Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 2075/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4794/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 31.08.2011 abgeändert und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 03.07.2008 und 04.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2009 verurteilt, der Klägerin Krankengeld vom 01.09.2008 bis 11.09.2009 zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt 2/3 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin über den 31.08.2008 hinaus Anspruch auf Krankengeld hat.
Die 1953 geborene Klägerin war als Verwaltungsangestellte versicherungspflichtig beschäftigt und bei der Beklagten krankenversichert. Vom 13.02.2007 bis 24.02.2008 war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Die Erstbescheinigung der Arbeitsunfähigkeit (AU) erfolgte am 13.02.2007 durch den Orthopäden Dr. O., der AU bis 09.03.2007 mit der Diagnose nach ICD-10 M 42.10 (Osteochondrose der Wirbelsäule) bescheinigte. In der Folgebescheinigung vom 06.03.2007 wurde wiederum allein die Diagnose M 42.10 aufgeführt. Nachfolgend schrieb Dr. O. die Klägerin durchgehend wegen dieser Erkrankung arbeitsunfähig krank. Vom 29.11.2007 bis 03.01.2008 nahm die Klägerin an einer Rehabilitationsmaßnahme im Reha-Zentrum Sch., Abteilung Innere Medizin/Schwerpunkt Lungen- und Bronchialheilkunde teil, aus dem sie mit den Diagnosen Asthma Bronchiale, Diabetes mellitus Typ II, arterielle Hypertonie, Zustand nach zerebraler transitorischer ischämischer Attacke 10/05 und degeneratives HWS-Syndrom arbeitsfähig entlassen wurde. Bis 24.02.2008 wurde die Klägerin gleichwohl wegen der Wirbelsäulenerkrankung weiter durchgehend arbeitsunfähig krankgeschrieben und bezog Krankengeld (Krg). Ab 25.02.2008 bestand keine AU mehr, die Klägerin arbeitete vom 10. bis 14.03.2008. Am 14.03.2008 hatte die Klägerin ein Gespräch mit ihrem Vorgesetzten und erlitt einen Nervenzusammenbruch, weshalb sie von ihrem Hausarzt Dr. A. am 14.03.2008 (Erstbescheinigung) bis zunächst 19.03.2008 und in der Folge durchgehend bis 07.03.2010 mit der Diagnose Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen, nicht näher bezeichnet (F 43.9 G) arbeitsunfähig geschrieben wurde. Die Beklagte zahlte Krg vom 15.03. bis 31.08.2008 (170 Tage).
Mit Schreiben vom 03.07.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie Krg bei fortbestehender AU noch bis zum 31.08.2008 wegen der Höchstdauer von 78 Wochen innerhalb des Dreijahreszeitraums vom 13.02.2007 bis 12.02.2010 zahlen werde. Mit Schreiben vom 15.10.2008 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin die Überprüfung der Bezugsdauer von Krg. Die Klägerin sei bis 24.02.2008 wegen Osteochondrose der Wirbelsäule arbeitsunfähig geschrieben gewesen, ab dem 14.03.2008 sei sie aufgrund einer Anpassungsstörung und damit einer anderen Diagnose arbeitsunfähig. Da sie hinsichtlich der Erkrankung der Wirbelsäule nach dem 24.02.2008 nicht weiter arbeitsunfähig gewesen sei, beginne hinsichtlich der psychischen Erkrankung die Rahmenfrist ab 14.03.2008 neu. Nach den vorliegenden AU-Bescheinigungen des Dr. O. vom 13.02.2007 und 06.04.2007 sei die Klägerin ausschließlich wegen Osteochondrose der Wirbelsäule arbeitsunfähig geschrieben worden. Insofern verwundere es, wenn gemäß Ausdruck vom 20.10.2008 (Auflistung der bei der Beklagten registrierten Zeiten der AU mit Diagnosen) Dr. O. eine AU-Meldung gemäß F 43.0 abgegeben haben solle. Dies stimme mit der tatsächlich vorliegenden AU-Meldung nicht überein.
Nach weiterem Schriftwechsel lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.03.2009 die Weitergewährung von Krg über den 31.08.2008 hinaus förmlich ab. Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2009 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei nicht nur wegen Osteochondrose der Wirbelsäule arbeitsunfähig gewesen, sondern auch wegen psychischer Belastungsreaktionen. Dies ergebe sich aus der sozialmedizinischen Beurteilung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 17.04.2007, die unter Auswertung eines Befundberichtes des Neurologen und Psychiaters Dr. St. vom 06.03.2007 abgegeben worden sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei in Fällen, in denen mehrere Erkrankungen AU begründeten und nicht eindeutig geklärt werden könne, ob die Erkrankungen von Anfang an gleichzeitig vorgelegen hätten oder ob und ggf wann die eine zu der anderen hinzugetreten sei, anzunehmen, dass die AU von allen Erkrankungen einheitlich verursacht worden sei.
Hingegen richtet sich die am 03.08.2009 zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage. Die Klägerin verweist darauf, dass Dr. St. sie weder am 05.03.2007 arbeitsunfähig krankgeschrieben habe, noch sich dies aus seinem Arztbrief vom 06.03.2007 ergebe.
Das SG hat den Entlassungsbericht des Reha-Zentrums Sch. vom 13.01.2008 sowie die der Beurteilung des MDK vom 17.04.2007 zugrunde liegenden ärztlichen Berichte beigezogen und die behandelnden Ärzte Dr. O., Dr. Angele und Dr. Steinle schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Dr. St. hat am 30.10.2009 mitgeteilt, am 05.03.2007 sei eine Konsultation wegen der Belastungen am Arbeitsplatz erfolgt. Von seiner Seite aus seien wegen der einmaligen Konsultation und der fortlaufenden Betreuung durch den Hausarzt keine Krankschreibungen erfolgt. Eine Wiedervorstellung im Verlauf des Jahres 2007 sei nicht mehr erfolgt. Ergänzend hat Dr. St. auf nochmalige Anfrage des SG mit Schreiben vom 11.02.2010 ausgeführt, über den Arztbrief vom 06.03.2007 hinaus gebe es keine weiteren Aufzeichnungen über den Zustand der Klägerin zu diesem Zeitpunkt. Ein ausführliches Gespräch über die Probleme am Arbeitsplatz habe ein Jahr später stattgefunden. In dem ergänzend vorgelegten Arztbrief vom 17.04.2008 stellt Dr. St. die Diagnose länger dauernde depressive Reaktion bei Arbeitsplatzkonflikt und führt aus, dass bis auf Weiteres keine Arbeitsfähigkeit unter den gegebenen Arbeitsplatzbedingungen bestehe. Dr. M., Kollege des aus der Praxis ausgeschiedenen Dr. O. hat mit Schreiben vom 29.10.2009 ausgeführt, dass sich die Klägerin am 13.02.2007 wegen Schwindel vorgestellt habe. Sie sei bereits im Januar 2007 wegen eines funktionellen HWS-Syndroms mit degenerativen Veränderungen in Behandlung gewesen, des Weiteren Arbeitsplatzproblematik. Als Diagnosen nennt er pseudoradikuläres HWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und funktioneller Überlagerung, Vertigo. Der Hausarzt Dr. A. hat mit Schreiben vom 08.11.2009 ausgeführt, dass die Klägerin ihn im ersten Quartal 2007 des Öfteren aufgesucht habe, im Vordergrund hätten Kribbel-Parästhesien im linken Arm bestanden. Zur damaligen Zeit habe sich die Klägerin in ständiger Behandlung bei dem Orthopäden Dr. O. wegen eines schweren degenerativen Wirbelsäulen-Syndroms befunden.
