L 9 R 3628/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 6430/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3628/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren.

Gründe:

I.

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.06.2011 bis 31.05.2014.

Die 1964 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war bis zu ihrer Erkrankung im Juli 2010 als Zimmerfrau in einem Hotel versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 01.12.2011 arbeitet sie in Teilzeit (20 Stunden wöchentlich, vier Stunden täglich) in der Verpackungsabteilung einer Designfirma.

Die Klägerin erlitt am 16.07.2010 bei einer laparoskopischen Cholezystektomie eine ausgedehnte Gallengangsverletzung. Am 24.07.2010 wurde sie in die Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie der Chirurgischen Universitätsklinik F. verlegt, in der sie bis 01.09.2010 stationär behandelt wurde. Es wurden folgende Diagnosen gestellt: Choledochusverletzung, größenregrediente Gallefistel, schwere Peritonitis mit Sepsis, mehrere Abszesse, akutes Nierenversagen mit Tubulusnekrose, postoperativ: Alkalose, Anasarka, Wundinfekt.

Am 27.06.2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog den Entlassungsbericht des Spitals W. vom 16.07.2010, den Verlegungsbericht vom 23.07.2010 über die stationäre Behandlung der Klägerin und die anschließende Verlegung ins Universitätsklinikum F. sowie den Entlassungsbericht des Universitätsklinikums F. vom 01.09.2010 und die Befundberichte über die Kontrolluntersuchungen im Universitätsklinikum F. bei. Im Befundbericht vom 20.07.2011 berichtet der Ärztliche Direktor des chirurgischen Universitätsklinikums F. Prof. Dr. Dr. H. über eine Vorstellung der Klägerin am 14.07.2011, aufgrund weiterhin bestehender wechselhafter Schmerzen im Bereich des Abdomens, besonders nach längerer Arbeitsbelastung. Die Klägerin habe berichtet, dass eine täglich achtstündige Arbeit momentan weiterhin nicht möglich sei. Eine chirurgische Therapie der noch bestehenden Beschwerden sei nicht möglich, da - bei wahrscheinlich bestehenden Verwachsungen - durch diese wieder neue Verwachsungen entstehen würden. Insoweit sei anzuraten, eine Lösung zu suchen, bei der eine kürzere tägliche Arbeitsbelastung erfolge, z.B. sechs Stunden täglich. Es werde zur Mitbetreuung durch einen Psychosomatiker oder Psychologen geraten.

Weiterhin zog die Beklagte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg vom 14.12.2010 bei, in dem geprüft wurde, ob bei der Gallensteinoperation der Klägerin am 16.07.2010 ein Behandlungsfehler erfolgte.

Mit Bescheid vom 11.08.2011 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab, weil die medizinischen Voraussetzungen nicht vorlägen. Eine Erwerbstätigkeit von mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes sei noch möglich.

Hiergegen legte die Klägerin, vertreten durch ihren Bevollmächtigten, am 24.08.2011 Widerspruch mit der Begründung ein, dass davon auszugehen sei, dass infolge der schmerzhaften und folgenreichen Operation eine Fehlverarbeitung bei der Klägerin eingetreten sei, die zu einer weiteren Beeinträchtigung der Erwerbstätigkeit führe. Zur weiteren Begründung legte die Klägerin ein Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. B. vor. Dieser teilte unter dem 08.08.2011 mit, dass sich die Klägerin im Jahr 2010 einer schweren Operation habe unterziehen müssen. Nach einem Verlauf mit verschiedenen Komplikationen sei es zu einer stark verzögerten Heilung gekommen, sodass die Patientin seither nahezu durchgehend krankgeschrieben gewesen sei. Ein Arbeitsversuch, als Zimmermädchen im Hotel zu arbeiten, sei nach wenigen Tagen gescheitert.

