L 7 AS 3369/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 2846/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 3369/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 6. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe der dem Kläger zu gewährenden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), einschließlich der in diesem Rahmen zu erbringenden Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung; vornehmlich sind Fragen formeller Art zu klären.

Der 1950 geborene, verheiratete Kläger bezog zuletzt bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe von der Beklagten. Seine 1953 geborene Ehefrau war ab dem 3. November 2003 durchgehend beim selben Arbeitgeber versicherungspflichtig beschäftigt. Das Ehepaar wohnte in K. Der am 1979 geborene Sohn studierte im Jahr 2005 in M.

Die durch Vertrag zwischen der Beklagten und der Stadt K. vom 17. Dezember 2004 unter der Bezeichnung J. Stadt K. (im Folgenden J.) gegründete gemeinsame Einrichtung nach § 44b SGB II bewilligte dem Kläger und seiner Ehefrau mit Bescheid vom 2. Februar 2005 Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005. Für den Kläger bestehe während des Leistungsbezuges Versicherungsschutz in der Kranken- und Pflegeversicherung als Familienversicherter. Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung würden für den Kläger sowie dessen Ehefrau gezahlt. Mit einem an die Bundesagentur für Arbeit gerichteten Widerspruch hiergegen machte der Kläger zunächst höhere Leistungen geltend. Falsch berechnet seien die "pauschalierten Zusatzzahlungen" (Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung) sowie die Werbungskosten beim Einkommen seiner Ehefrau. Darüber hinaus wandte er sich gegen die Behandlung als Familienversicherter; er sei eigenständig bei der Beigeladenen versichert, so dass für ihn entsprechende Beiträge an diese zu zahlen seien. Hingegen seien für seine Ehefrau keine Beiträge an die Rentenversicherung zu erbringen, da sie diese selbst leiste.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 2005 wies die Widerspruchsstelle des J. den Widerspruch als unbegründet zurück. Nachdem der Kläger geltend gemacht hatte, den Widerspruchsbescheid nicht erhalten zu haben, wurde ihm dieser mit Schreiben des Jobcenters vom 23. Juni 2005 übersandt und mittels Postzustellungsurkunde am 25. Juni 2005 zugestellt.

Am 25. Juli 2005 hat der Kläger wegen dieses Widerspruchsbescheides gegen die Bundesagentur für Arbeit Klage beim Sozialgericht K. (SG) erhoben (S 2 AS 2846/05).

Mit Bescheid vom 13. April 2005 hob das J. die Leistungsbewilligung ab dem 1. März 2005 auf. Dem dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers (wiederum adressiert an die Beklagte) half das J. mit Bescheid vom 22. Juli 2005 ab und gewährte mit Bescheid vom selben Tag Leistungen für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005. Mit weiterem Bescheid vom 22. Juli 2005 bewilligte er Alg II auch für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2005. Gegen diese Bescheide wurde wiederum Widerspruch eingelegt. Mit Änderungsbescheid vom 11. November 2005 erhöhte das J. die Leistung wegen Wegfalls des angerechneten Kindergeldes ab dem 1. August 2005. Dem dagegen eingelegten Widerspruch half das J. durch Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2005 für Juli 2005 ab und wies ihn für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 2005 als unbegründet zurück. Der Widerspruch gegen die Bescheide vom 22. Juli 2005 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2005 als unbegründet zurückgewiesen.