Mit Urteil vom 31.08.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, nach § 48 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erhielten Versicherte Krg ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der AU "wegen derselben Krankheit" jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tag des Beginns der AU an. Trete während der AU eine weitere Krankheit hinzu, werde die Leistungsdauer nicht verlängert (§ 48 Abs 1 Satz 2 SGB V). Nach § 48 Abs 1 Satz 3 SGB V teile eine "hinzu getretene" Krankheit das Schicksal der Ursprungserkrankung, sofern die weitere Krankheit bereits während des Bestehens der AU infolge der ersten Krankheit aufgetreten sei. Von diesen Grundsätzen ausgehend stehe zur Überzeugung des SG fest, dass zu der ab 13.02.2007 AU verursachenden Wirbelsäulenerkrankung (spätestens) am 05.03.2007 eine für sich gesehen gleichfalls AU verursachende psychische Erkrankung aufgrund eines Arbeitsplatzkonflikts (Belastungsreaktion) hinzugetreten sei. Zwar habe Dr. St. seinerzeit keine AU wegen des psychischen Leidens bescheinigt. Dies sei aber auch nicht notwendig, da es nur darauf ankomme, ob das Leiden AU tatsächlich bedinge. Dies sei der Fall. Die Kammer folge insoweit der zeitnahen Beurteilung der AU durch den MDK am 17.04.2007. Dr. S. habe seinerzeit nach Auswertung ärztlicher Berichte, darunter auch des Berichts von Dr. St. vom 06.03.2007 festgestellt, dass die akute Belastungsreaktion die führende Diagnose gewesen sei. Dies decke sich mit der Auskunft des Orthopäden Dr. M., wonach die Klägerin bei der Vorstellung am 13.02.2007 von einer Arbeitsplatzproblematik berichtet habe, was zu der Diagnose "pseudoradikuläres HWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und funktioneller Überlagerung, Vertigo" geführt habe. Da die AU ab 14.03.2008 erneut wegen einer Belastungsreaktion eingetreten sei, habe die Beklagte die Zeit vom 15.03.2008 bis 31.08.2008 bei der Berechnung der Anspruchshöchstdauer somit zu Recht berücksichtigt.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 14.10.2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 04.11.2011 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie ist der Auffassung, das SG habe die vorhandenen medizinischen Unterlagen unzutreffend bewertet. Das SG stütze sich im Wesentlichen auf das sozialmedizinische Gutachten des Dr. S., das offensichtlich nur nach Aktenlage erfolgt sei. Dieses komme hinsichtlich der Diagnose zu einer Abweichung, die sich nicht erklären lasse. Die AU sei von Dr. O. beginnend ab 13.02.2007 fortlaufend erstellt worden, den AU-Bescheinigungen sei einzig und allein die Diagnose M 42.10 (Osteochondrose) zu entnehmen. Aufgrund welcher Unterlage Dr. S. eigenmächtig zu der AU-Diagnose F 43.0 (akute Belastungsreaktion) gelangt sei, bleibe unergründlich. Der Beklagten müsse insoweit, was den Ausdruck vom 20.10.2008 betreffe, ein Versehen unterlaufen sein. Auch die sonstigen ärztlichen Unterlagen bestätigten keinesfalls, dass vor dem 14.03.2008 eine Belastungsreaktion vorgelegen habe, die eine AU begründet hätte. Bemerkenswert sei, dass das MDK-Gutachten des Dr. S. der Anlass für die Einleitung von Reha-Maßnahmen gewesen sei. Trotz des von Dr. S. angeregten psychotherapeutischen Schwerpunktes sei eine Reha mit dem Schwerpunkt Lungen- und Bronchialheilkunde durchgeführt worden. Im Entlassungsbericht werde eine etwaige F-Diagnose nicht einmal als Nebendiagnose aufgeführt, auch seien keine psychischen und sozialen Belastungen angegeben worden. Auch die sachverständigen Auskünfte der behandelnden Ärzte ergäben nicht, dass bei der Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 14.03.2008 eine Belastungsreaktion bestanden habe, die, wenn überhaupt, AU-begründend gewesen wäre. Somit liege auch keine hinzugetretene Krankheit vor.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 31.08.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 03.07.2008 und 04.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2009 zu verurteilen, der Klägerin Krankengeld über den 31.08.2008 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat überwiegend Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig und auch in der Sache überwiegend begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, soweit die Klägerin die Gewährung von Krg für die Zeit vom 01.09.2008 bis 11.09.2009 begehrt. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten vom 03.07.2008 und 04.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2009 sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Denn die Klägerin hat auch in der Zeit vom 01.09.2008 bis 11.09.2009 Anspruch auf Krg, insbesondere war der Anspruch nach Ablauf des 31.08.2008 noch nicht wegen Erreichens der Anspruchshöchstdauer (546 Tage) erschöpft.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) sind die Bescheide der Beklagten vom 03.07.2008 und 04.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2009, mit denen sie die Gewährung von Krg über den 31.08.2008 hinaus abgelehnt hat. Da der erste Bescheid vom 03.07.2008 keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten hat, war der Widerspruch von März 2009 noch rechtzeitig (§ 66 Abs 2 SGG).
Rechtsgrundlage des Krg-Anspruchs sind die §§ 44 f SGB V (idF vom 26.03.2007, BGBl I 378). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG bestimmt allein das bei Entstehen eines Krg-Anspruchs bestehende Versicherungsverhältnis, wer in welchem Umfang als Versicherter Anspruch auf Krg hat (BSG 05.05.2009, B 1 KR 20/08 R, SozR 4-2500 § 192 Nr 4; BSG 02.11.2007, B 1 KR 38/06 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 14). Die Klägerin gehörte in ihrer Eigenschaft als versicherungspflichtig Beschäftigte gemäß § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V zum Kreis der Versicherungspflichtigen mit Anspruch auf Krg. Dieser Versicherungsschutz endet erst mit dem Ende des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses (§ 190 Abs 2 SGB V) und bleibt darüber hinaus nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V erhalten, solange Anspruch auf Krg besteht oder Krg bezogen wird. Danach war die Klägerin mindestens bis 11.09.2009 - das Ende des Beschäftigungsverhältnisses ist nicht bekannt - mit Anspruch auf Krg versichert, denn bis 11.09.2009 bestand ein Anspruch der Klägerin auf Krg.
