L 9 AS 3454/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 6079/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 3454/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2014 wird in Bezug auf den Sanktionsbescheid vom 26. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 2013 als unzulässig verworfen und im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen.

Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Im vorliegenden Verfahren wendet sich der Kläger gegen Einladungen zu Meldeterminen am 12.07.2013 und 20.09.2013 und gegen eine Sanktion wegen eines Meldeversäumnisses für die Zeit vom 01.09.2013 bis 31.11.2013. Weiterhin hat er eine Feststellungsklage sowie vorbeugende Unterlassungsklage erhoben.

Der 1962 geborene Kläger, der im EDV-Bereich als Programmierer und Elektroniker bis einschließlich 2008 selbständig tätig gewesen war, bezieht seit Januar 2005 von dem Beklagten Arbeitslosengeld II (ALG II) als laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) einschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung für eine etwa 50 Quadratmeter große und vollmöblierte Wohnung.

Seit Beginn des Leistungsbezugs trägt der Kläger vor, unter psychosomatischen bzw. psychischen Beschwerden zu leiden. Meldeaufforderungen des Beklagten kommt der Kläger seit 2005 nicht nach unter Hinweis auf seine psychischen Beschwerden und trug hierzu u.a. vor (Bl. 282 Band 1 der V-Akten), sich aufgrund seiner traumatischen Erlebnisse mit Ämtern/ Behörden derzeit psychisch nicht in der Lage zu sehen, mit fremden Personen über seine Lebenssituation zu sprechen. Sein Rechtsbeistand könne dies im Zusammenhang mit Sozialamtsbesuchen bezeugen. Zunächst benötige er eine Therapie. Der Anforderung, eine Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht zu übersenden (Bl. 474 Band 2 der V-Akten), kam der Kläger mit der Begründung nicht nach, einer pauschalen Schweigepflichtsentbindung könne er nicht zustimmen, da aus dem Vordruck nicht ersichtlich sei, welche Information der Beklagte konkret zu welchem Zweck erlangen wolle und mit welchen Ärzten er hinter seinem Rücken welche Daten austauschen wolle. Einer Einladung zur psychologischen Begutachtung am 26.05.2010 folgte der Kläger nicht. Im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG, S 7 AS 4239/11 ER) legte der Kläger ein Attest der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. S. vom 07.06.2011 vor, die die Diagnose einer Angst- und Depression gemischt stellte. Im Vordergrund stünden seine Kraftlosigkeit, seine wechselhafte Stimmung, seine reduzierte Freude, ausgeprägte Grübel- und Sorgenneigung, die Ein- und Durchschlafstörungen. Vor allem stehe aber auch ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten aufgrund seiner Ängste, z. B. an einem Herzinfarkt zu leiden, im Vordergrund. Belastungen oder auch Sport führten zu Ängsten, die er deswegen zu meiden suche. Eine psychopharmakotherapeutische Behandlung und/oder eine psychotherapeutische Behandlung seien die im Vordergrund stehenden Therapiemöglichkeiten. Weiterhin legte der Kläger in dem Verfahren S 7 AS 2563/11 ER ebenfalls vor dem SG neben einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 18.04.2011 über eine voraussichtliche Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 06.06.2011 einen Arztbrief von Dr. H. S. vom 28.02.2011 mit der Diagnose einer Angst- und Depression, gemischt, vor, die in weiten Teilen geschwärzt wurde. In den lesbaren Abschnitten dieses Arztbriefes führte Dr. S. aus, der Kläger habe dann 2000 gar nichts mehr machen können, habe nicht schlafen können. Es seien monatelange stationäre Aufenthalte erfolgt, danach ein Jahr lang Arbeitsunfähigkeit, seit 2000 nicht arbeitsfähig und deswegen auch Hartz IV-Empfänger; seit etwa 10 Jahren teilt Medikation mit bedarfsweise. Dr. S. vermute, dass der Kläger im Jahr 2000 eine schwere depressiv (Rest geschwärzt).

Da der Kläger seit 2005 keinen Meldeaufforderungen nachgekommen war, kam es in der Folgezeit aufgrund verhängter Sanktionen zu etlichen Klagen bzw. Eilrechtsschutzverfahren vor dem SG und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG).

