L 8 AL 4160/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 373/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 4160/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09.09.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte berechtigt war, die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 08.10.2012 aufzuheben.

Die 1984 geborene Klägerin war bei der Gemeinde S. (Arbeitgeberin; zur Arbeitsbescheinigung vgl. Blatt 10/13 der Beklagtenakte) als Erzieherin (Gruppenleiterin) in einer Kindertagesstätte beschäftigt. Ab dem 02.01.2012 (vgl. Blatt 15 der Beklagtenakte) war sie wegen einer reaktiven Depression und Mobbings am Arbeitsplatz arbeitsunfähig geschrieben (Krankengeld-/Übergangsgeldbezug ab 14.02.2012, vgl. Blatt 14 der Beklagtenakte). In der Folge schlossen die Arbeitgeberin (Unterschrift vom 06.06.2012) und die Klägerin (Unterschrift am 12.06.2012) einen Aufhebungsvertrag (dazu vgl. Blatt 6/7 der Beklagtenakte), der das Arbeitsverhältnis zum 31.8.2012 beendete. Seit dem 01.02.2013 steht die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis in einer Rechtsanwaltskanzlei.

Die Klägerin meldete sich am 13.08.2012 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Blatt 3/4 der Beklagtenakte). Im Antragsvordruck verneinte die Klägerin durch Ankreuzen die Frage (Frage 2e), ob sie bestimmte Beschäftigungen nicht mehr ausüben könne. Auch legte die Klägerin eine Auskunft der Allgemeinmedizinerin Dr. K. vom 17.08.2012 vor (Blatt 8 der Beklagtenakte). Außerdem legte die Klägerin eine Stellungnahme zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses (Blatt 9 der Beklagtenakte) und eine Antwort auf die Anhörung zum Eintritt einer Sperrzeit (Blatt 15 der Beklagtenakte) vor.

Die Beklagte holte eine sozialmedizinische Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes ein. In seinem Gutachten nach Aktenlage vom 18.9.2012 (Blatt 22 der Beklagtenakte) gelangte Dr. K.-F. zu dem Ergebnis, die Klägerin leide an einer (behandelten) Kreislauf- und Stoffwechselerkrankung sowie einer seelischen Minderbelastbarkeit. Trotz dieser Erkrankungen sei sie unter Berücksichtigung bestimmter qualitativer Einschränkungen gesundheitlich dazu in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und auch als Erzieherin vollschichtig zu arbeiten; auszuschließen sei nur eine Rückkehr auf den letzten Arbeitsplatz wegen eines dort bestehenden Konfliktes.

Mit Bescheid vom 25.09.2012 (Blatt 20 der Beklagtenakte) stellte die Beklagte das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs vom 01.09.2012 bis zum 28.09.2012 wegen Urlaubsabgeltung fest. Am selben Tag wurde der Klägerin das Gutachten des Ärztlichen Dienstes eröffnet (Blatt 21 der Beklagtenakte), woraufhin die Mitarbeiterin der Beklagten (Frau S. notierte, die Klägerin sei nicht bereit im Beruf als Erzieherin zu arbeiten.

Mit Bescheid vom 26.09.2012 (Blatt 29/32 der SG-Akte) bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 01.09.2012 für die Dauer von 360 Tagen und hob mit Bescheid vom 04.10.2012 (Blatt 24 der Beklagtenakte) diese Bewilligung ab dem 08.10.2012 wieder auf, weil die Klägerin nicht bereit sei, sich im Rahmen des vom Ärztlichen Dienst festgestellten Leistungsvermögens für die Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen. Sie habe daher keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 08.10.2012 (Blatt 3 der SG-Akte) hob die Beklagte die Alg-Bewilligung erneut ab dem 08.10.2012 auf.

Mit ihrem Widerspruch vom 17.10.2012 (Blatt 25/27 der Beklagtenakte) machte die Klägerin geltend, bei dem Termin am 25.9.2012 habe Frau S. ihr mitgeteilt, der Ärztliche Dienst halte sie für arbeitsfähig; das Gutachten selbst habe sie ihr indes nicht ausgehändigt. Abweichend vom Ärztlichen Dienst habe ihr behandelnder Arzt seinerzeit die Auffassung vertreten, eine Rückkehr in den Beruf der Erzieherin sei - noch - höchst problematisch und eigentlich unzumutbar. Trotzdem sei sie grundsätzlich dazu bereit gewesen, wieder in ihrem erlernten Beruf zu arbeiten - sofern dies ihr Gesundheitszustand zugelassen hätte. Auch darüber hinaus hätte sie eine Erwerbstätigkeit aufgenommen, selbst wenn dies mit Gehaltseinbußen verbunden gewesen wäre. Angesichts dessen habe sie den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestanden; sie tue dies auch weiterhin.

