L 8 SB 1081/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 SB 3691/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 1081/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50.

Der 1953 geborene Kläger beantragte am 13.04.2010 die Feststellung seiner Behinderung beim Beklagten. Dabei gab er an, das Landratsamt F./O. habe bereits zuvor eine Feststellung des GdB wegen einer Sehstörung getroffen. Das Landesamt für Soziales und Versorgung B. teilte am 25.05.2010 mit, die Akten im September 2005 vernichtet zu haben, weil ein GdB von unter 25 festgestellt worden sei.

Zur Begründung seines Antrags gab der Kläger an, an Beschwerden durch degenerierte Wirbelkörper und Wirbelsäule mit Beinverkürzung um 1,5 cm rechts zu leiden. Parallel laufe ein Verfahren bei einer Berufsgenossenschaft um Anerkennung der Beschwerden als berufsbedingt.

Der Beklagte zog einen Rehabilitationsentlassungsbericht der K.-Klinik B. N. vom 04.04.2010 über eine stationäre Rehabilitation vom 15.03.2010 bis 03.04.2010 bei. Die Rehabilitationsdiagnosen lauteten Lumboischialgien linksbetont bei Zustand nach Implantation einer Bandscheibenprothese L5/S1 am 21.10.2009, Bandscheibenvorfall L2/L3 in 07/2008, thorakolumbale Skoliose, Beckentiefstand rechts. Der Kläger sei trotz der Operation nicht beschwerdefrei. Er habe lumboischialgieforme Beschwerden bei Lagewechsel und nach längerem Sitzen insbesondere nach links ausstrahlend in die Hüfte, nicht ins Bein, keine Parästhesien (Normotonus der Muskulatur mit noch etwas Druckschmerz über L3 – L5, kein lokaler Druckschmerz, Finger-Boden-Abstand 13 cm, Schober 10/15 cm, Ott 30/34 cm, Lasègue negativ). Eine anamnestisch vorhandene Beinverkürzung von ca. 1,5 cm sei durch Einlagen voll ausgeglichen.

Nach Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. B., 17.06.2010) stellte der Beklagte mit Bescheid vom 18.06.2010 einen GdB von 30 wegen der Implantation einer Bandscheibenprothese L5/S1, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen fest.

Dagegen erhob der Kläger am 01.07.2010 Widerspruch, zu dessen Begründung er geltend machte, die Bewertung des GdB mit 30 für die Wirbelsäulenschäden sei zu niedrig. Außerdem habe die Beinverkürzung zu einem Hüftschiefstand geführt. Auch habe der Beklagte seine Kurzsichtigkeit nicht berücksichtigt. Dazu legte der Kläger ein Gutachten des Gesundheitsamts Landkreis B. Dr. K. vom 25.08.1993 vor, nach dem ihm seine Kurzsichtigkeit das Führen eines PKW gestattet. Der Kläger beantragte die Befragung seines behandelnden Augenarztes und die Übersendung der Verwaltungsakte zur Akteneinsicht, falls dem Widerspruch nicht stattgegeben werde, sowie die Übersendung des einzuholenden Befundberichts des Augenarztes.

Der Beklagte forderte den Befundbericht des Augenarztes Dr. L. vom 22.07.2010 an. Danach hat der Kläger am linken Auge einen Visus von 0,63, rechts von 0,4 jeweils mit Kontaktlinsen. Es bestehe eine beginnende Linsentrübung, aber noch keine Indikation zur Cataractoperation. Beidseits bestehe ein Zustand nach Hornhautulcera, so dass die Kontaktlinsen nicht ständig getragen werden könnten. Diesen Bericht übersandte der Beklagte dem Kläger nicht.

Nach erneuter Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. C., 03.08.2010) wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.08.2010 auch unter Berücksichtigung einer Sehminderung beidseits als zusätzlicher Behinderung zurück.

Dagegen erhob der Kläger am 02.09.2010 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG), zu deren Begründung er rügte, dass der Beklagte seinem Prozessbevollmächtigten nicht zur Widerspruchsbegründung die Akten zur Einsicht überlassen habe und er sich deshalb nicht zur Sache habe äußern können. Auch sei der Bandscheibenschaden mit einem GdB von 30 zu niedrig angesetzt. Es sei zu Unrecht nicht berücksichtigt worden, dass er an einem außergewöhnlichen Schmerzsyndrom leide und er seinen Beruf als Gärtner nicht mehr ausüben könne.

Der Kläger legte das Original einer Vollmacht vom 25.08.2010 vor, in dem er dem Rechtsanwalt Herrn M. S. [ ] und Kollegen Vollmacht zur Prozessführung erteilt. Die Vollmacht gilt für alle Instanzen und erstreckt sich auch auf Neben- und Folgeverfahren aller Art [ ] und umfasst insbesondere die Befugnis, Zustellungen zu bewirken und entgegenzunehmen, die Vollmacht ganz oder teilweise auf andere zu übertragen (Untervollmacht), Rechtsmittel einzulegen, zurückzunehmen oder auf sie zu verzichten [, ] sowie Akteneinsicht zu nehmen. Das SG überließ dem Klägervertreter die Verwaltungsakten zur Akteneinsicht.

Der Kläger reichte einen vorläufigen Entlassungsbericht des S. K. K. über eine stationäre Behandlung vom 21.09.2010 bis 03.10.2010 zu den Akten (Bericht vom 01.10.2010). Dort wurde er unter der Diagnose einer Lumboischialgie konservativ mit Schmerztherapie, Krankengymnastik und BV gestützter Facetteninfiltration behandelt. Neurologisch wurden keine Zeichen eines akuten radikulären Syndroms festgestellt. Die apparative Untersuchung zeigte einen regelrechten Sitz der Bandscheibenprothese.

Das SG befragte die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. W. teilte am 03.12.2010 mit, sie behandele den Kläger seit August 2010 mehrmals monatlich wegen Schmerzen im Lendenwirbelbereich (LWS), im September zusätzlich wegen Schmerzen in der rechten Hüfte. Seit September 2010 sei es zu einer Verschlimmerung mit Schwäche im Oberschenkel und häufigem Stolpern sowie Unsicherheit beim Treppaufwärtsgehen im rechten Bein gekommen. Die Schwäche komme bei schnellem Gehen und nur bei höherer Belastung des rechten Beins zum Tragen.

Dr. W. übersandte den endgültigen Entlassungsbericht des S. K. vom 09.11.2010. Danach beklagte der Kläger nach der empfohlenen Schmerztherapie weiterhin persistierende Beschwerden. Darauf habe man die Facetteninfiltration durchgeführt, die zu einer deutlichen Besserung der Beschwerden geführt habe. Sie übersandte weiterhin den Entlassungsbericht über die stationäre Behandlung zur Bandscheibenoperation im Oktober 2009 im S. K. K. vom 10.12.2009 und verschiedene Arztbriefe des Orthopäden Dr. S. vom 07.10.2010, 15.06.2010, 06.09.2010, und einen Koloskopie-Bericht des Gastroenterologen Dr. B. vom 20.07.2009 (Normalbefund, Polyp im proximalen Sigma).

