L 8 U 1194/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 3493/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 1194/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22. Februar 2011 aufgehoben. Unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 10. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juni 2009 wird festgestellt, dass der Außenmeniskuskorbhenkelriss des rechten Kniegelenkes Folge des Arbeitsunfalls vom 3. November 2008 ist.

Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten sind die Folgen eines Arbeitsunfalles des Klägers streitig.

Der 1964 geborene Kläger erlitt am 03.11.2008 einen Unfall. In der Unfallanzeige vom 07.11.2008 wird der Unfallhergang dahin beschrieben, dass der Kläger beim Aussteigen aus dem LKW umgeknickt sei, im Durchgangsarztbericht des Dr. Ka. vom 04.11.2008 dahin, dass der Kläger bei Bauarbeiten mit dem rechten Fuß umgeknickt sei, im Bericht des Kreiskrankenhauses E. vom 08.11.2008 dahin, dass der Kläger bei Bauarbeiten in ein Loch getreten und das rechte Bein verdreht habe, im Zwischenbericht des Kreiskrankenhauses E. vom 20.11.2008 dahin, dass der Kläger bei Aufräumarbeiten in ein Loch getreten und sich hierbei das rechte Bein im Kniegelenk und oberen Sprunggelenk verdreht habe, wobei der Kläger ein Knacken verspürt habe. Der Kläger schilderte im Fragebogen der Beklagten unter dem 29.12.2008, er sei beim Aussteigen aus dem Arbeitsauto mit dem Fuß bei gestreckten Kniegelenk in einer starken Drehbewegung im Knie bei festem Stand auf dem Boden nach hinten umgeknickt.

Der D-Arzt Dr. Ka. diagnostizierte zunächst ein OSG-Distorsionstrauma rechts ohne Fraktur und offene Verletzung (Bericht vom 04.11.2008). Im weiteren Verlauf traten Kniegelenksbeschwerden in den Vordergrund (Berichte des Kreiskrankenhauses E. vom 08.11.2008 und 20.11.2008). Eine am 17.11.2008 durchgeführte Kernspintomographie des rechten Kniegelenks des Klägers zeigte einen Riss im Vorderhorn des Außenmeniskus, degenerative Veränderungen im Hinterhorn des Innenmeniskus, eine Tendinose des Ligamentum patellae, einen sonst intakten Bandapparat, eine viertgradige Chondromalazia patellae medialseitig, einen Gelenkerguss und eine rupturierte Bakerzyste (Bericht der radiologischen Gemeinschaftspraxis E. vom 18.11.2008). Am 21.11.2008 erfolgte eine operative Versorgung im Kreiskrankenhaus E. bei stabilem Kollateralbandapparat (OP-Berichte vom 21.11.2008 und 26.11.2008). Eine histologische Untersuchung einer entnommenen Gewebeprobe ergab ein randlich rissartig aufgefasertes Meniskusgewebe mit mukoider Matrixauflockerung ohne Nachweis von Fibrin- oder Granulozytenextravasate oder Siderophagen (Bericht Professor Dr. Ko. und Kollegen vom 24.11.2008). Eine außerdem am 10.02.2009 durchgeführte Kernspintomographie des rechten Kniegelenkes (nach erneuten Trauma am 29.01.2009) zeigte eine konfigurierte gekammerte Bakerzyste ohne Nachweis einer neu aufgetretenen Meniskusläsion oder Bandläsion (Bericht der radiologischen Gemeinschaftspraxis E. vom 11.02.2009).

Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers von der AOK - die Gesundheitskasse S. O. bei und holte die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. S.-F. vom 21.02.2009 ein, der unter der Diagnose einer Sprunggelenksdistorsion empfahl, die Behandlung (nach der Wundheilung) abzuschließen.

Mit Bescheid vom 10.03.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Außenmeniskuskorbhenkelrisses als Folge des Unfalles vom 03.11.2008 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die am 17.11.2008 durchgeführte Kernspintomographie habe degenerative Veränderungen im Bereich des Meniskus rechts ergeben. Bandverletzungen und weitere Begleitverletzungen im rechten Kniegelenk seien nicht festgestellt worden. Nach der herrschenden medizinischen Lehrmeinung sei der isolierte Meniskusriss ohne verletzungsspezifische Veränderungen an anderen Strukturen nicht Folge eines Unfallereignisses.