Die Beklagte holte die Stellungnahmen von Frau S. vom 26.10.2012 und 13.12.2012 ein (vgl. Blatt 29, 33 der Beklagtenakte), die der Klägerin mehrere Vermittlungsangebote auf Erzieherstellen zugesandt hatte zu den Vermittlungsangeboten vgl. nach Blatt 38 der Beklagtenakte), und wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 21.12.2012 (Blatt 34/36 der Beklagtenakte), der dem Klägerinbevollmächtigten am 03.01.2013 bekanntgegeben wurde (Blatt 5 der SG-Akte), zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 28.01.2013 beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe Klage erhoben, zu deren Begründung die Klägerin u.a. vorgetragen hat, sie sei erstmalig kurzzeitig arbeitssuchend gewesen. Sie sei zwischenzeitlich wieder vollbeschäftigt. Aufgrund gesundheitlicher Probleme sei sie gezwungen gewesen, zunächst in Rehabilitation zu gehen, schließlich sei aufgrund des Gesundheitszustandes das Arbeitsverhältnis als Erzieherin einvernehmlich beendet worden. Nachweislich seien die gesundheitlichen Probleme aufgrund der bisherigen Tätigkeit entstanden. Sie sei daher entschlossen, sich um eine andere Stelle zu bemühen, ggf. auch eine fachfremde Tätigkeit aufzunehmen. Am 25.09.2012 habe die Stellungnahme des behandelnden Arztes vorgelegen, der Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hatte. Zu dem ärztlichen Gutachten der Arbeitsvermittlung habe sie damals spontan und aufgrund ihrer Krankenhistorie nachvollziehbar geäußert, dass sie es in Ihrer momentanen Situation vorziehe nicht den Beruf der Erzieherin ausüben zu müssen. Insbesondere da die Sachbearbeiterin den Eindruck erweckt habe, es sei ihr zuzumuten, an ihre bisherige Arbeitsstelle zurück zu kehren, die bei der Agentur für Arbeit als vakant gemeldet gewesen war. Die bisherigen ärztlichen Gutachten belegten, dass eine momentane Rückkehr als Erzieherin ins Arbeitsleben aus psychotherapeutischen Gründen nicht zumutbar und zudem höchst problematisch sei. Dennoch habe sie mit keinem Wort zum Ausdruck gebracht, dass sie grundsätzlich (und wenn notwendig auch in ihrem erlernten Beruf, sofern dies ihr Gesundheitszustand zulasse) in jeder Hinsicht arbeitswillig sei, sondern dass sie nicht an ihren bisherigen Arbeitsplatz zurückkehren möchte. Sie habe auch gegenüber der Arbeitsverwaltung stets betont, sogar überobligatorisch weit über den von ihr erlernten Arbeitskreis hinaus Tätigkeiten wahrnehmen zu wollen, auch wenn sie hierbei (vorläufig) Gehaltseinbußen hinzunehmen hätte. Die Annahme, dass sie ihren Eingliederungs- und Arbeitswillen verneint hätte, sei anmaßend und willkürlich. Im Gegenteil habe sie ausdrücklich ihre Arbeitskraft in jeder Hinsicht - auch und gerade als Erzieherin- zur Verfügung gestellt. Die Beklagte sei auch auf die ausdrückliche Mitteilung ihrer Arbeitswilligkeit vom 11.10.2012 mit keinem Wort eingegangen, obgleich hierdurch eindeutig und unmissverständlich ihre Bereitschaft nach §138 Abs.1 Nr. SGB III signalisiert wurde. Für sie sei die Aussage, sie müsse wieder als Erzieherin arbeiten, gleichbedeutend mit der Aufnahme der alten Tätigkeit gewesen. Angesichts ihrer monatelangen Erkrankung handele es sich schon um einen bemerkenswerten Vorgang, dass sie förmlich "überfallartig" mit einer vollkommen geänderten Sachlage befasst worden sei. Die Korrektheit des Gutachtens werde bestritten. Vor dem Hintergrund der monatelangen psychiatrischen Erkrankung und des Rehabilitationsaufenthaltes sei ihr selbstverständlich nicht zuzumuten, ihre bisherige Tätigkeit wieder aufzunehmen. Doch genau das habe sie der Mitteilungen der Sachbearbeiterin vom 25.09.2012 entnehmen müssen. Zur Vermeidung jeglicher Missverständnisse habe sie daher nochmals schriftlich klargestellt, dass sie selbstredend zur Übernahme jeder Tätigkeit außer der konkret zuvor ausgeübten, also als Erzieherin, bereit sei.

Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der behandelnden Ärzte Volz, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, und Dr. K., Fachärztin für Allgemeinmedizin, als sachverständige Zeugen. In seiner Aussage vom 17.05.2013 (Blatt 42/43 der SG-Akte) hat Herr V. mitgeteilt, er habe die Klägerin am 25.07.2012 untersucht. Zu diesem Zeitpunkt habe eine abklingende depressive Episode bei geklagter Minderbelastbarkeit vorgelegen. Die erhobenen Befunde schlössen eine Tätigkeit als Erzieherin aus. Die Klägerin sei noch nicht belastbar gewesen, insbesondere nicht als Erzieherin. Dr. K. hat in ihrer Aussage vom 20.06.2013 (Blatt 46/60 der SG-Akte) unter Übersendung eines Reha-Berichts vom 08.06.2012 aus den AHG Kliniken D. - Verhaltensmedizinisches Zentrum für Seelische Gesundheit – (Blatt 48/60 der SG-Akte), die Frage, ob die erhobenen Befunde eine Tätigkeit als Erzieherin ausgeschlossen hätten, mit ja beantwortet.

Das SG hat in der mündlichen Verhandlung vom 09.09.2013 die Klägerin ergänzend angehört und Frau S. als Zeugin vernommen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift (Blatt 78/80 der SG-Akte) Bezug genommen.

Mit Urteil vom 09.09.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 04.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.12.2012 sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 und 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X seien erfüllt. Der Klägerin habe ab dem 26.09.2012 kein Arbeitslosengeld mehr zugestanden. Zwar sei die Klägerin jedenfalls ab dem 25.09.2012 gesundheitlich wieder in der Lage gewesen, als Erzieherin auf einer anderen als der bisherigen Arbeitsstelle arbeiten zu können. Dennoch habe die Klägerin im Gespräch mit der Zeugin Schutz am 25.09.2012 unmissverständlich erklärt, sie sei nicht mehr dazu bereit, in diesem Beruf zu arbeiten. Habe die Klägerin am 25.09.2012 deutlich gemacht, dass sie nicht bereit sei, alle zumutbaren Beschäftigungen aufzunehmen, sei sie ab dem Folgetag nicht mehr arbeitslos. Ab dem 26.09.2012 habe sie daher kein Arbeitslosengeld mehr zu beanspruchen.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 17.09.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24.09.2013 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Das SG habe außer Acht gelassen, dass sie sich seit dem 11.10.2012 vollumfänglich und ohne Einschränkung dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt habe. Das SG habe ferner ihre Aussage vom 25.09.2012 grundlegend fehlinterpretiert. Die Beweiswürdigung unterliege insoweit einem Denkfehler, wenn sie aus ihren Aussagen schließe, dass sie sich auch am 25.09.2012 generell einer Arbeitsaufnahme verweigert hätte. Das Gegenteil sei der Fall. Sie habe der Beklagten ausdrücklich mitgeteilt, dass sie bereit sei, jedwede Tätigkeit außerhalb des Erzieherinnenberufes aufzunehmen - sogar bei Gehaltseinbußen. Sie sei erstmalig in einem persönlichen Gespräch über eine neue Einschätzung ihres Gesundheitszustands informiert worden. Wobei ihr sozusagen "zwingend" in Aussicht gestellt werde, dass sie wieder als Erzieherin zu arbeiten habe. Ihre berechtigte Überraschung - sie sei "geschockt" gewesen – werde von der Beklagten und dem Gericht bei der Bewertung der Aussagen der Klägerin am 25.09.2012 vollkommen außer Acht gelassen. Die Beklagte habe sie weder darauf hingewiesen, dass selbstverständlich auch eine Tätigkeit in einem anderen Beruf möglich sei und stattdessen (nur) in Aussicht gestellt, dass sie förmlich gezwungen sein werde, wieder als Erzieherin zu arbeiten. Sie sei damit durch die Art der (Nicht-)Beauskunftung in Ihren Rechten zur freien Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt, was das SG gleichfalls nicht berücksichtig habe. Es habe erst des rechtlichen Rates des Bevollmächtigten bedurft, damit sie sich ihrer freien Berufswahl wieder sicher gewesen sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09.09.2013 sowie die Bescheide der Beklagten vom 04.10.2012 und 08.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.12.2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Klägerin habe nach ihrer persönlichen Vorsprache am 25.09.2012 nicht erklärt, doch bereit zu sein, als Erzieherin zu arbeiten. Die Klägerin hätte sich vollumfänglich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellen müssen. Dies hätte ihre Bereitschaft mit eingeschlossen, eine Stelle als Erzieherin aufzunehmen. Hierzu sei die Klägerin jedoch nicht bereit gewesen. Dass die Klägerin ihre Arbeitsbereitschaft -auf geringer bezahlte Stellen ausgeweitet habe, ändere an der Beurteilung nichts. Aus dem Entlassungsbericht sei zu entnehmen, dass sich die Klägerin schon zum damaligen Zeitpunkt für eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsgehilfin entschieden habe und sich nicht vorstellen konnte, wieder als Erzieherin tätig zu werden.

Die Sach- und Rechtslage wurde am 31.10.2014 in einem nichtöffentlichen Termin mit den Beteiligten erörtert. Wegen des Inhalts und Ergebnisses des Termins wird auf die Niederschrift Bezug genommen (Blatt 41/42 der Senatsakte).

