L 9 R 945/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 3944/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 945/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1961 geborene Kläger übersiedelte im Jahr 1963 von Italien nach Deutschland. Er besitzt die italienische Staatsangehörigkeit. Er hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt seit März 2003 als Lkw-Fahrer mit Be- und Entladetätigkeit beschäftigt. Seit dem 04.10.2006 war er arbeitsunfähig krank, zum 28.02.2007 wurde ihm arbeitgeberseitig gekündigt.

Vom 03.09.2007 bis zum 01.10.2007 befand sich der Kläger zur Durchführung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation in stationärer Behandlung in der Rehaklinik K., N., wo er unter den Hauptdiagnosen "chronisches Schmerzsyndrom des linken Armes nach transaxillärer Resektion der ersten Rippe zur Therapie einer vaskulären Läsion des Nervus thoracicus longus links, des Nervus intercostobrachialis links sowie Läsion des Fasciculus posterior und des Hallux rigidus mit Exostosenbildung 1. Zehe links; Adipositas" behandelt wurde. Die dort behandelnden Ärzte schätzten das Leistungsvermögen als Lkw-Fahrer mit unter drei Stunden täglich ein, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nahmen sie demgegenüber ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten ohne fortgesetzte Belastung der linken oberen Extremität und Überkopfarbeiten an.

Am 12.02.2008 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung unter Vorlage eines Schwerbehindertenausweises, ausgestellt am 31.08.2007 vom Landratsamt Z. (GdB 50 seit 06.11.2006) und führte aus, er halte sich seit dem 01.04.2005 wegen einer Nervenschädigung infolge einer im Jahr 2005 durchgeführten Operation für erwerbsgemindert.

Nach Auswertung zweier Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg vom 11.07.2007 und vom 06.02.2008 sowie des Reha-Entlassungsberichts der Rehaklinik K. vom 05.10.2007 schloss sich der Beratungsarzt Dr. H. der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung des Reha-Entlassungsberichts im Ergebnis an. Hierauf lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom 10.03.2008 ab.

Zur Begründung des am 31.03.2008 erhobenen Widerspruchs führte der Kläger an, das schwere chronische Schmerzsyndrom und die dadurch bedingte Einschränkung der gesamten Leistungsfähigkeit seien bislang nicht berücksichtigt worden. Im Heilverfahren sei eine Besserung nicht erreicht worden, vielmehr sei eine Verschlechterung des Befundes am linken Arm eingetreten. Der Schmerz sei kontinuierlich vorhanden. Der Kläger fühle sich linksseitig unbeweglich. Hinzu komme ein Belastungsschmerz am linken Fuß.

Mit Gutachten vom 08.07.2008 diagnostizierte die Internistin Dr. M. im Wesentlichen eine Entfernung der ersten Rippe links 4/05 zur Behandlung eines Verdachts auf Gefäßkompression bei der Armhebung mit Nervenverletzung, Lähmung des linken Serratusmuskels und Bewegungseinschränkung der linken Schulter, eine psychosomatische Beschwerdeüberlagerung der neuropathischen Schulter-Oberarmschmerzen links bei sozialen Belastungsfaktoren und degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule mit Bandscheibenschaden ohne wesentliche Bewegungseinschränkungen oder Funktionsdefizite. Hieraus resultierten eine Leistungseinschränkung für Überkopfarbeiten mit dem linken Arm und für das Heben und Tragen von mittelschweren Lasten, wobei der Kläger leichte Arbeiten mit gelegentlich mittelschweren Anteilen ohne häufige Überkopfarbeiten mindestens sechs Stunden und länger verrichten könne. Die zum Zeitpunkt der Begutachtung noch vorhandenen typischen postoperativen Beschwerden am linken Großzehenballen nach operativer Versteifung im Februar 2008 wegen Großzehengrundgelenksarthrose (Schwellung mit Schmerzen) würden im weiteren Verlauf nach Abheilung verschwinden.

