L 6 U 5166/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 1658/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 5166/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11. Oktober 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht die Höhe der dem Kläger wegen eines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalles zu gewährenden Verletztenrente im Streit.

Der am 10.05.1956 in Anatolien/Türkei geborene Kläger verließ mit 15 Jahren seine Eltern und kam nach Deutschland, wo er zunächst bei seinem Bruder lebte. Er beendete hier eine in der Türkei bereits begonnene Ausbildung zum Schlosser und war in diesem Beruf bis zum Jahr 2009 versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 01.07.2010 bezieht der Kläger eine Dauerrente wegen voller Erwerbsminderung (vgl. Rentenbescheid vom 11.04.2014, Bl. 41 LSG).

Infolge eines im Zuständigkeitsbereich der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen erlittenen Arbeitsunfalles vom 02.06.1992 gewährte diese mit Bescheid vom 22.12.2009 wegen einer unfallbedingten Bewegungseinschränkung im linken unteren Sprunggelenk eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 10 vom Hundert (v. H.) (Bl. 580 Behördenakten - BA).

Am 29.04.2008 verunfallte der Kläger, als er im Rahmen seiner bei der Beklagten versicherten Tätigkeit als Schlosser für die Firma A. Werke GmbH, U., ein Lackiergestell mit dem Gabelhubwagen transportierte, dieses vom Hubwagen kippte und auf seinen rechten Unterschenkel fiel. Der Kläger wurde mit dem Notarzt in die Klinik A. E., G., gebracht, wo ein Quetschtrauma des rechten Unterschenkels, eine obere Sprunggelenksluxationsfraktur mit Außenknöchelfraktur Typ Weber C und Innenknöchelabrissfraktur sowie Weichteilverletzungen diagnostiziert und im Wege einer intramedullären Drahtosteosynthese der Fibulafraktur, einer offenen Reposition der Innenknöchelfraktur, einer Zugschrauben- und Kirschnerdrahtosteosynthese sowie einer additiven Stellschraubenosteosynthese operativ versorgt wurde (Bl. 83 BA). Nach Entlassung am 09.05.2008 erfolgte die weitere Behandlung bei Dr. B., E., der am 13.05.2008 nach Abnahme der Gipsschiene ein deutlich angeschwollenes rechtes Sprunggelenk, reizlose OP-Narben am Außen- und Innenknöchel sowie eine großflächige Nekrose über der distulären Fibula feststellte (Zwischenbericht vom 13.05.2008, Bl. 6 BA) sowie anlässlich der Nachuntersuchung am 04.08.2008 noch eine diskrete Schwellung am rechten Sprunggelenk bei reizlosen Wundverhältnissen sowie deutlich eingeschränkter Beweglichkeit des Sprunggelenks befundete. Er führte weiter aus, dass trotz ständiger Ermahnung das rechte Bein nicht vollständig belastet werde, der Kläger noch immer mit zwei Gehstützen gehe und krankengymnastische Übungen mit relativ wenig Erfolg durchführe (Zwischenbericht vom 06.08.2008, Bl. 65 BA). Auch zur Reha-Sprechstunde im M. Stuttgart erschien der Kläger am 18.08.2008 mit Hilfe von zwei Gehstöcken. Die klinische Untersuchung sowie die Auswertung der Unfallbilder, der postoperativen Versorgungsbilder sowie der im M. erstellten Röntgenbilder erklärten die verzögerte Belastungsaufnahme des rechten Beines nicht, es wurde ein stationäres Heilverfahren empfohlen (Bl. 85 BA).

Ab 26.08.2008 wurde daraufhin eine mehrwöchige Berufsgenossenschaftliche stationäre Weiterbehandlung (BGSW) in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. durchgeführt. Am 04.09.2008 wurde er von einem Mitarbeiter der Beklagten dort besucht und erkundigte sich nach einer Verletztenrente sowie der Möglichkeit einer Haushaltshilfe. In Zeiten, in denen seine Frau in die Türkei verreist gewesen sei, habe er eine Verwandte gebeten, ihm im Haushalt zu helfen. Weil er auf die Gehstützen angewiesen gewesen sei, habe er im Haushalt nichts tun können. Am 29.09.2008 wurde nach kompletter Durchbauung der Sprunggelenksfraktur das einliegende Metall entfernt (Bl. 191 BA). Die klinische Untersuchung am 23.10.2008 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. ergab eine regelrechte periphere Durchblutung, Motorik und Sensibilität im Bereich des rechten Fußes, die Weichteile im Bereich des rechten oberen Sprunggelenks imponierten insgesamt als reizlos, es zeigte sich kein Erguss, kein Ödem sowie kein Hämatom. Die Mobilität im Bereich des rechten oberen Sprunggelenks betrug für Extension/Flexion 15-0-30 Grad bei freiem unteren Sprunggelenk. Die radiologische Untersuchung des rechten oberen Sprunggelenks zeigte die ehemalige bimalleoläre Sprunggelenks-Fraktur als ossär konsolidiert, der Gelenkspalt erschien regelrecht, die Malleolengabel symmetrisch (Zwischenbericht vom 27.10.2008, Bl. 215 BA).

Am 10.11.2008 wurde eine Belastungserprobung begonnen, zunächst bis 16.11.2008 mit 3 Stunden arbeitstäglich, sodann bis 30.11.2008 mit 4 Stunden und daraufhin bis 07.12.2008 mit 6 Stunden arbeitstäglich. Am 10.11.2008 teilte der Kläger der Beklagten telefonisch mit, er habe nach eineinhalb Stunden die Arbeit wegen Schmerzen im Fuß und Rücken aufgeben müssen. Auf Nachfrage teilte die Betriebsärztin Dr. B. mit, sie habe versucht, den Kläger dazu zu motivieren, am nächsten Tag die Belastungserprobung nochmals aufzunehmen. Auf telefonische Nachfrage bei Dr. B. gab dieser an, der Kläger sei ihm als problematischer Patient bekannt, bereits 1992 sei es ein Drama gewesen, den Kläger wieder zur Arbeit zu bringen. In einem weiteren Telefonat gab der Kläger an, er wolle nach Rücksprache mit Dr. D., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T., die Belastungserprobung mit 1 ½ bis 3 Stunden bis zur turnusmäßigen Wiedervorstellung in Tübingen am 20.11.2008 fortsetzen (Bl. 226 BA). Anlässlich der am 20.11.2008 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Tübingen erfolgten Untersuchung sowie Sichtung der vorgelegten radiologischen und computertomographischen Aufnahmen ließen sich die vom Kläger geklagten Beschwerden anatomisch morphologisch nicht verifizieren. Im Zwischenbericht vom 24.11.2008 wird darauf hingewiesen, dass bei dem Kläger nach der Metallentfernung am 29.09.2008 eine dreiwöchige stationäre Reha-Maßnahme sowie danach eine vierwöchige weitere ambulante Reha-Maßnahme mit intensiver Physio-, Ergo- und Ballneotherapie durchgeführt worden sei. Bei erneutem Scheitern der verlängerten Arbeitsbelastungserprobung werde empfohlen, den Eintritt des Verharrungszustandes zum 18.12.2008 festzustellen (Bl. 249 BA). In einem Gespräch zwischen Dr. D., Dr. K., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T., und einer Mitarbeiterin der Beklagten teilte Dr. D., der den Kläger am 20.11.2008 untersucht hatte, mit, dass dieser weiter über Schmerzen klage und eine Steigerung der Belastungserprobung nicht möglich sei. Der Arbeitgeber habe ihm vorübergehend eine leichtere Tätigkeit angeboten, der Kläger habe dies jedoch abgelehnt, da er überzeugter Schlosser sei und unbedingt als Schlosser habe arbeiten wollen. Der Kläger habe seine Beschwerden demonstriert und sei dabei auf dem falschen Fuß gehumpelt, d.h. er habe den rechten - verletzten - Fuß stark belastet (Gesprächsnotiz vom 21.11.2008, Bl. 240 BA).

Die Betriebsärztin Dr. D. teilte auf telefonische Nachfrage der Beklagten am 08.12.2008 mit, der Kläger habe bis auf den ersten Tag der Belastungserprobung nie die Soll-Zeit eingehalten. Er sei jeden Tag in die Sanitätsstelle gekommen und habe über seine Schmerzen und ein schiefes Gangbild geklagt. Der Kläger sei am 08.12.2008 nicht um 8.00 Uhr zur Belastungserprobung erschienen. Als er um 10.00 Uhr auf der Sanitätsstelle erschienen sei, habe er zur Begründung für den verspäteten Arbeitsantritt angegeben, er habe um 8.00 Uhr in die Moschee gehen müssen, da ein hoher islamischer Feiertag sei. Er habe es nicht fertig gebracht, hierüber zuvor seinen Meister oder einen Kollegen zu informieren (Gesprächsnotiz vom 08.12.2008, Bl. 266 BA).

Anlässlich eines Gesprächs in der ambulanten Sprechstunde der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. am 18.12.2008 teilte Dr. F., Oberarzt, mit, dass die Fraktur knöchern fest verheilt und ein Verharrungszustand in den Unfallfolgen eingetreten sei. Dem Kläger werde geraten, den rechten Fuß normal im Alltag und bei der Arbeit zu benutzen sowie nicht zu schonen. Aus medizinischer Sicht liege Arbeitsfähigkeit vor, eine MdE von 20 v. H. werde voraussichtlich verbleiben. Der Kläger klagte über Schmerzen und Schwellneigung, trug seinen Kompressionsstrumpf am Untersuchungstag jedoch nicht. Es wurde vereinbart, dass die Belastungserprobung am 19.12.2008 ende und Arbeitsfähigkeit ab 22.12.2008 vorliege (Aktenvermerk vom 18.12.2008, Bl. 270 BA).

Mit Bescheid vom 19.12.2008 stellte die Beklagte fest, dass der Anspruch auf Verletztengeld mit Ablauf des 21.12.2008 ende. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2009 zurückgewiesen. Die hiergegen beim Sozialgericht Ulm (SG) erhobene Klage (S 11 U 2566/09) haben die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.05.2011 für erledigt erklärt (Sitzungsniederschrift vom 11.05.2011, Bl. 89 SG).

Bei der weiteren Vorstellung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. brachte der Kläger am 18.12.2008 vor, persistierende Beschwerden zu haben und höchstens 3 bis 3 ½ Stunden täglich die Arbeits-Belastungserprobung durchführen zu können. Er habe sich täglich bei seiner Betriebsärztin vorgestellt, um die Schmerzen zu demonstrieren. Bei der klinischen Untersuchung zeigten sich reizlose Weichteilverhältnisse mit der Narbe über dem Außenknöchel. Die Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk war mit 25-0-35 Grad gegenüber der Gegenseite nur geringgradig eingeschränkt, die Beweglichkeit des unteren Sprunggelenks zu dreiviertel gegenüber 1/1 eingeschränkt. Das Gangbild war flüssig mit dezent rechtsbetontem Schonhinken. Auch angesichts der zuletzt durchgeführten radiologischen Kontrollen konnten die Beschwerden des Klägers nicht objektiviert werden (Zwischenbericht vom 19.12.2008, Bl. 291 BA).