Gegen den Bescheid vom 10.03.2009 legte der Kläger am 19.03.2009 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 17.06.2009 mit der Begründung zurückgewiesen wurde, gegen einen unfallbedingten Zusammenhang sprächen sowohl der Hergang als auch der festgestellte medizinische Befund.

Hiergegen erhob der Kläger am 16.06.2009 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Er trug vor, er sei am 03.11.2008 beim Beladen des Pkw in ein Loch getreten und habe sich sein rechtes Bein, insbesondere seinen Fuß und das Kniegelenk, verdreht. Bis dahin habe er nie Knieprobleme gehabt. Da die Schmerzen im Knie direkt nach dem Arbeitsunfall vom 03.11.2008 aufgetreten seien, könne der Außenmeniskuskorbhenkelriss nur Folge dieses Unfalls sein. Allein der Verweis auf die herrschende medizinische Lehrmeinung reiche nicht aus, die Verletzung als Folge des Arbeitsunfalls abzulehnen.

Das SG holte das am 22.03.2010 vorgelegte orthopädische Gutachten des Dr. Schw. ein. Dr. Schw. gelangte in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, seit dem 03.11.2008 lägen beim Kläger eine Außenmeniskusvorderhornruptur rechtes Kniegelenk sowie eine Sprunggelenksdistorsion rechts vor. Zur Zusammenhangsfrage führte Dr. Schw. aus, im naturwissenschaftlichen Sinne sei das geschilderte Unfallereignis allein kaum in der Lage, den beschriebenen Meniskusschaden zu verursachen. Insbesondere bei Drehbewegungen unter Last - wie vorliegend - sei der Einriss eines degenerativ vorgeschädigten Außenmeniskus jedoch möglich. Die zeitliche Abfolge sei schlüssig. Gegen einen Unfallzusammenhang spreche die Erfahrung, dass es nur in seltenen Fällen zu einem isolierten Meniskusschaden ohne sonstige relevante Kniebinnenläsion komme. Hinsichtlich des im MRT befundeten Gelenkergusses und einer rupturierten Bakerzyste könne nicht sicher gesagt werden, ob diese unfallbedingt seien. Hinsichtlich des histologischen Untersuchungsbefundes sei ein Einreißen eines vorgeschädigten Meniskus durch das geschilderte Unfallereignis durchaus denkbar, auch ohne ausgeprägte sonstige Kniebinnenschäden. Die ab dem 40. Lebensjahr häufig vorkommenden degenerativen Meniskusschäden ohne klinische Relevanz, wie sie histologisch auch beim Kläger vorgelegen hätten, könnten mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Ruptur beim Unfallereignis beigetragen haben. Man könne davon ausgehen, dass ein alltäglich vorkommendes Ereignis den Einriss des Außenmeniskus verursacht haben könnte. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 10 v.H. einzuschätzen.

Die Beklagte trug zum Gutachten des Dr. Schw. vor, nach dem Gutachten sei von einem unfallbedingten Meniskusschaden nicht auszugehen. Eine MdE sei abzulehnen. Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. S.-F. vom 15.04.2010 vor. Darin wird ausgeführt, dass im Unfallbericht und im D-Arztbericht kein Mechanismus angegeben werde, der geeignet sei, einen Meniskusschaden zu verursachen. Es lägen keine nach der unfallmedizinischen Literatur für die Anerkennung eines Meniskusschadens als Unfallfolge geforderten begleitenden Kniebinnenschäden vor. Die angegebenen Bewegungsmaße ließen keine MdE zu. Der Kläger trug zum Gutachten des Dr. Schw. vor, nach dem Gutachten könne festgestellt werden, dass das Unfallereignis ursächlich für den Meniskusschaden sei.

Das SG holte die ergänzende Stellungnahme des Dr. Schw. vom 18.06.2010 ein, in der ausgeführt wird, dass der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. S.-F. folgend keine MdE festzustellen sei.

Mit Urteil vom 22.02.2011 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung - gestützt auf das Gutachten des Dr. Schw. - aus, der Außenmeniskuskorbhenkelriss sei nicht Folge des Arbeitsunfalles. Der Riss sei auf der Basis degenerativer Veränderungen des Außenmeniskus erfolgt. Ein geeigneter Unfallhergang sei vorliegend nicht festzustellen.