Am 16. Januar 2006 hat der Kläger wegen dieser Widerspruchsbescheide gegen die Bundesagentur für Arbeit Klage beim SG erhoben (S 2 AS 283/06). Mit Beschluss vom 30. Januar 2006 hat das SG beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem älteren Aktenzeichen verbunden und mit Beschluss vom 13. Dezember 2007 die AOK Baden-Württemberg zum Verfahren beigeladen. Weitere Anträge und Klageerweiterungen des Klägers gegen Bewilligungs- und Widerspruchsbescheide für Folgezeiträume sind vom SG als eigenständige Verfahren erfasst worden (S 2 AS 4514/06, AS 5409/07 und AS 5752/07). Im vorliegenden Verfahren hat das SG auf Beklagtenseite zunächst das Jobcenter geführt, das auch selbst darauf hingewiesen hat, dass sich die Klagen gegen ihn richten müssten. Der Kläger hat hingegen an der Bundesagentur für Arbeit als Klagegegnerin festgehalten und betont, das Jobcenter nicht verklagt zu haben; dieses sei als unselbständiger und untergeordneter Teil ("Tochtergesellschaft") indirekt mitverklagt (Schreiben vom 15. März 2007, 6. Dezember 2007, 24. Mai 2008, 30. Juni 2008, Bl. 106/107, 155/156, 246/248 und 285/287 der SG-Akten). In der Sache hat er über sein bisheriges Vorbringen hinaus geltend gemacht, wegen Trennung ab dem 15. April 2005 keine Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau mehr zu bilden; gewährtes Kindergeld sei nicht anzurechnen. Den Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung hat er auf EUR 102.- monatlich beziffert. Mit Schreiben vom 24. Mai 2008 (Eingang beim SG am 27. Mai 2008) hat er die Klagen um das Begehren erweitert, die beklagte Bundesagentur für Arbeit zur Korrektur der an den Rentenversicherungsträger gemeldeten rentenrechtlichen Zeiten im Zeitraum vom 1. Mai 1987 bis 31. Dezember 2007 zu verurteilen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 28. Mai 2008 hat dieses den Kläger darauf hingewiesen, dass richtiger Beklagter das J. sei. Hierauf hat er erklärt: "Ich möchte nicht das Jobcenter Karlsruhe verklagen, sondern die Bundesagentur für Arbeit". Daraufhin ist das Rubrum durch Beschluss dahingehend geändert worden, dass Beklagte nicht das J. sondern die Bundesagentur für Arbeit sei, und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Im Schreiben vom 28. Mai 2008 (Eingang beim SG am 3. Juni 2008) hat der Kläger ausgeführt, die Bundesagentur für Arbeit sei als Hauptträger der Leistungen des Alg II nach dem SGB II zu Recht Beklagte; das Jobcenter sei automatisch mitverklagt. Er sei seit dem 1. Januar 2005 nie darüber informiert worden, dass sich die Zuständigkeit geändert habe. Die "Adressierung" seiner Klage richte sich zu Recht gegen den Hauptträger, die Bundesagentur für Arbeit, und sei von ihm nie geändert worden. Vielmehr habe das SG eigenmächtig und rechtswidrig eine Umstellung auf das Jobcenter vorgenommen. Darüber hinaus hat er erklärt, die Klage um den Änderungsbescheid des Jobcenters vom 17. Mai 2008 (Zeitraum vom 1. Juli bis 31. August 2008) zu erweitern. Auf Bl. 258/260 der SG-Akten wird ergänzend Bezug genommen. Die beklagte Bundesagentur für Arbeit hat eingewandt, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des SGB II sei zwischen der Agentur für Arbeit und der Stadt Karlsruhe eine Arbeitsgemeinschaft i.S.d. § 44b SGB II (Jobcenter Stadt Karlsruhe) errichtet worden, die verbindlich die Aufgaben der Agentur für Arbeit als Leistungsträger nach dem SGB II wahrzunehmen habe. Die Bundesagentur für Arbeit könne hinsichtlich dieser vom Jobcenter wahrzunehmenden Aufgaben und der von dort erlassenen Bescheide nicht Beklagte eines sozialgerichtlichen Verfahrens sein. Eine Einwilligung zur Klageänderung bzw. Klageerweiterung erfolge nicht.

Mit Gerichtsbescheid vom 6. Juni 2008 hat das SG die "Klage" abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, die Klageerweiterungen vom 27. Mai und 3. Juni 2008 seien mangels Sachdienlichkeit und Einwilligung der übrigen Beteiligten unzulässig. Gegenstand des Verfahrens sei nur der Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2005. Die Klage habe schon mangels Passivlegitimation der Beklagten keinen Erfolg. Der Kläger habe diese im gesamten Verfahren schriftlich und auch ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung nur gegen die Bundesagentur für Arbeit gerichtet. Die Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB II obliege jedoch dem Jobcenter, das insoweit im sozialgerichtlichen Verfahren beteiligtenfähig und auch richtiger Klagegegner sei. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der gesetzgeberische Auftrag zur Bildung solcher Arbeitsgemeinschaften nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 83 des Grundgesetzes unvereinbar sei. Darüber hinaus seien auch alle vom Kläger angefochtenen Bescheide vom Jobcenter erlassen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheids Bezug genommen.

