L 11 R 5262/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 2585/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 5262/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.10.2012 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Bescheid der Beklagten vom 01.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.04.2010 insoweit nicht aufgehoben wird, als eine Nachforderung in Höhe von 40,20 Euro geltend gemacht wird.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 14.390,46 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Verpflichtung der Klägerin zur Entrichtung von Beiträgen für übernommene Studiengebühren ihrer Beschäftigten im Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.12.2008 im Streit.

Die Klägerin schloss in den Jahren 2000-2007 Vereinbarungen mit ihren Mitarbeitern, die an berufsbegleitenden Studiengängen der Akademie Badischer Volksbanken und Raiffeisenbanken GmbH und vergleichbarer Institutionen im Rahmen des genossenschaftlichen "BankCOLLEG", des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes und BA-Studiengängen teilnahmen, wonach sie die Hälfte der Kosten übernahm (Gebühren des Bildungsträgers, Lernmittel, gegebenenfalls Prüfungsgebühren). Die Übernahme war vom erfolgreichen Abschluss der Bildungsmaßnahmen abhängig gemacht. Ferner war mit allen Teilnehmern vereinbart, dass die übernommenen Aufwendungen zeitanteilig zurückzuerstatten sind, wenn ein Mitarbeiter vor Ablauf von drei Jahren - beginnend jeweils mit dem ersten Seminartag - aus den Diensten der Klägerin aufgrund eigener Kündigung, einer fristlosen oder einer fristgemäßen Kündigung seitens der Klägerin, die aus verhaltensbedingten Gründen ausgesprochen wurde, ausscheidet (vgl beispielhaft Bl 375 Verwaltungsakte sowie die von der Klägerin vorgelegten vertraglichen Vereinbarungen Bl 19-91, 114-128 SG-Akte).

In der Zeit vom 31.03.2009 bis 24.09.2009 fand bezüglich des Zeitraums vom 01.01.2005 bis 31.12.2008 eine Betriebsprüfung durch die Beklagte bei der Klägerin statt (Protokoll über die Schlussbesprechung Bl 61 Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 01.10.2009 (Bl 3 Verwaltungsakte) machte die Beklagte im Fall eines Mitarbeiters der Klägerin eine Nachforderung von 40,20 Euro aufgrund fehlerhafter Kürzung von Sozialversicherungstagen geltend (Bl 17 Verwaltungsakte), im Übrigen wurde eine Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen wegen der von der Klägerin für die Mitarbeiter übernommenen Studiengebühren geltend gemacht, insgesamt in Höhe von 14.390,46 Euro. Zur Begründung war ausgeführt, die vom Arbeitgeber für einen Beschäftigten übernommenen Studiengebühren für den Besuch einer Bildungseinrichtung würden zwar im Steuerrecht keinen Arbeitslohn darstellen, sofern das Studium ganz überwiegend betrieblichen Interessen des Arbeitgebers diene. Für die Steuerfreiheit sei maßgebend, dass zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer ein Ausbildungsverhältnis bestehe, der Arbeitgeber sich arbeitsvertraglich zur Übernahme der Studiengebühren verpflichtet habe und die übernommenen Studiengebühren vom Arbeitgeber zurückgefordert werden könnten, wenn der Studierende das ausbildende Unternehmen innerhalb von zwei Jahren nach dem Studienabschluss verlasse. Anhand der vorgelegten Unterlagen habe jedoch kein überwiegendes betriebliches Interesse an den durchgeführten Bildungsmaßnahmen festgestellt werden können. Eine Entscheidung der Finanzverwaltung über die Steuerfreiheit sei ebenfalls nicht vorgelegt worden. Die Beitragsfreiheit sei deshalb nicht nachgewiesen.