Der Orthopäde und Chirotherapeut Dr. S., I. B ..., W., gab am 20.12.2010 an, der Kläger sei wegen akut aufgetretener Kreuzschmerzen mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung in der LWS, Schmerzen am linken Unterschenkel im Bereich der Achillessehne links, Schmerzen im rechten Bein mit Schwäche der Oberschenkelmuskulatur bei ihm in Behandlung gewesen. Eine neurologische Untersuchung am 15.12.2010 habe eine neu aufgetretene leichte Wurzelreizung L4 ergeben. Weiterhin sei neu eine Achillessehnenreizung links mehr als rechts aufgetreten, die mit Bandagen und Röntgenreizbestrahlung links behandelt worden sei.

Der Beklagte legte eine Stellungnahme des Dr. W. vom 16.05.2011 vor.

Das SG holte von Amts wegen ein orthopädisches Gutachten des Dr. v. S. aufgrund einer Untersuchung am 15.08.2011 ein. Dr. v. S. stellte einen Beckentiefstand rechts von zwei Zentimetern bei bekannter Beinlängendifferenz fest. Bei der Vorneigung entfalteten sich LWS und Brustwirbelsäule (BWS) bis zum Finger-Boden-Abstand von 15 cm. Das Zeichen nach Ott betrug 30/31 cm, Schober 10/16 cm. Es bestand ein Druck- und Federungsschmerz über dem rechten ISG, das auch hypomobil, aber nicht blockiert war. Hinweise auf eine lumbale Instabilität bestünden nicht. Das Muskelrelief der Beine stellte sich seitengleich und ohne umschriebene Atrophien dar. Der Blindgang sei leicht unsicher mit einem leichten Rechtsdrall. Die übrigen Gang- und Standvarianten waren seitengleich bzw. gut möglich. Im Bereich der linken Ferse bestanden leichte Druckschmerzen, die sich beim Beklopfen der Sehne und Auslösen des Achillessehnenreflexes verstärkten. Eine wesentliche Kraftminderung oder Auswirkung auf das Gehvermögen gebe der Kläger nicht an. Dr. v. S. kam zu dem Ergebnis, dass die Beweglichkeit der Wirbelsäule in allen Ebenen gut und nur für die Reklination endgradig schmerzhaft sei. Die Behinderungen seien in den angefochtenen Bescheiden vollständig und richtig mit einem Gesamt-GdB von 30 sehr großzügig erfasst. Die Beschwerden in der Achillessehne bedingten einen GdB von unter 10.

Dr. B. erstattete unter dem 18.08.2011 ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten für das SG. Auch dort gab der Kläger an, dass Kreuzschmerzen vor allem bei bestimmten körperlichen Belastungen aufträten wie z.B. beim Bücken und Überkopfarbeiten. Auch nach längerem Stehen baue sich ein drückender Kreuzschmerz auf, so dass er sich nach spätestens einer Stunde setzen müsse. Auf einem wirbelsäulengerechten Stuhl könne er zwei bis drei Stunden sitzen. Auch wenn er etwas Schweres heben oder mit einem Gewicht in der Hand Treppen steigen müsse, komme es zu Kreuzschmerzen. Es komme fast täglich etwa sieben- bis achtmal nach längerem Sitzen zu leichten Kribbelmissempfindungen an der Vorderseite der Oberschenkel und der Innenseite der Unterschenkel beidseits, die nach dem Aufstehen nach wenigen Sekunden abklängen. Wegen einer Auseinandersetzung mit seinem Arbeitgeber fühle er sich oft lustlos und müsse sich zu vielem aufraffen. Er sei oft niedergeschlagen, könne schlecht einschlafen und wache nachts häufiger auf. Bisher sei er noch allein zurecht gekommen und bedürfe keiner nervenärztlichen oder psychotherapeutischen Behandlung. Er habe im April 2011 einen Autounfall mit Prellungen am Brustkorb, am Knie und angebrochenem Brustbein gehabt. Dr. B. kam zu dem Ergebnis, dass eine durchgängige, tiefergehende depressive Verstimmung nicht bestehe, die affektive Schwingungsfähigkeit sei leicht eingeschränkt. Es sei insofern eine leichte Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion festzustellen. Dauerschmerzen im Knie bestünden nicht mehr, es komme haltungs- und belastungsabhängig zu drückenden Kreuzschmerzen. Die wiederkehrenden Kribbelmissempfindungen könnten Ausdruck einer leichten Wurzelirritation L4 und L5 beidseits sein. Der GdB für die leichte psychische Störung sei mit 10 anzusetzen. Unter Berücksichtigung des GdB von 30 für die Wirbelsäulenbeschwerden und von 10 für die Sehminderung bestehe insgesamt ein GdB von 30.

Mit Gerichtsbescheid vom 13.02.2012 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule seien mit einem GdB von 30 zutreffend berücksichtigt. Anhaltspunkte für außergewöhnliche Schmerzen bestünden nicht. Der GdB von 10 sei im Anschluss an die überzeugenden Ausführungen des Dr. B. für die leichte depressive Störung ausreichend. Es bestehe unter Berücksichtigung eines GdB von 30 und zwei GdB von 10 ein Gesamt-GdB von 30.

Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 20.02.2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 13.03.2012 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er vorträgt, dass das SG zu Unrecht davon ausgehe, dass von Seiten der Bandscheiben keine Änderung eingetreten sei. Vielmehr habe er im Oktober 2010 zwei Wochen stationär im Krankenhaus verbracht, um diese Beschwerden behandeln zu lassen. Auch verkenne das SG, dass er nicht mehr wie vorher Gartenarbeiten durchführen könne, sondern nunmehr nur noch leichte Arbeiten und Bürotätigkeiten im Wechselrhythmus ausüben könne. Außerdem finde entgegen der Ansicht des SG sehr wohl eine schmerztherapeutische Behandlung statt und zwar zum Einen 2010 im S. K. und zum Anderen durch Schmerzmittelverschreibung seitens der Hausärztin. Die Schmerzen seien immer wieder nicht permanent aber zunehmend vorhanden.

Er sei in der Zeit vom 09. bis 31.07.2012 erneut wegen Bandscheibenproblemen arbeitsunfähig krankgeschrieben gewesen. Er habe schon mehrfach unter starken Schmerzen gelitten. Nicht nur die Arbeitskraft sondern auch sein tägliches Leben werde durch die Behinderung insgesamt beeinflusst. Es bestehe eine chronische Schmerzstörung bei Verschleiß der LWS und Bandscheibenschäden, eine psychische Minderbelastbarkeit bei depressiver Entwicklung und Angststörung, eine starke Fehlsichtigkeit links und grauer Star, eine Arthrose im linken Sprunggelenk mit chronischen Schmerzen. Der Kläger hat zur weiteren Begründung Auszüge aus der Zeitschrift R. & Co 4/2012 sowie eine ärztliche Bescheinigung des Dr. S. vom 04.03.2013 vorgelegt.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13.02.2012 aufzuheben und den Bescheid vom 18.06.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.08.2010 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, einen GdB von wenigstens 50 seit 13.04.2010 festzustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung schließt er sich dem angefochtenen Gerichtsbescheid an. Die Tatsache, dass der Kläger seinen Beruf als Gärtner nicht mehr ausüben könne, führe nicht zu einer Höherbewertung.