Hierauf wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2008 im Wesentlichen gestützt auf das Gutachten von Dr. M. zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 06.11.2008 Klage beim Sozialgericht Reutlingen erhoben und zur Begründung darauf verwiesen, dass es bei der Entfernung einer Rippe zu einer Nervenverletzung gekommen sei, was zur Lähmung des linken Serratusmuskels mit Bewegungseinschränkung der linken Schulter geführt habe. Im Bereich des linken Armes leide er an einem schweren chronischen Schmerzsyndrom. Hierdurch bedingt liege eine wesentliche spezifische Leistungsstörung im Bereich des linken Armes vor, weshalb die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich sei. Die chronischen Schmerzen beeinträchtigten nicht nur den linken Arm, sondern minderten die gesamte psychische und körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers. Daneben bestünden noch Veränderungen der Halswirbelsäule, ein Schmerzzustand nach Operation des linken Großzehengrundgelenks und ein Hautausschlag.

Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf die im Widerspruchsverfahren durchgeführten Ermittlungen und den Inhalt des Widerspruchsverfahrens entgegen getreten.

Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen gehört. Der Facharzt für Neurochirurgie Dr. H. hat mit Schreiben vom 11.02.2009 angegeben, nach Operation im April 2005 mit Nervenläsion bestünden therapieresistente Cervikobrachialgien links mit eindeutigem chronischem Schmerzsyndrom und Blockierungen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) und Brustwirbelsäule (BWS). Dabei stünden die belastungsabhängigen cervicobrachialgieformen Schmerzen links bei Nervenschädigung im Vordergrund der Beschwerden. Es bestehe eine zunehmende Schmerzsymptomatik im Bereich des linken Arms mit Schmerzen schon nach kurzer Belastung. Daneben bestehe ein chronisches Cervikalsyndrom. Eine Chronifizierung der Schmerzsituation habe sich eingestellt. Aufgrund dessen könnten auch leichte Tätigkeiten nicht mehr mindestens sechs Stunden durchgeführt werden, nachdem trotz Medikation eine Schmerzverbesserung nicht zu erreichen gewesen sei.

Der praktische Arzt Dr. D. hat mit Schreiben vom 21.02.2009 von Nervenläsionen, Muskelverschmächtigungen und subjektiv chronischen Schmerzen von brennendem Charakter im Versorgungsgebiet der lädierten sensiblen Nerven berichtet und ausgeführt, der Kläger könne wegen der chronischen Schmerzen und, weil ihm der linke Oberarm und teilweise auch der Unterarm wegen der eingeschränkten Beweglichkeit und des Teilabbaus der Muskeln der linken Schulterpartie nur noch teilweise zur Verfügung stünden, auch leichte Tätigkeiten nicht mehr mindestens sechs Stunden verrichten.

Mit Gutachten vom 13.06.2009 hat der Arzt für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S. beim Kläger Abnützungserscheinungen der HWS im unteren Bereich mit einem Bandscheibenvorfall C6/C7, ein chronisches Schmerzsyndrom am linken Arm nach Operation eines Thoracic-outlet-Syndroms mit Resektion der ersten Rippe links und Läsionen von Nerven, welche die linke Schulter und den linken Arm versorgen, eine Versteifung des Großzehengrundgelenks links und Adipositas diagnostiziert. Die schulterbedeckende Muskulatur hat er als leicht verschmächtigt ohne darüber hinausgehende Auffälligkeiten beschrieben. Bei der Prüfung der groben Kraft mit dem Dynamometer habe der Kläger rechts Werte von 40, 46 und 45 kgs erreicht, links von 25, 28 und wiederum 28 kgs. Er kam zu dem Ergebnis, am linken Arm sei aufgrund eines chronischen Schmerzsyndroms mit deutlicher Einschränkung der Beweglichkeit in der linken Schulter, weniger deutlich im linken Ellenbogen, die Gebrauchsfähigkeit deutlich eingeschränkt. Demgegenüber sei die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand erhalten, was sich auch aus der guten Kraftentwicklung bei der Kraftprüfung ergebe. Der Kläger könne leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, nicht aber schwere oder mittelschwere Tätigkeiten, ohne Zwangshaltungen, ohne Arbeiten mit Akkord- oder Fließbandcharakter, ohne Wechselschichtbedingungen, Nachtschicht und ohne besondere klimatische Bedingungen mehr als sechs Stunden täglich verrichten.

