Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AL 4051/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 4734/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16.10.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Wege eines Zugunstenverfahrens nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für die Zeit von 07.02.2012 bis 20.05.2012.
Der 1958 geborene Kläger war von 2006 bis 2011 als Maurer bei der Firma F. B. GmbH in O., Kreis G., beschäftigt. Er hatte im streitgegenständlichen Zeitraum einen Hauptwohnsitz in B. und einen angemeldeten Nebenwohnsitz in G ... Er meldete sich zum 01.06.2011 bei der Agentur für Arbeit C. arbeitslos. In dem Antragsformular gab er an, in der G.straße in B. zu wohnen. Außerdem bestätigte er, das Merkblatt I für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Mit Bescheid vom 24.08.2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von 44,68 EUR täglich ab 01.06.2011 für 450 Tage. Der Kläger legte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die Zeiten vom 22.06.2011 bis 01.07.2011, vom 02.07.2011 bis 08.07.2011, vom 25.07.2011 bis 01.08.2011, vom 02.08.2011 bis 12.08.2011, vom 13.08.2011 bis 02.09.2011 sowie vom 03.09.2011 bis 16.09.2011 vor. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen waren jeweils von einem Facharzt für Allgemeinmedizin in 73033 G. ausgestellt. Mit Bescheid vom 09.09.2011 hob die Beklagte die Bewilligung von Leistungen auf, da dem Kläger ab 05.09.2011 Krankengeld in Höhe von 44,68 EUR täglich von der IKK classic bewilligt wurde.
Zum 18.01.2012 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos, auch hier gab er als Anschrift G.straße in B. an und bestätigte, das Merkblatt I für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Mit einer Bescheinigung seiner Krankenkasse übersandte der Kläger am 13.02.2012 auch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 08.02.2012 für die Zeit vom 07.02.2012 bis 10.02.2012, Diagnose war J06.9 G (akute Infektion der oberen Atemwege, nicht näher bezeichnet, inkl.: Grippaler Infekt, Obere Atemwege: Infektion o.n.A., Obere Atemwege: Krankheit, akut, gesicherte Diagnose).
Mit Bescheid vom 13.03.2012 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 18.01.2012 bis 06.02.2012 Arbeitslosengeld in Höhe von 44,68 EUR täglich. Als Grund für die befristete Bewilligung wurde die Aufnahme einer Beschäftigung ab dem 07.02.2012 angegeben. Der Kläger legte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die Zeit vom 07.02.2012 bis einschließlich 09.03.2012 sowie für die Zeit vom 16.04.2012 bis 27.04.2012 und die Zeit vom 02.05.2012 bis 11.05.2012 vor, Diagnose war jeweils J06.9 G. Auch diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wurden von dem Facharzt für Allgemeinmedizin in G. ausgestellt. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Seit dem 21.05.2012 steht der Kläger in G. in einem Beschäftigungsverhältnis.
Mit Schreiben vom 02.08.2012 fragte der Bevollmächtigte des Klägers bei der Beklagten an, inwiefern für den Zeitraum vom 07.02.2012 bis 14.05.2012 ein Bewilligungsbescheid ergangen sei. Für diesen Zeitraum sei Arbeitslosengeld beantragt worden. Nun liege eine Lücke im Rentenversicherungskonto des Klägers vor. Mit Schreiben vom 29.10.2012 teilte die Beklagte mit, dass ab dem 07.02.2012 aufgrund fehlender Verfügbarkeit kein Leistungsanspruch mehr bestanden habe.
Am 30.04.2013 stellte der Kläger einen Antrag gemäß § 44 SGB X mit dem Ziel, auch für die Zeit vom 07.02.2012 bis 20.05.2012 Arbeitslosengeld zu erhalten.
Mit Bescheid vom 27.06.2013 teilte die Beklagte mit, dass die Überprüfung ergeben habe, dass weder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen noch das Recht falsch angewandt worden sei. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 09.07.2013 Widerspruch. Die Aufnahme einer Beschäftigung habe nicht vorgelegen. Zumindest nach § 146 SGB III habe ein Anspruch weiterhin bestanden.
