L 4 KR 4882/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 KR 5336/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4882/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. Oktober 2012 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über den Fortbestand der Familienversicherungen der Kläger über den 12. November 2006 hinaus.

Die Mutter der Kläger ist seit 1986 versicherungspflichtiges Mitglied der beklagten Krankenkasse; ihr Ehemann, der Vater der Kläger, ist selbständiger Rechtsanwalt und nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung. Die Beklagte führte jedenfalls seit dem 1. März 2002 die Kläger als familienversichertes Mitglied.

Die Mutter der Kläger reichte am 8. Januar 2007 den ihr und ihrem Ehemann gegenüber ergangenen Bescheid des Finanzamtes Nürtingen für 2003 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 9. November 2006 bei der Beklagten ein. Dieser weist für den Vater der Kläger Einkünfte von insgesamt EUR 52.825,00 (aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von EUR 60.000,00, ausgleichsfähige negative Summe der Einkünfte in Höhe von EUR 7.175,00 und aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von minus EUR 3.588,00) sowie für die Mutter der Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von minus EUR 3.587,00 aus und setzte das zu versteuernde Einkommen beider Ehegatten auf EUR 42.615,00 fest. Auf Nachfrage der Beklagten gab die Mutter der Kläger weiter an, das jährliche Gesamteinkommen ihres Ehegatten sei in den Jahren 2003 bis 2006 höher als ihr Gesamteinkommen gewesen, habe aber nicht über der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze gelegen.

Mit (getrennten) Bescheiden vom 26. Februar 2007 stellte die Beklagte gegenüber den Klägern – für die Klägerin zu 1) gegenüber deren Mutter – fest, dass die Familienversicherung der Kläger zum 12. November 2006 geendet sei, weil das Einkommen des gesetzlich nicht krankenversicherten Vaters durchschnittlich ein Zwölftel der jährlichen Jahresarbeitsentgeltgrenze und das Einkommen der Mutter überschreite. Sie wies zugleich auf die Möglichkeit einer Mitgliedschaft der Kläger als freiwillig Versicherte hin.

Da die Kläger einen Beitritt zur freiwilligen Versicherung nicht erklärten, sah die Beklagte sie ab dem 1. April 2007 als versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) an und setzte wiederholt Beiträge fest, erstmals mit einem Bescheid vom 30. September 2008 gegenüber der Klägerin zu 1). Den gegen den Bescheid vom 30. September 2008 erhobenen Widerspruch der Klägerin zu 1) wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2010 zurück. Hiergegen ist beim Sozialgericht Stuttgart (SG) ein Klageverfahren anhängig (S 16 KR 601/14, vormals S 16 KR 3865/10 und S 16 KR 3600/11).

Die Mutter der Kläger erhob am 19. März 2007 Widerspruch gegen die Bescheide vom 26. Februar 2007 und wandte sich gegen die rückwirkende Beendigung der Familienversicherung ihrer Kinder. Das Jahreseinkommen 2003 habe EUR 52.825,00 betragen; davon seien auf sie selbst EUR 10.138,00 entfallen. Das zu versteuernde Einkommen habe im Jahre 2003 EUR 42.615,00 betragen. Außerdem habe das Gesamteinkommen ihres Ehemannes in den Jahren 2004 bis 2006 immer zwischen EUR 40.000,00 und EUR 45.000,00 betragen. Sie legte ein Schreiben des Steuerberaters ihres Ehemannes vom 17. Januar 2008 vor, nach dem auf Grundlage der Finanzbuchführung für die Zeit vom 1. Januar bis 30. November 2007 für das Jahr 2007 mit einem Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von EUR 43.930,00 zu rechnen sei.

Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch gegen die Bescheide vom 26. Februar 2007 wegen Beendigung der Durchführung der Familienversicherung für die Kläger mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2008 zurück. Der Widerspruchsbescheid war an die Mutter der Klägerin zu 1) adressiert sowie "nach[richtlich]" an die Kläger zu 2) bis 4) gerichtet. Zur Begründung führte der Widerspruchsausschuss aus, Bestätigungen über die Durchführung der Familienversicherung seien Verwaltungsakte mit Dauerwirkung, die bei Eintritt einer wesentlichen Änderung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben seien, wenn der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen sei. Die Durchführung der Familienversicherung für die Kläger sei (über den 12. November 2006 hinaus) ausgeschlossen. Das Gesamteinkommen des Vaters der Kläger, der nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sei, übersteige mit EUR 4.701,00 regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze und sei regelmäßig höher als das Gesamteinkommen der Mutter der Kläger. Maßgebend sei nicht das zu versteuernde Einkommen, sondern das Gesamteinkommen. Der Einkommensteuerbescheid 2003 sei am 9. November 2006 erlassen worden und habe der Mutter der Kläger spätestens am 12. November 2006 vorgelegen. Er sei ihr – der Beklagten – erst am 8. Januar 2007 zugesandt worden. Deshalb sei sie verpflichtet gewesen, die Familienversicherung der Kläger rückwirkend zum 12. November 2006 zu beenden.