In einem auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) am 25.07.2010 erstatteten neuroradiologischen Zusatzgutachten ist Prof. Dr. Z. zu dem Ergebnis gelangt, mit der von ihm angewandten Untersuchungstechnik lasse sich kein morphologisch fassbarer Schaden im Bereich der die Arme versorgenden Nervenfasern (Armplexus) als Folge des beschriebenen Traumas oder der durchgeführten transaxillären (Teil-) Resektion der ersten Rippe links nachweisen.

Unter Berücksichtigung dieses Zusatzgutachtens hat der Facharzt für Neurologie und Dipl.-Psychologe Prof. Dr. Dr. T. am 19.08.2010 ein neurologisch-algesiologisches Gutachten erstattet. Hiernach liege beim Kläger eine durch eine transaxilläre Resektion der ersten Rippe ausgelöste Schädigung unterer Plexusanteile vor, die zu einer Funktionsbeeinträchtigung in der Schulter-Arm-Funktion und zu einem neuropathischen Schmerzbild im Bereich des linken Arms geführt habe. Dabei bestehe ein hohes Maß an psychischer Co-Morbilität (pathologische Verarbeitungsreaktion und Anpassungsstörung in Reaktion auf erlittene Schädigung). Die Auswirkungen der Schädigung im motorischen und sensiblen Bereich, die verbunden sei mit koordinativen Leistungen aus dem Schultergelenk, sowie die durch die Nutzung des Armes eintretende stärkere Schmerzhaftigkeit müssten zu einer Tätigkeit führen, die eine nur intermittierende Belastung und keine Überbelastung der linken Extremität erfordere. Zwingend zu beachten sei, dass im Hinblick auf auch nur mittelschwere körperliche Arbeiten wie Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel allenfalls 10 bis 15 kg zur Routinetätigkeit gehören dürften. Gehen, Stehen und Sitzen sei möglich, allerdings solle eine gleichförmige Körperhaltung wegen der aus der HWS resultierenden Beschwerden vermieden werden. Ebenfalls seien Akkord- und Fließbandarbeiten zu vermeiden, wobei nichts gegen Wechselschicht und Nachtschicht spreche. Hitze, Kälte, Zugluft, Nässe, Lärm sowie die Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen seien zu vermeiden, da diese das Auftreten neuropathischer Schmerzen verschlechterten. Keine Einwände bestünden gegen besondere Verantwortung oder eine besondere geistige Beanspruchung. Als zweifelhaft hat Prof. Dr. Dr. T. angesehen, dass der Kläger in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten, was ausgehend von der psychischen und körperlichen Konstitution auch unter erleichterten Bedingungen derzeit etwas über dem Leistungsstand des Klägers liege. In der Anfangsphase solle daher eine Tätigkeit von mindestens drei Stunden bis unter sechs Stunden gewählt werden. Weiteren Beobachtungen und Arbeitsbelastungen bleibe dann vorbehalten, ob eine Überschreitung von sechs Stunden von einem späteren Zeitpunkt wieder möglich werde. Als Grund für die Annahme der zeitlichen Leistungseinschränkung hat Prof. Dr. Dr. T. die auch bei schonender Belastung auftretende mechanische Reizung, welche nach Beschreibung des Klägers immer wieder zur Zunahme der Beschwerden führe, benannt, denn dies führe über die Schmerzen zu einer reaktiven Einschränkung der Beweglichkeit im Sinne eines circulus vitiosus.