Mit Schreiben vom 01.07.2013 (Bl. 1628 Band 7 der V-Akte, vollständiger Ausdruck Bl. 19 der Akte des SG Stuttgart S 7 AS 5506/13 ER) forderte der Beklagte den Kläger auf, am 12.07.2013 um 10 Uhr im Jobcenter zu erscheinen, um die aktuelle berufliche Situation zu besprechen. Er solle einen ausgedruckten Lebenslauf mitbringen. Dies sei eine Einladung nach § 59 SGB II i.V.m. § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Wenn der Kläger ohne wichtigen Grund nicht erscheine, werde sein Alg II um 10 % des maßgebenden Regelbedarfs für die Dauer von drei Monaten gemindert. Eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung war angefügt.

Mit an das SG Stuttgart gerichteten Schreiben vom 02.08.2013 legte der Kläger zum einen Klage gegen einen vorangegangenen Sanktionsbescheid vom 02.04.2014 ein (S 7 AS 4445/ 13, jetzt L 9 AS 3452/14), zum anderen auch Widerspruch gegen das Einladungsschreiben zum 12.07.2013. Diesen Widerspruch gegen das Einladungsschreiben wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2013 (W 2104/2013, Bl. 1623 Band 7 der V-Akten) zurück. Nachdem der Kläger den Meldetermin vom 12.07.2013 nicht wahrgenommen hatte, stellte der Beklagte mit Bescheid vom 26.08.2013 (Bl. 1614 Band 7 der V-Akten) nach erfolgter Anhörung des Klägers (Schreiben vom 22.07.2013, Bl. 1629 Band 7 der V-Akten) eine Minderung des Alg II um 10 % (38,20 EUR) für die Zeit vom 01.09.2013 bis 30.11.2013 fest, da der Kläger trotz Aufforderung keine Gründe angegeben habe, die sein Verhalten erklärten.

Anschließend stellte der Beklagte mit Bescheid vom 04.09.2013 (Bl. 1617 Band 7 der V-Akten) wegen des gleichen Meldeversäumnisses (Meldetermin vom 12.07.2013) eine Minderung um 10 % für den Zeitraum vom 01.10.2013 bis 31.12.2013 fest.

Gleichzeitig forderte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 03.09.2013 (Bl. 1639 Band 7 der V-Akten) auf, am 20.09.2013 um 10 Uhr einen Termin bei dem Beklagten wahrzunehmen. Im Übrigen entspricht der Einladungstext dem vom 01.07.2013 (Meldetermin am 12.07.2013).

Gegen dieses Einladungsschreiben vom 03.09.2013 und auch gegen beide Sanktionsbescheide (26.08.2013, 04.09.2013) legte der Kläger Widerspruch ein (Schreiben vom 17.09.2013, Bl. 1619 Band 7 der V-Akten) mit der Begründung, die Bescheide seien schon deshalb nichtig, weil er nicht klar erkennen könne, welcher nun gültig sei, da sich beide auf denselben Meldetermin bezögen, aber unterschiedliche Sanktionszeiträume bezifferten. Er sei medikamentenbedingt zum Einladungstermin nicht wach gewesen.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 24.09.2013 wies der Beklagte sowohl den Widerspruch des Klägers gegen das Einladungsschreiben vom 03.09.2013 (W 2103/2913, Bl. 1636 Band 7 der V-Akten) als auch gegen den Sanktionsbescheid vom 26.08.2013 (W 2101/2013, Bl. 1631 Band 7 der V-Akten) zurück. Anschließend hob der Beklagte den wegen des Meldeversäumnisses am 12.07.2013 ergangenen zweiten Sanktionsbescheid vom 04.09.2013 auf (Abhilfebescheid vom 27.09.2013, Bl. 1641 Band 7 der V-Akten).

Mit Bescheid vom 27.09.2013 (Bl.1672 Band 7 der V-Akten) bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 01.10.2013 bis 30.11.2013 in Höhe von 781,06 EUR (Regelbedarf 382 EUR, KdUH 437,26 EUR, Minderung aufgrund von Sanktionen 38,20 EUR) bzw. für die Zeit vom 01.12.2013 bis 31.03.2014 in Höhe von wiederum 819,26 EUR (ohne Sanktionen).

