SGB II nicht als auf den nichtehelichen Partner anwendbar angesehen hat (Urteil vom 12.07.2011 - S 9 R 3434/09). Somit ist das Bestehen und die Durchsetzung eines Erstattungsanspruchs zumindest zweifelhaft.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist wegen der der Klägerin gewährten Rentennachzahlung zum einen wegen der Anrechnung als Einkommen die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.08.2010 bis 31.12.2010 sowie zum anderen die teilweise Rückforderung von Leistungen für den Monat August 2010.
Der Kläger und die Klägerin beziehen von dem Beklagten (früher Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung R., jetzt Jobcenter R., § 6d SGB II - im Folgenden Beklagter) als Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Auf ihren Weiterbewilligungsantrag vom 27.05.2010 bewilligte der Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 31.05.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.2010 in Höhe von monatlich 440,50 EUR (für Kosten der Unterkunft und Heizung - KdU). Ausgehend von einem Gesamtbedarf von 1.114,- EUR war der restliche Bedarf durch das von der Arbeitsagentur R. an die Klägerin gezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von 703,50 EUR monatlich gedeckt, das als Einkommen berücksichtigt wurde.
Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg bewilligte der Klägerin im Juli 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 30.09.2011 weiter. Rückwirkend für die Zeit vom Oktober 2009 bis Juli 2010 (10 Monate) ergab sich eine Rentennachzahlung in Höhe von 8.662,10 EUR. Ab August 2010 wurde die Rente in Höhe von 866,21 EUR monatlich gezahlt (Bescheid vom 02.07.2010, Bl. 100 VA). Die Arbeitsagentur R. (ALG I-Träger) hob die Bewilligung von Arbeitslosengeld gegenüber der Klägerin ab dem 13.07.2010 (Bescheid vom 08.07.2010 - Bl. 106 VA) auf und meldete bei der Deutschen Rentenversicherung auf die Rentennachzahlung einen Erstattungsanspruch wegen des ausgezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 6.612,90 EUR an, der befriedigt wurde.
Den Rest der Nachzahlung in Höhe von 2.063,83 EUR überwies der Rentenversicherungsträger an die Klägerin. Der Betrag wurde am 25.08.2010 auf dem Konto der Klägerin gutgeschrieben, das sich zu diesem Zeitpunkt mit 1.592,38 EUR im Soll befand. Der Beklagte hatte einen Erstattungsanspruch für die den Klägern gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht angemeldet. (Der Beklagte hatte für einen vorangegangenen Zeitraum einen Erstattungsanspruch gegen den Rentenversicherungsträger gestellt; deswegen war ein Rechtsstreit der Klägerin beim SG unter dem Az. S 9 R 3434/09 anhängig ;vgl. Bl. 27 LSG). Statt dessen rechnete er den Restbetrag der Nachzahlung verteilt auf 10 Monate als Einkommen an. Wegen des geänderten Sachverhalts erließ er den Änderungsbescheid vom 27.07.2010 (Bl. 115 VA), den er auf den Widerspruch der Kläger mit Abhilfebescheid vom 15.10.2010 wieder aufhob und mitteilte, dass über Ansprüche ab 01.07.2010 neu entschieden werde (Bl. 170 VA).
Dies setzte der Beklagte mit drei Bescheiden vom 15.10.2010 um:
Mit Änderungsbescheid vom 15.10.2010 zum Bescheid vom 27.07.2010 (richtig 31.05.2010, vgl. Bl. 179 VA) bewilligte er der Bedarfsgemeinschaft für Juli 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i.H.v. 862,60 EUR (Anrechnung des nur anteiligen Arbeitslosengelds I, ohne Rente, ohne Rentennachzahlung). Für die Zeit vom 01.08. bis 31.12.2010 gewährte der Beklagte nur noch KdU i.H.v. 71,41 EUR monatlich. Als Einkommen berücksichtigt wurden hierbei die auf zehn Monatsraten zu 206,38 EUR verteilte Rentennachzahlung sowie die in Höhe von 866,21 EUR an die Klägerin gezahlte Erwerbsminderungsrente.
