Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SB 1321/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 3275/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 05.07.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Grad der Behinderung (GdB) sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung des Nachteilausgleichs "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) streitig.
Bei der 1943 geborenen Klägerin, war durch Bescheide des Versorgungsamts W. (Blatt 84, 103, 116, 154 und 181 der Beklagtenakte) eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. ein GdB von 50, 60, bzw. 70 festgestellt worden. Auf den unter Vorlage ärztlicher Unterlagen am 10.03.2004 beim Versorgungsamt K. gestellten Antrag auf höhere (Neu-)Feststellung des GdB sowie auf Zuerkennung von Merkzeichen (Blatt 206/275 der Beklagtenakte) und nach Einholung von versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. N. vom 12.04.2004 (Blatt 276/277 der Beklagtenakte) sowie nach Anhörung der Klägerin (Blatt 278/279 und versorgungsärztliche Stellungnahme Blatt 311/312 der Beklagtenakte, zu dem vorgelegten Gutachten von Prof. Dr. H. vgl. Blatt 284/310 der Beklagtenakte) hob das Landratsamts K. (LRA) mit Bescheid vom 18.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 19.10.2005 den Bescheid des Versorgungsamts W. vom 02.02.1987 auf und stellte den GdB ab 20.04.2005 mit 50 fest. Auch die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" lägen nicht mehr vor.
In dem hiergegen geführten Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Karlsruhe (S 10 SB 4660/05) anerkannte der Beklagte das Vorliegen eines GdB von 70 sowie das Merkzeichen "G" jeweils über den 19.04.2005. Des Weiteren erklärte er sich bereit, für den Zeitraum ab 10.03.2004 nach §§ 44, 48 SGB X zu prüfen, ob ein höherer GdB als 70 sowie das Merkzeichen "aG" zuerkannt werden könnten (Blatt 378 der SG-Akte).
Das LRA führte mit Bescheid vom 10.10.2007 (Blatt 339/340 der Beklagtenakte) das Anerkenntnis aus und stellte mit Bescheid vom 29.10.2007 (Blatt 346/347) seit dem 01.01.2007 einen GdB von 80 sowie das Merkzeichen "B" neu fest. Die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "aG" seien nicht erfüllt.
Den am 22.11.2007 erhobenen Widerspruch der Klägerin (Blatt 352, 354/358 der Beklagtenakte) wies der Beklagte nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. C. vom 04.01.2008 (Blatt 362/364 der Beklagtenakte; zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Entzündlich-rheumatische Erkrankung, Allergie, Multiuple chemische Sensitivität, seelische Störung (Teil-GdB 50), Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Krampfadern (Teil-GdB 40), Expothalmismus (Teil-GdB 10), chronische Nebenhöhlenentzündung, Hauterkrankung (Teil-GdB 10), Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation, Verdauungsstörungen (Teil-GdB10), Speiseröhrengleitbruch (Teil-GdB 10), Funktionsbehinderung beider Schultergelenke (Teil-GdB 20)) durch das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 22.01.2008 (Blatt 372/375 der Beklagtenakte) zurück.
Am 25.03.2008 hat die Klägerin beim SG Klage erhoben mit dem Ziel der Feststellung eines GdB von 100 und der Zuerkennung des Merkzeichens "aG" zumindest für die Zeit ab dem 01.01.2007. Ihre Therapierbarkeit sei durch Allergien und Medikamentenunverträglichkeit eingeschränkt. Zudem sei eine Gleichstellung mit außergewöhnlich gehbehinderten Personen vorzunehmen. Sie hat u.a. Atteste des Allgemeinmediziners Dr. Wa. vom 10.09.2007 und 14.04.2008 sowie den Entlassungsbericht der Sankt V.-Kliniken K. vom 27.09.2007 vorgelegt.
Das SG hat beim Allgemeinmediziner Dr. Wa. und bei der Fachärztin für Orthopädie Dr. M.-L ... Dr. Wa. Unterlagen beigezogen (Blatt 65/100, 102/103 der SG-Akte) und Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens beim Arzt für Orthopäde und Rheumatologie Dr. He ... In seinem Gutachten vom 07.09.2009 (Blatt 125/137 der SG-Akte) hat dieser einen Spreizfuß beidseitig mit mäßigem Hallux valgus und angedeuteter Hammerzehenfehlstellung beidseitig, eine Variköse, initiale Gonarthrose beidseitig, Schultersteife rechts bei bekanntem Supraspinatussehnenriss und markanter Omarthrose sowie ein chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom diagnostiziert und die gesunheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" verneint.
Nun hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines internistischen Gutachtens beim Facharzt für Innere Medizin und Arbeitsmedizin Dr. B ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 20.01.2010 (Blatt 330/367 der SG-Akte) unter Berücksichtigung eines neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachtens von Dr. Ra. , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 21.12.2009 (Blatt 278/328 der SG-Akte), der auf neurologischem und psychiatrischen Fachgebiet keine Behinderung und auch keine außergewöhnliche Gehbehinderung feststellen konnte, ausgeführt, der GdB solle bei 80 verbleiben. Die Klägerin sei jedoch dem außergewöhnlich gehbehinderten Personenkreis gleichzustellen. Die Klägerin habe sich bei der Untersuchung nachvollziehbar deutlich zur Fortbewegung anstrengen müssen.
Darüber hinaus hatte das SG den Facharzt für Neurologie Prof. Dr. Bre. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt (Blatt 381 der SG-Akte). Nachdem die Klägerin eine Begutachtung abgelehnt hatte (vgl. z.B. Blatt 500 der SG-Akte), hob das SG den Gutachtensauftrag wieder auf (Blatt 526 d. SG-Akte).
Des Weiteren hat das Gericht die Akten des Sozialgerichts Karlsruhe in den Verfahren S 3 KR 2771/04 und S 10 SB 4660/05 beigezogen.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.07.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Für den Beschwerdekomplex der Klägerin mit der Kollagenose, Allergien und einer Multiple Chemical Sensitivity (MCS) sei ein höherer Teil-GdB als 50 nicht zu begründen. Im Übrigen seien psychische Leiden mit einem GdB von mindestens 10 auch unter Berücksichtigung des Entlassberichts des Fachkrankenhauses N. vom 23.08.2006 nicht zu begründen. Hinsichtlich der Beeinträchtigungen der Klägerin im Bereich ihrer unteren Extremitäten sei ein höherer Teil-GdB als 30 nicht zu begründen. Des Weiteren bestünden bei der Klägerin Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Schulter, hinsichtlich derer ein höherer Teil-GdB als 20 nicht zu begründen sei. Der Gesamt-GdB sei mit 80 zu bewerten. Auch das Merkzeichen "aG" sei nicht festzustellen. Aufgrund der nachvollziehbaren Ausführungen von Dr. He. stehe fest, dass keine schwere Gehfähigkeit bzw. außergewöhnliche Gehbehinderung vorliege. Die Klägerin könne aufstehen, wobei die besonders geklagten Beschwerden im Bereich der Kniegelenke keine morphologischen oder radiologischen Grundlagen hätten. Es zeige sich keine wesentliche Einschränkung des Gehvermögens. Zwar habe Dr. B. mitgeteilt, die Fortbewegung sei bei der Untersuchung nur unter großer Anstrengung möglich gewesen. Allerdings habe er einschränkend darauf hingewiesen, dass unter Einsatz anderer Hilfsmittel wie Unterarmgehstützen und Rollator oder unter analgetischem Schutz die Sachlage anders beurteilt werden könnte.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 10.07.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 31.07.2012 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Unter umfassender Vorlage von Unterlagen (Blatt 31/138, 45/113, 160/199 und 217/238 der Senatsakte sowie Anlagen der Senatsakte) hat die Klägerin u.a. ausgeführt, die entzündliche rheumatische Erkrankung, die MCS, die Allergie und die Funktionsbehinderungen der Kniegelenke seien zu gering bewertet. Außerdem führe die Herzerkrankung zu Einschränkungen. Dr. B. habe bei ihr ein kleinschrittiges und unsicheres Gangbild mit einer Schrittlänge von weniger als einem Fuß dargestellt. Es sei auch rein spekulativ dass die Gehfähigkeit durch Hilfsmittel gesteigert werden könne. Ihre Erkrankungen hätten Krankheitswert und seien nicht somatoform oder altersbedingt. Es bestehe eine Herzembolie, eine Akrozyanose, eine hochgradige Abgangsstenose der A subclavia links mit Subvlavian steal Phänomen bei generalisierter Arteriosklerose sowie Krampfadern. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ein geheftetes Konvolut ärztlicher Äußerungen und Literatur- und Aktenauszüge übergeben.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 05.07.2012 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheid des Landratsamts K. vom 29.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 22.01.2008 zu verurteilen, bei ihr einen Grad der Behinderung von 100 sowie das Merkzeichen "aG" ab dem 10.03.2004 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält unter Vorlage von versorgungsärztlichen Stellungnahmen (Blatt 43/44, 132, 214/216 der Senatsakte) die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Zuletzt hatte der Versorgungsarzt Dr. G. (Blatt 214/216 der Senatsakte) u.a. ausgeführt, die Durchblutungsstörungen der Füße/Zehen seien bisher als sekundäre Akrozyanose bei undifferenzierter Kollagenose eingeordnet worden und seien in der bisherigen Bewertung der Kollagenose, der Allergie und der multiplen Chemikaliensensitivität mitberücksichtigt. Ob die Durchblutungsstörungen sich als Akrozyanose oder möglicherweise auch im Sinne einer anfallsweisen Mehrdurchblutung zeigten sei für die Bewertung von untergeordneter Bedeutung. Nach bisheriger Aktenlage habe sich eine wechselnde Ausprägung der Durchblutungsstörungen gezeigt, teilweise mit Hautläsionen, teilweise ohne Hautläsionen. Eine anhaltende wesentliche Verschlechterung dieser Durchblutungsstörungen der Füße/Zehen mit rezidivierenden Ulzerationen sei anhand des Attestes von Dr. Wa. vom 24.02.14 und der neu vorgelegten Fotodokumentationen nicht ausreichend belegt. Nach NSTEMI (embolischer Herzinfarkt) 2007 sei für die Bewertung die verbliebene dauerhafte kardiale Leistungseinbuße maßgeblich, unabhängig davon ob eine Koronare Herzkrankheit diagnostiziert sei. Wesentliche funktionelle Einschränkungen der Herzleistung seien vom internistischen Gutachter Dr. B. nicht bestätigt worden. Auch das Vorliegen einer allgemeinen Arteriosklerose begründe für sich noch keinen GdB. Maßgebend seien objektivierbare funktionelle Defizite in Verbindung mit hämo-dynamisch relevanten Gefäßverengungen. GdB-relevante funktionelle Defizite in Verbindung mit der Arteriosklerose seien bisher nicht belegt. In Verbindung mit der Abgangsstenose der Arteria subclavia links mit Subclavian-Steal-Phänomen seien bisher relevante Funktionseinschränkungen des linken Armes oder durch Minderdurchblutung des Gehirns (Anzapfphänomen einer hirnversorgenden Arterie) nicht belegt. Hinsichtlich der Kniegelenksarthrose habe der kernspintomographische Befund des linken Kniegelenkes vom 08.04.14 einen bildgebenden Befund dargestellt (höhergradige arthrotische Veränderungen, ein Reizerguss und ein Meniskusschaden). Maßgebend seien jedoch die klinischen Auswirkungen; hier lägen keine aktuellen orthopädisch-klinischen Befunderhebungen vor. Dr. Bö. habe im Bericht vom 14.11.12 für beide Kniegelenke leichte Kapselschwellungen, keine tastbaren Ergüsse und keine wesentliche Bewegungseinschränkung beschrieben. Bei dieser klinischen Befundsituation sei auch bei Vorliegen höhergradiger arthrotischer Veränderungen in der bildgebenden Diagnostik eine Höherbewertung der Funktionsbeeinträchtigung der unteren Gliedmaßen (bisher GdB 30) nicht begründbar. Die Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung könnten bei den bisher vorliegenden objektivierbaren Befunden (insbesondere an den unteren Gliedmaßen) und der wechselhaften Befundausprägungen nicht als erfüllt angesehen werden.