Nach § 44 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden. Der Anspruch auf Krg entsteht gemäß § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der AU folgt. Grundsätzlich setzt daher der Anspruch auf Krg die vorherige ärztliche Feststellung der AU und das Vorliegen von AU voraus. Dem Attest des behandelnden Arztes mit der Feststellung der AU kommt lediglich die Bedeutung einer gutachtlichen Stellungnahme zu, welche die Grundlage für den über den Krg-Bezug zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet, ohne dass Krankenkasse und Gerichte an den Inhalt der ärztlichen Bescheinigung gebunden wären (BSG 08.11.2005, B 1 KR 18/04 R, SozR 4-2500 § 44 Nr. 7). Die Voraussetzungen eines Krg-Anspruchs, also AU und deren ärztliche Feststellung, müssen bei zeitlich befristeter AU-Feststellung und dementsprechender Krg-Gewährung für jeden Bewilligungsabschnitt jeweils erneut vorliegen (BSG 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R, SozR 4-2500 § 44 Nr. 12). Zudem muss der Versicherte die AU und deren Fortdauer grundsätzlich rechtzeitig ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse gemäß § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V melden (BSG 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R, SozR 4-2500 § 46 Nr 1). Diese dargelegten Voraussetzungen für einen Krg-Anspruch der Klägerin sind auch in der Zeit vom 01.09.2008 bis 11.09.2009 erfüllt, insbesondere war die Klägerin von ihrem Hausarzt Dr. Angele durchgängig arbeitsunfähig krankgeschrieben, wie die von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegte Übersicht belegt.
Die Klägerin hatte die Krg-Anspruchshöchstdauer am 31.08.2008 noch nicht erreicht, dies ist erst am 11.09.2009 erfolgt und somit ein über den 11.09.2009 hinausgehender Krg-Anspruch ausgeschlossen. Nach § 48 Abs. 1 SGB V erhalten Versicherte Krg ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der AU wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der AU an. Nach der in § 48 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V geregelten ersten Ausnahme führt es zur Rechtsfolge der Begrenzung der Leistungsdauer auf 78 Wochen, wenn "dieselbe Krankheit" die AU bedingt. Jede neue Krankheit löst hier eine Kette von Dreijahreszeiträumen mit entsprechenden Höchstbezugszeiten von 78 Wochen aus (Methode der starren Rahmenfrist; ständige Rechtsprechung seit BSG 17.04.1970, 3 RK 41/69, BSGE 31, 125, 130 = SozR Nr 49 zu § 183 RVO). Die zweite Ausnahme ist in § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V geregelt als weiterer Fall der Leistungsbegrenzung, wenn während der AU aufgrund einer ersten Erkrankung eine weitere Krankheit hinzutritt. Keiner dieser Fälle liegt hier vor.
Die Klägerin hatte aufgrund der AU wegen Osteochondrose im Leistungszeitraum vom 14.02.2007 bis 24.02.2008 376 Kalendertage der 78-Wochenfrist (546 Kalendertage) verbraucht. Nach § 48 Abs 3 SGB V werden bei der Feststellung der Leistungsdauer des Krg Zeiten, in denen der Anspruch auf Krg ruht oder für die das Krg versagt wird, wie Zeiten des Bezugs von Krg berücksichtigt. In den og Leistungszeitraum sind auch die Zeiten einbezogen, in denen das Krg wegen der Leistung von Entgeltfortzahlung und Übergangsgeld ruhte (§ 49 Abs 1 Nr 1 und Nr 3 SGB V). Die Beklagte hat sodann erneut vom 15.03. bis 31.08.2008 Krg für die Dauer von 170 Tagen geleistet. Damit war die 78-Wochenfrist für den Krg-Anspruch indes nicht ausgeschöpft. Die AU-Zeiten ab 14.03.2008 beruhten nicht auf "derselben Krankheit" wie die AU-Zeiten vom 13.02.2007 bis 24.02.2008. Osteochondrose und Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen sind nicht "dieselbe Krankheit" im Rechtssinne. Bei im Zeitablauf nacheinander auftretenden Erkrankungen handelt es sich im Rechtssinne um dieselbe Krankheit, wenn der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krankheitsursache bildet, auf ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden zurückzuführen ist (BSG 29.09.1998, B 1 KR 2/97 R, BSGE 83, 7, 9 = SozR 3-2500 § 48 Nr 8), wobei eine stark verfeinernde, eng fachmedizinisch-diagnostische Sichtweise zu vermeiden ist (BSG 08.11.2005, B 1 KR 27/04 R, SozR 4-2500 § 48 Nr. 3; BSG 07.12.2004, B 1 KR 10/03 R, juris). Osteochondrose und Anpassungsstörung sind nicht Ausdruck eines einheitlichen Grundleidens. Es liegt auch kein Fall vor, bei dem wegen eines Nebeneinanders verschiedener gravierender akuter oder chronischer Leiden von Anfang an eine Multi- oder Polymorbidität bzw Polypathie besteht. Auch in einem solchen Fall behandelt das Gesetz den Versicherten, der von vornherein an mehreren Krankheiten leidet und der deshalb arbeitsunfähig ist, im Hinblick auf die Anspruchsdauer des Krg nicht anders als denjenigen, bei dem "nur" ein einziges Leiden die AU auslöst (BSG 08.11.2005, aaO).
Im konkreten Fall ist nicht belegt, dass die Klägerin bereits im Februar 2007 an einer Anpassungsstörung/Belastungsreaktion litt. In den AU-Bescheinigungen von Dr. O. wird allein die Diagnose Osteochondrose genannt. Nichts anderes ergibt sich aus der Aussage des Hausarztes Dr. A. im Verwaltungsverfahren. Dort hatte die Beklagte im März 2008 angefragt, ob es sich bei der aktuellen Krankheit und den unter II (vorherige AU-Zeiten) genannten Krankheiten um dieselbe Krankheit im Sinne der beigefügten versicherungsrechtlichen Erläuterungen handele. Dabei hatte die Beklagte indes als AU-Diagnose F 43.0 (Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen) angeführt, obgleich eine AU-Bescheinigung mit dieser Diagnose tatsächlich nicht vorlag. Insoweit kann die Angabe von Dr. Angele, der die Frage zwar bejahte, jedoch ausdrücklich darauf hinwies, dass AU von ihm nicht bescheinigt worden sei, weshalb seine Angabe nur unter Vorbehalt möglich sei, nicht als Beleg dafür gelten, dass tatsächlich "dieselbe Krankheit" vorlag. Der behandelnde Orthopäde Dr. O. war zum Zeitpunkt der schriftlichen Zeugeneinvernahme durch das SG bereits aus der Praxis ausgeschieden, sodass lediglich sein Kollege Dr. M. Angaben machen konnte. Dieser hat ausgeführt, dass die Klägerin sich am 13.02.2007 wegen Schwindel vorgestellt habe und eine Schanzkrawatte für die Halswirbelsäule angelegt worden sei. Eine Arbeitsplatzproblematik wird in der Anamnese erwähnt, allerdings ist in keiner Weise ersichtlich, dass diese Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit der Klägerin gehabt hat. Nichts anderes lässt sich aus der von Dr. M. mitgeteilten Diagnose pseudoradikuläres HWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und funktioneller Überlagerung, Vertigo schließen.