Mit Schreiben vom 10.05.2012 hat der Berichterstatter den Kläger darauf hingewiesen, dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht beabsichtigt seien und eine Frist zur Antragstellung nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bis 15.06.2010 gesetzt. Auf Antrag des Klägers vom 25.05.2012 hat der Senat ein Gutachten des Orthopäden Dr. E. vom 28.09.2012 eingeholt. Dort hat der Kläger Beschwerden bei allen täglichen Abläufen, besonders durch Stehen angegeben. Er habe Schmerzen beim Wiederaufstehen nach längerem Sitzen (1 Stunde). Nach Spaziergängen mit einer Gehdauer von etwa 1,5 Stunden komme es zu lumboischialgieformen Beschwerden auf der rechten Seite, ausstrahlend in das Gesäß. Beim Schuheanziehen müsse er sich hinknien und habe Schmerzen beim Wiederaufrichten. Insbesondere am Ende des Arbeitstags, nunmehr in der Registratur der Sozialversicherung, sei er stark beeinträchtigt, da die Schmerzen sich dann erheblich aufgebaut hätten. Er müsse regelmäßig Schmerzmedikamente einnehmen. Gelegentlich habe er eine Parästhesie der Beine. Nach der Operation habe er unter der langen Unsicherheit bezüglich der beruflichen Zukunft und Wiedereingliederung gelitten. Nachdem dies geregelt sei, gehe es ihm von dieser Seite wieder deutlich besser. Dr. E. hat eine altersgerechte und regelrechte untere Extremität festgestellt. Seit Mai 2010 habe sich von Seiten der Wirbelsäule keine wesentliche Änderung mehr ergeben. Lediglich im September 2010 sei es zu einer Zunahme der Beschwerden gekommen, die durch die Facetteninfiltration behandelt worden sei. Aufgrund der fehlenden persistierenden neurologischen Ausfälle und der fehlenden lumbalen Instabilität erscheine eine Einschätzung mit einem Gesamt-GdB von 30 angemessen. Allerdings müsse aufgrund des langen Geschehens von einem chronischen Schmerzsyndrom ausgegangen werden, welches sich von dem ursprünglich schmerzauslösenden Moment losgelöst haben könne. Aufgrund der langen Geschichte des Kreuzschmerzes und der chronischen Form könne evtl. ein schmerztherapeutisches Gutachten sinnvoll sein. Mit der Ausdehnung des GdB auf über 50 rechne er allerdings nicht.

Dazu hat der Kläger ausgeführt, dass Dr. E. nicht auf ein Gutachten zur Anerkennung einer Berufskrankheit, das vom ersten Senat (L 1 U 1925/12) eingeholt worden sei, eingegangen sei. Das müsse noch nachgeholt werden, weil der Gutachter nicht alle für die Begutachtung relevanten Fragen habe berücksichtigen können. Die Gesamtheit, der kausale Zusammenhang der gesundheitlichen Einschränkungen und Beschwerden würden unzureichend gewürdigt. Die Darstellung der Schmerzen sei nicht ausreichend gewürdigt. Die Schmerzen seien ihm immer präsent, wenn auch mit schwankender Stärke. Die Einnahme der Schmerzmittel werde nur wegen einer möglichen Abhängigkeit auf das Notwendige beschränkt. Der Kläger hat weitere Einzelheiten im Gutachten bemängelt.

Der Kläger hat die Veranlassung eines ergänzenden schmerztherapeutischen Gutachtens beantragt (Schriftsatz vom 21.11.2012). Außerdem beantragt er eine gutachterliche Ergänzung durch Dr. E. soweit erforderlich durch entsprechende Gutachter anderer medizinischer Fachrichtungen bezüglich der genannten Ausführungen. Mit Schreiben vom 26.11.2012 hat die Berichterstatterin darauf hingewiesen, dass sie ein schmerztherapeutisches Gutachten nicht für erforderlich halte und hat dem Kläger eine Frist bis 19.12.2012 zur Benennung eines konkreten Sachverständigen gesetzt. Weiterhin hat sie einen weiteren Kostenvorschuss von 400 EUR angefordert. Das dem Schreiben angefügte Empfangsbekenntnis hat der Klägervertreter am 10.12.2012 unterschrieben. Am 07.01.2013 hat der Kläger die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG durch Dr. S. beim 1. Senat beantragt und dort einen Kostenvorschuss von 400 EUR eingezahlt. Auf den Hinweis des dortigen Berichterstatters, dass erst Aufklärungsbedarf zu anderen Voraussetzungen einer Berufskrankheit bestehe, und nach Übersendung eines Schreibens des erkennenden Senats vom 18.01.2013 mit der Anfrage, ob Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung bestehe, hat der Kläger mit Fax vom 21.01.2013 die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens von Dr. S., I. B ..., W. beantragt und dem Antrag einen Verrechnungsscheck über 400 EUR beigelegt (Eingang Senat 22.01.2013). Auf den Hinweis der Berichterstatterin, dass der Antrag verspätet gestellt sei und der Rechtsstreit zur mündlichen Verhandlung vorgesehen sei, hat der Kläger vorgetragen, dass die Rechtsschutzversicherung erst am 04.01.2013, 16.26 Uhr die Kostenzusage erteilt habe. Diese Zusage habe sein Prozessbevollmächtigter erst am 07.01.2013 in der Kanzlei vorgefunden.

Auf die Ladung vom 11.02.2013 (Zugang: 12.02.2013) hat der Kläger per Fax vom 12.02.2013 die Verlegung des Termins beantragt, weil sein sachbearbeitender Prozessbevollmächtigter an diesem Tag im Urlaub im Ausland sei. Der Vorsitzende hat ihn darauf hingewiesen, dass ein anderes Kanzleimitglied die Vertretung übernehmen könne, Hinderungsgründe der Kanzleikollegen seien glaubhaft zu machen (Verfügung vom 13.02.2013). Daraufhin hat der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten per Fax vom gleichen Tag mitgeteilt, dass es sein ausdrücklicher Wunsch sei, von RA S. vertreten zu werden, weil zu den anderen Rechtsanwälten der Kanzlei nicht dasselbe Vertrauensverhältnis bestehe. Die Ablehnung des Verlegungsgesuchs sei insofern eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Außerdem beabsichtige er nunmehr, nachdem der Senat die Einholung des Gutachtens durch Dr. S. ablehne, seinerseits ein Privatgutachten bei ihm in Auftrag zu geben. Dazu benötige Dr. S. aber bis April. Im Hinblick auf die Dauer des Rechtsstreits sei bei einer Verlegung des Termins auf April oder Mai auch nicht von einer Verzögerung auszugehen. Der Vorsitzende hat mitgeteilt, dass keine Hinderungsgründe glaubhaft gemacht seien und am Termin festgehalten werde (Verfügung vom 14.02.2013).