Gegen die Bescheide vom 26. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2008 erhoben die Mutter der Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) und 4) am Montag, 4. August 2008 Klage beim SG, zunächst mit dem Ziel der Verpflichtung der Beklagten, die Kläger über den 12. November 2006 hinaus weiter familienzuversichern, und zuletzt mit dem Ziel der Feststellung, dass die Kläger über das genannte Datum hinaus familienversichert sind. Zwar hätten sich die Gesamteinkünfte des Vaters aufgrund des Einkommensteuerbescheides "vom 5. Mai 2008 auf EUR 44.864,00" belaufen. Dabei seien diesem jedoch fälschlicherweise Einkünfte aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zugerechnet worden, die nicht von ihm generiert worden seien. Der Vater sei Gesellschafter einer aus zwei Rechtsanwälten bestehen Anwaltssozietät gewesen, aus der der andere Rechtsanwalt zum 14. Mai 2001 ausgeschieden sei. Dennoch habe das Finanzamt Einkünfte der Gesellschaft dem Vater zugeordnet, die nicht von diesem, sondern vom ehemaligen Sozius generiert und auch vereinnahmt worden seien. Zudem sei das Gesamteinkommen um die Beträge, die der Vater für die Krankenversicherung (EUR 502,09 monatlich) und die Rentenversicherung (EUR 537,30 monatlich) habe aufbringen müssen, zu bereinigen, weil bei einem Arbeitnehmer zumindest die Hälfte der Beträge vom Arbeitgeber erbracht und daher beim Arbeitnehmer nicht berücksichtigt würden. Schließlich sei eine Beendigung der Familienversicherung immer nur ex nunc rechtmäßig.

Die Beklagte trat den Klagen entgegen.

Das SG lud die (heutige) Klägerin zu 1) mit Beschluss vom 16. September 2009 bei.

Auf den Einspruch der Eltern der Kläger änderte das Finanzamt Nürtingen die Steuerfestsetzung für das Jahr 2003 durch Bescheid vom 7. Dezember 2010. Die Anlage zur Einspruchsentscheidung weist für den Vater der Kläger Einkünfte von insgesamt EUR 45.043,00 (aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von EUR 50.022,00, ausgleichsfähige negative Summe der Einkünfte in Höhe von EUR 4.979,00 sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von minus EUR 3.587,00) sowie für die Mutter der Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von minus EUR 3.587,00 aus; das zu versteuernde Einkommen beider Ehegatten wurde auf EUR 34.405,00 festgesetzt.

Am 12. Oktober 2012 legten die Kläger die – damals nach ihren Angaben nicht bestandskräftigen – gegenüber ihren Eltern ergangenen Bescheide des Finanzamts Nürtingen über Einkommensteuer, Zinsen zur Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für die Jahre 2004 (vom 5. Mai 2008; Gesamteinkünfte des Vaters: EUR 104.697,00), 2005 (vom 24. April 2008; Gesamteinkünfte des Vaters: EUR 106.293,00), 2006 (vom 11. September 2008; Gesamteinkünfte des Vaters: EUR 61.301,00), 2007 (vom 5. November 2010; Gesamteinkünfte des Vaters: EUR 65.370,00), 2008 (vom 30. Juli 2010; Gesamteinkünfte des Vaters: EUR 77.196,00), 2009 (vom 29. November 2011; Gesamteinkünfte des Vaters: EUR 57.574,00) und 2010 (vom 24. Juli 2012; Gesamteinkünfte des Vaters: EUR 47.595,00) vor.

Das SG wies die Klagen mit Urteil vom 15. Oktober 2012 ab. Die Klagen seien unabhängig davon zulässig, ob die Kläger (damals die Mutter der Kläger sowie die Kläger zu 2) bis 4)) Adressat der Bescheide vom 26. Februar 2007 gewesen seien. Dass das Vorverfahren allein gegenüber der Mutter der Kläger durchgeführt worden sei, sei unschädlich. Die Mutter der Kläger sei auch klagebefugt. Die Klagen seien aber unbegründet. Nachdem die Beteiligten einen Bescheid, mit dem die Familienversicherung festgestellt worden wäre, nicht hätten vorlegen können, könnten die Entscheidungen der Beklagten nicht auf § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gestützt werden. Rechtsgrundlage sei aber § 10 SGB V. Die Voraussetzungen für eine Familienversicherung nach § 10 Abs. 3 SGB V seien jedenfalls seit der Vorlage des Steuerbescheides für das Jahr 2003 im November 2006 nicht (mehr) erfüllt. Unstreitig sei, dass der Vater der Kläger nicht Mitglied einer Krankenkasse sei und dass sein Gesamteinkommen regelmäßig höher als das der Mutter der Kläger sei. Nach den Steuerbescheiden für die Jahre 2004 bis 2010 übersteige das Einkommen des Vaters auch regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze. Maßgeblich seien die Einkünfte im Sinne des Einkommenssteuerrechts. Aus den Einkommensteuerbescheiden ergebe sich durchgängig ein Einkommen, das zum Teil deutlich über der maßgeblichen Jahresverdienstgrenze liege. Die hiergegen von den Klägern erhobenen Einwendungen überzeugten nicht. Der Einwand, das Finanzamt habe für das Jahr 2003 zu Unrecht Einnahmen des Sozius dem Vater zugeschrieben, sei nicht weiter konkretisiert worden. Der Vortrag, in den Jahren 2004 bis 2006 wären die maßgeblichen Jahresverdienstgrenzen nicht überschritten worden, habe sich nach Vorlage der Einkommensteuerbescheide als unzutreffend erwiesen. Anhängige finanzgerichtliche Verfahren seien nicht vorgreiflich, da dort nicht die Höhe der erzielten Einkünfte, sondern die Kappungsgrenze streitig sei. Es liege auch keine Ungleichbehandlung versicherungspflichtig Beschäftigter und selbständig Tätiger vor. Schließlich sei auch die rückwirkende Beendigung der Familienversicherung nicht zu beanstanden.

