Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2072/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 596/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 07.12.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Umlagebeträgen im Umlageverfahren U1 nach dem Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendungsausgleichsgesetz - AAG) in Höhe von 10.583,09 EUR.
Die Klägerin nimmt als Weiterbildungseinrichtung (Volkshochschule) in der Form eines rechtsfähigen Vereins in der Stadt G. die Erwachsenenbildung wahr. Sie beschäftigt regelmäßig sieben hauptamtliche Mitarbeiter, darunter sechs Teilzeitkräfte. Die Klägerin schloss am 16.12.1993 mit der Stadt G. eine Vereinbarung über die Kostentragung der Volkshochschule. Hinsichtlich der Personalkosten wurde in § 2 der Vereinbarung folgendes geregelt:
"1. Die Volkshochschule bezahlt ihr Personal nach den geltenden Vorschriften des Tarifvertrages (BAT) für den öffentlichen Dienst. Die Stadt ersetzt der Volkshochschule 75 % der als notwendig anerkannten Personalkosten. Grundlage dieser Vereinbarung ist der in der Anlage 1 dargestellte Personalbestand.
2. Die Stadt behält sich ein Mitspracherecht bei allen kostenwirksamen Personalentscheidungen vor."
Im Jahre 2005 erfolgte eine tarifgerechte Umstellung sämtlicher Beschäftigungsverhältnisse vom BAT zum TVöD. In sämtlichen Arbeitsverträgen der Mitarbeiter der Klägerin ist geregelt, dass für das Anstellungsverhältnis die Bestimmungen des TVöD (VKA) in der jeweils gültigen Fassung oder die an seine Stelle tretenden tariflichen Vereinbarungen gelten.
Aufgrund einer Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 01.12.2005 bis zum 31.12.2009 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 21.12.2010 u.a. die streitgegenständliche Nachforderung in Höhe von 10.583,09 EUR fest, da im Prüfzeitraum die Umlage U1 nicht erbracht worden sei. Die Klägerin sei grundsätzlich umlagepflichtig, da sie weniger als 30 Mitarbeiter beschäftige. Die Ausnahmevorschrift des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG sei auf die Klägerin nicht anzuwenden, da sie nicht tarifgebunden im Sinne dieser Vorschrift sei. Die Klägerin regle ihre arbeitsvertraglichen Bestimmungen lediglich in Anlehnung an den TVöD.
Dagegen erhob die Klägerin am 18.01.2010 Widerspruch. Sowohl aufgrund der Bezugnahme auf den TVöD in den jeweiligen Arbeitsverträgen als auch aufgrund der Vereinbarung zwischen ihr und der Stadt G. über die Kostentragung, insbesondere in § 2 der Vereinbarung, sei die Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG erfüllt. Sie sei nicht zur Umlage verpflichtet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei ein gemeinnütziger, eingetragener Verein und stelle keine juristische Person des öffentlichen Rechts dar. Es werde lediglich einzelvertraglich auf geltende Tarifverträge Bezug genommen, ohne dass die Klägerin selbst tarifgebunden sei. Bei der Klägerin handle es sich somit nicht um eine Institution, auf die die Ausnahmevorschrift des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG anwendbar sei. Die Klägerin habe dementsprechend auch ab dem 01.01.2010 die Beträge zur Umlage U 1 abgeführt.
Die Klägerin wandte dagegen mit Schreiben vom 13.05.2011 ein, dass die Zahlung der U1 Umlagebeträge ab dem 01.01.2010 auf einem Versehen der gehaltsabrechnenden Stelle beruht habe, inzwischen korrigiert und rückgerechnet worden sei. Keinesfalls teile sie die Rechtsauffassung der Beklagten, dass eine Verpflichtung zur Abführung dieser Umlagebeträge bestehe. Vielmehr sei in anderen gleichgelagerten Fällen von verschiedenen Krankenkassen die U1-Pflicht in schriftlichen Bescheiden verneint worden. Aus Gründen der Gleichbehandlung könne sie daher nicht zur U1-Umlage verpflichtend herangezogen werden. Sie sei hinsichtlich der Anstellung ihrer Beschäftigten durch Vereinbarung mit der Stadt G., die ihrerseits KAV-Mitglied sei, TVöD-gebunden.
Die Beklagte wies diese Einwendungen mit Bescheid vom 13.05.2011 auf der Grundlage von § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurück und führte erneut aus, dass eine einzelvertragliche Bezugnahme auf den Tarifvertrag nicht ausreichend sei. Die Tarifgebundenheit einer Firma bzw. eines Vereins könne sich nur aus dem Tarifvertrag selbst ergeben. Jeder Tarifvertrag sei für den räumlichen (territorialen), betrieblichen (branchenbezogenen) und persönlichen (betroffene Personengruppe) Geltungsbereich definiert. Aus dem Tarifvertrag würden sich die Tarifvertragsparteien, für die die Regelungen des Vertrages zwingend Anwendung fänden, ergeben. Es bestehe keine unmittelbare Tarifgebundenheit, so dass der zweite Ausnahmetatbestand des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG nicht angewendet werden könne.
Die Klägerin erhob am 25.05.2011 Klage zum Sozialgericht Heilbronn. Die Beklagte vertrete die Auffassung, dass Tarifgebundenheit im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG zwingend die Mitgliedschaft in einem kommunalen Arbeitgeberverband erfordere. Dieser formalistischen Auffassung der Beklagten könne nicht gefolgt werden. § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG stelle privatrechtlich organisierte Einrichtungen hinsichtlich ihrer Befreiung von der Zwangsumlage mit öffentlich-rechtlichen Institutionen dann in eine Reihe, wenn ihre rechtlichen Arbeitsbedingungen mit denen der öffentlichen Arbeitgeber inhaltlich identisch seien. Das solle gesetzestechnisch mit dem Hinweis auf die Bindung an die für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes geltenden Tarifverträge sichergestellt werden. Ob diese Tarifbindung einzelvertraglich oder kraft Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband begründet werde, sei für die Ausnahme von der Zwangsumlage ohne Belang. Für ihre Mitarbeiter sei die einzelvertraglich vereinbarte dynamische Geltung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes sogar noch vorteilhafter als die bloße Mitgliedschaft in einem kommunalen Arbeitgeberverband, weil sie für die Inanspruchnahme der tariflichen Regelungen nicht einmal der Gewerkschaft angehören müssten. Schließlich sei ihr eine Reihe von vergleichbaren Einrichtungen bekannt, denen nach Prüfung durch die zuständigen Einzugsstellen ausdrücklich bescheinigt worden sei, dass sie nicht umlagepflichtig seien, weil sie ihre Mitarbeiter nach den Tarifen des öffentlichen Dienstes vergüteten. Auch dem Dachverband der Volkshochschulen in Baden-Württemberg sei kein weiterer Fall bekannt, in dem eine mit der Klägerin nach den rechtlichen Rahmenbedingungen vergleichbare Volkshochschule von der Beklagten zur Zahlung der U1-Umlage in Anspruch genommen werde.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 07.12.2012 ab. Der Bescheid der Beklagten vom 21.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2011 sei, soweit er angefochten worden sei, rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht ihren Rechten. Die Klägerin sei zum Umlageverfahren nach dem Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendungsausgleichsgesetz - AAG) heranzuziehen. Die Beklagte sei nach § 28p Abs. 1 SGB IV im Rahmen einer Betriebsprüfung berechtigt, die Umlage Ul nachzufordern, denn hierbei handele es sich um Beitragszahlungen im Sinne dieser Vorschrift (BSG, Urteil vom 30.10.2002, B 1 KR 19/01 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.08.2011, L 11 R 6067/09). Die Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung würden nach dem seit 01.01.2006 geltenden § 7 Abs. 1 AAG durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht. Gemäß § 1 Abs. 1 AAG erstatteten die Krankenkassen den Arbeitgebern, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als 30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigten, 80 % des für den in § 3 Abs. 1 und 2 und den in § 9 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) bezeichneten Zeitraum an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen fortgezahlten Arbeitsentgelts (Nr. 1) sowie - in näher beschriebenem Umfang - 80 % der auf die Arbeitsentgelte entfallenden Arbeitgeberanteile der Sozialversicherungsbeiträge (Nr. 2). Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG sei diese Vorschrift ausnahmsweise nicht anzuwenden auf den Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie die Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen, die hinsichtlich der für die Arbeiter des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträge tarifgebunden seien, sowie die Verbände von Gemeinden, Gemeindeverbänden und kommunalen Unternehmen einschließlich deren Spitzenverbände. Dieser Ausnahmetatbestand liege nicht vor, sodass die Klägerin zur Umlage heranzuziehen sei. In der Rechtsform eines eingetragenen Vereins sei sie keine "Vereinigung" im Sinne der Vorschrift. Aus dem sprachlichen Zusammenhang mit dem Bund, den Ländern, den Gemeinden und Gemeindeverbänden sowie sonstiger Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sei ersichtlich, dass nur öffentlich-rechtliche Vereinigungen erfasst sein sollten, die einen organisatorischen Zusammenschluss auf Bundes-, Länder- oder Gemeindeebene bildeten, für die die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes gelten. Daran fehle es hier. Die Klägerin sei eine privatrechtliche Vereinigung. Für diese am Wortlaut der Vorschrift orientierte Auslegung spreche insbesondere die Verwendung des Wortes "sowie", das einen Zusammenhang mit Körperschaften des öffentlichen Rechts herstelle (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.05.1979, L 16 Kr 173/77; SG Leipzig, Urteil vom 09.06.2005, S 8 KR 87/03). Der in § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG normierte Ausschluss der öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber vom Ausgleichsverfahren werde allein durch die Zugehörigkeit zum öffentlich-rechtlichen Bereich begründet, ohne dass es im Einzelfall darauf ankomme, wer die Mittel der jeweiligen Einrichtungen trage. Dass die privatrechtlich als Verein organisierte Klägerin die im öffentlichen Interesse liegende Erwachsenenbildung der Stadt G. wahrnehme und von der Gemeinde im Wesentlichen unterstützt werde, verleihe ihr noch keine öffentlich-rechtliche Eigenschaft. Selbst wenn man mit der Kommentierung des § 18 LFZG (wortgleich mit § 10 Abs. 1 Nr. 1 AAG) von Geyer/Knorr/Krasney (LFZG-Kommentar, § 18 LFZG Rdnr. 4 EL 1/98 unter Berufung auf: Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge § 18 LFZG Rdnr. 2) davon ausgehe, dass die Ausnahmevorschrift über den öffentlichen Dienst im engeren Sinne hinausgehend auch für privatrechtliche Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen gelte, ändere dies vorliegend nichts. Denn Voraussetzung sei dann sowohl nach der Kommentierung von Geyer/Knorr/Krasney als auch nach der von Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge, dass die für die Arbeitgeber des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträge für diese privatrechtlichen Vereinigungen kraft unmittelbarer Tarifbindung maßgebend seien. Eine bloß einzelvertragliche Inbezugnahme derartiger Tarifverträge, selbst wenn sie auch für alle Arbeitnehmer der betreffenden Einrichtung erfolge und allgemein üblich sei, führe nicht zu einem Ausschluss aus dem Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen. Nach ihren eigenen Angaben sei die Klägerin nicht Mitglied eines kommunalen Arbeitgeberverbandes und keine Vertragspartei eines Tarifvertrages. Entgegen ihrer Auffassung sei sie damit nicht tarifgebunden im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG. Die Klägerin nehme in ihren Arbeitsverträgen lediglich einzelvertraglich Bezug auf die jeweils geltenden Tarifverträge des öffentlichen Dienstes, was aber gerade nicht ausreiche, um die Ausnahmevorschrift zu erfüllen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass sich die Klägerin in der Vereinbarung über die Kostentragung vom 16.12.1993 gegenüber der Stadt G. verpflichtet habe, ihr Personal nach den geltenden Vorschriften des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst zu bezahlen. Diese Regelung sei lediglich als Bedingung dafür anzusehen, dass die Stadt G. der Klägerin auch tatsächlich 75 % ihrer Personalkosten ersetze, könne aber keine Tarifgebundenheit im oben genannten Sinne begründen. Der Gesetzeswortlaut sei eindeutig und nicht auslegungsfähig. Dass der Gesetzgeber - über den Wortlaut der Vorschrift hinaus - wegen des engen Anwendungsbereiches der Norm diese auf Vereinigungen habe erstrecken wollen, die auf Tarifverträge lediglich Bezug nehmen würden, lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen. Eine Erstreckung der Ausnahmevorschrift auf weitere Tatbestände sei ausgeschlossen, da Ausnahmevorschriften generell einer extensiven Auslegung nicht zugänglich seien. Wenn eine gesetzliche Regelung ersichtlich auf einen bestimmten Sachverhalt begrenzt sei, verbiete sich ein Analogieschluss auf weitere Fälle. Unberücksichtigt bleibe daher, dass die Klägerin gemeinnützige Zwecke verfolge, ohne eigenwirtschaftlichen Zwecken nachzugehen. Eine Unterscheidung danach, ob die tarifliche Entlohnung aus eigenwirtschaftlich erzielten oder öffentlichen Mitteln erfolge, werde von Gesetzes wegen ebenfalls nicht getroffen, sodass für eine - über den Wortlaut hinausgehenden - Anwendung des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG kein Raum mehr bleibe.
Gegen das ihr am 17.01.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08.02.2013 Berufung eingelegt. Sie beruft sich auf die Regelungen des Gesetzes zur Förderung der Weiterbildung und des Bibliothekswesens (Weiterbildungsförderungsgesetz - WeitBiFöG -), wonach die Förderung der Erwachsenenbildung durch die Errichtung und Unterhaltung von Volkshochschulen in Ausführung von Art. 22 der Landesverfassung von Baden-Württemberg eine öffentliche Aufgabe im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge sei (§ 1 Abs. 2 Satz 2, § 2 Abs. 5 Satz 1 WeitBiFöG). Die Klägerin werde gem. § 3 WeitBiföG von einem privatrechtlichen Verein getragen. Neben 75% der Personalkosten trage die Stadt G. sämtliche Raum- und Einrichtungskosten einschließlich aller Nebenkosten (z.B. Energieversorgung, Sach- und Haftpflichtversicherung, Wartung und Reparatur des Gebäudes und seiner Einrichtungen, Ersatzbeschaffungen). Der Bürgermeister der Gemeinde sei kraft Amtes Vorstandsmitglied des Vereins und stelle so sicher, dass die VHS ihren öffentlichen Auftrag im Interesse der Kommune erfüllt. Eingruppierung und Vergütung der VHS-Bediensteten richteten sich gem. § 6 Abs. 2 Satz 2 WBiFöG zwingend "nach den für vergleichbare Landesbedienstete geltenden Bestimmungen". Die restriktive Auslegung der Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG durch das Sozialgericht widerspreche erkennbar dem Wortlaut der Regelung. Hätte der Gesetzgeber mit dieser Regelung nur öffentlich-rechtliche Institutionen erfassen wollen, hätte er das Merkmal der Tarifgebundenheit als zusätzliche Voraussetzung für die Ausnahme von der Zwangsversicherungspflicht gegen Entgeltfortzahlungsrisiken nicht aufnehmen müssen. Die vom Sozialgericht zitierte Kommentarliteratur bestätige, dass der Gesetzgeber privatrechtlich organisierte Einrichtungen zumindest dann den öffentlich-rechtlichen habe gleichstellen wollen, wenn sie mit öffentlichen Mitteln öffentliche Aufgaben erfüllten und sich die Arbeitsbedingungen ihrer Bediensteten nach denselben tariflichen Vorschriften, insbesondere den tariflichen Vergütungsregelungen bestimmten, die auch für die öffentlichen Arbeitgeber gelten würden. Die Klägerin sei hinsichtlich der Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten an die für vergleichbare Landesbedienstete geltenden Tarifbestimmungen des öffentlichen Dienstes gebunden. Im vorliegenden Fall ergebe sich die Tarifbindung der Klägerin kraft Gesetzes. Nach der gesetzlichen Gleichstellungsklausel des § 6 Abs. 2 Satz 2 WeitBiFöG richte sich die Vergütung ihrer Beschäftigten nach den für vergleichbare Landesbedienstete geltenden Bestimmungen, womit zweifellos auch die einschlägigen tariflichen Bestimmungen für den öffentlichen Dienst erfasst seien. Einer zusätzlichen Mitgliedschaft der Klägerin in einem kommunalen Arbeitgeberverband bedürfe es daher nicht. Die abweichende Auffassung des Sozialgerichts laufe im Ergebnis darauf hinaus, die bereits kraft Gesetzes tarifgebundene Klägerin zum Beitritt zu einem Arbeitgeberverband zu zwingen, nur um von der Zwangsversicherung gegen das Risiko der Entgeltfortzahlung befreit zu sein. Dies wäre jedoch ein verfassungswidriger Eingriff in ihr durch Art. 9 GG verbürgtes Recht auf negative Koalitionsfreiheit. Die Tarifbindung als Abgrenzungskriterium für die Versicherungspflicht ergebe nur dann einen Sinn, wenn man in der Tatsache, dass ein Arbeitgeber verpflichtet sei, seinen Mitarbeitern tarifliche Beschäftigungsbedingungen zu gewähren, ein Indiz dafür sehe, dass er auch wirtschaftlich grundsätzlich in der Lage sei, die Kosten krankheitsbedingter Ausfälle aus eigener Kraft zu stemmen und nicht auf eine staatliche Risikoversicherung angewiesen sei. Ob die Verpflichtung zur Anwendung der Tarifbestimmungen aus dem (freiwilligen) Beitritt zu einem tariffähigen Arbeitgeberverband oder einer arbeitsvertraglichen unbedingten und zeitdynamischen Zusage an alle Beschäftigten resultiere oder ob der Gesetzgeber die Wirtschaftskraft eines Unternehmens so positiv einschätze, dass er es - wie in § 6 Abs. 2 Satz 2 WeitBiFöG oder qua Allgemeinverbindlichkeitserklärung - zur Anwendung tariflicher Bestimmungen verpflichte, könne für die Abgrenzung keine entscheidende Rolle spielen. Maßgeblich sei die materiell-rechtliche Bindung an die geltenden Tarifvorschriften. Solange ein Arbeitgeber ihr unterliege, werde vermutet, dass er zur Abdeckung krankheitsbedingter Entgeltfortzahlung keine Unterstützung nach dem AAG benötige. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 07.12.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 21.