Mit Schreiben vom 18. und 21.02.2013 hat der Kläger das Mandat auf Rechtsanwalt S. persönlich beschränkt. Den übrigen Mitgliedern der Kanzlei in R. hat er das Mandat entzogen. Der Vorsitzende hat darauf hingewiesen, dass eine Änderung der Bevollmächtigung nach Erhalt der Ladung zum 22.03.2013 zu seinen Lasten gehe und den Senat nicht zu einer Verlegung des Termins veranlasse (Schreiben vom 25.02.2013).

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Karlsruhe und die beim Senat angefallene Akte.

Entscheidungsgründe:

Der Senat sah sich nicht an einer Entscheidung gehindert. Der im Termin zur mündlichen Verhandlung mit anwaltlicher Vertretung erschienene Kläger hat keine Umstände vorgetragen, die eine Verletzung seines Rechts auf rechtliches Gehör zu begründen vermögen.

Eine Terminsverlegung war nicht geboten. Der Verlegungsantrag ist vom Vorsitzenden mit Verfügungen vom 13., 14. und 25.02.2012 rechtlich zulässig abgelehnt worden. Einem Antrag auf Verlegung eines nach § 110 SGG anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung ist dann stattzugeben, wenn ein erheblicher Grund im Sinne der §§ 202 SGG, 227 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) dargetan und glaubhaft gemacht sind (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Aufl. § 110 Rn. 4b). Nach § 227 ZPO kann ein Termin aus erheblichen Gründen vom Vorsitzenden (§ 227 Abs. 4 ZPO) aufgehoben oder verlegt werden. Sofern der die Verlegung beantragende Prozessbeteiligte erhebliche Gründe geltend gemacht und gegebenenfalls auf Anforderung des Vorsitzenden glaubhaft gemacht hat, ist das Gericht zu ordnungsgemäßem Vorgehen und Aufhebung oder Verlegung des Termins verpflichtet (st. Rspr. des BSG, zuletzt Beschluss vom 18.12.2012 - B 1 KR 90/12 B, Juris Rn. 5). Solche wesentliche Verlegungsgründe hat das BSG etwa angenommen, wenn das Gericht dem verhinderten Prozessbeteiligten die Übersendung von Fahrkarten zum Termin vorab zugesagt hatte und diese Zusage nicht eingehalten hat und der Beteiligte darauf hin die Verlegung beantragt hat (BSG, Beschluss vom 18.12.2012 a.a.O.). Es hat einen solchen Fall weiterhin angenommen, wenn der Beteiligte einen Verlegungsantrag gestellt und gesundheitliche Gründe für seine Verhinderung geltend gemacht hat und das Gericht auf diesen Antrag nicht reagiert hat. Der Beteiligte darf dann davon ausgehen, dass das Gericht jedenfalls keine negative das Verfahren abschließende Entscheidung zu seinen Lasten treffen werde (BSG, Beschluss vom 17.02.2010 - B 1 KR 112/09 B, Juris Rn. 5 f.). Schließlich hat das BSG einen Verfahrensfehler angenommen, wenn ein Beteiligter wegen einer Terminskollision seines bevollmächtigten sachbearbeitenden Rechtsanwalts die Verlegung beantragt hat (BSG, Beschluss vom 13.11.2008 - B 13 R 303/07 B, Juris Rn. 8). In diesem Fall ist jedoch zu prüfen, ob nicht eine Vertretung durch einen anderen Prozessbevollmächtigten zumutbar ist, insbesondere wenn der bisherige Prozessbevollmächtigte in einer Sozietät tätig ist. Sofern nicht begründeter Anlass für die Absicht einer Prozessverschleppung besteht, ist im Zweifel jedoch dem Antrag auf Terminsverlegung zu folgen. Dies gilt insbesondere, wenn nur das sachbearbeitende Mitglied der Sozietät Fachanwalt für Sozialrecht ist und bisher kein anderes für die Vertretung zur Verfügung stehendes Mitglied mit der Sache befasst war (BSG v. 13.11.2008, a.a.O. Rn. 9).

Nach diesen Kriterien konnte der Vorsitzende den wiederholten Terminsverlegungsantrag des Klägers ablehnen. Zwar ist Rechtsanwalt S. nach eigenem Bekunden bisher allein mit der Sache befasst gewesen. Er ist aber nicht Fachanwalt für Sozialrecht, sondern für Arbeitsrecht, Medizinrecht und Versicherungsrecht. Mindestens ein weiteres Mitglied der Kanzlei (Rechtsanwältin R.) ist ebenfalls Fachanwältin für Arbeitsrecht. Der Rechtsstreit weist keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art auf. Auch muss sich der Vertreter nicht mit sich widersprechenden Gutachten auseinandersetzen, vielmehr stimmen die vorliegenden Gutachten in Befund und Bewertung der Befunde im Wesentlichen überein. Schließlich blieb im Hinblick auf den Eingang der Ladung beim Prozessbevollmächtigten am 12.02.2013, d.h. fast sechs Wochen vor dem Termin, noch hinreichend Zeit sich in den Sachstand einzuarbeiten. Auch ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass es dem Kläger etwa unzumutbar wäre, sich von einem anderen Mitglied der Kanzlei vertreten zu lassen. Dafür trägt er auch nichts vor, sondern äußert lediglich den Wunsch einer Vertretung durch Rechtsanwalt S ... Etwaige Hinderungsgründe des Klägers für eine Anreise zu einer Terminsvorbesprechung in der Kanzlei in R. sind weder geltend gemacht noch ersichtlich, zumal gegebenenfalls auch die Kanzleiräume im W. nach Terminsvereinbarung genutzt werden könnten. Dass dem Kläger die Kanzleikollegen in R. bislang unbekannt sind und er zu diesen kein Vertrauensverhältnis habe aufbauen können, begründet bei dieser Sachlage keinen erheblichen Grund für die Terminsverlegung. Weder Art der zu erörternden Behinderungen des Klägers noch der Schwierigkeitsgrad des Rechtsstreits lässt schützenswerte, besonderes Vertrauen genießende Interessenlagen erkennen. Der Entzug des Mandats gegenüber den anderen Mitglieder der Kanzlei führt zu keiner anderen Beurteilung, denn der Kläger hat dazu keine Begründung abgegeben und Rechtsanwalt S. die ausdrücklich eingeräumte Möglichkeit der Unterbevollmächtigung anderer Rechtsanwälte ebenfalls nicht entzogen.

Darüber hinaus ist der Antrag auf Verlegung des Termins vom 22.03.2013 erkennbar in der Absicht gestellt worden, den Prozess zu verschleppen, um trotz Versäumung der Antragsfrist für einen Antrag nach § 109 SGG und Verbrauch dieses prozessualen Rechts (dazu unten) doch noch eine gutachterliche Stellungnahme von Dr. S. vorlegen zu können und damit die gerichtlich gesetzten Fristen zu umgehen.

