Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 18 R 4999/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 5352/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. November 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist nun die Gewährung höherer Rente wegen voller Erwerbsminderung unter rentensteigernder Berücksichtigung von Tatbeständen für Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung im Zeitraum vom 27.4.1992 bis 30.4.2001.
Die Klägerin, ursprünglich bosnisch-herzegowinischer (nun kroatischer) Staatsangehörigkeit (Bl. 2 VA), reiste am 27.04.1992 als Bürgerkriegsflüchtling mit ihren 1992 geborenen Kindern, den Zwillingen M. und I. M., aus ihrem Heimatland in die Bundesrepublik Deutschland ein und meldete sich bei der Meldestelle in T.an. Sie ist nicht als Asylberechtigte anerkannt (Bl. 25 der Verwaltungsakte - VA -). Im maßgeblichen Zeitraum war der Aufenthalt der Klägerin nach § 55 Abs. 2 Ausländergesetz (AuslG 1990) letztlich vom 11.08.1992 bis 22.05.2001 geduldet. Dabei erfolgte die Bewilligung der Duldung (Aussetzung der Abschiebung) durch das Ausländeramt des Landratsamts B.ausweislich der Ausländerakte in der Regel in 6-monatigen, z.T. kürzeren Bewilligungsabschnitten und war auf das Gebiet des Landes Baden-Württemberg beschränkt. Im April 1997 wurde der Klägerin im Rahmen der Rückführung der Bürgerkriegsflüchtlinge auf Grund des Erlasses des Innenministeriums des Landes Baden-Württemberg vom 19.12.1996 (Az. 4-13 - BOS/33, Bl. 156 LSG-Akte) zur beabsichtigten Beendigung des Aufenthalts rechtliches Gehör gewährt und mit Bescheid vom 15.6.1998 die Klägerin, ihr Ehemann und ihre Kinder zur Ausreise bis 1.10.1998 aufgefordert sowie die Abschiebung angedroht. Auf den Widerspruch hin wurde die Duldung - aus gesundheitlichen Gründen - mehrfach bis 22.5.2001 verlängert, während dessen der Sohn I. M. geboren wurde. Im Anschluss wurde der Klägerin eine Aufenthaltsbefugnis nach § 31 AuslG (vom 23.05.2001 bis 25.06.2001), eine Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Aufenthaltsgesetz (vom 26.06.2001 bis 04.07.2006) und eine Niederlassungserlaubnis nach § 9 Aufenthaltsgesetz (seit dem 05.07.2006) erteilt (vgl. Aufstellung Bl. 43 Rückseite VA, Auskunft der Ausländerbehörde des Landratsamts B.vom 23.03.2012).
In der Zeit vom 1.2.1993 bis 31.5.1998 und vom 5.9.1998 bis 30.4.2001 und darüber hinaus war die Klägerin mit Arbeitserlaubnis versicherungspflichtig beschäftigt. Für die Zeit sind Pflichtbeitragszeiten vorgemerkt.
Am 20.12.2011 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung, der die Feststellung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung beinhaltete. Mit Bescheid vom 08.06.2012 stellte die Beklagte die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten bis 31.12.2005 nach § 149 Abs. 5 SGB VI verbindlich fest (Bl. 69 VA). Hinsichtlich der Erziehungszeiten merkte sie für die Zwillinge Ivan und Monika (geb. 5.1.1992) die Zeit vom 1.5.2001 bis 4.1.2002 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vor (ab Aufenthaltserlaubnis). Die Zeiten vom 01.02.1992 bis 31.03.1992 könnten weder als Kindererziehungszeit noch als Berücksichtigungszeit vorgemerkt werden, weil die Kinder in dieser Zeit im Ausland erzogen worden seien. Die Zeit vom 01.01.1993 bis 31.01.1995 könne nicht als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 01.04.1992 bis 30.04.2001 nicht als Berücksichtigungszeit vorgemerkt werden, weil während der Erziehung der Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht auf einem zukunftsoffenen Aufenthaltstitel beruht habe und deshalb kein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland vorgelegen habe. Für den Sohn Ilija (geb. 9.7.1998) merkte die Beklagte die Zeit vom 01.05.2001 bis 31.07.2001 als Kindererziehungszeit sowie die Zeit vom 01.05.2001 bis 08.07.2008 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vor. Die Zeit vom 01.01.2001 bis 30.04.2001 könne nicht als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 09.07.1998 bis 30.04.2001 nicht als Berücksichtigungszeit vorgemerkt werden, weil während der Erziehung der Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht auf einem zukunftsoffenen Aufenthaltstitel beruht habe und deshalb kein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland vorgelegen habe.
Hiergegen legte die Klägerin am 06.07.2012 Widerspruch ein. Sie habe Beiträge gezahlt, obwohl sie keine richtige Aufenthaltsgenehmigung gehabt habe und finde deshalb, dass ihr die Erziehungszeit zustehe (Bl. 67 VA).
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Bl. 76 VA). Gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI seien Personen in der Zeit versicherungspflichtig, in denen nach Maßgabe des § 56 SGB VI Kindererziehungszeiten anzurechnen seien. Diese Vorschrift über die Versicherungspflicht (§ 3 SGB VI) gelte, da sie eine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht voraussetze, für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches, mithin also im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, hätten (§ 3 Nr. 2 SGB IV). Den gewöhnlichen Aufenthalt habe jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweile (§ 30 Abs. 2 SGB I). Das Bundessozialgericht (BSG) verstehe unter dem gewöhnlichen Aufenthalt ein tatsächliches, längerdauerndes, nicht zufälliges Verweilen an einem bestimmten Ort oder Gebiet, d.h. einen Zustand, der auf eine gewisse Stetigkeit und Regelmäßigkeit in Bezug auf den Aufenthaltsort schließen lasse (Urteil vom 28.07.1967, 4 RJ 411/66, BSGE 27, 88). Für einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland müsse der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse (Daseinsmittelpunkt) dauerhaft in Deutschland sein, wozu im Regelfall auch ein tatsächlicher überwiegender Aufenthalt gehöre. Dauerhaft sei ein Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen sei. Ein gewöhnlicher Aufenthalt könne darüber hinaus nur dort begründet werden, wo sich jemand rechtmäßig aufhalte. Bei allen Personen, die nicht Deutsche im Sinne des Art. 116 des Grundgesetzes (GG) seien, müssten daher zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts zusätzlich zu dem auf rein tatsächlichen Umständen beruhenden zukunftsoffenen Aufenthalt im Inland nach der Rechtsprechung des BSG rechtliche Erfordernisse hinzutreten, weil sie ansonsten zur Ausreise verpflichtet seien. Der Aufenthalt dieser Person in Deutschland sei nur dann zuverlässig dauerhaft und damit ein gewöhnlicher Aufenthalt, wenn er auf einem Aufenthaltstitel nach dem Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz) bzw. - bis zum 31.12.2004 - nach dem Ausländergesetz beruhe, der eine zukunftsoffene Berechtigung zum Aufenthalt vermittele. Bei den Aufenthaltstiteln der Aufenthaltsberechtigung (§ 27 AusländerG n.F.), befristete oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltsbefugnis (§§ 30, 31 Ausländergesetz n.F.), fortgeltende Aufenthaltsrechte nach dem Ausländergesetz a.F. (§ 94 Ausländergesetz n.F.) sei der Aufenthalt materiell-rechtlich und im Sinne der Zukunftsoffenheit als rechtlich beständig anzusehen. Demgegenüber vermittelten die Aufenthaltsentscheidungen der Aufenthaltsbewilligung (§ 28 Ausländergesetz n.F.), Aufenthaltsbefugnis (§ 32a Ausländergesetz n.F.) und Duldung (§ 55 Ausländergesetz n.F.) keine materiell-rechtlich beständige Grundlage und damit keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Im Fall der Klägerin habe der auf die ausgesprochene Duldung gestützte Aufenthalt bis zum 22.05.2001 damit nicht auf einer Aufenthaltsgenehmigung beruht, die eine zukunftsoffene Berechtigung zum Aufenthalt vermittele. Eine Vormerkung von Kindererziehungszeiten (§ 56 SGB VI) könne daher für die Zeit vom 5.1.1992 bis 30.4.2001 nicht erfolgen. Eine Vormerkung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung könne ebenfalls nicht erfolgen, soweit sie an das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Kindererziehungszeit anknüpften (§ 57 Satz 1, 2. Halbsatz SGB VI). Der Einwand der Klägerin, dass sie während der Erziehungszeiten Beiträge gezahlt habe, greife nicht durch. Aus dem Vorliegen von Pflichtbeiträgen aufgrund einer versicherten Beschäftigung in Deutschland (wie bei der Klägerin in der Zeit vom 1.2.1993 bis 31.5.1998 sowie vom 5.9.1998 bis 30.4.2001 und darüber hinaus) könne nicht automatisch auf einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland geschlossen werden. Denn nach dem Territorialitätsprinzip des § 3 Nr.1 SGB IV unterlägen Erwerbstätigkeiten im Inland auch dann den deutschen Vorschriften über die Versicherungspflicht, wenn der gewöhnliche Aufenthalt im Ausland liege. Eigene Beitragsaufwendungen zur gesetzlichen Rentenversicherung seien der Klägerin aufgrund der Kindererziehung nicht entstanden, weil die Beiträge für die Kindererziehungszeiten der Bund trage (§ 177 SGB VI) und für die Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung keine Beiträge aufgewendet werden müssten. Sonstige finanzielle Aufwendungen (z.B. die Zahlung von Steuern) seien rentenrechtlich nicht zu berücksichtigen.