Mit zwei Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 15.10.2010, jeweils an den Kläger und die Klägerin gerichtet, hob die Beklagte die Leistungen für August 2010 in Höhe von jeweils 184,54 EUR auf und forderte deren Erstattung (bisherige KdU 440,50 EUR minus 71,41 EUR, geteilt durch 2; Bl. 172, 175 VA).
Der Widerspruch der Kläger gegen die Bescheide vom 15.10.2010 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 01.12.2010 hinsichtlich der Änderung der Bewilligung ab 01.07.2010 sowie mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 09.12.2010 hinsichtlich der Aufhebungen und Erstattungen für August 2010 zurückgewiesen (Bl. 187, 205, 211 VA).
Dagegen haben die Kläger am 28.12.2010 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und geltend gemacht, die Rentennachzahlung der Klägerin. könne dem Kläger nicht angerechnet werden, da weder eine Ehe noch eine Lebenspartnerschaft vorliege. Das ergebe sich aus den Erstattungsregeln des § 34a SGB II. Die Rentennachzahlung sei zudem kein Einkommen, sondern Vermögen und habe auch schadlos mit Schulden verrechnet werden können.
Gleichzeitig haben sie einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt (S 17 AS 5331/10 ER). Mit Beschluss vom 11.01.2011 hat das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Beschwerde der Kläger hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Beschluss vom 25.02.2011 zurückgewiesen (L 13 AS 628/11 ER-B).
Die Klage hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 25.05.2011 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass für die angefochtenen Bescheide die Voraussetzungen des § 48 SGB X vorlägen. Die Rentennachzahlung stelle kein Vermögen dar, sondern sei als einmaliges Einkommen anzurechnen. Renten seien nach der Rechtsprechung des BSG auch nicht von der Anrechnung als Einkommen ausgenommen. Die Verwendung zur Schuldentilgung stehe der bedarfsmindernden Berücksichtigung der Rentennachzahlung nicht entgegen. Offene Schulden seien nicht vom Einkommen abzusetzen, Einkommen zuerst zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft einzusetzen. Auch habe das LSG im Beschluss über den einstweiligen Rechtsschutz auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30.07.2008 (BSG - B 14 AS 26/07 R) hingewiesen, wonach die Berücksichtigung des Einkommens davon unberührt bleibt, dass es der Kläger zur Tilgung eines vorher aufgebauten Überziehungskredits oder einer geduldeten Überziehung verwendet. Daran könne eine Vereinbarung mit der Bank nichts ändern, wonach die erwartete Rentenzahlung für den Ausgleich des Kontos verwendet werden müsse. Eine wirksame Vereinbarung dieser Art sei schon mangels Schriftform gemäß § 505, 492 BGB nicht ersichtlich und wäre auch nach § 55 Abs. 1 SGB I in Verbindung mit § 394 BGB unwirksam (Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2011, L 13 AS 628/11 ER-B). Die Zahlung könne auch durch eine solche Vereinbarung nicht zu zweckbestimmtem Einkommen werden. Den Zweck bestimme nicht der Empfänger. Die Rentenzahlung diene dem Lebensunterhalt und damit dem gleichen Zweck wie die Leistungen nach dem SGB II. Zudem sei die Aufrechnung durch die Bank für 14 Tage ausgeschlossen gewesen (§ 55 Abs. 1 SGB I iVm § 394 BGB; vgl. Kasseler Kommentar § 55 SGB I Rn. 10 mwN.), weshalb ein Zugriff auf eingegangene Sozialleistungen immer möglich gewesen sei. Die Rentennachzahlung könne auch für den Zeitraum ab 01.08.2010 berücksichtigt werden. Einmaliges Einkommen sei auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen und im Regelfall nicht vollständig auf die monatliche Leistung vorzunehmen. Berechnungsfehler hinsichtlich der verbliebenen Leistungshöhe seien nicht ersichtlich. Auch die Anrechnung der Rentennachzahlung beim Kläger sei rechtmäßig, da er mit der Klägerin eine Bedarfsgemeinschaft bilde. Einkommen und Vermögen des Partners seien gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II zu berücksichtigen. § 34a SGB II sei vorliegend nicht einschlägig, da der Anwendungsbereich nur eröffnet sei, wenn der Grundsicherungsträger über einen originären, eigenständigen Anspruch gegenüber einem anderen Sozialleistungsträger verfüge. Die Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X für August 2010 seien je in Höhe von 184,54 EUR sowohl für den Kläger als für die Klägerin gegeben. Danach seien bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Fehler in der Berechnung der Rückforderung seien nicht erkennbar.