Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SB 1342/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4601/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 08. September 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Neufeststellung seines Grades der Behinderung (GdB) mit 50.
Für den 1974 geborenen Kläger wurde zuletzt mit Bescheid vom 14.06.2005 ein GdB von 30 wegen eines Bandscheibenschadens und Schwerhörigkeit rechts festgestellt.
Am 26.03.2007 beantragte der Kläger eine Neufeststellung seiner Behinderung mit der Begründung, dass nunmehr an der Halswirbelsäule (HWS) ein neuer Bandscheibenvorfall aufgetreten sei. Der Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) L5/S1 sei deutlich verschlechtert, eine Operation stehe bevor.
Der Beklagte zog ärztliche Unterlagen der Hausärzte des Klägers bei. Dabei befanden sich Berichte des HNO-Arztes Dr. Li. vom 10.02.2005 (Hörverlust rechts 100%, links 0%), der Radiologin Dr. Be. vom 27.03.2006 und 12.07.2006 (CT-gesteuerte Infiltrationstherapie HWS, Bandscheibenvorfall L5/S1 gleichbleibend, mediale Protrusion L4/L5, keine neurokompressive Wirkung) und des Neurochirurgen Dr. von H. vom 19.04.2007 (operative Ausräumung des Bandscheibenvorfalls am 18.04.2007).
Nach Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. Ste. , 09.07.2007, Dr. St. , 06.08.2007) lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 07.08.2007 eine Änderung der bisherigen Entscheidung ab.
Am 10.08.2007 faxte der Kläger einen Teil eines Rehabilitationsentlassungsberichts der R. H. GmbH vom 08.08.2007, den der Beklagte dem ärztlichen Dienst (Dr. La. , 22.08.2007) vorlegte. Mit Bescheid vom 27.08.2007 lehnte der Beklagte erneut eine Änderung der bisherigen Entscheidung ab.
Dagegen erhob der Kläger am 07.09.2007 Widerspruch, zu dessen Begründung er geltend machte, dass sowohl die Wirbelsäulenbeschwerden als auch die Schwerhörigkeit rechts zu gering bewertet seien, Kniegelenksbeschwerden seien gar nicht berücksichtigt worden.
Der Beklagte befragte die behandelnden Ärzte zum Gesundheitszustand des Klägers. Dr. Li. , HNO-Arzt, teilte telefonisch mit, dass der Kläger seit 2005 nicht bei ihm in Behandlung gewesen sei (Telefonvermerk vom 22.11.2007). Dr. von H. berichtete am 10.10.2007 über eine erneute Operation des Bandscheibenfachs S1 im Oktober 2007. Der Kläger habe bei Entlassung unverändert ein Taubheitsgefühl am rechten Bein gehabt. Der Facharzt für Innere Medizin Dr. Ham. erstattete am 21.12.2007 einen Befundbericht. Darin teilte er mit, dass die Beschwerden des Klägers nach einer Rehabilitation im August 2007 deutlich gebessert gewesen seien. Zur Zeit bestehe noch eine Fußheberschwäche mit deutlicher Gehbehinderung.
Der Beklagte zog den Entlassungsbericht über die Rehabilitation in R. H. GmbH vom 09.07.2007 bis 03.08.2007 bei. Dort wurde das Gangbild zu ebener Erde als flüssig bezeichnet. Die Nackenmuskulatur sei beidseits leicht hyperton (In-/Reklination 2/20 cm, Rotation 70-0-70°, Seitneigung 30-0-30°, freie Beweglichkeit bei Entlassung). In der LWS bestehe eine deutliche Muskeltonuserhöhung und ein deutlicher Druckschmerz über den Iliosakralgelenken (Rotation 25-0-20°, Seitneigung 15-0-10°, Ott 30/32, Schober 10/12,5, Fingerbodenabstand – FBA - 40 cm, bei Entlassung: 25-0-25°, 20-0-15°, Ott 30/33, Schober 10/13, FBA 30cm). Der Bandapparat der Knie sei stabil, es bestehe kein Druckschmerz, kein Hinweis für Meniskusschädigung und eine freie Beweglichkeit.
Der Orthopäde Dr. Sta. berichtete am 21.11.2007 über eine deutliche lumbale Fixation der Wirbelsäule, die Muskeleigenreflexe seien symmetrisch auslösbar, die grobe Kraft seitengleich. Der Lasègue sei beidseits bei 70° positiv, es bestehe etwas eine Sensibilitätsalteration an den Fersen beidseits und am lateralen Fußrand rechts. Die sonstige Durchblutung, Motorik und Sensibilität sei ungestört. Am 10.12.2007 teilte er eine Radikulopathie S1 rechts, Gangstörung, Z.n. Bandscheibenprolaps mit.
Der Neurologe Dr. Ha. berichtete am 07.12.2007 über Schmerzen an der LWS bis zur Kleinzehe ziehend. Es bestehe ein deutlicher Klopfschmerz über der LWS und ein Bewegungsschmerz in der rechten Hüfte. Das rechte Kniegelenk weise ein Bewegungsgeräusch auf, die Kniebeuge sei unauffällig. Zehen-, Hackengang und Einbeinhüpfen rechts sei schmerzbedingt eingeschränkt, das Lasègue Manöver rechts bei 30°, links bei 70° schmerzhaft. Hüftbeuger und Fußsenker seien rechts deutlich, der Fußheber links leicht abgeschwächt. Die Muskeleigenreflexe seien seitengleich schwach auslösbar. Es bestehe eine Hypästhesie am rechten lateralen Unterschenkel und an der Fußaußenseite.
Der Augenarzt Dr. S. bescheinigte am 17.12.2007 einen Visus von 0,9 auf beiden Augen.
Der Kläger legte ein Gutachten des Orthopäden Dr. R. vom 10.01.2008 für die Deutsche Rentenversicherung vor. Dort gab der Kläger an, das Gehen bereite ihm keine Probleme, beim Sitzen müsse er nach 30 min. die Position ändern. Zehen-, Hackengang und Einbeinstand waren möglich. Das Reflexmuster war regelrecht, es fanden sich keine sensomotorischen Ausfälle, keine motorischen Defizite, der Lasègue war rechts bei 50° positiv, links negativ, der Achillessehnenreflex rechts nicht, links schwach auslösbar. Es bestanden Sensibilitätsstörungen an der Unterschenkelaußenseite bis Fußrandaußenseite rechts. Der Oberschenkelmuskel war rechts gegenüber links gering gemindert. Im rechten Kniegelenk bestand ein Streckdefizit von 5° mit einer Beugehemmung auf 110°. Dr. R. diagnostizierte ein Postnukleotomiesyndrom mit persistierender Ischialgie rechts, eine mittelgradige mediale und retropatellare Gonarthrose rechts mit wiederkehrender Ergussbildung, eine beginnende mediale und retropatellare Gonarthrose links mit mäßiggradiger Funktionseinschränkung, ein HWS-Syndrom mit kyphotischer Streckfehlhaltung der HWS, eine beginnende Dysplasiecoxarthrose beidseits, eine beginnende Arthrose des rechten oberen Sprunggelenks, eine beginnende talo-naviculare Arthrose rechts bei mäßiger lateraler Instabilität rechts und eine beginnende Radiocarpalarthrose rechts. Bei der klinischen Untersuchung hätten keine höhergradigen Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt werden können.
Nach Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. B. , 17.02.2008, Dr. St. , 10.03.2008) wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.2008 zurück.
Dagegen erhob der Kläger am 24.04.2008 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG), zu deren Begründung er im Wesentlichen auf die Diagnosen von Dr. R. Bezug nahm und die Auffassung vertrat, dass die vorhandenen Beeinträchtigungen, insbesondere auch in den Knien, im Becken und im Handgelenk nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Der Gesamt-GdB sei mit mindestens 50 festzustellen.