Am 28.01.2009 stellte sich der Kläger bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vor, der eine depressive Anpassungsstörung vor dem Hintergrund wohl chronischer Schmerzen bei Zustand nach Sprunggelenksfraktur rechts diagnostizierte. Der Kläger fühle sich am Arbeitsplatz überfordert und habe Versagensängste entwickelt, er arbeite wohl derzeit 5 Stunden am Tag. Dr. H. verordnete Mirtazapin AL 15 mg in der Dosierung ½-½-0-1 (Bl. 119 SG).

Dr. B. stellte am 30.01.2009 ein noch deutlich angeschwollenes rechtes Sprunggelenk sowie eine eingeschränkte Beweglichkeit fest. Außerdem führte er in seinem Zwischenbericht vom 30.01.2009 aus, dass der Kläger freiwillig nur 6 Stunden am Tag arbeite, eine MdE in rentenberechtigender Höhe bestehe und zur Zeit keine Therapie erforderlich sei. Der Kläger sei weiter arbeitsfähig und in der Lage, seine bisherige Tätigkeit uneingeschränkt auszuüben (Bl. 347 BA).

Dr. K., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T., teilte am 20.02.2009 der Beklagten telefonisch mit, der Kläger habe sich am 19.02.2009 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik vorgestellt. Der rechte distale Unterschenkel und die Sprunggelenksregion seien deutlich geschwollen gewesen. Röntgenologisch sei eine etwas unruhige Gelenkfläche aufgefallen, möglicherweise als Zeichen einer beginnenden posttraumatischen Arthrose. Auch ein leichter Drehfehler der Fibula sei nicht sicher auszuschließen. Die Beschwerden des Kläger seien glaubhaft und nachvollziehbar. Eine Besserung der Beschwerden sei nicht mehr zu erwarten. Es handle sich um einen Verharrungszustand. Eine Umsetzung an einen leichteren Arbeitsplatz sei wünschenswert. Die MdE betrage nach vorläufiger Schätzung 10 v. H. (Bl. 372 BA).

Bei seiner Vorstellung am 26.03.2009 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. gab der Kläger an, dass sich die Beschwerden durch die Verordnung des neuen Kompressionsstrumpfes etwas gebessert hätten. Er könne die 5 ½ Stunden am Stück jedoch kaum durchhalten. Weiter wird in dem Zwischenbericht vom 01.04.2009 ausgeführt, der Kläger sei auf tägliche Schmerzmitteleinnahme im Bereich der Maximaldosierung von Ibuprofen und Novalgin angewiesen, um seinen Arbeitsalltag durchzustehen. Bei der klinischen Untersuchung habe sich eine mäßige Schwellung im Bereich des rechten distalen Unterschenkels gezeigt. Die Verhärtung der Weichteile sei immer noch vorhanden gewesen, jedoch durch die Krankengymnastik bereits etwas gebessert. Die Beweglichkeit des oberen Sprunggelenkes sei mit 10-0-30 Grad unverändert gewesen. Die Narben seien nicht mehr erhaben und nur noch leicht gerötet, es bestehe jedoch noch eine deutliche Berührungsempfindlichkeit im Bereich der Narben. Für den Kläger sei dringend die Umsetzung innerbetrieblich an einen leichteren Arbeitsplatz angezeigt (Bl. 417 BA).

Anlässlich eines am 15.04.2009 im Rehabilitationszentrum für Unfallchirurgie und Neurologie M. durchgeführten arbeitsplatzspezifischen Testverfahrens schilderte der Kläger als sein Hauptproblem ein vermindertes Abrollverhalten auf beiden Seiten (rechts mehr als links) und klagte weiterhin über eine Schwellneigung am Abend nach Belastungen. Nach Durchführung des Testverfahrens wurde festgestellt, dass bei dem Kläger erhebliche Bewegungseinschränkungen im rechten Sprunggelenk sowie hoch angegebene Schmerzwerte bestünden, die eine vollschichtige Rückführung in die vor dem Unfall durchgeführte Tätigkeit erschwerten. Während des Testverfahrens seien sowohl in der Befunderhebung als auch in der Testung der körperlichen Leistungsfähigkeit Unstimmigkeiten aufgefallen. Unter therapeutischer Beobachtung sei ein starker Hinkmechanismus mit seitlichem Abstützen bei deutlich verlangsamtem Tempo demonstriert worden. Bei Nichtbeobachtung habe sich zwar weiterhin ein hinkendes, aber qualitativ verbessertes Gangbild bei erhöhtem Tempo gezeigt. Außerdem widersprächen sich die Schmerzangaben beim Treppensteigen und der Einbeinstand habe bei der körperlichen Untersuchung gar nicht demonstriert, während der Testung jedoch gezeigt werden können. Ferner seien die Defizite auf der nicht verletzten Seite des Sprunggelenkes sehr hoch, wobei beim Hubwagenziehen und Schieben genau mit dieser Seite initial verstärktes Abdruckverhalten gezeigt worden sei (AS-Testbericht vom 16.04.2009, Bl. 419 BA).

Bei der Untersuchung am 28.05.2009 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. wurde eine minimale Befundverbesserung festgestellt und ausgeführt, der Kläger habe am Vortag wieder wie aus heiterem Himmel starke Schmerzen im Bereich des distalen Unterschenkels ausstrahlend bis zum Fuß rechts festgestellt. Es hätten sich noch Verhärtungen und Vernarbungen vor allem im Bereich der Peronaeus-Muskulatur gezeigt. Der Kläger arbeite weiterhin 5 ½ Stunden täglich und gleiche den Rest durch sein Überstundenkonto aus (Zwischenbericht vom 05.06.2009, Bl. 494 BA).

Sodann holte die Beklagte auf ausdrücklichen Wunsch des Klägers bei Dr. B. ein erstes Rentengutachten vom 29.06.2009 ein. Darin wird unter anderem ausgeführt, dass der Kläger sich wohl nun zusätzlich in psychiatrischer Behandlung befinde. Entsprechende Beschwerden wurden im Rahmen der Anamnese jedoch nicht geklagt. Im Rahmen der Medikamentenanamnese gab der Kläger Ibuflam und Novalgin 500 sowie ein Magenschutzpräparat sowie weiter an, ein Psychiater habe ihm ein Antidepressivum verschrieben, das er jedoch nicht einnehmen würde. Dr. B. nannte als wesentliche Unfallfolgen eine Bewegungseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenks, Narbenbildung rechtes oberes Sprunggelenk sowie eine Schwellneigung des oberen Sprunggelenks und distalen Unterschenkels rechts. Die durch die Verletzungsfolgen bedingte MdE sei für die Zeit vom 01.01. bis 15.06.2009 auf 20 v. H. und für die Zeit vom 16.06.2009 für die Dauer von 2 Jahren nach dem Unfallereignis ebenfalls auf 20 v. H. sowie für die Folgezeit auf 10 v. H. einzuschätzen (Bl. 496 BA).

Mit Bescheid vom 28.07.2009 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalles eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v. H. ab 22.12.2008. Als Unfallfolgen wurden rechtsseitig eine Bewegungseinschränkung des oberen und unteren Sprunggelenkes, Schwellneigung des oberen Sprunggelenkes und des körperfernen Unterschenkels, Empfindungsstörungen im Bereich des körperfernen Unterschenkels und im Knöchelbereich sowie belastungsabhängige Beschwerden nach Sprunggelenksbruch mit Außenknöchel- und Innenknöchelabrissbruch anerkannt. Unabhängig von dem Arbeitsunfall lägen als Gesundheitsbeeinträchtigungen Folgen des Unfalles vom 02.06.1992 im Zuständigkeitsbereich der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen sowie psychische Gesundheitsbeeinträchtigungen vor (Bl. 532 BA). Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und vertrat die Auffassung, es stehe ihm weiterhin Verletztengeld und somit keine Rente im Hinblick auf den fraglichen Betriebsunfall zu (Bl. 555 BA). Hierzu teilte die Beklagte dem Kläger mit, im Falle einer über den 21.12.2008 hinausgehenden Verletztengeld-Zahlung würde die ab 22.12.2008 zugesprochene Verletztenrente auf das dann zu zahlende Verletztengeld angerechnet, so dass es des Widerspruchs nicht bedürfe.

Am 22.12.2009 teilte der Kläger der Beklagten telefonisch mit, er befinde sich seit Anfang Juni 2009 wegen psychischen Beschwerden im C. in G. in Behandlung (Gesprächsnotiz vom 22.12.2009, Bl. 577 BA). Im Arztbrief des C. G. vom 07.10.2009 wird von einer stationären Behandlung vom 06.10. bis 11.12.2009 (schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome, F 32.2, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, F 45.41) sowie einer nachfolgenden tagesklinischen Behandlung berichtet. Der Kläger habe große Schwierigkeiten gehabt, sich in der Tagesklinik einzufinden, speziell das Zusammensein mit den anderen Teilnehmern und die wenigen Rückzugsmöglichkeiten seien für ihn schwierig gewesen. Er habe sich nach anfänglichen Schwierigkeiten bemüht, sich mehr in die Gruppen und die soziale Gemeinschaft einzubringen, was ihm sichtbar schwer gefallen sei. Diese Bemühungen hätten gegen Ende des tagesklinischen Aufenthaltes wieder nachgelassen. Themen in den Gesprächsgruppen und Einzelgesprächen seien aggressive Tendenzen vor allem im Zusammenhang mit Kränkungen (Begutachtung, Arbeitsplatzsituation, Familie) und die fortbestehende depressive Symptomatik in Kombination mit den anhaltenden Schmerzen gewesen. Der Kläger habe selber angegeben, nicht viel von dem tagesklinischen Aufenthalt profitiert zu haben (Bl. 593 BA).

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.2010 verwarf die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28.07.2009 als unzulässig. Die hiergegen beim Sozialgericht Ulm (SG) eingelegte Klage (S 11 U 1006/10) erklärten die Beteiligen ebenfalls in der mündlichen Verhandlung vom 11.05.2011 übereinstimmend für erledigt.

In seinem weiteren Rentengutachten vom 25.03.2010 führte Dr. B. aus, es sei bei Darstellung des Gangbildes ein deutliches Schonhinken demonstriert worden, der Einbeinstand beidseits sei unter Schwierigkeiten möglich gewesen, ein Zehenspitzenstand oder Hackenstand sei nicht vorgeführt worden, die Ausführung einer Kniebeuge sei nicht vollständig erfolgt. Es habe sich keinerlei Schwellneigung gegen 14.00 Uhr im Bereich des rechten Unterschenkels gefunden, ebenso wenig hätten Lymphödeme oder eine Eindrückbarkeit bestanden. Es habe im Vergleich zur Gegenseite ein seitengleicher Weichteilbefund bezüglich Schwellneigung oder Ödemen bestanden. Die Beweglichkeit des rechten oberen Sprunggelenks gab Dr. B. mit 5-0-10 Grad an, die des linken oberen Sprunggelenks mit 10-0-15 Grad an. Die Gesamtbeweglichkeit des rechten unteren Sprunggelenkes betrage 4/7, die des linken unteren Sprunggelenkes 5/7. Bei der Befragung und Untersuchung des Klägers sei eine deutliche Diskrepanz zwischen den geklagten Beschwerden und den vorgefundenen Befunden entstanden, zumindest bezüglich der geklagten Schwellneigung, die in keiner Weise nachweisbar gewesen sei. Ob die geklagte Bewegungseinschränkung den realen Verhältnissen entspreche oder ob eine massive Aggravations-Tendenz bestehe, könne von seiner Seite aus nicht sicher eingeschätzt werden, eine formale Denkstörung des Klägers sei sicher auszuschließen. Dr. B. schätzte die MdE über das zweite Jahr hinaus mit 15 v. H. ein (Bl. 635 BA).