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2011 hinsichtlich der Feststellung zur Umlagepflicht Ul und der sich hieraus ergebenden Nachforderung in Höhe von 10.583,09 EUR aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass ein Arbeitgeber des privaten Rechts einer öffentlich-rechtlichen Vereinigung nur dann gleichzustellen sei, wenn dieser durch die Tarifbestimmungen unmittelbar gebunden sei. Selbst eine Bezugnahme auf Tarifvertrage des öffentlichen Dienstes führe nicht zu einer Ausnahme von der Umlagepflicht nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG. Unter Bezugnahme auf Kommentarliteratur hält sie daran fest, dass nur bei echter Tarifbindung die Ausnahmeregelung greife. Das Vorbringen der Klägerin zu einem Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit (Art. 9 Grundgesetz - GG) könne nicht nachvollzogen werden. Selbst wenn diese durch den Beitritt in einem kommunalen Arbeitgeberverband der Umlagepflicht entgehen könnte, liege hierin kein staatlicher Eingriff. Es bestehe kein Anspruch gegen den Gesetzgeber, dass dieser eine Ausnahmeregelung auf Dritte erstrecke. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG sei ebenfalls nicht zu erkennen. Art. 3 Abs. 1 GG gebiete, "weder wesentlich Gleiches willkürlich ungleich noch wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln" (BVerfGE 4, 114 (155); 27 364 (371 f.); 46, 55 (62); 49, 148 (165)). Dem Gesetzgeber sei im Fall vergleichbarer Personengruppen nicht jegliche Differenzierung verwehrt, sondern nur eine willkürliche und nicht von sachlichen Gründen getragene. Der Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung liege in einer abstrakten Betrachtung, dass Arbeitgeber in den in § 11 Abs. 1 AAG genannten Fällen kein Bedürfnis für den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen U1 hätten; die Ausnahmeregelung gelte daher nicht für die Umlage U2 und die Insolvenzgeldumlage UI (vgl. Geyer/Knorr/Krasney, Knorr/Krasney, a.a.O. § 11 AAG, Rdnr. 1, 9). Die Differenzierung der Schutzbedürftigkeit des Arbeitgebers nach dessen Größe erscheine sachgerecht und verhältnismäßig, da kleinere Arbeitgeber durch die Pflicht zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (für die sie eine Erstattung aufgrund ihrer Verpflichtung zur Entrichtung der Umlage U1 erhielten) besonders belastet würden. Nach dem Wortlaut der Vorschrift würden die "Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen, die hinsichtlich der für die Beschäftigten des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträge tarifgebunden" seien, zwischen Arbeitgebern eingefügt, die ausnahmslos dem öffentlichen Recht zuzuordnen seien. Nach dem missverständlichen Wortlaut könnten auch privatrechtliche Vereinigungen von der Ausnahmevorschrift erfasst werden. Aus Sicht der Beklagten sei hingegen die Voraussetzung einer Tarifbindung vom Gesetzgeber sprachlich einwandfrei formuliert und lasse keinen Auslegungsspielraum für eine Anwendung bei bloß entsprechender Anwendung von Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes oder einer Bezugnahme durch dynamische Verweisungen.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 18.03.2015 und vom 01.04.2015 einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem streitigen Nachforderungsbetrag 10.538,09 EUR überschritten. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin ist zur Teilnahme am Umlageverfahren U1 nach § 1 Abs. 1 AAG und zur Entrichtung der nachgeforderten Umlagebeträge verpflichtet.
Das AAG errichtet eine Arbeitgeberversicherung. Diese ist als gesetzliche Zwangsversicherung (BSG, Urt. v. 16.12.1980, - 3 RK 18/79 - zur Vorgängerregelung in § 10 LFZG) mit zwei Versicherungszweigen, einer Entgeltfortzahlungs- und einer Mutterschaftsleistungsversicherung, konzipiert. § 1 Abs. 1 AAG regelt die Entgeltfortzahlungsversicherung (vgl. zum Begriff BSG, Urt. v. 27.10.2009, - B 1 KR 12/09 R -). Nach dieser Vorschrift sind den Arbeitgebern 80 % der für Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall nach Maßgabe des Entgeltfortzahlungsgesetzes entstehenden Aufwendungen einschließlich des Arbeitgeberanteils an den Sozialabgaben zu erstatten. § 1 Abs. 2 AAG regelt die Mutterschaftsleistungsversicherung. Nach § 1 Abs. 1 AAG gilt die Arbeitgeberversicherung für Arbeitgeber, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als 30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen. Die Feststellung der Umlagepflicht des Arbeitgebers trifft nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AAG jeweils zu Beginn eines Kalenderjahres die zuständige Krankenkasse. Nach § 3 Abs. 3 AAG vereinbaren die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich Näheres über die Durchführung des Feststellungsverfahrens nach Abs. 1.
Die Klägerin beschäftigt regelmäßig sieben Mitarbeiter und unterliegt daher der Teilnahmeverpflichtung am Umlageverfahren U1. Sie kann sich - entgegen der von ihr vertretenen Auffassung - auch nicht auf den Ausnahmetatbestand des § 11 Abs. 1 AAG berufen.
Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG ist § 1 Abs. 1 AAG nicht anzuwenden auf den Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie die Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen, die hinsichtlich der für die Beschäftigten des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträge tarifgebunden sind, sowie die Verbände von Gemeinden, Gemeindeverbänden und kommunalen Unternehmen einschließlich deren Spitzenverbände.
Die Klägerin zählt nicht zu der - allein in Betracht kommenden - dritten Gruppe dieser Ausnahmeregelung (Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen, die hinsichtlich der für die Beschäftigten des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträge tarifgebunden sind).
Entgegen der vom Sozialgericht im Ausgangspunkt vertretenen Auffassung scheitert die Anwendung dieser Ausnahmeregelung allerdings nicht schon daran, dass die Klägerin als eingetragener Verein eine Vereinigung des Privatrechts darstellt. Denn die nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG vom Gesetzgeber vorgenommene Privilegierung betrifft nicht ausschließlich öffentlich-rechtliche Vereinigungen, sondern auch und gerade solche des Privatrechts. So ergibt sich aus dem Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zum AAG vom 21.12.2005 in der Fassung der Ergänzung vom 13.02.2006 (unter Punkt 2.21 Buchstabe b) in: Die Beiträge 2006, S. 523 ff.), dass die dritte Gruppe die von den ersten beiden Gruppen der juristischen Personen des öffentlichen Rechts geschaffenen privatrechtlichen Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen betrifft (so auch Sächsisches LSG, Urteil vom 13.08.2014 - L 1 KR 192/11 - in Juris, RdNr. 65). Auch in der Kommentarliteratur wird davon ausgegangen, dass die dritte Gruppe des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG auch die privatrechtlichen Vereinigungen erfasst (Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge, Lohnfortzahlungsgesetz, Kommentar, 5.Aufl. § 18 RdNr. 2 f.; Reinhard/Wagner, Kommentar zum Entgeltfortzahlungsgesetz, § 11 AAG RdNr. 3; Schmitt, Kommentar zum Entgeltfortzahlungsgesetz und Aufwendungsausgleichsgesetz, 7. Aufl., § 11 AAG RdNr. 9). Die gegenteilige Auffassung des SG Leipzig (Urteil vom 09.06.2005 - S 8 KR 87/03 - in Juris) beruht auf dem offenbar missverstandenen Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 31.05.1979 (L 16 Kr 173/77, Leitsatz in Juris), welches zum Ausschluss einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft vom Ausgleichsverfahren nach § 18 LFZG zu entscheiden hatte und den Ausschluss der öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber allein in der Zugehörigkeit zum öffentlichen Recht begründet sah, ohne dass es im Einzelnen darauf ankomme, wer die Mittel der jeweiligen Einrichtung trage. Dass eine Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht am Ausgleichsverfahren nach dem AAG teilnimmt, ergibt sich zweifelsfrei aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG (zweite Gruppe), besagt aber nichts darüber, ob privatrechtliche Vereinigungen der dritten Gruppe der Ausnahmevorschrift unterfallen und damit ebenfalls ausgeschlossen sein können oder nicht. Der vom SG Leipzig gezogene Rückschluss aus der Aussage des LSG Nordrhein-Westfalen zum Ausschluss öffentlich-rechtlicher Körperschaften vom Ausgleichsverfahren auf die Teilnahmepflicht jeglicher privatrechtlicher Vereinigungen überzeugt daher nicht.
Die Klägerin unterfällt aber deshalb nicht der Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG, weil sie nicht tarifgebunden hinsichtlich der für die Beschäftigten des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträge ist. Das Tatbestandsmerkmal der Tarifbindung bildet den Kern der Auseinandersetzung der Beteiligten im vorliegenden Rechtsstreit. Während die Beklagte auf die streng formale und unmittelbare Bindung der Tarifparteien abstellt, zu denen die Klägerin nicht zählt, vertritt diese die Auffassung, maßgeblich sei, dass sie materiell über den Vertrag mit der Stadt G. und die jeweiligen Arbeitsverträge sowie über die gesetzliche Regelung des § 6 WeitBiFöG an die Regelungen der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes (zunächst BAT, nunmehr TVöD), gebunden sei. Der Senat teilt indes das am Wortlaut der Ausnahmeregelung orientierte Normverständnis der Beklagten.