Gegen diesen ihm mittels Postzustellungsurkunde am 10. Juni 2008 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 8. Juli 2008 beim SG eingegangene Berufung des Klägers. Zu deren Begründung hat er ausgeführt, die Bundesagentur für Arbeit sei gem. § 6 SGB II Träger der Grundsicherung, das Jobcenter sei ein organisatorischer Teil ("Tochtergesellschaft") hiervon. Über einen Wechsel der Zuständigkeit oder die Eigenständigkeit des Jobcenters sei er nie informiert worden. Vielmehr sei er auch im Jahr 2005 noch von der Agentur für Arbeit in SGB II-Angelegenheiten angeschrieben worden, nämlich mit Schreiben vom 19. Januar und 29. März 2005, letzteres mit einer Einladung zu einem Meldetermin am 13. April 2005. Daraus ergebe sich, dass das Jobcenter damals noch nicht existiert habe. Der Bewilligungsbescheid vom 2. Februar 2005 sei von einem Mitarbeiter der Beklagten erlassen worden, deren Adresse auch angegeben sei. Sein Widerspruch sei gegen die Bundesagentur für Arbeit gerichtet gewesen und von dort auch weitergeleitet und bearbeitet worden. Der Widerspruchsbescheid vom 12. April 2005 sei mit einem Dienstsiegel der Bundesagentur für Arbeit versehen. Daher habe er logischerweise die Bundesagentur für Arbeit - weiterhin - verklagen müssen. Diese "Adressierung" der Klagen sei geblieben, die angebliche Änderung habe seitens des Klägers nicht stattgefunden. Zu Unrecht habe das SG darüber hinaus die Folgezeiträume vom 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2008 nicht miteinbezogen. In der Sache hat er sein bisheriges Begehren - die Leistungen seien ohne die Anrechnung des Kindergeldes i.H.v. EUR 154.- monatlich und unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung i.H.v. EUR 102.- monatlich zu gewähren, ab dem 15. April 2005 zusätzlich ohne Zugrundelegen einer Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau - vollständig weiterverfolgt. Darüber hinaus hat der Kläger im Verfahren mehrmals einen Antrag auf Einsicht in die Behördenakten der Bundesagentur für Arbeit gestellt, die dort zu seinen Anträgen auf Alg II-Leistungen ab dem 1. Januar 2005 geführt würden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 6. Juni 2008 aufzuheben und die Beklagte

1. unter Abänderung des Bescheides vom 2. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. Juli 2005 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu gewähren,

2. unter Abänderung des Bescheides vom 22. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2005 sowie des Änderungsbescheides vom 11. November 2005 in der Gestalt des Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2005 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2005 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu gewähren,

3. unter Abänderung des Bescheides vom 17. Mai 2008 sowie weiterer entgegenstehender Bescheide zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2008 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu gewähren,

4. zu verurteilen, ab dem 1. Januar 2005 für ihn Pflichtbeiträge für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen,

5. zu verurteilen, die Zahlung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung für seine Ehefrau zu unterlassen und