Hierzu hat der Internist Dr. B. als beratender Arzt der Beklagten unter dem 28.09.2010 Einwendungen geäußert, weshalb das SG Prof. Dr. Dr. T. zu einer ergänzenden Stellungnahme aufgefordert hat, welche dieser unter dem 03.04.2011 erstattet hat. Die geäußerten Zweifel an einer mindestens sechsstündigen Erwerbsfähigkeit des Klägers ergäben sich hiernach aus dem Umstand, dass eine der aktuellen Leistungsfähigkeit des Klägers angemessene Beschäftigung nicht durch einen Arbeitsversuch erprobt worden sei. In der Anfangsphase (zunächst 12 Wochen) sei eine Tätigkeit von drei bis unter sechs Stunden vorgeschlagen worden. Den konkreten Beobachtungen während der Arbeitsbelastung müsse dann durch eine Anpassung der Arbeitszeit nach unten oder oben Rechnung getragen werden. Aus seinen Ausführungen ließen sich zudem Zweifel an der vom Kläger dargestellten subjektiven Überzeugung nicht ableiten. Die Ausführungen zur eigenen Überzeugung des Klägers hätten dazu gedient, das Krankheitskonzept zu beleuchten, um auf diesem Weg nachvollziehbar zu machen, warum der Kläger therapeutischen Bemühungen bisher eher ablehnend gegenüber gestanden sei. Schließlich hat er ausgeführt, mögliche Zweifel an der Arbeitsfähigkeit des Klägers, die dieser durch die Bekundung der Bereitschaft zur Gründung einer selbstständigen Tätigkeit mit ca. 45 Wochenarbeitsstunden zum Ausdruck gebracht haben könne, seien von ihm allenfalls marginal in die Beurteilung einbezogen worden. Dies entziehe sich der tiefergreifenden Beurteilung und sei auch im Gespräch bei der Begutachtung nicht kritisch thematisiert worden. Falls sich aus diesem Umstand eine Glaubwürdigkeitskrise für vom Kläger angegebene Beschwerden ergebe, sei diesbezüglich ein psychiatrisch-psychologisches Gutachten anzufordern.

Hierauf hat das SG ein nervenärztliches Gutachten bei der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. W. eingeholt. Diese hat die Diagnosen einer Schädigung des unteren Armplexus links seit 2005 mit Funktionsbeeinträchtigung der Schulterbewegungen und neuropathischen Schmerzen, eines Verdachts auf ein beidseitiges Sulcus-unlnaris-Syndrom, linksbetont, einer chronischen Lumbalgie ohne radikuläre Ausfälle und chronischer Fußschmerzen bei Hallux valgus gestellt und ausgeführt, es bestehe keine psychiatrische Störung. Prof. Dr. W. hat Zweifel an den Angaben des Klägers bezüglich der Schmerzstärke bzw. bezüglich seiner Angaben, wie stark er hierdurch tatsächlich behindert sei, geäußert. Nachvollziehbar und glaubhaft sei nur, dass wahrscheinlich tatsächlich Missempfindungen vorlägen, deren Ausmaß aber weniger dramatisch erschienen sei. Aus der verminderten Muskelkraft insbesondere im Bereich der das Schulterblatt bewegenden Muskulatur ergebe sich eine qualitative Leistungseinschränkung, aber keine quantitative Leistungseinschränkung. Nicht mehr zumutbar seien Tätigkeiten, welche den linken Arm besonders beanspruchten oder mit besonderer Kraftentfaltung im linken Arm verbunden seien, Überkopfarbeiten sowie Tätigkeiten mit häufiger bimanueller Arbeit. Wegen chronischer Rückenschmerzen hat Prof. Dr. W. das Heben und Tragen von Lasten von über 15 kg ausgeschlossen, ebenso Tätigkeiten in Zwangshaltung, in Vorbeuge- oder in gebückter Stellung. Mit Stellungnahme vom 15.11.2011, welche sie zu Einwendungen des Klägerbevollmächtigten erstattet hat, hat sie an ihren Schlussfolgerungen und der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung festgehalten.

Mit Urteil vom 30.01.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat den Kläger als noch in der Lage gesehen, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag zu verrichten und hat seine Überzeugung auf die Gutachten von Dr. M., Dr. S. und Prof. Dr. W. gestützt. Das Gutachten von Prof. Dr. Dr. T. habe nicht zu beweisen vermocht, dass eine rentenrelevante Erwerbsminderung vorliege. Insbesondere setzte dieser sich nicht kritisch damit auseinander, dass in anderen Situationen Verdeutlichungstendenzen vorgelegen hätten. Eine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung oder Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen hat das SG ebenfalls verneint.