Die psychische Erkrankung ist auch keine zur Osteochondrose "hinzugetretene Krankheit". § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V stellt die hinzutretende Krankheit bezüglich der Rechtsfolge der Leistungsbegrenzung dem Fall "derselben Krankheit" rechtlich gleich (BSG 08.11.2005, B 1 KR 27/04 R, BSGE 71, 290, 292 = SozR 3-2500 § 48 Nr 3). Das Hinzutreten einer weiteren Krankheit zu einer fortbestehenden und fortlaufend AU verursachenden Erkrankung führt weder zur Entstehung eines gänzlich neuen Krg-Anspruchs, noch bewirkt es die Verlängerung der schon in Ansehung der ersten Krankheit maßgeblichen (begrenzten) Leistungsdauer (BSG 29.09.1998, B 1 KR 2/97 R, BSGE 83, 7, 9 = SozR 3-2500 § 48 Nr 8). Die Regelungen des § 48 Abs 1 SGB V wollen auf diese Weise sicherstellen, dass die gesetzliche Höchstbezugsdauer bei AU sowohl bei identischen Krankheiten als auch bei bestimmten unterschiedlichen und wechselnden Krankheitsbildern nicht überschritten wird (BSG 08.11.2005, aaO). Ein "Hinzutreten während der AU" im Sinne von § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V liegt nach der Rechtsprechung des BSG auch dann vor, wenn zeitgleich mit dem Vorliegen oder Wiedervorliegen einer zur AU führenden ersten Erkrankung unabhängig von dieser Krankheit zugleich eine weitere Krankheit die AU des Versicherten bedingt. Es reicht insoweit aus, dass die Krankheiten zumindest an einem Tag zeitgleich nebeneinander bestanden haben. § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V setzt deshalb nicht voraus, dass zwei Krankheiten bei dem Versicherten im Falle bestehender AU in der Weise aufeinandertreffen, dass eine zweite Krankheit einer schon zuvor eingetretenen und fortbestehenden ersten Krankheit zeitlich nachfolgt (BSG 21.06.2011, B 1 KR 15/10 R, SozR 4-2500 § 48 Nr 4). § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V fordert für eine "hinzugetretene" Krankheit, dass sie bereits "während" des Bestehens der AU infolge der ersten Krankheit aufgetreten ist. Diese vom Wortlaut der Norm gezogene Grenze darf nicht unter Berufung auf den dargelegten Regelungszweck unberücksichtigt bleiben. Deshalb tritt eine Krankheit nicht mehr hinzu, sondern ist in ihren Rechtsfolgen eigenständig zu beurteilen, wenn sie erst am Tag nach Beendigung der bisherigen AU oder noch später auftritt (BSG 08.11.2005, aaO; BSG 29.09.1998, aaO).
Im konkreten Fall ist die Anpassungsstörung/Belastungsreaktion nicht bereits während des Bestehens der AU infolge der Osteochondrose aufgetreten. Vielmehr war die Klägerin erst ab 14.03.2008 wegen dieser Erkrankung arbeitsunfähig. Das MDK-Gutachten von Dr. S. vom 17.04.2007 wurde nach Aktenlage erstellt und beruht auf einem Bericht von Dr. O. vom 26.03.2007, radiologischen Berichten von Dr. W. vom 12.02.2007 über ein MRT der Halswirbelsäule, einen HNO-Bericht Dr. K. vom 27.02.2007 und einem neurologischen Bericht von Dr. St. vom 06.03.2007. Insoweit wird zwar auch von dem Orthopäden Dr. O. anamnestisch über Problematik am Arbeitsplatz berichtet, weswegen eine neurologische Mitbetreuung im Arztbrief an den Hausarzt Dr. A. vom 27.01.2007 angeregt wird. Auswirkungen der problematischen Situation am Arbeitsplatz auf die Arbeitsfähigkeit der Klägerin sind hieraus jedoch nicht zu ersehen. Bei Dr. St. erfolgte lediglich einmalig am 05.03.2007 eine Konsultation, wobei die Klägerin vom Arbeitgeber aufgefordert worden war, ein ärztliches Gutachten beizubringen. In seiner Aussage als sachverständiger Zeuge vor dem SG hat Dr. St. keine weiteren Angaben hinsichtlich erhobener Befunde im März 2007 machen können, er hat vielmehr darauf hingewiesen, dass ein ausführliches Gespräch über die Situation am Arbeitsplatz erst im Jahr 2008 stattgefunden habe. Auch insoweit lässt sich daher nicht feststellen, dass die von Dr. St. diagnostizierte Belastungsreaktion bereits 2007 Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit der Klägerin hatte. Dagegen spricht, dass eine weitere durchgehende nervenärztliche Betreuung durch Dr. St. gerade nicht erfolgte, sondern dieser erst im April 2008 erneut aufgesucht wurde. Insoweit fällt auf, dass auch im Entlassungsbericht aus dem Reha-Verfahren nicht nur keine entsprechende Diagnose (auch nicht als Nebendiagnose) gestellt wurde, sondern sogar weitergehend überhaupt keine psychosozialen Belastungsfaktoren eruiert werden konnten. Die Klägerin hat hierzu selbst im Erörterungstermin am 13.08.2012 angegeben, dass sie bei ihrer Arbeitstätigkeit vom 10. bis 14.03.2008 von ihrer Abteilung abgeschnitten, in ein neues Gebäude versetzt und auch mit einer neuen Aufgabe betraut worden sei. Ihr seien sogar die Schlüssel abgenommen worden. Insoweit ist eine Eskalation eines bereits früher berichteten Arbeitsplatzkonflikts ersichtlich, die mit dem Nervenzusammenbruch der Klägerin infolge des Gesprächs mit ihrem Vorgesetzten am 14.03.2008 gipfelte und zur anschließenden durchgehenden langfristigen AU führte. Nach den gesamten vorliegenden ärztlichen Unterlagen und schriftlichen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte ist daher zur Überzeugung des Senats nicht belegt, dass bei der Klägerin bereits in der Zeit vom 13.02.2007 bis 24.02.2008 AU wegen einer Anpassungsstörung/Belastungsreaktion vorlag. Da es sich bei der Einschränkung der Leistungsdauer des Krg um eine Ausnahmevorschrift zum Grundsatz der unbeschränkten Leistungsgewährung nach § 48 Abs 1 SGB V handelt, trägt die Beklagte die objektive Beweislast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen.
Mit dem Eintritt der AU ab 14.03.2008 beginnt somit eine neue Blockfrist. Im Zeitraum vom 15.03. bis 31.08.2008 hat die Klägerin bereits für 170 Kalendertage Krg erhalten. Bis zum Ablauf der Höchstbezugsdauer von 78 Wochen ist daher Krg weiter für die Zeit vom 01.09.2008 bis 11.09.2009 zu gewähren. Wegen Erschöpfung des Krg-Anspruchs besteht darüber hinaus trotz Fortdauer der AU bis 07.03.2010 kein weitergehender Leistungsanspruch, so dass die Berufung insoweit zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Die Beklagte trägt 2/3 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin über den 31.08.2008 hinaus Anspruch auf Krankengeld hat.