Im Verletztengeld-Verfahren (S 11 U 2566/09) holte das SG auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei dem Facharzt für Psychiatrie Dr. H., C. G., das Gutachten vom 20.04.2010 ein. In dem durch den Assistenzarzt Dr. Ö. und PD Dr. H., von beiden Ärzten mit dem Zusatz "aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung einverstanden" unterzeichneten Gutachten wird unter anderem ausgeführt, bei der Persönlichkeit des Klägers überwiegten depressive und narzisstisch kränkbare Züge. Die Schwierigkeit bestehe in der Abgrenzung, mit welchen Anteilen drei wesentliche Faktoren, nämlich prämorbide Vulnerabilität, Trauma und posttraumatische Bewältigungsstrategien wirksam seien. Eine Traumatisierung, wie sie der Kläger bei dem Unfallereignis 2008 erlitten habe, würde für sich allein betrachtet bei den meisten Menschen nicht zu einem länger andauernden Schmerzsyndrom führen. Der Schmerz sei nicht organisch bedingt, die psychischen Veränderungen seien keine schmerzbedingten Belastungsreaktionen und auch keine direkte bewusste Begehrenshaltung. Vielmehr erscheine die Ausprägung des depressiven und somatoformen Syndroms im Wesentlichen auf eine erhöhte Vulnerabilität zurückzuführen, die sich insbesondere in unzureichenden Kompensationsmechanismen für erlittene Kränkungen ausdrücken würde. Ohne die spezifische Vulnerabilität und die besonderen Kompensationsmechanismen des Klägers sei eine psychische Beeinträchtigung durch den Unfall nicht abzuleiten, da es bei den meisten Menschen nicht zu vergleichbaren Folgeschäden gekommen wäre. Diagnostiziert wurde eine mittelschwere depressive Episode ohne psychotische Symptomatik (F 22.2), eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, die durch eine körperliche Störung nicht vollständig erklärt werden könne (F 45.4) sowie eine Persönlichkeitsentwicklungsstörung mit narzisstischen, asthenischen und depressiven Zügen (F 61.0). Die Persönlichkeitsentwicklungsstörung und die damit zusammenhängenden persönlichkeitsbedingten mangelnden Kompensationsmechanismen seien ursächlich im Zusammenhang mit den beiden Unfallereignissen zu sehen. Ohne die spezifische zugrundeliegende Vulnerabilität, d.h. die zugrundeliegende Persönlichkeitsentwicklungsstörung, wäre eine psychische Beeinträchtigung durch das Unfallereignis vom 29.04.2008 nicht abzuleiten, da es bei den meisten Menschen nicht zu vergleichbaren Folgeschäden bei derartigen Unfallereignissen gekommen wäre. Insofern sei die Persönlichkeitsstörung durch den Arbeitsunfall zumindest wesentlich verschlimmert worden. Dieser Einschätzung ist Prof. Dr. S. in seiner von der Beklagten eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 25.05.2010 entgegengetreten (Bl. 60 SG).

Vom 12.05. bis 02.06.2010 befand sich der Kläger wiederum in stationärer Behandlung im C. G. (chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, F 45.4, abnorme Gewohnheit und Störung der Impulskontrolle, nicht näher bezeichnet, F 63.9, mittelgradige depressive Episode, F 32.1, Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung, F 43.1, Verdacht auf sonstige spezifische Persönlichkeitsstörungen, F 60.8, Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung, Z 73, Zustand nach Bandscheibenvorfall HWS (M 51.2). Zu Therapie und Verlauf der Behandlung wird im Arztbrief vom 18.06.2010 ausgeführt, der Kläger habe in den Einzelgesprächen adäquat die massive persönliche Kränkung dadurch, dass er jahrelang sehr fleißig und zuverlässig gearbeitet habe und dass jetzt, wo er durch einen Unfall am Arbeitsplatz so schwer geschädigt sei, er nichts mehr wert sei, geschildert. Diese persönliche Kränkung sei zum Teil durch Kommentare von Mitarbeitern und dem Chef, aber auch durch gescheiterte Wiedereingliederungsmaßnahmen und durch Begebenheiten in den Begutachtungen und dem subjektiv empfundenen prolongierten Gerichtsverfahren entstanden. Hierbei habe der Kläger insbesondere eine Situation geschildert, in der ein Mitarbeiter der Beklagten ihm unterstellt habe, auf der falschen Seite zu humpeln, was den Kläger auch jetzt noch im Einzelgespräch extrem in Rage gebracht und massive fremdaggressive Gedanken zu Tage gefördert habe. Im Versuch, den Kläger in die Richtung zu motivieren, sein Leben und das Gerichtsverfahren etwas getrennter zu betrachten und nicht sein vollständiges Wohlbefinden vom Ausgang und vom Verlauf des Rechtsstreites abhängig zu machen, sei er kaum zugänglich gewesen, da sich gegenwärtig nahezu alle seine Gedanken auf diese Begebenheiten stützten. Trotz der weiterhin bestehenden Problematik, auch im familiären Bereich, habe sich der Kläger während des Aufenthaltes stabilisieren und vom Setting profitieren können, es sei jedoch anzunehmen, dass er im häuslichen Sektor wieder schnell in die bekannte regressive Haltung zurückfalle (Bl. 757 BA).

Mit hier streitgegenständlichem Bescheid vom 27.04.2010 gewährte die Beklagte dem Kläger anstelle der bisherigen Rente als vorläufige Entschädigung eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 15 v. H. und stellte als Unfallfolgen rechts eine Bewegungseinschränkung des oberen und unteren Sprunggelenkes, Schwellneigung im Bereich des Unterschenkels sowie des Innen- und Außenknöchels, Empfindungsstörungen im Bereich des Außenknöchels sowie belastungsabhängige Beschwerden fest. Die Folgen des Unfalles vom 02.06.1992 im Zuständigkeitsbereich der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (Quetschung linker Mittelfuß) sowie psychische Gesundheitsbeeinträchtigungen wurden als unfallunabhängige Gesundheitsbeeinträchtigungen festgestellt (Bl. 665 BA).

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein (Bl. 702 BA), der durch Widerspruchsbescheid vom 20.07.2010 zurückgewiesen worden ist.

Im Verletztengeld-Klageverfahren legte der Kläger das sozialmedizinische Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 15.07.2010 vor (Bl. 751 BA). Hierin wird ein komplexes Störungsbild konstatiert, welches sich in der Folge unzureichend verarbeiteter Kränkungen durch einen (erneuten) Arbeitsunfall und die dadurch entstandenen psycho-physischen, familiären, beruflichen und finanziellen Einbußen entwickelt habe. Das chronifizierte Schmerzsyndrom sei dabei nur ein Teilaspekt des Störungsbilds, problematisch erscheine die pathologische Entwicklung mit Rückzugstendenzen, anhaltenden Störungen der Impulskontrolle, vor dem Hintergrund einer mutmaßlich bestehenden Persönlichkeitsentwicklungsstörung. Die bisherige, insgesamt durchaus intensive stationäre, tagesklinische und ambulante Behandlung habe keine Besserung der psychischen und somatischen Beschwerden ergeben, da eine Einstellungsänderung des Klägers trotz therapeutischer Bemühungen nicht geglückt sei.

Am 11.08.2010 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 27.04.2010 Klage beim SG erhoben. Das mit Beschluss vom 04.10.2010 zum Ruhen gebrachte Verfahren ist nach Wiederanrufung unter dem neuen Aktenzeichen S 11 U 1658/11 fortgeführt worden.

Das SG hat von Amts wegen bei Dr. B. das fachorthopädische Gutachten vom 14.09.2011 eingeholt. Dieser hat nach ambulanter Untersuchung des Klägers als Unfallfolgen eine Bewegungseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenks (0-0-30 Grad) sowie eine Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk rechts auf ½, eine Schwellneigung im Bereich des Unterschenkels sowie im Bereich der Knöchelregion rechts, im MRT bone-bruise im Talus und im Bereich der distalen Tibia als Hinweis auf einen persistierenden Reizzustand, belastungsabhängige Beschwerden, beschriebene Narben nach Weichteilquetschungen sowie Empfindungsstörungen im Bereich der Narben im Außenknöchelbereich festgestellt (Bl. 35 SG). Er hat die Funktionseinschränkung samt Muskelminderung im Unterschenkel und die Schwellung auf Höhe des Sprunggelenkes mit einer MdE von 10 v. H., aufgrund der hinzukommenden Gefühlsstörungen/Missempfindungen nach den erheblichen Weichteilverletzungen die MdE insgesamt mit 15 v. H. eingeschätzt und sich vollumfänglich den Vorgutachten angeschlossen, zu denen es keine Abweichungen gebe. Diese seien völlig korrekt und die entsprechenden Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden. Der sich in gutem Allgemeinzustand befindliche Kläger habe berichtet, sich mit dem Schreiben von Gedichten und Flechtarbeiten zu beschäftigen.

Sodann hat das SG den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. mit der Erstattung des nervenärztlichen Gutachtens vom 07.12.2011 beauftragt. Der Sachverständige hat eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige depressive Episode, eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie ein Wirbelsäulensyndrom ohne neurologisches Defizit diagnostiziert. Die depressive Störung und die chronische Schmerzstörung seien auf den Arbeitsunfall vom 29.04.2008 zurückzuführen. Bei der depressiven Störung i. V. m. der somatoformen Schmerzstörung handle es sich um eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, so dass die MdE - allein für die Störungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet - mit 30 v. H. eingeschätzt werde. Unfalltrauma und Vulnerabilität des Klägers seien für die Entstehung der psychischen Störung in etwa im gleichen Maße ursächlich (jeweils geschätzt auf 50 v. H.). Das Unfalltrauma habe einen Menschen mit besonderer Vulnerabilität für eine rezidivierende depressive Störung getroffen. Das Unfallereignis von 2008 habe eine depressive Anpassungsstörung induziert, aus der sich aufgrund der Vulnerabilität des Klägers eine rezidivierende depressive Störung entwickelt habe. Hier spielten auch genetische Faktoren und Störungen im Serotoninstoffwechsel eine Rolle, wie sie auch von Prof. Dr. S. angeführt worden seien. Der Kläger helfe auch bei der Hausarbeit, gehe gemeinsam mit der Ehefrau zum Einkaufen und habe auch vor wenigen Wochen eine Flugreise in die Türkei unternehmen können, seine Ehefrau und sein Enkelsohn seien ihm das Liebste.