Gegen das ihm am 23.02.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.03.2012 Berufung eingelegt und darauf verwiesen, Prof. Dr. Dr. T. habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass keinerlei Hinweis auf Simulation und Aggravation vorgelegen habe. Er habe die Ausübung einer Tätigkeit von mindestens sechs Stunden nach dem augenblicklichen Stand in Zweifel gezogen. Prof. Dr. W., auf deren Gutachten sich das SG in seinen Urteilsgründen alleine gestützt habe, sei keine Schmerztherapeutin. Der Umstand, dass der Kläger bei der Untersuchung zeitnah keine Medikamente eingenommen habe, resultiere daraus, dass er im vorangegangenen Urlaub die Medikamente abgesetzt habe, um zu prüfen, wie weit er ohne die Medikamente zurechtkomme. Prof. Dr. W. bestätige auch die Schädigung des Armplexus, gehe allerdings auf die Funktionsstörung und dadurch verursachte Schmerzproblematik beim Kläger nicht ausreichend ein. Die Ausführungen würden der Schwere der Schmerzstörung und den Auswirkungen beim Kläger nicht gerecht. Die von Prof. Dr. Dr. T. genannten Einschränkungen indizierten, dass eine Verweisungstätigkeit benannt werden müsse, nachdem durch die Plexusläsion atypische Arbeitsbedingungen vorlägen. Die Einschätzung von Frau Prof. Dr. W., dass die Schmerzproblematik aggraviert werde, sei nicht zutreffend. Seit September 2012 habe sich die Schmerzsituation beim Kläger verschlechtert, weshalb eine stärkere Medikation notwendig geworden sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. Januar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. März 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger aufgrund des Antrages vom 12. Februar 2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren,

hilfsweise ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers gem. § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG bei Dr. G. E., C., einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend und hat eine ergänzende Stellungnahme nach Aktenlage ihres Beratungsarztes Dr. B. vom 14.11.2012 vorgelegt.

Der Senat hat den Arzt für Anästhesiologie/spezielle Schmerztherapie Dr. M. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat mit Schreiben vom 17.09.2012 über Vorstellungen des Klägers vom 30.04.2012, 02.07.2012 und 31.08.2012 in seiner Praxis berichtet. An der linken Schulter bestehe hiernach ein neuropathischer Schmerz (Ausstrahlung Abduktion 90 °). Darüber hinaus bestehe ein myofascialer Schmerz der Schultermuskulatur, ferner bestünden Muskelkrämpfe am Unterarm und Brennen in der Achselhöhle. Der Kläger habe angegeben, sein Haus verkauft zu haben, weil er die Gartenarbeit/Hausarbeit nicht mehr verrichten könne. Er habe zudem angegeben, die Schmerzmedikation, bestehend aus Ibuprofen und Katadolon, abgesetzt zu haben und gegenwärtig nicht arbeits- und erwerbsfähig zu sein. Dr. M. sah die maximale Belastbarkeit des Klägers bei ein bis anderthalb Stunden.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen, ebenfalls auf die Akte des beim SG geführten Schwerbehindertenverfahrens (S 12 SB 4608/07).

II.

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das Landessozialgericht - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Der Senat hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung nicht besteht, weil der Kläger noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren sowie der im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.