Daraufhin holte die Beklagte weitere Befundberichte der behandelnden Ärzte ein (vgl. Bl. 193 bis 197 der Verwaltungsakte) und ließ die Klägerin durch den Internisten und Sozialmediziner Dr. C. begutachten. Dieser diagnostizierte in dem am 27.09.2011 erstatteten Gutachten eine persistierende abdominelle Schmerzsymptomatik bei Zustand nach Gallengangsverletzung im Rahmen einer laparoskopischen Cholezystektomie und anschließender atypischer Leberresektion. Die Klägerin sei gesundheitlich in der Lage, eine körperlich leichte bis kurzzeitig mittelschwere Arbeiten regelmäßig über sechs Stunden täglich auszuüben. Zu vermeiden seien Arbeiten mit schwerem Heben und Tragen sowie anderweitige motorische Beanspruchungen, die zu einer Anspannung der Bauchmuskulatur mit Bauchpresse führen. Für die Arbeit als Zimmerfrau in einem Hotel bestehe nur noch ein Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden.

Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2011 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 6. Dezember 2011 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und vorgetragen, sie könne allenfalls täglich vier Stunden leichteste Arbeit durchführen. Bereits nach zehnminütigem Sitzen stelle sich ein Druckschmerz ein, der ihr die Luft abschneide und Übelkeit hervorrufe. Spätestens nach drei Stunden Stehen schwelle der Bauch an und es stellten sich ziehende und stechende Schmerzen ein. Die Klägerin habe die "misslungene" Operation nicht verkraftet. Sie sei auch in psychischer Hinsicht aus der Bahn geworfen.

Das SG hat von Amts wegen folgende Gutachten eingeholt:

Prof. Dr. A. kam in dem am 30.04.2012 erstatteten fachinternistischen Gutachten zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin ein erhebliches belastungsabhängiges, reproduzierbares postoperatives Schmerzsyndrom vorliege. Dieses persistiere nach iatrogenem Verlust des extrahepatischen und zentralen hepato-bilären Gangsystems mit funktionell bedeutsam erheblich veränderter Anatomie des oberen Gastrointestinaltraktes. Dies sei irreversibel und eine Defektheilung zu konstatieren. Zudem habe sich im Rahmen des Verarbeitungsprozesses zusätzlich eine reaktive depressive Verstimmung entwickelt. Die Klägerin könne noch leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Stehen oder Gehen ausüben. Sitzende Tätigkeiten seien zu vermeiden. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder an laufenden Maschinen seien nicht mehr zumutbar. Heben und Tragen von Lasten sei nur noch bis fünf kg zumutbar. Zu vermeiden seien weiterhin jegliche Arbeiten, die zu einer Anspannung der Bauchmuskulatur führen. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Zimmermädchen sei nicht mehr zumutbar. Unter Beachtung der vorbeschriebenen Einschränkungen könne die Klägerin eine Tätigkeit bis zu einer Höchstdauer von vier Stunden pro Tag durchführen. Eine darüber hinausgehende regelmäßige Tätigkeit sei nicht mehr möglich, da aus der infolge der Operation vom 16.07.2010 entstandenen gesundheitlichen Schädigung eine dauerhafte Belastbarkeitseinschränkung resultiere. In der Begutachtungssituation sei diese durch reproduzierbare Schmerzen bei einer vergleichsweise geringen körperlichen Belastungsintensität von 75 Watt objektivierbar gewesen.

Dr. G., Facharzt für Urologie, kam am 28.11.2012 zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin auf urologischem Gebiet eine Urge-Symptomatik mit gehäuft auftretendem, verstärktem Harndrang und deutlich erhöhter Miktionsfrequenz bestehe. Die Störungen seien jedoch gut therapierbar, sodass bei richtiger Behandlung hierbei keine körperlichen oder geistigen Funktionsstörungen bestünden. Seiner Meinung nach liege bei der Klägerin eine reaktive Störung, sozusagen eine neue Krankheit, ausgelöst durch die somatische Erkrankung, vor.