Der Senat hat daraufhin Beweis erhoben durch erneute schriftliche Befragung von Herrn Volz und Dr. K. (zu deren Aussagen vgl. 49/50 und 51/52 der Senatsakte). Dr. K. hat mitgeteilt, die Klägerin zwischen dem 01.07.2012 und dem 31.12.2012 nur am 14.08.2012 untersucht bzw. behandelt zu haben, Arbeitsunfähigkeit nicht attestiert zu haben und hat auf die Frage, ab wann die Klägerin wieder in der Lage sein wird, als Erzieherin tätig zu sein, mit "niemals" geantwortet. Herr Volz hat in seinem Schreiben vom 19.12.2014 mitgeteilt, die Klägerin lediglich am 25.07.2012 untersucht bzw. behandelt zu haben. Der Verlauf nach dem 25.07.2012 sei ihm auch nicht mehr bekannt. Die Klägerin habe sich nicht mehr in seiner Praxis vorgestellt. Die attestierte Arbeitsunfähigkeit habe sich im Wesentlichen auf die Tätigkeit als Erzieherin bezogen, aber auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei die Klägerin im Juli 2012 noch nicht wieder einzusetzen gewesen. Es habe sich eine deutliche Besserung der Symptomatik und eine positive berufliche Perspektive gezeigt, so dass seinen Unterlagen zufolge die Klägerin ab 01.09. voraussichtlich wieder arbeitsfähig gewesen sein sollte. Eine Arbeitstätigkeit als Erzieherin sei seines Wissens nach nicht mehr geplant gewesen. Grundsätzlich habe aber bei der Klägerin die Möglichkeit, in einer anderen Arbeitsstelle als Erzieherin tätig zu sein, auch hier spätestens, ab 01.09.2012 bestanden.

Die Beklagte hat sich mit Schreiben vom 21.01.2015 (Blatt 53 der Senatsakte) dahingehend geäußert, dass der Stellungnahme des Facharztes mehr Gewicht beizumessen sei. Auch stimme die Einschätzung von Herrn V. mit den Ausführungen im Reha-Entlassbericht der AHG Kliniken D. überein, wonach eine Tätigkeit als Erzieherin in einem neuen Arbeitsverhältnis möglich erschienen sei. Sie gehe weiterhin davon aus, dass die Klägerin nicht mehr als Erzieherin arbeiten wollte. Sie habe sich bereits beruflich neu orientiert gehabt.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 15.02.2015 (Blatt 56/57 = 58/59 der Senatsakte) darauf hingewiesen, dass es einen Rechtssatz, wonach der Facharztmeinung in jedem Fall der Vorrang gebühre, nicht gebe. Es sei die ureigene Aufgabe des Gerichtes, die Aussagen zu bewerten und entsprechend zu gewichten. Maßgeblich sei, wie die ärztlichen Aussagen auf sie wirken bzw. wirken mussten. Entscheidend sei die ihre subjektive Wahrnehmung und Einschätzung. Dies gelte es recht im Fall einer psycho-psychologischen Erkrankung.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 60, 61 der Senatsakte).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senat sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben dem zugestimmt und der Senat hält eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber nicht begründet.

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 04.10.2012 und 08.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.12.2012, der den Bescheid vom 08.10.2012 zwar nicht ausdrücklich benennt, sich aber nach zweckmäßiger Auslegung sinngemäß auch auf ihn bezieht, sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie das SG zutreffend festgestellt hatte. Soweit die Entscheidung der angefochtenen Bescheide über die Aufhebung auf eine unzutreffende Begründung gestützt wird, verletzt dies die Klägerin aber nicht in ihren Rechten. Eine Rechtsverletzung fehlt auch insoweit, als mit den Bescheiden keine volle Rückwirkung (i.S.e. vollen rückwirkenden Aufhebung) ausgesprochen worden ist.

Die Bescheide der Beklagten vom 04.10.2012 und 08.10.2012 sind nicht deshalb aufzuheben, weil sie als Verwaltungsakte, die die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) aufheben, in die Rechte der Klägerin eingreifen und daher anhörungspflichtig waren (§ 24 Abs. 1 SGB X) und diese Anhörung vor Erlass der Bescheide, wie sich aus den Akten der Beklagten ergibt, nicht stattgefunden hat. Ob der Bescheid vom 08.10.2012 als wiederholende Verfügung auszulegen ist, der mangels eigenen Regelungsgehalts keinen Verwaltungsakt darstellt und bereits deshalb keiner Anhörung bedurfte, kann dahinstehen. Zwar führt eine fehlende Anhörung, die den Verwaltungsakt formell rechtswidrig macht, nach § 42 Satz 2 SGB X zu seiner Aufhebung. Jedoch hat sich die Klägerin im Widerspruchsverfahren, mithin auf der Basis der in den angefochtenen Bescheiden mitgeteilten Sach- und Rechtslage ausführlich geäußert, weshalb mit der Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG 29.11.2012 – B 14 AS 6/12 RBSGE 112, 221-229 = SozR 4-1300 § 45 Nr. 12 = SozR 4-1300 § 33 Nr. 3 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 61 = juris RdNr. 21), die zunächst fehlende Anhörung durch Nachholung geheilt ist (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X). Nachdem sich die Beklagte im Widerspruchsbescheid mit dem Vorbringen der Klägerin auseinandergesetzt hat, ist der Vortrag der Klägerin auch in die Verwaltungsentscheidung eingeflossen.

Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide vom 04.10.2012 und 08.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.12.2012 ist § 45 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III.

Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen (§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X), soweit (1.) er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, (2.) der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder (3.) er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 330 Abs. 2 SGB III).

Der Bescheid vom 26.09.2012, mit dem die Beklagte der Klägerin Alg ab dem 01.09.2012 bewilligt hatte, stellt einen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Satz 1 SGB X dar; dieser ist anfänglich rechtswidrig, denn die Klägerin hatte keinen Alg-Anspruch.

Gemäß § 137 Abs. 1 SGB III in der seit 01.04.2012 geltenden Fassung hat Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit hat, wer (1.) arbeitslos ist, (2.) sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und (3.) die Anwartschaftszeit erfüllt hat; die Voraussetzungen der Nrn. 2 und 3 lagen zwar seit 01.09.2012 vor, nicht jedoch eine Arbeitslosigkeit der Klägerin.

Nach § 138 Abs. 1 SGB III in der seit 01.04.2012 geltenden Fassung ist arbeitslos, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und (1.) nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), (2.) sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und (3.) den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Im Rahmen der Eigenbemühungen hat die oder der Arbeitslose alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen (§ 138 Abs. 4 Satz 1 SGB II). Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht nach § 138 Abs. 5 SGB III zur Verfügung, wer (1.) eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, (2.) Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, (3.) bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nr. 1 anzunehmen und auszuüben, und (4.) bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.

Einer arbeitslosen Person sind alle ihrer Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen zumutbar, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nicht entgegenstehen (§ 140 Abs. 1 SGB III in der ab 01.04.2012 geltenden Fassung).

Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Klägerin eine Tätigkeit als Erzieherin zumutbar war, sie jedoch am 25.09.2012 gegenüber der Beklagten erklärt hatte, als solche nicht mehr tätig werden zu wollen, weshalb die Klägerin sich nicht hinsichtlich aller zumutbarer Beschäftigungen der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt hatte. Damit war die Klägerin im Rechtssinne nicht arbeitslos und hatte keinen Alg-Anspruch.

Eine Tätigkeit als Erzieherin war der Klägerin zumutbar. Diese Tätigkeit entsprach ihrer Ausbildung und bisherigen Tätigkeit, ebenso dem bisherigen Entgelt. Die Tätigkeit als Erzieherin war der Klägerin auch gesundheitlich zumutbar. Zwar war sie infolge einer reaktiven Depression (vgl. Dr. K., Blatt 8 der Beklagtenakt) und einer Mobbingsituation am Arbeitsplatz erkrankt und arbeitsunfähig gewesen. Doch konnte der Senat feststellen, dass jedenfalls ab dem 01.09.2012 wieder Arbeitsfähigkeit für den Beruf der Erzieherin bestanden hatte. So hatte die Mobbingsituation alleine am bisherigen Arbeitsplatz bestanden. Nachdem das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2012 gelöst worden war, entfiel diese Mobbingsituation. Dass Mobbing an anderen, gar allen Arbeitsplätzen als Erzieherin zu befürchten wäre, hat auch die Klägerin nicht vorgetragen.

