L 5 KR 5202/12 ZVW

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
L 5 KR 174/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 5202/12 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28.12.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die weitergehende Zahlung von Krankengeld ab dem 12.08.2010.

Der Kläger, der als Lagerist tätig war, hatte wegen der zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankungen "Diabetes, Polyneuropathie, Thalamussyndrom, Zustand nach cerebralen Ischämien und Thalamusinsult" vom 28.06.2008 bis 17.12.2008 Krankengeld bezogen. Mit bindend gewordenem Aussteuerungsbescheid der Beklagten vom 04.11.2009 war festgestellt worden, dass das Krankengeld wegen Ausschöpfung der Höchstbezugsdauer von 78 Wochen innerhalb der dreijährigen Blockfrist mit dem 17.12.2009 ende.

Danach hatte sich der Kläger arbeitssuchend gemeldet und Arbeitslosengeld bezogen. Er war dann wieder - mit Erstbescheinigung des Dr. J. vom 12.08.2010 sowie Folgebescheinigung dieses Arztes vom 08.09.2010 und weiterer Folgebescheinigung des Dr. K. vom 04.10.2010 für den Zeitraum vom 12.08.2010 bis 31.10.2010 krankgeschrieben worden und zwar wegen der Diagnosen "leichte kognitive Störung, cerebrovaskuläre Erkrankung, Diabetes, Polyneuropathie" bzw. "cerebrale transitorische ischämische Attacken (TIA), Diabetes mit mehreren Komplikationen". Außerdem wurden Auszahlscheine für Krankengeld vom 04.10.2010 sowie vom 25.10.2010, ausgestellt von Dr. K., vorgelegt. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 26.10.2010 mit, dass sie beabsichtige, Krankengeld wegen Ausschöpfens der Höchstbezugsdauer zu versagen.

Mit Anträgen auf Erlass einstweiliger Anordnungen vom 05.11.2010 (S 5 KR 5663/10 ER) und vom 08.11.2010 (S 5 KR 5685/10 ER) machte der Kläger sein Begehren auf Zahlung von Krankengeld beim Sozialgericht Freiburg geltend.

Mit Bescheid vom 10.11.2010 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld ab, da der Kläger wegen derselben Krankheit schon für 78 Wochen Krankengeld bezogen habe, so dass ihm weiteres Krankengeld ab 12.08.2010 nicht zustehe. Dagegen erhob der Kläger am 16.11.2010 Widerspruch.

Die Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz wurden mit Beschlüssen vom 02.12.2010 vom Sozialgericht Freiburg zurückgewiesen.

Mit Bescheid vom 01.03.2011 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung dem Kläger rückwirkend zum 01.09.2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (Zahlbetrag 740,85 EUR).

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Der Kläger erhob am 17.03.2011 Klage beim Sozialgericht Freiburg und machte erneut geltend, die Arbeitslosigkeit begründe eine neue Mitgliedschaft, so dass frühere Blockfristen aufgrund der früheren Mitgliedschaft als Lagerist jetzt keine Rolle mehr spielten. Ab der Arbeitsunfähigkeit vom 12.08.2010 laufe ein neuer Dreijahreszeitraum. Aufgrund eines Bescheides vom 01.03.2011 beziehe er nun Rente wegen voller Erwerbsminderung. Hätte die Beklagte ihm das zustehende Krankengeld von Anfang an gewährt, wäre ihm der über den Betrag der später rückwirkend bewilligten Rente hinausgehende Spitzbetrag nach § 50 Abs.1 Satz 2 SGB V verblieben. Die Beklagte dürfe aus ihrer rechtswidrigen Ablehnung des Krankengeldes jetzt keinen Vorteil schöpfen und müsse ihm den Spitzbetrag ausbezahlen.