Prof. Dr. E. hat unter dem 07.02.2013 ein psychiatrisches Gutachten über die Klägerin erstattet. Bei der Klägerin liege ein depressiv-adynames Syndrom, wahrscheinlich im Sinne einer depressiven Episode vor. Beeinträchtigt seien Affektivität, Antrieb, Denken, kognitive Fähigkeiten, Vegetativum sowie Schmerzwahrnehmung. Eine Simulation oder Aggravation sei nicht nachweisbar, und die Erkrankung könne nicht durch Willensanstrengung aus eigener Kraft überwunden werden. Die Klägerin könne leichte körperliche Arbeiten ohne Akkord, Fließband, Schicht- und Nachtarbeit, ohne mittelschwere Tätigkeiten geistiger Art, ohne vermehrten Publikumsverkehr und ohne besondere nervliche Beanspruchung noch drei bis unter sechs Stunden durchführen. Hinsichtlich der internistischen Einschränkungen sei keine Besserungsmöglichkeit vorhanden, allerdings sei psychiatrischerseits von einer Besserungsaussicht auszugehen, da die Therapiemöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien. Insbesondere sei eine weitere Intensivierung der Pharmakotherapie sinnvoll.

Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. E. vom 25.04.2013 vorgelegt, die u.a. ausführt, dass das Gutachten von Prof. Dr. E. unstrukturiert sei und zu kurz die Krankheitsanamnese, Familienanamnese, Medikamenten- und Genussmittelanamnese, die biographische Anamnese und die spezielle Anamnese exploriere. Aus der Medikamentenanamnese gehe lediglich hervor, welche Medikamente die Klägerin zum Untersuchungszeitpunkt einnehme, eine Chronologisierung der bisherigen antidepressiven Therapie erfolge nicht. Eine psychometrische Testung sei nicht durchgeführt worden. Die Diagnose einer depressiven Episode sei nicht nachvollziehbar. Zudem sei der Ausprägungsgrad der depressiven Episode nicht angegeben. Die Klägerin sei darauf zu verweisen, dass sie eine leitliniengerechte antidepressive Therapie durchführe.

Das SG hat bei Prof. Dr. E. eine ergänzende Stellungnahme eingeholt. Dieser hat unter dem 23.05.2013 migeteilt, dass er seine Anamnese für strukturiert halte, weil darin alle Symptome erfasst seien und alle relevanten biographischen Elemente erfragt worden seien. In dem Gutachten sei auch erwähnt worden, dass die Therapiemöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien. Dazu bedürfe es keiner Chronologisierung der bisherigen antidepressiven Therapie, da die Klägerin bisher nur ein Medikament erhalten habe (Citalopram). Die Leistungseinschränkung auf drei bis unter sechs Stunden begründe sich durch die Antriebshemmung und die anderen Symptome der depressiven Episoden und den internistischen Erkrankungen.

Zu den hiergegen erhobenen Einwendungen der Beklagten wird auf Bl. 102 der SG-Akte verwiesen.

Mit Urteil vom 15.07.2013 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2011 verurteilt, der Klägerin eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.06.2011 bis 31.05.2014 zu gewähren und ihr die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin seit der Operation im Juli 2010 aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen nicht in der Lage sei, körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Das Gericht teile die Überzeugung der Sachverständigen Prof. Dr. A. und Prof. Dr. E., dass bei der Klägerin eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens vorliege und sie nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne.