Letztlich hat der Kläger den Termin mit Rechtsanwalt Dr. L. als Sitzungsvertreter wahrgenommen. Einen Antrag auf Vertagung hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch nicht gestellt.

Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist zulässig (§ 151 SGG), aber nicht begründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 30 zu. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.

Die angefochtenen Bescheide sind nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil sie verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sind. Nach § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist einem Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen zu äußern, bevor ein Verwaltungsakt ergeht, der in die Rechte des Betroffenen eingreift. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Vorschrift, die grundsätzlich nur bei Eingriff in zuerkannte oder bestehende Rechte anzuwenden ist (vgl. von Wulffen in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 24 Rdz. 4), auch dann zu berücksichtigen ist, wenn wie vorliegend nicht hinreichend sicher feststeht, dass bereits in bestehende Rechte einer früheren GdB-Festsetzung (hier eine ungewisse GdB-Festsetzung von unter 25, was einen bestandskräftigen höheren GdB nicht ausschließt) eingegriffen wird. Hierauf beruhende Rechtsfehler wären jedoch nicht beachtlich.

Der Beklagte könnte dadurch gegen diese Vorschrift verstoßen haben, dass er dem Kläger nicht mitgeteilt hat, dass seine Akten beim Landesversorgungsamt B. bereits seit 2005 vernichtet waren und deshalb die GdB-Feststellung hinsichtlich der Sehbehinderung nicht übernommen werden konnten, denn jedenfalls ist dieser Fehler im Widerspruchsverfahren geheilt worden, § 41 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 3 SGB X. Der Beklagte hat den Umstand, dass die Akten des Landesversorgungsamts B. nicht mehr beigezogen werden konnten mit Schreiben vom 05.07.2010 dem Kläger mitgeteilt und ihn damit in die Lage versetzt, zu eventuell dort vorhanden medizinischen Unterlagen, die er im nunmehr angestrengten Verfahren berücksichtigt sehen wollte, weiter vorzutragen. Von dieser Möglichkeit hat der Kläger auch Gebrauch gemacht.

Der Beklagte hat weiterhin nicht gegen § 24 Abs. 1 SGB X verstoßen, indem er dem Kläger den Befundbericht von Dr. L. vom 22.07.2010 nicht zur Kenntnis gebracht hat, denn insofern griff der Widerspruchsbescheid nicht in seine Rechte ein. Der Beklagte berücksichtigte die sich abzeichnende Sehbehinderung im Widerspruchsbescheid zusätzlich (vgl. LSG Bayern, Urteil vom 17.05.2010 - L 14 R 486/09, Juris Rn. 35).

Der Beklagte hat zwar einen Verfahrensfehler begangen, indem er dem Klägervertreter auf seinen mehrfachen Antrag (Antrag auf Einsicht in die Akten im Schreiben vom 01.07.2010 und Bitte um Übersendung von Kopien des Befundberichts von Dr. L. vom 12.07.2010) keine Einsicht in die Verwaltungsakten gewährt hat, § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die Gewährung von Akteneinsicht war nicht dadurch entbehrlich geworden, dass der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 05.07.2010 mitgeteilt hat, welchen Entlassungsbericht er der Entscheidung zugrunde gelegt hat, denn damit war der Inhalt dieses Berichts dem Kläger nicht zugänglich und das Recht auf Akteneinsicht umfasst auch die Schreiben des Beklagten an die Rehabilitationsklinik und gegebenenfalls die beratungsärztlichen Stellungnahmen soweit sie medizinische Einschätzungen enthalten und vor allem das Schreiben des Landesversorgungsamts B. vom 19.05.2010. Darüber hinaus umfasste das Recht auf Akteneinsicht jedenfalls den Befundbericht von Dr. L., der für die Entscheidung von Bedeutung war.

Dieser Verfahrensfehler ist aber gemäß § 42 SGB X unbeachtlich, denn er führt nicht zur Nichtigkeit der angefochtenen Bescheide und hat die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst. Es ist nicht ersichtlich, welches entscheidungserhebliche Vorbringen des Klägers, das geeignet gewesen wäre, eine andere Verwaltungsentscheidung herbeizuführen, wegen fehlender Akteneinsicht unterblieben ist. Hierzu ist auch nichts vorgetragen. Der Beklagte hat auch ohne Einsicht des Klägers in die Akten alle vorliegenden Behinderungen zutreffend gewürdigt. Ein Ermessen stand dem Beklagten bei der Beurteilung des GdB nicht zu (vgl. dazu LSG Bayern, Urteil vom 17.05.2010 - L 14 R 486/09, Juris Rn. 35).

Die angefochtenen Bescheide sind materiell rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen – welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören – zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 – 9 RVs 15/96BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.

Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 – B 9 SB 3/02 R - BSGE 91, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3 3870 § 4 Nr. 1).

Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 mwN). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, aaO, RdNr. 30).

Nach diesen Kriterien sind die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers mit einem GdB von 30, die psychischen Beschwerden mit einem GdB von 10 und die Beeinträchtigung der Sehfähigkeit mit einem GdB von 10 ausreichend berücksichtigt.

Die Beeinträchtigung des Klägers von Seiten der Wirbelsäule bedingt keinen höheren GdB als 30. Nach Nr. 18.9 Teil B VG bedingen Wirbelsäulenschäden, die keine Bewegungseinschränkung oder Instabilität verursachen einen GdB von 0. Bei geringen funktionellen Auswirkungen wird ein GdB von 10 angenommen, bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt, d.h. Verformung, häufig rezidivierenden oder anhaltenden Bewegungseinschränkungen oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierenden und über Tage andauernden Wirbelsäulensyndromen wird ein GdB von 20 angenommen. Ein GdB von 30 ist gerechtfertigt bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt mit z.B. häufig rezidivierenden und Wochen andauernden ausgeprägten Wirbelsäulensyndromen oder bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten. Ein GdB von 30 bis 40 wird angenommen bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten. Ein GdB von 50 ist gerechtfertigt bei besonders schweren Auswirkungen wie z.B. der Versteifung großer Teile der Wirbelsäule, anhaltender Ruhigstellung durch eine Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst. Ausweislich der Rehabilitationsentlassungsberichts vom 04.04.2010 leidet der Kläger an lumboischialgieformen Beschwerden bei Lagewechsel und längerem Sitzen, die auch in die Hüfte ausstrahlen. Weiterhin besteht eine Beinverkürzung um 1,5 cm nach rechts, die aber durch Einlagen ausgeglichen ist. Die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule ist nicht eingeschränkt, insbesondere entfaltet sich die Wirbelsäule im Wesentlichen frei wie die Normalwerte für die Zeichen nach Schober und Ott sowie der Finger-Boden-Abstand von 13 cm zeigt. Nervenwurzelreizerscheinungen konnten in der Rehabilitation nicht festgestellt werden (Lasègue negativ). Im September und Oktober 2010 kam es zu einer Verschlimmerung der Schmerzen in der Wirbelsäule, die schließlich eine Facetteninfiltration notwendig machte, die ihrerseits erfolgreich war, also die aufgetretenen Schmerzen bessern konnte. Die Befunde stimmen im Wesentlichen mit den vom behandelnden Orthopäden Dr. S. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 20.12.2010 mitgeteilten überein, der von einer schmerzhafter Bewegungseinschränkung berichtete. Er hat darüber hinaus eine leichte Wurzelreizung L4 angegeben, also eine leichte neurologische Beeinträchtigung, die zu keinen neurologischen Ausfällen im eigentlichen Sinne führte. Auch Dr. v. S. bestätigt in seinem Gutachten vom 15.08.2011 im Wesentlichen diese Befunde. Auch dort war die Beweglichkeit der Wirbelsäule weitgehend frei, nur das ISG war hypomobil, aber nicht blockiert. Vom Kläger berichtete Kribbelgefühle in den Beinen interpretierten Dr. v. S. und Dr. B. als mit einer Wurzelreizung L4 vereinbar. Diese neurologische Problematik besserte sich aber jeweils nach einigen Minuten und war nicht dauerhaft vorhanden. Nach dem Gutachten von Dr. B. vom 18.08.2011 leidet der Kläger darüber hinaus an drückenden Kreuzschmerzen, die vor allem im Stehen auftreten und bei körperlichen Belastungen auftreten. Dem entsprechen auch die von Dr. E. und zuletzt von Dr. S. in der ärztlichen Bescheinigung vom 04.03.2013 mitgeteilten Beeinträchtigungen. Dort hat der Kläger angegeben unter Schmerzen bei allen täglichen Abläufen zu leiden und durch Stehen Beschwerden zu haben, die in das Gesäß und bis in die rechte Wadenaußenseite ausstrahlten.