In seiner von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 30.01.2012 hat Prof. Dr. S. eingewandt, es werde schon aus dem zeitlichen Ablauf klar, dass eine Anpassungsstörung in der Folge des Unfalles vom 29.04.2008 nicht eingetreten sei. Die Erstbehandler hätten überhaupt keine psychischen Auffälligkeiten festgestellt, psychische Beschwerden seien erstmals im Laufe des Jahres 2009 geltend gemacht worden, sie hätten auch damals nicht die Kriterien für eine Anpassungsstörung erfüllt. Dass 2011 noch eine Anpassungsstörung in der Folge eines Unfalles vom April 2008 vorliege, sei ebenfalls nicht möglich. Auch eine depressive Störung könne nicht diagnostiziert werden, da offensichtlich sei, dass außer den beklagten Schlafstörungen und gelegentlichen Todesgedanken die Kriterien hierfür nicht erfüllt seien. Schließlich könne eine rezidivierende depressive Störung nach medizinischem Kenntnisstand nicht durch ein Unfallereignis verursacht werden. Rezidivierende depressive Störungen entstünden entweder rein anlagebedingt aufgrund einer Fehlregulation des Serotonin-Stoffwechsels oder anlassbezogen bei Personen mit genetisch bedingter Vulnerabilität, dann aber bei allen möglichen widrigen Lebensereignissen, wobei dies lebensgeschichtlich konsistent verfolgbar sein solle. Darüber hinaus dauerten diese anlassbezogenen depressiven Episoden nicht länger als einige Wochen. Auch ein Schmerzsyndrom liege nicht gesichert vor, denn es fehle nach der klinischen Dokumentation an Hinweisen für ein Schmerzsyndrom, als da wäre eine Bewegungsminderung der abhängigen Gelenke, eine Minderung der Muskulatur oder Zeichen vegetativer Fehlregulation. Zum Ursachenzusammenhang fänden sich in den Gutachten keine nachvollziehbaren Ausführungen. Eine Sprunggelenksverletzung mit Weichteiltrauma sei grundsätzlich nicht geeignet, eine Depression oder eine Anpassungsstörung zu verursachen. Es würde dazu weit gravierenderer Gesundheitsstörungen bedürfen. Die Mitteilung des Sachverständigen, dass durch den Unfall ein psychoreaktiver Prozess in Gang gesetzt worden sei, sei rein spekulativ, denn es seien keine Befunde erhoben worden, die einen psychoreaktiven Prozess belegten. Auch die MdE-Einschätzung sei nicht nachzuvollziehen.

Schließlich hat das SG wiederum von Amts wegen Dr. Z., Kreiskrankenhaus H., mit der Erstattung des Gutachtens vom 23.05.2013 beauftragt. In dem von dem Assistenzarzt R. unterzeichneten und Dr. Z. mit Vermerk "aufgrund eigener Urteilsbildung mit der Begutachtung einverstanden" nachunterzeichneten Gutachten wird als Folge des Arbeitsunfalls vom 29.04.2008 eine schwere depressive Störung (F 32.2) und eine chronische Schmerzstörung (F 45.41) festgestellt. Die persönliche/individuelle Verletzbarkeit/Bewältigungsmöglichkeit (Vulnerabilität) des Klägers habe am Entstehen der festgestellten psychischen Gesundheitsstörungen keinen nennenswerten Anteil. Bei dem Kläger habe vor dem Unfallereignis eine seelische Gesundheit bestanden. Das Unfalltrauma sei für die Entstehung der psychischen Störung als ursächlich zu sehen. Die depressive Störung sei als stärker behindernde Störung zu sehen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Somit sähen sie einen Grad der Behinderung/MdE-Grad von 40.

Mit Urteil vom 11.10.2013 hat das SG entsprechend dem vom Kläger gestellten Antrag die Beklagte verurteilt, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 29.04.2008 Rente als Dauerrente nach einer MdE um 40 v. H. ab 01.05.2010 in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass die Beklagte auf orthopädischem Fachgebiet zutreffend eine Teil-MdE um 15 v. H. berücksichtigt habe. Hierbei hat sich das SG auf das im Verwaltungsverfahren eingeholte urkundlich verwertbare Gutachten des Dr. B. vom 25.03.2010 sowie das im Klageverfahren erstellte Gutachten des Dr. B. vom 14.09.2011 berufen. Beide Sachverständige hätten übereinstimmend die unfallbedingte MdE dauerhaft mit 15 v. H. eingeschätzt. Dies decke sich auch mit den Bewertungsansätzen in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur. Zusätzlich sei für die Funktionsbehinderungen aufgrund unfallbedingter psychischer Erkrankungen des Klägers eine Teil-MdE um mindestens 30 v. H. zu berücksichtigen. Der Unfall bzw. die Unfallfolgen seien mit Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich für das Auftreten einer depressiven Störung und einer chronischen Schmerzstörung. Insoweit hat sich die Kammer auf die im Klageverfahren eingeholten nervenärztlichen Gutachten des Dr. D. und Dr. Z. gestützt, die einen Zusammenhang der depressiven Erkrankung und der chronischen Schmerzstörung mit dem Arbeitsunfall bejaht hätten. Beide Sachverständige hätten lediglich den Ausprägungsgrad der depressiven Störung unterschiedlich schwer bewertet. Maßgebend sei desweiteren, dass beide Sachverständige als Ursache der depressiven Störung nicht die Persönlichkeit des Klägers, sondern das Unfalltrauma angesehen hätten. Der persönlichen Vulnerabilität des Klägers hätten sie im Hinblick auf das Entstehen der psychischen Erkrankung keine überwiegende oder auch gleichwertige Bedeutung im Vergleich zum Unfalltrauma beigemessen. Dr. Z. habe sogar beschrieben, dass die Persönlichkeit des Klägers gar keinen nennenswerten Anteil am Entstehen dieser Erkrankung gehabt habe. Auch im Hinblick auf die hierdurch bedingte MdE hat sich das Gericht den Einschätzungen der Sachverständigen Dr. D. und Dr. Z. angeschlossen und - insbesondere aufgrund einer bereits bestehenden Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit des Klägers - die Teil-MdE jedenfalls mit 30 v. H. bewertet. Bei einer Teil-MdE um 15 v. H. auf orthopädischem Fachgebiet und einer Teil-MdE um mindestens 30 v. H. für die Auswirkungen der Depression und die Schmerzstörung sei bei integrierender Gesamtschau aller Funktionseinschränkungen die Zuerkennung einer Gesamt-MdE um 40 v. H. - wie vom Kläger beantragt - angemessen.

Gegen das der Beklagten am 30.10.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28.11.2013 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, das SG habe in seinem Urteil die beratungsärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. S. zum Gutachten des Sachverständigen Dr. D. nicht berücksichtigt. Stattdessen sei ein weiteres Gutachten bei Dr. Z. eingeholt worden, der jedoch lediglich die Diagnosen des C. G. übernommen und sich auf den Beschwerdevortrag des Klägers gestützt habe. Eigene Tatsachenfeststellungen habe der Gutachter nicht vorgenommen. Nicht nachzuvollziehen sei, wie Dr. Z. zu dem Schluss gelangt sei, dass das Unfalltrauma für die Entstehung der psychischen Störung als ursächlich zu sehen sei. Auch die MdE-Einschätzung des SG sei nicht nachzuvollziehen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11. Oktober 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er hat zur Begründung geltend gemacht, dass im Zuge der diversen sozialgerichtlichen Prozesse mehrfach Gutachten und ärztliche Stellungnahmen eingeholt worden seien. Sämtliche Gutachter, Befundberichte, Arztbriefe und Klinikberichte seien übereinstimmend zu den in dem Gutachten von Dr. Z. im einzelnen dargestellten Diagnosen gekommen. Dies gelte auch für das Vorgutachten von Dr. D., der jedoch insoweit davon abgesehen habe, seine Diagnose nach Schlüsseln der üblichen Diagnosesysteme darzustellen, was so auch vom Gericht erster Instanz kritisch gesehen worden sei und unter anderem dazu Anlass gegeben habe, ein Zweitgutachten bei Dr. Z. einzuholen. Zwar möge zutreffend sein, dass im Text des Gutachtens von Dr. Z. nicht stets klar zwischen den Ergebnissen der nervenärztlichen Exploration und den im Laufe des langen Verfahrens erstellten weiteren Gutachten, den vorgelegten Arztbriefen, Befundberichten, Klinikberichten usw. unterschieden werde. Der die Beklagte beratende Arzt Prof. Dr. S. habe zu keinem Zeitpunkt eine nervenärztliche Exploration des Klägers vorgenommen, diesen nie selbst untersucht, so dass sich dessen Tätigkeit vielmehr ausschließlich darauf beschränke, angebliche Fehler und Unschlüssigkeiten in den Darstellungen der behandelnden Ärzte des Klägers und den zu einem anderweitigen Ergebnis führenden Gutachten aufzuzeigen. Mangels eigener Exploration sei Prof. Dr. S. von vornherein nicht dazu in der Lage, eine abschließende Einschätzung der Persönlichkeit, des Krankheitsbildes und letztlich auch der Frage der Kausalität zwischen Unfallereignis und Erkrankung des Klägers abzugeben. Prof. Dr. S. gehe von falschen Voraussetzungen aus, wenn er lediglich einen unwesentlichen, leichten Unfall annehme. Er verkenne, dass das Unfallgeschehen an sich objektiv für den Kläger unmittelbar lebensbedrohlich gewesen sei. Der Unfall habe sich ereignet, indem beim Abladen eines Warenträgers eine Hubameise mit dem Warenträger umgekippt und auf den Kläger gefallen sei. Die Verletzung des Klägers sei derart erheblich gewesen, dass er mit dem Notarzt in die Klinik habe gebracht werden müssen. Wäre die Hubameise und der Warenträger nur wenige Zentimeter weiter in Richtung des Klägers gefallen, hätte dieser keine Überlebenschance gehabt.

Der Senat hat Dr. H. und Dr. Z. zum Zustandekommen ihrer jeweiligen Gutachten befragt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die vorgelegten Behördenakten (3 Bände), die beigezogenen Gerichtsakten des SG (S 10 U 4565/08, S 11 U 2566/09, S 11 U 1006/10, S 11 U 2827/10, S 11 U 1658/11, S 11 SB 817/13) sowie die Gerichtsakte des LSG verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 SGG form- und fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Ihr Bescheid vom 27.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat aufgrund des hier allein streitgegenständlichen Arbeitsunfalls vom 29.04.2008 keinen Anspruch auf eine höhere als die von der Beklagten gewährte Rente nach einer MdE um 15 v. H.

Rechtsgrundlage für die Gewährung einer Verletztenrente sind vorliegend die §§ 2, 7, 8, 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII).

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), das heißt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII). Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).

