L 9 R 34/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 3815/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 34/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. November 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Der 1958 geborene Kläger war zuletzt vom 01.04.2004 bis zum 30.04.2006 in einer Gebäudereinigungsfirma in Teilzeit (20 Stunden pro Woche) versicherungspflichtig beschäftigt. Zu der Tätigkeit gab der Kläger an, dass er das Reinigungspersonal zu den Objekten gefahren und dort von den Anwohnern gemeldete Mängel beseitigt habe. Er habe z.B. Glühbirnen ausgetauscht oder Schächte gesäubert. Seither ist der Kläger arbeitslos und betreut seine an Demenz erkrankte Mutter. Vom 01.01.2007 bis 31.12.2012 weist der Versicherungsverlauf des Klägers Pflichtbeitragszeiten für Pflegetätigkeiten aus.

Dem Kläger ist seit 01.01.1981 ein Grad der Behinderung von 60 zuerkannt. Dieser wurde ab 26.01.2005 auf 100 erhöht und dem Kläger wurden die Merkzeichen RF und GL zuerkannt.

Am 06.08.2007 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Daraufhin absolvierte er vom 05.12.2007 bis 23.12.2007 eine Rehabilitationsmaßnahme in der Rehaklinik Ü. Ausweislich des Rehabilitationsentlassungsberichtes vom 14.01.2008 wurde der Kläger mit den Diagnosen Rumpfmuskelinsuffizienz mit chronisch rezidivierenden LWS-Beschwerden (Zustand nach Bandscheibenvorfall 1980, Protrusion L5/S1), Zustand nach C8-Syndrom links bei NPP C7/Th1, metabolisches Syndrom und rezidivierende Arthralgien der linken Schulter (bei Zustand nach mehrfachen Operationen) als arbeitsfähig hinsichtlich leichter bis mittelschwerer Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von sechs Stunden und mehr entlassen. Anhaltende Zwangshaltungen für die Wirbelsäule sollten ebenso wie Überkopfarbeiten und Tätigkeiten in Armvorhalt vermieden werden. Zu berücksichtigen sei eine eingeschränkte Kraftentfaltung im Bereich des linken Armes.

Am 04.01.2008 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab er an, dass er seit 1981 aufgrund von Beschwerden der Bandscheibe und der Ohren erwerbsgemindert sei.

Nach Beiziehung des Rehabilitationsentlassungsberichts der Rehaklinik Ü. lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30.01.2008 die Gewährung einer vollen oder teilweisen Erwerbsminderungsrente (auch wegen Berufsunfähigkeit) ab. Hiergegen legte der Kläger am 26.02.2008 Widerspruch ein und regte die Befragung seiner behandelnden Ärzte an.

Daraufhin zog die Beklagte Befundberichte der behandelnden Ärzte und ein Gutachten der Bundesagentur für Arbeit vom 29.05.2006 (nach Aktenlage) bei. In diesem kam Dr. F. zu dem Ergebnis, dass der Kläger in temperierten Räumen vollschichtig leichte, gelegentlich auch mittelschwere Arbeiten verrichten könne. Nicht zumutbar seien Überkopfarbeiten und schwere Arbeiten im Armvorhaltevorgang. Möglich sei auch keine Tätigkeit, die ein räumliches Hörvermögen notwendig mache. Es bestehe eine Taubheit am linken Ohr sowie eine hochgradige Schwerhörigkeit am rechten Ohr.

Weiterhin gab die Beklagte ein Gutachten bei der Fachärztin für Chirurgie Dr. L. in Auftrag. Diese diagnostizierte am 28.03.2008 beim Kläger ein Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule bei degenerativen Veränderungen und Nachweis eines Bandscheibenvorfalles (mit pseudoradikulärer Ausstrahlung rechts ohne eindeutige neurologische Ausfälle oder klassische Wurzelreizsymptome), ein Schulterarmsyndrom beidseits mit linksbetonten Schmerzen (Zustand nach mehrfacher operativer Behandlung links bei insgesamt endgradigen Funktionseinbußen), Arthrose beider Hüftgelenke mit endgradigen Funktionseinbußen bei linksbetonten Schmerzen und HWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen mit endgradigen Funktionseinbußen. Weiterhin bestehe ein vermindertes Hörvermögen rechts, ein aufgehobenes Hörvermögen links, eine psychogene Überlagerung und Ausgestaltung körperlicher Beschwerden bei vorbeschriebener somatoformer Störung und zu erwartendem sekundären Krankheitsgewinn sowie ein Übergewicht mit einem BMI von 33,3. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden und mehr zu verrichten. Die letzte Tätigkeit sei nur noch drei bis unter sechs Stunden möglich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.08.2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, dass er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei. Er könne leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu ebener Erde, überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und im Gehen und auch mit gelegentlichem Treppensteigen, ohne langandauernde Wirbelsäulenzwangshaltungen oder Armvorhalte, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne langandauerndes Knien oder Hocken, ohne besondere Anforderungen an das Hörvermögen, ohne Lärmbelastung ohne Gehörschutz, ohne besonderen Zeitdruck oder besondere Anforderungen an die Konzentration und Dauerbelastbarkeit sowie ohne Nachtschicht mindestens sechs Stunden ausüben. Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht, da der Kläger aufgrund seiner zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung als Baureiniger dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen und insoweit auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verweisbar sei.

Hiergegen hat der Kläger, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, am 27.08.2008 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Während des Klageverfahrens bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Anschlussheilbehandlung aufgrund der Implantation einer Hüfttotalendoprothese (Hüft-TEP) links am 29.08.2008. Diese führte der Kläger vom 09.09.2008 bis 07.10.2008 in den Ruhlandkliniken in Bad H. durch. Bei Entlassung bestand ein Funktions- und Belastungsdefizit des linken Hüftgelenkes und eine lymphovenöse Abflussstörung des linken Beines. Nach entsprechender Rekonvalesenzzeit sei abhängig vom weiteren Heilungsverlauf davon auszugehen, dass der Patient in der Lage sei, leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung (also in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Stehen, Gehen und Sitzen) vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Zu beachten seien qualitative Einschränkungen, insbesondere das Vermeiden von Zwangshaltungen sowie Arbeiten auf Leitern, Gerüstarbeiten sowie mit Ganzkörpervibrationen. Die Wegefähigkeit des Klägers sei erhalten. Im Rahmen der Abschlussuntersuchung habe eine Diskrepanz zwischen der Selbsteinschätzung der Leistungsfähigkeit durch den Patienten und der ärztlichen Beurteilung bestanden. Der Kläger sei der Ansicht, dass er aufgrund der gesundheitlichen Situation auch perspektivisch keinerlei Erwerbstätigkeit nachgehen könne.

Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen schriftlich einvernommen. Der Orthopäde Dr. H. hat unter dem 12.02.2009 mitgeteilt, dass er den Kläger erstmalig am 08.01.1998 wegen Kniebeschwerden behandelt habe. Zuletzt habe sich der Kläger bei ihm am 09.06.2008 vorgestellt. Im Jahr 2008 seien Vorsprachen wegen Rücken- und Schulterbeschwerden erfolgt.

Die behandelnden Fachärzte für Allgemeinmedizin Dr. B. und Dr. K. haben mitgeteilt, dass der Kläger bei ihnen zuletzt am 27.08.2009 in Behandlung gewesen sei. Die maßgeblichen Einschränkungen des Klägers bestünden auf orthopädischem Fachgebiet. Ihrer Ansicht nach sei er in der Lage, eine körperlich leichte, nervlich wenig belastende Tätigkeit im Rahmen einer Fünftagewoche mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.

Der behandelnde Orthopäde Dr. T. hat unter dem 18.02.2009 die Ansicht vertreten, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, eine körperlich leichte Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Maßgeblich hierfür sei die aktuelle Schmerzsituation, die Gehen ausschließlich an Unterarmgehstützen zulasse. Die Nachbehandlung nach Gelenkersatz sei noch nicht abgeschlossen. Derzeit bestehe eine Belastbarkeit für leichte körperliche Tätigkeiten von maximal drei Stunden pro Tag. Diese Situation sei seit der Implantation der Hüft-TEP am 29.08.2008 anzunehmen. Davor habe die Belastbarkeit zwischen drei und sechs Stunden täglich gelegen.

Der Neurologe Dr. S. hat unter dem 19.02.2009 mitgeteilt, dass sich der Kläger bei ihm nur bis Oktober 2006 in Behandlung befunden habe. Auffällig sei gewesen, dass sich der Kläger wiederholt aufgrund eigentümlicher, organisch-neurologisch nicht klar zuzuordnender Beschwerden bei ihm vorgestellt habe. Nach dem Befundbericht vom 04.08.2003 (Blatt 167 der Verwaltungsakte) hatte Dr. S. beim Kläger u. a. eine neuromuskuläre Störung des linken Armes ausgeschlossen und eine Somatisierungsstörung diagnostiziert. Er empfehle, auf weitere invasive Maßnahmen unbedingt zu verzichten und den Kläger zu einer regelmäßigen Übung des linken Armes zu motivieren. Es sei von einer psychogenen Überlagerung auszugehen. Der Kläger habe ihn bereits wiederholt aufgrund organisch nicht erklärbarer Auffälligkeiten aufgesucht. Im Hintergrund stehe eine achtjährige Arbeitslosigkeit und ein Rentenbegehren (zwei Anträge seien bisher abgelehnt worden).

Die Fachärztin für Anästhesie und spezielle Schmerztherapie Schneider hat unter dem 20.03.2009 mitgeteilt, dass sich der Kläger bei ihr vom 19.02.2008 bis 13.08.2008 in Behandlung befunden habe. Der Kläger könne aufgrund einer Unbeweglichkeit der Schulter, einer Instabilität beim Stehen und einer depressiven Stimmungslage momentan nicht berufstätig sein.

Der Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. M. hat unter dem 24.03.2009 mitgeteilt, dass der Kläger einer körperlich leichten, nervlich wenig belastenden Tätigkeit im Rahmen einer Fünftagewoche nachgehen könne.

Daraufhin hat das SG ein orthopädisches Gutachten bei Dr. B. in Auftrag gegeben. In dem am 15.06.2009 erstatteten Gutachten hat Dr. B. eine Hüftendoprothese links, einen Zustand nach Schulteroperation links mit AC-Gelenksplastik, ein pseudoradikuläres Schmerzsyndrom des linken Beines ohne segmentale Zuordnung und Schwäche der Beinhebung und ein pseudoradikuläres Syndrom des linken Armes ohne fassbare segmentale Ausfälle diagnostiziert. Es habe sich kein somatischer Befund und keine Begründung für die subjektiv gesehene Notwendigkeit gefunden, an zwei Unterarmgehstützen zu gehen. In den neurologischen Vorbefunden sei entsprechend mehrfach eine Somatisierungsstörung berichtet worden. Die für die Begutachtung angefertigte Röntgenaufnahme des linken Hüftgelenkes zeige neun Monate nach Implantation der Prothese keinerlei Lockerungszeichen. Es hätten sich klinisch keine Hinweise für ein anhaltendes lumbales Nervenwurzelreizsyndrom gefunden. Der früher kernspintomographisch nachgewiesene Bandscheibenvorfall habe heute keinerlei dieses Segment betreffende pathologische Befunde mehr hervorgerufen. Im linken Schultergelenk bestehe eine geringgradige Bewegungsstörung. Es bestehe eine deutliche Diskrepanz zwischen den objektiv fassbaren Befunden und den subjektiven Beschwerden. Der Kläger könne nur noch leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung (überwiegend im Sitzen) und unter Vermeidung von Überkopfarbeiten verrichten. Entsprechend der Feststellung im Rahmen der Rentenbegutachtung von Dr. L. am 28.03.2008 könne der Kläger nur noch drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein. Mit einer Besserung der Leistungsfähigkeit sei im Laufe der nächsten sechs Monate durch weiteres Muskeltraining und krankengymnastische Übungsbehandlungen zu rechnen.