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Kläger gegen Empfangsbekenntnis am 01.06.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 01.07.2011 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt und an der Auffassung festgehalten, dass das durch die Verrechnung des Überziehungskredits verbrauchte Geld nicht weiter zu berücksichtigen sei. Jedenfalls stehe das Geld nach Ablauf der maßgeblichen Fristen nicht zur Existenzsicherung zur Verfügung und sei im Übrigen auch zur Bezahlung von Notwendigem für die Existenzsicherung, nämlich für rückständige Mieten verwandt worden. Unabhängig davon habe sich der allein bedürftige Kläger die Rentennachzahlung zugunsten der Klägerin nicht als Einkommen anrechnen lassen müssen. Die Beklagte habe versäumt einen Erstattungsanspruch geltend zu machen, der auf Grund von § 34a SGB II aF. nicht hätte berücksichtigt werden dürfen, weil sich nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift nur solche Leistungen als Aufwendungen des Trägers der Grundsicherung darstellten, die dem Lebenspartner oder dem nicht getrennt lebenden Ehegatten erbracht wurden. Die Ansprüche des nichtehelichen Lebenspartners habe der Gesetzgeber schützen wollen. Dies werde unterlaufen, wenn diese dann später beim Bedürftigen der Bedarfsgemeinschaft als Einkommen angerechnet werden dürften.
Die Kläger beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Mai 2011 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 15. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2010 abzuändern und den Klägern im Zeitraum vom 1. August bis 31. Dezember 2010 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne Anrechnung der Rentennachzahlung in Höhe von 206,38 EUR monatlich als Einkommen zu gewähren sowie die Bescheide vom 15. Oktober 2010 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 9. Dezember 2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 13.02.2012 und vom 01.03.2012 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge und die Akte des SG S 17 AS 5531/10 ER Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg.
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Anfechtungs- und Leistungsklagen zu Recht abgewiesen. Die Bescheide des Beklagten vom 15.10.2010 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 01.12.2010 und vom 09.12.2010 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten.
Das SG hat unter Darlegung der zutreffenden Rechtsnormen sowie unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG verbunden mit einer rechtsfehlerfreien Subsumtion zutreffend entschieden, dass die Kläger keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.08.2010 bis 31.12.2010 haben. Ebenso sind die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidungen des Beklagten für den Monat August 2010 nicht zu beanstanden. Der Senat sieht deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
In Bezug auf das Vorbringen im Berufungsverfahren ist nochmals Folgendes auszuführen:
Sofern die Kläger einwenden, dass ihnen die Rentennachzahlung durch die Verrechnung mit Schulden auf dem Girokonto nicht zur Verfügung gestanden habe, hat bereits das SG darauf hingewiesen, dass diese Frage durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als entschieden anzusehen ist. In Bezug auf einen Überziehungskredit - nichts anderes kann für Schulden auf einem Girokonto gelten - ist geklärt, dass der Geldzufluss trotz Rückführung des Kredits als Einkommen zu berücksichtigen bleibt. Insoweit handelt es sich lediglich um eine bestimmte Form der Einkommensverwendung. Das Geld verliert hierdurch nicht seinen Charakter als Einkommen (BSG, Urteil vom 30.07.2008 - B 14 AS 26/07 R, über juris Rn.25). Welche Möglichkeiten die Kläger gehabt hätten, eine Verrechnung auf dem Girokonto zu vermeiden, hat das LSG Baden-Württemberg bereits in dem Beschluss vom 25.02.2011 die Kläger betreffend dargestellt (L 13 AS 628/11 ER-B). Hierauf wird ergänzend Bezug genommen. Die Rentennachzahlung stand damit grundsätzlich als "bereite Mittel" zur Bedarfsdeckung zur Verfügung (vgl. hierzu für den Fall der Pfändung: BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 KG 1/10 R, SozR 4-5870 § 6a Nr. 2, juris Rn. 23). Unerheblich ist, dass die Kläger das nach der Verrechnung mit dem negativen Saldo gebliebene restliche Geld zur Bezahlung rückständiger Mieten verwandt haben wollen. Die Sicherung des Lebensunterhalts geht der Schuldentilgung grundsätzlich vor (vgl. BSG, Urteil vom 06.10.2011 - B 14 AS 152/10 R - juris Rn. 23).