Die Klägerin hat am 22.11.2013 beantragt, bei Dr. rer. nat. F. ein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen. Nachdem dieser mitgeteilt hatte, das Gutachten erst bis September 2014 fertigstellen zu können und dafür voraussichtlich 3.578,79 EUR in Rechnung zu stellen, hat die Klägerin den Antrag zurückgenommen (Blatt 152 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte samt den von der Klägerin hierzu vorgelegten Anlagen und dem Ordner, sowie die beigezogenen Akten des SG (auch zum Verfahren S 10 SB 4660/05) und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
I.
Zu Recht hat das SG mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB seit 10.03.2004 und auch nicht auf Feststellung des Merkzeichens "aG". Der streitgegenständliche Bescheid des LRA vom 29.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 22.01.2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen zur Feststellung des GdB sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "aG" zutreffend dargestellt, weshalb hierauf Bezug genommen wird. Der Senat ist nach eigener Prüfung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, Gutachten aber auch der Angaben der Klägerin sowie unter Vornahme einer eigenen Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin weder Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 70 bis 31.12.2006 und von mehr als 80 ab dem 01.01.2007 sowie auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "aG" hat. Auch das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren zwingt zu keiner anderen Beurteilung.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Gegenstand des Verfahrens nicht nur der Zeitraum ab 01.01.2007 ist. Vielmehr hatte das LRA gemäß dem mit dem Beklagten geschlossenen Vergleich im Verfahren S 10 SB 4660/05 den Zeitraum seit 10.03.2004 einer Prüfung unterzogen. Auch soweit die Klägerin beim SG beantragt hatte "mindestens ab 01.01.2007" einen höheren GdB sowie das Merkzeichen "aG" festzustellen beinhaltet dies keine zeitliche Beschränkung des Begehrens. Auch sind die Merkzeichen "G" und "B" nicht Gegenstand des Verfahrens.
II. (GdB)
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) setzt sich zusammen aus den den Funktionsbehinderungen in den Funktionssystemen (dazu vgl. Anlage "Versorgungs-medizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV), dort A Nr. 2 Buchst. e VG; zuvor so schon A 10. (12) AHP 2008 und AHP 2004) zugewiesenen Einzel bzw. Teil-GdB.
Das Funktionssystem der Arme (vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG), wozu auch die Schultern zählen, ist bei der Klägerin durch Erkrankungen der Schultern beeinträchtigt. So konnte Dr. He. in seinem Gutachten im linken Schultergelenk eine leichte AC-Gelenksarthrose bei ansonstem unauffälligem Schultergelenk beschreiben, rechts dagegen eine manifeste erhebliche Omarthrose darstellen. Kernspintomographisch ist auch eine Supraspinatussehnenruptur bekannt. Insoweit hatte sich bei der Begutachtung durch Dr. He. am rechten Schultergelenk eine deutliche Einsteifung gezeigt; am linken Schultergelenk konnten Bewegungseinschränkungen in GdB-relevantem Ausmaß nicht festgestellt werden. Dagegen waren die Ellenbogengelenke ebenso frei beweglich, wie die Unterarmdrehung und die Handgelenksbeweglichkeit. Der Faustschluss war beiderseits komplett, die Handspreizung deckungsgleich. Sämtliche Fingerfeingriffe konnten ausgeführt werden. Im Hinblick auf die Bewegungseinschränkungen des Schultergelenks rechts (dazu vgl., B Nr. 18.13. VG bzw. Ziff. 26.18 AHP 2008 und AHP 2004), eine volle Versteifung oder Instabilität konnte nicht festgestellt werden, kann in diesem Funktionssystem daher ein dem Teil-GdB von 20 entsprechender Einzel-GdB angenommen werden. So konnte z.B. die Fachklinik N. in ihrem Bericht vom 23.08.2006 (Blatt 118 ff SG-Akte S 10 SB 4660/05) darüber berichten, dass der Klägerin der Nackengriff nur noch über das Schulterblatt rechts möglich ist, Dr. B. hat beschrieben, dass die Armelevation rechts nur bis weniger als die Horizontale möglich ist (Blatt 336 der SG-Akte = Seite 7 des Gutachtens). Zwar hatte bereist Prof. Dr. Sp. in seinem Bericht vom 25.07.1989 (Blatt 206 der Beklagtenakte) eine rechtsseitig stark eingeschränkte Beweglichkeitseinschränkung in allen Prüfrichtungen beschrieben, jedoch muss dies im Zusammenhang mit der von ihm beschriebenen Operation (Acromio-Plastik) vom 31.05.1989 und damit nur als vorübergehend angesehen werden. Da sich - wie die Berichte von Dr. Wa. seit 18.04.2006 (z.B. Blatt 68 der SG-Akte) mitteilen - seit April 2006 eine Verschlechterung der Schultersituation ergeben hat, konnte der Senat mit dem Versorgungsarzt des LRA Dr. Ba. (Blatt 342/343 der Beklagtenakte) eine Bewegungseinschränkung im höchsten Bewertungssegment erst ab dem 01.01.2007 annehmen. Dies ist - angesichts der auch seit 2004 vorliegenden ärztlichen Befunde - jedenfalls nicht zu Lasten der Klägerin rechtswidrig. Da weitere GdB-relevante Funktionsbeeinträchtigungen in diesem Funktionssystem nicht vorliegen, entspricht der Einzel-GdB dem Teil-GdB von 20. Selbst wenn man mit der Klägerin (Blatt 218 der Senatsakte) die Durchblutungsstörung Durchblutung der Armarterie mit einem Teil-GdB von 10 bewerten wollte, würde diese – weil den Arm betreffend – im Funktionssystem der Arme zu keinem höheren Einzel-GdB führen.
Das Funktionssystem der Beine (vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG), wozu auch die Hüften zählen, ist bei der Klägerin durch eine Spreizfußstellung beiderseits mit mäßigem Hallux valgus und angedeuteter Hammerzehenfehlstellung beiderseits, durch die Krampfadern und die Erkrankung er Knie beeinträchtigt. Die bestehenden Spreizfußbildungen sind als andere Fußdeformitäten i.S. von B Nr. 18.14 VG (26.18 AHP 2008 und AHP 2004) zu verstehen, die - weil vorliegend ohne statische Auswirkungen - keinen Teil-GdB von 10 begründen. Die Krampfadern haben nicht zu mehr als geringen belastungsabhängigen Ödemen, ulzerösen Hautveränderungen oder wesentlichen Stauungsbeschwerden geführt, sodass nach 18.14 VG (26.18 AHP 2008 und AHP 2004) ein Teil-GdB von allenfalls 10 angenommen werden kann. Wesentlicher ist die Funktionsbehinderung der Kniegelenke beidseits. Während Dr. He. eine initiale Gonarthrose beiderseits angenommen hat, hat Dr. Wa. eine Chondropatie Grad 3 bis 4 beschrieben (Bericht vom 14.05.2007, Blatt 66 der SG-Akte; Bericht vom 18.04.2006, Blatt 68 der SG-Akte). Letzteres wurde auch durch die radiologischen Berichte Dr. P. vom 31.10.2006 und 29.05.2006 (Blatt 243, 244 der SG-Akte S 10 SB 4660/05) bestätigt. In seinem Gutachten konnte Dr. He. jedoch weder eine Bandinstabilität beschreiben noch bei Bewegungsausmaßen von bds. 140/0/0 Grad (Blatt 131 der SG-Akte = Seite 7 des Gutachtens) GdB-relevante Einschränkung der Kniegelenksbeweglichkeit. Soweit der Beklagte daher Teil-GdB von 40 für eine Funktionsbehinderung beider Kniegelenke i.S.v. B Nr. 18.14 VG (Ziff. 26.18 AHP 2008 und AHP 2004) angenommen hat, ist dies unter Berücksichtigung des Umstandes, dass einerseits Bewegungseinschränkungen nicht bestehen und andererseits anhaltende Reizerscheinungen von Dr. He. nicht objektiviert werden konnten - die Kniegelenke zeigten normale Konturen ohne Ergussbildung (s. Seite 7 des Gutachtens) - jedenfalls nicht zu Lasten der Klägerin rechtswidrig. Angesichts der vorliegenden ärztlichen Befunde konnte sich der Senat dagegen nicht vom Vorliegen eines höheren Teil-GdB überzeugen. So hat auch Dr. M.-L. in ihrem Bericht vom 13.11.2014, den die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat, zwar eine Gonarthrose, jedoch an beiden Knien ausdrücklich keine Ergüsse festgestellt - auch aus den dort mitgeteilten Bewegungsausmaßen ergibt sich kein Anhalt für einen höheren Teil-GdB.