Nachdem die Depression zum 01.09.2012 abgeklungen war, wofür spricht, dass die Klägerin nach dem 25.07.2012 nicht mehr in fachärztlicher Behandlung gestanden war und sie die Allgemeinärztin Dr. K. im ganzen zweiten Halbjahr 2012 auch nur einmal, am 14.08.2012 – wie sich aus dem Datum ergibt, im Zusammenhang mit der Stellungnahme der Ärztin vom 17.08.2012 gegenüber der Beklagten (dazu vgl. Blatt 8 der Beklagtenakte) – aufgesucht hatte. Auch konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass das Leistungsvermögen, wie von Dr. K. beschrieben (Blatt 8 der Beklagtenakte), hinsichtlich von Tätigkeiten unter psychischem Stress eingeschränkt war. So war die Klägerin zwar aus der bis 24.05.2012 laufenden Rehabilitation als arbeitsunfähig entlassen worden, doch hatten die Ärzte der Reha-Klinik die Klägerin an einem anderen Arbeitsplatz einer Erzieherin als vollschichtig leistungsfähig beurteilt, auch im Hinblick auf ihre psychische Situation. Insoweit sind auch die im Reha-Bericht genannten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit hinsichtlich der geistig/psychischen Belastbarkeit zu verstehen. Denn in der erläuternden Beschreibung des Leistungsvermögens (Blatt 49 der SG-Akte = Seite 1a des Berichts) heißt es ausdrücklich: "Frau S., die sich noch in einem festen Arbeitsverhältnis als Gruppenleiterin befindet, wurde von uns aufgrund der depressiven Episode im Zusammenhang mit der Mobbingsituation am Arbeitsplatz bis zum 01.07.2012 arbeitsunfähig entlassen, wegen berufl. Überforderungsgefühle, depressiver Symptome wie Antriebslosigkeit, Schlafstörung, Grübelneigung, innerer Unruhe, Ärgergefühle und Wut gegenüber der Chefin, Z.n. Übersprungsreaktion gegenüber eines Kindes mit gebundener Scham und Schuldgefühlen. Bis dahin sei das Arbeitsverhältnis aufgelöst. Im neuen Arbeitsverhältnis könnte die Patientin wieder als Erzieherin arbeiten. Sie plant eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsgehilfin bei Ihrem Cousin zu beginnen. Bezüglich des allgemeinen Arbeitsmarktes können mittelschwere Tätigkeiten verrichtet werden. Die sozialmedizinische Beurteilung wurde mit der Patientin besprochen, diese teilte sie mit uns." Damit hatten die Reha-Ärzte eine vollschichtige berufliche Tätigkeit als Erzieherin nach Ende des bisherigen Arbeitsverhältnisses als gegeben erachtet und Überforderungsreaktionen und Einschränkungen der Leistungsfähigkeit alleine auf den bisherigen Arbeitsplatz bezogen. Diese Einschätzung teilte auch der Arzt des ärztlichen Dienstes der Beklagten, Dr. K.-F., am 18.09.2012 (Blatt 22 der Beklagtenakte), als er in seinem Gutachten ausgeführt hat, bei der Klägerin sei es vor dem Hintergrund eines nicht auflösbaren Arbeitsplatzkonfliktes zur Ausbildung einer seelischen Minderbelastbarkeit gekommen. Notwendige Therapiemaßnahmen einschließlich einer weitergehenden Behandlungsmaßnahme seien durchgeführt, wodurch es zu einer gewissen Stabilisierung gekommen sei. Er hat weiter ausgeführt, nach "Durchsicht der vorliegenden Unterlagen besteht ein vollschichtiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten im Rahmen des obigen Leistungsbildes auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und auch als Erzieherin. Eine Rückkehr an den letzten Arbeitsplatz ist dabei aufgrund des dort bestehenden Arbeitsplatzkonfliktes auszuschließen." Er hat lediglich die – wegen Auflösung des Arbeitsvertrages nicht mögliche – Rückkehr an den alten Arbeitsplatz ausgeschlossen, im Übrigen eine Tätigkeit als Erzieherin für möglich erachtet. Dem entspricht auch, dass der behandelnde Facharzt für Neurologie und Psychiatrie V. die Klägerin ab dem 01.09.2012 wieder als Erzieherin für leistungsfähig erachtet hat (vgl. seine Auskunft gegenüber dem Senat, Blatt 51/52 der Senatsakte). Dass die Allgemeinärztin Dr. K. (vgl. ihre Aussage gegenüber dem Senat, Blatt 49/50 der Senatsakte) die Klägerin für niemals wieder in der Lage gesehen hat, als Erzieherin tätig zu sein, überzeugt den Senat dagegen nicht. Denn zum Einen hat Dr. K.keine Befunde mitgeteilt, die ihre Einschätzung stützen würden, zum Anderen hat sie die Klägerin nach dem Ende der krankheitsverursachenden Mobbingsituation am 31.08.2012 jedenfalls bis Jahresende 2012 nicht behandelt und auch nicht arbeitsunfähig geschrieben. Damit konnte sich der Senat davon überzeugen, dass die Klägerin objektiv ab dem 01.09.2012 wieder in der Lage war, Tätigkeiten als Erzieherin, mit Ausnahme des bisherigen Arbeitsplatzes, vollschichtig auszuüben. Die Vermittlung auf diese anderen Arbeitsplätze als Erzieherin war daher zumutbar. Die Klägerin hätte sich nach § 138 Abs. 5 Nr. 1 und 3 SGB III auch für die Vermittlung in solche Beschäftigungen zur Verfügung stellen müssen.