Am 01.10.2013 hat der Kläger beim SG einen Eilantrag mit dem Ziel sofortiger Weiterbewilligung ab Oktober 2013 und Aufhebung der Sanktionsbescheide in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24.09.2013 (S 7 AS 5506/13 ER) gestellt. Er erhebe alle Klagearten. Im Schriftsatz vom 17.10.2013 hat er unter Bezugnahme auf das ER-Verfahren "Feststellungsklage" erhoben mit dem Ziel festzustellen, dass Briefversand und eBanking keine 4 - 5 Tage dauern, dass ihm bei aktueller Sanktion die gesamten Stromkosten bzw. erhebliche Nahrungsmittel bzw. unverzichtbare Grundbedürfnisse verfassungswidrig entzogen würden. Er beantrage die Aussetzung gegenwärtiger und weiterer Sanktionen. Mit Beschluss vom 07.11.2013 hat das SG den Eilantrag abgelehnt.

Am 23.05.2014 hat das SG auch die Klage abgewiesen mit der Begründung, von den Meldeaufforderungen gingen für den Kläger nach den jeweiligen Terminen keine belastenden Wirkungen mehr aus, sie hätten sich mithin erledigt. Unabhängig davon seien die Meldeaufforderungen auch rechtmäßig gewesen, da sie einen zulässigen Zweck im Sinne des § 309 SGB III i.V.m. § 59 SGB II verfolgt hätten. Die Voraussetzungen für den Sanktionsbescheid gem. § 32 SGB II lägen vor, da der Kläger trotz Kenntnis der Meldeaufforderung zu dem Meldetermin am 12.07.2013 nicht erschienen sei. Einen wichtigen Grund für sein Nichterscheinen habe der Kläger nicht nachgewiesen. Insbesondere sagten die in früheren Verfahren vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nichts darüber aus, ob der Kläger zum Meldetermin am 12.07.2013 hätte kommen können. Da der Kläger auch hinreichend über die Rechtsfolgen belehrt worden sei und die Sanktion zutreffend berechnet worden sei, sei die Klage unbegründet. Die Feststellungsklage vom 17.10.2013 sei unzulässig, da der Kläger nur abstrakte Rechtsfragen geklärt haben wolle. Ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis für eine vorbeugende Unterlassungsklage fehle.