Das Sozialgericht wies die Klage durch Gerichtsbescheid vom 28.12.2011 ab. Die Klage sei unbegründet, denn die Erkrankungen, wegen der die Krankschreibungen ab 12.08.2010 erfolgt seien, seien dieselben Erkrankungen, wegen derer der Kläger bereits für 78 Wochen Krankengeld bezogen habe. Deswegen sei er zum 17.12.2009 ausgesteuert worden. Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB V erhielten Versicherte für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit Krankengeld für längstens 78 Wochen innerhalb von je 3 Jahren (innerhalb der sogenannten Blockfrist), gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Da der Kläger die Krankengeld-Höchstbezugsdauer bereits am 17.12.2009 ausgeschöpft habe, könne ihm innerhalb der noch laufenden Blockfrist ein weiterer Krankengeldanspruch wegen derselben Erkrankungen nicht zustehen. Dass sich der Maßstab für das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit ändere, wenn es nicht mehr um einen Krankengeldanspruch aus der Krankenversicherung als Arbeitnehmer, sondern aus der Krankenversicherung der Arbeitslosen gehe, ändere nichts daran, dass innerhalb eines Dreijahreszeitraums immer nur für 78 Wochen Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit bestehe. Dem Kläger stehe deshalb kein Krankengeld bis zum 01.03.2011 zu; ab diesem Zeitpunkt bestehe schon nach § 50 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB V kein Anspruch auf Krankengeld mehr.

Gegen den seinem Bevollmächtigten am 05.01.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 12.01.2012 Berufung eingelegt. Er macht erneut geltend, mit dem Beginn der Arbeitslosigkeit sei eine neue Mitgliedschaft bei der Beklagten begründet worden, mit der ein neuer Anspruch auf Gewährung von Krankengeld in einer neuen Blockfrist entstanden sei. Er habe zwischenzeitlich notgedrungen den Weg in die Rente antreten müssen, der Krankengeldanspruch sei aber etwa 250 EUR/Monat höher als die Erwerbsminderungsrente.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28.12.2011 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 10.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2011 aufzuheben, hilfsweise abzuändern, und die Beklagte zu verurteilen, ihm Krankengeld ab dem 12.08.2010 zu gewähren, hilfsweise den gegenüber dem Zahlbetrag der Rente wegen voller Erwerbsminderung höheren Krankengeldspitzbetrag auszubezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Die Auffassung des Klägers, dass mit dem Beginn einer neuen Mitgliedschaft auf vorangegangene Vorerkrankungen und frühere Blockfristen nicht zurückgegriffen werden könne, finde keine Grundlage im Gesetz. Die Beklagte teilte ferner mit, dass ein Krankengeldanspruch des Klägers mit einem Leistungsbetrag von 33,47 EUR bemessen würde. Nach dem 12.08.2010 seien Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bzw. Auszahlscheine bis zuletzt zum 31.01.2011 vorgelegt worden.

Mit Urteil vom 13.06.2011 hat der Senat die Berufung als unzulässig verworfen, weil sich der Krankengeldanspruch des Klägers ungeachtet des zeitlich nicht begrenzten Klageantrags nur auf die Zeit vom 12.08.2010 bis zur Bewilligung der Rente ab dem 01.09.2010 erstrecken könne und damit der Beschwerdewert von 750 EUR nicht erreicht sei. Auf den hilfsweise geltend gemachten Spitzbetrag, den Differenzbetrag zwischen dem Krankengeld und der gewährten Erwerbsminderungsrente, bestehe kein Anspruch.