Bei der Akrozyanose, einer Erkrankung, die Dr. Wa. (Attest vom 17.11.2014, das die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat) dem rheumatischen Formenkreis zurechnet, handelt es sich um eine blaurote Verfärbung der Haut an den Akren bei Umgebungstemperaturen unter 18° C (vgl. Psychrembel-online, Stichwort Akrozyanose), bei der Kollagenose/Erythromealgie um eine Bindegewebserkrankung. Nach B Nr. 18.2.3 VG (Ziff. 26.18 AHP 2008 bzw. AHP 2004) richtet sich die Beurteilung des GdB bei Kollagenosen nach Art und Ausmaß der jeweiligen Organbeteiligung sowie den Auswirkungen auf den Allgemeinzustand, wobei auch eine Analogie zu den Muskelkrankheiten in Betracht kommen kann. Für die Dauer einer über sechs Monate anhaltenden aggressiven Therapie soll ein GdS von 50 nicht unterschritten werden. Bei nicht-entzündlichen Krankheiten der Weichteile kommt es auf Art und Ausmaß der jeweiligen Organbeteiligung sowie auf die Auswirkungen auf den Allgemeinzustand an. Die Akrozyanose und die Kollagenose betreffen bei der Klägerin die Zehen beidseits (vgl. Bericht des S.-Klinikums vom 17.02.2009 (Blatt 187 ff. der SG-Akte). Dabei liegt in den Zehen wohl eine Durchblutungsstörung – teilweise auch mit zu starker Durchblutung - vor (a.a.O. und auch Versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. G. vom 28.07.2014, Blatt 214 ff. der Senatsakte). Die Akrozyanose und die Kollagenose, die jedoch noch vom Gutachter Dr. B. lediglich als Verdachtsdiagnose geführt werden konnte (vgl. Gutachten Dr. B., zwischen Blatt 339, 340 der SG-Akte), wurde im Bericht der S.-Kliniken vom 22.05.2012 (Blatt 35 f. der Senatsakte) aber als gesichert beschrieben, nun jedoch mit Nachweis von Antipholipid Antikörpern und einer kutanen Lupus-erythematodes-Erkrankung. Da jedoch die Erkrankung zwar zeitweilig schmerzhaft ist und während der schmerzhaften Phasen die Gehfähigkeit in gewissem Umfang beeinträchtigt (dagegen konnte Dr. He. über eine unbeeinträchtigte Fähigkeit zu längerem Stehen berichten), andere Organe jedoch nicht beteiligt sind, sie über die zeitweisen Schmerzen nur geringere Auswirkungen auf den Allgemeinzustand hat und eine über sechs Monate anhaltende aggressive Therapie weder derzeit noch in der Vergangenheit erfolgte, konnte der Senat für diesen Erkrankungskomplex lediglich einen Teil-GdB von 10 annehmen.
Der im Funktionssystem der Beine integrativ zu bildende Einzel-GdB beruht auf den Teil-GdB von jeweils 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund der Krampfadern sowie des Erkrankungskomplexes Akrozyanose/Kollagenose sowie von 40 für die Funktionsbeeinträchtigungen beider Kniegelenke. Da GdB von 10 grds nicht erhöhend wirken, ist der Einzel-GdB im Funktionssystem der Beine mit 40 zutreffend bemessen. Dabei kann der Senat offen lassen, seit wann die Akrozyanose/Kollagenose eine Funktionsbehinderung nach sich gezogen hat.
Eine GdB-relevante Funktionsbehinderung im Funktionssystem des Rumpfes (vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG), wozu auch die Halswirbelsäule zählt, konnte der Senat nicht feststellen. Angesichts der Ausführungen von Dr. He. , der zwar eine spinale Enge lumbal beschrieben hat (Blatt 134 der SG-Akte = Seite 10 des Gutachtens), ansonsten aber eine Bewegungseinschränkung nicht gefunden hat, neurologische Ausfälle oder Reizungen nicht bestehen und auch die Gutachter Dr. Ra. und Dr. B. keine Anhaltspunkte für eine Funktionseinschränkung der Wirbelsäule beschreiben konnten - solche Befunde ergeben sich auch nicht aus den älteren in der Akte befindlichen Unterlagen -, konnte der Senat auch keinen Teil-GdB von mindestens 10 annehmen. Solche GdB-relevanten Funktionsbeeinträchtigungen lassen sich auch nicht dem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bericht von Dr. R. vom 29.08.2014 entnehmen.
Auch im Funktionssystem der Augen (vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) konnte der Senat keine GdB-relevante Funktionsbehinderung feststellen. So ist die Auskunft des Augenarztes Dr. S.-L. im Verfahren S 10 SAB 4660/05 (Blatt 41) ohne Hinweis auf eine relevante Funktionsbehinderung.
Im Funktionssystem des Herz-Kreislaufsystems (vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) konnte der Senat einen Einzel-GdB von 10 oder mehr nicht feststellen. Dr. B. konnte bei seiner Begutachtung (Blatt 340 der SG-Akte = Seite 12 des Gutachtens) eine Einschränkung der Herzfunktion (dazu vgl. B Nr. 9.1.1 VG 26.9 AHP 2008 und AHP 2004) nicht feststellen. Eine bedeutsame Pumpleistungsstörung lag nicht vor, eine solche hat auch Dr. Wa. in seinem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Attest vom 17.11.2014 nicht beschreiben können. Dies gilt trotz des embolischen Herzinfarktes im Jahr 2007 (dazu vgl. B Nr. 9.1.3 VG 26.9 AHP 2008 und AHP 2004), da dessen Folgen an der Leistungsfähigkeit des Herzens zu messen sind. Auch Rhythmusstörungen (dazu vgl. B Nr. 9.1.6 VG 26.9 AHP 2008 und AHP 2004) lagen nicht vor (a.a.O.). Auch soweit die Klägerin eine Arteriosklerose (dazu vgl. B Nr. 9.2.1 VG 26.9 AHP 2008 und AHP 2004) geltend macht, konnte eine überdauernde relevante Funktionsbehinderung nicht festgestellt werden. Eine Einschränkung der Restdurchblutung, ein Pulsausfall oder sonstige mehr als geringe Beschwerden (z.B. Missempfindungen in Wade und Fuß bei raschem Gehen) ein- oder beidseitig konnte der Senat gerade nicht feststellen. Einschränkungen der Herzleistungsleistung oder Durchblutung konnte der Senat auch nicht anhand der von der Klägerin auf Blatt 227 ff. (Schreiben der Klägerin vom 12.08.2014) mitgeteilten Berichte der St. V. Klinik K. bzw. des S.-Klinikums L. oder den sonstigen, in der Akte befindlichen früheren Befunden, ableiten.
Die vom Beklagten angenommenen Einzel-GdB von jeweils 10 für eine chronische Nebenhöhlenentzündung und Hauterkrankung, die Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation samt Verdauungsstörungen und den Speiseröhrengleitbruch sind nach Überzeugung des Senats nicht zu niedrig angenommen. Weitere Funktionsbehinderungen in diesen jeweiligen Funktionssystemen konnte der Senat nicht feststellen. Die beschriebenen Allergien bzw. Unverträglichkeiten (z.B. auf bestimmte Medikamente) bedeuten für sich keine GdB-relevanten Funktionsbehinderungen, da sie selbst keine GdB-relevanten Erkrankungen verursachen (vgl. z. B. B Nr. 8 bzw. Nr. 10 oder 17 VG).
Ob das von den behandelnden Ärzten dargelegte Multiple Chemical Syndrom (MCS) – wie vom Beklagten getan - im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche (vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) zu betrachten ist oder i.S. von B Nr. 18.4 VG (Ziff. 26.18 AHP 2008 bzw. AHP 2004) als rheumatische Weichteilerkrankung (vgl. Oberbegriffe zu Nr. 18 VG ) oder gar wie die Klägerin meint, als Allergie/Vergiftung anzusehen ist, ist für den vorliegenden Rechtsstreit ohne größere Bedeutung. Insoweit ist nämlich nicht die Bezeichnung, Diagnose oder Ursache maßgeblich, sondern vielmehr in welchem Funktionssystem die funktionellen Auswirkungen zum Tragen kommen. Denn nach der Rechtsprechung des Senats sind Störungen, die – wie z.B. manche Schmerzsyndrome – sich konkreten einzelnen Funktionssystemen nicht zuordnen lassen, im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 27.01.2012 - L 8 SB 768/11 - und vom 22.03.2013 - L 8 SB 4625/11 -, unveröffentlicht). Dabei ist es dann aber für die Bewertung des Einzel-GdB ohne Bedeutung, ob die Bewertung nach B Nr. 3 VG erfolgt oder die Bewertungsmaßstäbe der Teil-GdB aus anderen Bereichen der VG – hier: B Nr. 18.4 VG - stammen. Nach B Nr. 18.4 VG (Ziff. 26.18 AHP 2008 bzw. AHP 2004) ist das MCS und ähnliche Syndrome im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen. Diese bestehen vorliegend aber gerade nicht in rein körperlichen Auswirkungen. Insoweit hat Prof. Dr. H. gegenüber dem SG (Blatt 53/55 der SG-Akte S 10 SB 4660/05, vgl. auch sein Gutachten auf Blatt 284/310 der Beklagtenakte) ein ausgeprägtes MCS-Syndrom und eine ausgeprägte polyvalente Allergie bei Nahrungsmittelintoleranzen beschrieben. Damit verbunden ist – wie die Klägerin gegenüber Dr. Ra. (Blatt 291 der SG-Akte = Seite 14 des Gutachtens) ausgeführt hat – eine Reaktion auf bestimmte Parfums und Zigarettenrauch; die Allergie umfasst (vgl. dazu den vorgelegten Allergiepass z.B. auf Blatt 343 ff der SG-Akte S 10 SB 4660/05 bzw. die Anlagen zur Senatsakte) Reaktionen auf vielfältige Stoffe, bis hin zu bestimmten Medikamenten - jedoch sind gerade opiatbasierte Medikamente nicht ausgeschlossen - wie Dr. B. ausführte (vgl. S. 12 seines Gutachtens) -, sodass die Nichteinnahme von Schmerzmitteln bei den angegebenen starken Schmerzen nicht schlüssig erklärt wird; dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, wegen der Sorge abhängig von Opiaten zu werden, solche Mittel nicht einzunehmen, ändert an der Beurteilung nichts. Die Reaktionen auf die allergenen bzw. unverträglichen Stoffe geht hin bis zur Gefahr eines Schocks. Weitergehende Teilhabebeeinträchtigungen konnte auch Prof. Dr. H. nicht darlegen. Auch die Klägerin hat dies nicht getan, denn ihre Ausführungen zur medizinischen Feststellung und Einordnung der Erkrankungen bedeuten gerade noch nicht zwingend eine konkrete, GdB-relevante Teilhabebeeinträchtigung in Folge vorliegender Funktionsstörungen. Insoweit konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass erhebliche Funktionsbeeinträchtigungen mit einer Einschränkung der Teilhabefähigkeit vorliegen, zumal sonstige neurologische und psychiatrische Erkrankungen mit dem Gutachter Dr. Ra. ausgeschlossen werden können. Der vom Beklagten in Ansatz gebrachte Einzel-GdB von 50 ist daher nach Überzeugung des Senats jedenfalls nicht zu gering oder zu Lasten der Klägerin rechtswidrig. Die Funktionsstörungen, die der Beklagte bisher als entzündliche rheumatische Erkrankung zusammen mit einer MCS und einer seelischen Störung bewertet hatte, wurden bereits als Kollagenose usw. beim Funktionssystem der Beine berücksichtigt.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen. Solche waren auch den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen nicht zu entnehmen. Ebenso wenig gaben diese Anlass zu anderen Bewertungen der nachgewiesenen gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Arztauskünfte und ärztlichen Unterlagen bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Der Senat hält deshalb weitere Ermittlungen, nicht mehr für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Ein weiteres Gutachten war nicht daher einzuholen; auch die Klägerin hat an ihrem Antrag nach § 109 SGG nicht weiter festgehalten.