Gegen das ihnen am 24. Oktober 2012 zugestellte Urteil haben die Mutter der Klägerin zu 1) – im Laufe des Verfahrens zunächst mit dem Hinweis, die Rechte der Klägerin zu 1) geltend zu machen, nach Eintritt ihrer Volljährigkeit mit dem Hinweis, dass diese das Verfahren nun selbst führe (Schreiben vom 6. Juni 2014, beim Senat eingegangen am selben Tag) - sowie die Kläger zu 2) bis 4) am Montag, dem 26. November 2012, Berufung eingelegt. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 SGB V seien nicht erfüllt. Zwar habe das Einkommen des Vater in den Jahren 2004 bis 2010 in einigen Jahren die Beitragsbemessungsgrenze überstiegen. Jedoch übersteige das Einkommen des Vater nicht regelmäßig im Monat auch 1/12 der Jahresarbeitsentgeltgrenze. Gesamteinkommen sei nach § 16 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) zwar die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts. Im Rahmen der freiberuflichen Tätigkeit des Vaters seien jedoch monatlich schwankende Einkommen festzustellen, die nicht durch eine Zwölftelung des Gewinns ermittelt werden könnten. Deswegen könne auch nicht nur von den Feststellungen der Einkommenssteuerbescheide ausgegangen werden. Zu berücksichtigen sei, dass dem Vater im Jahr der Auseinandersetzung der Sozietät im Jahr 2001 und in den Folgejahren Einkünfte des Sozius steuerlich zugerechnet worden seien, ohne dass diese Einnahmen vom Vater tatsächlich vereinnahmt worden seien. Die steuerlich vorgenommene Zurechnung von Gewinnen bei der Ermittlung der maßgeblichen Jahresverdienstgrenze hätte für die Folgejahre herausgerechnet werden müssen. In den Jahren 2004 bis 2006 hätten die Einkünfte des Vaters die maßgeblichen Jahresverdienstgrenzen nicht überschritten. Zwar sei die Summe der Einkünfte – nicht nur das zu versteuernde Einkommen – maßgeblich. Die maßgebliche Jahresverdienstgrenze sei aber in einzelnen und nicht in allen Folgejahren überschritten worden. Im Jahre 2003 hätten sich die Gesamteinkünfte des Vaters zwar auf "EUR 44.864,00" belaufen. In den Jahren 2004 bis 2006 hätten sich die Gesamteinkünfte des Vaters indes immer nur in einem Bereich zwischen EUR 40.000,00 und EUR 45.000,00 bewegt. Zudem sei das Gesamteinkommen um die Beträge, die der Vater für die Krankenversicherung (EUR 502,09 monatlich) und die Rentenversicherung (EUR 537,30 monatlich) habe aufbringen müssen, zu bereinigen, weil bei einem Arbeitnehmer zumindest die Hälfte der Beträge vom Arbeitgeber erbracht und daher beim Arbeitnehmer nicht berücksichtigt würden. Schließlich sei eine Beendigung der Familienversicherung immer nur ex nunc rechtmäßig. Die Kläger haben am 14. Mai 2014 den ihren Eltern gegenüber ergangenen Bescheid des Finanzamts Nürtingen über Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag für 2012 vom 11. April 2014 vorgelegt (Gesamteinkünfte des Vaters: EUR 26.185,00).

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. Oktober 2012 aufzuheben und unter Aufhebung der jeweiligen Bescheide der Beklagten vom 26. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2008 festzustellen, dass sie über den 12. November 2006 hinaus bei der Beklagten familienversichert sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 2012 hat die Beklagte festgestellt, dass die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) seit dem 28. Juli 2012 sowie der Kläger zu 4) seit dem 14. Oktober 2012 (erneut) bei ihr familienversichert seien; der Bescheid enthielt den Hinweis, Gegenstand des Berufungsverfahrens zu werden. Mit Schreiben vom 14. August 2013 hat die Beklagte die Feststellung der Familienversicherung ab dem 28. Juli 2012 bezüglich des Klägers zu 2) bestätigt. Bezüglich des Klägers zu 3) hat die Beklagte die Familienversicherung zunächst ab dem 28. Juli 2012 (wieder) durchgeführt.

Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Absicht, die Berufungen durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Kläger haben vortragen, dass die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch Beschluss nicht vorlägen, weil im Berufungsverfahren neue Tatsachen vorgetragen und Rechtsausführungen zu einzelnen Streitfragen gemacht worden seien. So sei im Berufungsverfahren gerügt worden, dass sich das SG nicht mit der Frage befasst habe, was unter Gesamteinkommen zu verstehen sei. Im Übrigen haben die Kläger ihr bisherigen Vorbringen wiederholt. Die Beklagte hat sich mit einer Entscheidung durch Beschluss einverstanden erklärt.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die Akten des SG in den Verfahren S 16 KR 3865/10, S 16 KR 3600/11 und S 16 KR 601/14 sowie die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.

II.