Gegen dieses Urteil (und gegen zwölf weitere Urteile des SG vom selben Tag) hat der Kläger am 14.08.2014 Berufung beim LSG eingelegt mit der - jeweils identischen - Begründung, die Gewährleistung des soziokulturellen Existenzminimums sei ein unantastbares Menschenrecht, und alle Sanktionsbescheide seien nichtig, weil dieses Menschenrecht verletzt werde. Das Jobcenter und SG hätten nicht nachweisen können, dass in der Regelleistung kürzungsfähige Zulagen von 10 % – 40 % über dem Existenzminimum enthalten seien. Alle strittigen Meldeaufforderungen seien wegen erheblicher Aufklärungs- und Formmängel, unvollständiger Rechtsfolgenbelehrung und mangelnden Rechtsbehelfs nichtig. Die Beweispflicht werde überspannt. Er sei nicht verpflichtet, teure Atteste und Gutachten auf Regelleistungskosten zu erbringen. Er müsse sich nicht von Unbekannten ohne Qualifikationsnachweis psychologisch untersuchen lassen, die im Jobcenter tätig seien. Die gegenwärtige Fassung des § 31 SGB II verstoße gegen das Grundgesetz. Weil Jobcenter und Sozialgericht seine Anträge abgelehnt hätten, die Kosten für Fachgutachter zu übernehmen, mache er ab sofort von seinem Beweisführungsrecht gemäß § 294 ZPO Gebrauch. Das SG habe Verfahrens- und Beweisanträge aus den Jahren 2011 bis 2014 unterschlagen. Zitierte BGH- und Bundesverfassungsgerichtsurteile seien ignoriert, Eilrechtsschutz verweigert und Beweise unterdrückt worden. Gleiches gelte für Prozesskostenhilfe, Anwaltsbeiordnung und Fachgutachter. Das Jobcenter schulde ihm bis dato Ersatzleistungen. Lebensmittelgutscheine genügten den Anforderungen nicht. Aus § 309 SGB III ergebe sich keine Gesprächspflicht, da dieses Wort dort nirgends auftauche. Der Kläger habe sich persönlich schriftlich gemeldet und damit seiner Mitwirkung genügt und sei seiner Meldepflicht nachgekommen. Die Einladungen litten unter einem Rechtsbehelfsmangel, da nicht bürgerverständlich vermittelt werde, welche Verhaltens-, Schutz- und Abwehrrechte er habe. Der Einladungstext sei kein wichtiger Meldezweck, sondern es handle sich nur um eine pauschale Einladungsfloskel. Aus seinen vorgelegten medizinischen Unterlagen ergebe sich, dass eine neurologische Langzeiterkrankung vorliege, dass er Psychopharmaka einnehme und therapiebedürftig sei. Es sei somit von einer überwiegenden Nichtvermittelbarkeit auszugehen. Aufgrund der Unmöglichkeit, dass Ärzte seine häuslichen Medikamenteneinnahme, Schlafdauer, Tagesstruktur oder ähnliches überwachten bzw. überprüfen könnten, sei die SG-Beweisforderung ins Unmögliche überspannt worden. Er versichere gemäß § 294 ZPO an Eides statt, dass er seit 14 Jahren schwere Schlafstörungen und keine normale Tagesstruktur habe, dass er zu den meisten Jobcenter-Meldeterminen medikamentenbedingt nicht wach gewesen sei oder wegen Schlafmangels und Depression keine mentale Kraft für Zwangsgespräche gehabt habe, dass ihm seine Neurologin eine Broschüre mitgegeben habe, mit der er dem SG nachgewiesen habe, dass er bei dieser Erkrankung das Recht habe, sich zurückzuziehen, sich für sein Tun nicht zu rechtfertigen und auch zu nichts zwingen zu lassen. Auch leide er an schweren Folgeerkrankungen (u.a. Psychotrauma/PTBS, Existenzangst, Verfolgungsangst, nervösen Herzbeschwerden, nervösen Magenbeschwerden). Aufgabe seiner Ärzte sei es, die Diagnose zu stellen und ihm Behandlungen bzw. Medikamente anzubieten, nicht jedoch, gutachterlich bzw. kostenlos für das Gericht zu ermitteln, welche Folgeschäden und Traumen die Verfolgungen des Jobcenters bei ihm ausgelöst hätten und ob er belastende Behördengespräche mit bedrohenden Verfolgern führen könne. Es sei keine Rechtspflicht, einen Arzt/Facharzt mit Anamnesearchiv zu haben oder diesen nachzuweisen. Er habe selber ein Selbstbestimmungsrecht über seine Psychotherapie, Belastungsgrenzen, Einnahme und das Absetzen von Medikamenten und könne diese frei entscheiden. Diese Grundrechte müsse er nicht über Atteste/Gutachten belegen. Einer unkontrollierten Datenübermittlung hinter seinem Rücken (totale Schweigepflichtentbindung) müsse er nicht zustimmen.

Der Kläger beantragt (zum Teil wörtlich, zum Teil sachdienlich gefasst),

1. das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2014 aufzuheben, 2. den Sanktionsbescheid des Beklagten vom 26. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 2013 aufzuheben, 3. festzustellen, dass die Meldeaufforderungen vom 1. Juli 2013 sowie 3. September 2013 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24. September 2013 rechtswidrig waren, 4. festzustellen a) dass ihm bei aktueller Sanktion die gesamten Stromkosten bzw. erhebliche Nahrungsmittel bzw. unverzichtbare Grundbedürfnisse verfassungswidrig entzogen werden, b) die Aussetzung gegenwärtiger und weiterer Sanktionen.

Weiterhin beantragt der Kläger in sämtlichen Berufungsverfahren,

- die Feststellung der Rechts- und Verfassungswidrigkeit der derzeitigen Ersatzleistungspraxis, - die Feststellung aller Sätze seines Berufungsschreibens, - das Verfahren auszusetzen bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über den Vorlagebeschluss des Sozialgerichts Gotha vom 26. Mai 2015 zur Verfassungsmäßigkeit der Sanktionsregelungen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Schreiben vom 12.08.2015 hat der Senat eine Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bzw. § 158 SGG in Aussicht gestellt und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten (7 Bände), der genannten Akten des SG sowie der Akten des Senats Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist hinsichtlich der Einladungsschreiben und Feststellungsanträge zulässig, jedoch nicht begründet und hinsichtlich des Sanktionsbescheides bereits unzulässig.

