L 12 AS 1795/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AS 2926/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 1795/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. März 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über eine Absenkung des Regelbedarfs nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Zeitraum 1. April bis 30. Juni 2011.

Die 1960 geborene Klägerin bezieht seit 2007 vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2011 wurden ihr Leistungen in Höhe von 650,53 EUR monatlich bewilligt (Bescheid vom 18. Januar 2011). Bei einer persönlichen Vorsprache am 18. Januar 2011 lehnte die Klägerin den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung ab. Mit Bescheid vom gleichen Tag erließ der Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt. Hierin war festgelegt, dass die Klägerin am 6-monatigen Projekt F. - Aktivierung für Frauen - teilnehmen solle. Ein Informationsblatt dazu wurde der Klägerin ausgehändigt. Der Verwaltungsakt enthielt folgende Rechtsfolgenbelehrung: "Wenn der Arbeitsuchende eine Maßnahme/ein Angebot der K. (kommunale Arbeitsförderung O. - Jobcenter) zur Förderung der beruflichen Eingliederung nicht antritt, abbricht oder durch sein Verhalten Anlass zur Beendigung durch den Maßnahmeträger gibt oder wenn der Arbeitsuchende eine Verpflichtung aus der Eingliederungsvereinbarung nicht einhält, erfolgt eine Kürzung des Arbeitslosengelds II. Bei einer ersten Pflichtverletzung beträgt die Kürzung des Arbeitslosengelds II 30% des Regelsatzes. Absenkung und Wegfall der Leistung dauern jeweils drei Monate. Der Sanktionszeitraum beginnt mit dem Kalendermonat, der auf das Wirksamwerden des Bescheids über die Absenkung oder den Wegfall der Leistung folgt. " Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2011 zurückgewiesen wurde. Die hiergegen zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage (S 10 AS 1789/11) nahm die Klägerin am 25. Mai 2011 wieder zurück.

Am 1. Februar 2011 wurde die Klägerin zur Maßnahme F. eingeladen, beginnend ab 7. Februar 2011 8:30 Uhr unter Hinweis auf die Teilnahmepflicht und Beifügung einer erneuten Rechtsfolgenbelehrung. Die Klägerin erschien unentschuldigt nicht und teilte im Rahmen eines nachfolgenden Anhörungsverfahrens unter Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit, sie sei vom 7. bis 11. Februar 2011 krank gewesen. Der Beklagte lud die Klägerin erneut zur Maßnahme ein, beginnend ab 15. Februar 2011 8:30 Uhr (Schreiben vom 10. Februar 2011). Die Klägerin äußerte, keinen Sinn in der Maßnahme zu sehen, Probearbeiten für illegal und eine Verschwendung von Steuergeldern zu halten. Zudem machte sie zur Bedingung, dass ihre umfangreichen Fragen zur Maßnahme schriftlich beantwortet würden, bevor sie sich für die Teilnahme an der Maßnahme entscheiden könne. Der Beklagte räumte der Klägerin eine Überlegungsfrist bis 21. Februar 2011 ein und hielt den Platz in der Maßnahme solange frei. Auch am 21. Februar 2011 erschien die Klägerin nicht zur Maßnahme.

Am 22. März 2011 erließ der Beklagte nach vorheriger Anhörung einen Sanktionsbescheid, hob den Bewilligungsbescheid vom 18. Januar 2011 teilweise auf und kürzte die Regelleistung für die Zeit vom 1. April bis 30. Juni 2011 um 30%, monatlich um 109,20 EUR. Die Sanktion stützte er auf § 31 Abs. 1 Nr. 1 b SGB II wegen unterlassener Teilnahme an der Maßnahme F ... Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und beantragte beim SG einstweiligen Rechtsschutz, welcher erfolglos blieb (Beschluss des SG vom 13. April 2011 - S 10 AS 1625/11 ER). Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 2011 zurück.

Hiergegen richtet sich die am 6. Juni 2011 zum SG erhobene Klage. Die Klägerin ist der Auffassung, die Sanktionsentscheidung sei mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b SGB II sanktioniere nach dem Wortlaut nur Verstöße gegen die Pflichten aus einer Eingliederungsvereinbarung, nicht aus einem ersetzenden Verwaltungsakt (unter Hinweis auf Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. Juli 2009 - L 19 B 140/09 ER; LSG Hessen, Beschluss vom 9. Februar 2007 - L 7 AS 288/06 ER). Zwar sei die Gesetzeslücke zum 1. April 2011 geschlossen worden, vorliegend gelte jedoch das alte Recht.