Am 23.10.2012 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Freiburg erhoben und weiterhin begehrt, Kindererziehungszeiten sowie Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für die Kinder M., I. und I. vorzumerken (für Zeiträume vor Mai 2001). Die Klägerin sei seit April 1992 mit ihren Kindern in T.gemeldet und habe sich dort auch aufgehalten. Seit ihrer Meldung am 27.04.1992 sei erkennbar, dass sie sich dort nicht nur vorübergehend aufhalte. Zwar sei die Klägerin bis zum 22.05.2001 lediglich "geduldet" im Sinne der §§ 55, 56 AuslG gewesen. Die Duldung bedeute, dass die Ausreisepflicht des Ausländers nicht durchgesetzt werde und auch, dass damit der Aufenthalt grundsätzlich nicht zukunftsoffen sei. Eine Ausnahme gelte jedoch dann, wenn ausländerbehördliche Maßnahmen zur Beendigung des Aufenthalts weder getroffen würden noch zu erwarten seien (mit Hinweis auf Gürtner in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 74. Ergänzungslieferung 2012, SGB VI, § 56 Rn. 53 m.w.N.). Bei der Klägerin sei wegen des Krieges in Kroatien bis Ende 1995 mit ausländerbehördlichen Maßnahmen nicht zu rechnen gewesen. Weiterhin sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin seit dem 01.02.1993 pflichtversichert tätig gewesen, krankenversichert und steuerpflichtig gewesen sei. Da auch § 9 der Abgabenordnung (AO) an den gewöhnlichen Aufenthalt anknüpfe, wäre es widersprüchlich, wenn gemäß § 9 AO die Klägerin einen gewöhnlichen Aufenthalt hätte, aber nicht gemäß § 30 SGB I. Schon wegen der Einheitlichkeit der Rechtsordnung müsse damit der Aufenthalt der Klägerin spätestens ab dem 01.02.1993 als gewöhnlicher Aufenthalt angesehen werden. Nachdem die Klägerin seit ihrer Meldung am 27.04.1992 nicht mit Maßnahmen zur Beendigung ihres Aufenthalts bedroht gewesen sei, müssten schon von Anfang ihres gemeldeten Aufenthaltes an die Kindererziehungszeiten vorgemerkt werden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat zur Begründung auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen. Der Aufenthalt der Klägerin im Inland sei materiell-rechtlich und im Sinne der Zukunftsoffenheit als rechtlich beständig erst mit Erteilung der Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Ausländergesetz am 23.05.2001 anzusehen.
Mit Urteil vom 18.11.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Es ist hinsichtlich der rechtlichen Bewertung der Begründung im Widerspruchsbescheid der Beklagten gefolgt und hat hierauf gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug genommen. Ergänzend hat es darauf hingewiesen, dass sich bereits aus dem Gesetzestext erhebliche Unterschiede zwischen § 30 SGB I und § 9 AO herleiten ließen. Denn in § 9 AO habe der Gesetzgeber bereits Voraussetzungen für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland formuliert, in § 30 SGB I hierauf hingegen verzichtet. Abschließend werde noch auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 07.12.2004 (L 11 RJ 1912/04) hingewiesen.
Gegen das der Klägerin am 25.11.2013 mit Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat diese am 13.12.2013 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das SG habe sich nicht hinreichend damit auseinandergesetzt, dass die Klägerin nach der Abgabenordnung Steuern zu zahlen habe, obwohl der § 9 AO sogar engere Voraussetzungen habe als der § 30 SGB I. Der Verweis auf das Urteil vom 07.12.2004 (L 11 RJ 1912/04) des nun angerufenen Berufungsgerichts trage nicht, denn die Einschränkung, dass nur Erziehungszeiten von Kindern mit einem zukunftsoffenen Aufenthaltstitel berücksichtigt werden könnten, ergebe sich nicht aus dem Gesetz. Durch die Einfügung eines solchen Tatbestandsmerkmals werde nicht nur Art. 3 GG verletzt, sondern auch das deutsch-jugoslawische Abkommen über soziale Sicherheit. Dieses sei auch auf Bürgerkriegsflüchtlinge anzuwenden (BSG, Urteil vom 12.04.2000, B 14 KG 3/99 R). Das Bundessozialgericht habe entschieden, dass die Bürgerkriegsflüchtlinge Anspruch auf Kindergeld hätten, selbst wenn sie bloß geduldet gewesen seien und der Aufenthalt nicht zukunftsoffen gewesen sei. Darüber hinaus sei die Klägerin kroatische Staatsbürgerin. Kroatien sei EU-Mitglied. Daher dürften durch das Hineinlesen nicht geschriebener gesetzlicher Merkmale in § 30 SGB I zum Zweck der Leistungsreduzierung die EU-Richtlinien zur Antidiskriminierung und zur Gleichstellung verletzt sein. Nach Art. 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über soziale Sicherheit vom 12.10.1968 würden die Staatsangehörigkeiten der Vertragsstaaten gleichgestellt, wenn sie sich gewöhnlich im Gebiet eines Vertragsstaates aufhielten. Dies bedeute, dass die Klägerin auf jeden Fall sich in diesem Gebiet aufgehalten habe, da sie nur in Deutschland bzw. davor in Jugoslawien gelebt habe. Damit habe sie unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem Geltungsbereich des Abkommens gehabt, denn irgendwo habe der gewöhnliche Aufenthalt schließlich gelegen haben müssen. Die Klägerin habe im Übrigen nicht nur ihren Wohnsitz in Deutschland gehabt, sondern auch tatsächlich hier gelebt und sich faktisch auf einen dauernden Aufenthalt eingestellt. So habe sie nicht nur mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag ab Februar 1993 eine Stellung angetreten, sondern sie habe sich in kürzester Zeit mit sehr gutem Erfolg die deutsche Sprache angeeignet. Die Kinder, die ab 1995 den Kindergarten besucht hätten, sprächen besser Deutsch als Kroatisch. Der Ehemann der Klägerin, der im August 1992 nachgekommen sei, habe schon ab Dezember 1992 eine Stelle angenommen. Bald habe die gesamte Großfamilie (Schwiegereltern, Bruder, Schwager und Schwägerinnen) in Deutschland gelebt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. November 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 22. August 2014 und vom 22. April 2015 zu verurteilen, der Klägerin ab 1. Juni 2013 höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung der Zeiten wegen Kindererziehung für die Kinder M. und I. M. im Zeitraum vom 27. April 1992 bis 4. Januar 1995 und für I. M. für die Zeit vom 9. Juli 1998 bis 30. April 2001 zu gewähren und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für die Kinder M. und I. M. im Zeitraum vom 27. April 1992 bis 30. April 2001 und für I. M. für die Zeit vom 9. Juli 1998 bis 30. April 2001 anzuerkennen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Auch unter Berücksichtigung der zum Kindergeldrecht ergangenen Entscheidung des BSG vom 12.04.2000 (B 14 KG 3/99 R) könnten die streitbefangenen Zeiträume nicht berücksichtigt werden. Nach den Feststellungen des BSG a.a.O. habe Anspruch auf Kindergeld bestanden, weil der dortige Kläger nach Art. 3 des Sozialversicherungsabkommens vom 12.10.1968 einem deutschen Staatsangehörigen gleichstehe und die Voraussetzung des Inlandsaufenthaltes (§ 1 Abs. 3 Bundeskindergeldgesetz - BKGG) deshalb für ihn nicht gelte. Auch im hier anhängigen Verfahren stehe die Klägerin über Art. 3 Sozialversicherungsabkommen einem Deutschen gleich. Da das Erziehungszeitenrecht (§ 56 SGB VI) - anders als das Kindergeldrecht - aber nicht zwischen Deutschen und Ausländern differenziere, könne die Personengleichstellung des Art. 3 Sozialversicherungsabkommen keine Verbesserung der Rechtsposition der Klägerin bewirken. Die Ablehnung der geltend gemachten Kindererziehungszeiten beruhe im Falle der Klägerin also nicht etwa auf ihrer Staatsangehörigkeit, sondern allein darauf, dass sie während der strittigen Erziehungszeiten keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt habe. Die Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach Maßgabe des § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. § 56 Abs. 3 Satz 1 SGB VI setze zwingend voraus, dass die Erziehung im Rahmen eines gewöhnlichen Aufenthaltes von Eltern und Kind in der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sei, wobei es auf die Staatsangehörigkeit der erziehenden Person nicht ankomme. Im Rahmen des § 56 SGB VI sei generell (also auch für Deutsche) zunächst festzustellen, wo der gewöhnliche Aufenthalt der betreffenden Personen zu verorten sei. Denn auch Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hätten, könnten Kindererziehungszeiten grundsätzlich nicht erhalten, selbst wenn aufgrund der besonderen Bestimmungen im Kindergeldrecht die Zahlung von Kindergeld auch bei einem gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland für sie möglich sei. Hinsichtlich des gewöhnlichen Aufenthalts könne im Fall der Klägerin das Kriterium der Dauerhaftigkeit des Inlandsaufenthaltes durch die ihr erteilten Aufenthaltstitel nicht vermittelt werden. Auf die Gründe, weshalb ein nur vorübergehender (nicht zukunftsoffener) Inlandsaufenthalt vorgelegen habe, komme es weder bei Deutschen noch bei Ausländern an. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass auch bei (angenommener) Erziehung in Bosnien-Herzegowina Kindererziehungszeiten nicht anzurechnen wären (obwohl die Zahlung von Abkommenskindergeld möglich wäre). Das BSG habe hierzu in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass der gewöhnliche Aufenthalt des Erziehenden und die Erziehung in einem anderen Mitgliedstaat der EU/des EWR bzw. der Schweiz oder in einem Staat, mit dem ein SV-Abkommen geschlossen worden sei, einem gewöhnlichen Aufenthalt und einer Erziehung im Inland nicht gleich stehe (mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).