Dagegen hat der Kläger Revision zum Bundessozialgericht (BSG) eingelegt. Mit Beschluss vom 13.11.2012 hat das BSG das Urteil des Senats vom 13.06.2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakten des Sozialgerichts zu den Verfahren S 5 KR 5663/10 ER, S 5 KR 5685/10 ER und S 5 KR 1410/11 sowie auf die Akten des Senats zum vorliegenden Verfahren sowie zum Verfahren L 5 KR 174/12 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 141, 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Sie ist aber nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Krankengeld für die Zeit ab dem 12.08.2010. Der Bescheid vom 10.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Kläger hat wegen der cerebralen Erkrankung bereits ab dem 28.06.2008 Krankengeld bis zum Ende der Aussteuerung erhalten. Einem erneuten Krankengeldanspruch wegen der - unstreitig - selben Erkrankung ab dem 12.08.2010 steht die dreijährige Blockfrist des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V entgegen. Der Senat nimmt insoweit auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren ist noch auszuführen, dass auch der Senat die Auffassung des Klägers, nach dem Ende des Krankengeldbezuges wegen Aussteuerung habe mit dem Beginn des Arbeitslosengeldbezuges eine neue Mitgliedschaft bei der Beklagten begonnen, mit der einen neue Blockfrist eröffnet werde, nicht teilt.

Das Gesetz eröffnet mit § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V einen Krankengeldanspruch ohne auf die Art der zugrundeliegenden Versicherungspflicht abzustellen. Maßgeblich ist nach dieser Norm vielmehr der Umfang des Versicherungsverhältnisses. Dieses muss einen Anspruch auf Krankengeld umfassen. Auf welchem Tatbestand der Versicherungspflicht dieser Anspruch beruht, ist nicht maßgeblich. Der Kläger war bis zum Ende des Krankengeldbezuges nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten, anschließend beruhte seine Mitgliedschaft aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V. Ein Krankengeldanspruch besteht sowohl für Pflichtversicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V als auch für solche nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V. Die Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V begrenzt diesen Anspruch des Versicherten auf Krankengeld innerhalb der dreijährigen Blockfrist auf 78 Wochen. Dass bei einem Wechsel in der Art der Mitgliedschaft eine neue Blockfrist eröffnet wird, vermag der Senat den gesetzlichen Regelungen über den Krankengeldanspruch nicht zu entnehmen. Die Begrenzung der Leistungsdauer des Krg beruht maßgeblich auf der Erwägung, dass es in erster Linie der gesetzlichen Rentenversicherung obliegt, bei dauerhaft eingetretener Erwerbsminderung des Versicherten Entgeltersatzleistungen zur Verfügung zu stellen, während die gesetzliche Krankenversicherung typischerweise nur für den Ausgleich des entfallenden laufenden Arbeitsentgelts bei vorübergehenden, d.h. behandlungsfähigen Gesundheitsstörungen eintritt (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.2011 - B 1 KR 15/10 R -, veröffentlicht in Juris m.w.N.).

Daran ändert auch nichts, dass der Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit sich danach richtet, ob der Versicherte in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder arbeitslos ist. Ein "neuer" Krankengeldanspruch, für den eine neue Blockfrist nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V beginnen sollte, entsteht mit dem Beginn des Bezugs von Arbeitslosengeld nicht. Hiermit wechselt lediglich der zugrunde liegende Tatbestand für die Versicherungspflicht, der für den Krankengeldanspruch als solches nicht maßgeblich ist. Anderenfalls liefe die Regelung des § 48 Abs. 1 SGB V leer.

Auch auf die Entscheidung des Sozialgerichts Freiburg vom 08.03.2012 (S 5 KR 305/12 ER) kann sich der Kläger nicht berufen. Wenn darin ein Krankengeldanspruch als Anordnungsanspruch angenommen worden war, so beruhte dies darauf, dass eine neue Blockfrist für eine neue Erkrankung (Depression, nach zuvor ausgeheilter unfallbedingter Verletzung der Wirbelsäule) begonnen hatte, weil ein Hinzutritt der neuen Erkrankung nicht festgestellt werden konnte. Die Entscheidung betraf damit einen gänzlich anderen Sachverhalt.

Fehlt es damit aufgrund der Regelung des § 48 Abs. 1 Satz1 SGB V an einem Anspruch auf Krankengeld schon dem Grunde nach, so kommt auch der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf den über die ab 01.09.2010 gewährte Rente hinausgehenden Spitzbetrag nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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