Mit Urteil vom 15. März 2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Absenkung des Arbeitslosengelds II für die Zeit vom 1. April bis 30. Juni 2011 um monatlich 109,20 EUR sei nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage sei § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c SGB II, welcher lex specialis zu Nr. 1 b sei. Die Klägerin habe den Sanktionstatbestand verwirklicht, weil sie entgegen der sich aus der Eingliederungsvereinbarung vom 18. Januar 2011 ergebenden Verpflichtung nicht an der Maßnahme F. teilgenommen habe. Dem stehe nicht entgegen, dass diese Verpflichtung im Rahmen einer durch Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II erlassenen Eingliederungsvereinbarung auferlegt worden sei. Es seien keine Gründe ersichtlich, warum ein Verstoß gegen Pflichten aus einer Eingliederungsvereinbarung, die per Verwaltungsakt inhaltsgleich festgesetzt worden sei, nicht von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c SGB II erfasst sein sollte. Eine Beschränkung auf Eingliederungsvereinbarungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II privilegiere die Hilfebedürftigen, die den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung verweigerten, denn dieser Personenkreis habe nicht mit einer Sanktionierung wegen der Weigerung des Nichtabschlusses einer Eingliederungsvereinbarung zu rechnen, allenfalls mit dem Abschluss eines Eingliederungsverwaltungsakts. Eine Sanktionierung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 b und 1 c SGB II wäre gleichfalls ausgeschlossen, folgte man der Auffassung, dass eine Absenkung nur bei Eingliederungsvereinbarungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II möglich sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bestehe kein Vorrang der Eingliederungsvereinbarung gegenüber dem Verwaltungsakt, vielmehr ergebe sich aus Entstehungsgeschichte, systematischem Zusammenhang sowie Sinn und Zweck von § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II, dass dem Grundsicherungsträger die Alternative des Erlasses eines Verwaltungsakts schon dann zustehe, wenn ihm dies als der besser geeignete Weg erscheine. Letztlich zeige auch die mit Wirkung zum 1. April 2011 vorgenommene Änderung des § 31 SGB II, dass der Gesetzgeber nur von einer Klarstellung ausgegangen sei, dass bei einem Verstoß gegen die in einem Verwaltungsakt festgelegten Pflichten die gleichen Rechtsfolgen eintreten wie bei einem Verstoß gegen die in einer Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten. Die angebotene Maßnahme sei der Klägerin zumutbar gewesen, da sie darauf ausgerichtet gewesen sei, die Chancen der Integration in den Arbeitsmarkt zu erhöhen. Die eher politisch bedingten Einwände gegen die Maßnahme als solche stellten keinen wichtigen Grund dar, die Klägerin sei über die Rechtsfolgen des § 31 Abs. 1 SGB II ausreichend belehrt worden.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 28. März 2012 zugestellte Urteil richtet sich die vom SG zugelassene Berufung der Klägerin vom 27. April 2012. Die Klägerin ist weiter der Auffassung, dass der Wortlaut des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b SGB II nur Verstöße gegen Pflichten aus einer Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II sanktioniere. Trotz der vorliegenden obergerichtlichen Rechtsprechung (unter Hinweis auf LSG Nordrhein-Westfalen und LSG Hessen, a.a.O.) habe das SG in dieser Rechtsfrage anders entschieden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. März 2012 und den Bescheid des Beklagten vom 22. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Mai 2011 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er nimmt Bezug auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat nach erteiltem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, da das SG die Berufung zugelassen hat. Der Senat ist hieran gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG). Die Berufung ist in der Sache jedoch nicht begründet, denn der Klägerin stehen im hier streitigen Zeitraum nur abgesenkte Leistungen nach dem SGB II zu.

Streitgegenstand sind die von der Klägerin begehrten Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. April bis 30. Juni 2011. Insoweit ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärt, dass ein Sanktionsereignis bzw. ein Sanktionsbescheid gemäß § 31 SGB II keinen abtrennbaren Streitgegenstand darstellt, der isoliert von den übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II überprüft werden kann (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-4200 § 16 Nr. 4 = BSGE 102, 201; BSG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - B 14 AS 92/09 R - Juris).