Gegen das Urteil hat der Kläger am 21.03.2011 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung vorgetragen, das SG habe zu Unrecht den Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Meniskusschaden abgelehnt. Das SG gehe von einem unrichtigen Unfallhergang aus. Richtig sei, dass er das Auto (Kombi) durch die hintere Ladetür beladen habe. Dabei sei er beim Rückwärtsaussteigen in ein Loch getreten und hierdurch mit dem rechten Knöchel umgeknickt. Gleichzeitig habe er sich bei der reflexartigen Ausgleichsbewegung auch das rechte Knie verdreht, während der Fuß auf dem Boden fixiert gewesen sei. Seine gesamte Körperlast sei hierbei auf den rechten Fuß gestützt gewesen. Diesen Unfallhergang habe er schon gleich nach dem Unfall mitgeteilt. Dies sei vom SG nicht hinreichend berücksichtigt worden. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem erlittenen Arbeitsunfall und dem Meniskusschaden sei bei Zugrundelegung des tatsächlichen Unfallhergangs gegeben.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22. Februar 2011 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juni 2009 abzuändern und festzustellen, dass der Außenmeniskuskorbhenkelriss des rechten Kniegelenkes Folge des Arbeitsunfalls vom 3. November 2008 ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat zur Begründung vorgetragen, die vom Kläger gemachten Angaben zum Unfallhergang seien nach dem physiologischen Bewegungsablauf nicht geeignet, einen Meniskusriss zu verursachen. Wenn der Kläger, nachdem er vom SG darüber informiert worden sei welcher Hergang geeignet sei, einen unfallbedingten Meniskusriss zu verursachen, nachträglich von diesen Angaben abweiche, könne diesen Angaben nicht die gleiche Beweiskraft zuerkannt werden, wie den Erstangaben. Auch die medizinischen Befunde sprächen gegen einen Zusammenhang. Das Kniegelenk sei nicht als verletzt beschrieben worden. Auch die Tatsache, dass keine Röntgenaufnahmen des Kniegelenks durchgeführt worden seien, spräche gegen eine frische relevante Kniegelenksverletzung. Neben dem Meniskusriss hätten zudem keine weiteren Kniebinnenschäden vorgelegen. Nach der herrschenden medizinischen Lehrmeinung sei der isolierte Meniskusriss ohne verletzungsspezifische Veränderungen an anderen Strukturen des Kniegelenks nicht Folge eines Unfallereignisses.

Der Senat hat das orthopädische Gutachten des Dr. S. vom 19.01.2012 eingeholt. Dr. S. hat in seinem Gutachten die Angaben des Klägers zum Unfallgeschehen wiedergegeben, wonach der Kläger von der Ladefläche eines Kleintransporters einen etwa 25 kg schweren Werkzeugkasten habe abnehmen wollen, nach dem Hochnehmen des Werkzeugkastens während der Streckbewegung des rechten Kniegelenkes mit dem rechten Fuß in eine Bodenvertiefung getreten sei, was bei fixiertem rechten Fuß zu einem Umknicken im rechten Sprunggelenk und unter der Last des Werkzeugkasten zu einer Rechtsdrehung des Oberkörpers mit Verdrehung des rechten Kniegelenks und anschließendem Sturz nach hinten geführt habe. Dr. S. gelangte zu der Beurteilung, beim Kläger bestünden Restbeschwerden am rechten Kniegelenk nach Ruptur und Teilentfernung des äußeren Meniskus. Als einzige Möglichkeit des Auftretens des Meniskusrisses bleibe das Unfallereignis. Der Unfallhergang und die erhobenen Befunde sprächen für eine Krafteinwirkung bei dem Streckvorgang des Kniegelenkes mit den Folgen einer Ruptur der Bakerzyste, eines Korbhenkelrisses im Meniskusverlauf und multipler Rissbildung im Vorderhorn des Außenmeniskus.