Das SG befragte die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. Sta. antwortete am 01.09.2008. Er habe am 10.03.2008 die Wirbelsäule im Lot bei Beckengeradstand festgestellt. Das Hüftgelenk sei rechts mehr als links endgradig gemindert beweglich gewesen. Es hätten leichte Druckschmerzen im Bereich der LWS bestanden ohne radikuläre Symptomatik, kein sensomotorisches Defizit, die Muskeleigenreflexe seien symmetrisch auslösbar gewesen. Es bestehe keine Fuß-/Zehenheber- oder Senkerschwäche. Der Lasègue-Test sei beidseits negativ gewesen. Er bewertete den Bandscheibenschaden mit einem GdB von 20, die Coxarthrose beidseits mit unter 10. Dr. Sta. legte Berichte des Radiologen Dr. Ru. über Untersuchungen am 20.11.2007 und 10.01.2008 (unveränderter Befund) vor. Aus einem Arztbrief des Wirbelsäulenchirurgen Prof. Dr. Har. vom 24.01.2008 ergab sich ein Postnukleotomiesyndrom L5/S1 mit Narbenplatte und eine Discopathie L4/L5 und L5/S1.
Dr. von H. gab unter dem 04.09.2008 ein residuales LWS-Syndrom ohne neurologische Störungen an.
Dr. Ham. teilte mit Schreiben vom 05.09.2008 mit, von internistischer Seite bestünden keine Erkrankungen. Arzt-Patienten-Kontakte bestünden vor allem wegen der Wirbelsäulenbeschwerden. Es bestünden immer noch massive Beschwerden in der LWS. Er legte einen weiteren Rehabilitationsentlassungsbericht der R. H. GmbH vom 18.03.2008 über eine Rehabilitation vom 18.02.2008 bis 14.03.2008 vor. Danach wurde im Januar 2008 erneut eine Operation des Bandscheibenvorfalls durchgeführt. Dort war das Gangbild flüssig aber plump, der Einbeinstand beidseits sicher, Zehen- und Hackengang beidseits uneingeschränkt, der Einbein-Zehenstand beidseits unauffällig. Der Kläger habe Schmerzen im rechten Knie bei Zustand nach Ruptur des vorderen Kreuzbands. Es bestünden ausstrahlende Nackenkopfschmerzen. Im Rahmen der Rehabilitation konnten die Beschwerden in der Wirbelsäule und rechter Hüfte nicht verbessert werden.
Dr. Ham. legte außerdem einen Bericht von Prof. Dr. U. , Neurochirurg, Universität H. vom 08.02.2008 über einen stationären Aufenthalt vom 28.01.2008 bis 04.02.2008 vor, in dessen Verlauf er wegen einer Blasenentleerungsstörung erneut an der Wirbelsäule operiert wurde.
Dr. Li. teilte am 18.11.2008 mit, dass der Kläger seit 2005 nicht mehr bei ihm in Behandlung gewesen sei. Es bestehe ein Hörverlust von 100% auf dem rechten Ohr, links 0 %. Der GdB sei mit 20 zutreffend eingeschätzt.
Das SG holte von Amts wegen das orthopädische Gutachten von PD Dr. Ro. vom 06.10.2009 ein. Dort gab der Kläger pochende Schmerzen in der Wirbelsäule, Schmerzen in der HWS mit Ausstrahlung in die Arme, Schmerzen in den Knien, Sprunggelenken, den Händen, Nierenschmerzen rechts und Gefühlstörungen im rechten Arm an. Er sei taub am rechten Ohr und habe Sehstörungen am linken Auge. Er schlafe schlecht und stehe mindestens fünfmal die Nacht auf. Dort fiel beim Stehen eine leichte Beugung in den Knien von 10° und eine leichte Vorbeugung des Rumpfes um 10° auf. Die Beweglichkeit der HWS beim Vor- und Rückneigen sei aktiv erheblich, passiv nur gering eingeschränkt. Das Gangbild war steif, leicht rechtshinkend und langsam. Es falle ein schwankendes Gangbild auf. Die Beinmuskulatur war rechts leicht umfangvermindert. Die objektiven Untersuchungsbefunde seien nicht mit den subjektiv empfundenen Einschränkungen vereinbar. Die objektivierbaren und reproduzierbaren Einschränkungen seien nur gering. Die Beschreibung der Gefühlstörungen im rechten Arm ließen eine Parese vermuten, allerdings habe das bei der Untersuchung nicht objektiviert werden können. Der Kläger gebe Schmerzen in der rechten Schulter an, die aber nicht verifizierbar seien. Die angegebenen schweren Schmerzen seien durch objektive Befunde nur teilweise zu erklären. An Hüft-, Knie- und Sprunggelenken finde sich keine wesentliche Bewegungseinschränkung, die Coxarthrose habe nach den Röntgenbildern leicht zugenommen. Man habe dem Kläger in der Uniklinik H. erklärt, dass seine Schmerzen psychosomatischer Ursache seien. Beim Kläger bestehe ein schmerzhaftes Syndrom der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen und Fehlhaltung, Zustand nach mehrfachen Operationen der LWS wegen Bandscheibenvorfall, geringe bis mäßige Funktionseinschränkungen, die mit einem GdB von 20 einzuschätzen seien. Weiterhin bestehe ein Schulter-Arm-Syndrom insbesondere der rechten Schulter mit geringen nachweisbaren Funktionseinschränkungen, Schmerzen beider Handgelenke mit angegebenen wiederkehrenden Schwellungen bei leichten Arthrosen der Handwurzeln und der Daumensattelgelenke beidseits mit einem GdB von 10, geringe bis mäßige Arthrosen der Hüft- und Kniegelenke, wiederkehrende Gelenkschwellung, Zustand nach Bandverletzung am rechten Kniegelenk, geringe nachweisbare Funktionseinschränkungen mit einem GdB von 10, leichte und variable sensomotorische Parese im Versorgungsgebiet der Nervenwurzel S1 rechts mit einem GdB von 10. Im orthopädischen Fachbereit ergebe sich insofern ein Gesamt-GdB von 30, unter Berücksichtigung der angegebenen Schwerhörigkeit ein solcher von 40.
Dem trat der Beklagte unter Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme von Dr. M. vom 21.02.2010 entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 08.09.2010 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dass das schmerzhafte Syndrom der Wirbelsäule mit einem GdB von 20 ausreichend berücksichtigt sei. Das Schulterarmsyndrom bedinge einen GdB von 10, die Arthrosen von Hüft- und Kniegelenken ebenfalls 10, die leichte und variable sensomotorische Parese im Versorgungsgebiet der Nervenwurzel S1 und die Teillähmung des Beinnervengeflechts ebenfalls einen GdB von 10 und die Schwerhörigkeit rechts 20. Ein höherer GdB als 30 sei daraus nicht zu folgern. Entgegen der Ansicht des Sachverständigen führten die leichten Gesundheitsstörungen mit einem GdB von 10 nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB. Psychische Gesundheitsstörungen seien nicht zu berücksichtigen, denn insofern habe der Gutachter lediglich einen Verdacht geäußert, aber keine konkrete Diagnose mitgeteilt. Der Kläger habe trotz entsprechender Aufforderung des Gerichts dazu nichts vorgetragen.
