L 10 R 5141/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 708/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 5141/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 30.10.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung im Zugunstenwege streitig.

Die am 1962 geborene Klägerin siedelte im Mai 1990 aus Rumänien kommend in die Bundesrepublik Deutschland über. In ihrem Herkunftsland erlernte sie den Beruf einer Verkäuferin und war bis 1990 als Verkäuferin bzw. zuletzt als Filialleiterin beschäftigt. Im Inland war sie zunächst arbeitslos bzw. Hausfrau und dann von 1998 bis 1999 in einer Tierarztpraxis halbtags als Büroangestellte tätig. Ab Januar 2000 war die Klägerin nicht mehr versicherungspflichtig beschäftigt.

Im Jahr 2000 wurde bei der Klägerin ein Cushing-Syndrom auf Grund eines Adenoms an der Hypophyse diagnostiziert, das im Mai 2000 operativ entfernt wurde. Vom 04.10. bis 02.11.2000 wurde die Klägerin stationär in der S.-R.-Klinik der BfA unter den Diagnosen zentrales Cushing-Syndrom, Z.n. OP ACTH-produzierendes Makroadenom der Hypophyse, Stein-Leventhal-Syndrom mit Z.n. multiplen Organinzisionen, Sinustachykardieneigung, Fettstoffwechselstörung (amnestisch) und CT gesicherte Leberhämangiome behandelt und arbeitsfähig entlassen. Ausweislich des entsprechenden Entlassungsberichts sollte bei der seinerzeit arbeitslosen Klägerin bei Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit die verminderte psychoemotionale Belastungstoleranz berücksichtigt werden. Im Hinblick auf die endokrinologische Erkrankung erachteten die behandelnden Ärzte regelmäßige Arbeitszeiten mit leichten bis mittelschweren körperlichen Anforderungen für geeignet. Wegen der Beschwerden seitens des Bewegungsapparates sollte das Heben und Tragen schwerer Lasten, häufiges Bücken und Zwangshaltungen vermieden werden. Eine weitere stationäre Rehabilitationsmaßnahme absolvierte die Klägerin vom 09.12.2003 bis 20.01.2004 in der Klinik A. in I., wo sie unter den Diagnosen Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst), Agoraphobie, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, essentielle (primäre) Hypertonie sowie Z.n Operation eines Hypophysenadenoms behandelt wurde. Ausweislich des Entlassungsberichts erachteten die behandelnden Ärzte die Klägerin in ihrem zuletzt ausgeübten Beruf als Bürokraft für vollschichtig belastbar, sahen durch die anhaltend labile Affektlage der Klägerin jedoch noch eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit für ca. eine Woche. Wegen der anhaltenden Neigung, schnell Ängste zu entwickeln hielten sie die Umstell- und Anpassungsfähigkeit sowie die allgemeinen Stressbelastbarkeit für eingeschränkt. Zu vermeiden seien darüber hinaus Arbeiten mit häufigem Bücken, Zwangshaltungen sowie regelmäßigem Heben und Tragen von Lasten.

Am 20.10.2004 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, worauf der Internist Dr. P. die Klägerin auf Veranlassung der Beklagten im November 2004 gutachterlich untersuchte. Dieser diagnostizierte auf seinem Fachgebiet einen Z.n Hypophysenadenom-Operation, eine essentielle Hypertonie sowie eine Hypercholesterinämie und beschrieb von internistischer Seite im Wesentlichen unauffällige Verhältnisse. Die wesentlichen Beeinträchtigungen sah er auf psychiatrischem Fachgebiet. Der sodann mit einer Begutachtung beauftragte Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K., der die Klägerin im Dezember 2004 untersuchte, diagnostizierte eine Anpassungsstörung, eine Persönlichkeitsstörung mit Ängstlichkeit, Selbstunsicherheit und zwanghaften Anteilen, eine Panikstörung sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, wodurch die Klägerin in ihrer Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit sowie der Stressbelastbarkeit beeinträchtigt sei, weshalb sie Arbeiten unter Zeitdruck, mit Publikumsverkehr sowie Verantwortung für Personen und Maschinen vermeiden sollte. Tätigkeiten als Bürohilfe oder in der Altenbetreuung, vergleichbar der gerade stundenweise ausgeübten Tätigkeit, hielt er vollschichtig für möglich. Die Klägerin nicht überfordernde berufliche Tätigkeiten erachtete der Gutachter für therapeutisch sinnvoll.