Ergänzend ist auszuführen, dass auch der Senat ein Absinken der beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit des Klägers auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, was zu einer zu befristenden Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes führen würde, nicht festzustellen vermag. Dies ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung der ärztlichen Unterlagen, insbesondere den Gutachten von Prof. Dr. W. und Dr. S., aber auch aus dem von Dr. M. im Widerspruchsverfahren erstatteten Gutachten, welches der Senat im Urkundsbeweis verwertet hat. Die genannten medizinischen Sachverständigen haben schlüssig dargelegt, dass infolge einer Schädigung des unteren Armplexus links mit Funktionsbeeinträchtigung der Schulterbewegungen und neuropathischen Schmerzen bei Verdacht auf ein Sulcus-Ulnaris-Syndrom, infolge der vom Kläger angegebenen Wirbelsäulenbeschwerden, von Dr. M. und Dr. S. diagnostisch als degenerative Veränderungen der HWS bei Bandscheibenschaden eingeordnet, bei Mitberücksichtigung chronischer Fußschmerzen nach Versteifungsoperation des Großzehengrundgelenks, das Leistungsvermögen für Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zwar qualitativ, nicht aber quantitativ eingeschränkt ist. Auch nach Auffassung des Senats ist der Kläger mit den bestehenden Gesundheitsstörungen noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Wegen des Zustandes nach Armplexusschädigung links mit schmerzhaft eingeschränkter Schulterbeweglichkeit sind dem Kläger nur noch Tätigkeiten ohne besondere Beanspruchung des linken Armes oder Tätigkeiten, die links eine besondere Kraftentfaltung benötigen oder die häufig bimanuell zu verrichten sind, zuzumuten. Wegen der Schulterbeschwerden sowie degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule, insbesondere der HWS bei Bandscheibenvorfall, sind Überkopfarbeiten dem Kläger ebenso wie das Heben und Tragen von Lasten über 15 kg nicht mehr zumutbar; dasselbe gilt für Tätigkeiten in Zwangshaltungen und mit häufigem Bücken verbundene Tätigkeiten. Arbeiten mit Akkord- oder Fließbandcharakter sind dem Kläger ebenso wenig zumutbar wie Arbeiten in Wechselschicht, Nachtschicht oder unter besonderen klimatischen Bedingungen. Letztere von Dr. S. angegebenen qualitativen Leistungseinschränkungen berücksichtigen nach eigener Prüfung durch den Senat die vom Kläger geklagten Schmerzempfindungen ebenso wie mögliche Nebenwirkungen vom Kläger nach eigenen Angaben (Schriftsatz vom 23.01.2013) jetzt wieder eingenommener Schmerzmedikamente.

Anders als von Prof. Dr. Dr. T. vertreten resultiert aus den nachgewiesenen Gesundheitsstörungen des Klägers neben diesen qualitativen Leistungseinschränkungen nicht noch eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens des Klägers. Das Gutachten samt ergänzender Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. T. berücksichtigt bei der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung nicht hinreichend, dass sich Art und Umfang der vom Kläger geklagten Beeinträchtigungen in Form von Kraftlosigkeit, Bewegungsbeeinträchtigungen und Schmerzen mit den objektivierbaren Untersuchungsergebnissen kaum in Übereinstimmung bringen lässt. So hat sich eine Armumfangsminderung links als Ausprägung einer schmerzbedingten Schonung des Armes ebenso wenig objektivieren lassen wie eine links gegenüber rechts verminderte Handbeschwielung. Lediglich eine leichte Verschmächtigung der schulterbedeckenden Muskulatur ist - als Folge der schmerzhaften Einschränkung der Schulterbeweglichkeit links - sowohl von Dr. S. als auch von Prof. Dr. Dr. T. beschrieben worden. Dies wird in der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung von letzterem ebenso wenig in gebührender Weise berücksichtigt wie der Umstand, dass auch aus dem Alltags- und Freizeitverhalten des Klägers keine Anhaltspunkte für ein schmerzbedingtes Schonverhalten resultieren. So hat der Kläger gegenüber Prof. Dr. W. angegeben, weiterhin noch mit Kurzwaffen zu schießen, mit seinem Sohn zu basteln, viel zu lesen und den Computer zu nutzen (auch für Kommunikation mit Freunden), viel und gerne zu kochen, selbst einzukaufen und den Haushalt zu führen, im Urlaub zu campen, den von ihm besessenen Campingbus ohne Servolenkung noch regelmäßig selbst zu fahren und stundenweise als Aushilfe bei Bedarf Backwaren zu Marktständen zu bringen. Der Kläger unternimmt Spaziergänge und fährt auch noch Fahrrad. Zwar hat er zwischenzeitlich, was er zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. W. bereits geplant hatte, sein Haus mit Garten verkauft, ist jedoch zum Untersuchungszeitpunkt noch in der Lage gewesen, 1 bis 1,5 Stunden lang Rasen zu mähen. Dem Senat erscheint es nachvollziehbar, wenn die Sachverständige Prof. Dr. W. hieraus und dem Umstand, dass der Kläger etwa mit seinem Campingbus ohne Servolenkung selbst zur Untersuchung gefahren ist, gleichzeitig aber die Schmerzen im Bereich der linken Schulter mit aktuell sehr hoch (Skala 1-10: 9) angegeben hat, die Schlussfolgerung gezogen hat, dass die Angaben des Klägers zum Grad der Schmerzen und der damit verbundenen Einschränkungen nicht glaubhaft sind. Prof. Dr. Dr. T. hat dies nicht ausreichend problematisiert und seine Leistungsbeurteilung somit nicht schlüssig begründet.