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB mit bis 31.12.2006 mit 70 und seither mit 80, gebildet aus Einzel-GdB-Werten von - 20 seit 01.01.2007 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems der Arme (Schulter), - 40 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems der Beine (Knie, Akrozyanose/Kollagenose), - 50 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems des Gehirns einschließlich der Psyche (MCS) - sowie der weiteren vom Beklagten angenommenen Einzel-GdB von 10 jeweils für die chronische Nebenhöhlenentzündung und Hauterkrankung, den Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation und Verdauungsstörungen sowie den Speiseröhrengleitbruch, - wobei Einzel-GdB-Werte von 10 regemäßig nicht erhöhend wirken - zu bemessen. Dabei hat der Senat besonders berücksichtigt, dass die angegebenen Schmerzen sowohl aus dem Funktionssystem der Beine stammen und dort die Gehfähigkeit in gewisser Weise beeinträchtigen, jedoch auch den übrigen Körper betreffen.
Mit dem vom Senat festgestellten Gesamt-GdB von 70 bzw. 80 ab 01.01.2007 sind die bisher bestehenden Feststellungsbescheide nicht rechtswidrig i.S.d. § 44 Abs. 2 SGB X noch konnte der Senat eine bisher nicht berücksichtigte rechtlich wesentliche Änderung i.S.d. § 48 SGB X feststellen.
III. (aG)
Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Feststellung des Merkzeichens "aG" ist § 69 Abs. 4 SGB IX i.V.m. §§ 1 Abs. 4 und 3 Abs. 1 Nr. 1 der Schwerbehindertenausweisverordnung vom 25.07.1991, zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 02.12.2006 (BGBl. I S. 2742). Danach ist das Merkzeichen "aG" festzustellen, wenn der behinderte Mensch außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften ist.
Eine derartige straßenverkehrsrechtliche Vorschrift ist die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) vom 26.01.2001 (BAnz S. 1419, berichtigt S. 5206), zu-letzt geändert durch Art. 1 ÄndVwV vom 10.04.2006 (BAnz S. 2968). Nach Abschnitt II Nr. 1 der VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO sind als schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können, oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem zuvor genannten Personenkreis gleichzustellen sind.
Die Klägerin gehört - unstreitig - nicht zu dem ausdrücklich genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gebehinderten.
Die Klägerin kann dem genannten Personenkreis auch nicht gleichgestellt werden, da ihre Gehfähigkeit nicht in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist oder sie sich nicht nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der VwV genannten Personen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann. Dies steht für den Senat aufgrund der zu den Akten gelangten ärztlichen Unterlagen und der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme fest. Davon konnte sich der Senat aber auch selbst ein Bild machen, als die Klägerin den Sitzungssaal betrat.
Bis zum 31.12.2008 waren die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3 3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1). Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungs-folgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB.
Die Anlage VG zur VersMedV ist rechtlich allerdings nicht beachtlich. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche durch Verordnung regeln zu können, enthalten weder § 30 Abs. 16 BVG, der nicht auf die im Schwerbehindertenrecht im SGB IX geregelten Nachteilsaus-gleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR SozR 4/2009), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche ist auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX vorhanden. Die Regelungen der VG zum Nachteilsausgleich "aG" (wie auch "G") sind damit mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile des Senats vom 23.07.2010 - L 8 SB 3119/08 - vom 14.08.2009 - L 8 SB 1691/08 -, beide veröffentlicht in juris und im Internet: www.sozialgerichtsbarkeit.de). Rechtsgrundlage sind daher allein die genannten gesetzlichen Bestimmungen und die hierzu in ständiger Rechtsprechung zulässig anzuwendenden Verwaltungsvorschriften.
Ein Betroffener ist danach gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in Nr. 11 Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 1. Halbsatz VwV-StVO aufgeführten schwerbehinderten Menschen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 23). Hierbei ist zu beachten, dass die maßgebenden straßenverkehrsrechtlichen Vorschrift nicht darauf abstellen, über welche Wegstrecke ein schwerbehinderter Mensch sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges zumutbar noch bewegen kann, sondern darauf, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist: nämlich nur noch mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung. Wer diese Voraussetzung - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - erfüllt, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt (vgl. BSG SozR 3 3250 § 69 Nr. 1 und Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R -, juris).
Dass die Klägerin überhaupt nicht Gehen oder Stehen kann und daher auf den Rollstuhl angewiesen ist, ist zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen. Vielmehr hat sie bei den Gutachtern gezeigt, dass sie noch in der Lage ist, wenn auch kleinschrittig und unsicher aber doch selbständig, zu stehen und zu gehen. Auch hat sie angegeben, den Rollstuhl nur zu 80 % zu benutzen und auch mit Gehhilfen (z.B. Unterarmgehstützen) zu gehen. Einkäufe erledigt sie selbst, dabei geht sie kurze Strecken. Auch kann sie selbständig vom Rollstuhl ins Auto wechseln und dabei Gehen und Stehen. Damit kann nicht allein aus dem Benutzen eines Rollstuhls auf eine außergewöhnliche Gehbehinderung geschlossen werden. Die Klägerin ist beim Gehen und Stehen auch nicht auf fremde Hilfe – allenfalls auf technische Unterstützung (Gehstock/Unterarmgehstützen) - angewiesen.
Auch im Übrigen konnte der Senat nicht feststellen, dass die Gehfähigkeit der Klägerin in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und sie sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in Nr. 11 Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 1. Halbsatz VwV-StVO aufgeführten schwerbehinderten Menschen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung der Beweiswürdigung des SG an.
Zwar konnte Dr. He. als orthopädischer Gutachter Kniegelenksdefekte beschreiben (dazu siehe oben), auch hat Dr. M.-L. im Bericht vom 13.11.2014 eine reduzierte Gehstrecke von wenigen Metern mitgeteilt, doch beeinträchtigen weder die Kniegelenksdefekte als solche noch die damit verbundenen Schmerzen die Klägerin in außergewöhnlichem Maß. So konnte Dr. He. die angegebenen Schmerzen morphologisch oder radiologisch nicht einem Befund zuordnen (Blatt 136 der SG-Akte = Seite 12 des Gutachtens). Organische Ursachen orthopädischer Art konnte der Gutachter nicht darstellen, ebensowenig Dr. M.-L ... Die Akrozyanose/Kollagenose bedingt zwar gewisse Schmerzen, jedoch wird dadurch die Gehfähigkeit organischerseits nicht außergewöhnlich eingeschränkt. Auch neurologischerseits ließ sich eine außergewöhnliche Beeinträchtigung der Gehfähigkeit nicht belegen (Gutachten Dr. Ra. , Blatt 304 der SG-Akte = Seite 27 des Gutachtens). Zwar konnte der Senat mit dem Gutachter Dr. B. feststellen, dass nicht nur eine vorgetäuschte, sondern eine glaubhafte Gangstörung besteht (zwischen Blatt 339, 340 der SG-Akte). Doch konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass die Gehfähigkeit der Klägerin in der dargelegten außergewöhnlich ausgeprägten Form, mithin vom ersten Schritt an eingeschränkt ist. Soweit Dr. B. dies annimmt, kann er keine belastbaren Befunde mitteilen. Vielmehr beschreibt er eine bei der Fortbewegung sich anstrengende, sehr langsam und nur weniger als 50 Meter gehende Klägerin, die aber unter Einsatz von Hilfsmitteln (Rollator bzw. Gehhilfen) oder Schmerzmitteleinnahme durchaus in der Lage wäre, ausgeprägter zu gehen (Blatt 341 der SG-Akte = Seite 13 des Gutachtens). Dr. B. selbst geht aber auch davon aus, dass gerade objektive Befunde nicht existieren, sonst würde seine Aussage zu eruieren, ob es objektive Belege oder Befunde für eine eingeschränkte Gehfähigkeit gibt, ohne Bedeutung sein. Eine - fachärztlich von Dr. Ra. auch nicht diagnostizierte - psychogene Gangstörung begründet aber keinen Anspruch auf Feststellung des Merkzeichens "aG" (vgl. dazu Senatsurteil vom 24.01.2014 – L 8 SB 2723/13 – juris), da eine Beeinträchtigung der Gehfähigkeit als solche vorliegen muss und nicht der fehlende Wille/Antrieb eine noch vorhandene Gehfähigkeit auszunutzen ausreicht. Die von der Klägerin demonstrierte Gangstörung wird durch die erhobenen somatischen und psychologischen Befunde nicht erklärt.
Insgesamt konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass die Klägerin wegen einer in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkte Gehfähigkeit dem berechtigten Personenkreis gleichzustellen ist.
IV.