Die Beklagte ist dem Gutachten des Dr. S. unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. S.-F. vom 13.02.2012 entgegen getreten. Hierzu hat der Senat die ergänzende gutachtliche Stellungnahme des Dr. S. vom 26.04.2012 eingeholt, in der sich Dr. S. mit den Einwendungen der Beklagten auseinandergesetzt und an seinen Bewertungen im Gutachten festgehalten hat.

Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter in nichtöffentlicher Sitzung am 12.10.2012 mit den Beteiligten erörtert und der Kläger zum Unfallhergang angehört worden. Hierzu wird auf die Niederschrift vom 12.10.2012 Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist zulässig (§ 151 SGG).

Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist die kombinierte Anfechtungs und Feststellungsklage nach § 54 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Der Antrag des Klägers, die im streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 10.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2009 abgelehnte Anerkennung des Außenmeniskuskorbhenkelrisses im rechten Kniegelenk als Folge des Unfalles vom 03.11.2008 festzustellen, ist gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG als Feststellungsklage zulässig. Nach dieser Vorschrift kann mit der kombinierten Anfechtungs und Feststellungsklage u.a. die Feststellung einer Gesundheitsstörung als Unfallfolge begehrt werden (BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R -). Voraussetzung ist auch für diese Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 SGG), dass ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung besteht. Dieses besondere Feststellungsinteresse liegt hier vor, da ein Gesundheitsschaden behauptet wird, der nach klägerischer Auffassung auf das angeschuldigte Geschehen zurückzuführen ist und andauert.

Die Berufung des Klägers ist auch begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf die beantragte Feststellung des geltend gemachten Gesundheitsschadens als Folge eines Arbeitsunfalles. Der abweichenden Ansicht des SG im angefochtenen Urteil, dass sich ein geeigneter Unfallhergang nicht feststellen lasse und dass ein alltäglich vorkommendes Ereignis ebenfalls einen Riss des degenerativ geschädigten Außenmeniskus verursachen könne, vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R).

Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S 930 f; übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f; st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m.w.N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.

Anders als bei der für das Zivilrecht maßgebenden Adäquanztheorie (stellvertretend BGHZ 137, 11, 19ff m.w.N.) folgt daraus keine abstrakt-generalisierende Betrachtungsweise; vielmehr ist die Kausalitätsbewertung in der gesetzlichen Unfallversicherung vom ex-post-Standpunkt aus anhand individualisierender und konkretisierender Merkmale des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen. Daher kommt es bei der Wertung im Bereich der Kausalität vor allem darauf an, welche Auswirkungen das Unfallgeschehen gerade bei der betreffenden Einzelperson mit ihrer jeweiligen Struktureigenheit im körperlich-seelischen Bereich hervorgerufen hat (vgl. BSGE 66, 156, 158 = SozR 3-2200 § 553 Nr. 1 m.w.N.). Gleichzeitig ist im Rahmen der gegenseitigen Abwägung mehrerer, zu einem bestimmten ?Erfolg? führender Umstände der Schutzzweck sowohl der gesetzlichen Unfallversicherung im Allgemeinen als auch der jeweils anzuwendenden Norm - hier der §§ 45, 56 SGB VII - zu berücksichtigen. Dies führt zu der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz im Einzelfall reicht (vgl. insgesamt BSG SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m.w.N.; SozR 2200 § 589 Nr. 96).

Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. ?Wesentlich? ist nicht gleichzusetzen mit ?gleichwertig? oder ?annähernd gleichwertig?. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO; BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; vgl. Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 RdNr. 314, Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, Kap 1.3.6.1, S 80 f). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) ?wesentlich? und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (BSGE 12, 242, 245 = SozR Nr. 27 zu § 542 RVO; BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als ?wesentlich? anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als ?Gelegenheitsursache? oder Auslöser bezeichnet werden (BSGE 62, 220, 222 f = SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 jeweils RdNr 11). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die ?Auslösung? akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSGE 62, 220, 222 f = SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 jeweils RdNr 11; ähnlich Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O.). Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen oder besonderen Problemen in der anschließenden Heilbehandlung, ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne weiteres zu unterstellen ist (vgl. insgesamt zum Vorstehenden BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R).