6. zur Korrektur der dem Rentenversicherungsträger gemeldeten rentenrechtlichen Zeiten vom 1. Mai 1987 bis zum 31. Dezember 2007 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Das Jobcenter für den Stadtkreis Karlsruhe sei zum 1. Januar 2005 gegründet worden. Auf Nachfrage des Senats hat sie mitgeteilt, dass bei ihr keine die Gewährung von SGB II-Leistungen betreffenden Aktenteile vorhanden seien. Nach ihren Daten sei als BG-Nummer nur die des Jobcenters aufgeführt.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Wegen des am 26. März 2009 durchgeführten Erörterungstermins wird auf den Inhalt der hierüber gefertigten Niederschrift verwiesen. Mit Schreiben vom selben Tag ist dem Kläger die Einsicht in die Verfahrensakten des SG und des Senats angeboten worden. Dabei ist darauf hingewiesen worden, dass Behördenakten der Beklagten nicht vorgelegt worden seien und für den Kläger die Möglichkeit bestehe, die Verwaltungsakten des im Verfahren nicht beteiligten Jobcenters bei diesem einzusehen. Ein entsprechender Hinweis ist nochmals unter dem 8. Mai 2009 ergangen. Die Möglichkeit zur Einsicht in die Gerichtsakten hat der Kläger nicht wahrgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten des SG (S 2 AS 2846/05 und S 2 AS 283/06) und des Senats sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 27. September 2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Trotz Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Senat verhandeln und entscheiden können, denn der ausweislich der Postzustellungsurkunde ordnungsgemäß am 7. September 2012 vom Termin benachrichtigte Kläger war in der Terminsbestimmung vom 4. September 2012 auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)). Der von seinem Sohn in seinem Auftrag gestellte Antrag auf Terminsverlegung vom 21. September 2012 (Schreiben vom 17. September 2012) steht dem nicht entgegen. Nach § 202 SGG i.V.m. § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann ein Terminaus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht (1.) das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist; (2.) die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt; (3.) das Einvernehmen der Parteien allein. Ein erheblicher Grund in diesem Sinne lag auch unter Berücksichtigung der langen Verfahrensdauer nicht vor. Der Kläger hat geltend gemacht, er habe am Tag der mündlichen Verhandlung einen Termin zur Vorsprache beim Jobcenter und könne daher an der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht teilnehmen. Nachdem der Kläger der gerichtlichen Aufforderung, Belege über diesen Termin vorzulegen, nicht nachgekommen war, hat eine Nachfrage des Gerichts beim Jobcenter jedoch ergeben, dass der genannte Termin für die Zeit von 9.00 bis 9.30 Uhr angesetzt war. Der Kläger war danach ohne Weiteres in der Lage, den erst auf 14.00 Uhr angesetzten Termin vor dem Senat wahrzunehmen. Die Entfernung zwischen Karlsruhe und Stuttgart ist in der verbliebenen Zeit problemlos auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewältigen. Der Kläger wurde - da die Möglichkeit einer rechtzeitigen Mitteilung in Schriftform, per Telefon oder Telefax nicht bestand - mittels E-Mails vom 26. und 27. September 2012 davon in Kenntnis gesetzt, dass der Verhandlungstermin bestehen bleibt. Der Kläger musste daher davon ausgehen, dass der Senat entsprechend dem in der Terminsbestimmung erfolgten Hinweis verfährt.

Die gem. § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klage (richtig Klagen) zu Recht abgewiesen.