Gegenstand der Klage sind die Einladungsschreiben vom 01.07.2013 und 03.09.2013 sowie der Sanktionsbescheid vom 26.09.2013, jeweils in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24.09.201, das Feststellungsbegehren des Klägers, dass ihm bei aktueller Sanktion die gesamten Stromkosten bzw. erhebliche Nahrungsmittel bzw. unverzichtbare Grundbedürfnisse verfassungswidrig entzogen würden und gegenwärtige und weitere Sanktionen auszusetzen seien, sowie weitere Feststellungsanträge.

1. Einladungsschreiben vom 01.07. und 03.09.2013 Zwar ist in der Rechtsprechung geklärt, dass eine Meldeaufforderung im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II ein Verwaltungsakt ist (vgl. Beschluss des BSG vom 19. Dezember 2011, B 14 AS 146/11 B, zitiert nach Juris), so dass den hier vorliegenden Meldeaufforderungen Verwaltungsaktsqualität beizumessen ist, jedoch hatte sich diese Verwaltungsakte bereits vor Klageerhebung erledigt. Nach Verstreichen des in der Meldeaufforderung angegebenen Meldetermins gingen von den Aufforderungen für den Kläger keine belastenden Wirkungen mehr aus. Gemäß § 39 Abs. 2 SGB X bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt sich ein Verwaltungsakt, wenn er seine regelnde Wirkung verliert oder die Ausführung seines Hauptverfügungssatzes rechtlich oder tatsächlich unmöglich geworden ist (vgl. Roos in von Wulffen SGB X, 8. Auflage 2014, § 39 Rdnr. 14). Die Erledigung ist hier eingetreten durch Verstreichen des genannten Termins. Mithin haben die angefochtenen Verwaltungsakte nach § 39 Abs. 2 SGB X ihre Wirksamkeit verloren, so dass es der dagegen gerichteten Anfechtungsklage bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung an der erforderlichen Beschwer (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG) gefehlt hat. Somit bestand - wie das SG zutreffend festgestellt hat - kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für eine Anfechtungsklage, sie konnte für den Kläger keinen rechtlichen oder wirtschaftlichen Vorteil bringen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.08.2013, L 34 AS 224/13 m.w.N., Juris).

Da das Rechtsschutzbegehren des Klägers im Wege der Anfechtungsklage nicht mehr erreicht werden kann, ist dieses als Fortsetzungsfeststellungsklage auszulegen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.09.2013, L 3 AS 2492/13, sozialgerichtsbarkeit.de). Gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG ist die Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, wenn sich ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der mit zulässiger und begründeter Anfechtungsklage angegriffen war, erledigt hatte und wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit hat. Ein solches schutzwürdiges Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein (BSG in SozR 4100 § 91 Nr. 5 m.w.N.; SozR 3-7815 Art. 1 § 3 Nr. 4 m.w.N.) und muss am Schluss der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz vorliegen (BVerwGE 106, 295). Ein solches Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann u.a. unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität und der Wiederholungsgefahr bestehen. Wiederholungsgefahr ist anzunehmen, wenn die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergeht. Die Wiederholungsgefahr ist vorliegend zu bejahen, denn bereits der vorliegende Akteninhalt zeigt, dass es der Beklagte wiederholt unternommen hat, den Kläger mittels Schreiben mit ähnlichem oder sogar identischem Inhalt zu Meldeterminen einzuladen. Es besteht daher eine hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit, dass auch in der nachfolgenden Zeit weitere Einladungen zu erwarten sind (vgl. BSG, Urteil vom 14.02.2013, B 14 AS 195/11 R - veröffentlicht in juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 131 Rn. 10 ff.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.09.2014 a.a.O.).

Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch unbegründet, da die Meldeaufforderungen den gesetzlichen Vorgaben entsprochen haben, wie auch das SG dargelegt hat. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG verwiesen, denen sich der Senat anschließt. Nicht zu überzeugen vermag der Kläger insbesondere mit seinem Vortrag, die Einladungen seien nur nach § 309 Abs. 1 SGB III erfolgt, sodass nachträglich nicht auf § 309 Abs. 2 verwiesen werden könne, die Einladungen enthielten nur einen Gesprächswunsch und keine -pflicht, ein wichtiger Meldezweck liege nicht vor, die Rechtsfolgenbelehrungen seien unzutreffend und der Begriff "Einladung" sei irreführend, sodass die Meldeaufforderungen allesamt rechtsunwirksam und nichtig seien. Zu Recht hat der Beklagte auf § 309 Abs. 1 SGB III (i.V.m. § 59 SGB II) verwiesen, weil darin die allgemeine Meldepflicht definiert wird. Abs. 2 dieser Vorschrift konkretisiert lediglich, zu welchen Zwecken die Aufforderung zur Meldung erfolgen kann. Dass es sich nicht nur um einen "Gesprächswunsch" handelt, ist aus dem klaren Wortlaut der Einladung unschwer ersichtlich (Hinweis auf die Folgen bei Nichterscheinen, gesonderte Rechtsfolgenbelehrung in der Anlage). Insofern ist auch der Begriff "Einladung" nicht irreführend, sondern lediglich höflicher formuliert als "Aufforderung". Die Rechtsfolgenbelehrung ist ausführlich und zutreffend dargestellt. Es liegt auch ein wichtiger Meldezweck vor, da nach jahrelanger Arbeitslosigkeit ein Gespräch über das Bewerberangebot bzw. die berufliche Situation Aussicht bietet, den Kläger entweder in eine passende Arbeitsstelle zu vermitteln, ihn ggf. zu schulen oder auf andere Weise zu fördern, um die Arbeitslosigkeit zu beenden. Insofern dient die Einladung sogar mehreren Zwecken, nämlich der Berufsberatung, Vermittlung in Arbeit sowie der Vorbereitung aktiver Arbeitsförderungsleistungen. Angesichts des Umstandes, dass der Kläger seit 2005 keinen Meldeterminen nachgekommen ist, war es dem Beklagten kaum möglich, einen konkreteren Meldezweck anzugeben, da - auch für das Gericht - nicht erkennbar ist, für welche Tätigkeiten am Arbeitsmarkt der Kläger sich eignet, ob Schulungsbedarf besteht oder sonstige Maßnahmen seitens des Beklagten zu ergreifen sind.

Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, die Einladung sei bereits rechtswidrig, weil er aus gesundheitlichen Gründen ohnehin nicht in der Lage sei, zu einem Termin zu erscheinen. Wie das SG ausführlich und zutreffend begründet hat, ist die von ihm wiederholt vorgetragene gesundheitsbedingte Unmöglichkeit eines Erscheinens nicht nachgewiesen worden. Zwar hat der Senat eine Befragung seiner Ärzte erwogen, um die gesundheitlichen Beschwerden des Klägers nachprüfen zu können. Jedoch hat sich der Kläger - wie bereits in den Jahren zuvor - ausdrücklich geweigert, eine Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht vorzulegen, sodass es dem Senat verwehrt war, eine Beweisaufnahme in Form der Befragung der behandelnden Ärzte durchzuführen.

Der Kläger kann auch nicht mit dem Argument gehört werden, es müsse ein Sachverständigengutachten eingeholt werden, um seine gesundheitlichen Beschwerden nachzuweisen. Vorliegend ist nicht Streitgegenstand, ob der Kläger zum heutigen Zeitpunkt dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht oder ob er heute zu Meldeterminen erscheinen kann, sondern betrifft das Verfahren Meldetermine aus 2013, mithin aus einer Zeit, die mittlerweile zwei Jahre zurückliegt. Ein Gutachter, dem keinerlei Auskünfte der behandelnden Ärzte und auch sonst keine ärztlichen Unter-lagen über den streitgegenständlichen Zeitraum zur Verfügung stehen, mag zwar den Gesundheitszustand am Tag der Untersuchung beurteilen können, nicht aber den von vor fünf Jahren und schon gar nicht den konkreten Gesundheitszustand des Klägers an den einzelnen Meldeterminen. Deshalb sind vor Einholung eines Sachverständigengutachtens Informationen über den Gesundheitszustand durch Beiziehung ärztlicher Unterlagen - wie Befundberichte und Krankenhausunterlagen oder sachverständige Zeugenaussagen - unerlässlich. Ohne diese Vorermittlungen ist eine Gutachtenseinholung nicht sinnvoll (s. hierzu auch Bayerisches LSG, Urteil vom 22.10.1997, L 13 An 19/96, Juris).