Insoweit zutreffend hat das Sozialgericht in der angegriffenen Entscheidung darauf abgestellt, dass sich das Merkmal der Tarifbindung aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG ergibt und der Anwendungsbereich dieser Ausnahmeregelung nach dem Willen des Gesetzgebers eng gefasst und keiner Analogie zugänglich ist. Auch der Senat hat bereits entschieden, dass Regelungen zum Kernbereich der Arbeitgeberversicherung des AAG einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich sind und sich die Auslegung strikt am Wortlaut der Vorschriften zu orientieren hat (Urteil des erkennenden Senats vom 25.08.2010 - L 5 KR 5601/09 - zur Satzungsermächtigung in § 9 AAG). Dies gilt insbesondere für die Bestimmung des Kreises derjenigen Arbeitsgeber, die der Versicherungspflicht in der Arbeitsgeberversicherung des AAG unterliegen. Die Ausnahmeregelung des § 11 AAG ist daher eng am Wortlaut auszulegen und einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich.
Danach fallen unter das Tatbestandsmerkmal der Tarifgebundenheit in § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG nur diejenigen Arbeitgeber, die Mitglieder der Tarifvertragsparteien sind oder selbst Partei des Tarifvertrages sind. Dies folgt aus der Regelung des § 3 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG), der Tarifgebundenheit nur für diese Arbeitgebergruppen annimmt. Hierzu gehört die Klägerin unstreitig nicht. Mit der Verwendung des Begriffs "tarifgebunden" in § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG wollte der Gesetzgeber die formelle Bindung an die Tarifverträge zur Voraussetzung für den Ausschluss von der Versicherungspflicht als Arbeitsgeber machen, so dass eine vertragliche Inbezugnahme der Tarifverträge gerade nicht ausreicht. Ansonsten hätte die dritte Gruppe in § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG dahingehend beschrieben werden können, dass die Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen, die hinsichtlich der für die Beschäftigten des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträge "gebunden" sind, der Regelung des § 1 Abs. 1 AAG nicht unterfallen. Die stattdessen erfolgte Verwendung des rechtstechnischen Begriffs "tarifgebunden" kann nicht anders verstanden werden, als dass der Gesetzgeber die förmliche Tarifbindung i.S.v. § 3 TVG zur Voraussetzung machen wollte. Dieses Verständnis liegt auch dem gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 13.02.2006 (a.a.O.) zugrunde, in dem unter Ziff. 2.21 als zwingende Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG auf die privatrechtlichen Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen angesehen wird, dass diese Institutionen hinsichtlich der für die Beschäftigten des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträge tarifgebunden sind, wobei ausdrücklich darauf abgestellt wird, dass eine mögliche einzelvertragliche Inbezugnahme auf solche Tarifverträge nicht ausreichend ist. Damit ist eine der Disposition der Vertragsparteien unterliegende Vereinbarung über die Anwendung von Tarifverträgen bzw. die vereinbarte Orientierung der Arbeitsentgelte an den geltenden Tariflöhnen gerade nicht ausreichend für die Geltung der Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG. Dies hat der GKV-Spitzenverband in der Besprechung vom 24.11.2011 für den Fall der Beschäftigungsverträge von angestellten Mitarbeitern einer Gemeinderatsfraktion, in denen eine Anlehnung an die für die Gemeinde geltenden Tarifverträge geregelt war, nochmals ausdrücklich dargelegt (vgl. Ziff. 14 der Gemeinsamen Grundsätze, in: Die Beiträge 2012, S. 353 f.; so auch die Kommentarliteratur: Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge, Lohnfortzahlungsgesetz, Kommentar, 5. Aufl. § 18 RdNr. 2; Reinhard/Wagner, Kommentar zum Entgeltfortzahlungsgesetz, § 11 AAG RdNr. 3; Schmitt, Kommentar zum Entgeltfortzahlungsgesetz und Aufwendungsausgleichsgesetz, 7. Aufl., § 11 AAG RdNr. 9). Die Klägerin kann sich deshalb nicht darauf berufen, im Vertrag mit der Stadt G. und in den jeweiligen Einzelverträgen ihrer Beschäftigten die Geltung der Bestimmungen der Tarifverträge vereinbart zu haben. Diese inhaltliche Bindung beruht nicht auf der förmlichen Tarifbindung, sondern auf disponiblen Vereinbarungen und steht daher der unmittelbaren Tarifgebundenheit i.S.v. § 3 Abs. 1 TVG nicht gleich.
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, durch die gesetzliche Regelung des § 6 WeitBiFöG in der Weise gebunden zu sein, dass sie die Eingruppierung und Vergütung ihrer Beschäftigten zwingend nach den für vergleichbare Landesbedienstete geltenden Bestimmungen vorzunehmen habe. Die hierfür von ihr herangezogene Reglung des § 6 Abs. 2 Satz 2 WeitBiFöG kommt für die Klägerin nicht zur Anwendung. Denn sie gilt nicht für kommunale Einrichtungen, sondern nach § 6 Abs. 1 WeitBiFöG nur für die vom Land geförderten Einrichtungen, die die Voraussetzungen des § 5 WeitBiFöG erfüllen. Dies sind nach dem Verweis in § 5 WeitBiFöG die Einrichtungen nach § 2 Abs. 1 WeitBiFöG, die in der Trägerschaft von Kirchen, Gewerkschaften, der Wirtschaft und anderen in der Weiterbildung tätigen gesellschaftlichen Gruppen stehen. Einrichtungen der Erwachsenenbildung in kommunaler Trägerschaft werden hingegen in § 2 Abs. 5 WeitBiFöG den freiwilligen Aufgaben der Gemeinden und Landkreisen zugeordnet. Nach dieser Gesetzessystematik bewirkt § 6 Abs. 2 Satz 2 WeitBiFöG lediglich eine unmittelbare gesetzliche Verpflichtung der Einrichtungsträger nach § 2 Abs. 1 WeitBiFöG, im Falle der Inanspruchnahme von Zuwendungen des Landes zu den Personalkosten, die Vergütung derjenigen Kräfte, für die Finanzhilfe gewährt wird, an den für vergleichbare Landesbedienstete geltenden Bestimmungen auszurichten. Eine unmittelbare Tarifbindung wird dadurch im Übrigen ebenfalls nicht begründet, sondern die Förderungsgewährung wird von einer tariforientierten Vergütung abhängig gemacht. Es handelt sich dabei letztlich um eine Subventionsvoraussetzung, die im Falle der Klägerin nicht durch das Weiterbildungsförderungsgesetz, sondern durch die vertragliche Vereinbarung mit der Stadt G. begründet wurde. Diese vertragliche Verpflichtung reicht aber - wie dargelegt - für die Ausnahme von der Arbeitgeberpflichtversicherung nicht aus.
Soweit die Klägerin einwendet, zur Mitgliedschaft im kommunalen Arbeitgeberverband gezwungen zu sein, falls sie nicht von der Umlagepflicht ausgenommen sei, geht diese Argumentation fehl. Die Klägerin unterliegt aufgrund der Gesetzesbindung der Versicherungspflicht nach § 1 Abs. 1 AAG und hat die entsprechenden Umlagebeträge zu entrichten. Sofern sie die Geltung des Ausnahmetatbestandes des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG für sich in Anspruch nehmen möchte, obliegt es ihr, die dafür erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen und gegebenenfalls dem Verband der kommunalen Arbeitgeber beizutreten. Eine Verpflichtung hierzu besteht indes nicht. Auch ihr Vortrag, keine andere, in vergleichbarer Weise errichtete Volkshochschule werde zur Entrichtung der U1-Umlagebeträge herangezogen, kann ihrer Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Sie ist nach dem oben Ausgeführten zur Zahlung dieser Umlagebeträge verpflichtet. Werden vergleichbare Einrichtungen (bisher) nicht zu entsprechenden Zahlungen herangezogen, kann dies der Klägerin nicht zugutekommen. Eine Gleichbehandlung im Unrecht gebietet der Gleichheitssatz aus Art. 3 GG nicht.
Die Berufung der Klägerin konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist daher nach billigem Ermessen zu entscheiden. Die Voraussetzungen des § 197a Abs. 1 SGG, wonach Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben werden und für die Kostengrundentscheidung die Bestimmungen der §§ 154 bis 162 VwGO entsprechend gelten, sind nicht erfüllt. Die Klägerin ist hinsichtlich der Umlagepflicht nach dem AAG als Versicherte i. S. d. § 183 SGG anzusehen. Das BSG hat dies für die Entgeltfortzahlungsversicherung - für die am U1-Verfahren teilnehmenden Arbeitgeber - entschieden und hierfür auf die vom Gesetzgeber angenommene besondere Schutzbedürftigkeit von Kleinbetrieben, aber auch darauf abgestellt, dass die finanziellen Mittel der Arbeitgeberversicherung nach ähnlichen Grundsätzen finanziert werden wie Sozialleistungen i. S. d. § 11 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, SGB I (vgl. BSG, Beschl. v. 20.12.2005, - B 1 KR 5/05 B -; Urt. v. 18.07.2006, - B 1 A 1/06 R -; Urt. v. 27.10.2009, - B 1 KR 12/09 R -). Damit richtet sich die Kostengrundentscheidung vorliegend nach § 193 SGG (BSG, Urt. v. 27.10.2009 - B 1 KR 12/09 R -).