Die Klägerin hat sich aber nicht für alle ihr zumutbaren Beschäftigungen des für sie in Betracht kommenden Arbeitsmarktes den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestellt. Sie hat im Gespräch mit Frau Schutz am 25.09.2012 ihre Verfügbarkeit hinsichtlich von Tätigkeiten als Erzieherin ausgeschlossen und zwar nicht nur hinsichtlich einer Tätigkeit am letzten Arbeitsplatz, sondern allgemein. Dies konnte der Senat den Angaben der vom SG in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugin S. entnehmen. Diese Aussage entspricht auch dem in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Gespräch am 25.09.2012 gefertigten Aktenvermerk (Blatt 21 der Beklagtenakte) sowie ihrer Stellungnahme im Widerspruchsverfahren (Blatt 29 der Beklagtenakte). Soweit die Klägerin angibt, sie habe gemeint, es gehe um eine Rückkehr an den letzten Arbeitsplatz, konnte diese Einlassung den Senat nicht überzeugen. Denn die Klägerin hatte zu dem damaligen Gespräch mit Frau S. gegenüber dem SG angegeben (Blatt 78 RS der SG-Akte): "Ich war für alle möglichen Erwerbstätigkeiten offen, allerdings nicht als Erzieherin. Dieser Beruf hat mich im Grunde krank gemacht." Hieraus musste der Senat entnehmen, dass die Klägerin nicht gewillt war, wieder als Erzieherin zu arbeiten. Daher ist ihre Einlassung, sich dennoch weitergehend der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt zu haben, nicht nachvollziehbar. Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass die Klägerin bereits im Reha-Verfahren mitgeteilt hatte, sie plane eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsgehilfin bei Ihrem Cousin zu beginnen (Blatt 60 der SG-Akte = Seite 2.10 des Reha-Berichts). Auch war die Klägerin im Reha-Bericht (Blatt 59 der SG-Akte = Seite 2.9 des Berichts) dahingehend zitiert worden, dass sie bereits im Vorfeld der Therapie zu dem Entschluss gekommen sei, ihre Arbeitsstelle aufzugeben und sich beruflich umzuorientieren. Hierfür habe sie sich um familiäre Unterstützung bemüht. Sie werde zum nächsten Ausbildungstermin nach den Sommerferien eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsgehilfin beginnen, auf die sie sich sehr freue. Sie könne sich zu diesem Zeitpunkt nicht vorstellen, wieder als Erzieherin tätig zu sein. Auch gegenüber dem Facharzt V. hatte sie ihre Absicht, nicht mehr als Erzieherin tätig werden zu wollen, spätestens am 25.07.2012 angegeben, was sich aus den schriftlichen Aussagen des Arztes V. vom 17.06.2013 und 19.12.2014 ergibt. Herr V. hat berichtet, dass eine Tätigkeit als Erzieherin nicht mehr geplant war (Blatt 52 der Senatsakte). Vor diesem Hintergrund konnte der Senat eine Einschränkung der Verfügbarkeit alleine bezüglich des letzten Arbeitsplatzes nicht zur Überzeugung führend annehmen.

Soweit die Klägerin vorträgt, sich mit dem bei der Beklagten am 17.10.2012 eingegangenen Widerspruchsschreiben vom 11.10.2012 auch hinsichtlich der Tätigkeiten als Erzieherin den Vermittlungsbemühungen gestellt zu haben, weshalb jedenfalls ab diesem Zeitpunkt Arbeitslosigkeit anzunehmen sei, folgt ihr der Senat nicht. Denn die Klägerin hat sowohl vor diesem Zeitpunkt (vgl. Reha-Bericht und Auskunft Herr V.) als auch nach diesem Zeitpunkt (vgl. ihre Aussage in der mündlichen Verhandlung vor dem SG) deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht gewillt war, wieder als Erzieherin tätig zu werden. Vor diesem Hintergrund musste der Senat die Erklärung des Bevollmächtigten im Erörterungstermin vom 31.10.2014 (vgl. Blatt 41 RS der Senatsakte), er habe das Widerspruchsschreiben verfasst und zum Ausdruck bringen wollen, die Klägerin stehe auch für Tätigkeiten als Erzieherin der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, als Erklärung des Bevollmächtigten verstehen, die vom wirklichen Willen der Klägerin nicht getragen war. Hat sich die Klägerin daher auch mit dem Schreiben vom 11.10.2012 nicht der Arbeitsvermittlung in vollem Umfang zur Verfügung gestellt und liegt – wie hier - keine zulässige Einschränkung der Verfügbarkeit vor, so war die Klägerin im gesamten Zeitraum nicht verfügbar und hatte daher keinen Anspruch auf Alg. Dass die Klägerin erklärt hatte, auch geringer bezahlte Tätigkeiten anzunehmen, ersetzt die fehlende Verfügbarkeit nicht.

Einen Verstoß gegen Art. 12 GG konnte der Senat nicht feststellen, ebenso wenig eine unzumutbare Bedrängung der Klägerin im Gespräch vom 25.09.2012.