Mit Schreiben vom 16.07.2013 bat die Beklagte den Kläger um eine Aufstellung, aus der hervorgehen sollte, in welchen Zeiträumen sich der Kläger in B. bzw. G. aufgehalten habe. Trotz Erinnerungen vom 07.10.2013 und 31.10.2013 legte der Kläger eine entsprechende Aufstellung nicht vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Arbeitslosigkeit gehöre nach § 138 Abs. 1 Nr. 3 SGB III, dass der Arbeitnehmer den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung stehe, also u.a. Vorschlägen der Beklagten zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten könne. Der Arbeitslose müsse sicherstellen, dass die Beklagte ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift durch Briefpost erreichen könne. Der Arbeitslose könne sich vorübergehend auch von seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort entfernen, wenn er der Beklagten rechtzeitig seine Anschrift für die Dauer der Abwesenheit mitgeteilt habe. Halte sich ein Arbeitsloser außerhalb des Nahbereichs auf, stehe dies der Verfügbarkeit bis zu drei Wochen im Kalenderjahr nicht entgegen, wenn die Beklagte vorher zugestimmt habe. Am 13.02.2012 habe die Beklagte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten, aus der hervorgehe, dass der Kläger ab dem 07.02.2012 arbeitsunfähig erkrankt sei. Die ärztliche Bescheinigung, wie auch die Folgebescheinigungen, seien von einem Arzt in G. ausgestellt worden. Die einfache Entfernung zwischen B. und G. betrage laut Routenplaner über 500 km mit einer durchschnittlichen Fahrzeit von mehr als vier Stunden. Es müsse deshalb davon ausgegangen werden, dass sich der Widerspruchsführer bereits vor dem 07.07.2012 nach G. begeben habe. Eine Zustimmung der Beklagten habe nicht vorgelegen. Somit habe er den Vermittlungsbemühungen unter der Anschrift in B. nicht zur Verfügung gestanden und sei somit nicht arbeitslos im Sinne des § 138 Abs. 1 SGB III gewesen. Damit habe er keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Aufforderung, detailliert nachzuweisen, zu welchen Zeiten und Zeiträumen er sich in B. bzw. G. aufgehalten habe, sei der Kläger trotz mehrmaliger Erinnerungen nicht nachgekommen. Es sei lediglich mitgeteilt worden, dass er sich in Folge der Arbeitsaufnahme seit Mitte Mai 2012 in G. aufhalte. Diese Angaben seien auf Grund der vorgelegten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mit Anschriften des Arztes in G. nicht glaubhaft. Auch seien während des Arbeitslosengeldbezuges im Jahr 2011 vom Kläger Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht worden, welche von demselben Arzt in G. ausgestellt worden seien. Auch diese Ortsabwesenheiten habe der Widerspruchsführer nicht angezeigt oder sich genehmigen lassen.
Am 07.12.2013 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Er hat vorgetragen, erst im Widerspruchsbescheid sei konkret der Grund der Einstellung der Leistung von Arbeitslosengeld zum 06.02.2012 dargelegt worden bzw. nachträglich von "Befristungsgrund Arbeitsaufnahme" auf "Wegfall der Verfügbarkeit" abgeändert worden. "Prinzipiell wäre es (ihm) faktisch möglich gewesen, täglich in seine Wohnung im Zuständigkeitsbereich der Beklagten zurückzukehren." Der Hauptwohnsitz des Klägers habe seit 02.12.2006 in B. gelegen, ein Nebenwohnsitz des Klägers habe sich seit 31.07.2008 in G. befunden. Hintergrund der beiden Wohnsitze sei die arbeitgeberseitig gestellte Erwartung, wohnortmäßig flexibel zu sein. Diese Flexibilität dürfe ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden.
Mit Schreiben vom 28.03.2014 hat das SG den Kläger aufgefordert, eine Aufstellung über seinen Aufenthalt im streitgegenständlichen Zeitraum vorzulegen. Daraufhin hat der Kläger lediglich mitgeteilt, dass sein Hauptwohnsitz in B. gewesen sei.
Mit Urteil vom 16.10.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei ab dem 07.02.2012 objektiv nicht verfügbar gewesen, da er sich nicht in B., sondern in G. aufgehalten habe. Dies ergebe sich aus den vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die sämtlich in G. ausgestellt worden seien, sowie aus dem Vorbringen des Klägers, der selbst vorgebracht habe, dass es ihm "prinzipiell faktisch" möglich gewesen sei, in seine Wohnung in B. zurückzukehren. Er habe damit zu erkennen gegeben, dass die Annahme der Beklagten, dass er sich in G. befunden habe, zutreffe und dies auch nicht bestritten. Mangels Verfügbarkeit sei der Kläger deshalb nicht arbeitslos gewesen.
Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung vom 17.11.2014. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, mit der Arbeitsunfähigkeit ab 07.02.2012 festgestellt werde, datiere vom 08.02.2012. Am 07.02.2012 sei er in B. gewesen. Er habe sich zur Vorstellung beim Arzt nach G. begeben. Er habe bei dieser Gelegenheit auch versucht, Arbeit zu finden, habe noch im Februar bei seinem späteren Arbeitgeber angefragt und sei dann an diesem Tag nach B. zurückgefahren. So habe er es auch bei den anderen Arztbesuchen gehalten. Sein behandelnder Arzt sei seit etwa 2006 der Facharzt für Allgemeinmedizin S. in G., dies beruhe auf dem im Jahr 2006 erlittenen Unfall. Kein Arzt in B. habe ihn aufnehmen wollen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16.10.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Abänderung des Bescheides vom 13.03.2012 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe auch für die Zeit vom 07.02.2012 bis 20.05.2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Soweit der Kläger behaupte, am 07.02.2012 in B. gewesen zu sein, werde dies bestritten. Der Kläger sei in G. am 08.02.2012 ab 07.02.2012 arbeitsunfähig krankgeschrieben worden. Es sei nicht glaubhaft, dass er im Zustand krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ab 07.02.2012 am 08.02.2012 nach G. gefahren sei. Der Kläger sei zum Zeitpunkt der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ortsabwesend und damit nicht verfügbar gewesen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Die Berufung ist insbesondere auch statthaft, weil der Beschwerdewert 750 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 SGG).
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil dem Kläger kein Anspruch Arbeitslosengeld ab 07.02.2012 zusteht.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Die Beklagte hat jedoch weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Der Kläger hat für die Zeit vom 07.02.2012 bis 20.05.2012 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Kläger war in diesem Zeitpunkt nicht arbeitslos i.S.d. SGB III, da er objektiv nicht verfügbar war.
Nach § 138 SGB III setzt Arbeitslosigkeit u.a. Verfügbarkeit voraus, also dass der Erwerbslose den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung steht (§ 138 Abs. 1 Nummer 3 SGB III). Verfügbarkeit liegt gemäß § 138 Abs.5 Nr.2 SGB III insbesondere nur dann vor, wenn der Erwerbslose Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann.
Im Weiteren werden die Voraussetzungen des § 138 Abs. 5 Nr. 2 SGB III durch die auf der Grundlage von § 164 Nr.2 SGB III erlassene Erreichbarkeitsanordnung (EAO) konkretisiert. Gemäß § 1 Abs.1 EAO kann Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten, wer in der Lage ist, unverzüglich 1. Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen, 2. das Arbeitsamt aufzusuchen, 3. mit einem möglichen Arbeitgeber oder Träger einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und bei Bedarf persönlich mit diesem zusammenzutreffen und 4. eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Der Arbeitslose hat deshalb sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann.
Da sich der Kläger zur Überzeugung des Senats ab 07.02.2012 in G. und nicht in Bochum aufhielt, war er ab diesem Tag nicht mehr postalisch zu erreichen. Dass der Kläger sich in G. und nicht in B. aufgehalten hat, entnimmt der Senat zum einen den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die alle von einem Facharzt für Allgemeinmedizin in G. ausgestellt wurden. Auch hat der Kläger, obwohl er von der Beklagten und vom SG mehrfach hierzu aufgefordert worden war, keine Aufstellung über seinen Aufenthalt im streitgegenständlichen Zeitraum vorgelegt. Er hat lediglich vorgetragen, dass seine Hauptwohnung in B. gewesen sei und dass es ihm "prinzipiell faktisch möglich" gewesen sei, täglich in seine Wohnung zurückzukehren. Dies ist jedoch vor dem Hintergrund, dass der Erwerbslose täglich postalisch erreichbar sein muss und sich zumindest einmal werktäglich in seiner Wohnung aufhalten muss (BSG, Urteil vom 03.05.2001 – B 11 AL 71/00 R –, SozR 3-4300 § 119 Nr. 2) nicht ausreichend. Dass der Kläger nur zu den Arztbesuchen nach G. fuhr und zwischen den Arztbesuchen in G. trotz der andauernden Krankheit nach B. zurückfuhr und dort aufhielt, vermag der Senat nicht festzustellen, hierzu hat der Kläger auch nicht konkret vorgetragen.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren erstmals vorträgt, er sei am 07.02.2012 noch in B. gewesen und erst an diesem Tag – im Zustand der Arbeitsunfähigkeit – nach G. gefahren, so kommt es hierauf nicht an, da Verfügbarkeit auch voraussetzt, dass der Erwerbslose in der Lage ist, die Beklagte am nächsten Tag sofort aufzusuchen bzw. sofort mit einem möglichen Arbeitgeber in Verbindung zu treten (Brand, in Brand SGB III, 6. Auflage 2012, § 138 Rn. 77). Selbst wenn also der Vortrag des Klägers als wahr unterstellt wird und weiter unterstellt wird, dass der Kläger die Briefpost abgewartet hat, bevor er sich – mit einem akuten Infekt der Atemwege in Zustand der Arbeitsunfähigkeit – nach G. begeben hat, lag keine Verfügbarkeit vor.