Gegen den ihm am 15.09.2010 zugestellte Gerichtsbescheid richtet sich die am 28.09.2010 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung führt er aus, dass bei ihm keineswegs eine geringe bis mäßiggradige Arthrose der Hüft- und Kniegelenke vorliege. Der Befund habe sich verschlimmert. Außerdem sei schon nach Ansicht des Gutachters der ersten Instanz von einem Gesamt-GdB von 40 auszugehen.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 08.09.2010 und den Bescheid vom 27.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.04.2008 aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, einen Gesamt-GdB von 50 ab Antragstellung festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts den nunmehr behandelnden Orthopäden Dr. Sche. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Er hat unter dem 27.10.2011 angegeben, der Kläger habe sich im Februar 2009 wegen massiver Beschwerden in der HWS vorgestellt. Eine Kernspintomographie habe einen altersentsprechenden Befund ergeben. Der Kläger habe sich weiter wegen Schmerzen im rechten Kniegelenk vorgestellt, dort habe sich eine zweit- bis drittgradige Arthrose gezeigt, links eine geringgradige Entzündung. Es bestehe eine endgradige Bewegungseinschränkung der Kniegelenke und der LWS. Die Kontrolle der LWS habe keinen Hinweis für einen neuen Bandscheibenvorfall erbracht. Das Zeichen nach Schober betrage 10/12 cm. Dazu legte Dr. Sche. Berichte von Dr. L. (Radiologie, 03.02.2009, kein Nachweis eines Bandscheibenvorfalls in der HWS), Dr. P./Dr. Ba. (Neurochirurgie, 19.02.2009 und 05.03.2009, ausgeräumter Verdacht auf Neuroforamenstenose HWK 6/7 und HWK 7/Th1, Cervikobrachialgien), Dr. Be. /Dr. We. (Radiologie, 19.12.2009, Varusgonarthrose rechtes Knie bis drittgradige Chondromalazie der medialen Femurrolle, ausgedehnte drittgradige Chondropathia patellae, Reizerguss und kleine Bakerzyste, kleines intraossäres Ganglion), Dr. Ben. (Radiologie, 31.08.2010, kein Nachweis eines Bandscheibenvorfalls in der LWS, und 10.11.2010, deutliche Knorpeldefekte im medialen Teilgelenk und Femoropatellargelenk des linken Knie, Synovialitis mit Gelenkerguss), Prof. Dr. Hac. (Neurochirurgie, 19.01.2009, Ausschluss organischer Ursache bei schlaffer Armparese rechts, V.a. Frühstadium Lyme Borreliose, arterielle Hypertonie, Z.n. Überlaufblase 2008, Normalbefund der Nervenleitgeschwindigkeit), Dr. Kö. (Radiologie, 06.07.2011, bis auf leichte skoliotische Fehlhaltung kein Hinweis auf Nervenwurzel- oder Myelonkompression in der HWS), Dr. Ha. (Neurologie, 26.08.2011, Schwäche und Sensibilitätsstörung der rechten oberen Extremität, Schmerzsymptomatik linksseitig).
Dr. Ha. hat auf Nachfrage des Senats einen Bericht des Radiologen Dr. Sc. vom 12.08.2011 über ein MRT des Kopfes übersandt, bei dem ein unspezifischer Marklagerherd frontobasal und kein Hinweis auf eine frische Ischämie, Raumforderung oder entzündlichen Prozess festgestellt worden ist.
Der Senat hat schließlich erneut Dr. Ham. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Er hat am 21.08.2012 angegeben, der Kläger habe sich vor allem wegen Wirbelsäulenbeschwerden vorgestellt. Es seien leicht erhöhte Leberwerte und leicht erhöhte Harnsäurewerte festgestellt worden.
Dr. Ham. hat einen Arztbrief des Rheumatologen Dr. M. vom 23.10.2008 beigefügt, der eine entzündlich rheumatische Systemerkrankung und ein Fibromyalgiesyndrom ausschloss. Der Kläger habe eine ängstliche Persönlichkeit. In den Tests hätten sich Hinweise auf Angst und Depression, aber keine Hinweise auf somatoforme Symptome gefunden. Er hat weiterhin einen Bericht des Rheumatologen Dr. Ki. vom 20.03.2009 vorgelegt, der eine Fibromyalgie und derzeit keinen Anhalt für eine entzündlich-rheumatische Systemerkrankung festgestellt hat. Die Tenderpoints seien sämtlich positiv, alle übrigen Gelenke frei beweglich ohne Zeichen der synovialitischen Schwellung oder arthrotischen Deformität gewesen. Aufgesetzt auf die degenerativ ausgelösten Beschwerden habe sich ein chronifiziertes Schmerzsyndrom im Sinne einer Fibromyalgie entwickelt.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Bezüglich die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Mannheim und die beim Senat angefallenen Akten.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
Der Senat entscheidet gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung, weil die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt haben.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen – welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören – zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 – 9 RVs 15/96 – BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 – B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3 3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 mwN). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, aaO, RdNr 30).
Nach diesen Kriterien steht dem Kläger nach wie vor kein GdB von mehr als 30 zu.
Beim Kläger bestehen Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule, der Hüften, der Knie, des rechten Arms einschließlich der Schulter, einer Taubheit auf dem rechten Ohr und einer somatoformen Schmerzstörung vom Typ Fibromyalgie.
Die Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule sind mit einem GdB von 20 ausreichend berücksichtigt. Nach Nr. 18.9 Teil B VG, der im Wesentlichen Nr. 26.18 AHP entspricht, werden Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität mit einem GdB von 0 bewertet, bei geringen funktionellen Auswirkungen besteht ein GdB von 10, bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt wird ein GdB von 20 festgestellt, bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt oder mittelgradigen bis schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ist ein höherer GdB gerechtfertigt. Mittelgradige Auswirkungen sind dabei Verformung, häufig wiederkehrende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage anhaltende Wirbelsäulensyndrome. Nach den vorliegenden Unterlagen liegen beim Kläger vor allem Beschwerden in der LWS in Folge des Bandscheibenvorfalls im untersten Wirbelsäulensegment und der Diskopathie in den beiden unmittelbar darüber liegenden Segmenten vor. Hier findet sich nach den vorliegenden Unterlagen eine gewisse Bewegungseinschränkung, die sich vor allem in einer – nach den verschiedenen Unterlagen, insbesondere den beiden Entlassungsberichten der R. H. GmbH, dem Gutachten von Dr. R. und Dr. Ro. aber auch den Angaben von Dr. Sche. im Berufungsverfahren differierenden – Einschränkung der Fähigkeit sich zu entfalten besteht. Als Folgen des Bandscheibenvorfalls besteht noch eine Sensibilitätsminderung im Bereich des Fußes, motorische oder sensomotorische Einschränkungen werden von allen behandelnden und begutachtenden Ärzten verneint. In der HWS bestehen Schmerzen, die in den Kopf und in die Arme ausstrahlen, wesentliche Einschränkungen der Beweglichkeit der HWS bestehen nicht. Die zwischenzeitlich aufgetretene Armparese war nicht auf eine Beeinträchtigung im Bereich der Wirbelsäule zurückzuführen und wurde in den aktuellen Zeugenaussagen von Dr. Sche. und Dr. Ham. auch nicht mehr beschrieben. Diese Beschwerden rechtfertigen eine Einschätzung als mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt, die mit einem GdB von 20 ausreichend berücksichtigt sind.