Streitgegenständlich ist im vorliegenden Verfahren zulässigerweise lediglich der Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2005, wovon bereits das SG zutreffend ausgegangen ist (zur ¬- erweiterten - Klage über die Meldung von Versicherungszeiten des Klägers an den Rentenversicherungsträger siehe unten). Die mit den verbundenen Klagen vom 25. Juli 2005 und 16. Januar 2006 angefochtenen Bescheide vom 2. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2005 sowie vom 22. Juli 2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11. November 2005 und in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13. und 14. Dezember 2005 regeln die Ansprüche des Klägers nach dem SGB II für die Zeiträume vom 1. Januar bis 30. Juni sowie vom 1. Juli bis 31. Dezember 2005. Bewilligungsbescheide für Folgezeiträume sind nicht gem. § 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetzes Gegenstand dieses Verfahrens geworden (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-4200 § 22 Nr. 1). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, denn die Folgebescheide greifen nicht in die zeitraumbezogene Regelung der hier angefochtenen Bescheide ein, sondern treffen eine eigene Entscheidung für einen neuen Zeitraum. Es fehlt daher an einem Abändern oder Ersetzen i.S.d. § 96 Abs. 1 SGG. Auch eine Einbeziehung als an den Anforderungen des § 99 Abs. 1 SGG zu messende Klageerweiterung kommt entgegen der Ansicht des Klägers nicht in Betracht. Danach ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Eine Einwilligung der beklagten Bundesagentur für Arbeit (dazu unten) liegt nicht vor, auch keine konkludente (vgl. § 99 Abs. 2 SGG); vielmehr hat sie Klageerweiterungen ausdrücklich nicht zugestimmt (Schriftsatz vom 4. Juni 2008). Das Jobcenter ist nicht Beteiligter im vorliegenden Verfahren (dazu unten); im Übrigen hat auch dieses, solange es rein tatsächlich die Prozessrolle des Beklagten übernommen hatte, weder ausdrücklich noch konkludent eingewilligt. Eine Sachdienlichkeit hat nicht bestanden, zumal der zugrunde liegende Sachverhalt ab Januar 2006 nicht mehr derselbe war. Der Kläger wendet sich vorliegend u.a. gegen die Entscheidung, für ihn im Rahmen des Leistungsbezuges nach dem SGB II wegen einer vorrangigen Familienversicherung keine Beiträge für eine eigene Krankenversicherung zu erbringen. Diese Familienversicherung hatte die Beigeladene aber zum 5. Januar 2006 wegen fehlender Mitwirkung des Klägers beendet. Auch sonst ist eine Sachdienlichkeit für die Einbeziehung aller Folgezeiträume nicht ersichtlich. Es wird daher nicht relevant, dass § 56 SGG grundsätzlich die Möglichkeit einer Klagehäufung bietet.

Soweit der Kläger sich dagegen wendet, dass für seine Ehefrau im Rahmen der Leistungen nach dem SGB II Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung abgeführt wurden, ist die Klage schon mangels der Möglichkeit der Verletzung in eigenen Rechten unzulässig.

Im Übrigen sind die Klagen unbegründet. Das SG ist im angefochtenen Gerichtsbescheid zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Klagen gegen den falschen Klagegegner richten. Die beklagte Bundesagentur für Arbeit ist vorliegend nicht passivlegitimiert.