Da die Klägerin mit ihrer Berufung unterlegen ist, entspricht es billigem Ermessen, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Umlagebeträgen im Umlageverfahren U1 nach dem Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendungsausgleichsgesetz - AAG) in Höhe von 10.583,09 EUR.
Die Klägerin nimmt als Weiterbildungseinrichtung (Volkshochschule) in der Form eines rechtsfähigen Vereins in der Stadt G. die Erwachsenenbildung wahr. Sie beschäftigt regelmäßig sieben hauptamtliche Mitarbeiter, darunter sechs Teilzeitkräfte. Die Klägerin schloss am 16.12.1993 mit der Stadt G. eine Vereinbarung über die Kostentragung der Volkshochschule. Hinsichtlich der Personalkosten wurde in § 2 der Vereinbarung folgendes geregelt:
"1. Die Volkshochschule bezahlt ihr Personal nach den geltenden Vorschriften des Tarifvertrages (BAT) für den öffentlichen Dienst. Die Stadt ersetzt der Volkshochschule 75 % der als notwendig anerkannten Personalkosten. Grundlage dieser Vereinbarung ist der in der Anlage 1 dargestellte Personalbestand.
2. Die Stadt behält sich ein Mitspracherecht bei allen kostenwirksamen Personalentscheidungen vor."
Im Jahre 2005 erfolgte eine tarifgerechte Umstellung sämtlicher Beschäftigungsverhältnisse vom BAT zum TVöD. In sämtlichen Arbeitsverträgen der Mitarbeiter der Klägerin ist geregelt, dass für das Anstellungsverhältnis die Bestimmungen des TVöD (VKA) in der jeweils gültigen Fassung oder die an seine Stelle tretenden tariflichen Vereinbarungen gelten.
Aufgrund einer Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 01.12.2005 bis zum 31.12.2009 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 21.12.2010 u.a. die streitgegenständliche Nachforderung in Höhe von 10.583,09 EUR fest, da im Prüfzeitraum die Umlage U1 nicht erbracht worden sei. Die Klägerin sei grundsätzlich umlagepflichtig, da sie weniger als 30 Mitarbeiter beschäftige. Die Ausnahmevorschrift des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG sei auf die Klägerin nicht anzuwenden, da sie nicht tarifgebunden im Sinne dieser Vorschrift sei. Die Klägerin regle ihre arbeitsvertraglichen Bestimmungen lediglich in Anlehnung an den TVöD.
Dagegen erhob die Klägerin am 18.01.2010 Widerspruch. Sowohl aufgrund der Bezugnahme auf den TVöD in den jeweiligen Arbeitsverträgen als auch aufgrund der Vereinbarung zwischen ihr und der Stadt G. über die Kostentragung, insbesondere in § 2 der Vereinbarung, sei die Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG erfüllt. Sie sei nicht zur Umlage verpflichtet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei ein gemeinnütziger, eingetragener Verein und stelle keine juristische Person des öffentlichen Rechts dar. Es werde lediglich einzelvertraglich auf geltende Tarifverträge Bezug genommen, ohne dass die Klägerin selbst tarifgebunden sei. Bei der Klägerin handle es sich somit nicht um eine Institution, auf die die Ausnahmevorschrift des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG anwendbar sei. Die Klägerin habe dementsprechend auch ab dem 01.01.2010 die Beträge zur Umlage U 1 abgeführt.
Die Klägerin wandte dagegen mit Schreiben vom 13.05.2011 ein, dass die Zahlung der U1 Umlagebeträge ab dem 01.01.2010 auf einem Versehen der gehaltsabrechnenden Stelle beruht habe, inzwischen korrigiert und rückgerechnet worden sei. Keinesfalls teile sie die Rechtsauffassung der Beklagten, dass eine Verpflichtung zur Abführung dieser Umlagebeträge bestehe. Vielmehr sei in anderen gleichgelagerten Fällen von verschiedenen Krankenkassen die U1-Pflicht in schriftlichen Bescheiden verneint worden. Aus Gründen der Gleichbehandlung könne sie daher nicht zur U1-Umlage verpflichtend herangezogen werden. Sie sei hinsichtlich der Anstellung ihrer Beschäftigten durch Vereinbarung mit der Stadt G., die ihrerseits KAV-Mitglied sei, TVöD-gebunden.
Die Beklagte wies diese Einwendungen mit Bescheid vom 13.05.2011 auf der Grundlage von § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurück und führte erneut aus, dass eine einzelvertragliche Bezugnahme auf den Tarifvertrag nicht ausreichend sei. Die Tarifgebundenheit einer Firma bzw. eines Vereins könne sich nur aus dem Tarifvertrag selbst ergeben. Jeder Tarifvertrag sei für den räumlichen (territorialen), betrieblichen (branchenbezogenen) und persönlichen (betroffene Personengruppe) Geltungsbereich definiert. Aus dem Tarifvertrag würden sich die Tarifvertragsparteien, für die die Regelungen des Vertrages zwingend Anwendung fänden, ergeben. Es bestehe keine unmittelbare Tarifgebundenheit, so dass der zweite Ausnahmetatbestand des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG nicht angewendet werden könne.
Die Klägerin erhob am 25.05.2011 Klage zum Sozialgericht Heilbronn. Die Beklagte vertrete die Auffassung, dass Tarifgebundenheit im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG zwingend die Mitgliedschaft in einem kommunalen Arbeitgeberverband erfordere. Dieser formalistischen Auffassung der Beklagten könne nicht gefolgt werden. § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG stelle privatrechtlich organisierte Einrichtungen hinsichtlich ihrer Befreiung von der Zwangsumlage mit öffentlich-rechtlichen Institutionen dann in eine Reihe, wenn ihre rechtlichen Arbeitsbedingungen mit denen der öffentlichen Arbeitgeber inhaltlich identisch seien. Das solle gesetzestechnisch mit dem Hinweis auf die Bindung an die für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes geltenden Tarifverträge sichergestellt werden. Ob diese Tarifbindung einzelvertraglich oder kraft Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband begründet werde, sei für die Ausnahme von der Zwangsumlage ohne Belang. Für ihre Mitarbeiter sei die einzelvertraglich vereinbarte dynamische Geltung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes sogar noch vorteilhafter als die bloße Mitgliedschaft in einem kommunalen Arbeitgeberverband, weil sie für die Inanspruchnahme der tariflichen Regelungen nicht einmal der Gewerkschaft angehören müssten. Schließlich sei ihr eine Reihe von vergleichbaren Einrichtungen bekannt, denen nach Prüfung durch die zuständigen Einzugsstellen ausdrücklich bescheinigt worden sei, dass sie nicht umlagepflichtig seien, weil sie ihre Mitarbeiter nach den Tarifen des öffentlichen Dienstes vergüteten. Auch dem Dachverband der Volkshochschulen in Baden-Württemberg sei kein weiterer Fall bekannt, in dem eine mit der Klägerin nach den rechtlichen Rahmenbedingungen vergleichbare Volkshochschule von der Beklagten zur Zahlung der U1-Umlage in Anspruch genommen werde.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 07.12.2012 ab. Der Bescheid der Beklagten vom 21.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2011 sei, soweit er angefochten worden sei, rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht ihren Rechten. Die Klägerin sei zum Umlageverfahren nach dem Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendungsausgleichsgesetz - AAG) heranzuziehen. Die Beklagte sei nach § 28p Abs. 1 SGB IV im Rahmen einer Betriebsprüfung berechtigt, die Umlage Ul nachzufordern, denn hierbei handele es sich um Beitragszahlungen im Sinne dieser Vorschrift (BSG, Urteil vom 30.10.2002, B 1 KR 19/01 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.08.2011, L 11 R 6067/09). Die Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung würden nach dem seit 01.01.2006 geltenden § 7 Abs. 1 AAG durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht. Gemäß § 1 Abs. 1 AAG erstatteten die Krankenkassen den Arbeitgebern, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als 30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigten, 80 % des für den in § 3 Abs. 1 und 2 und den in § 9 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) bezeichneten Zeitraum an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen fortgezahlten Arbeitsentgelts (Nr. 1) sowie - in näher beschriebenem Umfang - 80 % der auf die Arbeitsentgelte entfallenden Arbeitgeberanteile der Sozialversicherungsbeiträge (Nr. 2). Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG sei diese Vorschrift ausnahmsweise nicht anzuwenden auf den Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie die Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen, die hinsichtlich der für die Arbeiter des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträge tarifgebunden seien, sowie die Verbände von Gemeinden, Gemeindeverbänden und kommunalen Unternehmen einschließlich deren Spitzenverbände. Dieser Ausnahmetatbestand liege nicht vor, sodass die Klägerin zur Umlage heranzuziehen sei. In der Rechtsform eines eingetragenen Vereins sei sie keine "Vereinigung" im Sinne der Vorschrift. Aus dem sprachlichen Zusammenhang mit dem Bund, den Ländern, den Gemeinden und Gemeindeverbänden sowie sonstiger Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sei ersichtlich, dass nur öffentlich-rechtliche Vereinigungen erfasst sein sollten, die einen organisatorischen Zusammenschluss auf Bundes-, Länder- oder Gemeindeebene bildeten, für die die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes gelten. Daran fehle es hier. Die Klägerin sei eine privatrechtliche Vereinigung. Für diese am Wortlaut der Vorschrift orientierte Auslegung spreche insbesondere die Verwendung des Wortes "sowie", das einen Zusammenhang mit Körperschaften des öffentlichen Rechts herstelle (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.05.1979, L 16 Kr 173/77; SG Leipzig, Urteil vom 09.06.2005, S 8 KR 87/03). Der in § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG normierte Ausschluss der öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber vom Ausgleichsverfahren werde allein durch die Zugehörigkeit zum öffentlich-rechtlichen Bereich begründet, ohne dass es im Einzelfall darauf ankomme, wer die Mittel der jeweiligen Einrichtungen trage. Dass die privatrechtlich als Verein organisierte Klägerin die im öffentlichen Interesse liegende Erwachsenenbildung der Stadt G. wahrnehme und von der Gemeinde im Wesentlichen unterstützt werde, verleihe ihr noch keine öffentlich-rechtliche Eigenschaft. Selbst wenn man mit der Kommentierung des § 18 LFZG (wortgleich mit § 10 Abs. 1 Nr. 1 AAG) von Geyer/Knorr/Krasney (LFZG-Kommentar, § 18 LFZG Rdnr. 4 EL 1/98 unter Berufung auf: Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge § 18 LFZG Rdnr. 2) davon ausgehe, dass die Ausnahmevorschrift über den öffentlichen Dienst im engeren Sinne hinausgehend auch für privatrechtliche Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen gelte, ändere dies vorliegend nichts. Denn Voraussetzung sei dann sowohl nach der Kommentierung von Geyer/Knorr/Krasney als auch nach der von Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge, dass die für die Arbeitgeber des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträge für diese privatrechtlichen Vereinigungen kraft unmittelbarer Tarifbindung maßgebend seien. Eine bloß einzelvertragliche Inbezugnahme derartiger Tarifverträge, selbst wenn sie auch für alle Arbeitnehmer der betreffenden Einrichtung erfolge und allgemein üblich sei, führe nicht zu einem Ausschluss aus dem Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen. Nach ihren eigenen Angaben sei die Klägerin nicht Mitglied eines kommunalen Arbeitgeberverbandes und keine Vertragspartei eines Tarifvertrages. Entgegen ihrer Auffassung sei sie damit nicht tarifgebunden im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG. Die Klägerin nehme in ihren Arbeitsverträgen lediglich einzelvertraglich Bezug auf die jeweils geltenden Tarifverträge des öffentlichen Dienstes, was aber gerade nicht ausreiche, um die Ausnahmevorschrift zu erfüllen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass sich die Klägerin in der Vereinbarung über die Kostentragung vom 16.12.1993 gegenüber der Stadt G. verpflichtet habe, ihr Personal nach den geltenden Vorschriften des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst zu bezahlen. Diese Regelung sei lediglich als Bedingung dafür anzusehen, dass die Stadt G. der Klägerin auch tatsächlich 75 % ihrer Personalkosten ersetze, könne aber keine Tarifgebundenheit im oben genannten Sinne begründen. Der Gesetzeswortlaut sei eindeutig und nicht auslegungsfähig. Dass der Gesetzgeber - über den Wortlaut der Vorschrift hinaus - wegen des engen Anwendungsbereiches der Norm diese auf Vereinigungen habe erstrecken wollen, die auf Tarifverträge lediglich Bezug nehmen würden, lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen. Eine Erstreckung der Ausnahmevorschrift auf weitere Tatbestände sei ausgeschlossen, da Ausnahmevorschriften generell einer extensiven Auslegung nicht zugänglich seien. Wenn eine gesetzliche Regelung ersichtlich auf einen bestimmten Sachverhalt begrenzt sei, verbiete sich ein Analogieschluss auf weitere Fälle. Unberücksichtigt bleibe daher, dass die Klägerin gemeinnützige Zwecke verfolge, ohne eigenwirtschaftlichen Zwecken nachzugehen. Eine Unterscheidung danach, ob die tarifliche Entlohnung aus eigenwirtschaftlich erzielten oder öffentlichen Mitteln erfolge, werde von Gesetzes wegen ebenfalls nicht getroffen, sodass für eine - über den Wortlaut hinausgehenden - Anwendung des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG kein Raum mehr bleibe.
Gegen das ihr am 17.01.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08.02.2013 Berufung eingelegt. Sie beruft sich auf die Regelungen des Gesetzes zur Förderung der Weiterbildung und des Bibliothekswesens (Weiterbildungsförderungsgesetz - WeitBiFöG -), wonach die Förderung der Erwachsenenbildung durch die Errichtung und Unterhaltung von Volkshochschulen in Ausführung von Art. 22 der Landesverfassung von Baden-Württemberg eine öffentliche Aufgabe im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge sei (§ 1 Abs. 2 Satz 2, § 2 Abs. 5 Satz 1 WeitBiFöG). Die Klägerin werde gem. § 3 WeitBiföG von einem privatrechtlichen Verein getragen. Neben 75% der Personalkosten trage die Stadt G. sämtliche Raum- und Einrichtungskosten einschließlich aller Nebenkosten (z.B. Energieversorgung, Sach- und Haftpflichtversicherung, Wartung und Reparatur des Gebäudes und seiner Einrichtungen, Ersatzbeschaffungen). Der Bürgermeister der Gemeinde sei kraft Amtes Vorstandsmitglied des Vereins und stelle so sicher, dass die VHS ihren öffentlichen Auftrag im Interesse der Kommune erfüllt. Eingruppierung und Vergütung der VHS-Bediensteten richteten sich gem. § 6 Abs. 2 Satz 2 WBiFöG zwingend "nach den für vergleichbare Landesbedienstete geltenden Bestimmungen". Die restriktive Auslegung der Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG durch das Sozialgericht widerspreche erkennbar dem Wortlaut der Regelung. Hätte der Gesetzgeber mit dieser Regelung nur öffentlich-rechtliche Institutionen erfassen wollen, hätte er das Merkmal der Tarifgebundenheit als zusätzliche Voraussetzung für die Ausnahme von der Zwangsversicherungspflicht gegen Entgeltfortzahlungsrisiken nicht aufnehmen müssen. Die vom Sozialgericht zitierte Kommentarliteratur bestätige, dass der Gesetzgeber privatrechtlich organisierte Einrichtungen zumindest dann den öffentlich-rechtlichen habe gleichstellen wollen, wenn sie mit öffentlichen Mitteln öffentliche Aufgaben erfüllten und sich die Arbeitsbedingungen ihrer Bediensteten nach denselben tariflichen Vorschriften, insbesondere den tariflichen Vergütungsregelungen bestimmten, die auch für die öffentlichen Arbeitgeber gelten würden. Die Klägerin sei hinsichtlich der Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten an die für vergleichbare Landesbedienstete geltenden Tarifbestimmungen des öffentlichen Dienstes gebunden. Im vorliegenden Fall ergebe sich die Tarifbindung der Klägerin kraft Gesetzes. Nach der gesetzlichen Gleichstellungsklausel des § 6 Abs. 2 Satz 2 WeitBiFöG richte sich die Vergütung ihrer Beschäftigten nach den für vergleichbare Landesbedienstete geltenden Bestimmungen, womit zweifellos auch die einschlägigen tariflichen Bestimmungen für den öffentlichen Dienst erfasst seien. Einer zusätzlichen Mitgliedschaft der Klägerin in einem kommunalen Arbeitgeberverband bedürfe es daher nicht. Die abweichende Auffassung des Sozialgerichts laufe im Ergebnis darauf hinaus, die bereits kraft Gesetzes tarifgebundene Klägerin zum Beitritt zu einem Arbeitgeberverband zu zwingen, nur um von der Zwangsversicherung gegen das Risiko der Entgeltfortzahlung befreit zu sein. Dies wäre jedoch ein verfassungswidriger Eingriff in ihr durch Art. 9 GG verbürgtes Recht auf negative Koalitionsfreiheit. Die Tarifbindung als Abgrenzungskriterium für die Versicherungspflicht ergebe nur dann einen Sinn, wenn man in der Tatsache, dass ein Arbeitgeber verpflichtet sei, seinen Mitarbeitern tarifliche Beschäftigungsbedingungen zu gewähren, ein Indiz dafür sehe, dass er auch wirtschaftlich grundsätzlich in der Lage sei, die Kosten krankheitsbedingter Ausfälle aus eigener Kraft zu stemmen und nicht auf eine staatliche Risikoversicherung angewiesen sei. Ob die Verpflichtung zur Anwendung der Tarifbestimmungen aus dem (freiwilligen) Beitritt zu einem tariffähigen Arbeitgeberverband oder einer arbeitsvertraglichen unbedingten und zeitdynamischen Zusage an alle Beschäftigten resultiere oder ob der Gesetzgeber die Wirtschaftskraft eines Unternehmens so positiv einschätze, dass er es - wie in § 6 Abs. 2 Satz 2 WeitBiFöG oder qua Allgemeinverbindlichkeitserklärung - zur Anwendung tariflicher Bestimmungen verpflichte, könne für die Abgrenzung keine entscheidende Rolle spielen. Maßgeblich sei die materiell-rechtliche Bindung an die geltenden Tarifvorschriften. Solange ein Arbeitgeber ihr unterliege, werde vermutet, dass er zur Abdeckung krankheitsbedingter Entgeltfortzahlung keine Unterstützung nach dem AAG benötige. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 07.12.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 21.