Die Beschwerden von Seiten der Arme und der Schultern sind mit einem GdB von 10 ausreichend berücksichtigt. Nach Nr. 18.14 Teil B VG, 26.18 AHP werden vollständige Nervenausfälle z.B. des Nervus radialis mit einem GdB von 20 bis 30 bewertet, der vollständige Ausfall anderer Nerven wird mit einem GdB von bis zu 80 (Armplexus) berücksichtigt. Eine Bewegungseinschränkung in der Schulter bis zu 120° bedingt einen GdB von 10, bei der Möglichkeit der Armhebung bis 90° ergibt sich ein GdB von 20 Eine Bewegungseinschränkung des Handgelenks geringen Grades bedingt einen GdB von 0 bis 10, bei stärkergradigen Einschränkungen ist ein GdB von 20 bis 30 gerechtfertigt. In der rechten Schulter hat der Kläger Schmerzen, die bis in die Arme ausstrahlen. Eine wesentliche Bewegungseinschränkung der Schulter ist nicht dokumentiert. Dabei ist es schon dazu gekommen, dass er Gegenstände und sogar sein Kind fallen ließ. Die angegebenen Beschwerden konnten keinem organischen Befund zugeordnet werden und waren auch nicht kontinuierlich. Insbesondere konnten Nervenausfälle in diesem Bereich nicht gefunden werden. Sowohl die Ärzte der Uniklinik M. als auch Dr. R. äußerten den Verdacht auf eine psychosomatische Ursache. Die bildgebenden Verfahren und die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit in diesem Bereich führten nicht zu einer Erklärung der Beschwerden. Sie konnten auch nicht objektiviert werden. Im Handgelenk besteht eine beginnende Arthrose, die bisher nicht zu einer wesentlichen Einschränkung der Beweglichkeit des Handgelenks geführt hat. Eine höhergradige Funktionsbeeinträchtigung ergibt sich aus den vorliegenden Befunden insofern nicht. Ein GdB von mehr als 10 ist deshalb für diese Beschwerden nicht gerechtfertigt.
Die beim Kläger vorliegende somatoforme Schmerzstörung vom Typ Fibromyalgie bedingt einen GdB von allenfalls 20. Sowohl Dr. Ki. als auch die Neurochirurgen in der Universitätsklinik M. haben das Fibromyalgie Syndrom bzw. die Beschwerden im rechten Arm unter die somatoformen bzw. psychosomatischen Störungen eingeordnet. Diese sind nach Nr. 3.7 Teil B VG, der im Wesentlichen Nr. 26.3 AHP entspricht, unter die Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen einzuordnen. Bei einer solchen Behinderung besteht ein GdB von 0 bis 20 bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen. Ein GdB von 30 bis 40 wird bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit z.B. bei ausgeprägteren depressiven, hypochondrischen, asthenischen oder phobischen Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoformen Störungen angenommen. Dabei geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine psychische Störung einen GdB von 30 nur dann rechtfertigt, wenn insofern eine psychologische oder psychiatrische Behandlung stattfindet (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2010 – L 8 SB 1549/10, veröffentlicht in Juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Ein GdB von 50 und mehr wird bei schweren Störungen wie z.B. schweren Zwangskrankheiten mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten angenommen.
Dr. Ham. hat diese Beschwerden in seinem letzten Schreiben gar nicht erwähnt, eine psychiatrische, psychologische oder psychosomatische Behandlung findet trotz wiederholter Hinweise darauf durch die behandelnden Neurologen und Neurochirurgen nicht statt. Die letzte Konsultation fand bei Dr. Ki. im Jahr 2009 statt. Er hat in Bezug auf das von ihm diagnostizierte Fibromyalgiesyndrom nur geringe Beschwerden beschreiben können. Zwar hat er alle Tenderpoints als positiv geschildert, andere Symptome wie z.B. eine Morgensteifigkeit o.ä. konnte der Kläger nicht oder nur in sehr geringer Ausprägung bestätigen. Eine spezielle Therapie, insbesondere eine spezifische Schmerztherapie findet insofern nicht statt. In den letzten Jahren fand wiederholt eine Diagnostik wegen der Beschwerden im Arm statt, ohne dass es insofern zu einer weitergehenden psychologischen, psychiatrischen oder schmerztherapeutischen Behandlung gekommen wäre. Diese Beschwerden können deshalb zwar unter die somatoformen Störungen eingeordnet, ein GdB von mehr als 20 ihnen jedoch nicht zugeordnet werden.
Die Beschwerden des Klägers in den Knien und Hüften bedingen keinen GdB von wenigstens 10. Nach Nr. 18.14 Teil VG, 26.18 AHP werden Bewegungseinschränkungen des Hüftgelenks geringen Grades (0-10-90°) mit einem GdB von 10 bis 20, bei beidseitiger Einschränkung mit einem GdB von 20 bis 30 berücksichtigt. Bewegungseinschränkungen in den Knien geringen Grades mit Einschränkung der Beugefähigkeit auf 90° bedingen einen GdB von 0 bis 10, bei beidseitigem Auftreten ist ein GdB von 10 bis 20 anzunehmen. Beim Kläger liegen Schmerzen im Hüftgelenk bei Coxarthrose vor. Eine wesentliche – über punktuelle Ereignisse – hinausgehende dauerhafte Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke konnten weder die behandelnden noch die begutachtenden Ärzte mitteilen. In den Knien besteht auf beiden Seiten ein Knorpelschaden und eine Gonarthrose, die rechts stärker ausgeprägt ist als links. Die Gelenke sind trotz einer Bandverletzung rechts stabil. Wesentliche Einschränkungen der Beweglichkeit ergibt sich aus diesen Befunden weder für die Knie noch für die Hüften. Auch eine Hüftdysplasie ist nicht diagnostiziert worden. Die Chondromalazie in den Knien führt nicht zu anhaltenden Reizerscheinungen, denn in der Vergangenheit ist es zwar immer wieder zu Beschwerden des Klägers im Sinne von Schmerzen gekommen, eine geringgradige Entzündung im linken Knie konnte nur Dr. Sche. einmalig feststellen.
Die Taubheit rechts bedingt einen GdB von 20. Nach Nr. 5.2.4 Teil VG, der im Wesentlichen Nr. 26.3 AHP entspricht, ist bei einer Taubheit auf einem Ohr bei Normalhörigkeit des anderen Ohrs ein GdB von 20 anzunehmen. Der Kläger kann nach den - insofern von ihm unbestrittenen - Befunden von Dr. Li. auf dem linken Ohr normal hören. Ein höherer GdB als 20 ergibt sich daraus nicht.
Für die vom Kläger geschilderte Beeinträchtigung seiner Sehfähigkeit kann kein GdB berücksichtigt werden. Der Kläger hat insofern angegeben, dass er Sehstörungen auf dem linken Auge habe. Diese konnte von Dr. S. nicht nachvollzogen werden. Er teilte insofern einen Visus von 0,9 auf jedem der Augen des Klägers mit, der nach Nr. 4.3 Teil B VG (26.4 AHP) einen GdB von 0 rechtfertigt.
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 Seite 10 der VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP).
Ausgehend von einem GdB von 20 für die Wirbelsäulenbeschwerden wird der GdB durch die Taubheit rechts um 10 auf 30 erhöht. Eine weitere Erhöhung durch die somatoforme Störung vom Typ Fibromyalgie ist nicht gerechtfertigt, denn insofern findet sich eine wesentliche Überschneidung. Beide Behinderungen drücken sich im Wesentlichen in Schmerzen in der LWS und Kopfschmerzen aus, die teilweise in die Arme ausstrahlen. Eine erneute Berücksichtigung durch eine weitere Erhöhung des Gesamt-GdB ist insofern nicht gerechtfertigt und würde zu einer Doppelbewertung der Schmerzen führen. Auch die mit einem GdB von 10 zu berücksichtigenden Beschwerden in den Armen rechtfertigen keine weitere Erhöhung des GdB auf 40 oder gar 50, denn diese Beschwerden und die Wirbelsäulenbeschwerden wirken sich nicht in außergewöhnlicher Weise erhöhend aufeinander aus.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Neufeststellung seines Grades der Behinderung (GdB) mit 50.