Die 1953 geborene Klägerin war als Verwaltungsangestellte versicherungspflichtig beschäftigt und bei der Beklagten krankenversichert. Vom 13.02.2007 bis 24.02.2008 war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Die Erstbescheinigung der Arbeitsunfähigkeit (AU) erfolgte am 13.02.2007 durch den Orthopäden Dr. O., der AU bis 09.03.2007 mit der Diagnose nach ICD-10 M 42.10 (Osteochondrose der Wirbelsäule) bescheinigte. In der Folgebescheinigung vom 06.03.2007 wurde wiederum allein die Diagnose M 42.10 aufgeführt. Nachfolgend schrieb Dr. O. die Klägerin durchgehend wegen dieser Erkrankung arbeitsunfähig krank. Vom 29.11.2007 bis 03.01.2008 nahm die Klägerin an einer Rehabilitationsmaßnahme im Reha-Zentrum Sch., Abteilung Innere Medizin/Schwerpunkt Lungen- und Bronchialheilkunde teil, aus dem sie mit den Diagnosen Asthma Bronchiale, Diabetes mellitus Typ II, arterielle Hypertonie, Zustand nach zerebraler transitorischer ischämischer Attacke 10/05 und degeneratives HWS-Syndrom arbeitsfähig entlassen wurde. Bis 24.02.2008 wurde die Klägerin gleichwohl wegen der Wirbelsäulenerkrankung weiter durchgehend arbeitsunfähig krankgeschrieben und bezog Krankengeld (Krg). Ab 25.02.2008 bestand keine AU mehr, die Klägerin arbeitete vom 10. bis 14.03.2008. Am 14.03.2008 hatte die Klägerin ein Gespräch mit ihrem Vorgesetzten und erlitt einen Nervenzusammenbruch, weshalb sie von ihrem Hausarzt Dr. A. am 14.03.2008 (Erstbescheinigung) bis zunächst 19.03.2008 und in der Folge durchgehend bis 07.03.2010 mit der Diagnose Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen, nicht näher bezeichnet (F 43.9 G) arbeitsunfähig geschrieben wurde. Die Beklagte zahlte Krg vom 15.03. bis 31.08.2008 (170 Tage).
Mit Schreiben vom 03.07.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie Krg bei fortbestehender AU noch bis zum 31.08.2008 wegen der Höchstdauer von 78 Wochen innerhalb des Dreijahreszeitraums vom 13.02.2007 bis 12.02.2010 zahlen werde. Mit Schreiben vom 15.10.2008 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin die Überprüfung der Bezugsdauer von Krg. Die Klägerin sei bis 24.02.2008 wegen Osteochondrose der Wirbelsäule arbeitsunfähig geschrieben gewesen, ab dem 14.03.2008 sei sie aufgrund einer Anpassungsstörung und damit einer anderen Diagnose arbeitsunfähig. Da sie hinsichtlich der Erkrankung der Wirbelsäule nach dem 24.02.2008 nicht weiter arbeitsunfähig gewesen sei, beginne hinsichtlich der psychischen Erkrankung die Rahmenfrist ab 14.03.2008 neu. Nach den vorliegenden AU-Bescheinigungen des Dr. O. vom 13.02.2007 und 06.04.2007 sei die Klägerin ausschließlich wegen Osteochondrose der Wirbelsäule arbeitsunfähig geschrieben worden. Insofern verwundere es, wenn gemäß Ausdruck vom 20.10.2008 (Auflistung der bei der Beklagten registrierten Zeiten der AU mit Diagnosen) Dr. O. eine AU-Meldung gemäß F 43.0 abgegeben haben solle. Dies stimme mit der tatsächlich vorliegenden AU-Meldung nicht überein.
Nach weiterem Schriftwechsel lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.03.2009 die Weitergewährung von Krg über den 31.08.2008 hinaus förmlich ab. Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2009 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei nicht nur wegen Osteochondrose der Wirbelsäule arbeitsunfähig gewesen, sondern auch wegen psychischer Belastungsreaktionen. Dies ergebe sich aus der sozialmedizinischen Beurteilung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 17.04.2007, die unter Auswertung eines Befundberichtes des Neurologen und Psychiaters Dr. St. vom 06.03.2007 abgegeben worden sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei in Fällen, in denen mehrere Erkrankungen AU begründeten und nicht eindeutig geklärt werden könne, ob die Erkrankungen von Anfang an gleichzeitig vorgelegen hätten oder ob und ggf wann die eine zu der anderen hinzugetreten sei, anzunehmen, dass die AU von allen Erkrankungen einheitlich verursacht worden sei.
Hingegen richtet sich die am 03.08.2009 zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage. Die Klägerin verweist darauf, dass Dr. St. sie weder am 05.03.2007 arbeitsunfähig krankgeschrieben habe, noch sich dies aus seinem Arztbrief vom 06.03.2007 ergebe.
Das SG hat den Entlassungsbericht des Reha-Zentrums Sch. vom 13.01.2008 sowie die der Beurteilung des MDK vom 17.04.2007 zugrunde liegenden ärztlichen Berichte beigezogen und die behandelnden Ärzte Dr. O., Dr. Angele und Dr. Steinle schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Dr. St. hat am 30.10.2009 mitgeteilt, am 05.03.2007 sei eine Konsultation wegen der Belastungen am Arbeitsplatz erfolgt. Von seiner Seite aus seien wegen der einmaligen Konsultation und der fortlaufenden Betreuung durch den Hausarzt keine Krankschreibungen erfolgt. Eine Wiedervorstellung im Verlauf des Jahres 2007 sei nicht mehr erfolgt. Ergänzend hat Dr. St. auf nochmalige Anfrage des SG mit Schreiben vom 11.02.2010 ausgeführt, über den Arztbrief vom 06.03.2007 hinaus gebe es keine weiteren Aufzeichnungen über den Zustand der Klägerin zu diesem Zeitpunkt. Ein ausführliches Gespräch über die Probleme am Arbeitsplatz habe ein Jahr später stattgefunden. In dem ergänzend vorgelegten Arztbrief vom 17.04.2008 stellt Dr. St. die Diagnose länger dauernde depressive Reaktion bei Arbeitsplatzkonflikt und führt aus, dass bis auf Weiteres keine Arbeitsfähigkeit unter den gegebenen Arbeitsplatzbedingungen bestehe. Dr. M., Kollege des aus der Praxis ausgeschiedenen Dr. O. hat mit Schreiben vom 29.10.2009 ausgeführt, dass sich die Klägerin am 13.02.2007 wegen Schwindel vorgestellt habe. Sie sei bereits im Januar 2007 wegen eines funktionellen HWS-Syndroms mit degenerativen Veränderungen in Behandlung gewesen, des Weiteren Arbeitsplatzproblematik. Als Diagnosen nennt er pseudoradikuläres HWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und funktioneller Überlagerung, Vertigo. Der Hausarzt Dr. A. hat mit Schreiben vom 08.11.2009 ausgeführt, dass die Klägerin ihn im ersten Quartal 2007 des Öfteren aufgesucht habe, im Vordergrund hätten Kribbel-Parästhesien im linken Arm bestanden. Zur damaligen Zeit habe sich die Klägerin in ständiger Behandlung bei dem Orthopäden Dr. O. wegen eines schweren degenerativen Wirbelsäulen-Syndroms befunden.