Auch die Ausnahmeregelungen nach §§ 2 und 3 EAO greifen nicht. Voraussetzung für eine Ausnahme nach § 2 EAO ist, dass der Kläger sich im Nahbereich aufhält (§ 2 Nr. 3 EAO). Ein Solcher Aufenthalt im Nahbereich kann bei einer Entfernung von ca. 500 km keinesfalls mehr angenommen werden. Voraussetzung für die Ausnahmeregelung des § 3 EOA ist, dass die Beklagte zu der Ortsabwesenheit ihre Zustimmung erteilt hat, was vorliegend nicht der Fall ist.
Da der Kläger objektiv nicht verfügbar war, kommt eine Fortzahlung der Leistungen nach § 146 SGB III nicht in Betracht, da die Fortzahlung des Arbeitslosengeldes grundsätzlich nur in Betracht kommen soll, wenn die Leistung ohne Eintritt der Arbeitsunfähigkeit weiterzuzahlen wäre. Das bedeutet, andere Gründe dürfen nicht zum Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen (BSG, Urteil vom 25.07.1985 zum insoweit inhaltsglichen § 105b AFG– 7 RAr 74/84 –, SozR 4100 § 105b Nr. 4, Rn. 28; Brand, a.a.O. § 146 Rn. 2).
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Wege eines Zugunstenverfahrens nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für die Zeit von 07.02.2012 bis 20.05.2012.
Der 1958 geborene Kläger war von 2006 bis 2011 als Maurer bei der Firma F. B. GmbH in O., Kreis G., beschäftigt. Er hatte im streitgegenständlichen Zeitraum einen Hauptwohnsitz in B. und einen angemeldeten Nebenwohnsitz in G ... Er meldete sich zum 01.06.2011 bei der Agentur für Arbeit C. arbeitslos. In dem Antragsformular gab er an, in der G.straße in B. zu wohnen. Außerdem bestätigte er, das Merkblatt I für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Mit Bescheid vom 24.08.2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von 44,68 EUR täglich ab 01.06.2011 für 450 Tage. Der Kläger legte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die Zeiten vom 22.06.2011 bis 01.07.2011, vom 02.07.2011 bis 08.07.2011, vom 25.07.2011 bis 01.08.2011, vom 02.08.2011 bis 12.08.2011, vom 13.08.2011 bis 02.09.2011 sowie vom 03.09.2011 bis 16.09.2011 vor. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen waren jeweils von einem Facharzt für Allgemeinmedizin in 73033 G. ausgestellt. Mit Bescheid vom 09.09.2011 hob die Beklagte die Bewilligung von Leistungen auf, da dem Kläger ab 05.09.2011 Krankengeld in Höhe von 44,68 EUR täglich von der IKK classic bewilligt wurde.
Zum 18.01.2012 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos, auch hier gab er als Anschrift G.straße in B. an und bestätigte, das Merkblatt I für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Mit einer Bescheinigung seiner Krankenkasse übersandte der Kläger am 13.02.2012 auch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 08.02.2012 für die Zeit vom 07.02.2012 bis 10.02.2012, Diagnose war J06.9 G (akute Infektion der oberen Atemwege, nicht näher bezeichnet, inkl.: Grippaler Infekt, Obere Atemwege: Infektion o.n.A., Obere Atemwege: Krankheit, akut, gesicherte Diagnose).