Die Fortsetzungsfeststellungsklage in Bezug auf die Einladungsschreiben ist daher unbegründet.

2. Feststellungsanträge / vorbeugende Unterlassungsklage Soweit der Kläger "sämtliche Sätze seines Berufungsschreibens nicht nur als Begründung, sondern auch als Feststellungsanträge" verstanden haben und Rechtswidrigkeit der Ersatzleistungspraxis festgestellt haben will, ist die Klage unzulässig. Zum einen beinhalten diese neuen Anträge eine Klageänderung im Sinne des § 99 Abs. 1 SGG, die nicht sachdienlich ist. Zum anderen kann zwar gem. § 55 Abs. 1 Ziffer 1 SGG mit der Klage auch die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Jedoch ist die Feststellungsklage unzulässig, wenn bereits im Rahmen einer anhängigen Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Leistungsklage über die Sach- und Rechtsfragen zu entscheiden ist, die der begehrten Feststellung zugrunde liegen, ohne dass ein weitergehendes Feststellungsinteresse besteht (Subsidiarität der Feststellungsklage; vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 55 Rdnr. 19 f. m.w.N.). Vorliegend sind allein beim LSG 13 Berufungen anhängig und darin annähernd sämtliche Bescheide (und auch sonstige Schreiben des Beklagte) aus den Jahren 2010 bis 2013 vor allem im Rahmen von Anfechtungsklagen der gerichtlichen Überprüfung unterworfen, so dass nicht ersichtlich ist, worin noch ein weitergehendes Feststellungsinteresse liegen soll.

Soweit der Kläger die Feststellungen begehrt, dass ihm bei aktueller Sanktion Stromkosten/Nahrungsmittel/Grundbedürfnisse verfassungswidrig entzogen würden, fehlt es - wie das SG zutreffend dargelegt hat - ebenfalls an der Zulässigkeit einer solchen Feststellungsklage. Auf die Ausführungen im Urteil erster Instanz wird verwiesen. Auch eine vorbeugende Unterlassungsklage gegen Sanktionen in der Zukunft würde voraussetzen, dass ein auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse vorliegt (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., vor § 51 Rdnr. 17 a, § 54 Rdnr. 42 a). Ein solches fehlt, wenn der Betroffene auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (Keller a.a.O. unter Zitierung der st. Rspr.). Vorliegend ist es dem Kläger zumutbar abzuwarten, wann und ob Sanktionsbescheide ergehen, um dann hiergegen ggf. gerichtlich vorzugehen.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG nach vorheriger Anhörung der Beteiligen die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier in Bezug auf die die Einladungsschreiben, Feststellungsanträge bzw. das Unterlassungsbegehren gegeben. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

3. Sanktionsbescheid vom 26.08.2013 (Widerspruchsbescheid vom 24.09.2013) Hinsichtlich des Sanktionsbescheides ist die Berufung bereits unzulässig und war deshalb vom Senat gem. § 158 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich hierzu zu äußern.

Anders als nach der alten Rechtslage folgt aus dem Wortlaut des § 31 b Abs. 1 Satz 1, § 39 Nr. 1 SGB II in der ab dem 01.04.2011 geltenden Fassung, dass Sanktionsbescheide isoliert mit der Anfechtungsklage angefochten werden können und keine rechtliche Einheit mit dem anschließenden Bewilligungsbescheid bzw. mit dem Absenkungsbescheid mehr besteht (s. hierzu Terminbericht des BSG zu B 14 AS 19/14 R vom 29.04.2015, Nr. 18/15; s. auch LSG Bayern, Urteil vom 30.01.2014, L 7 AS 85/13, Juris).