Seit 1.6.2013 gewährt die Beklagte der Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung auf Zeit und seit 1.8.2015 auf Dauer ohne Berücksichtigung der hier streitigen Zeiten (Bescheide vom 22.8.2014 und vom 22.4.2015).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, der von der Ausländerbehörde beigezogenen Ausländerakte über die Klägerin sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 SGG statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form-und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Kindererziehungszeiten oder Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in der Zeit vom 27.4.1992 bis 30.4.2001
Mit ihrer ursprünglichen Klage hat sich die Klägerin gegen den Vormerkungsbescheid vom 8.6.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.10.2012 gerichtet soweit darin die Feststellung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für die Zeit vor dem 1.5.2001 abgelehnt worden war. Der Vormerkungsbescheid ist während des Berufungsverfahrens durch die die Rente wegen Erwerbsminderung bewilligenden Bescheide vom 22.8.2014 und 22.5.2015, die ihrerseits die geltend gemachten Zeiten nicht berücksichtigt haben, gem. § 96 SGG ersetzt worden. Ein neuer Verwaltungsakt nach Klageerhebung wird gem. § 96 Abs. 1 SGG (nur) dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Streitbefangene Feststellungen von Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten im Vormerkungsbescheid werden durch den wertfeststellenden Verwaltungsakt im Rentenbescheid i.S. von § 96 Abs. 1 SGG ersetzt. Zwar handelt es sich bei der Feststellung des Tatbestands einer rentenrechtlichen Zeit einerseits und der Rentenwertfestsetzung unter Berücksichtigung auch dieser Zeit andererseits nicht um Verwaltungsakte mit identischem Regelungsgehalt, doch stehen beide hinsichtlich ein und desselben Rechtsverhältnisses in einem Verhältnis sachlicher und zeitlicher Exklusivität zueinander. Das insofern anhängige Klageverfahren findet seine Fortsetzung im Streit über dasjenige Rechtsverhältnis, dessen vorbereitender Klärung die bisher ergangenen Verwaltungsakte gerade gedient hatten. Auf die Ersetzung in diesem Sinne findet § 96 Abs. 1 SGG unmittelbar Anwendung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt über die Rentenhöhe als unmittelbar kraft Gesetzes angegriffen gilt, soweit diese ihrerseits auf den bereits ursprünglich streitigen Feststellungen beruht (BSG, Urteil vom 14.12.2011 – B 5 R 36/11 R –, juris Rn. 12; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. September 2014 – L 13 R 2527/12 –, juris Rn. 23).
In der Sache hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine höhere Rente unter Berücksichtigung der geltend gemachten Zeiten.
Kindererziehungszeiten sind Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Für einen Elternteil wird eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn 1. die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist, 2. die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht und 3. der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist (§ 56 Abs. 1 SGB VI). Die Zuordnung erfolgt vorliegend mangels übereinstimmender Erklärung an die Klägerin als Mutter der Kinder (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI). Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung ist bei einem Elternteil die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem zehnten Lebensjahr, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen (§ 57 S. 1 SGB VI). Kindererziehungszeiten (§ 56 SGB VI) oder Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (§ 57 SGB VI) liegen somit nur dann vor, wenn die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist. Eine Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ist gemäß § 56 Abs. 3 Satz 1 SGB VI nur dann erfolgt, wenn der erziehende Elternteil sich mit dem Kind dort gewöhnlich aufgehalten hat. Der gewöhnliche Aufenthalt bestimmt sich nach § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I).
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist hierzu nicht auf § 9 AO abzustellen. § 30 Abs. 3 SGB I enthält keine dem § 9 Satz 2 AO entsprechende Regelung, wonach als gewöhnlicher Aufenthalt stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen ist. Deshalb kann die Vorschrift des § 9 Satz 2 AO nicht für den Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts i.S. von § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I näher herangezogen werden (vgl BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 13 R 1/12 R –, juris Rn. 31 mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 22.3.1988 - 8/5a RKn 11/87 = BSGE 63, 93 = SozR 2200 § 205 Nr. 65 und vom 31.1.1980 - 8b RKg 4/79 = BSGE 49, 254 = SozR 5870 § 1 Nr. 6).
Nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I besteht der gewöhnliche Aufenthalt dort, wo sich jemand unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Im Kontext der Regelungen über Versicherungszeiten wegen Kindererziehung begrenzt das Erfordernis deren persönlichen Geltungsbereich. Entscheidend sind die objektiv gegebenen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des Einzelfalles im entscheidungserheblichen Zeitraum. Weder sind Prognosen zu treffen noch sind Veränderungswünsche oder -absichten oder der Wille der Betroffenen, sich an einem Ort aufzuhalten oder einen Wohnsitz zu begründen, beachtlich (BSG, Urteil vom 3.4.2001 – B 4 RA 90/00 R –, juris Rn. 17 ff). Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts setzt vor allem voraus, dass der Betreffende im rentenbegründenden Erziehungszeitraum den örtlichen Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland hat. Dies ist der Fall, wenn und solange der Aufenthalt unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist. Für einen Ausländer im Inland kommt hinsichtlich des gewöhnlichen Aufenthalts ein rechtliches Element hinzu. Die ausländerrechtliche Position muss im Zeitraum der Kindererziehung so offen sein, dass sie wie bei einem Inländer einen Aufenthalt auf unbestimmte Zeit ermöglicht (BSG, Urteil vom 18.2.1998 – B 5 RJ 12/97 R –, juris Rn. 16). Dabei wird die Aufenthaltsposition eines Ausländers wesentlich durch den Inhalt der von der Ausländerbehörde erteilten Bescheinigungen bestimmt (BSG, Urteil vom 18.2.1998 - B 5 RJ 12/97 R - juris Rn. 17; BSG, Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R, juris Rn. 32). Nur vorübergehend und nicht rechtlich beständig gestattet ist danach der Aufenthalt, der nach § 55 AuslG formell rechtmäßig aber materiell unberechtigt geduldet im Inland ist (BSG, Urteil vom 28.7.1992 - 5 RJ 24/91, juris Rn. 15, 17; sogenannte "Einfärbungslehre", ständige Rspr. des 4., 5. und 8. Senats des BSG vgl. Urteile vom 3.4.2001 - 4 RA 90/00 R -, vom 30.09.1993 - B 4 RA 49/92 ; BSG, Urteile vom 14.9.1994 - 5 RJ 10/94 - und vom 9.5.1995 - 8 RKn 2/94 -, - 8 RKn 5/94 -, - 8 RKn 11/94; so auch Urteil vom 12.4.2000 - B 14 KG 3/99 R, juris Rn. 13; a.A.: 13. Senat: Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R -, juris Rn. 40; BSG, Urteil vom 9.8.1995 – 13 RJ 59/93 –, SozR 3-1200 § 30 Nr. 15, Rn. 40).