Die streitgegenständlichen Klagen vom 25. Juli 2005 und 16. Januar 2006 richten sich nach dem ausdrücklich bekundeten Willen des Klägers gegen die Bundesagentur für Arbeit. Durchweg hat der Kläger diese als Beklagte bezeichnet. Zwar ist die Bezeichnung des Beklagten durch einen Kläger grundsätzlich der Auslegung zugänglich, da sie im Einzelfall schwierig sein kann; falsche oder widersprüchliche Angaben schaden daher unter Umständen nicht (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 92 Rdnr. 7). So genügt nach § 92 Abs. 2 Satz 2 SGG auch die Angabe der Behörde. Angesichts der vom Kläger angefochtenen, vom Jobcenter erlassenen Bescheide lag es daher zunächst nahe, dieses trotz der abweichenden Beklagtenbezeichnung in den Klageschriften im Wege der Auslegung als Klagegegner anzusehen. Entsprechend war das Jobcenter vom SG im Rubrum als Beklagter geführt worden und hatte diese Beteiligtenrolle, nach eigenen Hinweisen, dass sich die Klagen gegen ihn richten müssten, bis zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 28. Mai 2008 auch wahrgenommen. Bereits im Schreiben vom 6. Dezember 2007 hat der Kläger jedoch ausdrücklich ausgeführt, "meine Klagen in der Sache S 2 AS 2846/05 richten sich gegen die Bundesagentur für Arbeit und niemals gegen das `Jobcenter der Stadt Karlsruhe, Karlsruhe´(zweimal ) und auch nicht gegen die `Arge´/s.g. Tochtergesellschaft der Stadt K-he sondern der Bundesagentur für Arbeit"; auf Bl. 155 der SG-Akten wird insoweit Bezug genommen. Wiederholt hat er dies im Schreiben vom 24. Mai 2008 (Bl. 246 der SG-Akten): "Die Beklagte ist die Bundesagentur für Arbeit und zwar von Anfang an dieser Rechtssache Das Jobcenter der Stadt Karlsruhe ist ein kleiner Teil der `Arge´ (Stadt K-he), diese erst Ende 2005 entstanden war. Jobcenter der Stadt Karlsruhe wurde von der Unterzeichner und Kläger NICHT VERKLAGT". In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 28. Mai 2008 hat ihn die dortige Vorsitzende ausweislich der Niederschrift vom 28. Mai 2008 eindringlich darauf hingewiesen, dass richtiger Klagegegner das Jobcenter sein dürfte, worauf der Kläger klargestellt hat: "Ich möchte nicht das Jobcenter Stadt Karlsruhe verklagen, sondern die Bundesagentur für Arbeit"; auf Bl. 255 der SG-Akten wird Bezug genommen. Angesichts dieses ausdrücklich bekundeten Willens, die Bundesagentur für Arbeit und nicht das Jobcenter als Klagegegner zu bestimmen, scheidet eine abweichende Auslegung aus.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Schreiben des Klägers vom 28. Mai 2008 (Eingang beim SG am 3. Juni 2008; Bl. 258/261 der SG-Akten). Zwar hat er hierin ausgeführt, die Klage gegen die Bundesagentur für Arbeit schließe das Jobcenter mit ein; eine Klage alleine gegen das Jobcenter sei falsch. Beklagte sei zu Recht die Bundesagentur für Arbeit; das Jobcenter sei mitverklagt. Hierin liegt keine eigenständige, zusätzliche Klage gegen das Jobcenter. Denn bereits in früheren Schreiben hatte der Kläger angeführt, dass "die ARGE NUR als `Tochtergesellschaft-Jobcenter´ ARGE mitverklagt" sei (Schreiben vom 15. März 2007; Bl. 106 der SG-Akten) bzw. "Beklagter ist die Bundesagentur für Arbeit in Karlsruhe (und nur INDIREKT auch das Jobcenter Karlsruhe )". Aus seinen weiteren Schreiben wird jedoch deutlich, dass er unter "mitverklagt" gerade keine eigenständige Klage gegen das Jobcenter versteht. Vielmehr sieht er dieses als unselbständigen und untergeordneten Teil der Bundesagentur für Arbeit an. Dementsprechend hat er in den bereits genannten, späteren Schreiben vom 6. Dezember 2007 und 24. Mai 2008 ausdrücklich erklärt, das Jobcenter sei nicht verklagt, sondern nur die Bundesagentur für Arbeit. In Übereinstimmung damit hat er sich durchgehend dagegen gewehrt, dass das SG die "Adressierung der Klage" (Aufnahme des Jobcenters als Beklagten) vorgenommen habe; solches könne nur durch den Kläger erfolgen, was hier nicht geschehen sei. In dem Schreiben vom 28. Mai 2008 liegt daher auch keine Klageerweiterung i.S.d. Einbeziehung des Jobcenters als Beklagten. Gegen ein solches Verständnis spricht auch das gesamte Vorbringen im Berufungsverfahren. Denn dieses zielt gerade darauf ab, die gegen die Bundesagentur für Arbeit gerichtete Klage zu rechtfertigen: Vorlage der Schreiben der Agentur für Arbeit vom 19. Januar und 29. März 2005; Hinweis, dass der Bewilligungsbescheid vom 2. Februar 2005 von einem Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit stamme; Verweis auf das Dienstsiegel der Bundesagentur für Arbeit auf dem Widerspruchsbescheid vom 12. April 2005; fehlende Hinweise auf eine Eigenständigkeit des Jobcenters. Wiederum führte er aus, eine andere "Adressierung" der Klagen sei durch ihn nicht erfolgt. Er habe vielmehr - weiterhin - die Bundesagentur für Arbeit verklagen müssen (Bl. 4 der Senatsakten). Die vom Kläger insbesondere in der Berufungsschrift angeführten Umstände wären allesamt ausreichende Rechtfertigung gewesen, die von ihm erhobenen Klagen trotz der Bezeichnung der Bundesagentur für Arbeit als Beklagte als gegen das an sich zuständige Jobcenter gerichtet auszulegen; das Beharren des Klägers auf einer Klage gegen die Bundesagentur für Arbeit schließt dies jedoch aus. Eine Klageerweiterung auf das Jobcenter ist daher auch nach der mündlichen Verhandlung beim SG nicht erfolgt. Eine solche wäre im Übrigen ohnehin nach § 99 Abs. 1 SGG nicht zulässig. Denn weder lag eine Einwilligung der Beklagten vor noch wäre eine solche Erweiterung sachdienlich. Denn die geänderte (erweiterte) Klage gegen das Jobcenter wäre wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig.