Weiterhin hat das SG eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung (unter Erstellung eines neurologischen Zusatzgutachtens bei Dr. H.) bei Dr. N. in Auftrag gegeben. Dr. H. kam in dem am 03.12.2009 erstatteten neurologischen Zusatzgutachten zu dem Ergebnis, dass die vom Kläger vorgebrachten neurologischen Störungen, die nach der Hüfttotalendoprothesenoperation aufgetreten seien (völlige Lähmung des linken Beines und Gefühlsstörung an beiden Beinen) simuliert seien. Eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit auf neurologischem Gebiet bestehe nicht. Es sei auch unwahrscheinlich, dass unter dem Komplex der vorgetäuschten Störungen leichtere, zur Zeit nicht feststellbare Störungen verborgen seien. Dr. Niessner hat in seinem am 12.01.2010 erstatteten Gutachten ein Schmerzsyndrom im Schulter-, LWS- und Hüftbereich als Folge einer Maladaption nach mehrfacher Gewebeschädigung, eine Dysthymia infolge einer Anpassungsstörung auf dem Boden einer passiv-aggressiven Persönlichkeit und eine Lumboischialgie bei Bandscheibenvorfall L5/S1 mit Wurzelreizung S1 rechts diagnostiziert. Allerdings seien vor dem Hintergrund der von Dr. Heckl festgestellten Simulation auch die übrigen vorgetragenen Beschwerden zu relativieren. Es ergäben sich erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der vorgetragenen Beschwerden. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis sieben kg in abwechslungsreicher Körperhaltung und unter Vermeidung von Zeitdruck und nervlicher Belastung im Rahmen einer Fünftagewoche noch sechs Stunden und mehr auszuüben. Betriebsunübliche Arbeitsbedingungen seien nicht notwendig und der Kläger sei in der Lage, viermal täglich einen Fußweg von 500 m in jeweils 20 Minuten zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.

Weiterhin hat das SG nach § 109 SGG ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei Dr. Rauh und ein orthopädisches Zusatzgutachten bei Dr. C. in Auftrag gegeben. Dr. C. hat in dem Zusatzgutachten vom 23.06.2010 endgradige Funktionseinschränkungen der Hals- und Lendenwirbelsäule aufgrund degenerativer Veränderungen und end- bis mittelgradige Funktionseinbußen der linken Schulter (nach operativem Eingriff mit kompliziertem postoperativem Verlauf) festgestellt. Weiterhin bestehe eine Weichteilschwellung am rechten Handrücken ohne Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenkes, eine Hüfttotalendoprothese links mit klinisch guter Funktion und röntgenologisch einwandfreiem Sitz sowie eine leichte Muskelminderung am linken Ober- und Unterschenkel. Röntgenologisch bestehe eine initiale degenerative Veränderung am rechten Hüftgelenk ohne funktionelle Beeinträchtigungen und ein Senk-Spreizfuß beidseits. Bei der Begutachtung seien Diskrepanzen zwischen den vorgebrachten Beschwerden und den objektiv zu erhebenden Befunden zu beobachten gewesen. Der Einsatz einer Gehhilfe sei aus orthopädischer Sicht nicht mehr erforderlich. Noch möglich seien dem Kläger leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten, überwiegend im Sitzen, gelegentlich im Stehen oder Gehen, mit Bücken und Treppengehen. Der bedarfsweise Wechsel der Körperhaltung sollte möglich sein. Der Kläger könne in einer solchen Tätigkeit sechs Stunden und mehr erwerbstätig sein. Vom orthopädischen Gesichtspunkt her könne der Kläger viermal täglich einen Fußweg von 500 m in jeweils unter 20 Minuten zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen.

Der Neurologe und Psychiater Dr. R. hat unter dem 27.09.2010 auf psychiatrischem Fachgebiet eine somatoforme Störung diagnostiziert. Es würden körperliche Beschwerden und Schmerzen demonstriert, für die es keine ausreichende physiologische oder organische Korrelate gebe. Leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne Akkord- oder Schichtarbeit und ohne besondere nervlich-psychische Beanspruchung seien acht Stunden arbeitstäglich im Rahmen einer Fünftagewoche möglich. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe nicht.

Aufgrund mündlicher Verhandlung vom 30.11.2010 hat das SG die Klage durch Urteil abgewiesen. Ein Zustellungsnachweis existiert nicht.

Gegen das Urteil hat der Kläger am 05.01.2011 Berufung eingelegt mit der Begründung, dass die behandelnde Fachärztin für Anästhesiologie S., um einer Suchtgefahr vorzubeugen und eine Erhöhung der Schmerzmittelgabe zu vermeiden, ein Rehabilitationsverfahren eingeleitet habe.

Im Rahmen des Rehabilitationsverfahrens wurde der Kläger durch den Facharzt für Chirurgie und Sozialmedizin Z. am 06.07.2011 orthopädisch sowie durch den Facharzt für Neurologie Dr. W. neurologisch begutachtet. Diese gingen davon aus, dass der Kläger noch sechs Stunden arbeitstäglich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten könne, aber eine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit bestehe.

Daraufhin hat die Beklagte dem Kläger eine Rehabilitationsmaßnahme in der Schmerzklinik am A. bewilligt, die vom 13.02.2012 bis 03.04.2012 durchgeführt worden ist. Der behandelnde Arzt H. hat in dem Entlassungsbericht vom 27.04.2012 eine chronische Lumboischialgie, ein generalisiertes Cervicalsyndrom, eine Polyarthralgie, Z.n. Hüft-TEP links, eine Läsion des Nervus femoralis links, eine Fußheberparese links und ein "Chronifizierungsstadium Grad III" diagnostiziert. Als weitere Diagnosen werden Adipositas, Diabetes mellitus Typ 2, COPD mit C-PAP-Gerät versorgt und eine Prostatahypertrophie genannt. Psychiatrische Diagnosen werden in der Zusammenfassung nicht benannt. Aufgrund der anhaltenden Schmerzsymptomatik und der fortbestehenden Bewegungseinschränkung sowie den internistischen Begleiterkrankungen sei der Patient zumindest derzeit als nicht erwerbsfähig anzusehen.