Mit dem hiergegen am 20.10.2009 eingelegten Widerspruch (Bl 67 Verwaltungsakte) machte die Klägerin geltend, die Teilnahme an dem Studiengang "BankCOLLEG" stelle eine beruflich bedingte Fort- und Weiterbildungsmaßnahme dar, die in unmittelbarem Zusammenhang zur weiteren beruflichen Qualifikation der Mitarbeiter stehe. Der Studiengang sei in das genossenschaftliche Bildungssystem eingebunden, weshalb man schon nicht von einem eigenständigen Studiengang sprechen könne. Die Anmeldung und Teilnahme erfolge auf ausdrücklichen Wunsch der Arbeitgeberin/Klägerin. Mit dem Genossenschaftsverband bestehe die Vereinbarung, wonach sämtliche Rechnungsstellung im Zusammenhang mit den Studiengängen ausschließlich an die Klägerin erfolge. Mit den Mitarbeitern sei dann vereinbart worden, welchen Kostenanteil diese zu übernehmen hätten. Dieser Kostenanteil sei den Mitarbeitern dann in Rechnung gestellt worden. Dies gelte auch für das BA-Studium. Außerdem habe der Gesetzgeber mit Wirkung zum 22.07.2009 die Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) dahingehend ergänzt, dass vom Arbeitgeber getragene oder übernommene Studiengebühren für ein Studium des Beschäftigten, soweit sie steuerlich kein Arbeitslohn seien, auch kein sozialversicherungsrechtliches Arbeitsentgelt darstellen würden. Der Gesetzgeber habe damit lediglich die bereits zuvor geltende Rechtslage verdeutlichen wollen.

Die Klägerin legte die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach § 42e Einkommensteuergesetz (EStG) erteilte Auskunft des Finanzamtes O. vom 07.12.2009 vor (Bl 85 Verwaltungsakte). Darin wurde ua Folgendes ausgeführt: "Übernehmen Arbeitgeber im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses die vom studierenden Arbeitnehmer geschuldeten Studiengebühren, ist nach einer Entscheidung auf Bundesebene aufgrund des ganz überwiegenden betrieblichen Interesses des Arbeitgebers kein Vorteil mit Arbeitslohncharakter anzunehmen, wenn sich der Arbeitgeber arbeitsrechtlich zur Übernahme der Studiengebühren verpflichtet. Das ganz überwiegende betriebliche Interesse muss dokumentiert sein durch eine Rückzahlungsverpflichtung des Studierenden, wenn er das ausbildende Unternehmen auf eigenen Wunsch innerhalb zwei Jahren nach Studienabschluss verlässt. Das Finanzamt hat für diese Anrufungsauskunft keine eigene Sachverhaltsermittlungen durchgeführt."

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.04.2010 zurück (Bl 389 Verwaltungsakte). Die Voraussetzungen des Besprechungsergebnisses der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 30./31.03.2009 seien nicht gegeben. Zu beurteilen sei nur die Rechtslage bis zum 31.12.2008. Die mit Wirkung vom 22.07.2009 eingetretene Änderung der SvEV sei erst ab diesem Zeitpunkt und nicht rückwirkend anzuwenden. Für die Zeit zuvor liege nach dem Besprechungsergebnis der Spitzenorganisationen eine beitragspflichtige Übernahme von Studiengebühren nur dann nicht vor, wenn die Ausbildungsstätte bzw. der Arbeitgeber unmittelbar Schuldner der Studiengebühren sei. Die Klägerin sei nicht unmittelbar Schulderin der Studiengebühren gewesen, sondern habe mit den Arbeitnehmern vereinbart gehabt, dass die diesen entstehenden Kosten zu 50% übernommen würden. Die Arbeitnehmer hätten die Rechnungen eingereicht und eine entsprechende Erstattung erhalten. Nach Abschluss des Studiengangs sei in Abhängigkeit vom Erfolg dann eine weitere Kostenübernahme bis zu 100% erfolgt. Erst ab Mai 2008 sei die vollständige Abrechnung der Fortbildungsmaßnahme BankCOLLEG über die Klägerin erfolgt. Für Studiengänge Immobilienmanagement und die BA-Studien sei eine entsprechende Umstellung nicht möglich gewesen. Da lediglich 50% der Studiengebühren übernommen worden seien, erscheine fraglich, ob die Bildungsmaßnahmen im überwiegenden Interesse der Klägerin gestanden hätten.

Hiergegen hat die Klägerin am 18.05.2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Der Normgeber habe mit der Änderung der SvEV die bereits zuvor bestehende Rechtslage nur klarstellen wollen. Die Beklagte habe dem erklärten Willen des Normgebers, die sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Rechtslage parallel zu behandeln, Rechnung tragen müssen. Die Voraussetzungen, nach denen übernommene Studiengebühren nach der nunmehr erfolgten Klarstellung beitragsfrei seien, seien erfüllt. Die übernommenen Studiengebühren seien steuerrechtlich nicht als Arbeitslohn anzusehen. Das Finanzamt O. habe dies so beurteilt. Die Übernahme der Studiengebühren liege im überwiegenden Interesse des Arbeitgebers. Mit allen Mitarbeitern bestehe eine Bindungsvereinbarung dahingehend, dass diese drei Jahre nach dem erfolgreichen Abschluss in ihrem Dienst verbleiben müssten, ansonsten seien die übernommenen Beträge zurückzuzahlen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Nur die Rechtslage vor dem 22.07.2009 sei relevant. Diese beurteile sich nach dem Besprechungsergebnis der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 30./31.03.2009. Da die Klägerin nicht unmittelbar Schuldner der Studiengebühren gewesen sei, seien die damaligen Voraussetzungen nicht gegeben.