Ein Rentenanspruch kann vorliegend auch nicht auf die Grundsätze einer schweren spezifischen Leistungsbeeinträchtigung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gestützt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt eine volle Erwerbsminderung ausnahmsweise selbst bei einer mindestens sechsstündigen Erwerbsfähigkeit vor, wenn der Arbeitsmarkt wegen besonderer spezifischer Leistungseinschränkungen als verschlossen anzusehen ist. Dem liegt zugrunde, dass eine Verweisung auf die verbliebene Erwerbsfähigkeit nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246 Nr.110). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist bei Versicherten mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. Eine Verweisungstätigkeit braucht erst dann benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Hinsichtlich der vorhandenen qualitativen Beschränkungen hängt das Bestehen einer Benennungspflicht im Übrigen daher entscheidend von deren Anzahl, Art und Umfang ab, wobei zweckmäßigerweise in zwei Schritten - einerseits unter Beachtung der beim Restleistungsvermögen noch vorhandenen Tätigkeitsfelder, andererseits unter Prüfung der "Qualität" der Einschränkungen (Anzahl, Art und Umfang) - zu klären ist, ob hieraus eine deutliche Verengung des Arbeitsmarktes resultiert (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12; BSG, Urteil vom 09.09.1998, B 13 RJ 35/97 R (juris)). Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80, SozR 2200 § 1246 Nr. 90) jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht, wenn Tätigkeiten wie das Verpacken leichter Gegenstände, einfache Prüfarbeiten oder die leichte Bedienung von Maschinen noch uneingeschränkt möglich sind. Ausgehend davon, dass der Kläger, der Rechtshänder ist, vorrangig durch die schmerzhafte Schulterbeweglichkeitseinschränkung links - bei auch links vollständig erhaltener Hand- und Handgelenksfunktion, die durch eine Kraftprüfung bei der Untersuchung des Klägers durch Dr. S. dokumentiert worden ist und sich auch in seitengleicher Handbeschwielung (Gutachten Dr. S.) und seitengleichen Armumfängen (Gutachten Prof. Dr. W.) widerspiegelt -, durch die dadurch bestehenden Schmerzen und daneben noch bestehende Wirbelsäulenbeschwerden beeinträchtigt ist, jedoch leichte Bürotätigkeiten, aufsichtsführende Tätigkeiten sowie leichte Montier- und Sortierarbeiten, welche überwiegend mit der dominanten rechten oberen Extremität verrichtet werden können, noch mehr als sechs Stunden täglich verrichten kann, liegt weder eine besondere spezifische Leistungsbeeinträchtigung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, nachdem dem Kläger noch weite Teile des Arbeitsmarktes für leichte Tätigkeiten offen stehen.