Auch musste sich der "allein bedürftige" Kläger die Rentennachzahlung an seine Lebensgefährtin anrechnen lassen. Rentennachzahlungen sind erzieltes Einkommen (BSG, Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R). Als solches sind sie in der Bedarfsgemeinschaft auch zu berücksichtigen. Einkommen und Vermögen der Partner sind wechselseitig beim jeweils anderen zu berücksichtigen (Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 9 Rn. 25).
Aus § 34a SGB II aF (idF. des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006, gültig bis 31.03.2011) können die Kläger nichts für sie Günstiges herleiten. Danach konnte zwar der Grundsicherungsträger auch Ersatz für die Aufwendungen verlangen, die für den nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner des Hilfebedürftigen sowie an dessen unverheiratete Kinder unter 25 Jahren geleistet wurden, sofern er über einen originären, eigenständigen Anspruch gegen einen Dritten verfügte. Hierunter fallen etwa die Erstattungsansprüche nach §§ 103, 104 SGB X, die der Beklagte grundsätzlich gegenüber dem Rentenversicherungsträger haben kann. Nicht erwähnt ist in der Vorschrift allerdings der eheähnliche Partner, wie im Fall des Klägers. Es war umstritten, ob die Vorschrift auf den eheähnlichen Partner in einer Bedarfsgemeinschaft ausgeweitet werden kann (bejahend: Link in Eicher Spellbrink aaO, § 34a Rn. 22; ablehnend, weil als gewollt anzusehen, allerdings mit verfassungsrechtlichen Bedenken: Grote-Seifert in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 34a, Rn. 15 f, jeweils mit wNw.). Insbesondere im Hinblick auf das aus Art. 6 GG abzuleitende Verbot, die eheliche Lebensgemeinschaft schlechter zu behandeln als eine eheähnliche, begegnet die abweichende Behandlung von Ehegatten und Lebenspartnern gegenüber eheähnlichen bzw. partnerschaftsähnlichen Partnern bei Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft einerseits und Heranziehung zu Erstattungsansprüchen andererseits erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Bundessozialgericht hat deshalb die im Wesentlichen identische Vorgängerregelung in § 140 BSHG ausdrücklich auch auf Partner eheähnlicher Gemeinschaften angewandt (BSG, Urteil vom 08.08.1990 - 11 RAr 79/88 - über juris Leitsatz Nr. 3). Von daher ist es abwegig hieraus im Umkehrschluss einen Schutzgedanken für die nichteheliche Lebensgemeinschaft der Kläger herzuleiten.
Im Übrigen besteht für Leistungsträger keine Verpflichtung Erstattungsansprüche geltend zu machen. Bei der Erstattung handelt es sich vielmehr um die sicherste von unter Umständen verschiedenen Möglichkeiten, über einen finanzkräftigen Schuldner und in einer Summe an den zu erstattenden Geldbetrag zu gelangen, was bei der Geltendmachung gegenüber dem Leistungsempfänger der Grundsicherung eher fraglich erscheint. Dem Beklagten steht es frei, die Rentennachzahlung entweder als Einkommen verteilt über mehrere Monate bei der Leistungsgewährung gegenüber den Leistungsempfängern zu berücksichtigen oder ggf. einen Erstattungsanspruch gegen einen anderen Leistungsträger geltend zu machen. Eine entgegenstehende Norm ist nicht ersichtlich. Dass der Beklagte vorliegend die erste Variante gewählt hat, macht geradezu vor dem Hintergrund Sinn, dass die Klägerin im Rechtsstreit gegen den Rentenversicherungsträger wegen der Erfüllung eines Erstattungsanspruchs des Beklagten die weitere Auszahlung einer Rentennachzahlung für einen vorangegangenen Zeitraum erwirkt hat und das SG dort § 34a SGB II nicht als auf den nichtehelichen Partner anwendbar angesehen hat (Urteil vom 12.07.2011 - S 9 R 3434/09). Somit ist das Bestehen und die Durchsetzung eines Erstattungsanspruchs zumindest zweifelhaft.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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