Das BSG (BSG, Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R, juris Rn. 38 f) hat zur Duldung ausgeführt: "Die Duldung ist eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung eines Ausländers (§ 55 Abs 1 AuslG 1990; seit 1.1.2005 § 60a Abs 1 Aufenthaltsgesetz - AufenthG). Sie beseitigt weder die Ausreisepflicht (§ 56 Abs 1 AuslG 1990; seit 1.1.2005 § 60a Abs 3 AufenthG) noch deren Vollziehbarkeit. Der Aufenthalt eines Ausländers wird mit der Duldung zwar nicht rechtmäßig, jedoch entfällt mit ihr eine Strafbarkeit wegen illegalen Aufenthalts (vgl § 92 Abs 1 Nr 1 AuslG 1990; seit 1.1.2005 vgl § 95 Abs 1 Nr 2 AufenthG). Mithin erschöpft sich die Duldung in dem zeitlich befristeten Verzicht der Behörde auf die an sich gebotene Durchsetzung der Ausreisepflicht mittels Abschiebung. Nach Ablauf der Duldung ist die unverzügliche Abschiebung daher zwingend vorgeschrieben (vgl § 56 Abs 6 AuslG 1990; seit 1.1.2005 § 60a Abs 5 AufenthG). Im Hinblick auf den Zweck der Duldung, einen nur vorübergehenden Abschiebungsstopp zu regeln, ist die Geltungsdauer der Duldung zeitlich zu beschränken (vgl § 56 Abs 2 AuslG 1990; vgl seit 1.1.2005 § 60a Abs 1 AufenthG). Der Sache nach kommt eine Duldung grundsätzlich nur als Reaktion auf das Auftreten vorübergehender (tatsächlicher oder rechtlicher) Abschiebungshindernisse in Betracht (vgl § 55 Abs 2 bis 4 AuslG; seit 1.1.2005 vgl § 60a Abs 1 und 2 AufenthG); sie wird gewährt, solange die Abschiebung unmöglich ist (vgl zum Ganzen: BSG vom 1.9.1999 - BSGE 84, 253, 256 = SozR 3-3870 § 1 Nr 1 S 4 zur Duldung nach § 55 AuslG 1990; BSG vom 3.12.2009 - BSGE 105, 70 = SozR 4-7833 § 1 Nr 10, RdNr 46 bis 48; BSG vom 29.4.2010 - BSGE 106, 101 = SozR 4-3250 § 2 Nr 2, RdNr 39 zur Duldung nach § 60a AufenthG, jeweils mwN)."
Der geduldete Ausländer befindet sich demnach in einer Situation, in welcher er nach Ablauf der Duldung jederzeit mit einer Abschiebung rechnen muss (BSG vom 3.12.2009 - BSGE 105, 70 = SozR 4-7833 § 1 Nr 10, Rn. 49).
Ausgehend davon hatte die Klägerin in der hier zu beurteilenden Zeit der Kindererziehung vor dem 1.5.2001 keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland begründet. Für die Zeit vor der Einreise am 27.4.1992 fehlte es bereits am Inlandsaufenthalt. Der Aufenthalt im Heimatland vor der Flucht in die Bundesrepublik Deutschland kann mit einer Erziehung im Inland nicht gleichgestellt werden, weil die Voraussetzungen des § 56 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB VI nicht vorliegen.
Für die Zeit ab 27.4.1992 bis 30.4.2001 mangelte es der Klägerin an einer verfestigten Aufenthaltsposition. Die Klägerin war über diese Zeit nur nach § 55 AuslG (1990) befristet geduldet. Sie ist vor dem Krieg in ihrem Heimatland in die Bundesrepublik Deutschland geflohen. Von vornherein stand fest, dass dies - abhängig von der Bürgerkriegssituation im ehemaligen Jugoslawien - nur ein vorübergehender Aufenthalt sein sollte, der auf Beendigung angelegt war. Hinweis hierauf ist auch die zeitliche Befristung auf maximal 6 Monate sowie die Begrenzung der Duldung auf das Gebiet des Landes Baden-Württemberg sowie die geforderten Passverlängerungen beim Konsulat des Heimatlandes. Dass der Klägerin eine Arbeitserlaubnis erteilt war und sie sich schnell integriert hat, ist in dem Zusammenhang unbeachtlich. Ein Abschiebehindernis auf unbestimmte Zeit lag nicht vor. Für Flüchtlinge aus Bosnien galt zwar ein Abschiebestopp, der nach mehreren Verlängerungen am 31.3.1996 ausgelaufen ist (vgl.www.diss.fu-berlin.de, Anhang S. 922, Erlass des Innenministeriums aaO. 2.2.3.1), weshalb zunächst der Klägerin zeitlich befristete Duldungen erteilt wurden, solange das Abschiebehindernis bestand. Ein Abschieben auf unabsehbare Zeit liegt nicht schon vor, wenn sich die dafür maßgebliche Situation insoweit nicht einschätzen lässt, etwa wegen der krisenhaften Situation im Heimatland (BSG Urteil vom 18.2.1998 - B 5 RJ 12/97 R -, juris Rn. 17). Ab 1994 begann die Rückführung von Bürgerkriegsflüchtlingen des ehemaligen Jugoslawien. Auf der Sondersitzung der Innenministerkonferenz am 26.1.1996 wurden die Grundsätze zur phasenweisen Rückführung der bosnischen Flüchtlinge beschlossen und später ein Rückführungsabkommen geschlossen (vgl. www.diss.fu-berlin.de, Anhang S. 922). Im Anschluss an die Innenministerkonferenz vom 19.9.1996 wurde vom Ausländeramt auf Grund des Erlasses des Innenministeriums des Landes Baden-Württemberg vom 19.12.1996 (Az. 4-13-BOS/33) vom Ausländeramt mit Bescheid vom 15.6.1998 die Beendigung des Aufenthalts und die Aufforderung zum Verlassen des Bundesgebiets bis 1.10.1998 verfügt. Bis dahin konnte die Klägerin nicht damit rechnen, auf Grund der krisenhaften Situation im Heimatland im Inland zukunftsoffen bleiben zu dürfen und nicht abgeschoben zu werden. Im Anschluss daran änderte sich der Grund für die ihr erteilten Duldungen, was letztlich in die Verfestigung des Aufenthaltstitels durch die Aufenthaltsbefugnis nach § 31 AuslG ab 23.5.2001 gemündet hat. Ausweislich der Ausländerakte ergingen die darüber hinaus gehenden weiteren befristeten Duldungen auf den Widerspruch der Klägerin im Zusammenhang mit ihrer psychischen gesundheitlichen Situation, später auch der ihres Sohnes, der an Knochentumor erkrankt war. Die amtsärztlich mehrfach prognostizierten erforderlichen Behandlungszeiträume führten jeweils zu den Verlängerungen der Duldungen bis 30.4.2001. Der Aufenthalt war mithin auch in der Zeit vom 1.10.1998 bis 30.4.2001 auf Grund der nicht abschließend einschätzbaren gesundheitlichen Situation weiterhin auf Beendigung angelegt. Anhaltspunkte für ein Abschiebehindernis auf unabsehbare Zeit lagen nicht vor, wie sich auch aus der erneuten Ankündigung der Abschiebung mit Schreiben vom 20.9.1999 aus der Ausländerakte ergibt. Damit steht fest, dass die ausgesprochenen Duldungen auf Beendigung des Aufenthalts der Klägerin ausgerichtet waren und somit lediglich ein vorübergehendes Verweilen im Bundesgebiet ermöglichten, auch wenn sich dies letztendlich - einerseits wegen der politischen Lage andererseits danach aus persönlichen Gründen - über mehrere Jahre hinzog.
Hieran ändert auch die Änderung ihres aufenthaltsrechtlichen Status ab dem 23.5.2001 mit der Erteilung der Aufenthaltsbefugnis nach § 31 AuslG (1990) nichts für den hier streitigen Zeitraum. Die Beklagte hat diese Änderung insoweit für die Zukunft berücksichtigt und der Klägerin Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten ab 1.5.2001 zuerkannt. Für die in der Vergangenheit begehrten anzurechnenden Zeiten ist die Änderung jedoch unbeachtlich (BSG, Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R -, juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 28.7.1992, aaO juris Rn. 18).
Da die Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten nicht vorliegen, hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf rentensteigernde Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nach § 57 SGB VI vor dem 1.5.2001.
Eine andere Betrachtungsweise ergibt sich auch nicht aus dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (AbkJugSozSich) vom 12. Oktober 1968 (BGBl II 1969, 1438) i.d.F. des Änderungsabkommens vom 30. September 1974 (BGBl II 1975, 389). Das Abkommen ist zwar im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bosnien und Herzegowina weiter anzuwenden (BSG, Urteil vom 12. April 2000 – B 14 KG 3/99 R –, juris, Rn. 14). Dieses Abkommen kann entgegen der Auffassung der Klägerin (für die hier streitige Zeit, zu der sie noch bosnisch-herzegowinische Staatsangehörige war) jedoch nicht unmittelbar als Grundlage für den "gewöhnlichen Aufenthalt" herangezogen werden, denn Art. 3 des Abkommens setzt für die Gleichstellung den hier zu beurteilenden gewöhnlichen Aufenthalt gerade voraus ("wenn sie sich im Gebiet eines Vertragsstaates gewöhnlich aufhalten"). Dieser bestimmt sich vorliegend nach den deutschen Rechtsvorschriften (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 07. Dezember 2004 – L 11 RJ 1912/04 –, Rn. 33, juris).
Im Übrigen scheitern Gleichstellungs- oder Gleichbehandlungsforderungen auch inhaltlich daran, dass eine Ungleichbehandlung nicht vorliegt, nachdem das Erziehungszeitenrecht anders als das Kindergeldrecht (§ 1 Abs. 3 BKGG) nicht zwischen Deutschen und Ausländern differenziert, sondern für beide allein an den gewöhnlichen Aufenthalt anknüpft.