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhang, vor allem wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Aber es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a.F. RVO; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl. § 9 Abs. 3 SGB VII). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a.F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a.F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.H. auf BSG SozR Nr. 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 a.F. RVO; BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a.F. RVO; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O., Kap 1.8.2, S 119 f; Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 128 RdNr 3c). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i.S. des ?Vollbeweises?, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die geltend gemachte Gesundheitsstörung vor. Für den Senat steht fest, dass der Kläger durch die Verrichtung einer versicherten Beschäftigung einer von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf seinen Körper ausgesetzt war (Rotationstrauma des rechten Kniegelenks) und dass diese versicherte Einwirkung den geltend gemachten Gesundheits(-erst-)schaden (Außenmeniskuskorbhenkelriss des rechten Kniegelenks) rechtlich wesentlich verursacht hat. Der Senat stützt seine Überzeugung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls auf die Angaben des Klägers zum Unfallgeschehen sowie das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des Dr. S. vom 19.01.2012 und seine ergänzende Stellungnahme vom 26.04.2012.

Für den Senat ist erwiesen, dass der Kläger in Ausübung seiner versicherten Tätigkeit am 03.11.2008 von der Ladefläche eines Kleintransporters einen etwa 25 kg schweren Werkzeugkasten abnehmen wollte, nach dem Hochnehmen des Werkzeugkastens während der Streckbewegung des rechten Kniegelenkes mit dem rechten Fuß in eine Bodenvertiefung getreten ist, was bei fixiertem rechten Fuß zu einem Umknicken im rechten Sprunggelenk sowie unter der Last des Werkzeugkastens zu einer Rechtsdrehung des Oberkörpers mit Verdrehung des rechten Kniegelenkes und anschließendem Sturz geführt hat, wie der Kläger bei der Begutachtung durch Dr. S. angegeben hat. Dem entsprechen auch die im Unfallfragebogen der Beklagten unter dem 29.12.2008 gemachten Angaben des Klägers, er sei nach hinten umgeknickt wobei eine starke Drehbewegung im Knie stattgefunden habe. Ähnliche Angaben finden sich auch im Zwischenbericht des Kreiskrankenhauses E. vom 20.11.2008 zum Unfallgeschehen, wonach der Kläger in ein Loch getreten sei und sich hierbei das rechte Bein im Kniegelenk und unteren Sprunggelenk verdreht habe. Auch die im Termin am 12.10.2012 gemachten Angaben des Klägers entsprechen seinen bei Dr. S. gemachten Angaben zum Unfallgeschehen. Zwar variieren die Angaben zur konkreten Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt (Aufräumarbeiten auf der Baustelle, Bericht des Kreiskrankenhauses E. vom 20.11.2008; beim Aussteigen aus dem Arbeitsauto, Angabe des Klägers im Fragebogen; beladen der hinteren Ladetür des Kombi, Berufungsbegründung im Schriftsatz vom 10.05.2011; abnehmen eines Werkzeugkasten, Angaben bei der Begutachtung durch Dr. S. ). Außerdem gibt der Kläger erstmals bei der Begutachtung durch Dr. S. an, zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens einem 25 kg schweren Werkzeugkasten von der Ladefläche eines Kleintransporters abgenommen zu haben. Diese Ungenauigkeiten betreffen Randbedingungen des Unfallgeschehens und sind deshalb nicht geeignet, das im Kern gleichbleibend geschilderte Unfallgeschehen, wonach der Kläger in ein Loch getreten ist und sich hierbei das rechte Kniegelenk verdreht hat, insgesamt in Frage zu stellen. Die im Wesentlichen frei von Widersprüchen gemachten Angaben des Klägers zur eigentlichen Unfallmechanik stellen sich vielmehr für den Senat als glaubhaft dar. Dem steht auch nicht entgegen, dass im Durchgangsarztbericht vom 04.11.2008 lediglich mitgeteilt wird, der Kläger sei bei Bauarbeiten mit dem rechten Fuß umgeknickt. Ähnlich auch die Schilderung in der Unfallanzeige vom 07.11.2008. Diese abweichenden Fremdangaben sieht der Senat nicht als so wesentlich an, dass deshalb der Nachweis des vom Kläger geschilderten Unfallgeschehens nicht als erbracht angesehen werden kann. Vielmehr ist das glaubhafte Vorbringen des Klägers als alleinige Grundlage eines Nachweises eines Unfallgeschehens grundsätzlich nicht ausgeschlossen.