Mit Urteil vom 31.08.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, nach § 48 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erhielten Versicherte Krg ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der AU "wegen derselben Krankheit" jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tag des Beginns der AU an. Trete während der AU eine weitere Krankheit hinzu, werde die Leistungsdauer nicht verlängert (§ 48 Abs 1 Satz 2 SGB V). Nach § 48 Abs 1 Satz 3 SGB V teile eine "hinzu getretene" Krankheit das Schicksal der Ursprungserkrankung, sofern die weitere Krankheit bereits während des Bestehens der AU infolge der ersten Krankheit aufgetreten sei. Von diesen Grundsätzen ausgehend stehe zur Überzeugung des SG fest, dass zu der ab 13.02.2007 AU verursachenden Wirbelsäulenerkrankung (spätestens) am 05.03.2007 eine für sich gesehen gleichfalls AU verursachende psychische Erkrankung aufgrund eines Arbeitsplatzkonflikts (Belastungsreaktion) hinzugetreten sei. Zwar habe Dr. St. seinerzeit keine AU wegen des psychischen Leidens bescheinigt. Dies sei aber auch nicht notwendig, da es nur darauf ankomme, ob das Leiden AU tatsächlich bedinge. Dies sei der Fall. Die Kammer folge insoweit der zeitnahen Beurteilung der AU durch den MDK am 17.04.2007. Dr. S. habe seinerzeit nach Auswertung ärztlicher Berichte, darunter auch des Berichts von Dr. St. vom 06.03.2007 festgestellt, dass die akute Belastungsreaktion die führende Diagnose gewesen sei. Dies decke sich mit der Auskunft des Orthopäden Dr. M., wonach die Klägerin bei der Vorstellung am 13.02.2007 von einer Arbeitsplatzproblematik berichtet habe, was zu der Diagnose "pseudoradikuläres HWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und funktioneller Überlagerung, Vertigo" geführt habe. Da die AU ab 14.03.2008 erneut wegen einer Belastungsreaktion eingetreten sei, habe die Beklagte die Zeit vom 15.03.2008 bis 31.08.2008 bei der Berechnung der Anspruchshöchstdauer somit zu Recht berücksichtigt.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 14.10.2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 04.11.2011 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie ist der Auffassung, das SG habe die vorhandenen medizinischen Unterlagen unzutreffend bewertet. Das SG stütze sich im Wesentlichen auf das sozialmedizinische Gutachten des Dr. S., das offensichtlich nur nach Aktenlage erfolgt sei. Dieses komme hinsichtlich der Diagnose zu einer Abweichung, die sich nicht erklären lasse. Die AU sei von Dr. O. beginnend ab 13.02.2007 fortlaufend erstellt worden, den AU-Bescheinigungen sei einzig und allein die Diagnose M 42.10 (Osteochondrose) zu entnehmen. Aufgrund welcher Unterlage Dr. S. eigenmächtig zu der AU-Diagnose F 43.0 (akute Belastungsreaktion) gelangt sei, bleibe unergründlich. Der Beklagten müsse insoweit, was den Ausdruck vom 20.10.2008 betreffe, ein Versehen unterlaufen sein. Auch die sonstigen ärztlichen Unterlagen bestätigten keinesfalls, dass vor dem 14.03.2008 eine Belastungsreaktion vorgelegen habe, die eine AU begründet hätte. Bemerkenswert sei, dass das MDK-Gutachten des Dr. S. der Anlass für die Einleitung von Reha-Maßnahmen gewesen sei. Trotz des von Dr. S. angeregten psychotherapeutischen Schwerpunktes sei eine Reha mit dem Schwerpunkt Lungen- und Bronchialheilkunde durchgeführt worden. Im Entlassungsbericht werde eine etwaige F-Diagnose nicht einmal als Nebendiagnose aufgeführt, auch seien keine psychischen und sozialen Belastungen angegeben worden. Auch die sachverständigen Auskünfte der behandelnden Ärzte ergäben nicht, dass bei der Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 14.03.2008 eine Belastungsreaktion bestanden habe, die, wenn überhaupt, AU-begründend gewesen wäre. Somit liege auch keine hinzugetretene Krankheit vor.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 31.08.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 03.07.2008 und 04.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2009 zu verurteilen, der Klägerin Krankengeld über den 31.08.2008 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat überwiegend Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig und auch in der Sache überwiegend begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, soweit die Klägerin die Gewährung von Krg für die Zeit vom 01.09.2008 bis 11.09.2009 begehrt. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten vom 03.07.2008 und 04.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2009 sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Denn die Klägerin hat auch in der Zeit vom 01.09.2008 bis 11.09.2009 Anspruch auf Krg, insbesondere war der Anspruch nach Ablauf des 31.08.2008 noch nicht wegen Erreichens der Anspruchshöchstdauer (546 Tage) erschöpft.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) sind die Bescheide der Beklagten vom 03.07.2008 und 04.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2009, mit denen sie die Gewährung von Krg über den 31.08.2008 hinaus abgelehnt hat. Da der erste Bescheid vom 03.07.2008 keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten hat, war der Widerspruch von März 2009 noch rechtzeitig (§ 66 Abs 2 SGG).
Rechtsgrundlage des Krg-Anspruchs sind die §§ 44 f SGB V (idF vom 26.03.2007, BGBl I 378). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG bestimmt allein das bei Entstehen eines Krg-Anspruchs bestehende Versicherungsverhältnis, wer in welchem Umfang als Versicherter Anspruch auf Krg hat (BSG 05.05.2009, B 1 KR 20/08 R, SozR 4-2500 § 192 Nr 4; BSG 02.11.2007, B 1 KR 38/06 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 14). Die Klägerin gehörte in ihrer Eigenschaft als versicherungspflichtig Beschäftigte gemäß § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V zum Kreis der Versicherungspflichtigen mit Anspruch auf Krg. Dieser Versicherungsschutz endet erst mit dem Ende des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses (§ 190 Abs 2 SGB V) und bleibt darüber hinaus nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V erhalten, solange Anspruch auf Krg besteht oder Krg bezogen wird. Danach war die Klägerin mindestens bis 11.09.2009 - das Ende des Beschäftigungsverhältnisses ist nicht bekannt - mit Anspruch auf Krg versichert, denn bis 11.09.2009 bestand ein Anspruch der Klägerin auf Krg.
