L 6 SB 3002/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 1508/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 3002/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten im Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) bzw. die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft streitig.

Der Beklagte hatte bei dem 1952 geborenen Kläger unter Zugrundelegung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. F., in der dieser als Behinderungen ein Bronchialasthma und eine chronische Bronchitis mit einem Einzel-GdB von 20, einen Bluthochdruck mit einem Einzel-GdB von 10 sowie eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigt und den Gesamt-GdB mit 20 bewertet hatte, mit Bescheid vom 24.06.2008 den GdB mit 20 seit 25.04.2008 festgestellt.

Der Kläger beantragte am 16.09.2009 die Neufeststellung des GdB. Der Beklagte holte den Befundbericht des Allgemeinmediziners Dr. E. vom 25.09.2009 (unwesentliche Veränderung des Gesundheitszustandes) ein und zog die Arztbriefe der Internistin Dr. M. vom 12.05.2009 (schwergradiges lageunabhängiges obstruktives Schlafapnoesyndrom, lageunabhängige Rhonchopathie; Empfehlung einer CPAP-Therapie) sowie des Internisten und Kardiologen Dr. H. vom 21.11.2008 (arterielle Hypertonie mit hypertensiver Herzerkrankung, Hypercholesterinämie) und 14.01.2009 (kein Anhalt für eine relevante koronare Herzkrankheit) bei. Dr. L. berücksichtigte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 03.11.2009 als Behinderungen ein Bronchialasthma, eine chronische Bronchitis und ein Schlafapnoe-Syndrom mit einem Einzel-GdB von 20, einen Bluthochdruck mit einem Einzel-GdB von 20 sowie eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und einen Bandscheibenschaden mit einem Einzel-GdB von 10 und bewertete den Gesamt-GdB weiterhin mit 20. Mit Bescheid vom 05.11.2009 lehnte der Beklagte den Neufeststellungsantrag des Klägers ab. Er hat zur Begründung ausgeführt, das Hinzukommen weiterer Funktionsbeeinträchtigungen habe sich auf den bereits festgestellten GdB nicht ausgewirkt.

Hiergegen legte der Kläger am 16.11.2009 Widerspruch ein, mit dem er auf die Schwere der Lumboischialgie und des Schlafapnoe-Syndroms hinwies und ausführte, zusätzlich müsse ein Karpaltunnelsyndrom berücksichtigt werden. Der Beklagte holte den Befundbericht des Orthopäden B. vom 25.01.2010 (Lenden- und Brustwirbelsäulenbeschwerden, schnellender Finger beidseits, Schultergelenkssteife rechts) ein. Dr. G. bewertete in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 26.02.2010 nun die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit degenerativen Veränderungen und Bandscheibenschaden mit einem Einzel-GdB von 20 und den Gesamt-GdB unter Aufrechterhaltung der übrigen Einzel-GdB-Werte mit 30. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.04.2010 hob der Beklagte den Widerspruch teilweise auf und stellte den GdB mit 30 seit 16.09.2009 fest. Er führte zur Begründung aus, die weitere Aufklärung und nochmalige versorgungsärztliche Überprüfung des medizinischen Sachverhalts habe ergeben, dass aufgrund der neu vorliegenden Befundangaben die Anhebung des GdB auf 30 in der Gesamtbetrachtung begründet sei.

Hiergegen hat der Kläger am 05.05.2010 Klage beim Sozialgericht Reutlingen erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt.