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2011 hinsichtlich der Feststellung zur Umlagepflicht Ul und der sich hieraus ergebenden Nachforderung in Höhe von 10.583,09 EUR aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass ein Arbeitgeber des privaten Rechts einer öffentlich-rechtlichen Vereinigung nur dann gleichzustellen sei, wenn dieser durch die Tarifbestimmungen unmittelbar gebunden sei. Selbst eine Bezugnahme auf Tarifvertrage des öffentlichen Dienstes führe nicht zu einer Ausnahme von der Umlagepflicht nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG. Unter Bezugnahme auf Kommentarliteratur hält sie daran fest, dass nur bei echter Tarifbindung die Ausnahmeregelung greife. Das Vorbringen der Klägerin zu einem Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit (Art. 9 Grundgesetz - GG) könne nicht nachvollzogen werden. Selbst wenn diese durch den Beitritt in einem kommunalen Arbeitgeberverband der Umlagepflicht entgehen könnte, liege hierin kein staatlicher Eingriff. Es bestehe kein Anspruch gegen den Gesetzgeber, dass dieser eine Ausnahmeregelung auf Dritte erstrecke. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG sei ebenfalls nicht zu erkennen. Art. 3 Abs. 1 GG gebiete, "weder wesentlich Gleiches willkürlich ungleich noch wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln" (BVerfGE 4, 114 (155); 27 364 (371 f.); 46, 55 (62); 49, 148 (165)). Dem Gesetzgeber sei im Fall vergleichbarer Personengruppen nicht jegliche Differenzierung verwehrt, sondern nur eine willkürliche und nicht von sachlichen Gründen getragene. Der Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung liege in einer abstrakten Betrachtung, dass Arbeitgeber in den in § 11 Abs. 1 AAG genannten Fällen kein Bedürfnis für den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen U1 hätten; die Ausnahmeregelung gelte daher nicht für die Umlage U2 und die Insolvenzgeldumlage UI (vgl. Geyer/Knorr/Krasney, Knorr/Krasney, a.a.O. § 11 AAG, Rdnr. 1, 9). Die Differenzierung der Schutzbedürftigkeit des Arbeitgebers nach dessen Größe erscheine sachgerecht und verhältnismäßig, da kleinere Arbeitgeber durch die Pflicht zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (für die sie eine Erstattung aufgrund ihrer Verpflichtung zur Entrichtung der Umlage U1 erhielten) besonders belastet würden. Nach dem Wortlaut der Vorschrift würden die "Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen, die hinsichtlich der für die Beschäftigten des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträge tarifgebunden" seien, zwischen Arbeitgebern eingefügt, die ausnahmslos dem öffentlichen Recht zuzuordnen seien. Nach dem missverständlichen Wortlaut könnten auch privatrechtliche Vereinigungen von der Ausnahmevorschrift erfasst werden. Aus Sicht der Beklagten sei hingegen die Voraussetzung einer Tarifbindung vom Gesetzgeber sprachlich einwandfrei formuliert und lasse keinen Auslegungsspielraum für eine Anwendung bei bloß entsprechender Anwendung von Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes oder einer Bezugnahme durch dynamische Verweisungen.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 18.03.2015 und vom 01.04.2015 einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem streitigen Nachforderungsbetrag 10.538,09 EUR überschritten. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin ist zur Teilnahme am Umlageverfahren U1 nach § 1 Abs. 1 AAG und zur Entrichtung der nachgeforderten Umlagebeträge verpflichtet.
Das AAG errichtet eine Arbeitgeberversicherung. Diese ist als gesetzliche Zwangsversicherung (BSG, Urt. v. 16.12.1980, - 3 RK 18/79 - zur Vorgängerregelung in § 10 LFZG) mit zwei Versicherungszweigen, einer Entgeltfortzahlungs- und einer Mutterschaftsleistungsversicherung, konzipiert. § 1 Abs. 1 AAG regelt die Entgeltfortzahlungsversicherung (vgl. zum Begriff BSG, Urt. v. 27.10.2009, - B 1 KR 12/09 R -). Nach dieser Vorschrift sind den Arbeitgebern 80 % der für Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall nach Maßgabe des Entgeltfortzahlungsgesetzes entstehenden Aufwendungen einschließlich des Arbeitgeberanteils an den Sozialabgaben zu erstatten. § 1 Abs. 2 AAG regelt die Mutterschaftsleistungsversicherung. Nach § 1 Abs. 1 AAG gilt die Arbeitgeberversicherung für Arbeitgeber, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als 30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen. Die Feststellung der Umlagepflicht des Arbeitgebers trifft nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AAG jeweils zu Beginn eines Kalenderjahres die zuständige Krankenkasse. Nach § 3 Abs. 3 AAG vereinbaren die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich Näheres über die Durchführung des Feststellungsverfahrens nach Abs. 1.
Die Klägerin beschäftigt regelmäßig sieben Mitarbeiter und unterliegt daher der Teilnahmeverpflichtung am Umlageverfahren U1. Sie kann sich - entgegen der von ihr vertretenen Auffassung - auch nicht auf den Ausnahmetatbestand des § 11 Abs. 1 AAG berufen.
Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG ist § 1 Abs. 1 AAG nicht anzuwenden auf den Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie die Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen, die hinsichtlich der für die Beschäftigten des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträge tarifgebunden sind, sowie die Verbände von Gemeinden, Gemeindeverbänden und kommunalen Unternehmen einschließlich deren Spitzenverbände.
Die Klägerin zählt nicht zu der - allein in Betracht kommenden - dritten Gruppe dieser Ausnahmeregelung (Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen, die hinsichtlich der für die Beschäftigten des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträge tarifgebunden sind).
Entgegen der vom Sozialgericht im Ausgangspunkt vertretenen Auffassung scheitert die Anwendung dieser Ausnahmeregelung allerdings nicht schon daran, dass die Klägerin als eingetragener Verein eine Vereinigung des Privatrechts darstellt. Denn die nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG vom Gesetzgeber vorgenommene Privilegierung betrifft nicht ausschließlich öffentlich-rechtliche Vereinigungen, sondern auch und gerade solche des Privatrechts. So ergibt sich aus dem Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zum AAG vom 21.12.2005 in der Fassung der Ergänzung vom 13.02.2006 (unter Punkt 2.21 Buchstabe b) in: Die Beiträge 2006, S. 523 ff.), dass die dritte Gruppe die von den ersten beiden Gruppen der juristischen Personen des öffentlichen Rechts geschaffenen privatrechtlichen Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen betrifft (so auch Sächsisches LSG, Urteil vom 13.08.2014 - L 1 KR 192/11 - in Juris, RdNr. 65). Auch in der Kommentarliteratur wird davon ausgegangen, dass die dritte Gruppe des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG auch die privatrechtlichen Vereinigungen erfasst (Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge, Lohnfortzahlungsgesetz, Kommentar, 5.Aufl. § 18 RdNr. 2 f.; Reinhard/Wagner, Kommentar zum Entgeltfortzahlungsgesetz, § 11 AAG RdNr. 3; Schmitt, Kommentar zum Entgeltfortzahlungsgesetz und Aufwendungsausgleichsgesetz, 7. Aufl., § 11 AAG RdNr. 9). Die gegenteilige Auffassung des SG Leipzig (Urteil vom 09.06.2005 - S 8 KR 87/03 - in Juris) beruht auf dem offenbar missverstandenen Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 31.05.1979 (L 16 Kr 173/77, Leitsatz in Juris), welches zum Ausschluss einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft vom Ausgleichsverfahren nach § 18 LFZG zu entscheiden hatte und den Ausschluss der öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber allein in der Zugehörigkeit zum öffentlichen Recht begründet sah, ohne dass es im Einzelnen darauf ankomme, wer die Mittel der jeweiligen Einrichtung trage. Dass eine Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht am Ausgleichsverfahren nach dem AAG teilnimmt, ergibt sich zweifelsfrei aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG (zweite Gruppe), besagt aber nichts darüber, ob privatrechtliche Vereinigungen der dritten Gruppe der Ausnahmevorschrift unterfallen und damit ebenfalls ausgeschlossen sein können oder nicht. Der vom SG Leipzig gezogene Rückschluss aus der Aussage des LSG Nordrhein-Westfalen zum Ausschluss öffentlich-rechtlicher Körperschaften vom Ausgleichsverfahren auf die Teilnahmepflicht jeglicher privatrechtlicher Vereinigungen überzeugt daher nicht.
Die Klägerin unterfällt aber deshalb nicht der Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG, weil sie nicht tarifgebunden hinsichtlich der für die Beschäftigten des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträge ist. Das Tatbestandsmerkmal der Tarifbindung bildet den Kern der Auseinandersetzung der Beteiligten im vorliegenden Rechtsstreit. Während die Beklagte auf die streng formale und unmittelbare Bindung der Tarifparteien abstellt, zu denen die Klägerin nicht zählt, vertritt diese die Auffassung, maßgeblich sei, dass sie materiell über den Vertrag mit der Stadt G. und die jeweiligen Arbeitsverträge sowie über die gesetzliche Regelung des § 6 WeitBiFöG an die Regelungen der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes (zunächst BAT, nunmehr TVöD), gebunden sei. Der Senat teilt indes das am Wortlaut der Ausnahmeregelung orientierte Normverständnis der Beklagten.