Diese Beschwerden sind als mittelgradige Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt großzügig bewertet, wie Dr. v. S. zutreffend angemerkt hat. Der Kläger leidet kaum unter Bewegungseinschränkungen von Seiten der Wirbelsäule. Seine Beschwerden beschränken sich auf Schmerzen, die nicht dauerhaft, sondern vor allem bei längeren Belastungen durch einseitige Positionen (Stehen, Gehen, Sitzen) hervorgerufen werden. Die Wirbelsäule ist nicht instabil, neurologische Ausfälle sind nicht zu verzeichnen, die gelegentlichen Kribbelmissempfindungen klingen in der Regel schnell wieder ab, führen also nicht zu bleibenden Beeinträchtigungen. Ein GdB von mehr als 30 kann aus diesen Beschwerden auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers zum Gutachten von Dr. E. nicht abgeleitet werden.

Die psychische Beeinträchtigung des Klägers ist mit einem GdB von 10 ausreichend berücksichtigt. Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bedingen einen GdB von 0 bis 20, wenn es sich um leichtere psychovegetative oder psychische Störungen handelt. Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit wie z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert bedingen einen GdB von 30 bis 40, Nr. 3.7 Teil B VG. Beim Kläger liegen nach den Angaben von Dr. W. vom 03.12.2010 Schmerzen in der Lendenwirbelsäule vor, die Dr. E. in seinem Gutachten vom 28.09.2012 als möglicherweise vom eigentlichen körperlichen Geschehen als losgelöst bezeichnet hat, und Schmerzen in der rechten Hüfte. Wegen dieser Schmerzen bedurfte der Kläger einmalig einer Schmerztherapie mittels Facetteninfiltration im S. K. in K. im Oktober 2010, die von allen behandelnden und begutachtenden Ärzte und letztlich vom Kläger selbst als erfolgreich bezeichnet wurde. Darüber hinaus nimmt der Kläger immer mal wieder Schmerzmittel ein, die er nach eigenem Bekunden im Berufungsverfahren auf ein Minimum zu reduzieren versucht. Weder Dr. W. noch Dr. B. in seinem Gutachten vom 18.08.2011 konnten eine somatoforme Schmerzstörung diagnostizieren, Dr. E. bezeichnet eine Loslösung der Schmerzen vom eigentlichen körperlichen Geschehen in seinem Gutachten vom 28.09.2012 lediglich als bloße Möglichkeit. Der Senat sah sich insofern auch nicht gehalten, ein schmerztherapeutisches Gutachten einzuholen, denn die Schmerzen des Klägers sind durch das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. B. vom 18.08.2011 ausreichend geklärt. Eine somatoforme Störung wird auch von den VG in Teil B Nr. 3.7 als psychische Störung eingeordnet. Dr. B. ist als Neurologe und Psychiater deshalb in der Lage, eine somatoforme Störung festzustellen, wenn eine solche vorhanden ist. Entsprechend hat er auch die Schmerzen des Klägers in seinem Gutachten dargestellt und trotz der dargestellten Schmerzen eine somatoforme Schmerzstörung nicht festgestellt. Vielmehr interpretiert er erkennbar die Schmerzen als Folge der Wirbelsäulenerkrankung und bemisst deshalb den GdB für diese Beschwerden mit 30. Ein weiteres schmerztherapeutisches Gutachten ist darüber hinaus zur Überzeugung des Senats nicht erforderlich, um diese Beschwerden angemessen zu erfassen.

Daneben liegen beim Kläger nach den Ausführungen von Dr. B. eine gewisse Niedergeschlagenheit, Einschlaf- und Durchschlafstörungen vor. Er kommt dennoch ohne nervenärztliche Hilfe aus. Eine durchgängige, tiefergehende depressive Verstimmung liegt nicht vor, wie Dr. B. überzeugend ausgeführt hat. Diese Beschwerden sind nach Klärung der Arbeitssituation nach eigenen Angaben des Klägers gegenüber Dr. E. auch rückläufig, dem Kläger geht es inzwischen psychisch wieder besser. Ein GdB von mehr als 10 ist daraus nicht abzuleiten.

Die beim Kläger darüber hinaus vorliegende Sehbeeinträchtigung bedingt einen GdB von 10. Nach Nr. 4.3 Teil B VG bedingt eine Sehkraft von 0,63 auf einem Auge bei gleichzeitiger Sehkraft von 0,4 auf dem anderen Auge einen GdB von 10. Diese Werte hat Dr. L. in seinem an den Beklagten im Widerspruchsverfahren erstatteten Befundbericht mitgeteilt. Der Senat hat keinen Anlass an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Sofern der Kläger bei Dr. E. angegeben hat, dass sich die Sehkraft auf seinem linken Auge verschlechtert habe und über eine Operation nachgedacht werde, sieht der Senat keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen. Auch Dr. L. hat in seinem Befundbericht vom 22.07.2010 eine beginnende Linsentrübung im Sinne eines Cataract beschrieben, aber gleichzeitig mitgeteilt, dass noch keine OP-Indikation bestehe. Entsprechend ist auch zu diesem Zeitpunkt bereits über eine Cataract-Operation nachgedacht worden, ohne dass eine solche bisher notwendig geworden war. Insofern ergibt sich aus den rudimentären Angaben des Klägers, die er auch in seiner Berufungsbegründung an das Gericht nicht wiederholt hat, kein Hinweis auf eine wesentliche Verschlechterung der Sehbehinderung, die zu Berücksichtigung eines höheren GdB führen könnte.