Der durch eine Kernspintomographie am 17.11.2008 sowie eine am 21.11.2008 durchgeführten Arthroskopie gesicherte Außenmeniskuskorbhenkelriss des rechten Kniegelenks des Klägers ist (im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn) durch das Unfallgeschehen vom 03.11.2008 verursacht. Nach dem überzeugenden Gutachten von Dr. S. hat das Unfallgeschehen - entgegen der Ansicht der Beklagten - zu einem für Meniskusverletzungen typischen Rotationstrauma des rechten Kniegelenks geführt. Hinweise dafür, dass die Reißfestigkeit des Meniskus durch degenerative Veränderungen oder Folgen einer früheren Verletzung beim Kläger herabgesetzt war, hat Dr. S. nachvollziehbar verneint. Es ist deshalb zu folgern, dass der Meniskus über seine Belastungsgrenze hinaus beansprucht wurde, wobei sich der gelenkinnenseitig liegende Anteil abgelöst und in Richtung Gelenkmitte verlagert hat und so das Bild eines Korbhenkelrisses entstehen konnte. Für eine erhebliche Krafteinwirkung und damit traumatische Einwirkung spricht auch, dass die histologische Untersuchung einer bei der arthroskopisch-operativen Entfernung des abgelösten Meniskusanteils im Bereich des Meniskus-Vorderhorns entnommenen Probe eine ausgedehnte multiple Rissbildung und Auffaserung ohne Hinweise für eine frühere Verletzung oder Erkrankung ergeben hat. Auch ein bei der MRT-Untersuchung am 17.11.2008 festgestellter Gelenkerguss sowie insbesondere eine rupturierte Bakerzyste sprechen nach der überzeugenden Ansicht von Dr. S. für eine nicht unerhebliche ursächliche Gewalteinwirkung. Die Ruptur der Bakerzyste wird durch eine MRT-Kontrolluntersuchung vom 10.02.2009 mit der Feststellung einer gekammerten Bakerzyste als Ausheilungszustand der vorangegangenen Ruptur belegt, wie Dr. S. in seinem Gutachten sowie seiner ergänzenden Stellungnahme ausgeführt hat. Weiter verursachen rein degenerative bzw. arthrotische Gelenkveränderungen nur selten Gelenkergüsse wie Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme ausführt. Die vorliegenden Befunde wie auch die anamnestischen Angaben des Klägers sprechen nach der überzeugenden Ansicht von Dr. S. sämtlich dagegen, dass beim Kläger in der Zeit vor dem 03.11.2008 ein Meniskusschaden oder eine Meniskusverletzung vorgelegen haben könnte. Vielmehr sprechen der Unfallhergang am 03.11.2008 und die erhobenen Befunde für eine Krafteinwirkung des Kniegelenks mit den Folgen einer geraden, nach vorn verlaufenden Linie einer Ruptur der Bakerzyste, eines Korbhenkelrisses im Meniskusverlauf und multipler Rissbildung im Vorderhorn des Außenmeniskus, mag auch eine Verletzung des Außenmeniskus sehr selten sein, wie Dr. S. in seinem Gutachten ausgeführt hat, was aber eine traumatische Verletzung des Außenmeniskus nicht gänzlich ausschließt. Dass der Meniskusriss vor dem 03.11.2008 eingetreten und asymptomatisch geblieben ist, hat Dr. S. unter Hinweis auf das ?leere? Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers sowie das Ergebnis der histologischen Untersuchung des bei der Operation am 21.11.2008 entnommenen Meniskusgewebes (als völlig abwegig) nachvollziehbar und plausibel verneint. Auch die Frage, ob der Außenmeniskusriss in der Zeit nach dem Unfall (03.11.2008) bis zur klinischen Feststellung der Meniskussymptomatik am 08.11.2008 durch das Kreiskrankenhaus E. (Bericht vom 08.11.2008 - richtig wohl 18.11.2008 - mit der Diagnose: Außenmeniskusriss) bzw. bis zu seiner Verifizierung durch die MRT-Untersuchung am 17.11.2008 eingetreten sein könnte, hat Dr. S. nachvollziehbar und plausibel (mit größter Wahrscheinlichkeit) verneint. Da der beim Kläger festgestellte Riss im Außenmeniskus nur bei entsprechender Gewalteinwirkung entstehen kann, bleibt damit als Zeitpunkt des Auftretens des Meniskusrisses - mangels anderweitiger Anhaltspunkte - allein das Unfallgeschehen am 03.11.2008, wovon Dr. S. in seinem Gutachten und seiner ergänzenden Stellungnahme nachvollziehbar und schlüssig ausgeht. Dem schließt sich der Senat an.