Gegen diese Beurteilung hat die Beklagte Einwendungen erhoben. Bereits die Diagnoseliste sei nicht korrekt. Angegeben sei unter 7. ein Chronifizierungsstadium Grad III, gemeint sei offenbar eine Schmerzchronifizierung. Bei den internistischen Erkrankungen werde fehlerhaft eine COPD genannt, gemeint sei wahrscheinlich das Schlafapnoesyndrom, da dieses mit einem CPAP-Gerät behandelt werde. Die im Bericht festgestellten psychischen Diagnosen hätten keinen Eingang in die Diagnoseliste gefunden. Zudem sei bei der Aufenthaltsdauer von sieben Wochen eine einzige psychodiagnostische Sitzung und nur fünf kognitive verhaltenstherapeutische Sitzungen im Einzelsetting erfolgt. Im Behandlungsplan sei die Durchführung zahlreicher aktiver und passiver Behandlungen benannt, während auf S. 13 des Berichtes unter Punkt 8.9 mitgeteilt werde, dass aufgrund der Beschwerdesymptomatik nahezu ausschließlich passive Behandlungen durchgeführt worden seien. Es sei festgestellt worden, dass die geklagten Beschwerden aufgrund klinischer Untersuchungen und der vorangegangenen Diagnostik nicht in vollem Umfang plausibel und nachvollziehbar seien und dass eine ausgesprochen demonstrative Schmerzäußerung erfolgt sei. Trotzdem werde dieses inkonsistente Verhalten des Versicherten nicht kritisch hinterfragt.

Daraufhin hat der Kläger eine ergänzende Stellungnahme des Rehabilitationsarztes Harhausen sowie des Psychotherapeuten N. vorgelegt. Der Leistungsbeurteilung zugrunde gelegen hätten die körperlichen Untersuchungsbefunde und die Gesamtschau des Beschwerdekomplexes des Patienten. Die Diagnosen seien anhand von Anamnese und Befunden plausibel gewesen. Es hätten sich Hinweise auf eine dissoziative Symptombildung gefunden, eine Aggravation sei nicht nachweisbar gewesen. Herr Neff verwies darauf, dass der Kläger aufgrund einer andauernden Persönlichkeitsveränderung bei chronischem Schmerzsyndrom und mittelgradiger depressiver Episode unter gesteigerter Aggressivität und Impulsivität bei Belastung leide und nicht in der Lage sei, den vorherrschenden Alltagsbelastungen im Beruf angemessen standzuhalten.

Mit Schreiben vom 09.10.2012 hat der Kläger mitgeteilt, dass er eine weitere Begutachtung ablehnt. Er sei in der Vergangenheit schon mehrmals begutachtet worden, dabei habe immer die Akte mit sämtlichen Unterlagen vorgelegen, in denen er als Simulant bezeichnet worden sei. Deshalb sei er nicht bereit, sich nochmals begutachten zu lassen. In der Schmerzklinik am A. sei er sieben Wochen behandelt worden, ohne dass die Akte vorgelegen habe. Deshalb verwundere es ihn, dass das Gericht die Kompetenz der Aussage in Zweifel ziehe.

Mit Verfügung vom 01.03.2013 und 24.05.2013 hat der vormalige Berichterstatter dem Kläger mitgeteilt, dass seiner Ansicht nach trotz des die Berufung vordergründig stützenden Entlassungsberichtes vom 30.04.2012 die Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte, da erhebliche Zweifel an der Validität der dort erhobenen Befunde und der Leistungsbeurteilung bestünden. Der Kläger ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass seine Weigerung, sich begutachten zu lassen, letztendlich zur Folge haben könne, dass sich ein möglicherweise zwischenzeitlich bestehender Erwerbsminderungsrentenanspruch nicht nachweisen lasse. Daraufhin hat der Kläger zunächst mitteilen lassen, dass er bereit sei, sich begutachten zu lassen, worauf er in der Folge durch den vom Gericht beauftragten Gutachter Dr. S. zur Begutachtung am 17.01.2014 geladen worden ist. Dr. S. hat unter dem 20.01.2014 mitgeteilt, dass der Kläger entgegen der im Einladungsschreiben deutlich hervorgehobenen Aufforderung den Termin nicht vorab telefonisch bestätigt habe. Wiederholte Versuche des Sekretariats, mit dem Kläger telefonisch in Kontakt zu treten, seien nicht erfolgreich gewesen. Überraschend sei dann der Kläger am 17.01.2014 zu dem Termin erschienen. Ihm sei mitgeteilt worden, dass sich der Beginn der Begutachtung wegen einer dringenden klinischen Obliegenheit etwas verzögern werde. Nach einer Wartezeit von 40 Minuten habe der Proband dem Sekretariat mitgeteilt, dass er nicht länger zu warten gedenke, obwohl er darauf hingewiesen worden sei, dass die Begutachtung in wenigen Minuten beginnen könne. Hierzu hat der Kläger mitgeteilt, dass er aufgrund von Schmerzen nicht mehr habe sitzen und stehen können. Er lasse sich nicht mehr in einer "Irrenanstalt" und auch sonst nirgends begutachten. Er sei in der Vergangenheit schon genug begutachtet worden. Hierauf hat das Gericht den Gutachtensauftrag an Dr. S. unter dem 05.02.2014 aufgehoben.

Zur Stützung seines Berufungsbegehrens hat der Kläger Unterlagen über die Verordnung eines Elektrorollstuhles (vgl. Bl.118 bis 121 der Senatsakte) sowie einen Entlassungsbericht des SRH Klinikums K.-.L. über einen stationären Aufenthalt vom 04.12.2013 bis 18.12.2013 (vorläufiger Entlassungsbericht vom 16.12.2013, endgültiger Entlassungsbericht vom 20.02.2014) vorgelegt. Hiernach besteht der dringende Verdacht auf komplex-fokale Anfälle. Auch im Hinblick auf die berichteten aggressiven Durchbrüche sei mit einer antiepileptischen Medikation begonnen worden. Der Kläger wurde über ein bestehendes Fahrverbot für die nächsten zwölf Monate aufgeklärt. Aufgrund einer Wesensänderung und einer bekannten Depression sei der Kläger auch neuropsychiatrisch vorgestellt worden. Hierbei seien deutliche kognitive Defizite festgestellt worden. Diese seien wahrscheinlich durch die depressive Symptomatik mittelgradiger Ausprägung sowie die Medikation des Patienten mitbedingt. Zum Ausschluss eines beginnenden demenziellen Syndroms sollte eine erneute Testung in ca. sechs Monaten erfolgen. Zu empfehlen seien eine ambulante Psychotherapie und eine weitere antidepressive Therapie.