Unstreitig stellt das Ereignis vom 29.04.2008 einen Arbeitsunfall dar, aufgrund dessen die Beklagte bereits verschiedene Leistungen erbracht (z. B. Heilbehandlung, Verletztengeld) und mit dem streitgegenständlichen Bescheid auch eine Verletztenrente nach einer MdE um 15 v. H. bewilligt hat. Einen Anspruch auf eine höhere Verletztenrente könnte der Kläger nur dann geltend machen, wenn entweder die anerkannten Unfallfolgen eine höhere MdE bedingten oder weitere bislang nicht festgestellte Unfallfolgen bestünden, die Einfluss auf die Höhe der MdE hätten. Auch ohne vorherige förmliche Feststellung solcher Unfallfolgen durch die Beklagte kann der Kläger unmittelbar eine höhere Verletztenrente im Wege der Leistungsklage erstreiten; es ist dann im Rahmen dieser Leistungsklage über das Bestehen weiterer Unfallfolgen inzident zu entscheiden.

Weder sind die bereits anerkannten Unfallfolgen indes vorliegend mit einer höheren MdE zu bewerten noch sind weitere Unfallfolgen festzustellen.

Hinsichtlich der von der Beklagten mit Bescheid vom 27.04.2010 anerkannten Unfallfolgen, nämlich einer rechtsseitigen Bewegungseinschränkung des oberen und unteren Sprunggelenkes, Schwellneigung im Bereich des Unterschenkels sowie des Innen- und Außenknöchels, Empfindungsstörungen im Bereich des Außenknöchels sowie belastungsabhängigen Beschwerden, mithin sämtlich Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet, ist die von der Beklagten angenommene MdE um 15. v. H. ab 01.05.2010 rechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat stützt sich insoweit ebenso wie bereits das SG auf das im Verwaltungsverfahren eingeholte, hier urkundlich zu verwertende, Rentengutachten des Chirurgen und Orthopäden Dr. B. vom 25.03.2010, in dem er in Abweichung zu seinem vorherigen Rentengutachten vom 29.06.2009 nicht mehr für die Dauer von 2 Jahren ab 16.06.2009 und somit bis zum 16.06.2011 die MdE mit 20 v. H., sondern aufgrund seiner neueren Untersuchungsergebnisse vom 16.03.2010 über das zweite Jahr hinaus, also ab 29.04.2010, die MdE nur noch mit 15 v. H. bewertet hat. Diese Einschätzung wird durch den im erstinstanzlichen Verfahren von Amts wegen mit der Erstattung des fachorthopädischen Gutachtens vom 14.09.2011 beauftragten Sachverständigen Dr. B. bestätigt, der dem Senat als versierter forensischer Gutachter bekannt ist und der sich vollumfänglich den Vorgutachten, zu denen er keinerlei Abweichungen festzustellen vermocht hat, angeschlossen und ebenfalls eine MdE um 15 v. H. angenommen hat. Die Richtigkeit dieser Bewertung wird darüber hinaus durch die hier einschlägige unfallversicherungsrechtliche Literatur bestätigt, wonach die - hier von Dr. B. ermittelte - Bewegungseinschränkung des oberen - hier rechten - Sprunggelenks auf 0-0-30 Grad (Normalwert 20/30-0-40/50 Grad) mit einer MdE um 10 v. H. bewertet wird (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, 2010, S. 678 f.). Dieselbe Bewegungseinschränkung findet sich am linken oberen Sprunggelenk. Diese wurde von der BG für Fahrzeughaltungen mit dem Unfall vom 02.06.1992 in Kausalzusammenhang gebracht und mit einer MdE um 10 v. H. bewertet. Der Senat hält es mit den genannten Fachärzten Dr. B. und Dr. B. für gerechtfertigt, aufgrund der durch das Unfallereignis vom 29.04.2008 verursachten weiteren Bewegungseinschränkung im rechten unteren Sprunggelenk und der durch die Weichteilverletzungen bedingten Gefühlsstörungen und Missempfindungen sowie der, allerdings nur geringgradigen, Muskelminderung im Unterschenkel (- 1 cm) und Umfangsmehrung auf Höhe der Knöchelgabel (+ 1 cm) die MdE auf 15 v. H. anzuheben. Eine höhere MdE aufgrund der orthopädischen Funktionsbeeinträchtigungen hält der Senat nicht für begründbar, nachdem sich die Sachverständigen hinsichtlich der MdE-Bewertung einig sind, die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers im Vergleich zu einer völligen Versteifung des oberen oder unteren Sprunggelenkes, die von der unfallversicherungsrechtlichen Literatur mit einer MdE um 20 v. H. bewertet wird (vgl. Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 12. Auflage, 2009, S. 166; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O.) deutlich geringwertiger sind und der Kläger selbst der von den Sachverständigen vorgenommenen Einschätzung keine substantiierten Einwendungen entgegen gehalten hat. Nachdem die Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid eine Verletztenrente nach einer MdE um 15 v. H. gewährt hat, kann offen bleiben, ob dem tatsächlichen Gesundheitszustand des Klägers nicht eine bessere Beweglichkeit des rechten Sprunggelenkes entspricht. Entsprechende Zweifel könnten deshalb bestehen, weil der Kläger zu einem früheren, dem Unfallereignis zeitlich näheren Zeitpunkt eine deutlich bessere Beweglichkeit im oberen und unteren Sprunggelenk gezeigt hatte und eine medizinische Erklärung für eine Verschlechterung der Beweglichkeit im weiteren Verlauf nicht vorliegt. So ist im Zwischenbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vom 19.12.2008 nämlich die Beweglichkeit des rechten oberen Sprunggelenkes mit 25-0-35 Grad angegeben und somit annähernd normalbeweglich befundet worden und die Beweglichkeit des unteren Sprunggelenkes war lediglich zu dreiviertel gegenüber 1/1 eingeschränkt.

Weitere, durch das Unfallereignis vom 29.04.2008 wesentlich verursachte Gesundheitsstörungen sind nicht hinreichend wahrscheinlich, insbesondere sind die psychischen Gesundheitsstörungen des Klägers nicht wesentlich durch das Unfallgeschehen verursacht. Der Senat hält daher anders als das SG eine höhere MdE als 15 v. H. nicht für gerechtfertigt.

Während die versicherte Tätigkeit, die Art und das Ausmaß des Unfallereignisses, der Gesundheitserstschaden und die hierdurch verursachten länger andauernden Unfallfolgen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden müssen, ist für die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität, welche nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen sind, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich (vgl. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftiger Weise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Dabei ist auf einer ersten Prüfungsstufe zu fragen, ob der Versicherungsfall eine naturwissenschaftlich-philosophische Bedingung für den Eintritt der Gesundheitsstörung ist. Dabei ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nach den einschlägigen Erfahrungssätzen nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat anhand des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen. Die Kausalitätsbeurteilung hat dabei auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, a. a. O.). Wenn festzustellen ist, dass der Versicherungsfall in diesem Sinne eine (von möglicherweise vielen) Bedingungen für den Erfolg ist, ist auf der ersten Prüfungsstufe weiter zu fragen, ob es für den Eintritt des Erfolgs noch andere Ursachen im Sinne der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie gibt; das können Bedingungen aus dem nicht versicherten Lebensbereich wie z.B. Vorerkrankungen, Anlagen, nicht versicherte Betätigungen oder Verhaltensweisen sein. Erst wenn sowohl der Versicherungsfall als auch andere Umstände als Ursache des Gesundheitsschadens feststehen, ist auf einer zweiten Prüfungsstufe rechtlich wertend zu entscheiden, welche der positiv festzustellenden adäquaten Ursachen für die Gesundheitsstörung die rechtlich "Wesentliche" ist (BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R -, a. a. O.).

Diese Grundlagen der Theorie der wesentlichen Bedingung gelten für alle als Unfallfolgen geltend gemachten Gesundheitsstörungen und damit auch für psychische Störungen. Die Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Unfallfolge und die Gewährung einer Verletztenrente für sie ist ebenso wie für andere Gesundheitsstörungen möglich. Denn auch psychische Reaktionen können rechtlich wesentlich durch ein Unfallereignis verursacht werden. Psychische Gesundheitsstörungen können nach einem Arbeitsunfall in vielfältiger Weise auftreten: Sie können unmittelbare Folge eines Schädel-Hirn-Traumas mit hirnorganischer Wesensänderung sein, sie können aber auch ohne physische Verletzungen, z. B. nach einem Banküberfall, entstehen, sie können die Folge eines erlittenen Körperschadens, z. B. einer Amputation, sein, oder sie können sich in Folge der Behandlung des gesundheitlichen Erstschadens erst herausbilden (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, a. a. O.).

Voraussetzung für die Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Unfallfolge und die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund von ihnen ist zunächst die Feststellung der konkreten Gesundheitsstörungen, die bei dem Verletzten vorliegen und seine Erwerbsfähigkeit mindern (BSG, Urteil vom 29.01. 1986 - 9b RU 56/84 - juris; Urteil vom 19.08.2003 - B 2 U 50/02 R - juris). Angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite sollte diese Feststellung nicht nur begründet sein, sondern aufgrund eines der üblichen Diagnosesysteme und unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen erfolgen, damit die Feststellung nachvollziehbar ist. Denn je genauer und klarer die bei dem Versicherten bestehenden Gesundheitsstörungen bestimmt sind, um so einfacher sind ihre Ursachen zu erkennen und zu beurteilen sowie letztlich die MdE zu bewerten. Für die im nächsten Schritt erforderliche Beurteilung des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und den festgestellten psychischen Gesundheitsstörungen gelten die obigen allgemeinen Grundsätze (so schon BSG, Urteil vom 29.01.1986, a. a. O.). Zunächst muss geprüft werden, welche Ursachen für die festgestellte(n) psychische(n) Gesundheitsstörung(en) nach der Bedingungstheorie gegeben sind, und dann in einem zweiten Schritt, ob die versicherte Ursache - das Unfallereignis - direkt oder mittelbar für diese Gesundheitsstörungen wesentlich im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung war.

Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen hält es der Senat nicht für hinreichend wahrscheinlich, dass der Kläger an psychischen Gesundheitsstörungen leidet, die wesentlich durch das Unfallereignis vom 29.04.2008 verursacht worden sind.

Der Kläger wurde mehrfach psychiatrisch untersucht und begutachtet. Dabei wurden teilweise abweichende Diagnosen gestellt. Erstmals diagnostizierte Dr. H., bei dem sich der Kläger am 28.01.2009 vorgestellt hatte, eine depressive Anpassungsstörung vor dem Hintergrund chronischer Schmerzen bei Zustand nach Sprunggelenksfraktur. Außerdem wird angegeben, der Kläger fühle sich am Arbeitsplatz überfordert und habe Versagensängste entwickelt. Zwar hat Dr. H. das Antidepressivum Mirtazapin verordnet, anlässlich seiner Untersuchung durch Dr. B. am 16.06.2009 gab der Kläger allerdings an, das verschriebene Antidepressivum noch nicht einzunehmen. Psychische Beeinträchtigungen schilderte der Kläger bei Dr. B. nicht. Der Senat geht deshalb nicht davon aus, dass bereits zu diesem Zeitpunkt eine behandlungsbedürftige psychische Gesundheitsstörung vorgelegen hat. Zum einen hat der Beratungsarzt Prof. Dr. S. in seiner Stellungnahme zum Gutachten des Sachverständigen Dr. D. zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei einer depressiven Störung und einer Anpassungsstörung um zwei grundsätzlich verschiedene Störungen handelt. Das Diagnosesystem ICD-10 kennt daher eine Gesundheitsstörung mit der Bezeichnung "depressive Anpassungsstörung" nicht; unter F 32 ICD-10 wird die Anpassungsstörung gerade als Ausschlussdiagnose einer depressiven Episode genannt. Zum anderen hat der Kläger selbst vorgetragen, die ihm verordnete antidepressive Medikation nicht eingenommen zu haben. Da er zunächst auch keine weitere therapeutische Behandlung in Anspruch genommen hat, lässt sich eine anhaltende psychische Erkrankung zu diesem Zeitpunkt nicht nachweisen.