Nach § 44 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden. Der Anspruch auf Krg entsteht gemäß § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der AU folgt. Grundsätzlich setzt daher der Anspruch auf Krg die vorherige ärztliche Feststellung der AU und das Vorliegen von AU voraus. Dem Attest des behandelnden Arztes mit der Feststellung der AU kommt lediglich die Bedeutung einer gutachtlichen Stellungnahme zu, welche die Grundlage für den über den Krg-Bezug zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet, ohne dass Krankenkasse und Gerichte an den Inhalt der ärztlichen Bescheinigung gebunden wären (BSG 08.11.2005, B 1 KR 18/04 R, SozR 4-2500 § 44 Nr. 7). Die Voraussetzungen eines Krg-Anspruchs, also AU und deren ärztliche Feststellung, müssen bei zeitlich befristeter AU-Feststellung und dementsprechender Krg-Gewährung für jeden Bewilligungsabschnitt jeweils erneut vorliegen (BSG 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R, SozR 4-2500 § 44 Nr. 12). Zudem muss der Versicherte die AU und deren Fortdauer grundsätzlich rechtzeitig ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse gemäß § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V melden (BSG 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R, SozR 4-2500 § 46 Nr 1). Diese dargelegten Voraussetzungen für einen Krg-Anspruch der Klägerin sind auch in der Zeit vom 01.09.2008 bis 11.09.2009 erfüllt, insbesondere war die Klägerin von ihrem Hausarzt Dr. Angele durchgängig arbeitsunfähig krankgeschrieben, wie die von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegte Übersicht belegt.
Die Klägerin hatte die Krg-Anspruchshöchstdauer am 31.08.2008 noch nicht erreicht, dies ist erst am 11.09.2009 erfolgt und somit ein über den 11.09.2009 hinausgehender Krg-Anspruch ausgeschlossen. Nach § 48 Abs. 1 SGB V erhalten Versicherte Krg ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der AU wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der AU an. Nach der in § 48 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V geregelten ersten Ausnahme führt es zur Rechtsfolge der Begrenzung der Leistungsdauer auf 78 Wochen, wenn "dieselbe Krankheit" die AU bedingt. Jede neue Krankheit löst hier eine Kette von Dreijahreszeiträumen mit entsprechenden Höchstbezugszeiten von 78 Wochen aus (Methode der starren Rahmenfrist; ständige Rechtsprechung seit BSG 17.04.1970, 3 RK 41/69, BSGE 31, 125, 130 = SozR Nr 49 zu § 183 RVO). Die zweite Ausnahme ist in § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V geregelt als weiterer Fall der Leistungsbegrenzung, wenn während der AU aufgrund einer ersten Erkrankung eine weitere Krankheit hinzutritt. Keiner dieser Fälle liegt hier vor.
Die Klägerin hatte aufgrund der AU wegen Osteochondrose im Leistungszeitraum vom 14.02.2007 bis 24.02.2008 376 Kalendertage der 78-Wochenfrist (546 Kalendertage) verbraucht. Nach § 48 Abs 3 SGB V werden bei der Feststellung der Leistungsdauer des Krg Zeiten, in denen der Anspruch auf Krg ruht oder für die das Krg versagt wird, wie Zeiten des Bezugs von Krg berücksichtigt. In den og Leistungszeitraum sind auch die Zeiten einbezogen, in denen das Krg wegen der Leistung von Entgeltfortzahlung und Übergangsgeld ruhte (§ 49 Abs 1 Nr 1 und Nr 3 SGB V). Die Beklagte hat sodann erneut vom 15.03. bis 31.08.2008 Krg für die Dauer von 170 Tagen geleistet. Damit war die 78-Wochenfrist für den Krg-Anspruch indes nicht ausgeschöpft. Die AU-Zeiten ab 14.03.2008 beruhten nicht auf "derselben Krankheit" wie die AU-Zeiten vom 13.02.2007 bis 24.02.2008. Osteochondrose und Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen sind nicht "dieselbe Krankheit" im Rechtssinne. Bei im Zeitablauf nacheinander auftretenden Erkrankungen handelt es sich im Rechtssinne um dieselbe Krankheit, wenn der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krankheitsursache bildet, auf ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden zurückzuführen ist (BSG 29.09.1998, B 1 KR 2/97 R, BSGE 83, 7, 9 = SozR 3-2500 § 48 Nr 8), wobei eine stark verfeinernde, eng fachmedizinisch-diagnostische Sichtweise zu vermeiden ist (BSG 08.11.2005, B 1 KR 27/04 R, SozR 4-2500 § 48 Nr. 3; BSG 07.12.2004, B 1 KR 10/03 R, juris). Osteochondrose und Anpassungsstörung sind nicht Ausdruck eines einheitlichen Grundleidens. Es liegt auch kein Fall vor, bei dem wegen eines Nebeneinanders verschiedener gravierender akuter oder chronischer Leiden von Anfang an eine Multi- oder Polymorbidität bzw Polypathie besteht. Auch in einem solchen Fall behandelt das Gesetz den Versicherten, der von vornherein an mehreren Krankheiten leidet und der deshalb arbeitsunfähig ist, im Hinblick auf die Anspruchsdauer des Krg nicht anders als denjenigen, bei dem "nur" ein einziges Leiden die AU auslöst (BSG 08.11.2005, aaO).
Im konkreten Fall ist nicht belegt, dass die Klägerin bereits im Februar 2007 an einer Anpassungsstörung/Belastungsreaktion litt. In den AU-Bescheinigungen von Dr. O. wird allein die Diagnose Osteochondrose genannt. Nichts anderes ergibt sich aus der Aussage des Hausarztes Dr. A. im Verwaltungsverfahren. Dort hatte die Beklagte im März 2008 angefragt, ob es sich bei der aktuellen Krankheit und den unter II (vorherige AU-Zeiten) genannten Krankheiten um dieselbe Krankheit im Sinne der beigefügten versicherungsrechtlichen Erläuterungen handele. Dabei hatte die Beklagte indes als AU-Diagnose F 43.0 (Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen) angeführt, obgleich eine AU-Bescheinigung mit dieser Diagnose tatsächlich nicht vorlag. Insoweit kann die Angabe von Dr. Angele, der die Frage zwar bejahte, jedoch ausdrücklich darauf hinwies, dass AU von ihm nicht bescheinigt worden sei, weshalb seine Angabe nur unter Vorbehalt möglich sei, nicht als Beleg dafür gelten, dass tatsächlich "dieselbe Krankheit" vorlag. Der behandelnde Orthopäde Dr. O. war zum Zeitpunkt der schriftlichen Zeugeneinvernahme durch das SG bereits aus der Praxis ausgeschieden, sodass lediglich sein Kollege Dr. M. Angaben machen konnte. Dieser hat ausgeführt, dass die Klägerin sich am 13.02.2007 wegen Schwindel vorgestellt habe und eine Schanzkrawatte für die Halswirbelsäule angelegt worden sei. Eine Arbeitsplatzproblematik wird in der Anamnese erwähnt, allerdings ist in keiner Weise ersichtlich, dass diese Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit der Klägerin gehabt hat. Nichts anderes lässt sich aus der von Dr. M. mitgeteilten Diagnose pseudoradikuläres HWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und funktioneller Überlagerung, Vertigo schließen.