1. Der Senat entscheidet über die Berufungen der Kläger gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da er die Berufungen einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

Entgegen der Auffassung der Kläger darf das Berufungsgericht bei einer Entscheidung durch Beschluss auch Vortrag berücksichtigen, der nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung vorgebracht wurde (BSG, Beschluss vom 30. Juli 2009 – B 13 R 187/09 B – in juris, Rn. 7; BSG, Urteil vom 13. Oktober 1993 – 2 BU 79/93 – in juris, Rn. 8). Die Kläger können sich auch nicht auf den von ihnen angeführten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 10. September 1998 (8 B 102/98 – in juris) berufen. Jenem Beschluss lag eine Änderung des Streitgegenstandes infolge einer Klageänderung in der Berufungsinstanz zugrunde. Eine solche Änderung des Streitgegenstandes liegt hier nicht vor.

2. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaften und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Kläger sind auch im Übrigen zulässig. Die Berufungen bedurften insbesondere nicht der Zulassung gemäß § 144 Abs. 1 SGG, da die Klagen keine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betreffen.

3. Die Klägerin zu 1) war seit Beginn des Verfahrens als Klägerin hieran beteiligt. Bei sachgerechter Auslegung verfolgte ihre Mutter – trotz anders gefasstem anwaltlichen Rubrum – bereits erstinstanzlich nicht eigene Rechte, sondern die Rechte ihrer damals noch minderjährigen Tochter, der Klägerin zu 1). Anders lässt sich auch die beim Senat am 6. Juni 2014 eingegangene Mitteilung der Klägerin zu 1) nicht verstehen. In diesem Schreiben (vom 6. Juni 2014) teilte sie mit, dass sie zunächst durch ihre Mutter vertreten worden sei, aber nun – nach Erreichen der Volljährigkeit – das Verfahren selbst fortführe. Die Beiladung der Klägerin zu 1) – statt einer Rubrumsberichtigung – durch das SG war also "überschießend", aber unschädlich. Die Beiladung hat sich durch die von ihr selbst vorgenommene Rubrumsberichtigung erledigt.

4. Die Berufungen sind unbegründet. Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen.

Allerdings sind die Klagen zulässig. Die Frage des Klagebefugnis der Mutter der Kläger stellt sich nicht, da sie – siehe oben – von Anfang nicht als Klägerin am Verfahren beteiligt gewesen ist, sondern als Vertreterin der Kläger. Entsprechend ist auch das Vorverfahren entgegen der Auffassung des SG nicht nur lediglich gegenüber der Mutter der Kläger durchgeführt worden, sondern gegenüber allen Klägern; der Widerspruchsbescheid behandelt ausdrücklich die Beendigung der Durchführung der Familienversicherung aller Kläger; die Mutter fungierte nicht als formeller Adressat des Widerspruchsbescheides, sondern als zumindest konkludent Bevollmächtigte (vgl. § 73 Abs. 6 Satz 3 SGG).

Die Klagen sind allerdings unbegründet. Die Bescheide der Beklagten vom 26. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2008 sind rechtmäßig. Die Kläger waren nicht über den 12. November 2006 hinaus familienversichert.

a) Streitgegenständlich sind nur die Bescheide der Beklagten vom 26. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2008. Spätere Bescheide, insbesondere die auf der Annahme des Vorliegens einer Pflichtversicherung ab April 2007 beruhenden Beitragsbescheide, namentlich der gegenüber der Klägerin zu 1) ergangene Bescheid vom 30. September 2008, aber auch der Bescheid vom 18. Dezember 2012, mit dem die Familienversicherung der Kläger zu 1) und 2) ab dem 28. Juli 2012 bzw. des Klägers zu 4) ab dem 14. Oktober 2012 festgestellt worden sind, sind – entgegen dem in dem Bescheid vom 18. Dezember 2012 enthaltenen Hinweis – nicht gemäß (§ 153 Abs. 1 i.V.m.) § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden.

Gemäß § 96 Abs. 1 SGG wird nach Klageerhebung ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Diese Norm gilt gemäß § 153 Abs. 1 SGG im Berufungsverfahren entsprechend. Durch die Neufassung des § 96 Abs. 1 SGG mit Wirkung zum 1. April 2008 wollte der Gesetzgeber der als teilweise extensiv erkannten Auslegung durch die Sozialgerichte entgegentreten (Begründung des Gesetzentwurfes auf Bundestags-Drucksache 16/7716, S. 19). Die bloße Einbeziehung eines neuen Verwaltungsaktes in das anhängige Verfahren, nur weil der neue Verwaltungsakt mit dem anhängigen Streitgegenstand in irgendeinem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stand, soll nach der Neufassung nicht mehr möglich sein (Begründung des Gesetzentwurfes auf Bundestags-Drucksache 16/7716, S. 19). Folgebescheide für spätere Zeiträume beispielsweise werden damit von der Einbeziehungsregelung des § 96 Abs. 1 SGG nicht mehr erfasst (so sogar unter dem Regime des § 96 Abs. 1 SGG a.F. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 23. November 2006 – B 11b AS 9/06 R – in juris, Rn. 14 zum Arbeitslosengeld II). Maßgeblich für die Frage, ob ein früherer Verwaltungsakt abgeändert oder ersetzt wird, ist ein Vergleich der jeweiligen Verfügungssätze (Becker, in: Roos/Wahrendorf [Hrsg.], SGG, 2014, § 96 Rn. 29 m.w.N.; vgl. auch BSG, Urteil vom 23. Februar 2005 – B 6 KA 45/03 R – in juris, Rn. 17). Eine Änderung oder Ersetzung liegt nur vor, wenn in den im Verfügungssatz des Bescheides zum Ausdruck kommenden Regelungsgehalt des ursprünglichen Bescheides eingegriffen wird (so BSG, Urteil vom 23. Februar 2005 – B 6 KA 45/03 R – in juris, Rn. 17 zu § 86 SGG).