Erst aus dem Entlassungsbericht des C. G. vom 07.10.2009 ergeben sich dann Anhaltspunkte für eine psychische Gesundheitsstörung. Dort werden eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome (F 32.2 ICD-10) sowie eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (F 45.41 ICD-10) diagnostiziert, wobei im Entlassungsbericht vom 18.06.2010 lediglich eine mittelgradige depressive Episode (F 32.1 ICD-10), dieselbe Schmerzstörung (F 45.4 ICD-10), eine abnorme Gewohnheit und Störung der Impulskontrolle (F 63.9 ICD-10) sowie weitere Verdachtsdiagnosen gestellt wurden.

Außerdem wurde der Kläger in den sozialgerichtlichen Verfahren durch drei verschiedene psychiatrische Sachverständige, nämlich Dr. H., Dr. D. und Dr. Z. begutachtet. Aufgrund der durch den Senat bei Dr. H. und Dr. Z. eingeholten Stellungnahmen hält der Senat deren Gutachten für verwertbar, obwohl an der Erstellung ihrer Gutachten weitere, nicht durch das Gericht beauftragte Ärzte beteiligt gewesen sind. An der Verwertbarkeit des Gutachtens durch Dr. D. bestehen insoweit keinerlei Zweifel. Nach § 202 SGG i. V. m. § 407a Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) muss der Sachverständige die zentralen Aufgaben der Begutachtung selbst erbringen (vgl. BSG, Beschluss vom 05.05.2009 - B 13 R 535/08 B - juris). Er ist gemäß § 407a Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht befugt, den Auftrag auf einen anderen zu übertragen. Soweit er sich der Mitarbeit einer anderen Person bedient, hat er diese namhaft zu machen und den Umfang ihrer Tätigkeit anzugeben, falls es sich nicht um Hilfsdienste von untergeordneter Bedeutung handelt (§ 407a Abs. 2 Satz 2 ZPO). Inwieweit die Durchführung der persönlichen Untersuchung des Probanden zum sog. unverzichtbaren Kern der vom Sachverständigen selbst zu erfüllenden Zentralaufgaben zählt, hängt von der Art der Untersuchung ab. Je stärker die Untersuchung auf objektivierbare und dokumentierbare organmedizinische Befunde bezogen ist, umso eher ist die Einbeziehung von Mitarbeitern möglich. Bei psychologischen und psychiatrischen Gutachten muss der Sachverständige die persönliche Begegnung mit dem Probanden und das explorierende Gespräch im wesentlichen Umfang selbst durchführen (BSG, Beschluss vom 17.04.2013 - B 9 V 36/12 B - juris; Beschluss vom 05.05.2009 - B 13 R 535/08 B - juris; Beschluss vom 18.09.2003 - B 9 VU 2/03 B - SozR 4-1750 § 407a Nr. 1). Sowohl Dr. Z. als auch Dr. H. haben versichert, den Kläger anlässlich ihrer Begutachtungen persönlich untersucht zu haben, wobei sich Dr. Z. anhand seiner Kalendereintragungen an eine 30- bis 60- minütige Exploration, Dr. H. an eine Exploration im Umfang von ca. 1/3 der Gesamt-Exploration erinnert haben. Der Senat hält im Hinblick darauf, dass die Wesentlichkeit der Exploration nicht ausschließlich zeitabhängig, sondern mehr noch nach der inhaltlichen Bedeutsamkeit zu bestimmen ist, vorliegend noch eine durch die Sachverständigen im wesentlichen Umfang selbst durchgeführte Begutachtung für gegeben.

Dr. H. diagnostizierte im Verletztengeld-Verfahren eine mittelschwere depressive Episode ohne psychotische Symptomatik (F 22.2), eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, die durch eine körperliche Störung nicht vollständig erklärt werden kann (F 45.4) sowie eine Persönlichkeitsentwicklungsstörung mit narzisstischen, asthenischen und depressiven Zügen (F 61.0). Dr. D. stellte, ohne entsprechende Diagnoseschlüssel anzugeben, auf psychiatrischem Fachgebiet eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige depressive Episode, sowie eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren fest. Dr. Z. diagnostizierte eine schwere depressive Störung (F 32.2) und eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (F 45.41).

Auch wenn somit seitens der Fachärzte eine Schmerzstörung bei dem Kläger festgestellt worden ist, hält es der Senat nicht für hinreichend wahrscheinlich, dass diese wesentlich durch das hier maßgebliche Unfallereignis vom 29.04.2008 verursacht worden ist.

Dabei ist bereits fraglich, ob überhaupt eine Schmerzstörung als erwiesen angesehen werden kann. Dagegen spricht, dass in den Gutachten der Sachverständigen insoweit widersprüchliche Diagnosen gestellt worden sind. Während Dr. H. eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung für gegeben hält, die nach F 45.40 ICD-10 nur dann vorliegt, wenn der Schmerz nicht durch einen physiologischen Prozess oder eine körperliche Störung hinreichend erklärt werden kann, soll nach Dr. D. und Dr. Z. der Kläger an einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren leiden. Hierfür wäre allerdings nach F 45.41 ICD-10 gerade Voraussetzung, dass im Vordergrund des klinischen Bildes seit mindestens 6 Monaten bestehende Schmerzen in einer oder mehreren anatomischen Regionen stehen, die ihren Ausgangspunkt in einem physiologischen Prozess oder einer körperlichen Störung haben. Während Dr. H. somit kein organisches Korrelat für die vom Kläger behaupteten Schmerzen zu erkennen vermag, gehen Dr. D. und Dr. Z. von einer physiologischen Ursache des Schmerzes aus. Die einander widersprechende Diagnostik wäre allerdings allein kein Grund, gleichwohl eine der genannten Diagnosen für gesichert zu halten, wenn diese überzeugend begründet wäre. Für den Senat weisen die Gutachten aber allesamt erhebliche Schwächen auf, die einer solchen Überzeugung entgegen stehen.

Gegen die Gutachten von Dr. D. und Dr. Z. ist einzuwenden, dass diese zwar eine physiologische Ursache der chronischen Schmerzstörung annehmen, jedoch in keiner Weise darlegen, worin diese zu sehen ist und ob es sich hierbei um die von der Beklagten anerkannten Unfallfolgen handelt. Während Dr. Z. zumindest den Diagnoseschlüssel F 45.41 ICD-10 nennt, verzichtet Dr. D. hierauf, sodass sich bereits nicht feststellen lässt, welche Diagnosevoraussetzungen er zugrunde gelegt hat. Dr. Z. dagegen beschränkt sich auf die Wiedergabe der Voraussetzungen, ohne den von ihm explorierten Sachverhalt unter diese Voraussetzungen zu subsumieren. Zudem hat Dr. Z. keinerlei schmerzanamnestische Angaben erhoben. Zum körperlichen Befund findet sich in seinem Gutachten lediglich der schlichte Hinweis, dass internistisch und neurologisch kein akut behandlungsbedürftiger Befund bestanden hat. Schon deshalb kann seiner Diagnose kein eigenständiger Bedeutungsgehalt zukommen und ist davon auszugehen, dass er lediglich die Diagnose anderer Fachärzte übernommen hat. Da Dr. D. bereits die Diagnosevoraussetzungen nicht genannt hat, konnte er auch nicht begründen, weshalb diese im Falle des Klägers vorliegen. Dr. D. hat zwar die vom Kläger behaupteten Schmerzen zum Gegenstand seiner Anamnese gemacht. Der Kläger hat hier ausgeführt, der Hauptschmerz sitze im Bereich des rechten Knöchels, es handele sich um einen drückenden Schmerz, manchmal fühle es sich auch so an, als ob es blute. Der Schmerz fange zwei bis drei Stunden nach dem Aufstehen an, wobei er nie völlig schmerzfrei sei, abends seien die Schmerzen am schlimmsten. Am linken Knöchel habe er seit dem Unfall 1992 Schmerzen, die aber weniger stark seien wie die Schmerzen rechts. Er habe auch Schmerzen im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule. Er nehme in der Regel zweimal täglich 400 mg Ibuflam (Ibuprofen). Vor dem Unfall habe er bedarfsweise die Schmerzmittel Novalgin und Ibuflam genommen, durchschnittlich dreimal in der Woche. Allein aufgrund dieser Angaben ist die von Dr. D. gezogene Schlussfolgerung, es liege eine unfallbedingte chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren vor, jedoch nicht überzeugend. Zum einen hat der Kläger unterschiedliche anatomische Bereiche des Schmerzes angegeben. Auf den Unfall vom 29.04.2008 könnten allenfalls die Schmerzen im rechten Knöchel zurückgeführt werden, während hinsichtlich der Schmerzen im linken Knöchel und an der Wirbelsäule kein Unfallzusammenhang besteht. Eine entsprechende differenzierende Betrachtung hat Dr. D. nicht angestellt. Außerdem hätte sich der Sachverständige auch mit den Angaben des Klägers im Rahmen seiner Begutachtung durch Dr. H. auseinandersetzen müssen. Dort hatte der Kläger angegeben, an der linken und rechten Körperseite oft starke Schmerzen zu spüren. Er habe nach dem ersten Unfall regelmäßig Schmerztabletten eingenommen. Speziell über Schmerzen im rechten Unterschenkel oder Sprunggelenk hat der Kläger dort aber nicht geklagt. Die Einlassung, sowohl auf der linken als auch auf der rechten Körperseite, mithin am ganzen Körper, oft starke Schmerzen zu spüren, lässt eine Zuordnung zu den von der Beklagten anerkannten Unfallfolgen nicht zu. Auch der Umstand, dass der Kläger bereits nach dem Unfall im Jahr 1992 regelmäßig Schmerzmittel eingenommen haben will, spricht dagegen, dass der am 29.04.2008 erlittene weitere Unfall spezifische weitere Schmerzen verursacht hat, die auch noch für die Zeit nach dem 01.05.2010 MdE-relevant sind. Gegen die Annahme einer eigenständigen Schmerzerkrankung spricht aus Sicht des Senats insbesondere, dass der Kläger nur niedrigdosierte frei erhältliche Schmerzmittel einnimmt, zu keinem Zeitpunkt eine Schmerztherapie durchgeführt hat und vom Gesamteindruck, wie es sich aus den Gutachten ergibt, auch nicht irgendwie in seinem alltäglichen Leben durch Schmerzen eingeschränkt wird. Er hat vielmehr noch einen strukturierten Tagesablauf mit erhaltenen Familienkontakten, kann seinen Hobbies nachgehen, die von ihm jeweils Konzentration fordern, und war sogar zu einer Flugreise in die Heimat in der Lage.