Das Sozialgericht hat zunächst Dr. M. (Schriftsatz vom 30.06.2010: Mit nCPAP behandeltes hochgradiges lageunabhängiges obstruktives Schlafapnoesyndrom, chronisch obstruktive Bronchitis mit deutlicher obstruktiver Lungenfunktionseinschränkung), Dr. E. (Auskunft vom 05.07.2010: Chronisch obstruktive Bronchitis mit rezidivierenden Bronchitiden, mit Medikamenten behandelte mäßige Hypertonie, schweres Schlafapnoesyndrom, erhebliche degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule), den Neurologen und Psychiater Dr. C. (Schreiben vom 26.07.2010: Einmalige Untersuchung in 2007, leichtes Carpaltunnelsyndrom beidseits) sowie den Orthopäden B. (Auskunft vom 09.11.2010: Lumboischalgie rechts, Auskunft vom 01.12.2010: Erhebliche pathologische Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit deutlichen Protrusionen sämtlicher Segmente und einer deutlichen Spinalkanalstenose) schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Diese haben weitere ärztliche Unterlagen, insbesondere den Arztbrief der Radiologen Dres. B., B., K. und F. vom 25.11.2010 (kernspintomographisch: diskrete flache linkskonvexe Skoliosehaltung der Lendenwirbelsäule, primär schlanker Spinalkanal im mittleren Lendenwirbelsäulenbereich, degenerative Bandscheibenveränderungen in den Segmenten L2 bis S1) vorgelegt. Dr. S. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 18.03.2011 als Behinderungen eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen und einen Bandscheibenschaden mit einem Einzel-GdB von 20, ein Bronchialasthma und eine chronische Bronchitis mit einem Einzel-GdB von 20, ein Schlafapnoe-Syndrom mit einem Einzel-GdB von 20 sowie einen Bluthochdruck mit einem Einzel-GdB von 20 berücksichtigt und den Gesamt-GdB mit 40 bewertet. Das hierauf gestützte Vergleichsangebot des Beklagten, den GdB mit 40 seit 16.09.2009 festzustellen, hat der Kläger abgelehnt.

Sodann hat das Sozialgericht von Amts wegen das Gutachten des Dr. I., Chefarzt an den Fachkliniken H. in Bad U., vom 29.08.2011 eingeholt. Der Sachverständige hat eine Adipositas Grad II (BMI 37), eine ausgeglichene Stimmungslage und ein breitbeiniges, langsames Gangbild beschrieben. Die Muskeleigenreflexe seien seitengleich und mittellebhaft auslösbar ohne Zeichen von Paresen gewesen. Hinweise auf eine Herzkrankung hätten sich nicht gefunden. Die Lungenfunktion könne wegen fehlender Mitarbeit nicht beurteilt werden. Der Sachverständige hat die chronische Bronchitis mit einem Einzel-GdB von 20, die arterielle Hypertonie, die medikamentös unzureichend eingestellt sei und eine Hypertrophie des Septums interventrikularis verursacht habe, mit einem Einzel-GdB von 20, das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom mit CPAP-Therapie mit einem Einzel-GdB von 20 sowie das degenerative Lendenwirbelsäulensyndrom mit Osteochondrosen von L2 bis S1 und Bandscheibenvorwölbungen von L2 bis S1 ohne Bandscheibenvorfall und ohne Spinalkanalstenose mit einem Einzel-GdB von 20 und den Gesamt-GdB mit 40 bewertet. Das Karpaltunnelsyndrom sei leichter Ausprägung, da der Kläger bei gelegentlichen Kribbelmissempfindungen könne der Kläger seine Finger nach Massage wieder bewegen, könne. Es könne daher ebenso wie die Hypertriglyceridämie, die Steatosis hepatice (Fettleber) oder die Adipositas nicht berücksichtigt werden; sie bedingten keinen Einzel-GdB von 10.