Nachdem die Klägerin weder Anspruch auf höhere Feststellung des GdB noch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "aG" hat, war ihre Berufung zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Grad der Behinderung (GdB) sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung des Nachteilausgleichs "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) streitig.
Bei der 1943 geborenen Klägerin, war durch Bescheide des Versorgungsamts W. (Blatt 84, 103, 116, 154 und 181 der Beklagtenakte) eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. ein GdB von 50, 60, bzw. 70 festgestellt worden. Auf den unter Vorlage ärztlicher Unterlagen am 10.03.2004 beim Versorgungsamt K. gestellten Antrag auf höhere (Neu-)Feststellung des GdB sowie auf Zuerkennung von Merkzeichen (Blatt 206/275 der Beklagtenakte) und nach Einholung von versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. N. vom 12.04.2004 (Blatt 276/277 der Beklagtenakte) sowie nach Anhörung der Klägerin (Blatt 278/279 und versorgungsärztliche Stellungnahme Blatt 311/312 der Beklagtenakte, zu dem vorgelegten Gutachten von Prof. Dr. H. vgl. Blatt 284/310 der Beklagtenakte) hob das Landratsamts K. (LRA) mit Bescheid vom 18.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 19.10.2005 den Bescheid des Versorgungsamts W. vom 02.02.1987 auf und stellte den GdB ab 20.04.2005 mit 50 fest. Auch die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" lägen nicht mehr vor.
In dem hiergegen geführten Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Karlsruhe (S 10 SB 4660/05) anerkannte der Beklagte das Vorliegen eines GdB von 70 sowie das Merkzeichen "G" jeweils über den 19.04.2005. Des Weiteren erklärte er sich bereit, für den Zeitraum ab 10.03.2004 nach §§ 44, 48 SGB X zu prüfen, ob ein höherer GdB als 70 sowie das Merkzeichen "aG" zuerkannt werden könnten (Blatt 378 der SG-Akte).
Das LRA führte mit Bescheid vom 10.10.2007 (Blatt 339/340 der Beklagtenakte) das Anerkenntnis aus und stellte mit Bescheid vom 29.10.2007 (Blatt 346/347) seit dem 01.01.2007 einen GdB von 80 sowie das Merkzeichen "B" neu fest. Die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "aG" seien nicht erfüllt.
Den am 22.11.2007 erhobenen Widerspruch der Klägerin (Blatt 352, 354/358 der Beklagtenakte) wies der Beklagte nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. C. vom 04.01.2008 (Blatt 362/364 der Beklagtenakte; zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Entzündlich-rheumatische Erkrankung, Allergie, Multiuple chemische Sensitivität, seelische Störung (Teil-GdB 50), Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Krampfadern (Teil-GdB 40), Expothalmismus (Teil-GdB 10), chronische Nebenhöhlenentzündung, Hauterkrankung (Teil-GdB 10), Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation, Verdauungsstörungen (Teil-GdB10), Speiseröhrengleitbruch (Teil-GdB 10), Funktionsbehinderung beider Schultergelenke (Teil-GdB 20)) durch das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 22.01.2008 (Blatt 372/375 der Beklagtenakte) zurück.
Am 25.03.2008 hat die Klägerin beim SG Klage erhoben mit dem Ziel der Feststellung eines GdB von 100 und der Zuerkennung des Merkzeichens "aG" zumindest für die Zeit ab dem 01.01.2007. Ihre Therapierbarkeit sei durch Allergien und Medikamentenunverträglichkeit eingeschränkt. Zudem sei eine Gleichstellung mit außergewöhnlich gehbehinderten Personen vorzunehmen. Sie hat u.a. Atteste des Allgemeinmediziners Dr. Wa. vom 10.09.2007 und 14.04.2008 sowie den Entlassungsbericht der Sankt V.-Kliniken K. vom 27.09.2007 vorgelegt.
Das SG hat beim Allgemeinmediziner Dr. Wa. und bei der Fachärztin für Orthopädie Dr. M.-L ... Dr. Wa. Unterlagen beigezogen (Blatt 65/100, 102/103 der SG-Akte) und Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens beim Arzt für Orthopäde und Rheumatologie Dr. He ... In seinem Gutachten vom 07.09.2009 (Blatt 125/137 der SG-Akte) hat dieser einen Spreizfuß beidseitig mit mäßigem Hallux valgus und angedeuteter Hammerzehenfehlstellung beidseitig, eine Variköse, initiale Gonarthrose beidseitig, Schultersteife rechts bei bekanntem Supraspinatussehnenriss und markanter Omarthrose sowie ein chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom diagnostiziert und die gesunheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" verneint.
Nun hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines internistischen Gutachtens beim Facharzt für Innere Medizin und Arbeitsmedizin Dr. B ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 20.01.2010 (Blatt 330/367 der SG-Akte) unter Berücksichtigung eines neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachtens von Dr. Ra. , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 21.12.2009 (Blatt 278/328 der SG-Akte), der auf neurologischem und psychiatrischen Fachgebiet keine Behinderung und auch keine außergewöhnliche Gehbehinderung feststellen konnte, ausgeführt, der GdB solle bei 80 verbleiben. Die Klägerin sei jedoch dem außergewöhnlich gehbehinderten Personenkreis gleichzustellen. Die Klägerin habe sich bei der Untersuchung nachvollziehbar deutlich zur Fortbewegung anstrengen müssen.
Darüber hinaus hatte das SG den Facharzt für Neurologie Prof. Dr. Bre. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt (Blatt 381 der SG-Akte). Nachdem die Klägerin eine Begutachtung abgelehnt hatte (vgl. z.B. Blatt 500 der SG-Akte), hob das SG den Gutachtensauftrag wieder auf (Blatt 526 d. SG-Akte).
Des Weiteren hat das Gericht die Akten des Sozialgerichts Karlsruhe in den Verfahren S 3 KR 2771/04 und S 10 SB 4660/05 beigezogen.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.07.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Für den Beschwerdekomplex der Klägerin mit der Kollagenose, Allergien und einer Multiple Chemical Sensitivity (MCS) sei ein höherer Teil-GdB als 50 nicht zu begründen. Im Übrigen seien psychische Leiden mit einem GdB von mindestens 10 auch unter Berücksichtigung des Entlassberichts des Fachkrankenhauses N. vom 23.08.2006 nicht zu begründen. Hinsichtlich der Beeinträchtigungen der Klägerin im Bereich ihrer unteren Extremitäten sei ein höherer Teil-GdB als 30 nicht zu begründen. Des Weiteren bestünden bei der Klägerin Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Schulter, hinsichtlich derer ein höherer Teil-GdB als 20 nicht zu begründen sei. Der Gesamt-GdB sei mit 80 zu bewerten. Auch das Merkzeichen "aG" sei nicht festzustellen. Aufgrund der nachvollziehbaren Ausführungen von Dr. He. stehe fest, dass keine schwere Gehfähigkeit bzw. außergewöhnliche Gehbehinderung vorliege. Die Klägerin könne aufstehen, wobei die besonders geklagten Beschwerden im Bereich der Kniegelenke keine morphologischen oder radiologischen Grundlagen hätten. Es zeige sich keine wesentliche Einschränkung des Gehvermögens. Zwar habe Dr. B. mitgeteilt, die Fortbewegung sei bei der Untersuchung nur unter großer Anstrengung möglich gewesen. Allerdings habe er einschränkend darauf hingewiesen, dass unter Einsatz anderer Hilfsmittel wie Unterarmgehstützen und Rollator oder unter analgetischem Schutz die Sachlage anders beurteilt werden könnte.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 10.07.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 31.07.2012 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Unter umfassender Vorlage von Unterlagen (Blatt 31/138, 45/113, 160/199 und 217/238 der Senatsakte sowie Anlagen der Senatsakte) hat die Klägerin u.a. ausgeführt, die entzündliche rheumatische Erkrankung, die MCS, die Allergie und die Funktionsbehinderungen der Kniegelenke seien zu gering bewertet. Außerdem führe die Herzerkrankung zu Einschränkungen. Dr. B. habe bei ihr ein kleinschrittiges und unsicheres Gangbild mit einer Schrittlänge von weniger als einem Fuß dargestellt. Es sei auch rein spekulativ dass die Gehfähigkeit durch Hilfsmittel gesteigert werden könne. Ihre Erkrankungen hätten Krankheitswert und seien nicht somatoform oder altersbedingt. Es bestehe eine Herzembolie, eine Akrozyanose, eine hochgradige Abgangsstenose der A subclavia links mit Subvlavian steal Phänomen bei generalisierter Arteriosklerose sowie Krampfadern. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ein geheftetes Konvolut ärztlicher Äußerungen und Literatur- und Aktenauszüge übergeben.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 05.07.2012 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheid des Landratsamts K. vom 29.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 22.01.2008 zu verurteilen, bei ihr einen Grad der Behinderung von 100 sowie das Merkzeichen "aG" ab dem 10.03.2004 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält unter Vorlage von versorgungsärztlichen Stellungnahmen (Blatt 43/44, 132, 214/216 der Senatsakte) die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Zuletzt hatte der Versorgungsarzt Dr. G. (Blatt 214/216 der Senatsakte) u.a. ausgeführt, die Durchblutungsstörungen der Füße/Zehen seien bisher als sekundäre Akrozyanose bei undifferenzierter Kollagenose eingeordnet worden und seien in der bisherigen Bewertung der Kollagenose, der Allergie und der multiplen Chemikaliensensitivität mitberücksichtigt. Ob die Durchblutungsstörungen sich als Akrozyanose oder möglicherweise auch im Sinne einer anfallsweisen Mehrdurchblutung zeigten sei für die Bewertung von untergeordneter Bedeutung. Nach bisheriger Aktenlage habe sich eine wechselnde Ausprägung der Durchblutungsstörungen gezeigt, teilweise mit Hautläsionen, teilweise ohne Hautläsionen. Eine anhaltende wesentliche Verschlechterung dieser Durchblutungsstörungen der Füße/Zehen mit rezidivierenden Ulzerationen sei anhand des Attestes von Dr. Wa. vom 24.02.14 und der neu vorgelegten Fotodokumentationen nicht ausreichend belegt. Nach NSTEMI (embolischer Herzinfarkt) 2007 sei für die Bewertung die verbliebene dauerhafte kardiale Leistungseinbuße maßgeblich, unabhängig davon ob eine Koronare Herzkrankheit diagnostiziert sei. Wesentliche funktionelle Einschränkungen der Herzleistung seien vom internistischen Gutachter Dr. B. nicht bestätigt worden. Auch das Vorliegen einer allgemeinen Arteriosklerose begründe für sich noch keinen GdB. Maßgebend seien objektivierbare funktionelle Defizite in Verbindung mit hämo-dynamisch relevanten Gefäßverengungen. GdB-relevante funktionelle Defizite in Verbindung mit der Arteriosklerose seien bisher nicht belegt. In Verbindung mit der Abgangsstenose der Arteria subclavia links mit Subclavian-Steal-Phänomen seien bisher relevante Funktionseinschränkungen des linken Armes oder durch Minderdurchblutung des Gehirns (Anzapfphänomen einer hirnversorgenden Arterie) nicht belegt. Hinsichtlich der Kniegelenksarthrose habe der kernspintomographische Befund des linken Kniegelenkes vom 08.04.14 einen bildgebenden Befund dargestellt (höhergradige arthrotische Veränderungen, ein Reizerguss und ein Meniskusschaden). Maßgebend seien jedoch die klinischen Auswirkungen; hier lägen keine aktuellen orthopädisch-klinischen Befunderhebungen vor. Dr. Bö. habe im Bericht vom 14.11.12 für beide Kniegelenke leichte Kapselschwellungen, keine tastbaren Ergüsse und keine wesentliche Bewegungseinschränkung beschrieben. Bei dieser klinischen Befundsituation sei auch bei Vorliegen höhergradiger arthrotischer Veränderungen in der bildgebenden Diagnostik eine Höherbewertung der Funktionsbeeinträchtigung der unteren Gliedmaßen (bisher GdB 30) nicht begründbar. Die Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung könnten bei den bisher vorliegenden objektivierbaren Befunden (insbesondere an den unteren Gliedmaßen) und der wechselhaften Befundausprägungen nicht als erfüllt angesehen werden.