Die Berufung konnte hiernach keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist nun die Gewährung höherer Rente wegen voller Erwerbsminderung unter rentensteigernder Berücksichtigung von Tatbeständen für Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung im Zeitraum vom 27.4.1992 bis 30.4.2001.
Die Klägerin, ursprünglich bosnisch-herzegowinischer (nun kroatischer) Staatsangehörigkeit (Bl. 2 VA), reiste am 27.04.1992 als Bürgerkriegsflüchtling mit ihren 1992 geborenen Kindern, den Zwillingen M. und I. M., aus ihrem Heimatland in die Bundesrepublik Deutschland ein und meldete sich bei der Meldestelle in T.an. Sie ist nicht als Asylberechtigte anerkannt (Bl. 25 der Verwaltungsakte - VA -). Im maßgeblichen Zeitraum war der Aufenthalt der Klägerin nach § 55 Abs. 2 Ausländergesetz (AuslG 1990) letztlich vom 11.08.1992 bis 22.05.2001 geduldet. Dabei erfolgte die Bewilligung der Duldung (Aussetzung der Abschiebung) durch das Ausländeramt des Landratsamts B.ausweislich der Ausländerakte in der Regel in 6-monatigen, z.T. kürzeren Bewilligungsabschnitten und war auf das Gebiet des Landes Baden-Württemberg beschränkt. Im April 1997 wurde der Klägerin im Rahmen der Rückführung der Bürgerkriegsflüchtlinge auf Grund des Erlasses des Innenministeriums des Landes Baden-Württemberg vom 19.12.1996 (Az. 4-13 - BOS/33, Bl. 156 LSG-Akte) zur beabsichtigten Beendigung des Aufenthalts rechtliches Gehör gewährt und mit Bescheid vom 15.6.1998 die Klägerin, ihr Ehemann und ihre Kinder zur Ausreise bis 1.10.1998 aufgefordert sowie die Abschiebung angedroht. Auf den Widerspruch hin wurde die Duldung - aus gesundheitlichen Gründen - mehrfach bis 22.5.2001 verlängert, während dessen der Sohn I. M. geboren wurde. Im Anschluss wurde der Klägerin eine Aufenthaltsbefugnis nach § 31 AuslG (vom 23.05.2001 bis 25.06.2001), eine Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Aufenthaltsgesetz (vom 26.06.2001 bis 04.07.2006) und eine Niederlassungserlaubnis nach § 9 Aufenthaltsgesetz (seit dem 05.07.2006) erteilt (vgl. Aufstellung Bl. 43 Rückseite VA, Auskunft der Ausländerbehörde des Landratsamts B.vom 23.03.2012).
In der Zeit vom 1.2.1993 bis 31.5.1998 und vom 5.9.1998 bis 30.4.2001 und darüber hinaus war die Klägerin mit Arbeitserlaubnis versicherungspflichtig beschäftigt. Für die Zeit sind Pflichtbeitragszeiten vorgemerkt.
Am 20.12.2011 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung, der die Feststellung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung beinhaltete. Mit Bescheid vom 08.06.2012 stellte die Beklagte die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten bis 31.12.2005 nach § 149 Abs. 5 SGB VI verbindlich fest (Bl. 69 VA). Hinsichtlich der Erziehungszeiten merkte sie für die Zwillinge Ivan und Monika (geb. 5.1.1992) die Zeit vom 1.5.2001 bis 4.1.2002 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vor (ab Aufenthaltserlaubnis). Die Zeiten vom 01.02.1992 bis 31.03.1992 könnten weder als Kindererziehungszeit noch als Berücksichtigungszeit vorgemerkt werden, weil die Kinder in dieser Zeit im Ausland erzogen worden seien. Die Zeit vom 01.01.1993 bis 31.01.1995 könne nicht als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 01.04.1992 bis 30.04.2001 nicht als Berücksichtigungszeit vorgemerkt werden, weil während der Erziehung der Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht auf einem zukunftsoffenen Aufenthaltstitel beruht habe und deshalb kein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland vorgelegen habe. Für den Sohn Ilija (geb. 9.7.1998) merkte die Beklagte die Zeit vom 01.05.2001 bis 31.07.2001 als Kindererziehungszeit sowie die Zeit vom 01.05.2001 bis 08.07.2008 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vor. Die Zeit vom 01.01.2001 bis 30.04.2001 könne nicht als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 09.07.1998 bis 30.04.2001 nicht als Berücksichtigungszeit vorgemerkt werden, weil während der Erziehung der Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht auf einem zukunftsoffenen Aufenthaltstitel beruht habe und deshalb kein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland vorgelegen habe.
Hiergegen legte die Klägerin am 06.07.2012 Widerspruch ein. Sie habe Beiträge gezahlt, obwohl sie keine richtige Aufenthaltsgenehmigung gehabt habe und finde deshalb, dass ihr die Erziehungszeit zustehe (Bl. 67 VA).
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Bl. 76 VA). Gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI seien Personen in der Zeit versicherungspflichtig, in denen nach Maßgabe des § 56 SGB VI Kindererziehungszeiten anzurechnen seien. Diese Vorschrift über die Versicherungspflicht (§ 3 SGB VI) gelte, da sie eine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht voraussetze, für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches, mithin also im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, hätten (§ 3 Nr. 2 SGB IV). Den gewöhnlichen Aufenthalt habe jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweile (§ 30 Abs. 2 SGB I). Das Bundessozialgericht (BSG) verstehe unter dem gewöhnlichen Aufenthalt ein tatsächliches, längerdauerndes, nicht zufälliges Verweilen an einem bestimmten Ort oder Gebiet, d.h. einen Zustand, der auf eine gewisse Stetigkeit und Regelmäßigkeit in Bezug auf den Aufenthaltsort schließen lasse (Urteil vom 28.07.1967, 4 RJ 411/66, BSGE 27, 88). Für einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland müsse der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse (Daseinsmittelpunkt) dauerhaft in Deutschland sein, wozu im Regelfall auch ein tatsächlicher überwiegender Aufenthalt gehöre. Dauerhaft sei ein Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen sei. Ein gewöhnlicher Aufenthalt könne darüber hinaus nur dort begründet werden, wo sich jemand rechtmäßig aufhalte. Bei allen Personen, die nicht Deutsche im Sinne des Art. 116 des Grundgesetzes (GG) seien, müssten daher zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts zusätzlich zu dem auf rein tatsächlichen Umständen beruhenden zukunftsoffenen Aufenthalt im Inland nach der Rechtsprechung des BSG rechtliche Erfordernisse hinzutreten, weil sie ansonsten zur Ausreise verpflichtet seien. Der Aufenthalt dieser Person in Deutschland sei nur dann zuverlässig dauerhaft und damit ein gewöhnlicher Aufenthalt, wenn er auf einem Aufenthaltstitel nach dem Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz) bzw. - bis zum 31.12.2004 - nach dem Ausländergesetz beruhe, der eine zukunftsoffene Berechtigung zum Aufenthalt vermittele. Bei den Aufenthaltstiteln der Aufenthaltsberechtigung (§ 27 AusländerG n.F.), befristete oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltsbefugnis (§§ 30, 31 Ausländergesetz n.F.), fortgeltende Aufenthaltsrechte nach dem Ausländergesetz a.F. (§ 94 Ausländergesetz n.F.) sei der Aufenthalt materiell-rechtlich und im Sinne der Zukunftsoffenheit als rechtlich beständig anzusehen. Demgegenüber vermittelten die Aufenthaltsentscheidungen der Aufenthaltsbewilligung (§ 28 Ausländergesetz n.F.), Aufenthaltsbefugnis (§ 32a Ausländergesetz n.F.) und Duldung (§ 55 Ausländergesetz n.F.) keine materiell-rechtlich beständige Grundlage und damit keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Im Fall der Klägerin habe der auf die ausgesprochene Duldung gestützte Aufenthalt bis zum 22.05.2001 damit nicht auf einer Aufenthaltsgenehmigung beruht, die eine zukunftsoffene Berechtigung zum Aufenthalt vermittele. Eine Vormerkung von Kindererziehungszeiten (§ 56 SGB VI) könne daher für die Zeit vom 5.1.1992 bis 30.4.2001 nicht erfolgen. Eine Vormerkung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung könne ebenfalls nicht erfolgen, soweit sie an das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Kindererziehungszeit anknüpften (§ 57 Satz 1, 2. Halbsatz SGB VI). Der Einwand der Klägerin, dass sie während der Erziehungszeiten Beiträge gezahlt habe, greife nicht durch. Aus dem Vorliegen von Pflichtbeiträgen aufgrund einer versicherten Beschäftigung in Deutschland (wie bei der Klägerin in der Zeit vom 1.2.1993 bis 31.5.1998 sowie vom 5.9.1998 bis 30.4.2001 und darüber hinaus) könne nicht automatisch auf einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland geschlossen werden. Denn nach dem Territorialitätsprinzip des § 3 Nr.1 SGB IV unterlägen Erwerbstätigkeiten im Inland auch dann den deutschen Vorschriften über die Versicherungspflicht, wenn der gewöhnliche Aufenthalt im Ausland liege. Eigene Beitragsaufwendungen zur gesetzlichen Rentenversicherung seien der Klägerin aufgrund der Kindererziehung nicht entstanden, weil die Beiträge für die Kindererziehungszeiten der Bund trage (§ 177 SGB VI) und für die Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung keine Beiträge aufgewendet werden müssten. Sonstige finanzielle Aufwendungen (z.B. die Zahlung von Steuern) seien rentenrechtlich nicht zu berücksichtigen.