Mit Bescheid vom 26. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2008 hat die Beklagte (lediglich) entschieden, dass die Familienversicherung der Kläger am 12. November 2006 endete. Hierbei handelt es sich – ähnlich wie bei der Ablehnung von Leistungen – nicht um einen Dauerverwaltungsakt. Um einen solchen handelt es sich nur, wenn der Verwaltungsakt über den Zeitpunkt seiner Bekanntgabe hinaus Wirkungen erzeugt (BSG, Urteil vom 30. Januar 1985 – 1 RJ 2/84 – in juris, Rn. 14; Brandenburg, in: jurisPK-SGB X, 2013, § 48 Rn. 51). Daran fehlt es, wenn lediglich das Nichtbestehen bzw. Nichtfortbestehen eines Versicherungsverhältnisses festgestellt wird. Damit wird die Rechtslage nur einmalig gestaltet und das Bestehen eines Rechtsverhältnisses gerade verneint (vgl. zur Leistungsablehnung BSG, Urteil vom 30. Januar 1985 – 1 RJ 2/84 – in juris, Rn. 16; Urteil des Senats vom 27. März 2015 – L 4 P 2196/14 – in juris, Rn. 33; Brandenburg, in: jurisPK-SGB X, 2013, § 48 Rn. 52).

Mit den Bescheiden vom 18. Dezember 2012 und vom 14. August 2013 ist nicht darüber entschieden worden, ob die Familienversicherung der Kläger über den 12. November 2006 hinaus bestand, sondern lediglich, dass zu einem späteren Zeitpunkt (28. Juli 2012 [Kläger zu 1) und 2)] bzw. 21. August 2012 [Kläger zu 4)]) erneut eine Familienversicherung bestand. Dass die Einbeziehung dieser Bescheide in das Verfahren nicht nur mit dem Wortlaut des § 96 Abs. 1 SGG und dem Willen des Gesetzgebers, der zum Zwecke der Komplexitätsreduktion Einbeziehungen möglichst vermeiden wollte, konfligieren würde, sondern auch im konkreten Fall sinnwidrig wäre, wird im Übrigen dadurch deutlich, dass diese Bescheide dem Begehren der Kläger entsprechen, so dass für sie gar kein Anlass besteht, sie (ebenfalls) der gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen; ihr Ziel muss es vielmehr sein, dass die Bescheide bestandskräftig werden.

Auch die Beitragsbescheide aufgrund der von der Beklagten angenommenen Pflichtversicherung der Kläger gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sind nicht Gegenstand des Verfahrens geworden, da auch sie die Entscheidungen über die Beendigung der Familienversicherung am 12. November 2006 weder ändern noch ersetzen. Die Nichtexistenz einer Familienversicherung ist zwar Vorfrage für die Frage der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, aber eben nur Vorfrage und nicht damit identisch. Entsprechend ist der gegenüber der Klägerin zu 1) ergangene Beitragsbescheid der Beklagten vom 30. September 2008 zu Recht Gegenstand eines gesonderten, derzeit noch beim SG anhängigen Klageverfahrens (S 16 KR 601/14, vormals S 16 KR 3865/10 und S 16 KR 3600/11).

b) In materieller Hinsicht ist für die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide entscheidend, ob die Kläger über den 12. November 2006 hinaus familienversichert gewesen sind. Ob zu einem späteren Zeitpunkt erneut die Voraussetzungen für die Familienversicherung eingetreten sind, ist demgegenüber unbeachtlich. Denn die Beklagte hat – wie bereits dargestellt – keine Entscheidung über die Familienversicherung der Kläger ad infinitum getroffen. Gegenstand ihrer Entscheidung war nur die Feststellung, dass über den 12. November 2006 hinaus keine Familienversicherung mehr bestand.

In prozessualer Hinsicht ist hierfür allein auf die Rechtslage (am 12. November 2006) abzustellen, wie sie sich bei Erlass des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2008 dargestellt hat, denn maßgeblich ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Zwar ist grundsätzlich nur bei einer isolierten Anfechtungsklage der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 33 m.w.N.) und die Kläger haben keine isolierte Anfechtungsklage erhoben. Vielmehr haben sie zunächst eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhoben, die sie in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ohne Widerspruch der Beklagten (vgl. § 99 Abs. 1 und 2 SGG) in eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage geändert haben, so dass an sich auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen wäre (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rn. 34 m.w.N.). Hiervon ist jedoch dann eine Ausnahme zu machen, wenn es sich bei der behördlichen Entscheidung um eine Prognoseentscheidung handelt; dann ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rn. 34a m.w.N.).