Ferner hat das Sozialgericht auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Orthopäden Dr. K. vom 18.01.2012 eingeholt. Der Sachverständige hat die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, die degenerativen Veränderungen und den Bandscheibenschaden mit einem Einzel-GdB von 30 sowie die Funktionsbehinderung der Schultergelenke, die degenerativen Veränderungen und die Kalkdepoteinlagerung links mit einem Einzel-GdB von 10 und unter Berücksichtigung der weiteren für das Bronchialasthama, die chronische Bronchitis, das Schlafapnoesyndrom und den Bluthochdruck vergebenen Einzel-GdB-Werte von 20 den Gesamt-GdB mit 50 bewertet. Der Kläger weise eine leichte Fehlhaltung der Wirbelsäule sowie degenerative Veränderungen, die teilweise der Altersnorm vorauseilten, auf. Er könne 1 Stunde gehen, walke regelmäßig 35 Minuten und gehe mehrfach täglich mit dem Hund spazieren. Die Familie fahre regelmäßig in Urlaub in die Mietwohnung in Kalabrien. Er arbeite wieder vollschichtig als Maschinenbediener und sei nicht nennenswert arbeitsunfähig krank gewesen. Hierzu hat Dr. W. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.02.2012 ausgeführt, dem Gutachten lasse sich von Seiten der Halswirbelsäule eine allenfalls endgradige Funktionseinschränkung und von Seiten der Rumpfwirbelsäule, welche als Funktionseinheit von Brust- und Lendenwirbelsäule zu sehen sei, eine ebenfalls geringgradige bis maximal mittelgradige Funktionseinschränkung entnehmen. Der von Dr. K. für das Wirbelsäulenleiden vergebene Einzel-GdB von 30 sei nur bei einer schwergradigen Funktionseinschränkung in einem Wirbelsäulenabschnitt oder einer mittelgradigen Funktionseinschränkung in zwei Wirbelsäulenabschnitten zu vergeben. Funktionseinschränkungen in diesem Ausmaß seien in keiner Weise feststellbar. Auch ergäben sich aus dem Gutachten des Dr. K. keine Hinweise für echte Nervenwurzelreizerscheinungen. Im Übrigen müssten die Schmerzangaben des Klägers auch insoweit relativiert werden, als nach dem Gutachten auf orthopädischem Gebiet keine Medikation erfolge, was bei ausgeprägteren Beschwerden doch der Fall wäre. Auch der von Dr. K. vergebene Einzel-GdB von 10 für eine Funktionsbehinderung der Schultergelenke lasse sich nicht begründen. Hier bestehe allenfalls eine diskrete Bewegungseinschränkung, die nicht GdB-relevant sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 12.06.2012 hat das Sozialgericht nach vorangegangener Anhörung den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 05.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2010 verurteilt, beim Kläger einen GdB von 40 seit 16.09.2009 festzustellen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, angesichts der vom Kläger angegebenen Beschwerden habe Dr. I. gut nachvollziehbar einen Einzel-GdB von 20 für die chronische Bronchitis vergeben. Ferner sei das mit einer CPAP-Therapie behandelte obstruktive Schlafapnoe-Syndrom mit einem Einzel-GdB von 20 zu berücksichtigen. Nach dem Gutachten des Dr. I. sei von einer mittelschweren Form der Hypertonie mit Organbeteiligung (Linksherztrophie) leichten bis mittleren Grades mit einem Einzel-GdB von 20 auszugehen. Die von Dr. I. und Dr. S. vorgenommene Bewertung des Wirbelsäulenleidens mit einem Einzel-GdB von 20 sei zutreffend, denn es liege ein Wirbelsäulenschaden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen nur in einem Wirbelsäulenabschnitt vor. Eine stärkere Funktionsbeeinträchtigung ergebe sich aus den ärztlichen Unterlagen nicht. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. I. nur über Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule geklagt habe. Die höhere Bewertung durch Dr. K. mit einem Einzel-GdB von 30 sei nicht überzeugend, denn die Beweglichkeiten der Wirbelsäule seien in allen Abschnitten endgradig eingeschränkt gewesen. Hinweise für echte Nervenwurzelreizzeichen hätten sich nicht nachweisen lassen. Die radiologischen Aufnahmen zeigten ebenfalls die leichte Fehlhaltung sowie degenerative Veränderungen, die teilweise der Altersnorm vorauseilten. Deswegen habe Dr. W. zutreffend für den Bereich der Halswirbelsäule allenfalls endgradige Funktionseinschränkungen und für den Bereich der Rumpfwirbelsäule allenfalls gering- bis maximal mittelgradige Funktionsauswirkungen gesehen. Damit handele es sich nicht um schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt oder mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten. Auch bedinge die von Dr. K. festgestellte Funktionsbehinderung der Schultergelenke keinen Einzel-GdB von 10. Bewegungseinschränkungen des Schultergelenks mit einer Armhebung nur bis zu 120 Grad mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit lägen nicht vor. Nach alledem betrage der Gesamt-GdB 40.

Gegen den ihm am 25.06.2012 zugestellten Gerichtsbescheid des Sozialgerichts hat der Kläger am 13.07.2012 Berufung eingelegt. Er ist der Ansicht, die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bedinge einen Einzel-GdB von 30. Zu berücksichtigen sei dabei, dass Dr. K. funktionelle Auswirkungen in drei Wirbelsäulenabschnitten festgestellt habe. Auch sei der für das Bronchialasthma, die chronische Bronchitis und das Schlafapnoe-Syndrom vorgeschlagene Einzel-GdB von 20 deutlich zu niedrig angesetzt. Denn er leide nach den Angaben von Dr. M. unter einem schwergradigen lageunabhängigen obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom und einer lageunabhängigen Rhonchopathie.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. Juni 2012 und den Bescheid des Beklagten vom 5. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2010 abzuändern sowie den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 24. Juni 2008 weiter abzuändern und den Grad der Behinderung mit mindestens 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er vertritt die Ansicht, versorgungsärztlich sei zu Recht dargelegt worden, dass der von Dr. K. für die Wirbelsäule ermittelte Einzel-GdB von 30 im Wesentlichen auf subjektive Beschwerdeangaben des Klägers zurückzuführen sei und nicht durch entsprechende Funktionsparameter begründet werden könne.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.