Der Außenmeniskuskorbhenkelriss des rechten Kniegelenks des Klägers ist auch (im Sinne der zweiten Prüfstufe) rechtlich wesentlich durch das Unfallgeschehen vom 03.11.2008 verursacht.

Eine sonstige Ursache, der gegenüber dem Unfallgeschehen am 03.11.2008 eine überragende Bedeutung beizumessen ist, liegt nicht vor, wie Dr. S. in seinem Gutachten sowie seiner ergänzenden Stellungnahme nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat. Beim Kläger festgestellte degenerative Veränderungen im Hinterhorn des Innenmeniskus sowie eine Chondromalazie im medialen Anteil der Kniescheibe können nach dem überzeugenden Gutachten von Dr. S. und seiner ergänzenden Stellungnahme bereits aus anatomischen Gründen nicht zum Riss des Außenmeniskus beigetragen haben. Die viertgradige Chondromalazie kann nicht als Disposition zu einem Außenmeniskusriss angesehen werden, zumal die Veränderungen an der Patella medial und nicht lateral in der Nähe des Außenmeniskus vorliegen. Zusammenfassend gelangte Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26.04.2012 zu der nachvollziehbaren und überzeugenden Bewertung, dass die Bakerzyste und die Chondromalazie nicht als Ausdruck von erheblicher Degeneration angesehen werden kann. Eine für eine Außenmeniskusläsion belangvolle Vorschädigung hat die Beklagte somit nicht nachgewiesen.

Die Einwendungen der Beklagten im Berufungsverfahren zwingen zu keiner anderen Bewertung. Zwar trifft zu, dass die Feststellung einer völligen Beschwerdefreiheit vor dem Unfallgeschehen am 03.11.2008 weder für noch gegen einen Unfallzusammenhang spricht. Dr. S. hat jedoch hierauf seine Bewertung nicht maßgeblich stützt, sondern aufgrund der vorliegenden Befunde und der sonstigen Umstände plausibel und nachvollziehbar dargelegt, dass als einzig möglicher Zeitpunkt, in welcher der Meniskusriss aufgetreten sein kann, das Unfallgeschehen am 03.11.2008 bleibt. Diese Bewertung wird auch nicht dadurch zwingend in Frage gestellt, dass Verläufe, bei denen Meniskusrisse völlig asymptomatisch verbleiben, nicht unüblich sind. Durch die glaubhaften Angaben des Klägers im Termin am 12.10.2012 ist auch nachgewiesen, dass beim Unfallgeschehen am 03.11.2008 von einem fixierten Unterschenkel des Klägers auszugehen ist. Der Kläger hat hierzu angegeben, der Fuß hat sich in einem Loch befunden, in dem wenig Platz war. Der Fuß war nicht ganz eingeklemmt, es war aber wenig Platz, weshalb sich der Fuß nicht viel hat bewegen können. Damit ist von einer Fixierung des Unterschenkels auszugehen. Weiter ist Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. S.-F. , degenerative Veränderungen mit Chondromalazie und insbesondere eine Bakerzyste seien nahezu regelhaft Ausdruck von erheblichen degenerativen Veränderungen am Kniegelenk, überzeugend entgegen getreten. Dies trifft nur dann zu, wenn diese Veränderungen zu entzündlichen Begleiterscheinungen mit Ergussbildungen führen, wofür es beim Kläger keine Anhaltspunkte gibt. Soweit Dr. S.-F. unter Bezug auf die unfallmedizinische Literatur weiter davon ausgeht, dass isolierte Meniskusrisse nicht auftreten können, bleibt offen, dass nach den Gesamtumständen des vorliegenden Falles - wie oben ausgeführt - davon auszugehen ist, dass als einzig möglicher Zeitpunkt des durch Gewalteinwirkung entstandenen nachgewiesenen Außenmeniskuskorbhenkelrisses das Unfallgeschehen am 03.11.2008 in Betracht kommt. Der Senat vermag deshalb mit Dr. S. den in der unfallmedizinischen Literatur für die Anerkennung eines unfallursächlichen Meniskusrisses grundsätzlich für erforderlich gehaltenen verletzungsspezifischen Veränderungen an anderen Strukturen des betroffenen Kniegelenks (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., Seiten 617, 619), entgegen der Ansicht der Beklagten, vorliegend keine entscheidende Bedeutung beizumessen. Auch Dr. Schw. geht in seinen Gutachten davon aus, dass es in seltenen Fällen zu einem isolierten Meniskusschaden ohne eine sonstige relevante Kniebinnenläsion kommen kann. Dr. S. weist zudem zutreffend darauf hin, dass die Frage eines gesicherten Wirkungsmechanismus umstritten ist. Es kommt deshalb auf die Gesamtbeurteilung aller maßgebenden Faktoren an (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., Seite 623), wie sie Dr. S. vorgenommen hat.

Unabhängig davon ist nach dem Gutachten von Dr. S. davon auszugehen, dass mit der Ruptur der Bakerzyste und einem mäßigen Gelenkserguss als typisches Zeichen einer Gelenkbinnenverletzung andere Verletzungszeichen vorgelegen haben, mögen sie auch nach Ansicht der Beklagten nicht spezifisch sein. Auch sonst kann den von Dr. S.-F. in seinen beratungsärztlichen Stellungnahmen erhobenen Einwendungen nicht gefolgt werden, wie Dr. S. in seinem Gutachten und seiner ergänzenden Stellungnahme überzeugend ausgeführt hat.

Zudem geht auch Dr. Schw. in seinem an das SG erstatteten Gutachten davon aus, dass die zeitliche Abfolge mit kurz nach dem Unfall geschilderten und dann diagnostizierten und behandelten Folgen im Sinne eines Außenmeniskusrisses schlüssig ist. Weiter hält er im Hinblick auf das Ergebnis der histologischen Untersuchung des entfernten Meniskusgewebes das Einreißen eines vorgeschädigten Meniskus durch das geschilderte Unfallereignis durchaus für denkbar.

Im Übrigen wäre selbst dann, wenn beim Kläger mit Dr. Schw. von einer degenerativen Vorschädigung des Meniskus ausgegangen würde, eine andere Bewertung nicht gerechtfertigt. Der Kläger ist in dem Zustand versichert, in dem er sich zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens befindet. Von einer Gelegenheitsursache kann - entgegen der Annahme von Dr. Schw. in seinem dem SG erstatteten Gutachten - nicht ausgegangen werden, wie Dr. S. in seinem Gutachten überzeugend dargelegt hat. Eine weitgehend fortgeschrittene, unfallvorbestehende degenerative Vorschädigung des Außenmeniskus ist nicht nachgewiesen, insbesondere kann sie nach Dr. S. auch nicht dem histologischen Befund vom 24.11.2008, auf den Dr. Schw. zusätzlich abgestellt hat, entnommen werden. Rückschlüsse aus der Intensität der unfallbedingten Einwirkung auf eine Verletzungsanfälligkeit des Außenmeniskus bereits bei einer Alltagsbelastung sind bei der gegebenen Sachlage nicht möglich (vgl. zu diesen Maßstäben Urteile des Senats vom 01.07.2011 - L 8 U 197/11 und vom 23.03.2012 - L 8 U 884/11, beide veröffentlich in juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de). Auch sonst vermag der Senat dem Ergebnis des Gutachtens von Dr. Schw. aus den von Dr. S. in seinem Gutachten dargestellten Gründen nicht zu folgen. Dr. S. weist zutreffend darauf hin, dass das Gutachten von Dr. Schw. insbesondere nicht zur eindeutigen Abklärung der unfallbedingten Ursache der erhobenen Befunde beiträgt.

Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger sich bei dem erlittenen Arbeitsunfall am 03.11.2008 einen Außenmeniskuskorbhenkelriss des rechten Kniegelenks zugezogen hat.

Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt durch das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten geklärt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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