Mit Bescheid vom 11.01.2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, es liege weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor, da sie unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes in ihrem bisherigen Beruf als Büroangestellte noch mindestens sechs Stunden täglich tätig sein könne. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte Befundberichte des Facharztes für psychotherapeutische Medizin Dr. W. und der Internistin K. ein. Dr. W. berichtete von einer seit zwei Jahren laufenden niederfrequenten problemzentrierten Psychotherapie, wobei es seit einem Jahr zu einer Besserung gekommen sei. Diagnostisch ging er von einer Reaktion auf schwere Belastung nach langdauernder schwerer Krankheit und einer Angst und Depression aus. Die Internistin K. führte aus, dass der Morbus Cushing nach operativer Entfernung der Hypophyse als ausgeheilt zu betrachten sei. Im Hinblick auf die Arbeitsfähigkeit erscheine eine Stabilisierung der psychischen Situation als wesentlich. Zur Intensivierung der ambulanten Psychotherapie befand sich die Klägerin vom 01.04. bis 21.07.2005 auf Veranlassung des Dr. W. in stationärer Behandlung im Niedersächsischen Landeskrankenhaus Tiefenbrunn, Krankenhaus für Psychotherapie, Psychiatrie und Psychosomatische Medizin, wo sie unter den Diagnosen Panikstörung (episodisch-paroxysmale Angst), protrahierte Anpassungsstörung sowie bekannte Hypercholesterinämie behandelt wurde. Ausweislich des Entlassungsberichts wurde die Klägerin in hinreichend stabilisiertem Zustand arbeitsfähig entlassen, wobei eine stufenweise Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess für sinnvoll erachtet wurde. Der von der Beklagten mit einer Begutachtung der Klägerin sodann beauftragte Nervenarzt Schäfer, der die Klägerin im Januar 2006 untersuchte, diagnostizierte eine Angststörung, nicht näher bezeichnet, sowie eine somatoforme autonome Funktionsstörung und erachtete die Klägerin für drei bis weniger als sechs Stunden täglich belastbar. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2006 wurde der Widerspruch mit dem weiteren Hinweis zurückgewiesen, dem Gutachten des Nervenarztes S. könne nicht gefolgt werden, da er im Vergleich zu den Vorgutachten keine Leidensverschlechterung aufgezeigt habe.

Die hiergegen beim Sozialgericht Ulm (SG) erhobene Klage (S 2 R 1972/06), die im Wesentlichen unbegründet blieb, wurde mit Urteil vom 07.08.2007 abgewiesen.

Im November 2007 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine weitere gutachtliche Untersuchung durch den Nervenarzt S., der auf Grund seiner im März 2008 erfolgten Untersuchung eine phobische Störung, nicht näher bezeichnet, sowie eine Somatisierungsstörung diagnostizierte. Vor dem Hintergrund der früher gestellten Diagnosen (Angststörung und somatoforme autonome Funktionsstörung) ging er von einer Besserung des Gesamtbefindens aus. Das Leistungsvermögen der Klägerin schätzte er sowohl in einer Tätigkeit als Büroangestellte als auch für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf drei bis unter sechs Stunden täglich. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin reduzierte Anforderungen an das Anpassungs- und Umstellungsvermögen benötige und Zeitdruck und Schichtarbeit zu vermeiden sei.

Mit Bescheid vom 19.05.2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin sodann mit der Begründung ab, nach ihren Feststellungen sei sie zwar seit 06.11.2007 voll erwerbsgemindert, jedoch erfülle sie nicht die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine entsprechende Erwerbsminderungsrente, da sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung keine Pflichtbeiträge entrichtet habe. Der dagegen eingelegte Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21.04.2009).

Dagegen erhob die Klägerin am 22.05.2009 beim SG Klage (S 12 R 1788/09). Dieses Verfahren ruht auf Grund Beschluss vom 01.04.2011.

Ausgangspunkt des vorliegenden Rechtsstreits ist der bereits im Juni 2008 gestellte Antrag der Klägerin auf Überprüfung des Bescheids vom 11.01.2005 mit dem sie geltend machte, ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die auf ihren Antrag vom November 2007 zur Anerkennung einer Erwerbsminderung geführt haben, hätten bereits 1999 vorgelegen und seien schon Grundlage ihres Rentenantrags vom November 2004 gewesen. Dieser Antrag sei mit Bescheid vom 11.01.2005 daher zu Unrecht abgelehnt worden.