Beim Kläger liegen die Voraussetzungen für einen höheren GdB als 40 nicht vor.

Die Abänderung von Verwaltungsakten wegen einer geltend gemachten Gesundheitsverschlechterung richtet sich nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).

Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X).

In den Verhältnissen, die beim Bescheid vom 24.06.2008 vorgelegen haben, ist eine wesentliche Gesundheitsverschlechterung nur insoweit eingetreten, als der GdB auf 40 seit 16.09.2009 heraufzusetzen war. Eine einen GdB von 50 bedingende Gesundheitsverschlechterung ist nicht gegeben.

Die Feststellung des GdB richtet sich nach den Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX).

Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei eine Feststellung nur dann zu treffen ist, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Sätze 3 und 6 SGB IX). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Die Feststellung des GdB ist eine rechtliche Wertung von Tatsachen, die mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Dabei ist grundsätzlich die seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretene und seither mehrfach geänderte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) anzuwenden (siehe hierzu noch unten).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lässt sich beim Kläger kein höherer GdB als 40 feststellen.

Das Sozialgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend und umfassend dargestellt, weshalb im vorliegenden Verfahren ein höherer GdB als 40 nicht festzustellen ist. Der Senat schließt sich nach § 153 Abs. 2 SGG diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zur Vermeidung von Wiederholungen an.

Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt.

Entgegen der Ansicht des Klägers bedingt die Funktionsminderung der Wirbelsäule keinen Einzel-GdB von mindestens 30. Für die Richtigkeit der gutachterlichen Einschätzung von Dr. I. spricht demgegenüber aus Sicht des Senats, dass die Bandscheibenschäden keine neurologischen Ausfallerscheinungen nach sich gezogen haben, vielmehr sowohl die Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar waren und auch keine Paresen bestanden. Auch Dr. K. hat im Bereich der Halswirbelsäule Bewegungsmaße beim Links-Rechts-Drehen von 70/0/70 Grad (Normalmaß: 60-80/0/60-80 Grad) und Links-Rechts-Neigen von 35/0/30 Grad (Normalmaß: 45/0/45 Grad) sowie im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule Bewegungsmaße beim Links-Rechts-Drehen von 20/0/20 Grad (Normalmaß: 30-40/0/30-40 Grad) und Links-Rechts-Neigen von 20/0/25 Grad (Normalmaß: 30-40/0/30-40 Grad) sowie ein Schober-Maß von 10/13 cm (Normalmaß 10/14-15 cm) und ein Ott-Maß von 30/31,5 cm (Normalmaß 30/32 cm) und damit in allen Wirbelsäulenabschnitten nur leichtgradige Normabweichungen festgestellt. Dr. K. selbst hat daher folgerichtig nur eine leichte Fehlhaltung der Wirbelsäule sowie nur teilweise der Altersnorm vorauseilende degenerative Veränderungen beschrieben. Das erklärt auch das Berufs- und Freizeitverhalten des Klägers, dem keinerlei Einschränkungen zu entnehmen sind. Diese geringen Funktionseinschränkungen bedingen aber keinen Einzel-GdB von 30, da die VG, Teil B, Nr. 18.9 für einen Einzel-GdB von 30 schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt oder mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten verlangen. Deswegen hat Dr. W. zutreffend in der versorgungsärztlichen Stellungnahme ausgeführt, dass dem Gutachten des Dr. K. von Seiten der Hals- und Rumpfwirbelsäule allenfalls gering- bis maximal mittelgradige Funktionseinschränkungen zu entnehmen sind.

Auch ergeben sich aus dem Gutachten des Dr. K. keine Funktionseinschränkungen im Bereich der Schultergelenke, die einen Einzel-GdB von mindestens 10 bedingen. Denn Dr. K. hat im Bereich der Schultergelenke Bewegungsmaße bei der Armhebung von rechts vorwärts 160 Grad und seitlich 170 Grad sowie links vorwärts 170 Grad und seitlich 170 Grad festgestellt. Die VG, Teil B, Nr. 18.14 verlangen aber für einen Einzel-GdB von 10 im Bereich der Schultergelenke eine Einschränkung der Beweglichkeit bei der Armhebung auf 120 Grad oder weniger. Darauf hat Dr. W. zu Recht hingewiesen.