Nach Bekanntwerden der Entscheidung des Bundessozialgerichts zur Frage der Sozialversicherungspflicht während eines praxisorientierten dualen Studiums (BSG 01.12.2009, B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, SozR 4-2400 § 7 Nr 11) teilte die Beklagte mit, dass für die betreffenden Mitarbeiter der Klägerin, die ein Studium an der Berufsakademie absolviert hätten, bei der Einzugsstelle ein Antrag auf Beitragserstattung gestellt werden könne. Ferner legte sie die Verlautbarung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 05.07.2010 zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Teilnehmern an dualen Studiengängen vor (Bl 136 ff SG-Akte). Im Falle einer Erstattung könnten auch keine Sozialversicherungsbeiträge für die Studiengebühren nachgefordert werden.

Mit Urteil vom 30.10.2012 hat das SG der Klage stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 01.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.04.2010 aufgehoben. Die Beitragsnachforderung sei rechtswidrig. Auch schon vor der zum 22.07.2009 in Kraft getretenen Regelung des § 1 S 1 Nr 15 der Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt – Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) sei Beitragsfreiheit für die Übernahme von Studiengebühren anzunehmen gewesen. Maßgeblich sei der Grundsatz, dass die beitragsrechtliche Regelung der steuerrechtlichen folge (§ 17 Abs 1 S 2 SGB IV, § 1 Arbeitsentgeltverordnung [ArEV]). Es handle sich vorliegend nicht um Arbeitslohn, sondern um Auslagenersatz, der sich bei objektiver Würdigung aller Umstände als notwendige Begleiterscheinung einer überwiegend betrieblichen Zielsetzung (Weiterqualifizierung der Mitarbeiter) darstelle. Vorteile hätten danach keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt würden. Dies sei der Fall, wie sich insbesondere aus der Rückzahlungsverpflichtung für den Fall einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergebe.

Gegen das ihr am 23.11.2012 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat die Beklagte am 18.12.2012 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass es zumindest der Korrektur des Tenors bedürfe. Der Bescheid der Beklagten vom 01.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2010 sei insofern nicht aufzuheben, als eine Nachforderung in Höhe von 40,20 Euro gegenüber der KKH-Allianz aufgrund fehlerhafter Kürzung von Sozialversicherungstagen festgestellt worden sei. Was die Nachforderung wegen der Studiengebühren angehe, sei die Klägerin erst seit 01.06.2008 direkter Vertragspartner und Rechnungsempfänger der Akademie Badischer Volks- und Raiffeisenbanken. Bis zu diesem Zeitpunkt seien die Studiengebühren dem jeweiligen Studenten direkt in Rechnung gestellt worden. Arbeitsvertraglich sei die Hälfte der Studiengebühren übernommen worden, je nach Abschluss des Studienganges sei eine weitere Übernahme der Studiengebühren bis zu 100 % erfolgt. Hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der vom Arbeitgeber übernommenen Studiengebühren habe es bei den Sozialversicherungsträgern und der Finanzverwaltung bis zur Änderung/Ergänzung der Beitragsverfahrensverordnung (BW) und der Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (SvEV) zum 22.07.2009 unterschiedliche Auffassungen gegeben. Die Sozialversicherungsträger seien bis zu diesem Zeitpunkt nur dann von der Sozialversicherungsfreiheit der Studiengebühren ausgegangen, wenn der Arbeitgeber unmittelbarer Schuldner der Studiengebühren gewesen und hierin nicht nur die Verkürzung des Zahlungsweges zu sehen sei. Die Finanzverwaltungen seien hingegen auch dann von keinem steuerpflichtigen Arbeitslohn ausgegangen, wenn ein Ausbildungsverhältnis vorgelegen, der Arbeitgeber sich zur Übernahme der Studiengebühren verpflichtet und bei arbeitsvertraglicher Übernahme ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers an der Weiterbildung des Arbeitnehmers vorgelegen habe, welches sich insbesondere an einer Rückforderungsverpflichtung innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung des Studiums dokumentieren könne, falls der Arbeitnehmer den Betrieb verlassen sollte. Die Änderungen der SvEV 2009 hätten zwar einen Gleichlauf zwischen Sozialversicherungs- und Steuerrecht hergestellt, dieser sei aber weder rechtlich zwingend noch könne er auf Zeiträume vordem 22.07.2009, d.h. dem gesetzlich bestimmten Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung, erstreckt werden, da es sich im Ergebnis um eine Rückwirkung von Rechtsfolgen handeln würde. Es liege auch keine ausreichende Bescheinigung des zuständigen Finanzamts vor.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.10.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin ist der Berufung entgegengetreten und hat auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen. Auch vor dem 22.07.2009 habe der Grundsatz des Gleichlaufs zwischen Sozialversicherungs- und Steuerrecht bestanden. Das Besprechungsergebnis der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 30./31.03.2009 entfalte keine gesetzesähnliche Kraft, sondern könne lediglich als Empfehlung bzw. interne Dienst- oder Durchführungsanweisung gewertet werden. Für Außenstehende stelle es keine rechtsverbindliche Norm oder Verordnung dar.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft, zulässig, aber im Wesentlichen unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 01.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2010 ist nur insofern nicht aufzuheben, als die Beklagte eine Nachforderung in Höhe von 40,20 Euro gegenüber der KKH-Allianz aufgrund fehlerhafter Kürzung von Sozialversicherungstagen festgestellt hat. Insofern ist der Bescheid rechtmäßig. Im Übrigen ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, wie das SG zutreffend entschieden hat.

Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides ist § 28p Abs 1 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV erfüllen. Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs 2 SGB IV sowie § 93 iVm § 89 Abs 5 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) nicht. Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und § 174 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach §§ 1 Abs 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auch für die Arbeitsförderung.

Das Arbeitsentgelt unterliegt der Beitragsbemessung in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 226 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB V, § 57 Abs 1 SGB XI, § 162 Nr 1 SGB VI, § 342 SGB III). Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14 Abs 1 S 1 SGB IV). Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Wahrung der Belange der Sozialversicherung, insbesondere zur Vereinfachung des Beitragseinzugs zu bestimmen, dass einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, ganz oder teilweise nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind (§ 17 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB IV). Dabei ist eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen (§ 17 Abs 1 S 2 SGB IV). Für die Zeit bis zum 31.12.2006 hat die Bundesregierung von dieser Ermächtigung durch Erlass der ArEV Gebrauch gemacht. Mit Wirkung vom 01.01.2007 ist die SvEV in Kraft getreten.

Die Studiengebühren, die die Klägerin vorliegend für ihre Mitarbeiter übernommen hat, sind kein Arbeitsentgelt.

Nach dem früheren § 1 ArEV sind einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, soweit sie lohnsteuerfrei sind und sich aus § 3 ArEV nichts Abweichendes ergibt. Seit dem 1.1.2007 regelt § 1 SvEV die Beitragsfreiheit einmalige Einnahmen, laufender Zulagen, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden.

Seit dem 22.07.2009 ist in § 1 Abs 1 S 1 Nr 15 SvEV bestimmt, dass vom Arbeitgeber getragene oder übernommene Studiengebühren für ein Studium des Beschäftigten, soweit sie steuerrechtlich kein Arbeitslohn sind, dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen sind.

Nach den Besprechungsergebnissen der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungen vom 07./08.05.2008 und vom 30./31.03.2009 ist eine vereinbarte Übernahme der Studiengebühren für eine Weiterbildungsmaßnahme des Arbeitnehmers als geldwerter Vorteil (Arbeitsentgelt) angesehen worden. Diese von der Praxis der Finanzverwaltungen abweichende Haltung der Sozialversicherungen hat der Verordnungsgeber korrigiert und seine Auffassung mit der Ergänzung des § 1 Abs 1 S 1 Nr 15 mit Wirkung zum 22.07.2009 klargestellt (vgl Werner in jurisPK-SGB IV, § 14 Rn 191 ff.).