Nachdem die Klägerin bereits am 25.09.2012 sich der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestellt hatte, hatte sie in der Folge zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens (dazu vgl. § 39 Abs. 1 i.V.m. § 37 Abs. 1 und 2 SGB X) des Alg-bewilligenden Bescheids vom 26.09.2012 keinen Alg-Anspruch; der Bescheid vom 26.09.2012 war daher anfänglich rechtswidrig, weshalb er nach § 45 Abs. 1 SGB X aufgehoben werden durfte. Die Verfügbarkeit und mithin der Alg-Anspruch sind auch nicht erst nach dem Erlass des Bescheids vom 26.09.2012 entfallen.

Die Klägerin kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz i.S.d. § 45 Abs. 2 SGB X berufen. Denn sie war am 25.09.2012 während des Gesprächs mit Frau S. über die Rechtsfolgen ihrer Einschränkung der Verfügbarkeit ausdrücklich belehrt worden, was sich nicht nur aus dem über das Gespräch gefertigten Vermerk (Blatt 21 der Beklagtenakte) sondern auch aus der Zeugenauskunft der Frau S. (Blatt 79 RS der SG-Akte = Seite 4 der Niederschrift) ergibt. Auch hat die Klägerin mit ihrer Unterschrift unter dem Alg-Antrag vom 13.08.2012 ausdrücklich erklärt, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben (vgl. Blatt 4 der Beklagtenakte). Aus diesem Merkblatt ergibt sich ausdrücklich: "Um Anspruch auf Arbeitslosengeld zu haben, müssen Sie für Vermittlungsbemühungen Ihrer Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen." Auch wird dazu erläuternd u.a. ausgeführt, der Arbeitslose müsse " bereit sein, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen. ". Damit war die Klägerin ausreichend nicht nur über die Folgen einer fehlenden Verfügbarkeit belehrt worden, sondern auch darüber, dass wenn sie sich nicht für die Vermittlung in jede zumutbare Beschäftigung zur Verfügung stellt, Verfügbarkeit fehlt. Mit dieser Belehrung wusste die Klägerin, dass sie nicht verfügbar ist und keinen Alg-Anspruch hat; letzteres wurde der Klägerin ausdrücklich von Frau Schutz mitgeteilt (vgl. Blatt 79 RS der SG-Akte = Seite 4 der Niederschrift). Damit musste sich der Klägerin ohne weiteres aufdrängen, dass die wenige Tage darauf eingetroffene Alg-Bewilligung rechtswidrig war (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X).

Liegen aber die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vor, war die Beklagte nach § 330 Abs. 2 SGB III verpflichtet, den Bescheid vom 26.09.2012 mit Wirkung für die Vergangenheit – ohne Ermessensausübung - zurückzunehmen. Nachdem sie lediglich die Bewilligung von Alg ab dem 08.10.2012 zurückgenommen hatte, sind die angefochtenen Bescheide zwar rechtswidrig – der Bescheid vom 04.10.2012 hob nur mit Wirkung für die Zukunft auf, der Bescheid vom 08.10.2012, seine Regelungswirkung unterstellt, mit Wirkung für die Vergangenheit, aber nicht voll rückwirkend –, verletzt die Klägerin aber nicht in ihren Rechten. Die Rücknahme erfolgte im Übrigen unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 45 Abs. 4 und 5 SGB X.

Dass die Beklagte meinte, die Bewilligung von Alg auf Grundlage des § 48 Abs. 1 Satz 2 bzw. Satz 1 SGB X aufheben zu dürfen, ist unerheblich. Zwar setzt § 48 SGB X eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung (hier: des Bescheids vom 26.09.2012) vorgelegen haben, voraus. Jedoch ist eine solche Änderung nicht eingetreten, denn die Klägerin hatte sich bereits am 25.09.2012, mithin schon vor Erlass des Alg-bewilligenden Bescheides für nicht verfügbar erklärt, weshalb keine nach Erlass des Bescheids eingetretene Änderung der Verhältnisse vorliegt. Dass § 48 SGB X nicht einschlägig ist, ändert aber nichts daran, dass die Beklagte mit zutreffendem Verfügungssatz im Bescheid vom 04.10.2012 (Blatt 24 der Beklagtenakte), der der Klägerin zugegangen ist (vgl. ihren Widerspruch vom 17.10.2012 gegen den Bescheid vom 04.10.2012), die Bewilligung von Alg aufheben durfte. § 45 SGB X enthält bezogen auf den vorliegenden Fall gegenüber § 48 SGB X keine weitergehenden Voraussetzungen, sodass ein Austausch von Rechtsgrundlagen zulässig ist; soweit die Klägerin mit ihrer Klage einen Aufhebungsbescheid vom 08.10.2012 (Blatt 3 der SG-Akte) vorgelegt hat, enthält dieser – abgesehen von seiner ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe zu beurteilenden Rückwirkung – keine weitergehenden Verfügungen als der Bescheid vom 04.10.2012 und wurde Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 04.10.2012 (§ 86 SGG), seinen Regelungsgehalt unterstellt.

Durfte die Beklagte mithin die Bewilligung von Alg ab dem 08.10.2012 aufheben, wird die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Berufung war zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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