Unterstellt, der Kläger hätte aufgrund der unfallbedingten Verletzung am rechten Knöchel auch noch zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. D. mehr als drei Jahre nach dem Unfall an Schmerzen gelitten, hätte Dr. D. weiter der Frage nachgehen müssen, welche orthopädischen oder neurologischen Gründe hierfür bestehen. Insoweit hält der Senat die Einwendungen des Beratungsarztes Prof. Dr. S. für überzeugend, wonach funktionswirksame Schmerzen aufgrund der Funktionsbeeinträchtigung mittelbar nachgewiesen werden können. Entsprechende Feststellungen hat Dr. D. indes nicht getroffen. Er hat vielmehr reizlose Narben im Knöchelbereich rechts und links festgestellt. Der Umstand, dass der Kläger den Fußspitzenstand unter Hinweis auf Schmerzen im rechten Knöchel verweigerte, während ihm der Fersenstand hingegen möglich war, hätte Dr. D. zu weiteren Nachfragen veranlassen müssen, nachdem Dr. B. in seinem fachorthopädischen Gutachten keine entsprechenden Einschränkungen beschrieben hat. Selbst wenn insoweit von einer gewissen Schmerzempfindung bei einer bestimmten Körperhaltung, nämlich dem Fußspitzenstand, auszugehen wäre und dies mit der von Dr. B. gemessenen Bewegungseinschränkung im oberen Sprungelenk (0-0-30 Grad) und unteren Sprunggelenk (hälftig) erklärt werden könnte, wäre eine gesonderte Berücksichtigung dieser Schmerzen im Rahmen der MdE-Bewertung nicht zulässig, nachdem bereits die orthopädisch bedingte MdE wegen der Gefühlsstörungen und Missempfindungen angehoben worden ist.

Der Senat vermag sich jedoch auch nicht der von Dr. H. im Verletztengeld-Verfahren gestellten Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (F 45.4 ICD-10) anzuschließen. Zu Recht hat der Beratungsarzt Prof. Dr. S. darauf hingewiesen, dass die Diagnose einer somatoformen Störung den Ausschluss einer Beschwerdeübertreibung erfordert. Insofern bestehen für den Senat aufgrund verschiedener Indizien gewichtige Zweifel, ob das Vorbringen des Klägers hinsichtlich der von ihm geäußerten unfallbedingten Schmerzen jedenfalls in dem vom Kläger dargestellten Umfang überhaupt glaubhaft ist. Dass Dr. H. dieser Frage nicht mit der gebotenen Prüfungsintensität nachgegangen ist, mag dem Umstand geschuldet sein, dass er zugleich als behandelnder Arzt nicht das hier notwendige Vertrauensverhältnis gefährden wollte, sein Sachverständigengutachten verliert hierdurch für den Senat aber an der erforderlichen Überzeugungskraft.

Der Kläger hat im Rahmen der Belastungserprobung bis auf den ersten Tag nie die Soll-Zeit eingehalten, ist dafür aber jeden Tag in die Sanitätsstelle gekommen und hat über seine Schmerzen geklagt. In den Zwischenberichten der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass weder die klinischen Untersuchungen noch die radiologischen und die computertomographischen Aufnahmen die vom Kläger geklagten Beschwerden anatomisch morphologisch verifizieren können. Wäre deshalb von einer somatoformen Schmerzstörung auszugehen, hätte nahegelegen, dass der Kläger das Angebot seines Arbeitgebers, vorübergehend eine leichtere Tätigkeit auszuüben, angenommen hätte. Der Kläger hat das Angebot jedoch mit der Begründung abgelehnt, unbedingt als Schlosser weiter arbeiten zu wollen. Dass der Kläger sich hierzu auch nicht bzw. nur zeitlich limitiert in der Lage sah, weist auf eine insgesamt nur geringe Arbeitsbereitschaft des Klägers hin, die nicht mit einer dementsprechenden geringen Arbeitsfähigkeit begründet werden kann. Hierfür spricht auch, dass Dr. B. mitgeteilt hat, es sei bereits nach dem Unfall 1992 ein Drama gewesen, den Kläger wieder zur Arbeit zu bringen. Auch weitere Vorkommnisse stehen der Glaubwürdigkeit des Klägers hinsichtlich der von ihm geltend gemachten Beschwerden entgegen. So hatte der Kläger anlässlich der Untersuchung durch Dr. D. seine Beschwerden demonstrieren wollen und hat dabei den rechten Fuß stark belastet, während er mit dem linken Fuß gehumpelt ist. Zwar hat der Kläger zur Begründung hierfür geltend gemacht, er leide aufgrund einer früheren Verletzung auch am linken Fuß an Beschwerden. Diese waren jedoch nicht Gegenstand der Untersuchung durch Dr. D ... Entweder der Kläger hatte Schmerzen am rechten Fuß bei der Untersuchung beklagt, dann aber durch die Gehprobe diese gerade nicht bestätigt, oder er hat Schmerzen am linken Fuß angegeben, diese dann auch im Gehen gezeigt und dadurch zum Ausdruck gebracht, dass am rechten Fuß keine Beschwerden bestanden. In beiden Fällen wäre daher das Beschwerdevorbringen nicht geeignet, eine unfallbedingte Schmerzstörung am rechten Fuß glaubhaft zu machen. Hinweise auf Aggravationen des Klägers ergeben sich auch aus dem Bericht über das am 15.04.2009 durchgeführte arbeitsplatzspezifische Testverfahren. Unter therapeutischer Beobachtung hatte der Kläger hier nämlich eine deutlich eingeschränktere Gehfähigkeit als in unbeobachtetem Zustand gezeigt. Auch die Schmerzangaben beim Treppensteigen hatten sich widersprochen. Den Einbeinstand vermochte der Kläger bei der körperlichen Untersuchung nicht zu demonstrieren, während der Testung war er hierzu jedoch in der Lage. Auffallend war auch, dass bei der Krafttestung des Sprunggelenkes sehr schlechte Kraftwerte ermittelt wurden, während der gesamten Testung aber die Pulswerte annähernd gleich blieben. Dass dies nicht auf einen ausgezeichneten Trainingszustand des Klägers zurück zu führen ist, zeigen die anderen Übungen, bei denen ein deutlicher Pulsanstieg dokumentiert wurde. Schließlich lagen die Defizite auf der nicht verletzten Seite des Sprunggelenkes sehr hoch, während beim Hubwagenziehen und -schieben genau mit dieser Seite initial verstärktes Abdruckverhalten gezeigt worden ist. Zweifel an einem durch Schmerzen bedingten Leidensdruck ergeben sich auch daraus, dass der Kläger zwar immer wieder Schmerzen und Schwellneigung des rechten Fußes beklagte, den ihm verordneten Kompressionsstrumpf aber nicht regelmäßig getragen hat. Auch Dr. B. stellte in seinem Rentengutachten vom 25.03.2010 eine deutliche Diskrepanz zwischen den geklagten Beschwerden und den vorgefundenen Befunden jedenfalls insoweit fest, als die geklagte Schwellneigung in keiner Weise nachweisbar gewesen ist. Insgesamt bestehen daher für den Senat zahlreiche Indizien, die einem Nachweis der vom Kläger behaupteten Schmerzen jedenfalls insoweit entgegen stehen, als es sich hierbei um Schmerzen handeln soll, die mit dem Unfallereignis vom 29.04.2008 in kausalem Zusammenhang stehen und nicht bereits mit der MdE-Bewertung auf orthopädischem Fachgebiet Berücksichtigung gefunden haben. Der Senat übersieht hierbei nicht, dass teilweise das Beschwerdevorbringen des Klägers ärztlicherseits für glaubhaft gehalten worden ist. So hat Dr. K., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T., am 20.02.2009 mitgeteilt, dass die Beschwerden des Klägers glaubhaft und nachvollziehbar sind und eine Besserung nicht mehr zu erwarten ist. Diese Aussage ist jedoch im Hinblick darauf zu relativieren, dass sie die unfallbedingte MdE mit 10 v. H. eingeschätzt hat. Hieraus schließt der Senat, dass Dr. K. die orthopädischen Beschwerden für glaubhaft hielt, die aus Sicht des Senats sogar eine MdE-Bewertung mit 15 v. H. rechtfertigen.

Auch die beim Kläger diagnostizierte depressive Erkrankung rechtfertigt nicht die Anhebung der unfallbedingten MdE.

Zwar haben Dr. H. und Dr. D. übereinstimmend eine depressive Episode, Dr. Z. eine depressive Störung festgestellt, wobei der Senat der unterschiedlichen Bezeichnung insoweit vorliegend keine gravierende Bedeutung beimisst. Keiner der genannten Sachverständigen hat allerdings im Einzelnen dargelegt, aufgrund welcher Umstände bzw. Symptome die einzelnen Diagnosevoraussetzungen erfüllt sind. Soweit der Grad der Episode/Störung teils mit mittelgradig, teils mit schwer angegeben worden ist, hätten in den Gutachten die im Falle des Klägers festgestellten Symptome benannt werden müssen. Nach F 32 ICD-10 leidet der betroffene Patient bei den typischen leichten (F32.0), mittelgradigen (F32.1) oder schweren (F32.2 und F32.3) Episoden unter einer gedrückten Stimmung und einer Verminderung von Antrieb und Aktivität. Die Fähigkeit zu Freude, das Interesse und die Konzentration sind vermindert. Ausgeprägte Müdigkeit kann nach jeder kleinsten Anstrengung auftreten. Der Schlaf ist meist gestört, der Appetit vermindert. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind fast immer beeinträchtigt. Sogar bei der leichten Form kommen Schuldgefühle oder Gedanken über eigene Wertlosigkeit vor. Die gedrückte Stimmung verändert sich von Tag zu Tag wenig, reagiert nicht auf Lebensumstände und kann von so genannten "somatischen" Symptomen begleitet werden, wie Interessenverlust oder Verlust der Freude, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmung, Agitiertheit, Appetitverlust, Gewichtsverlust und Libidoverlust. Abhängig von Anzahl und Schwere der Symptome ist eine depressive Episode als leicht, mittelgradig oder schwer zu bezeichnen. Bei einer leichten depressiven Episode sind gewöhnlich mindestens zwei oder drei der oben angegebenen Symptome vorhanden. Der betroffene Patient ist im allgemeinen davon beeinträchtigt, aber oft in der Lage, die meisten Aktivitäten fortzusetzen. Bei einer mittelgradigen depressiven Episode (F 32.1 ICD-10) sind gewöhnlich vier oder mehr der oben angegebenen Symptome vorhanden, und der betroffene Patient hat meist große Schwierigkeiten, alltägliche Aktivitäten fortzusetzen. Bei einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome (F 32.2 ICD-10) müssen mehrere oben angegebene, quälende Symptomen bestehen. Typischerweise bestehen ein Verlust des Selbstwertgefühls und Gefühle von Wertlosigkeit und Schuld. Suizidgedanken und -handlungen sind häufig, und meist liegen einige somatische Symptome vor.