Am 23.10.2012 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Freiburg erhoben und weiterhin begehrt, Kindererziehungszeiten sowie Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für die Kinder M., I. und I. vorzumerken (für Zeiträume vor Mai 2001). Die Klägerin sei seit April 1992 mit ihren Kindern in T.gemeldet und habe sich dort auch aufgehalten. Seit ihrer Meldung am 27.04.1992 sei erkennbar, dass sie sich dort nicht nur vorübergehend aufhalte. Zwar sei die Klägerin bis zum 22.05.2001 lediglich "geduldet" im Sinne der §§ 55, 56 AuslG gewesen. Die Duldung bedeute, dass die Ausreisepflicht des Ausländers nicht durchgesetzt werde und auch, dass damit der Aufenthalt grundsätzlich nicht zukunftsoffen sei. Eine Ausnahme gelte jedoch dann, wenn ausländerbehördliche Maßnahmen zur Beendigung des Aufenthalts weder getroffen würden noch zu erwarten seien (mit Hinweis auf Gürtner in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 74. Ergänzungslieferung 2012, SGB VI, § 56 Rn. 53 m.w.N.). Bei der Klägerin sei wegen des Krieges in Kroatien bis Ende 1995 mit ausländerbehördlichen Maßnahmen nicht zu rechnen gewesen. Weiterhin sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin seit dem 01.02.1993 pflichtversichert tätig gewesen, krankenversichert und steuerpflichtig gewesen sei. Da auch § 9 der Abgabenordnung (AO) an den gewöhnlichen Aufenthalt anknüpfe, wäre es widersprüchlich, wenn gemäß § 9 AO die Klägerin einen gewöhnlichen Aufenthalt hätte, aber nicht gemäß § 30 SGB I. Schon wegen der Einheitlichkeit der Rechtsordnung müsse damit der Aufenthalt der Klägerin spätestens ab dem 01.02.1993 als gewöhnlicher Aufenthalt angesehen werden. Nachdem die Klägerin seit ihrer Meldung am 27.04.1992 nicht mit Maßnahmen zur Beendigung ihres Aufenthalts bedroht gewesen sei, müssten schon von Anfang ihres gemeldeten Aufenthaltes an die Kindererziehungszeiten vorgemerkt werden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat zur Begründung auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen. Der Aufenthalt der Klägerin im Inland sei materiell-rechtlich und im Sinne der Zukunftsoffenheit als rechtlich beständig erst mit Erteilung der Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Ausländergesetz am 23.05.2001 anzusehen.
Mit Urteil vom 18.11.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Es ist hinsichtlich der rechtlichen Bewertung der Begründung im Widerspruchsbescheid der Beklagten gefolgt und hat hierauf gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug genommen. Ergänzend hat es darauf hingewiesen, dass sich bereits aus dem Gesetzestext erhebliche Unterschiede zwischen § 30 SGB I und § 9 AO herleiten ließen. Denn in § 9 AO habe der Gesetzgeber bereits Voraussetzungen für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland formuliert, in § 30 SGB I hierauf hingegen verzichtet. Abschließend werde noch auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 07.12.2004 (L 11 RJ 1912/04) hingewiesen.
Gegen das der Klägerin am 25.11.2013 mit Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat diese am 13.12.2013 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das SG habe sich nicht hinreichend damit auseinandergesetzt, dass die Klägerin nach der Abgabenordnung Steuern zu zahlen habe, obwohl der § 9 AO sogar engere Voraussetzungen habe als der § 30 SGB I. Der Verweis auf das Urteil vom 07.12.2004 (L 11 RJ 1912/04) des nun angerufenen Berufungsgerichts trage nicht, denn die Einschränkung, dass nur Erziehungszeiten von Kindern mit einem zukunftsoffenen Aufenthaltstitel berücksichtigt werden könnten, ergebe sich nicht aus dem Gesetz. Durch die Einfügung eines solchen Tatbestandsmerkmals werde nicht nur Art. 3 GG verletzt, sondern auch das deutsch-jugoslawische Abkommen über soziale Sicherheit. Dieses sei auch auf Bürgerkriegsflüchtlinge anzuwenden (BSG, Urteil vom 12.04.2000, B 14 KG 3/99 R). Das Bundessozialgericht habe entschieden, dass die Bürgerkriegsflüchtlinge Anspruch auf Kindergeld hätten, selbst wenn sie bloß geduldet gewesen seien und der Aufenthalt nicht zukunftsoffen gewesen sei. Darüber hinaus sei die Klägerin kroatische Staatsbürgerin. Kroatien sei EU-Mitglied. Daher dürften durch das Hineinlesen nicht geschriebener gesetzlicher Merkmale in § 30 SGB I zum Zweck der Leistungsreduzierung die EU-Richtlinien zur Antidiskriminierung und zur Gleichstellung verletzt sein. Nach Art. 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über soziale Sicherheit vom 12.10.1968 würden die Staatsangehörigkeiten der Vertragsstaaten gleichgestellt, wenn sie sich gewöhnlich im Gebiet eines Vertragsstaates aufhielten. Dies bedeute, dass die Klägerin auf jeden Fall sich in diesem Gebiet aufgehalten habe, da sie nur in Deutschland bzw. davor in Jugoslawien gelebt habe. Damit habe sie unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem Geltungsbereich des Abkommens gehabt, denn irgendwo habe der gewöhnliche Aufenthalt schließlich gelegen haben müssen. Die Klägerin habe im Übrigen nicht nur ihren Wohnsitz in Deutschland gehabt, sondern auch tatsächlich hier gelebt und sich faktisch auf einen dauernden Aufenthalt eingestellt. So habe sie nicht nur mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag ab Februar 1993 eine Stellung angetreten, sondern sie habe sich in kürzester Zeit mit sehr gutem Erfolg die deutsche Sprache angeeignet. Die Kinder, die ab 1995 den Kindergarten besucht hätten, sprächen besser Deutsch als Kroatisch. Der Ehemann der Klägerin, der im August 1992 nachgekommen sei, habe schon ab Dezember 1992 eine Stelle angenommen. Bald habe die gesamte Großfamilie (Schwiegereltern, Bruder, Schwager und Schwägerinnen) in Deutschland gelebt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. November 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 22. August 2014 und vom 22. April 2015 zu verurteilen, der Klägerin ab 1. Juni 2013 höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung der Zeiten wegen Kindererziehung für die Kinder M. und I. M. im Zeitraum vom 27. April 1992 bis 4. Januar 1995 und für I. M. für die Zeit vom 9. Juli 1998 bis 30. April 2001 zu gewähren und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für die Kinder M. und I. M. im Zeitraum vom 27. April 1992 bis 30. April 2001 und für I. M. für die Zeit vom 9. Juli 1998 bis 30. April 2001 anzuerkennen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Auch unter Berücksichtigung der zum Kindergeldrecht ergangenen Entscheidung des BSG vom 12.04.2000 (B 14 KG 3/99 R) könnten die streitbefangenen Zeiträume nicht berücksichtigt werden. Nach den Feststellungen des BSG a.a.O. habe Anspruch auf Kindergeld bestanden, weil der dortige Kläger nach Art. 3 des Sozialversicherungsabkommens vom 12.10.1968 einem deutschen Staatsangehörigen gleichstehe und die Voraussetzung des Inlandsaufenthaltes (§ 1 Abs. 3 Bundeskindergeldgesetz - BKGG) deshalb für ihn nicht gelte. Auch im hier anhängigen Verfahren stehe die Klägerin über Art. 3 Sozialversicherungsabkommen einem Deutschen gleich. Da das Erziehungszeitenrecht (§ 56 SGB VI) - anders als das Kindergeldrecht - aber nicht zwischen Deutschen und Ausländern differenziere, könne die Personengleichstellung des Art. 3 Sozialversicherungsabkommen keine Verbesserung der Rechtsposition der Klägerin bewirken. Die Ablehnung der geltend gemachten Kindererziehungszeiten beruhe im Falle der Klägerin also nicht etwa auf ihrer Staatsangehörigkeit, sondern allein darauf, dass sie während der strittigen Erziehungszeiten keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt habe. Die Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach Maßgabe des § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. § 56 Abs. 3 Satz 1 SGB VI setze zwingend voraus, dass die Erziehung im Rahmen eines gewöhnlichen Aufenthaltes von Eltern und Kind in der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sei, wobei es auf die Staatsangehörigkeit der erziehenden Person nicht ankomme. Im Rahmen des § 56 SGB VI sei generell (also auch für Deutsche) zunächst festzustellen, wo der gewöhnliche Aufenthalt der betreffenden Personen zu verorten sei. Denn auch Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hätten, könnten Kindererziehungszeiten grundsätzlich nicht erhalten, selbst wenn aufgrund der besonderen Bestimmungen im Kindergeldrecht die Zahlung von Kindergeld auch bei einem gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland für sie möglich sei. Hinsichtlich des gewöhnlichen Aufenthalts könne im Fall der Klägerin das Kriterium der Dauerhaftigkeit des Inlandsaufenthaltes durch die ihr erteilten Aufenthaltstitel nicht vermittelt werden. Auf die Gründe, weshalb ein nur vorübergehender (nicht zukunftsoffener) Inlandsaufenthalt vorgelegen habe, komme es weder bei Deutschen noch bei Ausländern an. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass auch bei (angenommener) Erziehung in Bosnien-Herzegowina Kindererziehungszeiten nicht anzurechnen wären (obwohl die Zahlung von Abkommenskindergeld möglich wäre). Das BSG habe hierzu in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass der gewöhnliche Aufenthalt des Erziehenden und die Erziehung in einem anderen Mitgliedstaat der EU/des EWR bzw. der Schweiz oder in einem Staat, mit dem ein SV-Abkommen geschlossen worden sei, einem gewöhnlichen Aufenthalt und einer Erziehung im Inland nicht gleich stehe (mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).