Vorliegend handelt es sich um eine derartige Prognoseentscheidung. Bei Statusentscheidungen im Versicherungsrecht – und um eine derartige Entscheidung handelt es sich bei der Feststellung des Bestehens einer Familienversicherung – ist grundsätzlich eine vorausschauende Betrachtungsweise angezeigt (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2000 – B 10 KR 3/99 R – in juris, Rn. 29 auch zum Folgenden; Landessozialgericht (LSG) Hessen, Urteil vom 28. Februar 2002 – L 14 KR 406/98 – in juris, Rn. 18; a.A. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Februar 2012 – L 11 KR 4779/10 – in juris, Rn. 28). Der Betreffende muss beim Entfallen der Familienversicherung für eine anderweitige Versicherung sorgen können und bei plötzlich auftretender Krankheit zuverlässig wissen, wie und wo er versichert ist. Dies erfordert eine Prognose unter Einbeziehung der mit hinreichender Sicherheit zu erwartenden Veränderungen. Das hierbei gewonnene Ergebnis bleibt dann auch verbindlich, wenn die Entwicklung später anders verläuft als angenommen (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2000 – B 10 KR 3/99 R – in juris, Rn. 29 m.w.N.). Dies gilt auch für rückwirkende Entscheidungen (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2000 – B 10 KR 3/99 R – in juris, Rn. 30 m.w.N.; LSG Hessen, Urteil vom 28. Februar 2002 – L 14 KR 406/98 – in juris, Rn. 18), wie hier eine vorliegt.

5. Die Entscheidungen der Beklagten finden ihre Grundlage in § 10 Abs. 3 SGB V. Da ein Verwaltungsakt, mit dem die vor dem 12. November 2006 bestehende Familienversicherung der Kläger festgestellt worden wäre, nicht existiert – die Beteiligten konnten einen solchen Bescheid nicht vorlegen –, ist die Entscheidung der Beklagten nicht an § 48 SGB X zu messen (vgl. BSG, Urteil vom 7. Dezember 2000 – B 10 KR 3/99 R – juris, Rn. 33 ff. m.w.N.).

a) aa) Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB V sind der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern versichert (Familienversicherung), wenn diese Familienangehörigen (1.) ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, (2.) nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 bis 8, 11 oder 12 SGB V oder nicht freiwillig versichert sind, (3.) nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit sind, wobei die Versicherungsfreiheit nach § 7 SGB V außer Betracht bleibt, (4.) nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und (5.) kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet; bei Renten wird der Zahlbetrag ohne den auf Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Teil berücksichtigt; für geringfügig Beschäftigte nach § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 8a SGB IV beträgt das zulässige Gesamteinkommen EUR 450,00.

Gemäß § 10 Abs. 3 SGB V sind Kinder jedoch nicht (in der Familienversicherung) versichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist; bei Renten wird der Zahlbetrag berücksichtigt.

bb) § 10 Abs. 3 SGB V steht einer Familienversicherung der Kläger über den 12. November 2006 hinaus entgegen. Es ist zu Recht unstreitig, dass der Vater der Kläger und Ehemann der Mutter der Kläger nicht Mitglied einer Krankenkasse ist und dass sein Gesamteinkommen höher als das Gesamteinkommen seiner Ehefrau war.

Sein Gesamteinkommen überstieg auch regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze.

(1) Unter dem Gesamteinkommen im Sinne des § 10 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB V ist das Gesamteinkommen des § 16 SGB IV zu verstehen. Danach ist das Gesamteinkommen die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts (Halbsatz 1). Es umfasst insbesondere das Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen (Halbsatz 2). Nach § 2 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) unterliegen sieben Einkunftsarten der Einkommensteuer, nämlich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Nr. 1), Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Nr. 2), Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Nr. 3), Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Nr. 4), Einkünfte aus Kapitalvermögen (Nr. 5), Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Nr. 6) und sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG (Nr. 7). Einkünfte sind nach § 2 Abs. 2 EStG bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a EStG), bei den übrigen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten im Sinne von §§ 8 bis 9a EStG. Auf diesen Begriff der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG wird in § 16 Halbsatz 1 SGB IV Bezug genommen. Das gilt auch, soweit das Gesamteinkommen für den Ausschluss aus der Familienversicherung nach § 10 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB V Bedeutung hat (BSG, Urteil vom 25. August 2004 – B 12 KR 36/03 R – in juris, Rn. 16 m.w.N.).

Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens sind von den Einkünften Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) und Kinderfreibeträge (§ 32 Abs. 6 EStG) nicht abzuziehen (BSG, Urteil vom 25. August 2004 – B 12 KR 36/03 R – in juris, Rn. 168 – auch zum Folgenden). Denn zur Bestimmung des Gesamteinkommens nehmen § 16 SGB IV und § 10 Abs. 3 SGB V nicht auf das zu versteuernde Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 5 Satz 1 EStG, nicht auf das Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 4 EStG und auch nicht auf den Gesamtbetrag der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG Bezug. Anknüpfungspunkt ist vielmehr die Summe der Einkünfte vor Abzug der in § 2 Abs. 3 bis 5 EStG genannten Abzugsposten. Diese Abzugsposten sind nur für den Gesamtbetrag der Einkünfte, das Einkommen und das zu versteuernde Einkommen bedeutsam. Der Gesamtbetrag der Einkünfte ergibt sich, wenn von der Summe der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG (entspricht dem Gesamteinkommen) der Altersentlastungsbetrag, der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende oder Abzüge nach § 13 Abs. 3 EStG abgezogen werden (§ 2 Abs. 3 EStG). Das Einkommen des Steuerpflichtigen ergibt sich, wenn vom Gesamtbetrag der Einkünfte weiter Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden (§ 2 Abs. 4 EStG). Wird das Einkommen schließlich um Kinderfreibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG oder sonstige vom Einkommen abzuziehende Beträge vermindert, erhält man das zu versteuernde Einkommen (§ 2 Abs. 5 Satz 1 EStG).