Die Klägerin hat am 22.11.2013 beantragt, bei Dr. rer. nat. F. ein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen. Nachdem dieser mitgeteilt hatte, das Gutachten erst bis September 2014 fertigstellen zu können und dafür voraussichtlich 3.578,79 EUR in Rechnung zu stellen, hat die Klägerin den Antrag zurückgenommen (Blatt 152 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte samt den von der Klägerin hierzu vorgelegten Anlagen und dem Ordner, sowie die beigezogenen Akten des SG (auch zum Verfahren S 10 SB 4660/05) und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
I.
Zu Recht hat das SG mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB seit 10.03.2004 und auch nicht auf Feststellung des Merkzeichens "aG". Der streitgegenständliche Bescheid des LRA vom 29.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 22.01.2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen zur Feststellung des GdB sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "aG" zutreffend dargestellt, weshalb hierauf Bezug genommen wird. Der Senat ist nach eigener Prüfung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, Gutachten aber auch der Angaben der Klägerin sowie unter Vornahme einer eigenen Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin weder Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 70 bis 31.12.2006 und von mehr als 80 ab dem 01.01.2007 sowie auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "aG" hat. Auch das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren zwingt zu keiner anderen Beurteilung.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Gegenstand des Verfahrens nicht nur der Zeitraum ab 01.01.2007 ist. Vielmehr hatte das LRA gemäß dem mit dem Beklagten geschlossenen Vergleich im Verfahren S 10 SB 4660/05 den Zeitraum seit 10.03.2004 einer Prüfung unterzogen. Auch soweit die Klägerin beim SG beantragt hatte "mindestens ab 01.01.2007" einen höheren GdB sowie das Merkzeichen "aG" festzustellen beinhaltet dies keine zeitliche Beschränkung des Begehrens. Auch sind die Merkzeichen "G" und "B" nicht Gegenstand des Verfahrens.
II. (GdB)
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) setzt sich zusammen aus den den Funktionsbehinderungen in den Funktionssystemen (dazu vgl. Anlage "Versorgungs-medizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV), dort A Nr. 2 Buchst. e VG; zuvor so schon A 10. (12) AHP 2008 und AHP 2004) zugewiesenen Einzel bzw. Teil-GdB.
Das Funktionssystem der Arme (vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG), wozu auch die Schultern zählen, ist bei der Klägerin durch Erkrankungen der Schultern beeinträchtigt. So konnte Dr. He. in seinem Gutachten im linken Schultergelenk eine leichte AC-Gelenksarthrose bei ansonstem unauffälligem Schultergelenk beschreiben, rechts dagegen eine manifeste erhebliche Omarthrose darstellen. Kernspintomographisch ist auch eine Supraspinatussehnenruptur bekannt. Insoweit hatte sich bei der Begutachtung durch Dr. He. am rechten Schultergelenk eine deutliche Einsteifung gezeigt; am linken Schultergelenk konnten Bewegungseinschränkungen in GdB-relevantem Ausmaß nicht festgestellt werden. Dagegen waren die Ellenbogengelenke ebenso frei beweglich, wie die Unterarmdrehung und die Handgelenksbeweglichkeit. Der Faustschluss war beiderseits komplett, die Handspreizung deckungsgleich. Sämtliche Fingerfeingriffe konnten ausgeführt werden. Im Hinblick auf die Bewegungseinschränkungen des Schultergelenks rechts (dazu vgl., B Nr. 18.13. VG bzw. Ziff. 26.18 AHP 2008 und AHP 2004), eine volle Versteifung oder Instabilität konnte nicht festgestellt werden, kann in diesem Funktionssystem daher ein dem Teil-GdB von 20 entsprechender Einzel-GdB angenommen werden. So konnte z.B. die Fachklinik N. in ihrem Bericht vom 23.08.2006 (Blatt 118 ff SG-Akte S 10 SB 4660/05) darüber berichten, dass der Klägerin der Nackengriff nur noch über das Schulterblatt rechts möglich ist, Dr. B. hat beschrieben, dass die Armelevation rechts nur bis weniger als die Horizontale möglich ist (Blatt 336 der SG-Akte = Seite 7 des Gutachtens). Zwar hatte bereist Prof. Dr. Sp. in seinem Bericht vom 25.07.1989 (Blatt 206 der Beklagtenakte) eine rechtsseitig stark eingeschränkte Beweglichkeitseinschränkung in allen Prüfrichtungen beschrieben, jedoch muss dies im Zusammenhang mit der von ihm beschriebenen Operation (Acromio-Plastik) vom 31.05.1989 und damit nur als vorübergehend angesehen werden. Da sich - wie die Berichte von Dr. Wa. seit 18.04.2006 (z.B. Blatt 68 der SG-Akte) mitteilen - seit April 2006 eine Verschlechterung der Schultersituation ergeben hat, konnte der Senat mit dem Versorgungsarzt des LRA Dr. Ba. (Blatt 342/343 der Beklagtenakte) eine Bewegungseinschränkung im höchsten Bewertungssegment erst ab dem 01.01.2007 annehmen. Dies ist - angesichts der auch seit 2004 vorliegenden ärztlichen Befunde - jedenfalls nicht zu Lasten der Klägerin rechtswidrig. Da weitere GdB-relevante Funktionsbeeinträchtigungen in diesem Funktionssystem nicht vorliegen, entspricht der Einzel-GdB dem Teil-GdB von 20. Selbst wenn man mit der Klägerin (Blatt 218 der Senatsakte) die Durchblutungsstörung Durchblutung der Armarterie mit einem Teil-GdB von 10 bewerten wollte, würde diese – weil den Arm betreffend – im Funktionssystem der Arme zu keinem höheren Einzel-GdB führen.
Das Funktionssystem der Beine (vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG), wozu auch die Hüften zählen, ist bei der Klägerin durch eine Spreizfußstellung beiderseits mit mäßigem Hallux valgus und angedeuteter Hammerzehenfehlstellung beiderseits, durch die Krampfadern und die Erkrankung er Knie beeinträchtigt. Die bestehenden Spreizfußbildungen sind als andere Fußdeformitäten i.S. von B Nr. 18.14 VG (26.18 AHP 2008 und AHP 2004) zu verstehen, die - weil vorliegend ohne statische Auswirkungen - keinen Teil-GdB von 10 begründen. Die Krampfadern haben nicht zu mehr als geringen belastungsabhängigen Ödemen, ulzerösen Hautveränderungen oder wesentlichen Stauungsbeschwerden geführt, sodass nach 18.14 VG (26.18 AHP 2008 und AHP 2004) ein Teil-GdB von allenfalls 10 angenommen werden kann. Wesentlicher ist die Funktionsbehinderung der Kniegelenke beidseits. Während Dr. He. eine initiale Gonarthrose beiderseits angenommen hat, hat Dr. Wa. eine Chondropatie Grad 3 bis 4 beschrieben (Bericht vom 14.05.2007, Blatt 66 der SG-Akte; Bericht vom 18.04.2006, Blatt 68 der SG-Akte). Letzteres wurde auch durch die radiologischen Berichte Dr. P. vom 31.10.2006 und 29.05.2006 (Blatt 243, 244 der SG-Akte S 10 SB 4660/05) bestätigt. In seinem Gutachten konnte Dr. He. jedoch weder eine Bandinstabilität beschreiben noch bei Bewegungsausmaßen von bds. 140/0/0 Grad (Blatt 131 der SG-Akte = Seite 7 des Gutachtens) GdB-relevante Einschränkung der Kniegelenksbeweglichkeit. Soweit der Beklagte daher Teil-GdB von 40 für eine Funktionsbehinderung beider Kniegelenke i.S.v. B Nr. 18.14 VG (Ziff. 26.18 AHP 2008 und AHP 2004) angenommen hat, ist dies unter Berücksichtigung des Umstandes, dass einerseits Bewegungseinschränkungen nicht bestehen und andererseits anhaltende Reizerscheinungen von Dr. He. nicht objektiviert werden konnten - die Kniegelenke zeigten normale Konturen ohne Ergussbildung (s. Seite 7 des Gutachtens) - jedenfalls nicht zu Lasten der Klägerin rechtswidrig. Angesichts der vorliegenden ärztlichen Befunde konnte sich der Senat dagegen nicht vom Vorliegen eines höheren Teil-GdB überzeugen. So hat auch Dr. M.-L. in ihrem Bericht vom 13.11.2014, den die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat, zwar eine Gonarthrose, jedoch an beiden Knien ausdrücklich keine Ergüsse festgestellt - auch aus den dort mitgeteilten Bewegungsausmaßen ergibt sich kein Anhalt für einen höheren Teil-GdB.