Seit 1.6.2013 gewährt die Beklagte der Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung auf Zeit und seit 1.8.2015 auf Dauer ohne Berücksichtigung der hier streitigen Zeiten (Bescheide vom 22.8.2014 und vom 22.4.2015).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, der von der Ausländerbehörde beigezogenen Ausländerakte über die Klägerin sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 SGG statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form-und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Kindererziehungszeiten oder Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in der Zeit vom 27.4.1992 bis 30.4.2001
Mit ihrer ursprünglichen Klage hat sich die Klägerin gegen den Vormerkungsbescheid vom 8.6.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.10.2012 gerichtet soweit darin die Feststellung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für die Zeit vor dem 1.5.2001 abgelehnt worden war. Der Vormerkungsbescheid ist während des Berufungsverfahrens durch die die Rente wegen Erwerbsminderung bewilligenden Bescheide vom 22.8.2014 und 22.5.2015, die ihrerseits die geltend gemachten Zeiten nicht berücksichtigt haben, gem. § 96 SGG ersetzt worden. Ein neuer Verwaltungsakt nach Klageerhebung wird gem. § 96 Abs. 1 SGG (nur) dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Streitbefangene Feststellungen von Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten im Vormerkungsbescheid werden durch den wertfeststellenden Verwaltungsakt im Rentenbescheid i.S. von § 96 Abs. 1 SGG ersetzt. Zwar handelt es sich bei der Feststellung des Tatbestands einer rentenrechtlichen Zeit einerseits und der Rentenwertfestsetzung unter Berücksichtigung auch dieser Zeit andererseits nicht um Verwaltungsakte mit identischem Regelungsgehalt, doch stehen beide hinsichtlich ein und desselben Rechtsverhältnisses in einem Verhältnis sachlicher und zeitlicher Exklusivität zueinander. Das insofern anhängige Klageverfahren findet seine Fortsetzung im Streit über dasjenige Rechtsverhältnis, dessen vorbereitender Klärung die bisher ergangenen Verwaltungsakte gerade gedient hatten. Auf die Ersetzung in diesem Sinne findet § 96 Abs. 1 SGG unmittelbar Anwendung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt über die Rentenhöhe als unmittelbar kraft Gesetzes angegriffen gilt, soweit diese ihrerseits auf den bereits ursprünglich streitigen Feststellungen beruht (BSG, Urteil vom 14.12.2011 – B 5 R 36/11 R –, juris Rn. 12; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. September 2014 – L 13 R 2527/12 –, juris Rn. 23).
In der Sache hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine höhere Rente unter Berücksichtigung der geltend gemachten Zeiten.
Kindererziehungszeiten sind Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Für einen Elternteil wird eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn 1. die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist, 2. die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht und 3. der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist (§ 56 Abs. 1 SGB VI). Die Zuordnung erfolgt vorliegend mangels übereinstimmender Erklärung an die Klägerin als Mutter der Kinder (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI). Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung ist bei einem Elternteil die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem zehnten Lebensjahr, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen (§ 57 S. 1 SGB VI). Kindererziehungszeiten (§ 56 SGB VI) oder Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (§ 57 SGB VI) liegen somit nur dann vor, wenn die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist. Eine Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ist gemäß § 56 Abs. 3 Satz 1 SGB VI nur dann erfolgt, wenn der erziehende Elternteil sich mit dem Kind dort gewöhnlich aufgehalten hat. Der gewöhnliche Aufenthalt bestimmt sich nach § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I).
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist hierzu nicht auf § 9 AO abzustellen. § 30 Abs. 3 SGB I enthält keine dem § 9 Satz 2 AO entsprechende Regelung, wonach als gewöhnlicher Aufenthalt stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen ist. Deshalb kann die Vorschrift des § 9 Satz 2 AO nicht für den Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts i.S. von § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I näher herangezogen werden (vgl BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 13 R 1/12 R –, juris Rn. 31 mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 22.3.1988 - 8/5a RKn 11/87 = BSGE 63, 93 = SozR 2200 § 205 Nr. 65 und vom 31.1.1980 - 8b RKg 4/79 = BSGE 49, 254 = SozR 5870 § 1 Nr. 6).
Nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I besteht der gewöhnliche Aufenthalt dort, wo sich jemand unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Im Kontext der Regelungen über Versicherungszeiten wegen Kindererziehung begrenzt das Erfordernis deren persönlichen Geltungsbereich. Entscheidend sind die objektiv gegebenen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des Einzelfalles im entscheidungserheblichen Zeitraum. Weder sind Prognosen zu treffen noch sind Veränderungswünsche oder -absichten oder der Wille der Betroffenen, sich an einem Ort aufzuhalten oder einen Wohnsitz zu begründen, beachtlich (BSG, Urteil vom 3.4.2001 – B 4 RA 90/00 R –, juris Rn. 17 ff). Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts setzt vor allem voraus, dass der Betreffende im rentenbegründenden Erziehungszeitraum den örtlichen Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland hat. Dies ist der Fall, wenn und solange der Aufenthalt unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist. Für einen Ausländer im Inland kommt hinsichtlich des gewöhnlichen Aufenthalts ein rechtliches Element hinzu. Die ausländerrechtliche Position muss im Zeitraum der Kindererziehung so offen sein, dass sie wie bei einem Inländer einen Aufenthalt auf unbestimmte Zeit ermöglicht (BSG, Urteil vom 18.2.1998 – B 5 RJ 12/97 R –, juris Rn. 16). Dabei wird die Aufenthaltsposition eines Ausländers wesentlich durch den Inhalt der von der Ausländerbehörde erteilten Bescheinigungen bestimmt (BSG, Urteil vom 18.2.1998 - B 5 RJ 12/97 R - juris Rn. 17; BSG, Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R, juris Rn. 32). Nur vorübergehend und nicht rechtlich beständig gestattet ist danach der Aufenthalt, der nach § 55 AuslG formell rechtmäßig aber materiell unberechtigt geduldet im Inland ist (BSG, Urteil vom 28.7.1992 - 5 RJ 24/91, juris Rn. 15, 17; sogenannte "Einfärbungslehre", ständige Rspr. des 4., 5. und 8. Senats des BSG vgl. Urteile vom 3.4.2001 - 4 RA 90/00 R -, vom 30.09.1993 - B 4 RA 49/92 ; BSG, Urteile vom 14.9.1994 - 5 RJ 10/94 - und vom 9.5.1995 - 8 RKn 2/94 -, - 8 RKn 5/94 -, - 8 RKn 11/94; so auch Urteil vom 12.4.2000 - B 14 KG 3/99 R, juris Rn. 13; a.A.: 13. Senat: Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R -, juris Rn. 40; BSG, Urteil vom 9.8.1995 – 13 RJ 59/93 –, SozR 3-1200 § 30 Nr. 15, Rn. 40).