Die übrigen geschilderten Beschwerden in Folge des Autounfalls vom April 2011 und auch die Beschwerden von Seiten der Hüften bedingen keinen eigenen GdB, denn sie waren vorübergehender Natur und bestanden nicht wenigstens sechs Monate, so dass eine Behinderung insofern nicht anzunehmen ist.

Weitere Ermittlungen von Amts wegen sind aufgrund der dargelegten überzeugenden gutachterlichen Ausführungen nicht erforderlich. Das in der mündlichen Verhandlung vom Kläger beantragte "Schmerzgutachten" ist bei insoweit geklärtem medizinischen Sachstand nicht notwendig. Es mag offen bleiben, ob es sich bei dem ohne die unter Beweis gestellte Tatsachenfrage konkretisierenden Antrag des Klägers um einen zulässigen Beweisantrag handelt. Jedenfalls ist dem neurologischen Gutachten von Dr. B. und dem orthopädischen Gutachten von Dr. v. S. nachvollziehbar zu entnehmen, dass über die vom erfassten Wirbelsäulenleiden berücksichtigte Schmerzbeeinträchtigung hinausgehende Beschwerden nicht vorliegen, wie oben dargelegt.

Darüber hinaus ist auch nach § 109 SGG keine weitere medizinische Aufklärung veranlasst. Der Antrag auf Anhörung des Dr. W. S., W. gemäß § 109 SGG ist abzulehnen, denn der Kläger hat den Antrag zu spät gestellt und das Antragsrecht nach § 109 SGG ist verbraucht. Nach § 109 Abs. 2 SGG kann das Gericht den Antrag auf Anhörung eines bestimmten Arztes als Sachverständigen ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtstreits verzögert würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Eine Verspätung aus grober Nachlässigkeit liegt vor, wenn jede zur sorgfältigen Prozessführung erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen ist, wenn nicht getan wird, was jedem einleuchten muss. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Einholung eines weiteren Gutachtens würde die Erledigung des Rechtsstreits verzögern, denn der Senat hatte bereits durch die Schreiben vom 23.11.2012 (Hinweis § 109 SGG) und 18.01.2013 (Anfrage zur Zustimmung zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung) zum Ausdruck gebracht, dass er den Rechtsstreit für entscheidungsreif hält und ihn auch für den 22.03.2013 zur mündlichen Verhandlung geladen. Eine erneute Begutachtung durch Dr. S. ist bis zu diesem Termin zur mündlichen Verhandlung nicht möglich. Das hat auch der Kläger faktisch selbst bestätigt, indem er vorgetragen hat, dass Dr. S. auch ein Privatgutachten bis zum 22.03.2013 nicht erstellen kann, sondern dazu mindestens bis April 2013 benötigt.

Der am 21.01.2013 beim Senat eingegangene Antrag wurde auch aus grober Nachlässigkeit nicht bis zum Ablauf der vom Senat bis 19.12.2012 gesetzten Frist gestellt. Im Hinblick darauf, dass der Klägervertreter erst am 10.12.2012 das Empfangsbekenntnis unterschrieben hat, hätte es nahegelegen, eine Verlängerung der darin gesetzten Frist zu beantragen als absehbar wurde, dass die Rechtsschutzversicherung die aus Sicht des Klägers notwendige Deckungszusage für ein weiteres Gutachten nicht vor Ablauf der Frist geben würde. Für einen solchen Antrag auf Verlängerung der Frist zur erneuten Antragstellung nach § 109 SGG blieben dem Kläger immerhin noch neun volle Tage nach (angeblichem) Eingang des gerichtlichen Schreibens. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Klägervertreter im Vorfeld mitgeteilt hatte, in der Zeit vom 25.11.2012 bis 09.12.2012 urlaubsabwesend zu sein, denn der prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt betreibt die Kanzlei mit fünf weiteren Rechtsanwälten, so dass der Senat davon ausgehen konnte, dass zumindest eine Vertretung für eilige Schreiben oder für die Beantragung einer Fristverlängerung gewährleistet ist. Etwas Anderes hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers auch nicht mitgeteilt. Doch selbst wenn der Senat gehalten gewesen wäre, eine Fristüberschreitung um wenige Tage im Hinblick auf die vorausgegangene Anzeige der Urlaubsabwesenheit des sachbearbeitenden Rechtsanwalts als noch nicht grob nachlässig zu beurteilen, ist dies vorliegend bei einer Fristversäumung um mehrere Wochen ausgeschlossen.

Auch im Folgenden hat der Klägerbevollmächtigte, dessen Verschulden dem Kläger zuzurechnen ist (§ 85 Abs. 2 ZPO), die erforderliche Sorgfalt grob verletzt, indem er den von ihm im hiesigen Verfahren beabsichtigten Antrag beim 1. Senat gestellt hat, ohne in der Antragstellung erkennen zu geben, dass sich sein Antrag auf das hiesige Verfahren bezog. Das gilt umso mehr als im 1. Senat derzeit überhaupt keine medizinischen Ermittlungen durchgeführt werden, weil zunächst die übrigen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Berufskrankheit abzuklären sind.

Das Antragsrecht nach § 109 SGG ist außerdem verbraucht. Grundsätzlich besteht – zumindest für dasselbe Fachgebiet – das Recht auf Anhörung eines bestimmten Sachverständigen nach § 109 SGG nur einmal in beiden Instanzen (Keller in: Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Aufl. § 109 RdNr. 10b). Der Senat hat bereits auf Antrag des Klägers den Orthopäden Dr. E. nach § 109 SGG als Sachverständigen gehört. Einem wiederholenden Antrag muss nur gefolgt werden, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen. Besondere Umstände können z.B. die erneute Anhörung desselben Sachverständigen rechtfertigen, wenn der bereits gehörte Sachverständige sich nicht zu allen entscheidungserheblichen Umständen geäußert hat oder sich zusätzliche rechtserhebliche Tatsachen ergeben haben, zu denen eine Stellungnahme erforderlich ist. In solchen Fällen braucht das Gericht in der Regel nicht dem Antrag auf Anhörung eines anderen Gutachters stattzugeben, sondern kann den Betroffenen auf eine erneute Anhörung desselben Gutachters verweisen (Keller a.a.O.).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anhörung eines anderen Orthopäden nach § 109 SGG, nachdem der Senat bereits Dr. E. mit der Begutachtung beauftragt hat. Dr. S. deckt insofern dasselbe Fachgebiet ab wie Dr. E., denn auch bei ihm handelt es sich um einen Orthopäden und nicht - wie der Kläger vorzutragen scheint - um einen Schmerztherapeuten. Dr. S. ist der behandelnde Orthopäde des Klägers und führt ausweislich des bei seiner sachverständigen Zeugenaussage am 20.12.2010 verwendeten Briefkopfs auch nicht die Zusatzbezeichnung Schmerztherapie oder ist sonst ein besonders im Bereich der Schmerztherapie versierter Arzt. Das macht der Kläger auch gar nicht geltend.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf erneute Anhörung von Dr. E ... Zwar steht einem Beteiligten nach § 116 SGG i.V.m. §§ 402, 397 ZPO das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache als dienlich erachtet. Das Gericht kann den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens zum Termin laden (§ 118 SGG, § 411 Abs. 3 ZPO) oder es kann die schriftliche Ergänzung des Gutachtens durch den Sachverständigen veranlassen, wenn dies zweckmäßig erscheint. Dabei müssen die dem Sachverständigen zu stellenden Fragen vom Beteiligten nicht formuliert werden. Es reicht aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen. Die Sachdienlichkeit einer angekündigten Frage ist insbesondere dann zu bejahen, wenn sich die Frage im Rahmen des Beweisthemas hält und nicht abwegig oder bereits eindeutig beantwortet ist; andernfalls kann das Begehren rechtsmissbräuchlich sein (BSG, Beschluss vom 19.11.2009 - B 13 R 247/09 B -, Juris; zuletzt BSG Urteil vom 17.12.2012 - B 13 R 355/11 -, vom 25.10.2012 - B 9 SB 51/12 - , Juris). Auf die Frage, ob das Gericht selbst das Sachverständigengutachten für erklärungsbedürftig hält, kommt es dabei nicht an. Es gehört zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs dazu, dass die Parteien den Sachverständigen Fragen stellen, ihnen Bedenken vortragen und sie um eine nähere Erläuterung von Zweifelspunkten bitten können (BSG, Beschluss vom 24.07.2012 – B 2 U 100/12 B –, Juris).