Gegen das am 19.08.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23.08.2013 Berufung eingelegt und vorgetragen, dass das Gutachten von Prof. Dr. E. nicht überzeugend sei. Es bestehe aus nur zehn Seiten und enthalte hauptsächlich allgemeine medizinische Ausführungen. Es sei kein ordnungsgemäßer Tagesablauf erhoben worden, dieser falle viel zu kurz aus. Auch das Gutachten von Prof. Dr. A. sei nicht überzeugend. Dieser habe u.a. eine Defektheilung konstatiert. Die hierfür ursächlichen Faktoren (rezidivierende Entzündungen im Sinne von Cholangitiden oder Verwachsungen) seien nicht nachgewiesen. Die Leistungsbeurteilung gründe sich deshalb auf Vermutungen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. Juli 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie könne keine sechs Stunden täglich mehr erwerbstätig sein. Die vier Stunden, die sie arbeite, seien bereits die Obergrenze, die letzte Stunde falle ihr schon sehr schwer. Sie müsse bei der Arbeit stehen, da sie nicht längere Zeit sitzen könne. Vor der Arbeit lege sie sich regelmäßig noch eine Stunde hin, weil sie sonst die vier Stunden nicht schaffe. Im Haushalt seien ihr nur noch leichte Arbeiten möglich. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift des Erörterungstermins vom 24.03.2014 (Bl. 35/38 der Senatsakte) verwiesen.

Im Erörterungstermin vom 24.03.2014 hat die Berichterstatterin auf die Möglichkeit einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, das SG sowie des Senats Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden, da die Klägerin in der Zeit vom 01.06.2011 bis 31.05.2014 nach § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung hat. Auch die Kostenentscheidung des SG ist nicht zu beanstanden. Das SG ist insoweit vom Obsiegen der Klägerin ausgegangen und hat der Beklagten in vollem Umfang die notwendigen außergerichtlichen Kosten auferlegt. Zwar hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 15.07.2013 beim SG lediglich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, ohne dass sie konkretisiert hat, inwieweit eine Dauer- oder Zeitrente begehrt wird. Der Antrag war jedoch dahingehend auszulegen, dass entsprechend dem gesetzlichen Regelfall eine Zeitrente begehrt wird (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.03.2007, L 2 R 4839/06 AK-B, in Juris).

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das Landessozialgericht - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten wurden im Erörterungstermin vom 24.03.2014 zum Erlass eines Beschlusses angehört und haben keine Einwendungen erhoben.

Die Klägerin hat nach § 43 Abs. 1 SGB VI Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Da im Versicherungskonto der Klägerin seit 01.08.1983 durchgängig Pflichtbeitragszeiten gespeichert sind, hat die Klägerin bei Eintritt des Leistungsfalls am 16.07.2010 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente erfüllt.

Sie ist zur Überzeugung des Senats auch teilweise erwerbsgemindert. Teilweise erwerbsgemindert nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden erwerbstätig zu sein. Das Leistungsvermögen der Klägerin ist auch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf unter sechs Stunden täglich abgesunken. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund des internistischen Gutachtens von Prof. Dr. A. vom 30.04.2012 sowie des psychiatrischen Gutachtens von Prof. Dr. E. vom 07.02.2013.

Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin in ihrer Belastbarkeit so weit eingeschränkt ist, dass dies zu einer Reduzierung der quantitativen Leistungsfähigkeit führt. Grund dafür ist zunächst das von Prof. Dr. A. diagnostizierte postoperative Schmerzsyndrom. Dieses führt zum einen zu qualitativen Einschränkungen, da die Klägerin keine Arbeiten im Sitzen und keine mittelschweren und schweren Tätigkeiten mehr durchführen kann. Insbesondere ist das Heben und Tragen von Lasten über fünf kg nicht mehr zumutbar. Gleichzeitig resultiert hieraus jedoch auch eine Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit. Die Klägerin hat konsistent bereits bei den wiederholten Vorstellungen in der Uniklinik Tübingen angegeben, dass es unter Belastung zu vermehrten abdominellen Beschwerden kommt. Bei der Begutachtung durch Prof. Dr. A. traten die Beschwerden nach einer Belastung auf dem Fahrradergometer von 50 Watt mit zwei Minuten und zwei Minuten bei 75 Watt auf. Die Klägerin hat im Erörterungstermin vom 24.03.2014 angegeben, dass sie bei der von ihr durchgeführten leichten Tätigkeit mit vier Stunden täglich an ihre Belastungsgrenze kommt. Entsprechend hat sie bei den Alltagsaktivitäten und dem Tagesablauf geschildert, dass sie vormittags keine Hausarbeiten verrichtet und sich vor Aufnahme der Arbeit eine Stunde hinlegt, da sie sonst ihre Erwerbstätigkeit, die nachmittags durchgeführt wird, nicht durchhält. Im Hinblick darauf, dass weder eine Simulation noch eine Aggravation im Rahmen der insgesamt erfolgten vier Begutachtungen festgestellt wurde und die Klägerin sich die jetzige leichte Tätigkeit nach Eintritt des Leistungsfalls selbst gesucht hat, sind diese Angaben auch als glaubhaft zu werten. Hinzu kommen die Einschränkungen der Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet. Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass an dem Gutachten von Prof. Dr. E. vom 07.02.2013 zu kritisieren ist, dass er keine klare diagnostische Einschätzung vornimmt, sondern die Beschwerden der Klägerin als depressiv-adynames Syndrom qualifiziert und angibt, dass diagnostisch wahrscheinlich eine depressive Episode vorliege. Allein diese mangelnde Klarheit in diagnostischer Hinsicht führt jedoch nicht zur Unverwertbarkeit des Gutachtens. Die vorgenommene Leistungseinschätzung, dass die Klägerin nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich in leichten Tätigkeiten erwerbsfähig sein kann, deckt sich mit dem erhobenen psychischen Befund. Die Klägerin war bei der Untersuchung durch Prof. Dr. E. in ihrer Auffassungsgabe etwas verlangsamt und die Konzentrationsfähigkeit war reduziert. Störungen des Gedächtnisses waren nicht nachweisbar. Die affektive Schwingungsfähigkeit war eingeschränkt mit einem verflacht deprimierten Affekt. Der Antrieb war vermindert. Es bestand eine psychomotorische Hemmung mit objektivierbarer Verlangsamung. Der formale Gedankengang wies verlängerte Antwortlatenzen und Gedankenarmut auf. Diese Befunde rechtfertigen es, von einer eingeschränkten Belastbarkeit der Klägerin und einer Reduzierung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auszugehen. Bei der Klägerin besteht auch ein entsprechender Leidensdruck, da sie sich sowohl hinsichtlich der rezidivierenden abdominellen Beschwerden als auch im Hinblick auf die psychische Erkrankung in Behandlung befindet. Im Erörterungstermin vom 24.03.2014 hat die Klägerin angegeben, dass sie einmal wöchentlich den Facharzt für Psychotherapeutische Medizin Dr. D. aufsucht und einmal wöchentlich zur Krankengymnastik geht. Aus dem Gutachten von Prof. Dr. E. ist eine medikamentöse Behandlung mit dem Antidepressivum Citalopram ersichtlich. Dass diese medikamentöse Behandlung verbessert werden könnte, lässt nur eine Aussage darüber zu, dass insoweit eine Besserungsaussicht anzunehmen ist, führt jedoch nicht zur Annahme, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin uneingeschränkt ist oder dies bei optimaler medikamentöser Behandlung wäre.

Der abweichenden Leistungsbeurteilung von Dr. C. vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Dieser geht ebenfalls von einer persistierenden abdominellen Schmerzsymptomatik bei der Klägerin aus, kommt jedoch ohne nähere Begründung zu dem Ergebnis, dass diese sich bei körperlich leichten bis gelegentlich mittelschweren Tätigkeiten in quantitativer Hinsicht nicht auswirkt. Unklar bleibt jedoch, warum eine Schmerzsymptomatik, die sich nachweislich unter Belastung verschlechtert, nur bei körperlich schweren Tätigkeiten auftreten soll und eine längere leichte Tätigkeit, die im Fall der Klägerin zudem nahezu ausschließlich im Stehen oder Gehen ausgeführt werden müsste, nicht zu einer Zunahme der abdominellen Beschwerden führen soll.

Nach alldem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden.

Die Berufung der Beklagten musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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