Insoweit zutreffend hat das Sozialgericht in der angegriffenen Entscheidung darauf abgestellt, dass sich das Merkmal der Tarifbindung aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG ergibt und der Anwendungsbereich dieser Ausnahmeregelung nach dem Willen des Gesetzgebers eng gefasst und keiner Analogie zugänglich ist. Auch der Senat hat bereits entschieden, dass Regelungen zum Kernbereich der Arbeitgeberversicherung des AAG einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich sind und sich die Auslegung strikt am Wortlaut der Vorschriften zu orientieren hat (Urteil des erkennenden Senats vom 25.08.2010 - L 5 KR 5601/09 - zur Satzungsermächtigung in § 9 AAG). Dies gilt insbesondere für die Bestimmung des Kreises derjenigen Arbeitsgeber, die der Versicherungspflicht in der Arbeitsgeberversicherung des AAG unterliegen. Die Ausnahmeregelung des § 11 AAG ist daher eng am Wortlaut auszulegen und einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich.
Danach fallen unter das Tatbestandsmerkmal der Tarifgebundenheit in § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG nur diejenigen Arbeitgeber, die Mitglieder der Tarifvertragsparteien sind oder selbst Partei des Tarifvertrages sind. Dies folgt aus der Regelung des § 3 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG), der Tarifgebundenheit nur für diese Arbeitgebergruppen annimmt. Hierzu gehört die Klägerin unstreitig nicht. Mit der Verwendung des Begriffs "tarifgebunden" in § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG wollte der Gesetzgeber die formelle Bindung an die Tarifverträge zur Voraussetzung für den Ausschluss von der Versicherungspflicht als Arbeitsgeber machen, so dass eine vertragliche Inbezugnahme der Tarifverträge gerade nicht ausreicht. Ansonsten hätte die dritte Gruppe in § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG dahingehend beschrieben werden können, dass die Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen, die hinsichtlich der für die Beschäftigten des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträge "gebunden" sind, der Regelung des § 1 Abs. 1 AAG nicht unterfallen. Die stattdessen erfolgte Verwendung des rechtstechnischen Begriffs "tarifgebunden" kann nicht anders verstanden werden, als dass der Gesetzgeber die förmliche Tarifbindung i.S.v. § 3 TVG zur Voraussetzung machen wollte. Dieses Verständnis liegt auch dem gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 13.02.2006 (a.a.O.) zugrunde, in dem unter Ziff. 2.21 als zwingende Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG auf die privatrechtlichen Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen angesehen wird, dass diese Institutionen hinsichtlich der für die Beschäftigten des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträge tarifgebunden sind, wobei ausdrücklich darauf abgestellt wird, dass eine mögliche einzelvertragliche Inbezugnahme auf solche Tarifverträge nicht ausreichend ist. Damit ist eine der Disposition der Vertragsparteien unterliegende Vereinbarung über die Anwendung von Tarifverträgen bzw. die vereinbarte Orientierung der Arbeitsentgelte an den geltenden Tariflöhnen gerade nicht ausreichend für die Geltung der Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG. Dies hat der GKV-Spitzenverband in der Besprechung vom 24.11.2011 für den Fall der Beschäftigungsverträge von angestellten Mitarbeitern einer Gemeinderatsfraktion, in denen eine Anlehnung an die für die Gemeinde geltenden Tarifverträge geregelt war, nochmals ausdrücklich dargelegt (vgl. Ziff. 14 der Gemeinsamen Grundsätze, in: Die Beiträge 2012, S. 353 f.; so auch die Kommentarliteratur: Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge, Lohnfortzahlungsgesetz, Kommentar, 5. Aufl. § 18 RdNr. 2; Reinhard/Wagner, Kommentar zum Entgeltfortzahlungsgesetz, § 11 AAG RdNr. 3; Schmitt, Kommentar zum Entgeltfortzahlungsgesetz und Aufwendungsausgleichsgesetz, 7. Aufl., § 11 AAG RdNr. 9). Die Klägerin kann sich deshalb nicht darauf berufen, im Vertrag mit der Stadt G. und in den jeweiligen Einzelverträgen ihrer Beschäftigten die Geltung der Bestimmungen der Tarifverträge vereinbart zu haben. Diese inhaltliche Bindung beruht nicht auf der förmlichen Tarifbindung, sondern auf disponiblen Vereinbarungen und steht daher der unmittelbaren Tarifgebundenheit i.S.v. § 3 Abs. 1 TVG nicht gleich.
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, durch die gesetzliche Regelung des § 6 WeitBiFöG in der Weise gebunden zu sein, dass sie die Eingruppierung und Vergütung ihrer Beschäftigten zwingend nach den für vergleichbare Landesbedienstete geltenden Bestimmungen vorzunehmen habe. Die hierfür von ihr herangezogene Reglung des § 6 Abs. 2 Satz 2 WeitBiFöG kommt für die Klägerin nicht zur Anwendung. Denn sie gilt nicht für kommunale Einrichtungen, sondern nach § 6 Abs. 1 WeitBiFöG nur für die vom Land geförderten Einrichtungen, die die Voraussetzungen des § 5 WeitBiFöG erfüllen. Dies sind nach dem Verweis in § 5 WeitBiFöG die Einrichtungen nach § 2 Abs. 1 WeitBiFöG, die in der Trägerschaft von Kirchen, Gewerkschaften, der Wirtschaft und anderen in der Weiterbildung tätigen gesellschaftlichen Gruppen stehen. Einrichtungen der Erwachsenenbildung in kommunaler Trägerschaft werden hingegen in § 2 Abs. 5 WeitBiFöG den freiwilligen Aufgaben der Gemeinden und Landkreisen zugeordnet. Nach dieser Gesetzessystematik bewirkt § 6 Abs. 2 Satz 2 WeitBiFöG lediglich eine unmittelbare gesetzliche Verpflichtung der Einrichtungsträger nach § 2 Abs. 1 WeitBiFöG, im Falle der Inanspruchnahme von Zuwendungen des Landes zu den Personalkosten, die Vergütung derjenigen Kräfte, für die Finanzhilfe gewährt wird, an den für vergleichbare Landesbedienstete geltenden Bestimmungen auszurichten. Eine unmittelbare Tarifbindung wird dadurch im Übrigen ebenfalls nicht begründet, sondern die Förderungsgewährung wird von einer tariforientierten Vergütung abhängig gemacht. Es handelt sich dabei letztlich um eine Subventionsvoraussetzung, die im Falle der Klägerin nicht durch das Weiterbildungsförderungsgesetz, sondern durch die vertragliche Vereinbarung mit der Stadt G. begründet wurde. Diese vertragliche Verpflichtung reicht aber - wie dargelegt - für die Ausnahme von der Arbeitgeberpflichtversicherung nicht aus.
Soweit die Klägerin einwendet, zur Mitgliedschaft im kommunalen Arbeitgeberverband gezwungen zu sein, falls sie nicht von der Umlagepflicht ausgenommen sei, geht diese Argumentation fehl. Die Klägerin unterliegt aufgrund der Gesetzesbindung der Versicherungspflicht nach § 1 Abs. 1 AAG und hat die entsprechenden Umlagebeträge zu entrichten. Sofern sie die Geltung des Ausnahmetatbestandes des § 11 Abs. 1 Nr. 1 AAG für sich in Anspruch nehmen möchte, obliegt es ihr, die dafür erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen und gegebenenfalls dem Verband der kommunalen Arbeitgeber beizutreten. Eine Verpflichtung hierzu besteht indes nicht. Auch ihr Vortrag, keine andere, in vergleichbarer Weise errichtete Volkshochschule werde zur Entrichtung der U1-Umlagebeträge herangezogen, kann ihrer Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Sie ist nach dem oben Ausgeführten zur Zahlung dieser Umlagebeträge verpflichtet. Werden vergleichbare Einrichtungen (bisher) nicht zu entsprechenden Zahlungen herangezogen, kann dies der Klägerin nicht zugutekommen. Eine Gleichbehandlung im Unrecht gebietet der Gleichheitssatz aus Art. 3 GG nicht.
Die Berufung der Klägerin konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist daher nach billigem Ermessen zu entscheiden. Die Voraussetzungen des § 197a Abs. 1 SGG, wonach Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben werden und für die Kostengrundentscheidung die Bestimmungen der §§ 154 bis 162 VwGO entsprechend gelten, sind nicht erfüllt. Die Klägerin ist hinsichtlich der Umlagepflicht nach dem AAG als Versicherte i. S. d. § 183 SGG anzusehen. Das BSG hat dies für die Entgeltfortzahlungsversicherung - für die am U1-Verfahren teilnehmenden Arbeitgeber - entschieden und hierfür auf die vom Gesetzgeber angenommene besondere Schutzbedürftigkeit von Kleinbetrieben, aber auch darauf abgestellt, dass die finanziellen Mittel der Arbeitgeberversicherung nach ähnlichen Grundsätzen finanziert werden wie Sozialleistungen i. S. d. § 11 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, SGB I (vgl. BSG, Beschl. v. 20.12.2005, - B 1 KR 5/05 B -; Urt. v. 18.07.2006, - B 1 A 1/06 R -; Urt. v. 27.10.2009, - B 1 KR 12/09 R -). Damit richtet sich die Kostengrundentscheidung vorliegend nach § 193 SGG (BSG, Urt. v. 27.10.2009 - B 1 KR 12/09 R -).
Da die Klägerin mit ihrer Berufung unterlegen ist, entspricht es billigem Ermessen, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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