Das BSG (BSG, Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R, juris Rn. 38 f) hat zur Duldung ausgeführt: "Die Duldung ist eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung eines Ausländers (§ 55 Abs 1 AuslG 1990; seit 1.1.2005 § 60a Abs 1 Aufenthaltsgesetz - AufenthG). Sie beseitigt weder die Ausreisepflicht (§ 56 Abs 1 AuslG 1990; seit 1.1.2005 § 60a Abs 3 AufenthG) noch deren Vollziehbarkeit. Der Aufenthalt eines Ausländers wird mit der Duldung zwar nicht rechtmäßig, jedoch entfällt mit ihr eine Strafbarkeit wegen illegalen Aufenthalts (vgl § 92 Abs 1 Nr 1 AuslG 1990; seit 1.1.2005 vgl § 95 Abs 1 Nr 2 AufenthG). Mithin erschöpft sich die Duldung in dem zeitlich befristeten Verzicht der Behörde auf die an sich gebotene Durchsetzung der Ausreisepflicht mittels Abschiebung. Nach Ablauf der Duldung ist die unverzügliche Abschiebung daher zwingend vorgeschrieben (vgl § 56 Abs 6 AuslG 1990; seit 1.1.2005 § 60a Abs 5 AufenthG). Im Hinblick auf den Zweck der Duldung, einen nur vorübergehenden Abschiebungsstopp zu regeln, ist die Geltungsdauer der Duldung zeitlich zu beschränken (vgl § 56 Abs 2 AuslG 1990; vgl seit 1.1.2005 § 60a Abs 1 AufenthG). Der Sache nach kommt eine Duldung grundsätzlich nur als Reaktion auf das Auftreten vorübergehender (tatsächlicher oder rechtlicher) Abschiebungshindernisse in Betracht (vgl § 55 Abs 2 bis 4 AuslG; seit 1.1.2005 vgl § 60a Abs 1 und 2 AufenthG); sie wird gewährt, solange die Abschiebung unmöglich ist (vgl zum Ganzen: BSG vom 1.9.1999 - BSGE 84, 253, 256 = SozR 3-3870 § 1 Nr 1 S 4 zur Duldung nach § 55 AuslG 1990; BSG vom 3.12.2009 - BSGE 105, 70 = SozR 4-7833 § 1 Nr 10, RdNr 46 bis 48; BSG vom 29.4.2010 - BSGE 106, 101 = SozR 4-3250 § 2 Nr 2, RdNr 39 zur Duldung nach § 60a AufenthG, jeweils mwN)."
Der geduldete Ausländer befindet sich demnach in einer Situation, in welcher er nach Ablauf der Duldung jederzeit mit einer Abschiebung rechnen muss (BSG vom 3.12.2009 - BSGE 105, 70 = SozR 4-7833 § 1 Nr 10, Rn. 49).
Ausgehend davon hatte die Klägerin in der hier zu beurteilenden Zeit der Kindererziehung vor dem 1.5.2001 keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland begründet. Für die Zeit vor der Einreise am 27.4.1992 fehlte es bereits am Inlandsaufenthalt. Der Aufenthalt im Heimatland vor der Flucht in die Bundesrepublik Deutschland kann mit einer Erziehung im Inland nicht gleichgestellt werden, weil die Voraussetzungen des § 56 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB VI nicht vorliegen.
Für die Zeit ab 27.4.1992 bis 30.4.2001 mangelte es der Klägerin an einer verfestigten Aufenthaltsposition. Die Klägerin war über diese Zeit nur nach § 55 AuslG (1990) befristet geduldet. Sie ist vor dem Krieg in ihrem Heimatland in die Bundesrepublik Deutschland geflohen. Von vornherein stand fest, dass dies - abhängig von der Bürgerkriegssituation im ehemaligen Jugoslawien - nur ein vorübergehender Aufenthalt sein sollte, der auf Beendigung angelegt war. Hinweis hierauf ist auch die zeitliche Befristung auf maximal 6 Monate sowie die Begrenzung der Duldung auf das Gebiet des Landes Baden-Württemberg sowie die geforderten Passverlängerungen beim Konsulat des Heimatlandes. Dass der Klägerin eine Arbeitserlaubnis erteilt war und sie sich schnell integriert hat, ist in dem Zusammenhang unbeachtlich. Ein Abschiebehindernis auf unbestimmte Zeit lag nicht vor. Für Flüchtlinge aus Bosnien galt zwar ein Abschiebestopp, der nach mehreren Verlängerungen am 31.3.1996 ausgelaufen ist (vgl.www.diss.fu-berlin.de, Anhang S. 922, Erlass des Innenministeriums aaO. 2.2.3.1), weshalb zunächst der Klägerin zeitlich befristete Duldungen erteilt wurden, solange das Abschiebehindernis bestand. Ein Abschieben auf unabsehbare Zeit liegt nicht schon vor, wenn sich die dafür maßgebliche Situation insoweit nicht einschätzen lässt, etwa wegen der krisenhaften Situation im Heimatland (BSG Urteil vom 18.2.1998 - B 5 RJ 12/97 R -, juris Rn. 17). Ab 1994 begann die Rückführung von Bürgerkriegsflüchtlingen des ehemaligen Jugoslawien. Auf der Sondersitzung der Innenministerkonferenz am 26.1.1996 wurden die Grundsätze zur phasenweisen Rückführung der bosnischen Flüchtlinge beschlossen und später ein Rückführungsabkommen geschlossen (vgl. www.diss.fu-berlin.de, Anhang S. 922). Im Anschluss an die Innenministerkonferenz vom 19.9.1996 wurde vom Ausländeramt auf Grund des Erlasses des Innenministeriums des Landes Baden-Württemberg vom 19.12.1996 (Az. 4-13-BOS/33) vom Ausländeramt mit Bescheid vom 15.6.1998 die Beendigung des Aufenthalts und die Aufforderung zum Verlassen des Bundesgebiets bis 1.10.1998 verfügt. Bis dahin konnte die Klägerin nicht damit rechnen, auf Grund der krisenhaften Situation im Heimatland im Inland zukunftsoffen bleiben zu dürfen und nicht abgeschoben zu werden. Im Anschluss daran änderte sich der Grund für die ihr erteilten Duldungen, was letztlich in die Verfestigung des Aufenthaltstitels durch die Aufenthaltsbefugnis nach § 31 AuslG ab 23.5.2001 gemündet hat. Ausweislich der Ausländerakte ergingen die darüber hinaus gehenden weiteren befristeten Duldungen auf den Widerspruch der Klägerin im Zusammenhang mit ihrer psychischen gesundheitlichen Situation, später auch der ihres Sohnes, der an Knochentumor erkrankt war. Die amtsärztlich mehrfach prognostizierten erforderlichen Behandlungszeiträume führten jeweils zu den Verlängerungen der Duldungen bis 30.4.2001. Der Aufenthalt war mithin auch in der Zeit vom 1.10.1998 bis 30.4.2001 auf Grund der nicht abschließend einschätzbaren gesundheitlichen Situation weiterhin auf Beendigung angelegt. Anhaltspunkte für ein Abschiebehindernis auf unabsehbare Zeit lagen nicht vor, wie sich auch aus der erneuten Ankündigung der Abschiebung mit Schreiben vom 20.9.1999 aus der Ausländerakte ergibt. Damit steht fest, dass die ausgesprochenen Duldungen auf Beendigung des Aufenthalts der Klägerin ausgerichtet waren und somit lediglich ein vorübergehendes Verweilen im Bundesgebiet ermöglichten, auch wenn sich dies letztendlich - einerseits wegen der politischen Lage andererseits danach aus persönlichen Gründen - über mehrere Jahre hinzog.
Hieran ändert auch die Änderung ihres aufenthaltsrechtlichen Status ab dem 23.5.2001 mit der Erteilung der Aufenthaltsbefugnis nach § 31 AuslG (1990) nichts für den hier streitigen Zeitraum. Die Beklagte hat diese Änderung insoweit für die Zukunft berücksichtigt und der Klägerin Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten ab 1.5.2001 zuerkannt. Für die in der Vergangenheit begehrten anzurechnenden Zeiten ist die Änderung jedoch unbeachtlich (BSG, Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R -, juris Rn. 29; BSG, Urteil vom 28.7.1992, aaO juris Rn. 18).
Da die Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten nicht vorliegen, hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf rentensteigernde Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nach § 57 SGB VI vor dem 1.5.2001.
Eine andere Betrachtungsweise ergibt sich auch nicht aus dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (AbkJugSozSich) vom 12. Oktober 1968 (BGBl II 1969, 1438) i.d.F. des Änderungsabkommens vom 30. September 1974 (BGBl II 1975, 389). Das Abkommen ist zwar im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bosnien und Herzegowina weiter anzuwenden (BSG, Urteil vom 12. April 2000 – B 14 KG 3/99 R –, juris, Rn. 14). Dieses Abkommen kann entgegen der Auffassung der Klägerin (für die hier streitige Zeit, zu der sie noch bosnisch-herzegowinische Staatsangehörige war) jedoch nicht unmittelbar als Grundlage für den "gewöhnlichen Aufenthalt" herangezogen werden, denn Art. 3 des Abkommens setzt für die Gleichstellung den hier zu beurteilenden gewöhnlichen Aufenthalt gerade voraus ("wenn sie sich im Gebiet eines Vertragsstaates gewöhnlich aufhalten"). Dieser bestimmt sich vorliegend nach den deutschen Rechtsvorschriften (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 07. Dezember 2004 – L 11 RJ 1912/04 –, Rn. 33, juris).
Im Übrigen scheitern Gleichstellungs- oder Gleichbehandlungsforderungen auch inhaltlich daran, dass eine Ungleichbehandlung nicht vorliegt, nachdem das Erziehungszeitenrecht anders als das Kindergeldrecht (§ 1 Abs. 3 BKGG) nicht zwischen Deutschen und Ausländern differenziert, sondern für beide allein an den gewöhnlichen Aufenthalt anknüpft.
Die Berufung konnte hiernach keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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