Die Anfechtungsklage der Klägerin gemäß § 54 Abs. 1 SGG (vgl. BSGE 105, 194 = SozR 4-4200 § 31 Nr. 2) richtet sich darauf, für den hier streitigen Zeitraum nicht abgesenkte Leistungen zu erhalten, wie sie mit Bescheid vom 18. Januar 2011 in Höhe von 650,53 EUR bereits bewilligt worden waren. Der Beklagte hat den Absenkungsbescheid vom 22. März 2011 insoweit zutreffend auf § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gestützt. Nach § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Eintritt vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine solche Änderung ist (mit Wirkung für die Zukunft) eingetreten, wenn die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 SGB II für die Absenkung des Arbeitlosengelds II vorgelegen haben (vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 2010, a.a.O.). Dies ist hier der Fall.

Die Klägerin erfüllt als im streitigen Zeitraum 50-jährige, erwerbsfähige, hilfebedürftige Person mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich die Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

Der Sanktionsbescheid war inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 SGB X). Das Bestimmtheitserfordernis - eine materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung - verlangt, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten. Mithin muss aus dem Verfügungssatz für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will. Insoweit kommt dem Verfügungssatz des Verwaltungsakts Klarstellungsfunktion zu (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 46 S. 384 m.w.N.). Unbestimmt i.S.v. § 33 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt nur dann, wenn sein Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich nicht widerspruchsfrei ist und der davon Betroffene bei Zugrundelegung der Verständnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers nicht in der Lage ist, sein Verhalten daran auszurichten (vgl. BSG SozR 3-4100 § 242q Nr. 1; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 46). Nach diesen Maßstäben war der Sanktionsbescheid hinreichend bestimmt, denn die Klägerin konnte ihm ohne weiteres die Höhe der monatlichen Kürzung des Arbeitslosengelds II im Zeitraum April bis Juni 2011 entnehmen.

Maßgebend ist vorliegend gemäß § 77 Abs. 12 SGB II § 31 SGB II in der bis 31. März 2011 geltenden Fassung. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II wird das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 30 v.H. der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, (Nr. 1 b) in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen, oder (Nr. 1 c) eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit, ein zumutbares Angebot nach § 15 a oder eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen. Die in § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c SGB II geregelte Sanktionierung der Weigerung, eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder fortzusetzen, überschneidet sich mit dem bereits in § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b SGB II erfassten Verstoß gegen die Eingliederungsvereinbarung und geht als speziellere Regelung vor (vgl. Berlit, LPK-SGB II, 3. Aufl., § 31 Rdnr. 32).

Die Klägerin hat sich vorliegend geweigert, der in dem Eingliederungsverwaltungsakt geregelten Verpflichtung zur Teilnahme an der Maßnahme F. nachzukommen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c SGB II). Weigern bedeutet regelmäßig die vorsätzliche, ausdrückliche oder stillschweigende, schriftlich, mündlich oder in anderer Weise zum Ausdruck gebrachte fehlende Bereitschaft, sich an die durch das Gesetz auferlegte Pflicht zu halten. Die Aufnahme der Tätigkeit kann mithin auch durch konkludentes Verhalten verweigert werden (vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 2010, a.a.O.). Die Klägerin hat bereits im Februar 2011 in mehreren E-Mails unmissverständlich deutlich gemacht, dass sie die Maßnahme nicht für sinnvoll erachte, entsprechend ist sie auch nicht erschienen. Damit liegt eine Weigerung i.S.v. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c SGB II vor. Zu der Rechtsfrage, ob § 31 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 b und 1 c SGB II (in der bis 31. März 2011 geltenden, hier anzuwenden Fassung) auch die Sanktionierung von Pflichtverletzungen aus einem Eingliederungsverwaltungsakt regelt, hat sich der Senat mit seinem Urteil vom 23. März 2012 (- L 12 AS 3569/11 - Juris) bereits geäußert. In dieser Entscheidung hat der Senat folgendes ausgeführt:

"Bei beiden Varianten stellt sich indes die Frage, ob die Sanktionsregelungen auch auf einen Eingliederungsverwaltungsakt anzuwenden sind. Insoweit teilt der Senat die Rechtsauffassung des SG. Die Eingliederungsvereinbarung, an die der Wortlaut des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b und 1 c SGB II anknüpft, ist in § 15 SGB II geregelt. Danach soll die Agentur für Arbeit im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die für seine Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren (Eingliederungsvereinbarung, Satz 1 der Vorschrift). Nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II sollen die in § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II vorgesehenen inhaltlichen Regelungen durch Verwaltungsakt erfolgen, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt. Das BSG hat hierzu ausgeführt, dass es sich bei § 15 Abs. 1 SGB II um eine reine Verfahrensvorschrift handele; der Grundsicherungsträger treffe eine nicht justiziable Opportunitätsentscheidung darüber, welchen Verfahrensweg er zur Erfüllung des Ziels der Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wähle, ohne dass dieser einen Rechtsverlust erleide. Nach Wortlaut, Gesetzesbegründung, systematischem Zusammenhang sowie Sinn und Zweck von § 15 Abs. 1 SGB II seien der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung einerseits und der Erlass eines ersetzenden Verwaltungsakts zwei grundsätzlich gleichwertige Wege. Dabei stehe dem Grundsicherungsträger die Alternative des Erlasses eines Verwaltungsakts schon dann zu, wenn ihm dies als der besser geeignete Weg erscheine (vgl. BSG SozR 4-4200 § 15 Nr. 1 = BSGE 104, 185). Der Senat folgt diesen Ausführungen. Aus der Gleichstellung von Eingliederungsvereinbarung und -verwaltungsakt folgt jedoch, dass dann auch die Sanktionsregelungen der Nrn. 1 b und 1 c in § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II unabhängig davon greifen, ob eine Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II vorliegt - worauf sich der Wortlaut begrifflich bezieht - oder ein Eingliederungsverwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II (ebenso Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl., § 31 Rdnr. 28; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 15 Rdnr. 14; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Mai 2010 - L 12 AS 600/10 B ER -; a.A. Hessisches LSG, Beschluss vom 9. Februar 2007 - L 7 AS 288/06 ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. Juli 2009 - L 19 B 140/09 AS ER -; Bayerisches LSG, Beschluss vom 18. Mai 2010 - L 11 AS 298/10 NZB - (alle juris); Rixen in Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 31 Rdnr. 13a; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, § 31 Rdnr. 34). Denn wenn die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt als gleichwertige Handlungsform neben dem öffentlich-rechtlichen Vertrag gesehen wird, lässt sich nicht begründen, dass sich bei gleichwertigen Handlungsmöglichkeiten unterschiedliche Rechtsfolgen ergäben und der Verstoß gegen eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt dann nicht sanktionierbar wäre (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Mai 2010 - L 12 AS 600/10 B ER - (juris)). Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf Eingliederungsverwaltungsakte ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass es sich um eine Sanktion handelt, denn insoweit handelt es sich bei der Absenkung nicht um eine Kriminalstrafe, für die das Verbot strafbegründender oder strafverschärfender Analogien (vgl. Bundesverfassungsgericht, NJW 2005, 642) zu beachten ist. Schließlich wird die hier vertretene Auffassung auch dadurch bestätigt, dass der Gesetzgeber inzwischen klarstellend - so die Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 17/3404 S. 111) - geregelt hat, dass bei einem Verstoß gegen die im Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II festgelegten Pflichten die gleichen Rechtsfolgen eintreten wie bei einem Verstoß gegen die in einer Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der ab 1. April 2011 geltenden Fassung - BGBl. 2011 I S. 453, neugefasst durch Bek. v. 13. Mai 2011 - BGBl. I S. 850)."

Neue Aspekte, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, enthält der Vortrag der Klägerin insoweit nicht.