Ferner ist die chronische Bronchitis, das Bronchialasthma und das Schlafapnoe-Syndrom nicht jeweils mit einem höheren Einzel-GdB als 20 zu bewerten. Der Senat stützt sich dabei ebenso auf das überzeugende Gutachten des Dr. I ... Dieser hat nämlich nur eine chronische Bronchitis, aber gerade kein Bronchialasthma diagnostiziert. Nach den VG, Teil B, Nr. 8.2 bedingt eine chronische Bronchitis einen Einzel-GdB zwischen 20 und 30 bei einer schweren Form mit fast kontinuierlichem ausgiebigen Husten und Auswurf sowie häufigen akuten Schüben. Beim Kläger besteht nur eine chronische Bronchitis mit häufiger Exazerbation und Husten sowie Atemnot beim schnellen Gehen und Treppensteigen sowie beim Aufenthalt in geschlossenen Räumen. Da es sich mithin nicht um einen fast kontinuierlichen, sondern nur häufigen Husten handelt, ist der von den VG eröffnete GdB-Rahmen zwischen 20 und 30 nicht nach oben auszuschöpfen. Ferner hat Dr. I. das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom zutreffend mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet. Nach den VG, Teil B, Nr. 8.7 bedingt ein Schlafapnoe-Syndrom einen höheren Einzel-GdB als 20 erst bei einer nicht durchführbaren nasalen Überdruckbeatmung. Beim Kläger ist aber gerade eine solche nasale Überdruckbeatmung mit CPAP durchführbar. Mithin ist unter Berücksichtigung dieser beiden GdB-Werte von 20 für das Funktionssystem Lunge lediglich ein Einzel-GdB von 30 zu bilden.

Hinzu kommt weiter die von Dr. I. beschriebene und im Funktionssystem Herz-Kreislauf anzusiedelnde arterielle Hypertonie. Die hierfür vom Sachverständigen nach den VG, Teil B, Nr. 9.3 vorgenommene Bewertung mit einem Einzel-GdB von 20 ist zutreffend und im Übrigen vom Kläger nicht angegriffen worden.

Demgegenüber ist das von Dr. C. und Dr. I. zutreffend als leicht ausgeprägt beschriebene Karpaltunnelsyndrom nicht GdB-relevant. Denn nach den überzeugenden Darlegungen des Dr. I. in seinem Gutachten resultieren hieraus lediglich Kribbelmissempfindungen in den Händen mit gelegentlicher Blockierung in den Streckungen. Dauerhafte Funktionseinschränkungen, die analog den VG, Teil B, Nr. 18.14 einen GdB von wenigstens 10 rechtfertigen könnten, ergeben sich hieraus jedoch nicht, zumal der Kläger seine Finger nach Massage der Hände wieder bewegen kann.

Dr. I. hat auch schlüssig dargelegt, dass die Hypertriglyceridämie und die Steatosis hepatice (Fettleber) keine einen GdB von mindestens 10 im Sinne der VG, Teil B, Nr. 10.3.3 rechtfertigenden Funktionseinschränkungen bedingen. Da aus der Adipositas des Klägers keine Folge- und Begleitschäden resultieren, ist auch diese nicht mit einem GdB von mindestens 10 im Sinne der VG, Teil B, Nr. 15.3 zu bewerten. All dies entnimmt der Senat dem überzeugenden Gutachten des Dr. I ...

Unter Berücksichtigung der dargelegten Einzel-GdB-Werte (Einzel-GdB 30 für das Funktionssystem Lunge, Einzel-GdB 20 für das Funktionssystem Herz-Kreislauf, Einzel-GdB nicht mehr als 20 für das Funktionssystem Rumpf) beträgt der Gesamt-GdB nicht mehr 40. Dabei war zu berücksichtigen, dass eine Überschneidung der Funktionsbeeinträchtigungen auf internistischem Fachgebiet vorliegt und der vom Beklagten für das Funktionssystem Rumpf vergebene Einzel-GdB von 20 aufgrund der nur geringen funktionellen Auswirkungen wohlwollend hoch ist.

Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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