(2) Zu Recht hat die Beklagte für die Bestimmung des von dem Vater der Kläger erzielten Gesamteinkommens auf den beiden Eheleuten gegenüber erteilten Steuerbescheid vom 9. November 2006 für das Jahr 2003 abgestellt. Gegenstand eines Einkommenssteuerbescheides ist die Festlegung der Höhe der in dem Veranlagungszeitraum erzielten Einkünfte. Schon aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität ist es geboten, dass die Krankenkassen für die Bestimmung der Einkünfte keine eigenen Ermittlungen anstellen, zu denen sie zudem regelmäßig nicht in der Lage sind dürften, sondern auf die von der Finanzverwaltung erteilten Steuerbescheide zurückgreifen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. Januar 2014 – L 1 KR 156/12 – in juris, Rn. 16). Dementsprechend hat auch die höchstrichterliche Rechtsprechung stets gebilligt, dass Tatbestandsvoraussetzungen von sozialrechtlichen Normen, die auf Einkünfte im Sinne des Einkommenssteuerrechts abstellen, unter Rückgriff auf den Inhalt der von der Finanzverwaltung erlassenen Steuerbescheide festgestellt worden sind (BSG, Urteil vom 25. August 2004 – B 12 KR 36/03 R – juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 6. November 2008 – B 1 KR 28/07 R – juris, Rn. 15 f.; BSG, Urteil vom 2. September 2009 – B 12 KR 21/08 R – juris, Rn. 15; zur Bemessung der Beiträge freiwillig Versicherter nach § 240 SGB V z.B. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 21/11 R –in juris, Rn. 21).

Die Beklagte hat zu Recht den Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2003 ab Erlass als Grundlage für die über das Einkommen des Vaters der Kläger anzustellenden Prognose genommen. Nach diesem Bescheid betrugen die Einkünfte des Vaters insgesamt EUR 52.825,00, so dass sich ein monatlicher Betrag von EUR 4.402,08 ergibt. Die Ermittlung des monatlichen Einkommens durch die Division des Jahresbetrages durch zwölf ist jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn der Betroffene – wie hier – keinerlei substantiierte Angaben dazu macht, dass sich der Gesamtbetrag aus höchst unterschiedlichen Monatsbeträgen zusammensetzt. Der – zu Gunsten der Kläger übrigens nicht dynamisierte – Monatsbetrag von EUR 4.402,08 überstieg ein Zwölftel der im Jahr 2006 maßgeblichen Jahresarbeitsentgeltgrenze, die EUR 47.250,00 betrug (Gerlach, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 6 Rn. 33 [Juni 2012]); ein Zwölftel hiervon beträgt EUR 3.937,50.

Die Beklagte hat auch mit Recht für die Beurteilung der Einkünfte ab dem 12. November 2006 auf den Steuerbescheid für das Jahr 2003 Bezug genommen und nicht auf den Erlass der Steuerbescheide für das Jahr 2006 gewartet (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. Januar 2014 – L 1 KR 156/12 – in juris, Rn. 17). Die streitgegenständlichen, von der Beklagten erlassenen Bescheide sind auch nicht dadurch rechtswidrig geworden, dass die Steuerbescheide für die Jahre bis 2012 mittlerweile vorliegen. Gegen eine Verpflichtung zur Heranziehung gerade des Steuerbescheides über den Veranlagungszeitraum, welcher mit dem Zeitraum übereinstimmt, für den der Fortbestand einer Familienversicherung überprüft wird, spricht nämlich bereits, dass eine steuerliche Veranlagung nur im Nachhinein, also für abgelaufene Zeiträume erfolgt (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. Januar 2014 – L 1 KR 156/12 – in juris, Rn. 17). Es kommen die dem Steuerpflichtigen eingeräumten Antragsfristen und die Bearbeitungsdauer der Finanzverwaltung hinzu. Feststellungen über das Einkommen trifft die Finanzverwaltung nur im Nachhinein. Entscheidungen über das Fortbestehen einer Versicherung sind aber grundsätzlich vorausschauend für die Zukunft und nicht rückwirkend für einen bereits vergangenen Zeitraum zu treffen (vgl. BSG, Urteil vom 7. Dezember 2000 – B 10 KR 3/99 R – juris, Rn. 29 f.). In diesem Zusammenhang kann ein für einen abgelaufenen Veranlagungszeitraum erstellter Steuerbescheid zwar nicht als Beleg für die aktuellen Verhältnisse, aber als Grundlage für eine zukunftsgerichtete Prognose dienen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. Januar 2014 – L 1 KR 156/12 – in juris, Rn. 17 – auch zum Folgenden). Damit erhalten die Krankenkassen eine tragfähige Grundlage für die von ihnen anzustellenden Berechnungen. Die Versicherten werden durch die entstehenden Ungenauigkeiten nicht übermäßig belastet, weil die Abweichungen zwischen den Prognosen und der tatsächlichen Entwicklung sich jedenfalls auf lange Sicht ausgleichen. Die Richtigkeit einer Prognoseentscheidung begründet sich aber aus den zum Zeitpunkt der Prognose vorhandenen Entscheidungsgrundlagen, nicht auf möglicherweise unvorhersehbare spätere Entwicklungen. Entsprechend sind Steuerbescheide nicht nach ihrem jeweiligen Veranlagungszeitraum, sondern jeweils ab dem Zeitpunkt ihres Erlasses für die Zukunft zu berücksichtigen, bis ein neuerer Steuerbescheid vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 6. November 2008 – B 1 KR 28/07 R – juris, Rn. 16 ff. zur Berechnung von Krankengeld; BSG, Urteil vom 2. September 2009 – B 12 KR 21/08 R – juris, Rn. 16 zur Berechnung von Beiträgen für Selbständige; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. Januar 2014 – L 1 KR 156/12 – in juris, Rn. 17 zur hier ebenfalls streitigen Feststellung der Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 SGB V).