Auch wenn der Eingliederungsverwaltungsakt bestandskräftig geworden ist, muss seine Rechtmäßigkeit jedenfalls dann gemäß § 40 SGB II i.V.m. § 44 SGB X im Verfahren betreffend den Absenkungsbescheid mit geprüft werden, wenn sich der Hilfebedürftige gegen den Absenkungsbescheid durch Vorbringen von Argumenten gegen die Rechtmäßigkeit des ersetzenden Verwaltungsakts wehrt (vgl. BSG zur Überprüfung des ersten Sperrzeitbescheids bei Streit um Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld infolge einer zweiten Sperrzeit - SozR 3-4100 § 119 Nr. 23). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, denn die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsakts wurde in einem gesonderten Verwaltungsverfahren überprüft, welches mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2011, der nach Rücknahme der dagegen erhobenen Klage (S 10 AS 1789/11) bestandskräftig geworden ist, abgeschlossen war. In der Folgezeit hat sich die Klägerin nur noch mit der rechtlichen Argumentation geäußert, dass die Verletzung von Pflichten aus einem Eingliederungsverwaltungsakt keine Sanktion nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II auslösen könne. Ein - ggf. auch konkludent gestellter - Antrag nach § 44 SGB X kann daher nicht angenommen werden. Ob darüber hinaus stets bei einem bestandskräftigen Eingliederungsverwaltungsakt die Rechtmäßigkeit der getroffenen Regelungen inzident zu überprüfen ist (so Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl., § 31 Rdnr. 19) kann hier dahin stehen, denn an der Rechtmäßigkeit des Eingliederungsbescheids bestehen keinerlei Zweifel. Die geregelten Inhalte entsprechen § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II und sind sowohl hinsichtlich der vorgesehenen Leistungen als auch der durch die Klägerin zu erbringenden Bemühungen hinreichend konkret (vgl. Sonnhoff in juris-PK, 3. Aufl. 2012, § 15 Rdnr. 51 ff.). Soweit der Klägerin kostenträchtige Eingliederungsbemühungen aufgegeben werden, ist auch eine entsprechende Finanzierung durch den Beklagten vorgesehen, etwa durch Übernahme von Fahrkosten (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl., § 15 Rdnr. 29).

Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Zumutbarkeit der Maßnahme. Grundsätzlich ist der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen jede Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit zumutbar (§ 10 Abs. 1, 3 SGB II), insbesondere kann sie sich nicht darauf berufen, dass sie nicht ihrer früheren beruflichen Tätigkeit oder ihrer Ausbildung entspricht (§ 10 Abs. 2, 3 SGB II). Soweit die Klägerin der Maßnahme generell die Geeignetheit abspricht, kann dem nicht gefolgt werden, denn die Maßnahme war ausdrücklich für Frauen vorgesehen, deren Arbeitslosigkeit sich verfestigt hat und sollte u.a. durch zielgruppenspezifische Beratung im Gruppen- und Einzelcoaching, Integrationsprojekte und betriebliche Erprobung unter genauer Feststellung vermittlungshemmender Faktoren und Möglichkeiten, diese zu überwinden, zu einer Verbesserung der Vermittlungschancen auf dem 1. Arbeitsmarkt führen.

Die der Klägerin angebotene Maßnahme war mit einer ordnungsgemäßen Rechtsfolgenbelehrung versehen. Nach der Rechtsprechung des BSG setzt die Festsetzung von Sanktionen nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II voraus, dass der Hilfebedürftige über die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung konkret, verständlich, richtig und vollständig belehrt worden ist. Dabei muss die Belehrung zeitnah im Zusammenhang mit dem jeweils geforderten Verhalten erfolgen und dem Hilfebedürftigen in verständlicher Form erläutern, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen sich aus der Weigerung des geforderten Verhaltens für ihn ergeben, wenn für diese kein wichtiger Grund vorliegt (vgl. SozR 4-4200 § 31 Nr. 5 m.w.N. = BSGE 105, 297). Diesen Ausführungen genügt die im Eingliederungsverwaltungsakt enthaltene Rechtsfolgenbelehrung. Sie bezieht sich ausdrücklich auf die konkreten Rechtsfolgen bei Verstoß gegen die auferlegten Verpflichtungen. Die Klägerin konnte somit ohne weiteres die Konsequenzen der Verweigerung der Teilnahme an der Maßnahme erkennen.

Wichtige Gründe für die Weigerung der Teilnahme an der Maßnahme liegen nicht vor, insbesondere war die Klägerin nach dem 11. Februar 2011 nicht mehr arbeitsunfähig krank geschrieben. Anhaltspunkte für weitere berechtigte Interessen der Klägerin in Abwägung mit entgegen stehenden Belangen der Allgemeinheit sind nicht ersichtlich, hierzu hat die Klägerin auch nichts vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor. Da die hier streitige Rechtsfrage außer Kraft getretenes Recht betrifft und nicht ersichtlich ist, dass insoweit noch eine Vielzahl von Fällen zu entscheiden wäre (vgl. BSG SozR 1500 § 160a Nr. 19), vermag der Senat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zu erkennen.
Rechtskraft
Aus
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