Mit Bescheid vom 26.02.2010 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheids vom 11.01.2005 mit der Begründung ab, eine volle bzw. teilweise Erwerbsminderung habe zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegen, weshalb seinerzeit der Widerspruch auch zurückgewiesen und die erhobene Klage mit Urteil vom 07.08.2007 abgewiesen worden sei. Der hiergegen eingelegte Widerspruch der Klägerin, mit dem sie zahlreiche medizinische Unterlagen vorlegte, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2011 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, den vorgelegten Unterlagen aus dem Jahr 2000 seien keine Befunde zu entnehmen, die ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten belegten. Stattdessen werde im Bericht der Universitätsklinik vom 17.10.2000 eine deutliche Befundverbesserung beschrieben. Auch aus der Rehabilitationsmaßnahme im Oktober/November 2000 sei sie arbeitsfähig mit einem Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich entlassen worden. Dem von dem Nervenarzt S. im Januar 2006 beschriebenen Leistungsbild von drei bis unter sechs Stunden ab Mai 2000 könne schon deshalb nicht gefolgt werden, weil das von Dr. K. im Dezember 2004 erstattete Gutachten ein Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich belege und eine Befundverbesserung nach der Operation des Hypophysenadenoms im Mai 2000 beschrieben sei. Eine Befundverschlechterung belege das Gutachten des Neurologen S. vom Januar 2006 nicht.

Am 02.03.2011 hat die Klägerin dagegen beim SG Klage erhoben und geltend gemacht, nach der Hypophysenoperation im Mai 2000 habe sich ihr Gesundheitszustand nicht so weit gebessert, dass sie Erwerbsfähigkeit wieder erlangt hätte. Entsprechendes sei auch durch das Gutachten des Nervenarztes S. von Januar 2006 bestätigt worden, wobei die Beklagte diesem Gutachten nicht gefolgt sei. Allerdings stütze sie sich nunmehr auf das weitere Gutachten des Nervenarztes S. vom April 2008, mit dem dieser erneut und trotz eingetretener Besserung ein quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen bestätigt habe. Dies mache hinreichend deutlich, dass die Entscheidung vom 11.01.2005 rechtswidrig sei.

Mit Urteil vom 30.10.2012 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Bescheid vom 11.01.2005 sei - wie im Urteil vom 07.08.2007 ausgeführt - rechtlich nicht zu beanstanden und daher auch nicht zurückzunehmen. Schließlich sei die Klägerin auch im Entlassungsbericht der S.-R.-Klinik für die Tätigkeit einer Bürofachkraft als vollschichtig leistungsfähig erachtet worden und entsprechend arbeitsfähig entlassen worden. Auch die behandelnden Ärzte der Fachklinik A. in I. hätten die Klägerin für in der Lage erachtet, Bürotätigkeiten zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten und die von der Beklagten im seinerzeitigen Verwaltungsverfahren hinzugezogenen Gutachter Dr. P. und Dr. K. hätten kein rentenrelevant gemindertes Leistungsvermögen beschrieben. Entsprechendes gelte schließlich auch im Hinblick auf die Behandlung im Landeskrankenhaus Tiefenbrunn. Auch die dortige Entlassung im Jahr 2005 sei arbeitsfähig erfolgt. Soweit die Klägerin sich auf das Gutachten des Nervenarztes S. von Januar 2006 stütze, sei dieser eine weitergehende Begründung seiner abweichenden Einschätzung schuldig geblieben.