Allerdings wird bezüglich des Sanktionsbescheides der Beschwerdewert i.S.d. § 144 SGG nicht erreicht, so dass die Berufung unzulässig ist. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Da der Sanktionsbescheid lediglich eine Minderung um 10 % des Regelsatzes über drei Monate (38,20 EUR pro Monat) beinhaltet, summiert sich der Beschwerdewert auf lediglich 114,60 EUR. Der Wert des Beschwerdegegenstandes erreicht damit nicht den maßgeblichen Wert von 750,- EUR. Auch handelt es sich nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr. Zwar ist der maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstandes bei mehreren Berufungen gem. § 202 SGG i.V.m. § 5 ZPO zusammen zu rechnen. Doch gilt die Berufungsbeschränkung nur für Klagen, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt zum Gegenstand haben. Insoweit können von einer Zusammenrechnung nach § 5 ZPO auch nur Klagen erfasst sein, die auf eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt gerichtet sind. Andere, also nicht auf die in § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG genannten Streitgegenstände gerichtete Klagen, können hierzu nicht hinzugerechnet werden. Werden im Wege objektiver Klagehäufung - die auch durch eine Verbindung mehrerer ursprünglich selbständiger Klagen nach § 113 SGG entstehen kann - einerseits Ansprüche verfolgt, die Geldleistungen oder hierauf gerichtete Verwaltungsakte zum Gegenstand haben, und andererseits Ansprüche anderer Art, so können die auf diese verschiedenen Ansprüche entfallenden Gegenstandswerte nicht zusammengerechnet werden (s. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.12.2010, L 13 AS 2698/09 NZB m.w.N.; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.04.2013, L 5 AS 434/13 B ER, beide Juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 144 Rdnr. 16 m.w.N). Eine solche Zusammenrechnung schließen Wortlaut und Zweck des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG aus. Sie ziehen der sonst geltenden Grundregel des § 202 SGG i.V.m. §§ 2, 5 ZPO für ihren Sachbereich Schranken. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG regelt das Rechtsmittelverfahren unterschiedlich, je nachdem, ob es sich um eine Klage handelt, die eine Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, oder um eine Klage mit einem anderen Streitgegenstand. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG knüpft für diese Differenzierung an den Streitgegenstand an und erst innerhalb der dort beschriebenen Klagen an den Wert des Beschwerdegegenstandes (s. LSG Baden-Württemberg a.a.O.). Die Beschränkung der Berufungsmöglichkeit hängt also zunächst nicht vom Wert des Beschwerdegegenstandes, sondern vom Streitgegenstand der Klage ab. Damit mag es noch vereinbar sein, den Wert des Beschwerdegegenstandes mehrerer Klagen zusammenzurechnen, die Geldleistungen oder hierauf gerichtete Verwaltungsakte betreffen. Das System des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG würde indes durchbrochen, wenn zum Wert des Beschwerdegegenstandes auch noch der Streitwert von Ansprüchen hinzugerechnet wird, die durch § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht erfasst werden, und es gibt auch kein "Mitziehen" eines zulassungsbedürftigen Teils der Berufung durch einen zulassungsfreien Teil (s. hierzu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.09.2010, L 10 AS 886/10, Juris) Damit führt die hier vorliegende objektive Klagehäufung nicht dazu, dass die Berufung des Kläger in Bezug auf den Sanktionsbescheid deshalb zulässig wäre, weil er gleichzeitig sich auch gegen die Einladungsschreiben wehrt, gegen die die Berufung zulässig ist, weil sie nicht von § 144 SGG erfasst werden.

Im Übrigen ist die Berufung aber auch unbegründet. Diesbezüglich schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen des SG in Bezug auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Sanktionsbescheides an. Hinsichtlich der Einwendungen des Klägers, aus gesundheitlichen Gründen stehe ihm ein wichtiger Grund für das Nichterscheinen zur Seite, wird auf die obigen Ausführungen zum fehlenden Nachweis dieser Gesundheitseinschränkungen verwiesen.

Da im Ergebnis die Berufung gegen den genannten Sanktionsbescheid bereits unzulässig ist und es deshalb auf die Verfassungsmäßigkeit der Sanktionsregelungen nicht ankam, war der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts durch unanfechtbaren Beschluss (§ 177 SGG) abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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