Zur weiteren Aufklärung hat der Senat Beweis erhoben durch Einholen einer sachverständigen Zeugenaussage bei dem behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. R. der unter dem 24.03.2014 angegeben hat, der Kläger habe sich wegen vermehrter Sturzneigung am 31.01.2013 in der Praxis vorgestellt. Nach der Diagnose der komplex-fokalen Anfälle durch die Neurologische Abteilung des Klinikums K-L ...angensteinbach sei eine antikonvulsive Einstellung erfolgt. Beim Kläger sei es seit Behandlungsbeginn 2009 zu einer kontinuierlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes mit zunehmender Multimorbidität gekommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. November 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2008 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, auch aus der neu hinzugekommenen Diagnose der komplex-fokalen Anfälle lasse sich keine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens ableiten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung hat. Soweit in dem Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung als Minus auch ein Antrag auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung enthalten sein sollte, besteht hierauf ebenfalls kein Anspruch.

Eine Erwerbsminderung des Klägers, d.h. ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Insbesondere ist eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes während des Berufungsverfahrens nicht nachweisbar.

Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand Dezember 2013, § 43 SGB VI Rn. 58 und 30 ff.).

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente beweisrechtlich voraussetzt, dass die Anspruchsvoraussetzungen im Sinne des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 07.09.2004 - B 2 U 25/03 R - zitiert nach (juris) Rn. 13), feststehen. Im Falle der Nichterweislichkeit anspruchsbegründender Tatsachen gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren nach ständiger Rechtsprechung des BSG (grundlegend Urteil vom 24.10.1957, 10 RV 945/55, BSGE 6, 70-74; ebenfalls Urteil vom 20.01.1977, 8 RU 52/76, BSGE 43, 110-113) der Grundsatz der objektiven Beweislast, insbesondere der Feststellungslast, wonach die Folgen der Nichterweislichkeit einer Tatsache von demjenigen Beteiligten zu tragen sind, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will. Eine Beweislastentscheidung setzt voraus, dass zunächst alle verfügbaren Erkenntnisquellen und Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft worden sind und sich die entscheidungserheblichen Tatsachen gleichwohl nicht feststellen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 24.05.2006, B 11a AL 7/05 R, BSGE 96, 238-246, in Juris Rn. 29, 32).

Der Kläger ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert.

Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats noch in der Lage, sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unerlagen, insbesondere den neurologischen und psychiatrischen Gutachten von Dr. H. vom 03.12.2009, von Dr. N. vom 12.01.2010 und Dr. R. vom 27.09.2010 sowie dem orthopädischen Gutachten von Dr. C. vom 23.06.2010 und - dem im Wege des Urkundenbeweises verwerteten - Gutachten von Dr. L. vom 28.03.2008.

Beim Kläger liegen vor allem Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet vor. Hierbei handelt es sich um ein HWS-Syndrom bei endgradigen Funktionseinschränkungen und degenerativen Veränderungen, ein Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule bei endgradigen Bewegungseinschränkungen und degenerativen Veränderungen, end- bis mittelgradige Funktionseinbußen der linken Schulter (nach operativem Eingriff mit kompliziertem postoperativem Verlauf), Hüfttotalendoprothese links mit klinisch guter Funktion und röntgenologisch einwandfreiem Sitz sowie initiale degenerative Veränderungen am rechten Hüftgelenk ohne funktionelle Beeinträchtigung. Weiterhin bestehen Senk-Spreizfüße beidseits, und Dr. C. stellte eine Weichteilschwellung des rechten Handrückens ohne Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenkes fest. Hieraus resultieren qualitative Einschränkungen, jedoch keine quantitative Reduzierung des Leistungsvermögens. Entsprechend haben Dr. C. und Dr. L. schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass keine Gründe vorhanden sind, weshalb der Kläger aus orthopädischer Sicht nicht weiterhin leichte, in Belastungsspitzen mittelschwere körperliche Arbeiten sechs Stunden und mehr ausüben könne. Die Leistungseinschätzung von Dr. B. in seinem Gutachten vom 15.06.2009 ist nicht eindeutig, da er angibt, der Kläger könne nur drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein und diese Leistungsfähigkeit der in dem Gutachten von Dr. L.festgestellten entspreche. Dr. L. hatte jedoch ein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen nur für die Tätigkeit des Klägers als Hausmeister, jedoch nicht für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes festgestellt. Inwieweit der Gutachter seine Leistungseinschätzung ebenfalls bezogen auf die Tätigkeit eines Hausmeisters abgeben wollte, lässt sich nicht eindeutig feststellen. Jedenfalls rechtfertigen die von ihm erhobenen Befunde keine Leistungseinschränkung in quantitativer Hinsicht. Der Gutachter hatte, wie alle anderen Gutachter, eine deutliche Diskrepanz zwischen den objektiv fassbaren Befunden und den subjektiven Beschwerden festgestellt. Erhebliche Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule ergaben sich bei der Begutachtung durch Dr. B. nicht. Sowohl die Hals- als auch Brust- und Lendenwirbelsäule waren bei der Begutachtung gut beweglich. Der Gutachter stellte im Bereich der Schultergelenke nur eine geringgradige Bewegungsstörung des linken Schultergelenkes fest (diesbezüglich war sowohl die Elevation als auch die Abduktion bis 180 ° möglich, lediglich die Außen- und Innenrotation links war leicht eingeschränkt). Hinsichtlich der Hüftgelenke stellte der Gutachter im Liegen links eine Beugefähigkeit von 120 ° fest. Es habe sich kein konkret fassbarer somatischer Befund oder eine sonstige Begründung für die subjektiv gesehene Notwendigkeit an zwei Unterarmgehstöcken zu gehen gefunden. Da unter Zugrundelegung dieser Befunde eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers nicht nachvollziehbar ist, ist der Senat davon überzeugt ist, dass der Kläger aufgrund der orthopädischen Beschwerden hinsichtlich leichter Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in seinem Leistungsvermögen nicht quantitativ eingeschränkt ist.