Die psychische Erkrankung ist auch keine zur Osteochondrose "hinzugetretene Krankheit". § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V stellt die hinzutretende Krankheit bezüglich der Rechtsfolge der Leistungsbegrenzung dem Fall "derselben Krankheit" rechtlich gleich (BSG 08.11.2005, B 1 KR 27/04 R, BSGE 71, 290, 292 = SozR 3-2500 § 48 Nr 3). Das Hinzutreten einer weiteren Krankheit zu einer fortbestehenden und fortlaufend AU verursachenden Erkrankung führt weder zur Entstehung eines gänzlich neuen Krg-Anspruchs, noch bewirkt es die Verlängerung der schon in Ansehung der ersten Krankheit maßgeblichen (begrenzten) Leistungsdauer (BSG 29.09.1998, B 1 KR 2/97 R, BSGE 83, 7, 9 = SozR 3-2500 § 48 Nr 8). Die Regelungen des § 48 Abs 1 SGB V wollen auf diese Weise sicherstellen, dass die gesetzliche Höchstbezugsdauer bei AU sowohl bei identischen Krankheiten als auch bei bestimmten unterschiedlichen und wechselnden Krankheitsbildern nicht überschritten wird (BSG 08.11.2005, aaO). Ein "Hinzutreten während der AU" im Sinne von § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V liegt nach der Rechtsprechung des BSG auch dann vor, wenn zeitgleich mit dem Vorliegen oder Wiedervorliegen einer zur AU führenden ersten Erkrankung unabhängig von dieser Krankheit zugleich eine weitere Krankheit die AU des Versicherten bedingt. Es reicht insoweit aus, dass die Krankheiten zumindest an einem Tag zeitgleich nebeneinander bestanden haben. § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V setzt deshalb nicht voraus, dass zwei Krankheiten bei dem Versicherten im Falle bestehender AU in der Weise aufeinandertreffen, dass eine zweite Krankheit einer schon zuvor eingetretenen und fortbestehenden ersten Krankheit zeitlich nachfolgt (BSG 21.06.2011, B 1 KR 15/10 R, SozR 4-2500 § 48 Nr 4). § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V fordert für eine "hinzugetretene" Krankheit, dass sie bereits "während" des Bestehens der AU infolge der ersten Krankheit aufgetreten ist. Diese vom Wortlaut der Norm gezogene Grenze darf nicht unter Berufung auf den dargelegten Regelungszweck unberücksichtigt bleiben. Deshalb tritt eine Krankheit nicht mehr hinzu, sondern ist in ihren Rechtsfolgen eigenständig zu beurteilen, wenn sie erst am Tag nach Beendigung der bisherigen AU oder noch später auftritt (BSG 08.11.2005, aaO; BSG 29.09.1998, aaO).
Im konkreten Fall ist die Anpassungsstörung/Belastungsreaktion nicht bereits während des Bestehens der AU infolge der Osteochondrose aufgetreten. Vielmehr war die Klägerin erst ab 14.03.2008 wegen dieser Erkrankung arbeitsunfähig. Das MDK-Gutachten von Dr. S. vom 17.04.2007 wurde nach Aktenlage erstellt und beruht auf einem Bericht von Dr. O. vom 26.03.2007, radiologischen Berichten von Dr. W. vom 12.02.2007 über ein MRT der Halswirbelsäule, einen HNO-Bericht Dr. K. vom 27.02.2007 und einem neurologischen Bericht von Dr. St. vom 06.03.2007. Insoweit wird zwar auch von dem Orthopäden Dr. O. anamnestisch über Problematik am Arbeitsplatz berichtet, weswegen eine neurologische Mitbetreuung im Arztbrief an den Hausarzt Dr. A. vom 27.01.2007 angeregt wird. Auswirkungen der problematischen Situation am Arbeitsplatz auf die Arbeitsfähigkeit der Klägerin sind hieraus jedoch nicht zu ersehen. Bei Dr. St. erfolgte lediglich einmalig am 05.03.2007 eine Konsultation, wobei die Klägerin vom Arbeitgeber aufgefordert worden war, ein ärztliches Gutachten beizubringen. In seiner Aussage als sachverständiger Zeuge vor dem SG hat Dr. St. keine weiteren Angaben hinsichtlich erhobener Befunde im März 2007 machen können, er hat vielmehr darauf hingewiesen, dass ein ausführliches Gespräch über die Situation am Arbeitsplatz erst im Jahr 2008 stattgefunden habe. Auch insoweit lässt sich daher nicht feststellen, dass die von Dr. St. diagnostizierte Belastungsreaktion bereits 2007 Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit der Klägerin hatte. Dagegen spricht, dass eine weitere durchgehende nervenärztliche Betreuung durch Dr. St. gerade nicht erfolgte, sondern dieser erst im April 2008 erneut aufgesucht wurde. Insoweit fällt auf, dass auch im Entlassungsbericht aus dem Reha-Verfahren nicht nur keine entsprechende Diagnose (auch nicht als Nebendiagnose) gestellt wurde, sondern sogar weitergehend überhaupt keine psychosozialen Belastungsfaktoren eruiert werden konnten. Die Klägerin hat hierzu selbst im Erörterungstermin am 13.08.2012 angegeben, dass sie bei ihrer Arbeitstätigkeit vom 10. bis 14.03.2008 von ihrer Abteilung abgeschnitten, in ein neues Gebäude versetzt und auch mit einer neuen Aufgabe betraut worden sei. Ihr seien sogar die Schlüssel abgenommen worden. Insoweit ist eine Eskalation eines bereits früher berichteten Arbeitsplatzkonflikts ersichtlich, die mit dem Nervenzusammenbruch der Klägerin infolge des Gesprächs mit ihrem Vorgesetzten am 14.03.2008 gipfelte und zur anschließenden durchgehenden langfristigen AU führte. Nach den gesamten vorliegenden ärztlichen Unterlagen und schriftlichen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte ist daher zur Überzeugung des Senats nicht belegt, dass bei der Klägerin bereits in der Zeit vom 13.02.2007 bis 24.02.2008 AU wegen einer Anpassungsstörung/Belastungsreaktion vorlag. Da es sich bei der Einschränkung der Leistungsdauer des Krg um eine Ausnahmevorschrift zum Grundsatz der unbeschränkten Leistungsgewährung nach § 48 Abs 1 SGB V handelt, trägt die Beklagte die objektive Beweislast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen.
Mit dem Eintritt der AU ab 14.03.2008 beginnt somit eine neue Blockfrist. Im Zeitraum vom 15.03. bis 31.08.2008 hat die Klägerin bereits für 170 Kalendertage Krg erhalten. Bis zum Ablauf der Höchstbezugsdauer von 78 Wochen ist daher Krg weiter für die Zeit vom 01.09.2008 bis 11.09.2009 zu gewähren. Wegen Erschöpfung des Krg-Anspruchs besteht darüber hinaus trotz Fortdauer der AU bis 07.03.2010 kein weitergehender Leistungsanspruch, so dass die Berufung insoweit zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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