Mit Bescheid vom 13.03.2012 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 18.01.2012 bis 06.02.2012 Arbeitslosengeld in Höhe von 44,68 EUR täglich. Als Grund für die befristete Bewilligung wurde die Aufnahme einer Beschäftigung ab dem 07.02.2012 angegeben. Der Kläger legte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die Zeit vom 07.02.2012 bis einschließlich 09.03.2012 sowie für die Zeit vom 16.04.2012 bis 27.04.2012 und die Zeit vom 02.05.2012 bis 11.05.2012 vor, Diagnose war jeweils J06.9 G. Auch diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wurden von dem Facharzt für Allgemeinmedizin in G. ausgestellt. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Seit dem 21.05.2012 steht der Kläger in G. in einem Beschäftigungsverhältnis.
Mit Schreiben vom 02.08.2012 fragte der Bevollmächtigte des Klägers bei der Beklagten an, inwiefern für den Zeitraum vom 07.02.2012 bis 14.05.2012 ein Bewilligungsbescheid ergangen sei. Für diesen Zeitraum sei Arbeitslosengeld beantragt worden. Nun liege eine Lücke im Rentenversicherungskonto des Klägers vor. Mit Schreiben vom 29.10.2012 teilte die Beklagte mit, dass ab dem 07.02.2012 aufgrund fehlender Verfügbarkeit kein Leistungsanspruch mehr bestanden habe.
Am 30.04.2013 stellte der Kläger einen Antrag gemäß § 44 SGB X mit dem Ziel, auch für die Zeit vom 07.02.2012 bis 20.05.2012 Arbeitslosengeld zu erhalten.
Mit Bescheid vom 27.06.2013 teilte die Beklagte mit, dass die Überprüfung ergeben habe, dass weder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen noch das Recht falsch angewandt worden sei. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 09.07.2013 Widerspruch. Die Aufnahme einer Beschäftigung habe nicht vorgelegen. Zumindest nach § 146 SGB III habe ein Anspruch weiterhin bestanden.
Mit Schreiben vom 16.07.2013 bat die Beklagte den Kläger um eine Aufstellung, aus der hervorgehen sollte, in welchen Zeiträumen sich der Kläger in B. bzw. G. aufgehalten habe. Trotz Erinnerungen vom 07.10.2013 und 31.10.2013 legte der Kläger eine entsprechende Aufstellung nicht vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Arbeitslosigkeit gehöre nach § 138 Abs. 1 Nr. 3 SGB III, dass der Arbeitnehmer den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung stehe, also u.a. Vorschlägen der Beklagten zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten könne. Der Arbeitslose müsse sicherstellen, dass die Beklagte ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift durch Briefpost erreichen könne. Der Arbeitslose könne sich vorübergehend auch von seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort entfernen, wenn er der Beklagten rechtzeitig seine Anschrift für die Dauer der Abwesenheit mitgeteilt habe. Halte sich ein Arbeitsloser außerhalb des Nahbereichs auf, stehe dies der Verfügbarkeit bis zu drei Wochen im Kalenderjahr nicht entgegen, wenn die Beklagte vorher zugestimmt habe. Am 13.02.2012 habe die Beklagte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten, aus der hervorgehe, dass der Kläger ab dem 07.02.2012 arbeitsunfähig erkrankt sei. Die ärztliche Bescheinigung, wie auch die Folgebescheinigungen, seien von einem Arzt in G. ausgestellt worden. Die einfache Entfernung zwischen B. und G. betrage laut Routenplaner über 500 km mit einer durchschnittlichen Fahrzeit von mehr als vier Stunden. Es müsse deshalb davon ausgegangen werden, dass sich der Widerspruchsführer bereits vor dem 07.07.2012 nach G. begeben habe. Eine Zustimmung der Beklagten habe nicht vorgelegen. Somit habe er den Vermittlungsbemühungen unter der Anschrift in B. nicht zur Verfügung gestanden und sei somit nicht arbeitslos im Sinne des § 138 Abs. 1 SGB III gewesen. Damit habe er keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Aufforderung, detailliert nachzuweisen, zu welchen Zeiten und Zeiträumen er sich in B. bzw. G. aufgehalten habe, sei der Kläger trotz mehrmaliger Erinnerungen nicht nachgekommen. Es sei lediglich mitgeteilt worden, dass er sich in Folge der Arbeitsaufnahme seit Mitte Mai 2012 in G. aufhalte. Diese Angaben seien auf Grund der vorgelegten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mit Anschriften des Arztes in G. nicht glaubhaft. Auch seien während des Arbeitslosengeldbezuges im Jahr 2011 vom Kläger Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht worden, welche von demselben Arzt in G. ausgestellt worden seien. Auch diese Ortsabwesenheiten habe der Widerspruchsführer nicht angezeigt oder sich genehmigen lassen.