Der Kläger ist auch wegefähig im rentenrechtlichen Sinne. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG, Urteile vom 09.08.2001 - B 10 LW 18/00 RSozR 3-5864 § 13 Nr. 2 m. w. N. sowie Urteil vom 28.08.2002 - B 5 RJ 12/02 R - (juris)). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des nach § 43 SGB VI versicherten Risikos (BSG, Urteile vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, vom 09.08.2001 - B 10 LW 18/00 R - SozR 3-5864 § 13 Nr. 2 und vom 14.03.2002 - B 13 RJ 25/01 R – (juris)); das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Meter mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z. B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (BSG, Urteile vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, vom 19.11.1997 - 5 RJ 16/97 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 10 und vom 30.01.2002 - B 5 RJ 36/01 R – (juris)). Dazu gehört auch die zumutbare Benutzung eines vorhandenen, ggf. im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16 SGB VI, § 33 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 8 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX)) subventionierten Kraftfahrzeugs (vgl. BSG, Urteile vom 19.11.1997 - 5 RJ 16/97 - in SozR 3-2600 § 44 Nr. 10, vom 30.01.2002 - B 5 RJ 36/01 R - und vom 14.03.2002 - B 13 RJ 25/01 R - (jeweils juris)). Der Kläger hat gegenüber der medizinischen Sachverständigen Dr. W. angegeben, trotz bestehender Fußbeschwerden nach operativer Großzehengrundgelenksversteifung noch 1 bis 1,5 Stunden am Stück laufen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen zu können; mit Schriftsatz vom 23.01.2013 hat er die Wegstrecke wegen eines hinzugekommenen Meniskusleidens am rechten Knie auf 500 bis 1000 Meter beschränkt angegeben. Anhaltspunkte dafür, dass er eine Wegstrecke von mindestens 500 Metern nicht mehr in bis zu 20 Minuten bewältigen kann, ergeben sich nach Auswertung der medizinischen Ermittlungsergebnisse unter Berücksichtigung des neuen Klägervortrages für den Senat nicht. Darüber hinaus lenkt er noch regelmäßig einen privaten PKW, weshalb die Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zu erreichen, zur Überzeugung des Senats nicht rentenrelevant einschränkt ist.

Der Senat hat sich nicht gedrängt gesehen, zu der Frage, ob eine Plexusläsion im linken Arm, wie sie beim Kläger besteht, "typischerweise" zu einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens führt, ein weiteres neurologisches Gutachten einzuholen. Weder ist substantiiert dargetan noch ersichtlich, dass Prof. Dr. W. bei ihren Schlussfolgerungen den neuesten anerkannten Stand des sozialmedizinischen Erfahrungswissens verkannt hat. Maßstab für die Einschätzung der Erwerbsfähigkeit eines Versicherten sind dann aber die konkreten Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen auf die Fähigkeit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Art und Ausmaß der Folgen der Schädigung des unteren Armplexus links mit Funktionsbeeinträchtigung der Schulterbewegungen und neuropathischen Schmerzen hat Prof. Dr. W. individuell auf den Kläger bezogen festgestellt und hieraus eine schlüssige sozialmedizinische Leistungsbeurteilung abgeleitet. Veranlassung zur Einholung eines weiteren Gutachtens von Amts wegen hatte der Senat daher nicht.

Der Senat hat sich ferner nicht gedrängt gesehen, mit der Entscheidung des Rechtsstreits weiter zuzuwarten, weil der Kläger beabsichtigt, sich im Juli 2013 in eine Schmerzklinik in W. zu begeben. Der Umstand, dass der Kläger sich in eine Schmerzklinik begibt, erlaubt keine Rückschlüsse auf eine relevante Verschlechterung seines Leistungsvermögens. Vielmehr ist aufgrund der beabsichtigten Behandlung eher zu erwarten, dass eine Besserung des Leistungsvermögens eintreten wird.

Der Senat hat schließlich ebenfalls keine Veranlassung gesehen, auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet ein weiteres Gutachten auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers bei Dr. E. in C. einzuholen. Zwar muss gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG auf Antrag des Versicherten ein bestimmter Arzt gutachterlich gehört werden, jedoch ist das Gericht grundsätzlich nicht verpflichtet, mehrere Gutachten nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG in verwandten Fachrichtungen einzuholen (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage 2012, § 109 Rn. 10b m.w.N.), was erst recht bei Ärzten derselben Fachrichtung (der in erster Instanz gehörte Arzt Prof. Dr. Dr. T. ist Neurologe und Diplom-Psychologe, Dr. E. ist Neurologe und Psychiater) zu gelten hat. Besondere Umstände, welche ausnahmsweise die Anhörung eines weiteren Neurologen und Psychiaters gebieten würden, sind weder dargetan noch ersichtlich.

Nach alledem war die Berufung insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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