Gegen das ihren Bevollmächtigten am 22.11.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.12.2012 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass ihr berufliches Leistungsvermögen bereits im Jahr 2000 auf ein rentenberechtigendes Ausmaß herabgesunken gewesen sei. Entsprechend habe Dr. L., MDK Baden-Württemberg, in seinem Gutachten vom 29.09.2000 auch einen rehabilitationsbedürftigen Erschöpfungszustand mit Verdacht auf larvierte Depression beschrieben und eine Arbeitsaufnahme für leichte Tätigkeiten nicht für zumutbar erachtet. Die im Hinblick auf ihre psychische Situation erforderlichen Behandlungsmaßnahmen habe sie anlässlich der Rehabilitationsmaßnahme in der Saale-Reha-Klinik nicht erhalten. Auch die Entlassung aus der Klinik A. als arbeitsfähig, überzeuge nicht, nachdem seitens des Universitätsklinikums U. im September 2003 eine seit Herbst 2002 zunehmende depressive Verstimmung beschrieben worden sei. Die Leistungsbeurteilung des Dr. K. überzeuge schon deshalb nicht, weil dieser fehlerhafterweise davon ausgegangen sei, dass sie seinerzeit 25 Stunden pro Woche in der Altenpflege tätig gewesen sei, obwohl sie lediglich 25 Stunden pro Monat dort gearbeitet habe. Demgegenüber überzeuge das Gutachten des Dr. S. vom Januar 2006. Dieser habe nachvollziehbar ein auf unter sechs Stunden täglich herabgesunkenes Leistungsvermögen beschrieben und dies wiederum in seinem weiteren Gutachten vom März 2008 bestätigt, wobei der Beratungsarzt der Beklagten dieses Gutachten für sachgerecht und widerspruchsfrei erachtet habe. Es überzeuge nicht, wenn die Beklagte bei gleicher Befundlage zwar im März 2008 von einem rentenrelevant eingeschränkten Leistungsvermögen ausgehe, dies aber für die Untersuchung im Januar 2006 nicht anerkennen wolle.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 30.10.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.02.2011 zu verurteilen, den Bescheid vom 11.01.2005 zurückzunehmen und ihr ausgehend von einem Leistungsfall im Jahr 2000 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Sie ist der Auffassung, dass ein Vergleich der Gutachten des Nervenarztes S. von Januar 2006 und März 2008 eine Befundverschlechterung aufzeige, was die im Bescheid vom 19.05.2008 dokumentierte Rechtsauffassung hinsichtlich des Eintritts des Versicherungsfalls erkläre.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheidet, ist zulässig; die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagte vom 26.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.02.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Mit diesen Bescheiden lehnte es die Beklagte zutreffend ab, der Klägerin unter Rücknahme des Bescheids vom 11.01.2005 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Denn zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Bescheids war die Klägerin im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte es mit den angefochtenen Bescheiden ablehnte der Klägerin eine entsprechende Erwerbsminderungsrente zu gewähren.

Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Denn die Beklagte wandte bei Erlass des Bescheids vom 11.01.2005, mit dem sie die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ablehnte, das Recht weder unrichtig an noch ging sie von einem Sachverhalt aus, der sich nachträglich als unrichtig erwies. Vielmehr erfüllte die Klägerin nicht die Anspruchsvoraussetzungen für die in Rede stehende Rente.

Rechtsgrundlage für die begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist in erster Linie § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind

Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 11.01.2005 nicht. Vielmehr ging die Beklagte zutreffend davon aus, dass die Klägerin trotz der bei ihr seinerzeit auch weiterhin noch bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen wieder in der Lage war, leichte berufliche Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten. Ebenso wie das SG vermag sich auch der Senat nicht davon zu überzeugen, dass die Folgen des im Jahr 2000 diagnostizierten ACTH-produzierenden Makroadenoms der Hypophyse, das zu einem zentralen Cushing-Syndrom führte und im Mai 2000 erfolgreich operativ behandelt wurde, auch noch zum Zeitpunkt des Erlasses des in Rede stehenden Bescheides im Januar 2005 die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin in einem rentenberechtigenden Ausmaß einschränkte. Die der Auffassung der Klägerin entgegen stehenden medizinischen Einschätzungen hat das SG im Einzelnen dargelegt und zutreffend gewürdigt. So wurde die Klägerin ausweislich des Entlassungsberichts der S.-R.-Klinik, wo sie bei Aufnahme über eine permanente Müdigkeit, Schwäche in den Beinen und Schmerzen in Rücken und Nacken geklagte hatte, bei gebessertem Befinden entlassen und von den behandelnden Ärzten für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit regelmäßigen Arbeitszeiten als arbeitsfähig beurteilt. Nach deren Einschätzung waren wegen der Beschwerden seitens des Bewegungsapparates das Heben und Tragen schwerer Lasten, häufiges Bücken und Zwangshaltungen zu vermeiden. Wegen der bestehenden verminderten psychoemotionalen Belastungstoleranz empfahlen sie begleitend zur Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit lediglich unterstützend eine ambulante Psychotherapie. Auch soweit die Klägerin in der Folgezeit wegen der in den Vordergrund getretenen psychischen Beeinträchtigungen im Dezember 2003/Januar 2004 in der Klinik A. eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme durchführte, sahen die behandelnden Ärzte ausweislich des entsprechenden Entlassungsberichts eine Leistungsfähigkeit sowohl in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Bürokraft als auch für eine leichte berufliche Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden und mehr. Auch sie schlossen Arbeiten mit regelmäßigem Heben und Tragen von Lasten, häufigem Bücken und Zwangshaltungen aus und sahen Einschränkungen hinsichtlich der allgemeinen Stressbelastbarkeit. Soweit die Klägerin als arbeitsunfähig entlassen wurde, beruhte dies - so die Ausführungen im Entlassungsbericht - auf der anhaltend labilen Affektlage mit einer eingeschränkten Umstellfähigkeit, weshalb ihr seitens der behandelnden Ärzte der Einstieg in den häuslichen Rahmen durch die Bescheinigung einer ca. einwöchigen Arbeitsunfähigkeitszeit erleichtert werden sollte. Angesichts der eingeschränkten Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit sahen die behandelnden Ärzte im Hinblick auf die in Frage kommenden Tätigkeiten qualitative Einschränkungen insoweit, als diese keine ständigen Anforderungen an die Umstellungsfähigkeit und an die allgemeine Stressbelastbarkeit stellen sollten, nicht unter hohem Zeitdruck ausgeführt werden und ohne ein hohes Maß an Verantwortung für Maschinen und Menschen durchführbar sein sollten. Von einem entsprechenden Leistungsvermögen im Umfang von sechs Stunden und mehr gingen seinerzeit auch die von der Beklagten hinzugezogenen Gutachter Dr. P. und Dr. K. aus, die die Klägerin im November bzw. Dezember 2004 gutachterlich untersuchten. Soweit die Klägerin geltend macht, Dr. K. sei in seinem Gutachten von einer Tätigkeit im Umfang von 25 Stunden wöchentlich statt monatlich ausgegangen, trifft zwar zu, dass dies in der Anamnese des Gutachters so vermerkt ist. Allerdings nimmt Dr. K. in seiner Leistungsbeurteilung gerade nicht auf die Dauer dieser Tätigkeit Bezug, sondern orientiert sich an den feststellbaren funktionellen Einschränkungen. Schließlich können mit dem beschriebenen Leistungsvermögen ohne weiteres auch die Ausführungen im Arztbrief des Universitätsklinikums Ulm vom 07.03.2005 über die Vorstellung der Klägerin in der endokrinologischen Ambulanz zur Verlaufskontrolle am 16.02.2005 in Einklang gebracht werden. Danach ergaben sich - wie auch schon anlässlich der zuvor erfolgten Vorstellungen - weder klinisch noch laborchemisch Hinweise für ein Rezidiv. Beschrieben wurde lediglich ein weiterhin leicht eingeschränktes Leistungsvermögen. Eine schwerwiegende, auf eine rentenrelevante quantitative Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit hinweisende Leistungsminderung lässt sich hieraus nicht ableiten. Damit gehen sämtliche im Zeitraum von Ende 2000 bis zum Erlass des Bescheids vom 11.01.2005 mit der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin befassten Ärzte von einem Leistungsvermögen für leichte berufliche Tätigkeiten im Umfang von zumindest sechs Stunden täglich und damit nicht von einer rentenrelevanten Leistungsminderung aus. Auch im unmittelbaren Zeitraum nach Erlass des Bescheids vom 11.01.2005 bestand keine rentenrelevante Leistungseinschränkung. Denn im Juli 2005 wurde die Klägerin aus der stationären Behandlung im Niedersächsischen Landeskrankenhaus Tiefenbrunn als arbeitsfähig entlassen.

Soweit die Klägerin sich im Berufungsverfahren zur Stützung ihrer Rechtsauffassung, wonach ihr Leistungsvermögen bereits seit dem Jahr 2000 auf ein rentenberechtigendes Ausmaß herabgesunken gewesen sei, wiederum auf das Gutachten des Dr. L. bezieht, der im September 2000 eine Arbeitsaufnahme für leichte Tätigkeiten nicht für zumutbar erachtet hat, verkennt die Klägerin, dass bei der Beurteilung der Frage, ob der Bescheid vom 11.01.2005 rechtmäßig ist, nicht von Bedeutung ist, wie ihr Gesundheitszustand im September 2000 zu beurteilen war. Maßgeblich ist vielmehr, wie sich dieser zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten im Januar 2005 darstellte, mithin wie ihr Leistungsvermögen mehr als vier Jahre nach der Untersuchung durch Dr. L. zu beurteilen ist. Zu dieser Frage vermag dessen Gutachten aber gerade nichts beizutragen, nachdem sich der Gesundheitszustand der Klägerin - wie diese im Rahmen des Erörterungstermins im Übrigen auch selbst bekundet hat - im Anschluss an die im Mai 2000 erfolgte Operation zunehmend verbesserte. Aus dem Umstand, dass Dr. L. im September 2000 von einem rentenrelevant eingeschränkten Leistungsvermögen ausging, lässt sich für die vorliegend zu beurteilende Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 11.01.2005 daher nichts herleiten.