Zutreffend vertritt die Klägerin die Auffassung, dass Besprechungsergebnissen der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung keine normative Kraft zukommt. Diese können zwar bei der Frage, wie Normen auszulegen sind, Berücksichtigung finden, ebenso wie Stimmen der Kommentarliteratur; im Übrigen sind sie aber lediglich als Empfehlungen bzw interne Dienst- oder Durchführungsanweisungen zu werten und stellen für Außenstehende keine rechtsverbindliche Norm dar.

In der amtlichen Begründung zu § 1 Abs 1 S 1 Nr 15 SvEV (BT-Drucks 16/13424, S 38) heißt es, diese Regelung solle sozialversicherungsrechtlich die "Entscheidungen des Steuerrechts nachvollziehen". Zweck der Regelung sei eine Anpassung des Sozialversicherungsrechts an die Praxis des Steuerrechts. Der Verordnungsgeber hatte dabei nicht nur den Sachverhalt vor Augen, der auch nach den Ausführungen der Beklagten nicht zur Annahme von Arbeitsentgelt führt, dass nämlich der Arbeitgeber aufgrund eigener Verpflichtung Schuldner der Gebühren aus der Weiterbildungsmaßnahme des Arbeitnehmers. Der Verordnungsgeber hatte explizit in der Gesetzesbegründung auch den hier strittigen Sachverhalt vor Augen, dass der Arbeitgeber die vom Arbeitnehmer eingegangene Verpflichtung gegenüber der Ausbildungsstelle (zB aufgrund einer Vereinbarung im oder zum Arbeitsvertrag) übernimmt und die Gebühren erstattet. Hierzu werden in der amtlichen Begründung (BT-Drucks 16/13424, S 35) die Voraussetzungen wiederholt, nach denen die Praxis der Finanzverwaltungen der Länder bereits in den Jahren zuvor allgemein verfahren ist, um ein ganz überwiegendes Eigeninteresse des Arbeitgebers an der Übernahme einer Studiengebühr zu begründen: Erstens muss zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Ausbildungsdienstverhältnis bestehen. Zweitens muss sich der Arbeitgeber arbeitsvertraglich zur Übernahme der Studiengebühren verpflichten. Drittens muss er die übernommenen Studiengebühren vom Studierenden zurückfordern können, wenn der Studierende das ausbildende Unternehmen auf eigenen Wunsch innerhalb von zwei Jahren nach dem Studienabschluss verlässt. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Studiengebühr steuerrechtlich kein Arbeitslohn. So liegt der Sachverhalt vorliegend zur Überzeugung des Senats. Arbeitsentgelt fließt dem Empfänger zum endgültigen Behaltendürfen zu und nicht unter dem Vorbehalt einer etwaigen Rückzahlung. Die vollständig vorliegenden Verträge mit den Mitarbeitern der Klägerin enthalten alle eine Rückzahlungsklausel und es ist nicht entscheidend, dass die Rechtslage vom Verordnungsgeber erst im Sommer 2009 klar gestellt wurde, sondern diese Grundsätze waren auch im hier streitigen Zeitraum maßgeblich.

Die Einführung der genannten Nr 15 in § 1 Abs 1 S 1 SvEV hatte lediglich klarstellenden Charakter. Eine von der Beklagten angenommene Rückwirkung von Rechtsfolgen liegt nicht vor, wobei ohnehin zweifelhaft ist, ob die Beklagte als Versicherungsträger sich hierauf berufen könnte. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG hätte es der Regelung in der Verordnung an sich gar nicht bedurft (zutreffend Werner in jurisPK-SGB IV, § 14 Rn 195). Das BSG hat im Anschluss an die Rechtsprechung des BFH in ständiger Rechtsprechung mehrfach entschieden, dass der Begriff der lohnsteuerfreien Einnahmen in § 1 ArEV, der insoweit dem § 1 Abs 1 Nr 1 SvEV entspricht, den steuerrechtlichen Bestimmungen des Arbeitslohns unterliegt (vgl etwa BSG 26.05.2004, B 12 KR 5/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr 3 Rn 16 ff; 01.12.2009, B 12 R 8/08 R, BSGE 105, 66, SozR 4-2400 § 14 Nr 11 Rn 12 mwN), so dass Vorteile, die der Beschäftigte in ganz überwiegendem betrieblichen Eigeninteresse erhält, vom Arbeitsentgelt ausgenommen sind.