Am 07.12.2013 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Er hat vorgetragen, erst im Widerspruchsbescheid sei konkret der Grund der Einstellung der Leistung von Arbeitslosengeld zum 06.02.2012 dargelegt worden bzw. nachträglich von "Befristungsgrund Arbeitsaufnahme" auf "Wegfall der Verfügbarkeit" abgeändert worden. "Prinzipiell wäre es (ihm) faktisch möglich gewesen, täglich in seine Wohnung im Zuständigkeitsbereich der Beklagten zurückzukehren." Der Hauptwohnsitz des Klägers habe seit 02.12.2006 in B. gelegen, ein Nebenwohnsitz des Klägers habe sich seit 31.07.2008 in G. befunden. Hintergrund der beiden Wohnsitze sei die arbeitgeberseitig gestellte Erwartung, wohnortmäßig flexibel zu sein. Diese Flexibilität dürfe ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden.
Mit Schreiben vom 28.03.2014 hat das SG den Kläger aufgefordert, eine Aufstellung über seinen Aufenthalt im streitgegenständlichen Zeitraum vorzulegen. Daraufhin hat der Kläger lediglich mitgeteilt, dass sein Hauptwohnsitz in B. gewesen sei.
Mit Urteil vom 16.10.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei ab dem 07.02.2012 objektiv nicht verfügbar gewesen, da er sich nicht in B., sondern in G. aufgehalten habe. Dies ergebe sich aus den vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die sämtlich in G. ausgestellt worden seien, sowie aus dem Vorbringen des Klägers, der selbst vorgebracht habe, dass es ihm "prinzipiell faktisch" möglich gewesen sei, in seine Wohnung in B. zurückzukehren. Er habe damit zu erkennen gegeben, dass die Annahme der Beklagten, dass er sich in G. befunden habe, zutreffe und dies auch nicht bestritten. Mangels Verfügbarkeit sei der Kläger deshalb nicht arbeitslos gewesen.
Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung vom 17.11.2014. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, mit der Arbeitsunfähigkeit ab 07.02.2012 festgestellt werde, datiere vom 08.02.2012. Am 07.02.2012 sei er in B. gewesen. Er habe sich zur Vorstellung beim Arzt nach G. begeben. Er habe bei dieser Gelegenheit auch versucht, Arbeit zu finden, habe noch im Februar bei seinem späteren Arbeitgeber angefragt und sei dann an diesem Tag nach B. zurückgefahren. So habe er es auch bei den anderen Arztbesuchen gehalten. Sein behandelnder Arzt sei seit etwa 2006 der Facharzt für Allgemeinmedizin S. in G., dies beruhe auf dem im Jahr 2006 erlittenen Unfall. Kein Arzt in B. habe ihn aufnehmen wollen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16.10.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Abänderung des Bescheides vom 13.03.2012 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe auch für die Zeit vom 07.02.2012 bis 20.05.2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Soweit der Kläger behaupte, am 07.02.2012 in B. gewesen zu sein, werde dies bestritten. Der Kläger sei in G. am 08.02.2012 ab 07.02.2012 arbeitsunfähig krankgeschrieben worden. Es sei nicht glaubhaft, dass er im Zustand krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ab 07.02.2012 am 08.02.2012 nach G. gefahren sei. Der Kläger sei zum Zeitpunkt der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ortsabwesend und damit nicht verfügbar gewesen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Die Berufung ist insbesondere auch statthaft, weil der Beschwerdewert 750 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 SGG).
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil dem Kläger kein Anspruch Arbeitslosengeld ab 07.02.2012 zusteht.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Die Beklagte hat jedoch weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Der Kläger hat für die Zeit vom 07.02.2012 bis 20.05.2012 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Kläger war in diesem Zeitpunkt nicht arbeitslos i.S.d. SGB III, da er objektiv nicht verfügbar war.
Nach § 138 SGB III setzt Arbeitslosigkeit u.a. Verfügbarkeit voraus, also dass der Erwerbslose den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung steht (§ 138 Abs. 1 Nummer 3 SGB III). Verfügbarkeit liegt gemäß § 138 Abs.5 Nr.2 SGB III insbesondere nur dann vor, wenn der Erwerbslose Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann.