Auch die Gutachten des Nervenarztes S. stützen die Auffassung der Klägerin nicht. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass diese Gutachten auf Untersuchungen der Klägerin im Januar 2006 sowie März 2008 beruhen, und damit einen Gesundheitszustand dokumentieren, wie er ein bzw. drei Jahre nach dem vorliegend relevanten Zeitpunkt (Januar 2005) festzustellen war. Zwar vertritt der Nervenarzt S. in seinem Gutachten vom Januar 2006 die Auffassung, dass das von ihm angenommene Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich seit Mai 2000, also seit dem Zeitpunkt der operativen Behandlung des Hypophysenadenoms bestand, also auch zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 11.01.2005. Jedoch steht diese Einschätzung im Widerspruch zu sämtlichen oben bereits erwähnten medizinischen Unterlagen und vermag daher nicht zu überzeugen. Diese weisen nämlich gerade auf eine Besserung des Gesundheitszustandes seit der im Mai 2000 erfolgten Operation hin, wie dies auch von der Klägerin selbst bestätigt wurde. Schließlich konnte der Zustand, wie ihn Dr. L. noch in Bezug auf die im September 2000 erfolgte Untersuchung dokumentierte, bereits durch die anschließende stationäre Behandlung in der S.-R.-Klinik gebessert werden. Von einem seit Mai 2000 unverändert fortbestehenden beruflichen Leistungsvermögen, vermag sich der Senat daher nicht zu überzeugen.

Der Senat sieht die Überzeugungskraft dieses Gutachten schließlich auch durch die Ausführungen des Nervenarztes S. in seinem weiteren Gutachten vom März 2008 entwertet. Denn obwohl er nunmehr eine Besserung des Gesamtbefindens der Klägerin beschreibt und ausführt, die Klägerin habe trotz ihrer Störungen und Ängste noch ein erhebliches kämpferisches Potential entwickeln und ihrem Spielraum erweitern können, wobei sie zwar weiterhin an einer phobischen Symptomatik leide, hiergegen jedoch spezifische innere Haltungen und Techniken entwickelt habe, wodurch sie offensichtlich ihren Lebensraum wieder habe zurück erobern können, beurteilt er die Leistungsfähigkeit der Klägerin trotz der nunmehr lediglich noch gestellten Diagnosen einer phobischen Störung, nicht näher bezeichnet, und einer Somatisierungsstörung weiterhin im Sinne seiner früheren Einschätzung mit drei bis weniger als sechs Stunden täglich. Dies überzeugt nicht.

Allerdings vermag auch die Einschätzung der Beklagten, die gestützt auf das Gutachten des Nervenarztes S. vom März 2008 ausweislich ihrer Ausführungen im Bescheid vom 19.05.2008 nunmehr von einer rentenrelevanten Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin seit Antragstellung am 06.11.2007 ausging, während sie der noch in seinem Gutachten vom Januar 2006 vertretene Auffassung nicht zu folgen vermochte, nicht zu überzeugen. Dies ist gerade vor dem Hintergrund, dass der Nervenarzt S. in dem zuletzt erstatteten Gutachten im Vergleich zu seinem Vorgutachten sogar ausdrücklich eine deutliche Besserung beschreibt, unverständlich. Soweit die Beklagte diesen Widerspruch im Berufungsverfahren mit einer Befundverschlechterung seit dem Gutachten vom Januar 2006 zu erklären versucht, ist dies angesichts der von dem Nervenarzt S. ausdrücklich bestätigten Besserung wenig überzeugend. Letztlich kommt es auf die Gründe, die die Beklagte zu der zuletzt im Bescheid vom 19.05.2008 vertretenen Auffassung veranlasst haben, aber nicht an. Denn jedenfalls lässt sich aus den nicht miteinander in Einklang zu bringenden Gutachten des Nervenarztes S. vom Januar 2006 und März 2008 im Sinne der Auffassung der Klägerin nicht überzeugend ableiten, dass ihr berufliches Leistungsvermögen zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 15.01.2005 auf ein rentenberechtigendes Ausmaß herabgesunken und dieser Bescheid mithin rechtswidrig war.

Die Berufung der Klägerin kann nach alledem keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
Saved