Das SG hat zu Recht angenommen, dass passivlegitimiert vorliegend nicht die Beklagte ist, sondern das Jobcenter als Arbeitsgemeinschaft i.S.d. § 44b SGB II in der Fassung vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 2014). Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid nimmt der Senat nach eigener Prüfung Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass das für den Stadtkreis Karlsruhe zuständige Jobcenter Stadt Karlsruhe entgegen dem Vorbringen des Klägers bereits im Jahr 2005 durchgehend bestanden hat (Vertrag zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der Stadt Karlsruhe vom 17. Dezember 2004; vgl. Bl. 99 der Senatsakten). Dem entsprechend wurden bereits der Bewilligungsbescheid vom 2. Februar 2005 und der Widerspruchsbescheid vom 12. April 2005 ausdrücklich vom Jobcenter erlassen. Dass an diesen Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit mitgewirkt haben bzw. deren Dienstsiegel verwendet wurden, steht dem nicht entgegen, da beide Bescheide unter der ausdrücklichen Bezeichnung "Jobcenter Stadt Karlsruhe" ergingen. Der Widerspruchsbescheid trug im Übrigen neben dieser Bezeichnung gerade nicht nur das Logo der Bundesagentur für Arbeit, sondern auch der Stadt Karlsruhe.

Die auf Alg II-Leistungen bezogenen Klagen konnten daher bereits mangels Passivlegitimation der Beklagten keinen Erfolg haben. Der Senat konnte daher auch darauf verzichten, im Wege des Meistbegünstigungsprinzips weitere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ins Verfahren einzubeziehen.

Ebenso konnte und musste der Senat daher entscheiden, ohne dem Kläger die von ihm beantragte Akteneinsicht zu gewähren. Das Einsichtsersuchen des Klägers bezog sich ausdrücklich auf die Behördenakten der Bundesagentur für Arbeit, die dort zu seinen Anträgen auf Alg II-Leistungen ab dem 1. Januar 2005 geführt würden (vgl. insbesondere Niederschrift über den Erörterungstermin am 26. März 2009). Solche Akten wurden von der beklagten Bundesagentur für Arbeit nicht geführt und vorgelegt, vom Senat dementsprechend auch nicht zum Verfahren beigezogen. Das Akteneinsichtsrecht des Klägers im gerichtlichen Verfahren (§ 120 SGG) bezieht sich zwar auch auf die Verwaltungsakte eines beklagten Verwaltungsträgers, wenn dieser keine Einschränkungen vornimmt, nicht jedoch auf nicht beigezogene Verwaltungsakten eines am Verfahren nicht Beteiligten. Das Jobcenter, das die Alg II-Akten führt, ist jedoch, wie oben dargelegt, gerade nicht Verfahrensbeteiligter. Die Akteneinsicht in die Gerichtsakten war dem Kläger ermöglicht, von diesem aber nicht genutzt worden.

Zu Recht hat das SG auch die Klageerweiterung durch Schreiben vom 24. Mai 2008 (Eingang beim SG am 27. Mai 2008), betreffend die von der Beklagten an den Rentenversicherungsträger gemeldeten Zeiten ab dem 1. Mai 1987 als unzulässig erachtet, da jedenfalls weder Sachdienlichkeit noch ein Einverständnis der Beklagten vorlagen. Darüber hinaus würde diese - erweiterte - Klage ebenfalls an der fehlenden Passivlegitimation der Beklagten scheitern (vgl. BSG SozR 4-2600 § 191 Nr. 1). Hinsichtlich der Klageerweiterung um den Änderungsbescheid vom 17. Mai 2008 gilt das oben zum streitigen Zeitraum ausgeführte.

Nach alldem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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