Für den 1974 geborenen Kläger wurde zuletzt mit Bescheid vom 14.06.2005 ein GdB von 30 wegen eines Bandscheibenschadens und Schwerhörigkeit rechts festgestellt.
Am 26.03.2007 beantragte der Kläger eine Neufeststellung seiner Behinderung mit der Begründung, dass nunmehr an der Halswirbelsäule (HWS) ein neuer Bandscheibenvorfall aufgetreten sei. Der Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) L5/S1 sei deutlich verschlechtert, eine Operation stehe bevor.
Der Beklagte zog ärztliche Unterlagen der Hausärzte des Klägers bei. Dabei befanden sich Berichte des HNO-Arztes Dr. Li. vom 10.02.2005 (Hörverlust rechts 100%, links 0%), der Radiologin Dr. Be. vom 27.03.2006 und 12.07.2006 (CT-gesteuerte Infiltrationstherapie HWS, Bandscheibenvorfall L5/S1 gleichbleibend, mediale Protrusion L4/L5, keine neurokompressive Wirkung) und des Neurochirurgen Dr. von H. vom 19.04.2007 (operative Ausräumung des Bandscheibenvorfalls am 18.04.2007).
Nach Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. Ste. , 09.07.2007, Dr. St. , 06.08.2007) lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 07.08.2007 eine Änderung der bisherigen Entscheidung ab.
Am 10.08.2007 faxte der Kläger einen Teil eines Rehabilitationsentlassungsberichts der R. H. GmbH vom 08.08.2007, den der Beklagte dem ärztlichen Dienst (Dr. La. , 22.08.2007) vorlegte. Mit Bescheid vom 27.08.2007 lehnte der Beklagte erneut eine Änderung der bisherigen Entscheidung ab.
Dagegen erhob der Kläger am 07.09.2007 Widerspruch, zu dessen Begründung er geltend machte, dass sowohl die Wirbelsäulenbeschwerden als auch die Schwerhörigkeit rechts zu gering bewertet seien, Kniegelenksbeschwerden seien gar nicht berücksichtigt worden.
Der Beklagte befragte die behandelnden Ärzte zum Gesundheitszustand des Klägers. Dr. Li. , HNO-Arzt, teilte telefonisch mit, dass der Kläger seit 2005 nicht bei ihm in Behandlung gewesen sei (Telefonvermerk vom 22.11.2007). Dr. von H. berichtete am 10.10.2007 über eine erneute Operation des Bandscheibenfachs S1 im Oktober 2007. Der Kläger habe bei Entlassung unverändert ein Taubheitsgefühl am rechten Bein gehabt. Der Facharzt für Innere Medizin Dr. Ham. erstattete am 21.12.2007 einen Befundbericht. Darin teilte er mit, dass die Beschwerden des Klägers nach einer Rehabilitation im August 2007 deutlich gebessert gewesen seien. Zur Zeit bestehe noch eine Fußheberschwäche mit deutlicher Gehbehinderung.
Der Beklagte zog den Entlassungsbericht über die Rehabilitation in R. H. GmbH vom 09.07.2007 bis 03.08.2007 bei. Dort wurde das Gangbild zu ebener Erde als flüssig bezeichnet. Die Nackenmuskulatur sei beidseits leicht hyperton (In-/Reklination 2/20 cm, Rotation 70-0-70°, Seitneigung 30-0-30°, freie Beweglichkeit bei Entlassung). In der LWS bestehe eine deutliche Muskeltonuserhöhung und ein deutlicher Druckschmerz über den Iliosakralgelenken (Rotation 25-0-20°, Seitneigung 15-0-10°, Ott 30/32, Schober 10/12,5, Fingerbodenabstand – FBA - 40 cm, bei Entlassung: 25-0-25°, 20-0-15°, Ott 30/33, Schober 10/13, FBA 30cm). Der Bandapparat der Knie sei stabil, es bestehe kein Druckschmerz, kein Hinweis für Meniskusschädigung und eine freie Beweglichkeit.
Der Orthopäde Dr. Sta. berichtete am 21.11.2007 über eine deutliche lumbale Fixation der Wirbelsäule, die Muskeleigenreflexe seien symmetrisch auslösbar, die grobe Kraft seitengleich. Der Lasègue sei beidseits bei 70° positiv, es bestehe etwas eine Sensibilitätsalteration an den Fersen beidseits und am lateralen Fußrand rechts. Die sonstige Durchblutung, Motorik und Sensibilität sei ungestört. Am 10.12.2007 teilte er eine Radikulopathie S1 rechts, Gangstörung, Z.n. Bandscheibenprolaps mit.
Der Neurologe Dr. Ha. berichtete am 07.12.2007 über Schmerzen an der LWS bis zur Kleinzehe ziehend. Es bestehe ein deutlicher Klopfschmerz über der LWS und ein Bewegungsschmerz in der rechten Hüfte. Das rechte Kniegelenk weise ein Bewegungsgeräusch auf, die Kniebeuge sei unauffällig. Zehen-, Hackengang und Einbeinhüpfen rechts sei schmerzbedingt eingeschränkt, das Lasègue Manöver rechts bei 30°, links bei 70° schmerzhaft. Hüftbeuger und Fußsenker seien rechts deutlich, der Fußheber links leicht abgeschwächt. Die Muskeleigenreflexe seien seitengleich schwach auslösbar. Es bestehe eine Hypästhesie am rechten lateralen Unterschenkel und an der Fußaußenseite.
Der Augenarzt Dr. S. bescheinigte am 17.12.2007 einen Visus von 0,9 auf beiden Augen.
Der Kläger legte ein Gutachten des Orthopäden Dr. R. vom 10.01.2008 für die Deutsche Rentenversicherung vor. Dort gab der Kläger an, das Gehen bereite ihm keine Probleme, beim Sitzen müsse er nach 30 min. die Position ändern. Zehen-, Hackengang und Einbeinstand waren möglich. Das Reflexmuster war regelrecht, es fanden sich keine sensomotorischen Ausfälle, keine motorischen Defizite, der Lasègue war rechts bei 50° positiv, links negativ, der Achillessehnenreflex rechts nicht, links schwach auslösbar. Es bestanden Sensibilitätsstörungen an der Unterschenkelaußenseite bis Fußrandaußenseite rechts. Der Oberschenkelmuskel war rechts gegenüber links gering gemindert. Im rechten Kniegelenk bestand ein Streckdefizit von 5° mit einer Beugehemmung auf 110°. Dr. R. diagnostizierte ein Postnukleotomiesyndrom mit persistierender Ischialgie rechts, eine mittelgradige mediale und retropatellare Gonarthrose rechts mit wiederkehrender Ergussbildung, eine beginnende mediale und retropatellare Gonarthrose links mit mäßiggradiger Funktionseinschränkung, ein HWS-Syndrom mit kyphotischer Streckfehlhaltung der HWS, eine beginnende Dysplasiecoxarthrose beidseits, eine beginnende Arthrose des rechten oberen Sprunggelenks, eine beginnende talo-naviculare Arthrose rechts bei mäßiger lateraler Instabilität rechts und eine beginnende Radiocarpalarthrose rechts. Bei der klinischen Untersuchung hätten keine höhergradigen Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt werden können.
Nach Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. B. , 17.02.2008, Dr. St. , 10.03.2008) wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.2008 zurück.
Dagegen erhob der Kläger am 24.04.2008 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG), zu deren Begründung er im Wesentlichen auf die Diagnosen von Dr. R. Bezug nahm und die Auffassung vertrat, dass die vorhandenen Beeinträchtigungen, insbesondere auch in den Knien, im Becken und im Handgelenk nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Der Gesamt-GdB sei mit mindestens 50 festzustellen.