Im Weiteren werden die Voraussetzungen des § 138 Abs. 5 Nr. 2 SGB III durch die auf der Grundlage von § 164 Nr.2 SGB III erlassene Erreichbarkeitsanordnung (EAO) konkretisiert. Gemäß § 1 Abs.1 EAO kann Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten, wer in der Lage ist, unverzüglich 1. Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen, 2. das Arbeitsamt aufzusuchen, 3. mit einem möglichen Arbeitgeber oder Träger einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und bei Bedarf persönlich mit diesem zusammenzutreffen und 4. eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Der Arbeitslose hat deshalb sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann.
Da sich der Kläger zur Überzeugung des Senats ab 07.02.2012 in G. und nicht in Bochum aufhielt, war er ab diesem Tag nicht mehr postalisch zu erreichen. Dass der Kläger sich in G. und nicht in B. aufgehalten hat, entnimmt der Senat zum einen den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die alle von einem Facharzt für Allgemeinmedizin in G. ausgestellt wurden. Auch hat der Kläger, obwohl er von der Beklagten und vom SG mehrfach hierzu aufgefordert worden war, keine Aufstellung über seinen Aufenthalt im streitgegenständlichen Zeitraum vorgelegt. Er hat lediglich vorgetragen, dass seine Hauptwohnung in B. gewesen sei und dass es ihm "prinzipiell faktisch möglich" gewesen sei, täglich in seine Wohnung zurückzukehren. Dies ist jedoch vor dem Hintergrund, dass der Erwerbslose täglich postalisch erreichbar sein muss und sich zumindest einmal werktäglich in seiner Wohnung aufhalten muss (BSG, Urteil vom 03.05.2001 – B 11 AL 71/00 R –, SozR 3-4300 § 119 Nr. 2) nicht ausreichend. Dass der Kläger nur zu den Arztbesuchen nach G. fuhr und zwischen den Arztbesuchen in G. trotz der andauernden Krankheit nach B. zurückfuhr und dort aufhielt, vermag der Senat nicht festzustellen, hierzu hat der Kläger auch nicht konkret vorgetragen.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren erstmals vorträgt, er sei am 07.02.2012 noch in B. gewesen und erst an diesem Tag – im Zustand der Arbeitsunfähigkeit – nach G. gefahren, so kommt es hierauf nicht an, da Verfügbarkeit auch voraussetzt, dass der Erwerbslose in der Lage ist, die Beklagte am nächsten Tag sofort aufzusuchen bzw. sofort mit einem möglichen Arbeitgeber in Verbindung zu treten (Brand, in Brand SGB III, 6. Auflage 2012, § 138 Rn. 77). Selbst wenn also der Vortrag des Klägers als wahr unterstellt wird und weiter unterstellt wird, dass der Kläger die Briefpost abgewartet hat, bevor er sich – mit einem akuten Infekt der Atemwege in Zustand der Arbeitsunfähigkeit – nach G. begeben hat, lag keine Verfügbarkeit vor.
Auch die Ausnahmeregelungen nach §§ 2 und 3 EAO greifen nicht. Voraussetzung für eine Ausnahme nach § 2 EAO ist, dass der Kläger sich im Nahbereich aufhält (§ 2 Nr. 3 EAO). Ein Solcher Aufenthalt im Nahbereich kann bei einer Entfernung von ca. 500 km keinesfalls mehr angenommen werden. Voraussetzung für die Ausnahmeregelung des § 3 EOA ist, dass die Beklagte zu der Ortsabwesenheit ihre Zustimmung erteilt hat, was vorliegend nicht der Fall ist.
Da der Kläger objektiv nicht verfügbar war, kommt eine Fortzahlung der Leistungen nach § 146 SGB III nicht in Betracht, da die Fortzahlung des Arbeitslosengeldes grundsätzlich nur in Betracht kommen soll, wenn die Leistung ohne Eintritt der Arbeitsunfähigkeit weiterzuzahlen wäre. Das bedeutet, andere Gründe dürfen nicht zum Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen (BSG, Urteil vom 25.07.1985 zum insoweit inhaltsglichen § 105b AFG– 7 RAr 74/84 –, SozR 4100 § 105b Nr. 4, Rn. 28; Brand, a.a.O. § 146 Rn. 2).
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
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