Aufgrund der jeweiligen Anamnese der Sachverständigen ist für den Senat bereits die Annahme einer Depression nicht nachvollziehbar. Der Kläger wird vielmehr als gereizt und aggressiv mit Verlust der Impulskontrolle geschildert, was sich mit der geforderten Antriebslosigkeit oder Niedergeschlagenheit kaum in Übereinstimmung bringen, sondern eher auf das Gegenteil schließen lässt. Eigentliche depressive Momente werden, mit Ausnahme der in keiner Weise spezifizierten gelegentlichen Todesgedanken und zeitweiligen Schlafstörungen, nicht geschildert. Dagegen steht ein strukturierter Tagesablauf, ein vorhandenes Interessenspektrum (Hobbies), ein intakter Familienverband und keine eigentliche Therapie.

Anlässlich seiner Untersuchung durch Dr. H. hat der Kläger vorgetragen, ohne Medikamente in letzter Zeit nicht schlafen zu können. Er sei lustlos, wolle nichts machen, wolle immer zu Hause bleiben und sei melancholisch. Er habe lebensmüde Gedanken, er frage sich, warum er lebe und finde keine Antwort. Zusammengefasst hat der Kläger somit sporadische Schlaflosigkeit, verminderte Fähigkeit zu Freude und vermindertes Interesse und Suizidgedanken geltend gemacht, wobei die Ernsthaftigkeit letzterer nicht hinterfragt worden ist. Letztlich hat der Kläger somit nur drei der notwendigen mindestens vier Symptome geschildert, was aber immerhin auf eine leichte depressive Episode hindeuten würde. Bei der Untersuchung durch Dr. D. hat der Kläger angegeben, jetzt sei seine Stimmung schlecht, er habe sich schon umbringen wollen, die Ehefrau habe ihn davon abgehalten, er habe an Tabletten gedacht, die letzten beiden Tage habe er wieder ganz schlecht geschlafen. Den weiteren anamnestischen Angaben lassen sich keine Hinweise auf depressive Symptome entnehmen. Auch hier lassen sich somit allenfalls zwei Symptome einer Depression bestimmen. Im Gutachten von Dr. Z. finden sich keinerlei anmnestische Angaben des Klägers, die eine depressive Symptomatik belegen. Dem von ihm erhobenen psychopathologischen Befund mangelt es daher an der notwendigen Tatsachengrundlage. Wiedergegeben wird lediglich, dass der Kläger von lebensmüden Gedanken berichtet habe, von welchen er sich jedoch bisher immer wieder habe distanzieren können. Der Sachverständige widerspricht sich häufiger, so berichtet er einerseits von gutem Appetit und konstantem Gewicht (S. 6 des Gutachtens), andererseits vermindertem Appetit (S. 9 des Gutachtens), einerseits von Schlafstörungen, aber andererseits von ungestörter Merkfähigkeit, wachem und klarem Bewusstsein, was bei nächtelangem fehlendem Schlaf schlicht nicht zu erwarten ist. Zu dem vom Kläger geschilderten Aggressionsverhalten, was mit einer Depression kaum in Einklang zu bringen ist (dazu siehe oben), äußert er sich überhaupt nicht. Auch Dr. H. hat den Kläger als voll orientiert, wach und bewusstseinsklar ohne Konzentrations- und Gedächtnisstörungen bei fehlender Suizidalität, aber ausgeprägter Verbitterung geschildert. Auf der Grundlage der von den Sachverständigen durchgeführten Anamnese kann daher allenfalls von einer leichten depressiven Episode ausgegangen werden.

Eine höhergradige depressive Erkrankung ergibt sich für den Senat auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger mehrmals stationär im C. G. behandelt worden ist. Denn aus den eigenen Einlassungen des Klägers anlässlich seiner Untersuchung durch Dr. D. ergibt sich, dass Grund für die Einweisung nicht etwa eine schwergradige depressive Episode des Klägers gewesen ist, sondern die Tatsache, dass der Kläger seine Frau und seine Kinder immer beschimpft und sich sofort aufbrausend und aggressiv verhalten hatte. Auch die Ehefrau des Klägers hat bei der Begutachtung durch Dr. Hermle mitgeteilt, dass der Kläger zu Hause aggressiver, reizbarer und ungeduldiger geworden ist. Dies wird bestätigt durch die Entlassungsberichte des C. G., in denen u. a. eine Störung der Impulskontrolle diagnostiziert worden ist. Soweit darin auch eine schwere (Arztbrief vom 07.10.2009) bzw. mittelgradige (Arztbrief vom 18.06.2010) depressive Episode diagnostiziert worden ist, fehlt es ebenso wie im Gutachten des Dr. H. an der Darlegung, welche Symptome im Einzelnen eine solche Diagnose rechtfertigen.

Auch wenn davon auszugehen wäre, dass der Kläger an einer psychischen Gesundheitsstörung in Form einer leichten depressiven Episode leidet (F 32.0 ICD-10), ist jedenfalls nicht hinreichend wahrscheinlich, dass das Unfallereignis vom 29.04.2008 hierfür die wesentliche Ursache ist.

Denn wesentliche Ursache hierfür kann nur eine genetische Veranlagung in Form der erhöhten Vulnerabilität des Klägers sein. Hierbei stützt sich der Senat auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. H., der die Ausprägung des depressiven und somatoformen Syndroms im Wesentlichen auf eine erhöhte Vulnerabilität zurückgeführt hat, die sich insbesondere in unzureichenden Kompensationsmechanismen für erlittene Kränkungen ausdrückt. Dagegen ist die Traumatisierung, wie sie der Kläger bei dem Unfallereignis 2008 erlitten hat, nicht geeignet, zu einem länger dauernden Schmerzsyndrom zu führen, das dann wiederum eine depressive Episode hätte auslösen können. Die psychischen Veränderungen des Klägers sind danach keine schmerzbedingten Belastungsreaktionen. Nach den für den Senat auch deshalb insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. H., weil dieser als zugleich behandelnder Arzt das Persönlichkeitsbild des Klägers besonders gut einzuschätzen vermag, wäre ohne die spezifische zugrundeliegende Vulnerabilität des Klägers, d. h. die zugrundeliegende Persönlichkeitsstörung, eine psychische Beeinträchtigung durch das Unfallereignis vom 29.04.2008 nicht abzuleiten. Dass nicht das Unfallereignis, sondern andere Umstände, nämlich die vom Kläger als Kränkungen erlebten Reaktionen seines Arbeitgebers, der Behörden und seiner Familie die wesentliche Ursache für die diagnostizierten psychischen Gesundheitsstörungen sind, hat auch der Sachverständige Dr. D ... festgestellt. Er hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das Unfallerlebnis zunächst nicht zu einer psychischen Reaktion, die als behandlungsbedürftig eingestuft worden wäre, geführt hat. Die Fähigkeit der Selbstbestimmung trat erst im Laufe der Monate nach dem Unfall in den Hintergrund, wobei kausal nun weniger das Unfallereignis und das Unfallerleben eine Rolle spielen als vielmehr die vom Kläger so erlebte Kränkung durch Behörden und Arbeitgeber. Dieselbe Auffassung hat im Ergebnis Dr. B. in seinem Sozialmedizinischen Gutachten vom 15.07.2010 vertreten, wonach sich das komplexe Störungsbild des Klägers in der Folge unzureichend verarbeiteter Kränkungen durch einen Arbeitsunfall und die dadurch entstandenen psycho-physischen, familiären, beruflichen und finanziellen Einbußen entwickelt hat. Auch wenn somit das Unfallereignis eine nicht hinweg zu denkende Bedingung für die allenfalls leichte depressive Episode bzw. die Schmerzstörung ist, so kann jedenfalls überragende Ursache hierfür nur darin zu sehen sein, dass der Kläger aufgrund einer persönlichkeitsbedingten Störung das objektiv in keiner Weise ehrkränkende Verhalten seiner Umwelt als Kränkung interpretiert und hierauf u. a. mit depressiven Symptomen reagiert. Dass es sich hierbei um die Folge einer anlagebedingten Persönlichkeitsstörung und nicht eines Unfallerlebnisses handelt, wird auch dadurch verdeutlicht, dass trotz mehrfacher stationärer und ambulanter Behandlungsversuche diese allenfalls geringfügige Verbesserungen erbracht haben und der Kläger selbst diese nicht als hilfreich empfunden hat. Selbst wenn man also von einer beim Kläger bestehenden psychischen Symptomatik ausgeht, so ist das Unfallerlebnis letztlich dafür nicht entscheidend. Der Kläger hätte aufgrund der bei ihm festgestellten Persönlichkeitsentwicklungsstörung ganz unabhängig von dem Unfallgeschehen auch jedes andere Verhalten Dritter, in dem er eine Zurücksetzung seiner Person oder eine ungerechte Behandlung gesehen hätte, als Kränkung erlebt und mit der hier vorliegenden Symptomatik reagiert. Dass der Kläger vor dem Unfallereignis keine entsprechenden Auffälligkeiten gezeigt hat, was Dr. Z. zu der für den Senat nicht überzeugenden Schlussfolgerung geführt hat, die Vulnerabilität des Klägers sei für die Zusammenhangsfrage nicht wesentlich, steht dem nicht entgegen. Denn zum einen entwickelte sich die psychische Problematik auch nicht in zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfallereignis, sondern erst ein dreiviertel Jahr danach. Selbst wenn ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der erstmaligen Diagnose einer psychischen Gesundheitsstörung bestünde, wäre dieser aber zum anderen nicht ausreichend für die Bejahung der Zusammenhangsfrage. Denn aus dem rein zeitlichen Aufeinanderfolgen des Unfallereignisses und der später auftretenden psychischen Gesundheitsstörung kann nicht gefolgert werden, dass die unterstellten psychischen Gesundheitsstörungen wesentlich durch den Unfall verursacht wären. Denn - wie in den Grundlagen ausgeführt - kann aus einem rein zeitlichen Zusammenhang und der Abwesenheit konkurrierender Ursachen bei komplexen Gesundheitsstörungen nicht automatisch auf die Wesentlichkeit der einen festgestellten naturwissenschaftlich-philosophischen Ursache geschlossen werden. Angesichts der Komplexität psychischer Vorgänge und des Zusammenwirkens gegebenenfalls lange Zeit zurückliegender Faktoren, die unter Umständen noch nicht einmal dem Kläger bewusst sind, würde dies zu einer Beweislastumkehr führen, für die keine rechtliche Grundlage zu erkennen ist (BSG, a. a. O.).

Da somit die psychischen Gesundheitsstörungen des Klägers - soweit überhaupt nachgewiesen - nicht wesentlich durch das Unfallereignis vom 29.04.2008 verursacht worden sind, besteht lediglich eine unfallbedingte MdE um 15 v. H.

Da der angefochtene Bescheid der Beklagten daher rechtmäßig ist, war deren Berufung stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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