Das SG befragte die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. Sta. antwortete am 01.09.2008. Er habe am 10.03.2008 die Wirbelsäule im Lot bei Beckengeradstand festgestellt. Das Hüftgelenk sei rechts mehr als links endgradig gemindert beweglich gewesen. Es hätten leichte Druckschmerzen im Bereich der LWS bestanden ohne radikuläre Symptomatik, kein sensomotorisches Defizit, die Muskeleigenreflexe seien symmetrisch auslösbar gewesen. Es bestehe keine Fuß-/Zehenheber- oder Senkerschwäche. Der Lasègue-Test sei beidseits negativ gewesen. Er bewertete den Bandscheibenschaden mit einem GdB von 20, die Coxarthrose beidseits mit unter 10. Dr. Sta. legte Berichte des Radiologen Dr. Ru. über Untersuchungen am 20.11.2007 und 10.01.2008 (unveränderter Befund) vor. Aus einem Arztbrief des Wirbelsäulenchirurgen Prof. Dr. Har. vom 24.01.2008 ergab sich ein Postnukleotomiesyndrom L5/S1 mit Narbenplatte und eine Discopathie L4/L5 und L5/S1.
Dr. von H. gab unter dem 04.09.2008 ein residuales LWS-Syndrom ohne neurologische Störungen an.
Dr. Ham. teilte mit Schreiben vom 05.09.2008 mit, von internistischer Seite bestünden keine Erkrankungen. Arzt-Patienten-Kontakte bestünden vor allem wegen der Wirbelsäulenbeschwerden. Es bestünden immer noch massive Beschwerden in der LWS. Er legte einen weiteren Rehabilitationsentlassungsbericht der R. H. GmbH vom 18.03.2008 über eine Rehabilitation vom 18.02.2008 bis 14.03.2008 vor. Danach wurde im Januar 2008 erneut eine Operation des Bandscheibenvorfalls durchgeführt. Dort war das Gangbild flüssig aber plump, der Einbeinstand beidseits sicher, Zehen- und Hackengang beidseits uneingeschränkt, der Einbein-Zehenstand beidseits unauffällig. Der Kläger habe Schmerzen im rechten Knie bei Zustand nach Ruptur des vorderen Kreuzbands. Es bestünden ausstrahlende Nackenkopfschmerzen. Im Rahmen der Rehabilitation konnten die Beschwerden in der Wirbelsäule und rechter Hüfte nicht verbessert werden.
Dr. Ham. legte außerdem einen Bericht von Prof. Dr. U. , Neurochirurg, Universität H. vom 08.02.2008 über einen stationären Aufenthalt vom 28.01.2008 bis 04.02.2008 vor, in dessen Verlauf er wegen einer Blasenentleerungsstörung erneut an der Wirbelsäule operiert wurde.
Dr. Li. teilte am 18.11.2008 mit, dass der Kläger seit 2005 nicht mehr bei ihm in Behandlung gewesen sei. Es bestehe ein Hörverlust von 100% auf dem rechten Ohr, links 0 %. Der GdB sei mit 20 zutreffend eingeschätzt.
Das SG holte von Amts wegen das orthopädische Gutachten von PD Dr. Ro. vom 06.10.2009 ein. Dort gab der Kläger pochende Schmerzen in der Wirbelsäule, Schmerzen in der HWS mit Ausstrahlung in die Arme, Schmerzen in den Knien, Sprunggelenken, den Händen, Nierenschmerzen rechts und Gefühlstörungen im rechten Arm an. Er sei taub am rechten Ohr und habe Sehstörungen am linken Auge. Er schlafe schlecht und stehe mindestens fünfmal die Nacht auf. Dort fiel beim Stehen eine leichte Beugung in den Knien von 10° und eine leichte Vorbeugung des Rumpfes um 10° auf. Die Beweglichkeit der HWS beim Vor- und Rückneigen sei aktiv erheblich, passiv nur gering eingeschränkt. Das Gangbild war steif, leicht rechtshinkend und langsam. Es falle ein schwankendes Gangbild auf. Die Beinmuskulatur war rechts leicht umfangvermindert. Die objektiven Untersuchungsbefunde seien nicht mit den subjektiv empfundenen Einschränkungen vereinbar. Die objektivierbaren und reproduzierbaren Einschränkungen seien nur gering. Die Beschreibung der Gefühlstörungen im rechten Arm ließen eine Parese vermuten, allerdings habe das bei der Untersuchung nicht objektiviert werden können. Der Kläger gebe Schmerzen in der rechten Schulter an, die aber nicht verifizierbar seien. Die angegebenen schweren Schmerzen seien durch objektive Befunde nur teilweise zu erklären. An Hüft-, Knie- und Sprunggelenken finde sich keine wesentliche Bewegungseinschränkung, die Coxarthrose habe nach den Röntgenbildern leicht zugenommen. Man habe dem Kläger in der Uniklinik H. erklärt, dass seine Schmerzen psychosomatischer Ursache seien. Beim Kläger bestehe ein schmerzhaftes Syndrom der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen und Fehlhaltung, Zustand nach mehrfachen Operationen der LWS wegen Bandscheibenvorfall, geringe bis mäßige Funktionseinschränkungen, die mit einem GdB von 20 einzuschätzen seien. Weiterhin bestehe ein Schulter-Arm-Syndrom insbesondere der rechten Schulter mit geringen nachweisbaren Funktionseinschränkungen, Schmerzen beider Handgelenke mit angegebenen wiederkehrenden Schwellungen bei leichten Arthrosen der Handwurzeln und der Daumensattelgelenke beidseits mit einem GdB von 10, geringe bis mäßige Arthrosen der Hüft- und Kniegelenke, wiederkehrende Gelenkschwellung, Zustand nach Bandverletzung am rechten Kniegelenk, geringe nachweisbare Funktionseinschränkungen mit einem GdB von 10, leichte und variable sensomotorische Parese im Versorgungsgebiet der Nervenwurzel S1 rechts mit einem GdB von 10. Im orthopädischen Fachbereit ergebe sich insofern ein Gesamt-GdB von 30, unter Berücksichtigung der angegebenen Schwerhörigkeit ein solcher von 40.
Dem trat der Beklagte unter Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme von Dr. M. vom 21.02.2010 entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 08.09.2010 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dass das schmerzhafte Syndrom der Wirbelsäule mit einem GdB von 20 ausreichend berücksichtigt sei. Das Schulterarmsyndrom bedinge einen GdB von 10, die Arthrosen von Hüft- und Kniegelenken ebenfalls 10, die leichte und variable sensomotorische Parese im Versorgungsgebiet der Nervenwurzel S1 und die Teillähmung des Beinnervengeflechts ebenfalls einen GdB von 10 und die Schwerhörigkeit rechts 20. Ein höherer GdB als 30 sei daraus nicht zu folgern. Entgegen der Ansicht des Sachverständigen führten die leichten Gesundheitsstörungen mit einem GdB von 10 nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB. Psychische Gesundheitsstörungen seien nicht zu berücksichtigen, denn insofern habe der Gutachter lediglich einen Verdacht geäußert, aber keine konkrete Diagnose mitgeteilt. Der Kläger habe trotz entsprechender Aufforderung des Gerichts dazu nichts vorgetragen.