Auch schon vor der zum 22.07.2009 in Kraft getretenen Regelung des § 1 Abs 1 S 1 Nr 15 SvEV war aufgrund des sich bereits aus § 17 Abs 1 S 2 SGB IV, § 1 ArEV ergebenden Grundsatzes, wonach die beitragsrechtliche Regelung der steuerrechtlichen folgt, unter den nunmehr in § 1 Abs 1 S 1 Nr 15 SvEV klargestellten Voraussetzungen die Beitragsfreiheit für die Übernahme von Studiengebühren anzunehmen, auch wenn der Arbeitgeber die vom studierenden Arbeitnehmer geschuldeten Studiengebühren aufgrund einer arbeitsvertraglichen Verpflichtung übernahm (vgl etwa OFD Karlsruhe 10.10.2007, S 2227/147 St 146, NZA 2008, 158). Wenn und soweit das überwiegend eigenbetriebliche Interesse durch eine Rückzahlungspflicht des Arbeitnehmers dokumentiert war, war auch nach der ArEV nicht von steuerpflichtigem Arbeitslohn auszugehen (Voelzke in Küttner, Personalbuch 2011, § 75 Rn 91 m.w.N.).

Nach der bereits vom SG zutreffend herangezogenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH 26.06.2003, VI R 112/98, BFHE 203, 53; 07.06.2002, VI R 145/99, BFHE 199, 322; 30.05.2001, VI R 177/99, BFHE 195, 373; 25.05.2000, VI R 195/98, BFHE 192, 299) sind solche Vorteile nicht als der Steuer unterliegender Arbeitslohn, sondern als Auslagenersatz anzusehen, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände als notwendige Begleiterscheinung einer letztlich betriebsfunktionalen Zielsetzung erweisen. Vorteile haben danach keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Dies trifft nach der Rechtsprechung des BFH dann zu, wenn sich aus den Umständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers deshalb vernachlässigt werden kann. Das in der Regel ebenfalls vorhandene eigene Interesse des Arbeitnehmers an einer Verbesserung seiner beruflichen Qualifikation und die theoretische Möglichkeit privater Nutzen schließt ein Überwiegen des eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht aus. Nach Auffassung des Senats stellt sich vorliegend die teilweise Übernahme der Gebühren nicht als Vorteil dar, der nicht "für" die Beschäftigung gewährt wird, sondern die Arbeitgeberin verfolgt damit letztlich den Zweck, ihre Mitarbeiter auf ein höheres Bildungsniveau zu heben, um sich dies zukünftig zu Nutze zu machen. Die tatsächlich bestehende Rückzahlungsverpflichtung bestätigt den von der Klägerin mit den Studiengängen verfolgten betrieblichen Zweck.

Die Tatsache, dass sich die Klägerin zunächst nur zur Übernahme von 50% der Studiengebühren verpflichtet und eine weitergehende Übernahme vom erfolgreichen Abschluss abhängig gemacht hat, ist nicht geeignet, eine überwiegendes eigenbetriebliches Interesse der Klägerin infrage zu stellen, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Der Senat teilt die Auffassung des SG. Gerade in der zunächst nur hälftig vorgesehene Kostenerstattung und der für den Fall des erfolgreichen Abschlusses vorgesehenen weitergehenden Kostenbeteiligung zeigt sich das vorliegend überwiegende Interesse der Klägerin und Arbeitgeberin am Erreichen der mit der Weiterbildung möglichen Qualifikation ihrer Mitarbeiter, die mit dieser In-Aussichtstellung einer weiteren Kostenübernahme eben zusätzlich motiviert werden sollten.

Eine Differenzierung, wie von der Beklagten vorgeschlagen, dahingehend, dass nur die Teilnehmer an den Berufsakademie-Studiengängen aus der Beitragsnachforderung herausgenommen werden sollen, nicht aber diejenigen Mitarbeiter, die das "BankColleg"-Studium an der Akademie der Volks- und Raiffeisenbank, also gewissermaßen intern absolvieren, sieht der Senat nach alledem nicht als sachgerecht an. Wesentliche Unterschiede bestehen nach den aufgezeigten Grundsätzen nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm. § 154 Abs 1 VwGO. Die 40,20 Euro, in welcher Höhe die geltend gemachte Forderung bestehen bleibt, rechtfertigt angesichts des Streitwerts von 14.390,46 Euro keine Kostenquotelung.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm §§ 1 Abs 2 Nr 3, 47 Abs 1 und 2, 52 Abs 2, 63 Abs 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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