Angesichts des Prognosecharakters der Entscheidung und des hieran anknüpfenden, oben dargelegten Prüfungsmaßstabes führt der Bescheid des Finanzamtes Nürtingen vom 7. Dezember 2010, mit dem auf den Einspruch der Eltern der Kläger die Einkommensteuer für das Jahr 2003 neu festgesetzt worden ist und von Gesamteinkünften des Vaters von EUR 45.043,00 (ein Zwölftel: EUR 3.753,58) ausgegangen worden ist, nicht zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Bescheide, obwohl sich damit nachträglich herausgestellt hat, dass die Jahresarbeitsentgeltgrenze 2006 unterschritten worden ist.

Ebenso geht der Einwand der Kläger ins Leere, der Einkommensteuerbescheid vom 5. Mai 2008 – er betrifft das Jahr 2004 – sei unzutreffend, weil das Finanzamt zu Unrecht Einkünfte als solche des Vaters berücksichtigt habe, obwohl es sich um Einkünfte seines früheren Mitgesellschafters gehandelt habe. Denn auch dieser Einkommensteuerbescheid vom 5. Mai 2008 ist nicht geeignet, die aufgrund des Einkommensteuerbescheides vom 9. November 2006 für den 12. November 2006 getroffene Prognose in Frage zu stellen.

Der zeitliche Ablauf im vorliegenden Fall macht gerade deutlich, dass anders als auf einer Prognoseentscheidung die Feststellung einer Familienversicherung – sowohl für die Betroffenen als auch den Träger der Krankenversicherung – nicht sinnvoll durchführbar ist. Anderenfalls hätte im Dezember 2010 eine neue Entscheidung für die Zeit ab dem 12. November 2006 getroffen werden müssen, was nicht nur für die Betroffenen zu einem kaum zumutbaren Schwebezustand geführt hätte, sondern auch zu erheblichen Rückabwicklungsproblemen.

Der Bescheid vom 7. Dezember 2010 kann aber überdies schon keine taugliche Grundlage für die Beurteilung, ob im November 2006 die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 SGB V erfüllt gewesen sind, sein, weil dann – wenn man eine rückschauende Beurteilung vornehmen wollte – der schon zuvor am 11. September 2008 erlassene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 hätte herangezogen werden müssen. Laut diesem Bescheid hatte der Vater der Kläger in jenem Jahr Gesamteinkünfte von EUR 61.301,00, übertraf also die Jahresarbeitsentgeltgrenze erst Recht. Das Gesamteinkommen ihres Vaters überstieg im Übrigen zumindest auch in Jahren 2007, 2008 und 2009 die Jahresarbeitsentgeltgrenze. Ob zu einem späteren Zeitpunkt wieder die Voraussetzungen für die Durchführung der Familienversicherung vorlagen, braucht der Senat indes nicht zu entscheiden, da – siehe oben – streitgegenständlich nur die Frage ist, ob sie über den 12. November 2006 hinaus bestand, nicht ob sie später wieder bestand. Soweit die Kläger der Auffassung wären, nach dem 12. November 2006 aufgrund veränderter Einkommenssituation des Vaters erneut die Voraussetzungen für die Familienversicherung zu erfüllen, müsste hierüber in einem gesonderten Verwaltungsverfahren entschieden werden.

c) Die Feststellung der Beendigung der Familienversicherung zum 12. November 2006 war auch rückwirkend zulässig. Das BSG hat die Feststellung, dass ab einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt eine Familienversicherung nicht (mehr) bestanden hat, wiederholt gebilligt (etwa BSG, Urteil vom 25. August 2004 – B 12 KR 36/03 R – in juris, Rn. 25 m.w.N.; BSG, Urteil vom 7. Dezember 2000 – B 10 KR 3/99 R – juris, Rn. 33 ff. m.w.N.). Aus dem von den Klägern angeführten Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 14. Februar 2012 (L 11 KR 4779/10 – in juris, Rn. 29) folgt nichts anderes; in jener Entscheidung wurde die rückwirkende Beendigung der Familienversicherung vielmehr ausdrücklich gebilligt. Schließlich hält auch die von den Klägern zuletzt zitierte Kommentarliteratur entgegen dem von ihnen erweckten Eindruck die rückwirkende Feststellung der Beendigung einer Familienversicherung für zulässig (Felix, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 10 Rn. 59).

d) § 10 Abs. 3 SGB V ist im Übrigen auch verfassungsgemäß (BVerfG, Nichtannahmebeschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juni 2011 – 1 BvR 429/11 – in juris, Rn. 16 ff.; zuvor bereits BSG, Urteil vom 25. August 2004 – B 12 KR 36/03 R – in juris, Rn. 19 ff.).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

7. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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