Eine solche Einschränkung lässt sich auch nicht unter Mitberücksichtigung von neurologischen Störungen herleiten. Insbesondere liegt zur Überzeugung des Senats keine Lähmung des linken Beines oder Gefühlsstörungen an beiden Beinen vor. Zu diesem Ergebnis kommt sowohl der Neurologe und Psychiater Dr. H. (Gutachten vom 03.12.2009) als auch der Neurologe und Psychiater Dr. R. im Gutachten vom 27.09.2010. Beide Gutachter haben keine entsprechenden Befunde objektivieren können.

Auch die psychiatrischen Gesundheitsstörungen begründen keine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers in zeitlicher Hinsicht. Eine schwere depressive Erkrankung liegt beim Kläger nicht vor. Dr. N. diagnostizierte beim Kläger eine Dysthmie, die sich als Folge einer Anpassungsstörung an die mehrfachen körperlichen Erkrankungen entwickelt hat. Hierbei handelt es sich nach ICD-10 F34.1 um eine chronische, wenigstens mehrere Jahre andauernde depressive Verstimmung, die weder schwer noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um die Kriterien einer schweren, mittelgradigen oder leichten rezidivierenden depressiven Störung (F33.0) zu erfüllen. So beschreibt Dr. N. im psychopathologischen Befund lediglich in affektiver Hinsicht eine gereizte Grundstimmung mit depressiver Stimmungsauslenkung. Zudem zeigte die Persönlichkeit des Klägers passiv aggressive, teilweise impulsive Merkmale. Ansonsten dokumentierte er jedoch einen Normalbefund, nämlich eine klare Bewusstseinslage, keine Störungen der Orientierung, der Wahrnehmung, keine Denkstörungen, keine Ich-Störungen sowie einen ungehinderten Sprachfluss. Es bestanden keine Aufmerksamkeits-, Konzentrations- oder Auffassungsstörungen. Der Tagesablauf zeigte keine wesentlichen Alltagseinschränkungen bei geregelter Tagesstrukturierung. Der Gutachter Dr. R. stellte hingegen keine depressive Erkrankung fest. Bei der Begutachtung durch Dr. R. war der Kläger örtlich, zeitlich und situativ orientiert und bewußtseinsklar. Der Gedankengang war formal unauffällig, im Gespräch war der Kläger konzentriert und aufmerksam. Der Kläger wirkte affektiv ausgeglichen und nicht antriebsgemindert. Hieraus vermag der Senat keine sozialmedizinisch relevante Leistungseinschränkung abzuleiten. Zur Überzeugung des Senats liegt beim Kläger weiterhin eine somatoforme Störung vor, die nicht zu einer zeitlichen Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit in leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes führt. Weder Dr. N. noch Dr. R. konnten diesbezüglich schwerwiegende Einschränkungen des Klägers objektivieren. Dieser ist noch in der Lage, seine demenzkranke Mutter zu betreuen und hat bei Dr. N. angegeben, dass er mit seiner Mutter mit dem Pkw für vier Wochen nach Spanien gefahren ist. Auffällig war auch, dass der Kläger bei der Begutachtung durch Dr. N. keine Entlastungsbewegungen durchführte. Bei der Begutachtung durch Dr. C. änderte der Kläger während der etwa 30-minütigen Befragung kaum seine Sitzposition und konnte anschließend ohne Schmerzangabe spontan aufstehen. Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit des Klägers bei einer überwiegend sitzenden Tätigkeit bestehen insoweit nicht. Nicht gefolgt ist der Senat der Einschätzung der Schmerzklinik am Akauwald, wo der Kläger einen Rehabilitationsaufenthalt vom 13.02.2012 bis 03.04.2012 absolviert hat. Der behandelnde Arzt H. und der Psychologe Neff gingen u.a. aufgrund der Diagnosen andauernde Persönlichkeitsveränderung bei chronischem Schmerzsyndrom und mittelgradige depressive Episode von einer aufgehobenen beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers aus. Diese Einschätzung ist jedoch nicht hinreichend objektivierbar. Beim Kläger ist das Ausmaß der Beeinträchtigungen aufgrund psychischer Erkrankungen nur schwer feststellbar. Nach Einschätzung aller Gutachter bestehen Tendenzen der Verdeutlichung und Diskrepanzen zwischen den zu erhebenden körperlichen Befunden und den vorgetragenen Beschwerden. Diese Diskrepanzen sind sicherlich teilweise auf die somatoforme Störung zurückzuführen. Zu einem erheblichen Umfang ist jedoch auch von einer Simulation des Klägers auszugehen. Dies hat Dr. H. in seinem neurologischen Gutachten vom 03.12.2009 schlüssig und nachvollziehbar dargelegt. Entsprechend gibt auch der Neurologe und Psychiater Dr. N. an, dass erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der vorgetragenen Beschwerden bestehen. Dies entspricht auch der Einschätzung des ehemals behandelnden Neurologen Dr. S. der in seiner Stellungnahme vom 19.02.2009 darauf hinwies, dass der Kläger wiederholt aufgrund eigentümlicher, organisch-neurologisch nicht klar zuzuordnender Beschwerden bei ihm vorstellig war. Aus dem Befundbericht vom 04.08.2003 ergibt sich, dass Dr. S. von einem Rentenbegehren des Klägers ausging. Insoweit lässt sich aufgrund des Rehabilitationsentlassungsberichtes der Schmerzklinik am A. vom 30.04.2012 die Annahme einer quantitativen Erwerbsminderung des Klägers nicht begründen. Diese Einschätzung beruht überwiegend auf Angaben des Klägers und lässt sich nicht hinreichend objektivieren. Es fand keine hinreichende Auseinandersetzung der behandelnden Ärzte mit der Frage statt, ob die Beschwerden glaubhaft sind. Entsprechende Anhaltspunkte sind jedoch dem Rehabilitationsentlassungsbericht zu entnehmen. So ist auf Bl. 6 des Berichtes angegeben, dass bei der gesamten orthopädischen Untersuchung der Eindruck entstand, als ob der Patient muskulär gegenspannt. Man ging diesbezüglich davon aus, dass dies unter Umständen aus Angst vor Schmerzprovokationen erfolgt sei. Auch wird berichtet, dass der Kläger im Behandlungsablauf eine ausgesprochen demonstrative Schmerzäußerung gezeigt habe (Bl. 12. H. davon aus, dass sich eine Aggravation nicht nachweisen lasse. Eine nachvollziehbare Begründung hierfür und für die Leistungseinschätzung lässt sich jedoch weder dem Entlassungsbericht noch der vom Kläger diesbezüglich eingereichten ergänzenden Stellungnahme entnehmen. Gleicht man den Rehabilitationsentlassungsbericht mit dem Akteninhalt ab, so ergeben sich weitere Widersprüchlichkeiten. So hat der Kläger angegeben, dass seine Mutter streng und sehr emotional gewesen sei und ihn auch geschlagen habe (Bl. 75 der Senatsakte). Bei Dr. N. (Bl 167 der SG-Akte) berichtete er hingegen, dass sein Vater ein sehr strenger, korrekter Mann gewesen sei, von dem er geschlagen worden sei. Seine Mutter sei das genaue Gegenteil, eine sehr liebevolle und behutsame Frau gewesen. Bei den Rehabilitationsdiagnosen gingen die Rehabilitationsärzte von der Läsion des Nervus femoralis links aus, die - zur Überzeugung des Senats - bereits zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. Heckl am 03.12.2009 nicht mehr bestand. Der Gutachter Dr. H. hat insoweit überzeugend dargelegt, dass die vom Kläger angegebenen Lähmungen und Gefühlsstörungen nicht bestehen und insoweit allenfalls vorübergehend nach der Hüftoperation eine Nervenläsion bestanden habe. Berücksichtigt man ergänzend, dass der Kläger, wie sich aus der Stellungnahme vom 09.10.2012 ergibt, sich bewusst war, dass Gutachter aufgrund der Aktenlage gezielt versuchen, seine Angaben zu objektivieren und eine eventuelle Simulation zu erkennen, wohingegen die Ärzte in der Schmerzklinik am A. die entsprechenden Vorinformationen nicht hatten, so lässt sich nach Aktenlage nicht ausschließen, dass der Kläger in der Rehabilitationsmaßnahme Beschwerden vorgetäuscht hat. Insoweit lässt sich durch den Rehabitilationsentlassungsbericht eine Erwerbsminderung des Klägers nicht objektivieren. Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf den im SRH Klinikum Karlsbad-Langensteinbach geäußerten Verdacht auf eine depressive Störung bei gegenwärtig mittelgradiger depressiver Episode und die dort festgestellten kognitiven Defizite. Auch hier fehlt es an einer entsprechenden kritischen Überprüfung der Befunde, sodass sie nicht Grundlage der Annahme einer Erwerbsminderung des Klägers sein können.