Nach diesen Grundsätzen haben sich keine besonderen Umstände ergeben, die eine erneute Anhörung von Dr. E. notwendig machen. Der Kläger macht insofern geltend, Dr. E. sei nicht auf ein Gutachten zur Anerkennung einer Berufskrankheit eingegangen. Dieser Vortrag gibt dem Senat keinen Anlass Dr. E. mit der Abgabe einer ergänzenden Stellungnahme zu beauftragen. Auf die Frage, ob die Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen ist, kommt es für die Entscheidung in diesem Rechtsstreit nicht an, denn für die Beurteilung des zutreffenden GdB für diese Beeinträchtigung kommt es ausschließlich auf das Ausmaß der Teilhabe im Leben in der Gesellschaft an, nicht aber auf die Frage der Ursache für das Vorliegen dieser Beeinträchtigung.

Der Kläger macht weiterhin geltend, der Zusammenhang zwischen der LWS-OP im Bereich L5/S1, der gesamten Degeneration der LWS, der damit verbundenen Schmerzen, der notwendigen Facettenbehandlung im S. K. und dem Hüfttiefstand mit Verkürzung 1,5 cm rechts werde im Gutachten unzureichend dargestellt. Welche Art von Stellungnahme der Kläger insofern von Dr. E. erwartet, erschließt sich dem Senat nicht. Soweit der Kläger insofern erneut Ursachenzusammenhänge geklärt haben möchte, sind diese - wie dargelegt - nicht entscheidungsrelevant. Soweit der Kläger damit andeuten möchte, dass sich die Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule und die Beinverkürzung rechts gegenseitig verstärken, hat er nicht dargelegt, inwiefern dieser Zusammenhang im Gutachten nicht ausgeführt wird. Vielmehr hat er insofern Einigkeit zwischen dem Gutachter und sich selbst bekundet.

Weiterhin habe der Gutachter die Darstellung der Schmerzen nicht ausreichend gewürdigt. Mit dieser Rüge gibt der Kläger zu erkennen, dass Dr. E. die Schmerzen zutreffend dargestellt hat, er jedoch meint, Dr. E. habe eine unzureichende GdB-Funktionsbewertung vorgenommen. Welcher GdB den Schmerzen im Einzelnen zuzuordnen ist, ist aber eine Rechtsfrage, die über die funktionelle Auswirkung von Schmerzen hinaus der Sachaufklärung durch ein medizinisches Sachverständigengutachten nicht zugänglich ist.

Warum die Arbeitsunfähigkeit im August - also die allein im Krankenversicherungsrecht maßgebliche Feststellung der vorübergehenden Unfähigkeit seiner konkret ausgeübten Arbeitstätigkeit nachzugehen - Relevanz für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren haben soll, hat der Kläger nicht vorgetragen und ist für den Senat nicht ersichtlich, denn für die Bewertung des GdB kommt es auf die Beeinträchtigung im gesamten Leben und nicht auf die Fähigkeit der Ausübung der konkreten Arbeitstätigkeit an.

Weiterhin sieht der Kläger Ergänzungsbedarf im Gutachten, weil die körperliche Belastbarkeit schwer eingeschränkt und der Schweregrad der Nervenwurzelreizung mittelschwer bis schwer sei. Das stehe im Widerspruch zu der nur oberflächlich dargestellten Belastungs- und Bewegungseinschränkung. Der Kläger vermischt hier die medizinische Schlussfolgerung (schwere Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit) mit den medizinischen Befundtatsachen (Bewegungseinschränkung im Sitzen 1,5 Std). Dr. E. schließt aus dieser von ihm wiedergegebenen Schilderung des Klägers, dass die körperliche Belastbarkeit schwer eingeschränkt sei. Ob diese medizinische Schlussfolgerung überzeugend ist, hat der Senat zu befinden. Welche ergänzende Stellungnahme Dr. E. insofern abgeben soll, ist aus dem Vortrag des Klägers nicht ersichtlich.

Schließlich rügt der Kläger, Dr. E. habe das Stehvermögen falsch dargestellt, ihm sei mitgeteilt worden, dass bereits nach 0,5 Stunden ein Druckschmerz im Bereich der LWS entstehe, der durch Sitzen oder ähnliches wieder verringert werden müsse. Deshalb habe er seine Tätigkeit im Gartenbau stark einschränken müssen. Dr. E. schildert Beschwerden bei allen täglichen Abläufen und besonders eine Einschränkung durch Stehen. Inwiefern Dr. E. hier von der Schilderung des Klägers abweicht, erschließt sich dem Senat nicht.

Die vom Kläger als fehlend bemängelten Auswirkungen der Beeinträchtigungen auf alle Bereiche des Lebens gehören zur Einordnung der medizinisch feststehenden Funktionsbeeinträchtigungen unter einen GdB. Das ist eine Rechtsfrage, die vom Senat und nicht im Rahmen der medizinischen Sachaufklärung zu beantworten ist. Die psychischen Auswirkungen der Erkrankung kann Dr. E. nur im Rahmen seiner orthopädischen Kenntnisse beantworten. Eine Begutachtung psychischer Erkrankungen liegt nicht in seinem Fachgebiet und kann deshalb auch nicht von ihm - über das bei orthopädischen Beschwerden übliche Maß hinaus - verlangt werden.

Das SG hat zutreffend einen Gesamt-GdB von 30 festgestellt. Auf die Ausführungen des SG wird insofern Bezug genommen, der Senat schließt sich ihnen nach eigener Überprüfung an, § 153 Abs. 2 SGG.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Berufung bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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