Bei der Akrozyanose, einer Erkrankung, die Dr. Wa. (Attest vom 17.11.2014, das die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat) dem rheumatischen Formenkreis zurechnet, handelt es sich um eine blaurote Verfärbung der Haut an den Akren bei Umgebungstemperaturen unter 18° C (vgl. Psychrembel-online, Stichwort Akrozyanose), bei der Kollagenose/Erythromealgie um eine Bindegewebserkrankung. Nach B Nr. 18.2.3 VG (Ziff. 26.18 AHP 2008 bzw. AHP 2004) richtet sich die Beurteilung des GdB bei Kollagenosen nach Art und Ausmaß der jeweiligen Organbeteiligung sowie den Auswirkungen auf den Allgemeinzustand, wobei auch eine Analogie zu den Muskelkrankheiten in Betracht kommen kann. Für die Dauer einer über sechs Monate anhaltenden aggressiven Therapie soll ein GdS von 50 nicht unterschritten werden. Bei nicht-entzündlichen Krankheiten der Weichteile kommt es auf Art und Ausmaß der jeweiligen Organbeteiligung sowie auf die Auswirkungen auf den Allgemeinzustand an. Die Akrozyanose und die Kollagenose betreffen bei der Klägerin die Zehen beidseits (vgl. Bericht des S.-Klinikums vom 17.02.2009 (Blatt 187 ff. der SG-Akte). Dabei liegt in den Zehen wohl eine Durchblutungsstörung – teilweise auch mit zu starker Durchblutung - vor (a.a.O. und auch Versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. G. vom 28.07.2014, Blatt 214 ff. der Senatsakte). Die Akrozyanose und die Kollagenose, die jedoch noch vom Gutachter Dr. B. lediglich als Verdachtsdiagnose geführt werden konnte (vgl. Gutachten Dr. B., zwischen Blatt 339, 340 der SG-Akte), wurde im Bericht der S.-Kliniken vom 22.05.2012 (Blatt 35 f. der Senatsakte) aber als gesichert beschrieben, nun jedoch mit Nachweis von Antipholipid Antikörpern und einer kutanen Lupus-erythematodes-Erkrankung. Da jedoch die Erkrankung zwar zeitweilig schmerzhaft ist und während der schmerzhaften Phasen die Gehfähigkeit in gewissem Umfang beeinträchtigt (dagegen konnte Dr. He. über eine unbeeinträchtigte Fähigkeit zu längerem Stehen berichten), andere Organe jedoch nicht beteiligt sind, sie über die zeitweisen Schmerzen nur geringere Auswirkungen auf den Allgemeinzustand hat und eine über sechs Monate anhaltende aggressive Therapie weder derzeit noch in der Vergangenheit erfolgte, konnte der Senat für diesen Erkrankungskomplex lediglich einen Teil-GdB von 10 annehmen.
Der im Funktionssystem der Beine integrativ zu bildende Einzel-GdB beruht auf den Teil-GdB von jeweils 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund der Krampfadern sowie des Erkrankungskomplexes Akrozyanose/Kollagenose sowie von 40 für die Funktionsbeeinträchtigungen beider Kniegelenke. Da GdB von 10 grds nicht erhöhend wirken, ist der Einzel-GdB im Funktionssystem der Beine mit 40 zutreffend bemessen. Dabei kann der Senat offen lassen, seit wann die Akrozyanose/Kollagenose eine Funktionsbehinderung nach sich gezogen hat.
Eine GdB-relevante Funktionsbehinderung im Funktionssystem des Rumpfes (vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG), wozu auch die Halswirbelsäule zählt, konnte der Senat nicht feststellen. Angesichts der Ausführungen von Dr. He. , der zwar eine spinale Enge lumbal beschrieben hat (Blatt 134 der SG-Akte = Seite 10 des Gutachtens), ansonsten aber eine Bewegungseinschränkung nicht gefunden hat, neurologische Ausfälle oder Reizungen nicht bestehen und auch die Gutachter Dr. Ra. und Dr. B. keine Anhaltspunkte für eine Funktionseinschränkung der Wirbelsäule beschreiben konnten - solche Befunde ergeben sich auch nicht aus den älteren in der Akte befindlichen Unterlagen -, konnte der Senat auch keinen Teil-GdB von mindestens 10 annehmen. Solche GdB-relevanten Funktionsbeeinträchtigungen lassen sich auch nicht dem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bericht von Dr. R. vom 29.08.2014 entnehmen.
Auch im Funktionssystem der Augen (vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) konnte der Senat keine GdB-relevante Funktionsbehinderung feststellen. So ist die Auskunft des Augenarztes Dr. S.-L. im Verfahren S 10 SAB 4660/05 (Blatt 41) ohne Hinweis auf eine relevante Funktionsbehinderung.
Im Funktionssystem des Herz-Kreislaufsystems (vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) konnte der Senat einen Einzel-GdB von 10 oder mehr nicht feststellen. Dr. B. konnte bei seiner Begutachtung (Blatt 340 der SG-Akte = Seite 12 des Gutachtens) eine Einschränkung der Herzfunktion (dazu vgl. B Nr. 9.1.1 VG 26.9 AHP 2008 und AHP 2004) nicht feststellen. Eine bedeutsame Pumpleistungsstörung lag nicht vor, eine solche hat auch Dr. Wa. in seinem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Attest vom 17.11.2014 nicht beschreiben können. Dies gilt trotz des embolischen Herzinfarktes im Jahr 2007 (dazu vgl. B Nr. 9.1.3 VG 26.9 AHP 2008 und AHP 2004), da dessen Folgen an der Leistungsfähigkeit des Herzens zu messen sind. Auch Rhythmusstörungen (dazu vgl. B Nr. 9.1.6 VG 26.9 AHP 2008 und AHP 2004) lagen nicht vor (a.a.O.). Auch soweit die Klägerin eine Arteriosklerose (dazu vgl. B Nr. 9.2.1 VG 26.9 AHP 2008 und AHP 2004) geltend macht, konnte eine überdauernde relevante Funktionsbehinderung nicht festgestellt werden. Eine Einschränkung der Restdurchblutung, ein Pulsausfall oder sonstige mehr als geringe Beschwerden (z.B. Missempfindungen in Wade und Fuß bei raschem Gehen) ein- oder beidseitig konnte der Senat gerade nicht feststellen. Einschränkungen der Herzleistungsleistung oder Durchblutung konnte der Senat auch nicht anhand der von der Klägerin auf Blatt 227 ff. (Schreiben der Klägerin vom 12.08.2014) mitgeteilten Berichte der St. V. Klinik K. bzw. des S.-Klinikums L. oder den sonstigen, in der Akte befindlichen früheren Befunden, ableiten.
Die vom Beklagten angenommenen Einzel-GdB von jeweils 10 für eine chronische Nebenhöhlenentzündung und Hauterkrankung, die Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation samt Verdauungsstörungen und den Speiseröhrengleitbruch sind nach Überzeugung des Senats nicht zu niedrig angenommen. Weitere Funktionsbehinderungen in diesen jeweiligen Funktionssystemen konnte der Senat nicht feststellen. Die beschriebenen Allergien bzw. Unverträglichkeiten (z.B. auf bestimmte Medikamente) bedeuten für sich keine GdB-relevanten Funktionsbehinderungen, da sie selbst keine GdB-relevanten Erkrankungen verursachen (vgl. z. B. B Nr. 8 bzw. Nr. 10 oder 17 VG).
Ob das von den behandelnden Ärzten dargelegte Multiple Chemical Syndrom (MCS) – wie vom Beklagten getan - im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche (vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) zu betrachten ist oder i.S. von B Nr. 18.4 VG (Ziff. 26.18 AHP 2008 bzw. AHP 2004) als rheumatische Weichteilerkrankung (vgl. Oberbegriffe zu Nr. 18 VG ) oder gar wie die Klägerin meint, als Allergie/Vergiftung anzusehen ist, ist für den vorliegenden Rechtsstreit ohne größere Bedeutung. Insoweit ist nämlich nicht die Bezeichnung, Diagnose oder Ursache maßgeblich, sondern vielmehr in welchem Funktionssystem die funktionellen Auswirkungen zum Tragen kommen. Denn nach der Rechtsprechung des Senats sind Störungen, die – wie z.B. manche Schmerzsyndrome – sich konkreten einzelnen Funktionssystemen nicht zuordnen lassen, im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 27.01.2012 - L 8 SB 768/11 - und vom 22.03.2013 - L 8 SB 4625/11 -, unveröffentlicht). Dabei ist es dann aber für die Bewertung des Einzel-GdB ohne Bedeutung, ob die Bewertung nach B Nr. 3 VG erfolgt oder die Bewertungsmaßstäbe der Teil-GdB aus anderen Bereichen der VG – hier: B Nr. 18.4 VG - stammen. Nach B Nr. 18.4 VG (Ziff. 26.18 AHP 2008 bzw. AHP 2004) ist das MCS und ähnliche Syndrome im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen. Diese bestehen vorliegend aber gerade nicht in rein körperlichen Auswirkungen. Insoweit hat Prof. Dr. H. gegenüber dem SG (Blatt 53/55 der SG-Akte S 10 SB 4660/05, vgl. auch sein Gutachten auf Blatt 284/310 der Beklagtenakte) ein ausgeprägtes MCS-Syndrom und eine ausgeprägte polyvalente Allergie bei Nahrungsmittelintoleranzen beschrieben. Damit verbunden ist – wie die Klägerin gegenüber Dr. Ra. (Blatt 291 der SG-Akte = Seite 14 des Gutachtens) ausgeführt hat – eine Reaktion auf bestimmte Parfums und Zigarettenrauch; die Allergie umfasst (vgl. dazu den vorgelegten Allergiepass z.B. auf Blatt 343 ff der SG-Akte S 10 SB 4660/05 bzw. die Anlagen zur Senatsakte) Reaktionen auf vielfältige Stoffe, bis hin zu bestimmten Medikamenten - jedoch sind gerade opiatbasierte Medikamente nicht ausgeschlossen - wie Dr. B. ausführte (vgl. S. 12 seines Gutachtens) -, sodass die Nichteinnahme von Schmerzmitteln bei den angegebenen starken Schmerzen nicht schlüssig erklärt wird; dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, wegen der Sorge abhängig von Opiaten zu werden, solche Mittel nicht einzunehmen, ändert an der Beurteilung nichts. Die Reaktionen auf die allergenen bzw. unverträglichen Stoffe geht hin bis zur Gefahr eines Schocks. Weitergehende Teilhabebeeinträchtigungen konnte auch Prof. Dr. H. nicht darlegen. Auch die Klägerin hat dies nicht getan, denn ihre Ausführungen zur medizinischen Feststellung und Einordnung der Erkrankungen bedeuten gerade noch nicht zwingend eine konkrete, GdB-relevante Teilhabebeeinträchtigung in Folge vorliegender Funktionsstörungen. Insoweit konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass erhebliche Funktionsbeeinträchtigungen mit einer Einschränkung der Teilhabefähigkeit vorliegen, zumal sonstige neurologische und psychiatrische Erkrankungen mit dem Gutachter Dr. Ra. ausgeschlossen werden können. Der vom Beklagten in Ansatz gebrachte Einzel-GdB von 50 ist daher nach Überzeugung des Senats jedenfalls nicht zu gering oder zu Lasten der Klägerin rechtswidrig. Die Funktionsstörungen, die der Beklagte bisher als entzündliche rheumatische Erkrankung zusammen mit einer MCS und einer seelischen Störung bewertet hatte, wurden bereits als Kollagenose usw. beim Funktionssystem der Beine berücksichtigt.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen. Solche waren auch den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen nicht zu entnehmen. Ebenso wenig gaben diese Anlass zu anderen Bewertungen der nachgewiesenen gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Arztauskünfte und ärztlichen Unterlagen bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Der Senat hält deshalb weitere Ermittlungen, nicht mehr für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Ein weiteres Gutachten war nicht daher einzuholen; auch die Klägerin hat an ihrem Antrag nach § 109 SGG nicht weiter festgehalten.