Gegen den ihm am 15.09.2010 zugestellte Gerichtsbescheid richtet sich die am 28.09.2010 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung führt er aus, dass bei ihm keineswegs eine geringe bis mäßiggradige Arthrose der Hüft- und Kniegelenke vorliege. Der Befund habe sich verschlimmert. Außerdem sei schon nach Ansicht des Gutachters der ersten Instanz von einem Gesamt-GdB von 40 auszugehen.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 08.09.2010 und den Bescheid vom 27.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.04.2008 aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, einen Gesamt-GdB von 50 ab Antragstellung festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts den nunmehr behandelnden Orthopäden Dr. Sche. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Er hat unter dem 27.10.2011 angegeben, der Kläger habe sich im Februar 2009 wegen massiver Beschwerden in der HWS vorgestellt. Eine Kernspintomographie habe einen altersentsprechenden Befund ergeben. Der Kläger habe sich weiter wegen Schmerzen im rechten Kniegelenk vorgestellt, dort habe sich eine zweit- bis drittgradige Arthrose gezeigt, links eine geringgradige Entzündung. Es bestehe eine endgradige Bewegungseinschränkung der Kniegelenke und der LWS. Die Kontrolle der LWS habe keinen Hinweis für einen neuen Bandscheibenvorfall erbracht. Das Zeichen nach Schober betrage 10/12 cm. Dazu legte Dr. Sche. Berichte von Dr. L. (Radiologie, 03.02.2009, kein Nachweis eines Bandscheibenvorfalls in der HWS), Dr. P./Dr. Ba. (Neurochirurgie, 19.02.2009 und 05.03.2009, ausgeräumter Verdacht auf Neuroforamenstenose HWK 6/7 und HWK 7/Th1, Cervikobrachialgien), Dr. Be. /Dr. We. (Radiologie, 19.12.2009, Varusgonarthrose rechtes Knie bis drittgradige Chondromalazie der medialen Femurrolle, ausgedehnte drittgradige Chondropathia patellae, Reizerguss und kleine Bakerzyste, kleines intraossäres Ganglion), Dr. Ben. (Radiologie, 31.08.2010, kein Nachweis eines Bandscheibenvorfalls in der LWS, und 10.11.2010, deutliche Knorpeldefekte im medialen Teilgelenk und Femoropatellargelenk des linken Knie, Synovialitis mit Gelenkerguss), Prof. Dr. Hac. (Neurochirurgie, 19.01.2009, Ausschluss organischer Ursache bei schlaffer Armparese rechts, V.a. Frühstadium Lyme Borreliose, arterielle Hypertonie, Z.n. Überlaufblase 2008, Normalbefund der Nervenleitgeschwindigkeit), Dr. Kö. (Radiologie, 06.07.2011, bis auf leichte skoliotische Fehlhaltung kein Hinweis auf Nervenwurzel- oder Myelonkompression in der HWS), Dr. Ha. (Neurologie, 26.08.2011, Schwäche und Sensibilitätsstörung der rechten oberen Extremität, Schmerzsymptomatik linksseitig).
Dr. Ha. hat auf Nachfrage des Senats einen Bericht des Radiologen Dr. Sc. vom 12.08.2011 über ein MRT des Kopfes übersandt, bei dem ein unspezifischer Marklagerherd frontobasal und kein Hinweis auf eine frische Ischämie, Raumforderung oder entzündlichen Prozess festgestellt worden ist.
Der Senat hat schließlich erneut Dr. Ham. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Er hat am 21.08.2012 angegeben, der Kläger habe sich vor allem wegen Wirbelsäulenbeschwerden vorgestellt. Es seien leicht erhöhte Leberwerte und leicht erhöhte Harnsäurewerte festgestellt worden.
Dr. Ham. hat einen Arztbrief des Rheumatologen Dr. M. vom 23.10.2008 beigefügt, der eine entzündlich rheumatische Systemerkrankung und ein Fibromyalgiesyndrom ausschloss. Der Kläger habe eine ängstliche Persönlichkeit. In den Tests hätten sich Hinweise auf Angst und Depression, aber keine Hinweise auf somatoforme Symptome gefunden. Er hat weiterhin einen Bericht des Rheumatologen Dr. Ki. vom 20.03.2009 vorgelegt, der eine Fibromyalgie und derzeit keinen Anhalt für eine entzündlich-rheumatische Systemerkrankung festgestellt hat. Die Tenderpoints seien sämtlich positiv, alle übrigen Gelenke frei beweglich ohne Zeichen der synovialitischen Schwellung oder arthrotischen Deformität gewesen. Aufgesetzt auf die degenerativ ausgelösten Beschwerden habe sich ein chronifiziertes Schmerzsyndrom im Sinne einer Fibromyalgie entwickelt.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Bezüglich die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Mannheim und die beim Senat angefallenen Akten.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
Der Senat entscheidet gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung, weil die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt haben.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen – welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören – zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 – 9 RVs 15/96 – BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 – B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3 3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 mwN). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, aaO, RdNr 30).
Nach diesen Kriterien steht dem Kläger nach wie vor kein GdB von mehr als 30 zu.
Beim Kläger bestehen Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule, der Hüften, der Knie, des rechten Arms einschließlich der Schulter, einer Taubheit auf dem rechten Ohr und einer somatoformen Schmerzstörung vom Typ Fibromyalgie.
Die Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule sind mit einem GdB von 20 ausreichend berücksichtigt. Nach Nr. 18.9 Teil B VG, der im Wesentlichen Nr. 26.18 AHP entspricht, werden Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität mit einem GdB von 0 bewertet, bei geringen funktionellen Auswirkungen besteht ein GdB von 10, bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt wird ein GdB von 20 festgestellt, bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt oder mittelgradigen bis schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ist ein höherer GdB gerechtfertigt. Mittelgradige Auswirkungen sind dabei Verformung, häufig wiederkehrende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage anhaltende Wirbelsäulensyndrome. Nach den vorliegenden Unterlagen liegen beim Kläger vor allem Beschwerden in der LWS in Folge des Bandscheibenvorfalls im untersten Wirbelsäulensegment und der Diskopathie in den beiden unmittelbar darüber liegenden Segmenten vor. Hier findet sich nach den vorliegenden Unterlagen eine gewisse Bewegungseinschränkung, die sich vor allem in einer – nach den verschiedenen Unterlagen, insbesondere den beiden Entlassungsberichten der R. H. GmbH, dem Gutachten von Dr. R. und Dr. Ro. aber auch den Angaben von Dr. Sche. im Berufungsverfahren differierenden – Einschränkung der Fähigkeit sich zu entfalten besteht. Als Folgen des Bandscheibenvorfalls besteht noch eine Sensibilitätsminderung im Bereich des Fußes, motorische oder sensomotorische Einschränkungen werden von allen behandelnden und begutachtenden Ärzten verneint. In der HWS bestehen Schmerzen, die in den Kopf und in die Arme ausstrahlen, wesentliche Einschränkungen der Beweglichkeit der HWS bestehen nicht. Die zwischenzeitlich aufgetretene Armparese war nicht auf eine Beeinträchtigung im Bereich der Wirbelsäule zurückzuführen und wurde in den aktuellen Zeugenaussagen von Dr. Sche. und Dr. Ham. auch nicht mehr beschrieben. Diese Beschwerden rechtfertigen eine Einschätzung als mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt, die mit einem GdB von 20 ausreichend berücksichtigt sind.
Die Beschwerden von Seiten der Arme und der Schultern sind mit einem GdB von 10 ausreichend berücksichtigt. Nach Nr. 18.14 Teil B VG, 26.18 AHP werden vollständige Nervenausfälle z.B. des Nervus radialis mit einem GdB von 20 bis 30 bewertet, der vollständige Ausfall anderer Nerven wird mit einem GdB von bis zu 80 (Armplexus) berücksichtigt. Eine Bewegungseinschränkung in der Schulter bis zu 120° bedingt einen GdB von 10, bei der Möglichkeit der Armhebung bis 90° ergibt sich ein GdB von 20 Eine Bewegungseinschränkung des Handgelenks geringen Grades bedingt einen GdB von 0 bis 10, bei stärkergradigen Einschränkungen ist ein GdB von 20 bis 30 gerechtfertigt. In der rechten Schulter hat der Kläger Schmerzen, die bis in die Arme ausstrahlen. Eine wesentliche Bewegungseinschränkung der Schulter ist nicht dokumentiert. Dabei ist es schon dazu gekommen, dass er Gegenstände und sogar sein Kind fallen ließ. Die angegebenen Beschwerden konnten keinem organischen Befund zugeordnet werden und waren auch nicht kontinuierlich. Insbesondere konnten Nervenausfälle in diesem Bereich nicht gefunden werden. Sowohl die Ärzte der Uniklinik M. als auch Dr. R. äußerten den Verdacht auf eine psychosomatische Ursache. Die bildgebenden Verfahren und die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit in diesem Bereich führten nicht zu einer Erklärung der Beschwerden. Sie konnten auch nicht objektiviert werden. Im Handgelenk besteht eine beginnende Arthrose, die bisher nicht zu einer wesentlichen Einschränkung der Beweglichkeit des Handgelenks geführt hat. Eine höhergradige Funktionsbeeinträchtigung ergibt sich aus den vorliegenden Befunden insofern nicht. Ein GdB von mehr als 10 ist deshalb für diese Beschwerden nicht gerechtfertigt.
Die beim Kläger vorliegende somatoforme Schmerzstörung vom Typ Fibromyalgie bedingt einen GdB von allenfalls 20. Sowohl Dr. Ki. als auch die Neurochirurgen in der Universitätsklinik M. haben das Fibromyalgie Syndrom bzw. die Beschwerden im rechten Arm unter die somatoformen bzw. psychosomatischen Störungen eingeordnet. Diese sind nach Nr. 3.7 Teil B VG, der im Wesentlichen Nr. 26.3 AHP entspricht, unter die Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen einzuordnen. Bei einer solchen Behinderung besteht ein GdB von 0 bis 20 bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen. Ein GdB von 30 bis 40 wird bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit z.B. bei ausgeprägteren depressiven, hypochondrischen, asthenischen oder phobischen Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoformen Störungen angenommen. Dabei geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine psychische Störung einen GdB von 30 nur dann rechtfertigt, wenn insofern eine psychologische oder psychiatrische Behandlung stattfindet (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2010 – L 8 SB 1549/10, veröffentlicht in Juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Ein GdB von 50 und mehr wird bei schweren Störungen wie z.B. schweren Zwangskrankheiten mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten angenommen.
Dr. Ham. hat diese Beschwerden in seinem letzten Schreiben gar nicht erwähnt, eine psychiatrische, psychologische oder psychosomatische Behandlung findet trotz wiederholter Hinweise darauf durch die behandelnden Neurologen und Neurochirurgen nicht statt. Die letzte Konsultation fand bei Dr. Ki. im Jahr 2009 statt. Er hat in Bezug auf das von ihm diagnostizierte Fibromyalgiesyndrom nur geringe Beschwerden beschreiben können. Zwar hat er alle Tenderpoints als positiv geschildert, andere Symptome wie z.B. eine Morgensteifigkeit o.ä. konnte der Kläger nicht oder nur in sehr geringer Ausprägung bestätigen. Eine spezielle Therapie, insbesondere eine spezifische Schmerztherapie findet insofern nicht statt. In den letzten Jahren fand wiederholt eine Diagnostik wegen der Beschwerden im Arm statt, ohne dass es insofern zu einer weitergehenden psychologischen, psychiatrischen oder schmerztherapeutischen Behandlung gekommen wäre. Diese Beschwerden können deshalb zwar unter die somatoformen Störungen eingeordnet, ein GdB von mehr als 20 ihnen jedoch nicht zugeordnet werden.
Die Beschwerden des Klägers in den Knien und Hüften bedingen keinen GdB von wenigstens 10. Nach Nr. 18.14 Teil VG, 26.18 AHP werden Bewegungseinschränkungen des Hüftgelenks geringen Grades (0-10-90°) mit einem GdB von 10 bis 20, bei beidseitiger Einschränkung mit einem GdB von 20 bis 30 berücksichtigt. Bewegungseinschränkungen in den Knien geringen Grades mit Einschränkung der Beugefähigkeit auf 90° bedingen einen GdB von 0 bis 10, bei beidseitigem Auftreten ist ein GdB von 10 bis 20 anzunehmen. Beim Kläger liegen Schmerzen im Hüftgelenk bei Coxarthrose vor. Eine wesentliche – über punktuelle Ereignisse – hinausgehende dauerhafte Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke konnten weder die behandelnden noch die begutachtenden Ärzte mitteilen. In den Knien besteht auf beiden Seiten ein Knorpelschaden und eine Gonarthrose, die rechts stärker ausgeprägt ist als links. Die Gelenke sind trotz einer Bandverletzung rechts stabil. Wesentliche Einschränkungen der Beweglichkeit ergibt sich aus diesen Befunden weder für die Knie noch für die Hüften. Auch eine Hüftdysplasie ist nicht diagnostiziert worden. Die Chondromalazie in den Knien führt nicht zu anhaltenden Reizerscheinungen, denn in der Vergangenheit ist es zwar immer wieder zu Beschwerden des Klägers im Sinne von Schmerzen gekommen, eine geringgradige Entzündung im linken Knie konnte nur Dr. Sche. einmalig feststellen.
Die Taubheit rechts bedingt einen GdB von 20. Nach Nr. 5.2.4 Teil VG, der im Wesentlichen Nr. 26.3 AHP entspricht, ist bei einer Taubheit auf einem Ohr bei Normalhörigkeit des anderen Ohrs ein GdB von 20 anzunehmen. Der Kläger kann nach den - insofern von ihm unbestrittenen - Befunden von Dr. Li. auf dem linken Ohr normal hören. Ein höherer GdB als 20 ergibt sich daraus nicht.
Für die vom Kläger geschilderte Beeinträchtigung seiner Sehfähigkeit kann kein GdB berücksichtigt werden. Der Kläger hat insofern angegeben, dass er Sehstörungen auf dem linken Auge habe. Diese konnte von Dr. S. nicht nachvollzogen werden. Er teilte insofern einen Visus von 0,9 auf jedem der Augen des Klägers mit, der nach Nr. 4.3 Teil B VG (26.4 AHP) einen GdB von 0 rechtfertigt.
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 Seite 10 der VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP).
Ausgehend von einem GdB von 20 für die Wirbelsäulenbeschwerden wird der GdB durch die Taubheit rechts um 10 auf 30 erhöht. Eine weitere Erhöhung durch die somatoforme Störung vom Typ Fibromyalgie ist nicht gerechtfertigt, denn insofern findet sich eine wesentliche Überschneidung. Beide Behinderungen drücken sich im Wesentlichen in Schmerzen in der LWS und Kopfschmerzen aus, die teilweise in die Arme ausstrahlen. Eine erneute Berücksichtigung durch eine weitere Erhöhung des Gesamt-GdB ist insofern nicht gerechtfertigt und würde zu einer Doppelbewertung der Schmerzen führen. Auch die mit einem GdB von 10 zu berücksichtigenden Beschwerden in den Armen rechtfertigen keine weitere Erhöhung des GdB auf 40 oder gar 50, denn diese Beschwerden und die Wirbelsäulenbeschwerden wirken sich nicht in außergewöhnlicher Weise erhöhend aufeinander aus.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
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