Soweit der Kläger auch an Gesundheitsstörungen des internistischen Fachgebietes leidet (insbesondere Schlafapnoesyndrom, Adipositas sowie eine leichtgradige chronisch obstruktive Atemwegserkrankung), so lässt sich hieraus eine Reduzierung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht nicht herleiten. Erhebliche Einschränkungen des Klägers resultieren hieraus nicht. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass der Kläger unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Die Kläger ist somit nicht erwerbsgemindert, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen - auch weiterhin - kein Leistungsvermögen von täglich weniger als sechs Stunden begründet. Eine relevante Verschlechterung des Leistungsvermögens des Klägers im Berufungsverfahren lässt sich - auch aufgrund dessen Weigerung, sich nochmals begutachten zu lassen - nicht feststellen.

Für die Verneinung von Erwerbsminderung bei mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähigen Versicherten muss weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden, noch die Frage geprüft werden, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Ungelernte und Angelernte des unteren Bereiches geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996, u. a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Dem Kläger ist somit keine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für ihn zuständige Arbeitsagentur einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten kann. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.).

Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder Versicherte nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nur unter betriebsunüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie § 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14). Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R, in Juris). Als Beispiel hierfür ist etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen. Das Merkmal "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen besteht die Verpflichtung, ausnahmsweise eine konkrete Tätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG, Urteil vom 10.12.2003, B 5 RJ 64/02 R, in Juris). Der Begriff der ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen umschreibt alle die Einschränkungen, die nicht bereits von dem Erfordernis "körperlich leichte Arbeit" erfasst werden, also in dieser Hinsicht nicht als gewöhnlich angesehen werden können (BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 21).

Ausgehend hiervon liegt beim Kläger weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Der Kläger leidet an einer Taubheit links und einer hochgradigen kombinierten Schwerhörigkeit rechts. Trotz der im Jahr 2011 aufgetretenen Verschlechterung der Hörminderung auf der rechten Seite, war bei der Begutachtung durch Dr. W.r im Rehabilitationsverfahren am 06.07.2011 und bei der vom 13.02.2012 bis 03.04.2012 durchgeführten Rehabitiliationsmaßnahme die Hörminderung gut kompensiert. Eine Verständigung mit dem Kläger war ohne Schwierigkeiten möglich. Entsprechend attestierten auch die behandelnden Hausärzte Dr. R./W. dem Kläger am 24.05.2012 ein ausreichend gutes Hör- und Sehvermögen für die Bedienung eines Elektrorollstuhles. Nicht mehr zumutbar sind dem Kläger insoweit lediglich berufliche Tätigkeiten mit erhöhter Anforderung an das Hörvermögen, weitere Einschränkungen bestehen bei einer Erwerbstätigkeit nicht. Ebenfalls nicht zumutbar sind Arbeiten mit psycho-vegetativer Stressbelastung (z.B. Akkordarbeit, Nachtarbeit, Tätigkeiten mit besonderer Verantwortung). Aufgrund der somatoformen Störung und den degenerativ bedingten Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates kann der Kläger nur noch körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten (maximales Heben und Tragen ca. zehn kg) ausüben. Zu vermeiden sind Arbeiten überwiegend im Stehen oder Gehen, häufiges Treppensteigen, Besteigen von Leitern und Gerüsten, Arbeiten in Überkopfhaltung, Arbeiten mit längerem Halten der Arme in der Horizontalen und in sonstigen Zwangshaltungen für die Wirbelsäule oder die Hüftgelenke (z.B. Arbeiten im Hocken oder Knien). Hierbei handelt es sich um Einschränkungen, denen bei den dem Kläger zumutbaren leichten bis mittelschweren körperlichen Arbeiten (Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier, Etikettier-, Klebearbeiten) hinreichend Rechnung getragen werden kann. Bei solchen Tätigkeiten bestehen insbesondere keine erhöhten Anforderungen an das Hörvermögen. Eine konkrete Verweisungstätigkeit ist nicht zu benennen.

Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die dem Versicherten dies nicht erlaubt, stellt eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz eines vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm möglich sein müssen, nach einem generalisierten Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel sowie vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege absolvieren muss. Eine volle Erwerbsminderung wegen mangelnder Wegefähigkeit setzt danach grundsätzlich voraus, dass der Versicherte nicht viermal am Tag ein Wegstrecke von über 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und ferner zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmittel fahren kann. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z. B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Dazu gehört z. B. auch die zumutbare Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges (BSG, Urteil vom 12.12.2011, B 13 R 21/10 R, in Juris). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht bei dem Kläger keine nachgewiesene Beschränkung des zumutbaren Arbeitsweges. Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats in der Lage, viermal täglich mehr als 500 m in weniger als 20 Minuten zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Eine erhebliche Gehstörung des Klägers ist nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen. Eine solche lässt sich insbesondere nicht aus der Tatsache herleiten, dass die zuständige Krankenkasse dem Kläger im November 2012 einen elektrisch angetriebenen Rollstuhl bewilligt hat. Die vom Kläger angegebenen Gehstörung ist nach dem schlüssigen Gutachten von Dr. H. simuliert. Der orthopädische Gutachter Dr. Clemens ging ebenfalls davon aus, dass der Kläger in der Lage ist, viermal täglich einen Fußweg von 500 m in jeweils unter 20 Minuten als Arbeitsweg zurückzulegen. Er legt insoweit für den Senat überzeugend dar, dass die vom Kläger angegebene Belastungsinsuffizienz der linken unteren Extremität dadurch relativiert wird, dass der Kläger nach Aufforderung beide Füße parallel zueinander auf dem Boden aufsetzte und beide Beine gleich belastet werden konnten. Auch beim Gehen ohne Gehstützen konnte das linke Bein mit dem ganzen Körpergewicht belastet werden, was eine Belastungsinsuffizienz ausschließt. Dagegen spricht auch die seitengleich ausgeprägte Beschwielung der Zehenballen und Fersen sowie die nur leichte Muskelminderung am linken Ober - und Unterschenkel. Auch der Neurologe und Psychiater Dr. R. kam zu dem Ergebnis, dass sich weder die Gehstörung noch die Benutzung von Unterarmgehstützen durch den Kläger mit einer neurologischen Grunderkrankung erklären lasse. Eine Gehstörung des Klägers ist insoweit nicht nachgewiesen.

Auch der Entlassungsbericht des SRH Klinikums K. L. GmbH (vom 11.12.2013 und 20.02.2014) hinsichtlich des stationären Aufenthalts des Klägers vom 04.12.2013 bis 18.12.2013 ist nicht ausreichend, um eine Einschränkung der Wegefähigkeit nachzuweisen. Die behandelnden Ärzte gingen zwar davon aus, dass beim Kläger komplex-fokale Anfälle bestünden. Allerdings setzt die Annahme einer rentenberechtigenden Einschränkung der Wegefähigkeit oder sonstigen Leistungsfähigkeit eines Epileptikers Feststellungen zur Häufigkeit der Anfälle sowie Schwere und Verlauf des Anfallsleidens voraus (BSG Urteil vom 12.12.2006, B 13 R 27/06 R, in Juris). Diese Feststellungen müssten hinreichend objektiviert sein, was vorliegend nicht der Fall ist. Da der Kläger eine weitere Begutachtung ablehnt, ist eine entsprechende objektive Überprüfung und Feststellung des konkreten Ausmaßes der Erkrankung nicht möglich. Der Entlassungsbericht des SRH Klinikums K.-L. ist hierfür nicht ausreichend. Der Kläger wurde zur Abklärung rezidivierender Stürze bei vorbekanntem Hydrocephalus stationär aufgenommen. Der Kläger hatte angegeben, in den letzten Monaten wiederholt gestürzt zu sein. Ein objektiver Nachweis für die Sturzereignisse existiert nicht. Kernspintomographisch zeigte sich der Hydrocephalus unverändert im Vergleich zum Vorbefund aus dem Jahr 2006. Eine kardiologische Abklärung ergab ebenfalls keine Ursache für die Stürze. Es erfolgten ein normales und ein Schlaf-Entzugs-EEG. Hierbei zeigten sich zwar keine epilepsietypischen Potentiale, es wurde jedoch bifrontotemporal intermittierend eine rhythmische Thetaaktivität festgestellt, weshalb in Zusammenschau mit der Anamnese der Verdacht auf komplex-fokale Anfälle mit nachfolgenden Stürzen bestehe. Grundlage der gestellten Verdachtsdiagnose waren somit auch die Angaben des Klägers, was - wie bereits dargelegt - nicht ausreichend ist. Auch die Befragung des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. R. führte nicht zu einer hinreichenden Aufklärung des Sachverhalts. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers ist nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen. Dies umso mehr, als der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergänzend angegeben hat, im Rahmen der weiterhin ausgeübten Pflegetätigkeit für seine Mutter, die an einem anderen Ort wohnt, fast täglich nicht unerhebliche Wegstrecken unter Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel bewältigt.

Nachdem das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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