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB mit bis 31.12.2006 mit 70 und seither mit 80, gebildet aus Einzel-GdB-Werten von - 20 seit 01.01.2007 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems der Arme (Schulter), - 40 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems der Beine (Knie, Akrozyanose/Kollagenose), - 50 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems des Gehirns einschließlich der Psyche (MCS) - sowie der weiteren vom Beklagten angenommenen Einzel-GdB von 10 jeweils für die chronische Nebenhöhlenentzündung und Hauterkrankung, den Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation und Verdauungsstörungen sowie den Speiseröhrengleitbruch, - wobei Einzel-GdB-Werte von 10 regemäßig nicht erhöhend wirken - zu bemessen. Dabei hat der Senat besonders berücksichtigt, dass die angegebenen Schmerzen sowohl aus dem Funktionssystem der Beine stammen und dort die Gehfähigkeit in gewisser Weise beeinträchtigen, jedoch auch den übrigen Körper betreffen.
Mit dem vom Senat festgestellten Gesamt-GdB von 70 bzw. 80 ab 01.01.2007 sind die bisher bestehenden Feststellungsbescheide nicht rechtswidrig i.S.d. § 44 Abs. 2 SGB X noch konnte der Senat eine bisher nicht berücksichtigte rechtlich wesentliche Änderung i.S.d. § 48 SGB X feststellen.
III. (aG)
Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Feststellung des Merkzeichens "aG" ist § 69 Abs. 4 SGB IX i.V.m. §§ 1 Abs. 4 und 3 Abs. 1 Nr. 1 der Schwerbehindertenausweisverordnung vom 25.07.1991, zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 02.12.2006 (BGBl. I S. 2742). Danach ist das Merkzeichen "aG" festzustellen, wenn der behinderte Mensch außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften ist.
Eine derartige straßenverkehrsrechtliche Vorschrift ist die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) vom 26.01.2001 (BAnz S. 1419, berichtigt S. 5206), zu-letzt geändert durch Art. 1 ÄndVwV vom 10.04.2006 (BAnz S. 2968). Nach Abschnitt II Nr. 1 der VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO sind als schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können, oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem zuvor genannten Personenkreis gleichzustellen sind.
Die Klägerin gehört - unstreitig - nicht zu dem ausdrücklich genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gebehinderten.
Die Klägerin kann dem genannten Personenkreis auch nicht gleichgestellt werden, da ihre Gehfähigkeit nicht in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist oder sie sich nicht nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der VwV genannten Personen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann. Dies steht für den Senat aufgrund der zu den Akten gelangten ärztlichen Unterlagen und der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme fest. Davon konnte sich der Senat aber auch selbst ein Bild machen, als die Klägerin den Sitzungssaal betrat.
Bis zum 31.12.2008 waren die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3 3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1). Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungs-folgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB.
Die Anlage VG zur VersMedV ist rechtlich allerdings nicht beachtlich. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche durch Verordnung regeln zu können, enthalten weder § 30 Abs. 16 BVG, der nicht auf die im Schwerbehindertenrecht im SGB IX geregelten Nachteilsaus-gleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR SozR 4/2009), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche ist auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX vorhanden. Die Regelungen der VG zum Nachteilsausgleich "aG" (wie auch "G") sind damit mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile des Senats vom 23.07.2010 - L 8 SB 3119/08 - vom 14.08.2009 - L 8 SB 1691/08 -, beide veröffentlicht in juris und im Internet: www.sozialgerichtsbarkeit.de). Rechtsgrundlage sind daher allein die genannten gesetzlichen Bestimmungen und die hierzu in ständiger Rechtsprechung zulässig anzuwendenden Verwaltungsvorschriften.
Ein Betroffener ist danach gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in Nr. 11 Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 1. Halbsatz VwV-StVO aufgeführten schwerbehinderten Menschen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 23). Hierbei ist zu beachten, dass die maßgebenden straßenverkehrsrechtlichen Vorschrift nicht darauf abstellen, über welche Wegstrecke ein schwerbehinderter Mensch sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges zumutbar noch bewegen kann, sondern darauf, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist: nämlich nur noch mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung. Wer diese Voraussetzung - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - erfüllt, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt (vgl. BSG SozR 3 3250 § 69 Nr. 1 und Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R -, juris).
Dass die Klägerin überhaupt nicht Gehen oder Stehen kann und daher auf den Rollstuhl angewiesen ist, ist zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen. Vielmehr hat sie bei den Gutachtern gezeigt, dass sie noch in der Lage ist, wenn auch kleinschrittig und unsicher aber doch selbständig, zu stehen und zu gehen. Auch hat sie angegeben, den Rollstuhl nur zu 80 % zu benutzen und auch mit Gehhilfen (z.B. Unterarmgehstützen) zu gehen. Einkäufe erledigt sie selbst, dabei geht sie kurze Strecken. Auch kann sie selbständig vom Rollstuhl ins Auto wechseln und dabei Gehen und Stehen. Damit kann nicht allein aus dem Benutzen eines Rollstuhls auf eine außergewöhnliche Gehbehinderung geschlossen werden. Die Klägerin ist beim Gehen und Stehen auch nicht auf fremde Hilfe – allenfalls auf technische Unterstützung (Gehstock/Unterarmgehstützen) - angewiesen.
Auch im Übrigen konnte der Senat nicht feststellen, dass die Gehfähigkeit der Klägerin in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und sie sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in Nr. 11 Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 1. Halbsatz VwV-StVO aufgeführten schwerbehinderten Menschen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung der Beweiswürdigung des SG an.
Zwar konnte Dr. He. als orthopädischer Gutachter Kniegelenksdefekte beschreiben (dazu siehe oben), auch hat Dr. M.-L. im Bericht vom 13.11.2014 eine reduzierte Gehstrecke von wenigen Metern mitgeteilt, doch beeinträchtigen weder die Kniegelenksdefekte als solche noch die damit verbundenen Schmerzen die Klägerin in außergewöhnlichem Maß. So konnte Dr. He. die angegebenen Schmerzen morphologisch oder radiologisch nicht einem Befund zuordnen (Blatt 136 der SG-Akte = Seite 12 des Gutachtens). Organische Ursachen orthopädischer Art konnte der Gutachter nicht darstellen, ebensowenig Dr. M.-L ... Die Akrozyanose/Kollagenose bedingt zwar gewisse Schmerzen, jedoch wird dadurch die Gehfähigkeit organischerseits nicht außergewöhnlich eingeschränkt. Auch neurologischerseits ließ sich eine außergewöhnliche Beeinträchtigung der Gehfähigkeit nicht belegen (Gutachten Dr. Ra. , Blatt 304 der SG-Akte = Seite 27 des Gutachtens). Zwar konnte der Senat mit dem Gutachter Dr. B. feststellen, dass nicht nur eine vorgetäuschte, sondern eine glaubhafte Gangstörung besteht (zwischen Blatt 339, 340 der SG-Akte). Doch konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass die Gehfähigkeit der Klägerin in der dargelegten außergewöhnlich ausgeprägten Form, mithin vom ersten Schritt an eingeschränkt ist. Soweit Dr. B. dies annimmt, kann er keine belastbaren Befunde mitteilen. Vielmehr beschreibt er eine bei der Fortbewegung sich anstrengende, sehr langsam und nur weniger als 50 Meter gehende Klägerin, die aber unter Einsatz von Hilfsmitteln (Rollator bzw. Gehhilfen) oder Schmerzmitteleinnahme durchaus in der Lage wäre, ausgeprägter zu gehen (Blatt 341 der SG-Akte = Seite 13 des Gutachtens). Dr. B. selbst geht aber auch davon aus, dass gerade objektive Befunde nicht existieren, sonst würde seine Aussage zu eruieren, ob es objektive Belege oder Befunde für eine eingeschränkte Gehfähigkeit gibt, ohne Bedeutung sein. Eine - fachärztlich von Dr. Ra. auch nicht diagnostizierte - psychogene Gangstörung begründet aber keinen Anspruch auf Feststellung des Merkzeichens "aG" (vgl. dazu Senatsurteil vom 24.01.2014 – L 8 SB 2723/13 – juris), da eine Beeinträchtigung der Gehfähigkeit als solche vorliegen muss und nicht der fehlende Wille/Antrieb eine noch vorhandene Gehfähigkeit auszunutzen ausreicht. Die von der Klägerin demonstrierte Gangstörung wird durch die erhobenen somatischen und psychologischen Befunde nicht erklärt.
Insgesamt konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass die Klägerin wegen einer in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkte Gehfähigkeit dem berechtigten Personenkreis gleichzustellen ist.
IV.
Nachdem die Klägerin weder Anspruch auf höhere Feststellung des GdB noch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "aG" hat, war ihre Berufung zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved