L 1 U 4498/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 520/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4498/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26.09.2014 abgeändert und die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 28.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2013 verurteilt, dem Kläger ab dem 01.11.2012 Verletztenrente nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. zu gewähren.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer weiteren Unfallfolge sowie die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 13.11.2008.

Dem 1961 geborenen Kläger fuhr am 13.11.2008 ein Hubsteiger in die rechte Ferse. Laut Durchgangsarztbericht des Dr. S. vom 17.11.2008 habe er berichtet, in dem getragenen Sicherheitsschuh mit seinem Fuß an die vorne sich befindende Stahlkappe geprallt zu sein. Er habe nun Schmerzen im Bereich des vierten und fünften Zehs. Dr. S. erhob den Befund einer oberflächlichen Hautabschürfung im Bereich der Achillessehne, welche gut tastbar und vollständig erhalten sei, bei intakter peripherer DMS. Ein Hämatom sei im Bereich D4 und D5 am rechten Fuß und interdigital flächig verteilt, hier mäßiger Druckschmerz. Er fand die Beweglichkeit bei vorstehenden sehr ausgeprägten Hammerzehen unauffällig schmerzlos intakt. Das Röntgenergebnis (rechter Vorfuß in zwei Ebenen) sei knöchern ohne Befund gewesen. Es hätten ausgeprägte degenerative Veränderungen oder ein Zustand nach alten Frakturen im Bereich D4 und D5 suprabasal bestanden. Er diagnostizierte eine Vorfußprellung rechts.

Im Rahmen eines am 24.11.2008 durchgeführten CT zeigten sich gemäß dem Bericht des Radiologen Dr. S. (Bl. 799 Verwaltungsakte der Beklagten - VA) Basisfrakturen der Grundglieder der vierten und fünften Zehe, jeweils mit Gelenkbeteiligung und ohne gröbere Dislokation, wobei die Frakturspalten noch klar abzugrenzen seien. Dr. S. kam zu dem Ergebnis, es handle sich offensichtlich demnach um Frakturen jüngeren Datums, noch nicht abschließend konsolidiert.

Am 17.12.2008 bescheinigte Dr. S. den Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit zum 20.12.2008. Am 19.12.2008 stellte sich der Kläger dort wieder vor, klagte über eine Schwellung und nach längerer Belastung auch über Schmerzen im Frakturbereich D IV und V und auch im Bereich des lateralen Mittelfußes (Durchgangsarztbericht vom 22.12.2008, Bl. 8 VA). Ein Kontroll-CT ergab eine diskrete Periostreaktion der offensichtlich mehrere Tage alten Frakturen; zusätzlich fand sich lateral am Cuboid ein kleiner Flake bei älterer, erheblicher Vorschädigung des Tarsometatarsalgelenkes 5 mit älteren, geglätteten Kalzifikationen im Kapselbandapparat um die Spitze des Metatarsale 5 (CT-Bericht des Dr. S. vom 19.12.2008, Bl. 800 VA).

Ab dem 19.01.2009 nahm der Kläger die Arbeit wieder auf und stellte sich am 26.01.2009 erneut mit Schmerzen im Bereich des Calcaneus bei Dr. S. vor. Bei einer erneuten CT-Kontrolle des rechten Fußes zeigten sich ein plantarer und dorsaler Fersensporn und eine sehr ausgeprägte Insertionstendopathie mit Verkalkungen, jedoch keine Fraktur oder andere unfallbedingte Auffälligkeiten im Bereich des Rückfußes. Die vorbekannten alten Frakturen erschienen knöchern weitgehend konsolidiert (Durchgangsarztbericht des Dr. S. vom 27.01.2009, Bl. 24 VA und CT-Befund des Dr. S. vom 26.01.2009,Bl. 801 VA).

Am 04.02.2009 stellte sich der Kläger in der Klinik L. vor und berichtete von einer jetzt völligen Beschwerdefreiheit im Bereich des Vorfußes sowie des Sprunggelenks. Eine Wiederaufnahme der Arbeit scheitere an Rückfußbeschwerden, während die Frakturen D IV und V knöchern konsolidiert seien und dem Kläger keinerlei Beschwerden mehr bereiten würden. Die knöcherne Absprengung im Bereich des Os cuboideum sei alt und vorbestehend (Krankheitsbericht des Dr. W. vom 09.02.2009, Bl. 65 ff. VA).

Ein MRT vom 18.06.2009 wurde von Oberärztin Dr. H. beurteilt wie folgt: "Diskretes Knochenmarködem im Cuboid und in der Basis MFK5 und angedeutet MFK4. Hier sieht man auch deutliche subchondrale zystische Veränderungen gelenknah. Keine eindeutige frische knöcherne Verletzung. Die Veränderung imponiert eher wie eine Arthrose. Keine relevante Weichteilreaktion oder Gelenkerguss. Regelrechte Stellung der abgebildeten Gelenke, insbesondere im Lisfranc-Gelenk. Im Schaft der Mittelfußknochen keine pathologischen Veränderungen." Der Oberarzt der Radiologie des Klinikums M, K., beurteilte die bildgebenden Untersuchungsergebnisse vom 18.11., 24.11. und 03.12.2008 sowie das CT vom 19.12.2008 im Auftrag der Beklagten am 03.08.2009 (Bl. 186 VA). Hiernach zeigten die nach dem Unfall angefertigten Bilder des Vorfußes rechts eindeutig frische Frakturen der Basis der Grundphalanx des vierten und fünften Zehs. Diese frischen Frakturen bestätige auch die CT-Untersuchung vom 19.12.2008. In der Tarsometatarsalebene seien schwere degenerative Veränderungen abzugrenzen, insbesondere lateral im Bereich der Gelenke zwischen Cuboid und Metatarsalia 4 und 5. In dieser Zone fänden sich runde Ossikel, die eher einem alten Trauma zuzuordnen seien, jedoch an einer Stelle auch eine scharfkantig begrenzte knöcherne Absprengung vom Cuboid, die vom CT-Aspekt ebenfalls als frisch einzuordnen sei. Es fänden sich also eindeutig frische traumaassoziierte Frakturen GP dig 4 und GP dig 5 des rechten Fußes und ein Mischbild mit alten degenerativen - am ehesten sekundärarthrotischen - Veränderungen im Bereich des Cuboids mit einer kleinen frischen knöchernen Absprengung vom Os cuboideum.

Auf Veranlassung der Klinik wurden für den Kläger spezielle orthopädische Sicherheitsschuhe angefertigt. Am 06.05.2009 begann der Kläger eine Arbeits- und Belastungserprobung, welche nach mehrmaliger Verlängerung am 02.08.2009 endete (Bl. 168 VA). Danach nahm er seine Tätigkeit als Maschinenschlosser (30 bis 50% in der Werkzeugausgabe, im Übrigen als Staplerfahrer mit Be- und Entladetätigkeiten) wieder auf.

Ein erstes Zusammenhangsgutachten erstattete der Ärztliche Direktor der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie des Klinikums , Prof. Dr. K., am 21.11.2009. Dieser führte aus, das Unfallereignis vom 13.11.2008 sei die alleinige Ursache der Frakturen der vierten und fünften Zehe rechts im Grundgliedbereich gewesen. Weiterhin sei unfallbedingt eine knöcherne Absprengung am Os cuboideum rechts mit fraglicher kleiner Impression der Gelenkfläche am Os cuboideum zum Metatarsale 5 hin entstanden, die nach sorgfältiger Durchsicht der vorliegenden Röntgen- und CT-Bilder als frisch einzuschätzen sei. Diese frische knöcherne Absprengung habe zu einer vorübergehenden Verschlimmerung der Situation am degenerativ-arthritisch veränderten Tarso-Metatarsalgelenk, d.h. der Lisfranc-Gelenkreihe geführt. Dies habe zu einer Verlängerung der Beschwerdedauer und Behandlungsdauer geführt. Die vorbestehende Arthrose im Lisfranc-Gelenk sei durch das Unfallereignis symptomatisch geworden. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) durch die Unfallfolgen bewertete er seit dem 03.08.2009 mit unter 10 v.H.

Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.01.2010 (Bl. 273 VA) die Gewährung von Verletztenrente ab. Als Folgen des Arbeitsunfalls am rechten Fuß erkannte sie in mäßiger Fehlstellung knöchern verheilte Brüche der Grundgliedbasis der vierten und fünften Zehe und eine abgeheilte knöcherne Absprengung am Würfelbein an. Unabhängig vom Arbeitsunfall lägen folgende Beeinträchtigungen vor: Arthrose im Bereich der Fußwurzel- und Mittelfußgelenke (Lisfranc-Gelenkreihe und Chopart-Gelenkreihe) beidseits. Senk-Spreizfußbildung beidseits. Hammerzehen D 3 bis D 5 links, D 4 bis D 5 rechts. Plantarer Fersensporn rechts. Minimaler dorsaler Fersensporn und Haglund-Exostose rechts. Bewegungseinschränkung des rechten und linken oberen und unteren Sprunggelenkes. Besenreiser-Varikosis im Bereich beider Unterschenkel und beider Sprunggelenke. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch nahm der Kläger mit Schreiben vom 10.02.2010 zurück.

Mit Schreiben vom 16.03.2010 beantragte er, den bindend gewordenen Bescheid vom 14.01.2010 nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu prüfen und ihm Verletztenrente zu gewähren. Mit Gutachten vom 12.02.2010 für eine private Versicherung habe Prof. Dr. K. die Unfallfolgen mit einer Minderung der Funktionsfähigkeit von 3/10 festgestellt. Vorschäden würden nicht berücksichtigt. Mit Bescheid vom 08.04.2010 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 14.01.2010 ab. Die Einschätzung von Funktionseinschränkungen für private Versicherungen sei nicht auf die gesetzliche Unfallversicherung übertragbar, da hierfür unterschiedliche Kriterien zugrunde lägen.

Mit Schreiben vom 13.10.2010 stellte der Kläger einen Verschlimmerungsantrag, da die Beschwerden nach wie vor erheblich seien. Hierauf erstattete Prof. Dr. G., Direktor der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie der Klinik L, am 29.03.2011 ein Zweites Rentengutachten über den Kläger (Bl. 362 VA). Er beschrieb einen flüssigen Gang barfuß. Die Fußsohlenbeschwielung sei seitengleich. Wesentliche Umfangsdifferenzen hätten sich bei der Untersuchung nicht gefunden; die Sensibilität sei beidseits intakt. Als Unfallfolgen fänden sich noch geringe posttraumatische Veränderungen im Bereich der vierten und fünften Zehe des rechten Fußes und eine abgeheilte Absprengung im Bereich des Tarsomatatarsalgelenkes rechts. Unfallunabhängig bestünden ein beidseitiger Senkspreizfuß, arthritische Veränderungen im Lisfranc- und Chopard-Gelenk, ein vorbestehender Fersensporn, Besenreißer, Varizen beidseits und eine Bewegungseinschränkung des unteren Sprunggelenkes beidseits. Durch die Unfallfolgen werde die Erwerbsfähigkeit um weniger als 10 v.H. herabgesetzt. Eine wesentliche Änderung zu den Vorbefunden sei nicht eingetreten.

Gestützt hierauf teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 28.06.2011 (Bl. 370 VA) mit, dass wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls weiterhin kein Anspruch auf Rente bestehe. Bei erneuter Rentenüberprüfung seien am rechten Bein folgende Unfallfolgen festgestellt worden: Geringe posttraumatische Veränderungen im Bereich der vierten und fünften Zehe. Abgeheilte Absprengung im Bereich des Würfelbeines. Hinsichtlich der zahlreichen unfallunabhängigen Erkrankungen, welche ursächlich für seine jetzt geltend gemachten Beschwerden seien, werde auf den Bescheid vom 14.01.2010 verwiesen.

Hiergegen legte der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 11.07.2011 Widerspruch ein. Der Bescheid habe den Kläger überrascht, nachdem in Abstimmung mit der BG-Klinik L. am 17.08.2011 eine weitere Operation anstehe, in welcher eine Versteifung der Mittelfußknochen behandelt werden solle. Prof. Dr. K. habe in seinem Zusammenhangsgutachten vom 21.11.2009 und in dem weiteren Gutachten für eine private Versicherung vom 12.02.2010 ausgeführt, dass durch den Arbeitsunfall vom 13.11.2008 nicht nur eine Fraktur der vierten und fünften Zehe rechts mit Beteiligung des Grundgelenkes vorgelegen habe, sondern auch eine knöcherne Absprengung am Tarso-Metatarsalgelenk rechts. Auch die Prellung des Rückenfußes rechts im Achillessehnenbereich sei festgestellt worden. Durch die knöcherne Absprengung am Os cuboideum sei es zu einer Aktivierung der Fußwurzelarthrose gekommen. Dies bedeute nichts anderes, als dass der Arbeitsunfall eine weitere Gesundheitsbeschädigung ausgelöst oder zumindest mitverursacht habe. Dies sei für eine Kausalität ausreichend. Hiernach erschließe sich nicht, wenn Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 21.11.2009 nur eine MdE von weniger als 10 v.H. festsetze. Derselbe Gutachter komme im Gutachten vom 12.02.2010 zu einer Gesundheitsschädigung von 20 v.H. und setze für den Bereich der privaten Unfallversicherung eine Funktionsbeeinträchtigung von 3/10 fest.

In den Berichten der Klinik L. vom 22.06.2011 und 07.07.2011 (in letzterem nach CT des Fußes/der Fußwurzel rechts vom 05.07.2011) wurde die Diagnose einer posttraumatischen Lisfrancarthrose im Bereich der lateralen Säule rechts nach MFK-Fraktur vom November 2008 gestellt. Der Kläger sei unter regelmäßiger Schmerzmitteleinnahme arbeitsfähig und klage vor allem über belastungsabhängige Beschwerden. Zusammenfassend handele es sich um die Folgen einer MFK 4 und 5-Fraktur aus dem Jahr 2008.

Am 18.08.2011 wurde in der Klinik L. eine laterale Lisfrancarthrodese rechts, MT 4/5 Basis und Os cuboideum durchgeführt (Entlassungsbericht vom 29.08.2011, Bl. 402 VA). Im weiteren Verlauf kam es zur Ausbildung schmerzhafter Beschwerden; der Kläger blieb zunächst arbeitsunfähig (ausführlicher Krankheitsbericht der Klinik L. vom 12.01.2012). Nachfolgend zeigte sich die Ausbildung eines Falschgelenkes, sodass am 18.04.2012 in der Klinik L. eine Rearthrodese des Lisfranc-Gelenkes vorgenommen wurde (Entlassungsbericht vom 04.06.2012). Nachdem Anfragen der Beklagten an Prof. Dr. G. zur Unfallbedingtheit der vorgenommenen operativen Maßnahmen unbeantwortet blieben, veranlasste die Beklagte eine weitere Begutachtung durch den Unfallchirurgen Dr. C ... Dieser gelangte im Gutachten vom 20.08.2012 (Bl. 631 VA) zu dem Ergebnis, dass zum Unfallzeitpunkt unfallunabhängig erhebliche degenerative Veränderungen im Bereich der Chopart’schen - und der Lisfranc’schen Gelenklinie rechts bestanden hätten, wobei im November 2009 entsprechende Veränderungen auch links röntgenologisch nachgewiesen worden seien. Unfallbedingt sei es zu einer Rückfußprellung mit verheilter knöcherner Aussprengung aus dem Würfelbein und intraartikulären Grundgliedbasisfrakturen D 4 und D 5 rechts gekommen. Unfallunabhängig seien arthrotische Veränderungen in der Lisfranc’schen und Chopart’schen Gelenklinie, ebenfalls Senk-Spreizfüße mit Hammerzehenbildung und ein Fersensporn rechts. Die MdE ab dem Beginn der Arbeitsfähigkeit (03.08.2009) betrage unter 10 v.H. Der Beratungsarzt der Beklagten, der Unfallchirurg Dr. S., stimmte mit Stellungnahme vom 15.10.2012 (Bl. 674 VA) dem Zusammenhangsgutachten des Dr. C. inhaltlich voll zu. Die ab Juni 2011 erfolgte Behandlung sei auf die unfallunabhängigen degenerativen Veränderungen in der Lisfranc’schen Gelenklinie zurückzuführen. Gestützt auf das Gutachten des Dr. C. wies hierauf die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013 (Bl. 685 VA) zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 12.02.2013 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und zur Begründung neben dem Gutachten des Prof. Dr. K. vom 12.02.2010 auf ein weiteres Gutachten Bezug genommen, welches Prof. Dr. A., Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall-, Wiederherstellungschirurgie und Orthopädie des Klinikums L., am 05.04.2012 ebenfalls für die A. Versicherung erstellt hatte. Dieser habe ebenfalls bei schon vorbestehenden degenerativen Veränderungen im Bereich beider Füße eine posttraumatische laterale Lisfranc-Arthrose rechts bestätigt. Der unfallunabhängige Anteil an der Gesundheitsschädigung werde auf 20% eingeschätzt, die Minderung der Gebrauchsfähigkeit des rechten Fußes mit 3/10. Bereits Prof. Dr. K. habe im Gutachten vom 12.02.2010 ausgesagt, dass durch den Arbeitsunfall nicht nur eine Fraktur der vierten und fünften Zehe rechts mit Grundgelenksbeteiligung vorgelegen habe, sondern auch eine knöcherne Absprengung am Tarso-Metatarsalgelenk rechts, wodurch es zu einer Aktivierung der Fußwurzelarthrose gekommen sei. Aufgrund dessen sei zumindest die Verstärkung der Arthrose und Mitverursachung durch den Unfall hinreichend wahrscheinlich. Der Kläger könne immer noch nicht ohne Gehstützen laufen. Zwischenzeitlich sei das Arbeitsverhältnis krankheitsbedingt beendet worden, da der ehemalige Arbeitgeber dem Kläger als Maschinenschlosser keinen leidensgerechten Arbeitsplatz habe anbieten können.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat unter Verweis auf die Stellungnahme des Radiologen K. vom 03.08.2009 darauf hingewiesen, dass bereits zeitnah zu dem Unfall schwere degenerative Veränderungen in der Tarsometatarsalebene nachgewiesen worden seien, insbesondere lateral im Bereich zwischen Keilbein und Mittelfußknochen 4 und 5. Eine Arthrose entwickle sich nicht innerhalb von wenigen Tagen, sondern sei ein schleichender Prozess.

Der vom SG beauftragte Sachverständige, der Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. P., ist in seinem Gutachten vom 10.10.2013 zu der Schlussfolgerung gelangt, dass das Unfallereignis ungeachtet der erheblichen seitengleich ausgeprägten degenerativen Veränderungen der Tarsometatarsalgelenke zu einer Aktivierung der vorbestehenden Arthrose insbesondere in den Gelenken zwischen Würfelbein und den Basen des vierten und fünften Mittelfußknochens (Linfranc’sches Gelenk) geführt habe. Dass tatsächlich eine Verletzung in diesem Bereich abgelaufen sei, erkläre sich aus dem Unfallmechanismus mit über den Rückfuß eingeleiteter heftiger Stauchungsverletzung im Sinne einer sogenannten Kettenläsion sowie aus den in der unfallnah durchgeführten Kernspintomographie eindeutig zu erkennenden, wenn auch nicht sonderlich stark ausgeprägten, Impressionen der Gelenkfläche des Würfelbeins und der korrespondierenden Stelle an der Basis der Metatarsale 5. Bei dieser Läsion handle es sich nicht um die lateral des Würfelbeins gelegene Verkalkung, die an anderer Stelle auch auf der Gegenseite im Wesentlichen in gleicher Form und Größe zur Darstellung komme, sondern um eine unter Beteiligung der Gelenkfläche abgelaufene Impression. Kernspintomographisch sei auch eine Ödembildung noch mehrere Monate nach dem Unfallereignis nachgewiesen. Die Höhe der unfallbedingten MdE betrage bereits ab dem 03.08.2009 bis zu der am 18.08.2011 durchgeführten Arthrodese 20 v.H.; auch ab dem 01.08.2012 bis auf Weiteres sei die MdE mit 20 v.H. einzuschätzen.

Hierauf hat die Beklagte am 12.12.2013 Einwendungen ihres beratenden Arztes Dr. C. (Stellungnahme vom 04.12.2013, Bl. 101 SG-Akte) vorgelegt: Der von Prof. Dr. K. für den verzögerten Heilungsverlauf angegebene Zeitraum bis zum 02.08.2009 sei sicher sehr lang, könne aber akzeptiert werden. Bei Abschluss der Behandlung seien die Brüche fest verheilt gewesen. Selbst wenn man von einer kleinen Stufenbildung in der Gelenkfläche des Würfelbeines als Unfallfolge ausgehe, lasse sich eine richtunggebende Verschlimmerung der Arthrose im Bereich der Lisfranc’schen Gelenklinie damit nicht begründen. Dies insbesondere auch deshalb nicht, weil im November 2009 röntgenologisch ähnliche Veränderungen im Bereich der linken Fußwurzel nachgewiesen worden seien. Im Wesen der Arthrose sei begründet, dass sie fortschreite und irgendwann symptomatisch werde, wozu es eines äußeren Ereignisses nicht bedürfe. Außerdem übersehe Dr. P., dass nur der Verschlimmerungsanteil, bezogen auf die Vorerwerbsfähigkeit, die mit 100% anzusetzen sei, zu entschädigen sei. Es sei also zu fragen, welcher Anteil des allgemeinen Arbeitsmarktes dem Kläger bereits vor dem Unfall verschlossen gewesen sei und welcher Anteil des ihm zum Unfallzeitpunkt noch zur Verfügung stehenden Arbeitsmarktes unfallbedingt verschlossen gewesen sei. Eine solche Abgrenzung sei aus den Darlegungen des Dr. P. nicht zu erkennen. Dieser begründe seine MdE-Schätzung damit, dass die Belastbarkeit des rechten Beines nach Versteifungsoperation deutlich schlechter einzuschätzen sei, als die Versteifung eines Großzehengrundgelenks in Neutralstellung, welche mit einer MdE von 10 v.H. bewertet werde. Nach Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, sei eine Versteifung des unteren Sprunggelenks in Funktionsstellung mit einer MdE von 15 v.H. angegeben, eine Versteifung des vorderen unteren Sprunggelenks werde nur mit 10 v.H. bewertet. Im konkreten Schadensfall lägen deutlich günstigere Verhältnisse vor.

Das SG hat Dr. P. zur Stellungnahme hierzu aufgefordert. Dieser hat am 19.02.2014 (Bl. 111 ff. VA) zum Vorbringen hinsichtlich der "kleinen Stufenbildung in der Gelenkfläche des Würfelbeins als Unfallfolge" ausgeführt, dass bei infolge vorbestehender degenerativer Veränderungen gestörter Mechanik im Bereich der Fußwurzel diese zusätzliche unfallbedingte Veränderung nicht vernachlässigt werden könne, zumal ausweislich der Kernspintomographien die Basis des fünften Metatarsale mitbetroffen sei, mit nachfolgend auch eintretenden Vernarbungen im Bereich der Gelenkkapsel. Insbesondere im Hinblick auf die bereits zum Unfallzeitpunkt auch schon auf der Gegenseite vorliegenden entsprechenden degenerativen Veränderungen könne das Unfallereignis im Hinblick auf die jetzt an der rechten unteren Extremität vorliegende Situation nicht hinweggedacht werden, sondern habe ausschlaggebende Bedeutung für die derzeit bestehende schmerzhafte Minderbelastbarkeit. Die von Dr. C. zutreffend zitierten MdE-Sätze bezögen sich auf eine stabile Situation mit vollständiger knöcherner Konsolidierung. Von einer derart stabilen Situation sei aber, worauf er in seinem Gutachten im Hinblick auf den aktuellen Röntgenbefund mit Schraubenbruch ausführlich hingewiesen habe, eben nicht auszugehen. Die beim Kläger vorliegende Situation sei mindestens ebenso ungünstig zu beurteilen wie eine ansonsten fest verheilte und vollbelastbare Versteifung des oberen Sprunggelenks im Winkel von 90 bis 100 ° und darüber hinaus durchaus auch vergleichbar mit einer Versteifung des unteren Sprunggelenks mit schmerzhafter Wackelsteife, die mit einer MdE von bis zu 30 zu bewerten sei. Durch das angeschuldigte Ereignis sei es zu einer richtungsweisenden Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens mit nachfolgend eingetretener MdE in rentenberechtigendem Ausmaß gekommen. Diese bestehe mindestens bis zu einer tatsächlichen Konsolidierung der Arthrodese fort, was ohne einen weiteren operativen Eingriff auf absehbare Zeit nicht eintreten werde.

Mit Urteil vom 26.09.2014 hat das SG die Beklagte verurteilt, als weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 13.11.2008 eine Arthrose in den Gelenken zwischen Würfelbein und den Basen des vierten und fünften Mittelfußknochens im Sinne der richtunggebenden Verschlimmerung anzuerkennen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Gestützt auf die Schlussfolgerungen von Dr. P., Prof. Dr. K. und die Diagnose in den Berichten der Klinik L. vom 07.07.2011 und 23.08.2011 hat das SG es als wahrscheinlich angesehen, dass der Arbeitsunfall die vorbestehende Arthrose in den Gelenken zwischen Würfelbein und den Basen des vierten und fünften Mittelfußknochens, mithin dem sogenannten Lisfranc’schen Gelenk, richtunggebend verschlimmert hat, weshalb als weitere Unfallfolge eine Arthrose in den Gelenken zwischen Würfelbein und den Basen des vierten und fünften Mittelfußknochens im Sinne der richtunggebenden Verschlimmerung anzuerkennen sei. Die von Dr. P. beschriebenen Befunde am Fuß rechts bedingten zwar insgesamt eine MdE um 20 v.H., nicht jedoch eine unfallbedingte MdE um 20 v.H. Im Falle der Verschlimmerung eines vorbestehenden Gesundheitsschadens durch einen Arbeitsunfall sei nicht der Endbefund der Beurteilung der MdE zugrunde zu legen, sondern dieser sei rechtlich aufzuteilen in den allein vor dem Arbeitsunfall bestehenden und den danach gegebenen, durch eine wesentliche Verschlimmerung bedingten Teil. Davon ausgehend sei neben dem Vorschaden MdE-mindernd zu berücksichtigen, dass auch vom Sachverständigen Dr. P. weitere arbeitsunfallunabhängige Befunde am Fuß rechts beschrieben worden seien, die ebenfalls die Belastungsfähigkeit des Fußes minderten. Dies betreffe die Fußdeformität mit weitgehendem Verlust des Längsgewölbes mit möglichen Verstärkungen durch die dokumentierte Adipositas permagna des Klägers von über 150 kg. Eine Pseudarthrosenbildung nach zweimaliger Versteifungsoperation des lateralen Anteils der Fußwurzel rechts könne bei der Beurteilung der unfallbedingten MdE nicht berücksichtigt werden, da eine solche zweifelsfrei nicht nachgewiesen sei. Dr. P. habe insoweit nur eine Verdachtsdiagnose stellen können.

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 08.10.2014 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.11.2014 Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, der Rechtsauffassung des Sozialgerichts zur Frage der Kausalität sei nicht zu folgen. Das SG verstoße gegen den Grundsatz, dass die Entstehung einer Krankheit als rechtliche Einheit betrachtet werden müsse. Eine Teilung des durch die Schädigung erstmals entstandenen Gesundheitsschadens danach, inwieweit er auf jener und inwieweit er auf schädigungsunabhängigen Faktoren beruhe, sei dem Unfallversicherungsrecht fremd. Auch wenn es um eine Verschlimmerung eines möglicherweise objektivierbar bereits angelegten Vorschadens gehe, sei doch festzustellen, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers vor dem Unfall durch das Leiden (d.h. die Arthrose) nicht messbar gemindert gewesen sei. Der Kläger habe vor dem Arbeitsunfall keine Fehlzeiten und keine Probleme mit der latent vorhandenen Arthrose in seinem Fuß gehabt. Er habe diese auch nicht behandeln lassen. Fehle es an einer vorher bestehenden messbaren Beeinträchtigung, sei davon auszugehen, dass der Gesamtzustand zu entschädigen sei, weil die gesamte MdE vom Unfall herrühre und in der Regel nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gesagt werden könne, dass sich auch ohne diesen Unfall eine Krankheit oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit entwickelt hätten. Wenn das SG darauf abstelle, dass der Kläger ungünstige Bedingungen mitbringe, wie einen Senkfuß und erhebliches Übergewicht von 150 kg, so wirkten sich diese Bedingungen bei beiden Füßen gleich aus. Trotzdem habe man weder einen Vorschaden am linken Fuß in erheblichem Umfang festgestellt, noch habe sich dort die Arthrose wie am rechten Fuß entwickelt. Der Kläger schone seinen rechten Fuß und benutze Gehhilfen, belaste also den linken Fuß mehr. Zu erwarten seien deshalb höhere Anzeichen einer Arthrose und Belastungsschäden am linken Fuß. Ein solches Ergebnis finde sich jedoch in keinem der eingeholten Gutachten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26.09.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 28.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2013 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 13.11.2008 Verletztenrente nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. ab 01.11.2012 zu gewähren, sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26.09.2014 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen, sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hat gegen das ihr bereits am 06.10.2014 zugestellte Urteil am 29.10.2014 Berufung eingelegt und vertritt die Auffassung, dass es aufgrund des Arbeitsunfalls vom 13.11.2008 nicht zu einer richtunggebenden Verschlimmerung der Arthrose in den Gelenken zwischen dem Würfelbein und den Basen des vierten und fünften Mittelfußknochens gekommen sei. Bei der Auswertung der zeitnah zu dem Unfall erstellten Röntgenaufnahmen vom 18.11., 24.11. und 03.12.2008 sowie den CT-Aufnahmen vom 19.12.2008 habe der die Beklagte beratende Radiologe schwere degenerative Veränderungen in der Tarsometatarsalebene gesehen. Auch wenn der Kläger angebe, vor dem Ereignis vom 13.11.2008 keine Beschwerden gehabt zu haben, sprächen die bereits deutlich ersichtlichen Arthrosezeichen dagegen. Zudem könnten die Frakturen der Zehen 4 und 5 keinen Einfluss auf eventuelle Veränderungen im Bereich der Lisfranc’schen Gelenklinie (Gelenklinie zwischen Fußwurzel und Mittelfußknochen = Tarsometatarsalebene) haben. Dies könne lediglich infolge der kleinen knöchernen Absprengung erfolgt sein. Prof. Dr. K. sei in seinem ersten Rentengutachten vom 21.11.2009 insoweit zu dem Ergebnis gelangt, dass es infolge der frischen knöchernen Absprengung am Cuboid zu einer vorübergehenden Verschlimmerung der Situation am degenerativ-arthrotisch veränderten Tarsometatarsalgelenk, d.h. der Lisfranc-Gelenkreihe gekommen sei. Dies habe zu einer Verlängerung der Beschwerdedauer und Behandlungsdauer geführt; eine richtunggebende Verschlimmerung sei verneint worden.

Im Termin vom 25.03.2015 wurde der Rechtsstreit mit den Beteiligten erörtert. Ein widerruflich geschlossener Vergleich wurde von der Beklagten widerrufen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144 und 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet (dazu unten B.). Demgegenüber ist die Berufung der Beklagten zwar zulässig, weil ebenfalls statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt, aber nicht begründet (dazu unten A.).

Die Klage ist, soweit sie auf die Gewährung von Verletztenrente gerichtet ist (Berufungsbegehren des Klägers) als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG zulässig. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 28.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2013, mit welchem die Beklagte den im Schreiben vom 13.10.2010 erneut gestellten und diesmal mit einer Verschlimmerungsanzeige verbundenen Antrag auf Gewährung von Verletztenrente zum wiederholten Male (weiterhin) abgelehnt hat.

Soweit sich die Beklagte mit ihrer Berufung gegen den sie belastenden Ausspruch im Urteil des SG vom 26.09.2014 richtet, liegt dem eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zugrunde (zum Wahlrecht zwischen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage bzw. Anfechtungs- und Feststellungsklage vgl. BSG Urteil vom 27.04.2010 – B 2 U 23/09 R –, Rn. 9, ebenfalls Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 11. Auflage 2014, § 55 Rn. 13c).

A. Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das SG hat die Beklagte zu Recht verpflichtet, als weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 13.11.2008 eine Arthrose in den Gelenken zwischen Würfelbein und den Basen des 4. und 5. Mittelfußknochens im Sinne einer richtunggebenden Verschlimmerung anzuerkennen.

Nach § 26 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte wegen nachgewiesener Gesundheitsschäden, deren wesentliche Ursache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Versicherungsfall ist, Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld, § 45 SGB VII, und Rente, § 56 SGB VII). Nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente; die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern, § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII.

Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist zwar keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, aber für die Gewährung einer Verletztenrente (st. Rspr., etwa BSG, Urteil vom 12.05.2009 – B 2 U 11/08 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr. 34, Urteil vom 12.12.2006 – B 2 U 1/06 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr. 21, BSGE 98, 20-26). Sowohl für die die haftungsbegründende als auch die haftungsausfüllende Kausalität gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung sowie der Beweismaßstab der - überwiegenden - Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R - , SozR 4-2700 § 8 Nr. 12). Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R -, BSGE 94, 269). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 m.w.N.; BSG, Urteil vom 30.01.2007 - B 2 U 8/06 R - UV-Recht Aktuell 2007, 860).

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist Senat davon überzeugt, dass der Arbeitsunfall vom 13.11.2008 die vorbestehende Arthrose in den Gelenken zwischen Würfelbein und den Basen des 4. und 5. Mittelfußknochens, dem sog. Lisfranc’schen Gelenk, richtunggebend verschlimmert hat. Der Kläger hat dadurch, dass ihm am 13.11.2008 ein Hubstapler in die rechte Ferse gefahren ist, eine auf den Rückfuß einwirkende Stauchungsverletzung des rechten Fußes mit daraus resultierender knöcherner Verletzung der zum V. Metatarsale hin gelegenen Gelenkfläche des Würfelbeins erlitten. Der Senat stützt seine Überzeugung insoweit auf das schlüssige und nachvollziehbare Gutachten des Dr. P ... Bereits Prof. Dr. K. vom 21.11.2009 hat, worauf Dr. P. zutreffend hingewiesen hat, in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass es neben knöchern in mäßiger Fehlstellung verheilten Frakturen der Grundgliedbasis D4 und D5 am rechten Fuß durch den Unfall auch zu einer knöcherne Absprengung am Os cuboideum rechts mit kleiner Impression der Gelenkfläche zur Metatarsale 5 gekommen ist. Diese kleine frische knöcherne Absprengung hat auch der die Beklagte beratende Radiologe K. in seiner Stellungnahme vom 03.08.2009 beschrieben und von alten degenerativen – am ehesten sekundärarthrotischen – Veränderungen im Bereich des Cuboids, insbesondere lateral im Gelenkbereich zwischen Cuboid und den Metatarsalia 4 und 5, abgegrenzt. Die Kernspinbilder belegen nicht nur die unter Beteiligung der Gelenkfläche abgelaufene Impression, sondern auch die Folgen einer nicht unerheblichen Gewalteinwirkung auf das Gelenk im Sinne einer noch mehrere Monate nach dem Unfallereignis kernspintomographisch erkennbaren Ödembildung. Die Schlussfolgerung von Dr. P., dass es gerade hierdurch zu einer Aktivierung der vorbestehenden erheblichen degenerativen Veränderungen gekommen ist, erscheint dem Senat auch deshalb nachvollziehbar, als auf der Gegenseite (bis auf die knöcherne Absprengung am Os cuboideum rechts mit kleiner Impression der Gelenkfläche links) zur Metatarsale 5 vergleichbar schwere degenerative Veränderungen bestehen, worauf auch der Beratungsarzt Dr. C. in seiner Stellungnahme vom 04.12.2013 hingewiesen hat, das linke Bein jedoch weiterhin beschwerdefrei und voll gebrauchsfähig ist.

Das Ereignis vom 13.11.2008 hat auch mit Wahrscheinlichkeit zu einer erheblichen und andauernden – richtunggebenden – Verschlimmerung der bis zu dem streitbefangenen Arbeitsunfall vom 13.11.2008 stummen (asymptomatischen) Arthrose geführt. Auch in den Berichten der Klinik L. vom 22.06.2011 und vom 07.07.2011 gingen die behandelnden Ärzte von der Diagnose einer posttraumatischen Lisfrancarthrose aus. Die trotz Versorgung mit orthopädischen Schuhen seit dem Unfall bestehenden belastungsabhängigen Beschwerden haben letztlich zu einer auf Empfehlung der Klinik L. durchgeführten Versteifungsoperation geführt (laterale Lisfrancarthrodese rechts vom 18.08.2011), die nach Falschgelenkbildung am 18.04.2012 wiederholt werden musste (Rearthrodese des Lisfranc-Gelenkes). Eine Stabilisierung konnte gleichwohl nicht erreicht werden, denn nach Schraubenbruch besteht weiterhin eine knöchern instabile Situation im medialen Anteil des Lisfranc’schen Gelenks. Die schmerzhaften Bewegungseinschränkungen haben sich zu keinem Zeitpunkt nachhaltig gebessert, weshalb der Senat die am 21.11.2009 geäußerte Einschätzung des Prof. Dr. K., wonach die knöcherne Absprengung zu einer nur vorübergehenden Verschlimmerung der Situation am Metatarsalgelenk geführt habe, als widerlegt ansieht und sich Dr. P. anschließt, welcher zu der Schlussfolgerung gelangt ist, dass das Ereignis vom 13.11.2008 das vorbestehende – aber asymptomatische – arthrotische Leiden richtunggebend verschlimmert hat.

B. Die Berufung des Klägers ist begründet. Die Gesundheitsstörungen, deren wesentliche Ursache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit der Arbeitsunfall vom 13.11.2008 ist, mindern den Kläger jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum seit dem 01.11.2012 um 20 v.H. in seiner Erwerbsfähigkeit, weshalb er Anspruch auf die Gewährung von Verletztenrente hat. Der Befund, welcher Grundlage für die MdE-Beurteilung des Senats ist, ist seit dem 15.11.2011 nachgewiesen. Dr. B. hat nach Abnahme des Gipses und einigen Tagen Vollbelastung nach der am 18.08.2011 durchgeführten lateralen Lisfranc-Arthrodese rechts am 15.11.2011 den Befund einer starken Schwellung des rechten Beines erhoben (Bericht vom 22.11.2011, Bl. 457 VA). Eine vollständige knöcherne Durchbauung der Arthrodese wurde nachfolgend nicht erreicht (vgl. Bericht des Dr. B. vom 23.12.2011, Bl. 469 VA, ebenso Bericht von Dr. T., Klinik L., vom 12.01.2012, Bl. 500 ff. VA). Der Kläger klagte auch nach Beendigung der komplex stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik L. vom 31.01.2012 bis 21.02.2012 weiterhin über brennende und stechende Schmerzen, es zeigte sich eine Weichteilschwellung und der Kläger blieb schmerzbedingt auf die Nutzung von Unterarmgehstützen angewiesen (vgl. Bericht vom 29.02.2012, Bl. 522 [524]). Dr. K., leitender Arzt der Abteilung für berufsgenossenschaftliche Rehabilitation und Heilverfahrenssteuerungen der Klinik L., hat deshalb in seinem Bericht die Auffassung vertreten, dass eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Ausmaß zumindest vorübergehend bestehen werde. Nachdem sich auch durch die Rearthrodese vom 18.04.2012 keine anhaltende Befundbesserung eingestellt hat, sondern der Kläger, wovon der Senat gestützt sowohl auf den Bericht von Dr. B. vom 10.07.2012 (Bl. 587 VA) und das Gutachten des Dr. P. überzeugt ist, ohne Gehstützen nur wenige Schritte gehen kann und schmerzbedingt in seiner Gehfähigkeit erheblich eingeschränkt ist, hat sich dieses Befundbild perpetuiert. Zwar hat Dr. P. in seinem Gutachten diagnostisch nur den Verdacht einer Pseudarthrose geäußert, sicher fest steht aber, dass die Gelenklinie auch nach dem letzten Eingriff noch zu erkennen ist, sofern sie nicht von Osteosynthesematerial überlagert ist; nachgewiesen ist zur Überzeugung des Senats auch ein Schraubenbruch und eine fortdauernde Minderbelastbarkeit der rechten unteren Extremität, denn es liegt eine Verschmächtigung des Weichteilmantels sowie eine weniger stark ausgeprägte Beschwielung der Fußsohle rechts vor. Der Kläger kann ohne Gehstützen nur relativ kurze Zeit frei stehen und nur wenige Schritte gehen.

Seit dem 15.11.2011 besteht somit das beschriebene knöchern instabile und schmerzhafte Befundbild am rechten Fuß, welches, und auch insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des Sachverständigen Dr. P. an, mit einer MdE von 20 v.H. zu bewerten ist.

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.6.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Der Befund, der sich am rechten Fuß des Klägers nach der Arthrodese vom 18.08.2011 entwickelt hat und auch durch die Rearthrodese vom 18.04.2012 nicht verbessert werden konnte, ist in seinen Auswirkungen vergleichbar mit einer Versteifung des unteren Sprunggelenks mit schmerzhafter Wackelsteife, die nach Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, mit einer MdE von 20 bis 30 v.H. zu bewerten ist. Auch insoweit stützt sich der Senat auf die Ausführungen von Dr. P ... Die Einwendungen von Dr. C., der u.a. anführt, bei Versteifung des unteren Sprunggelenks in Funktionsstellung betrage die MdE 15 v.H., die Versteifung des vorderen unteren Sprunggelenks sogar nur 10 v.H., wobei vorliegend deutlich günstigere funktionelle Verhältnisse vorlägen, überzeugen deshalb nicht, weil er die schmerzhafte Instabilität, die maßgeblich dafür ist, dass der Kläger seinen Fuß trotz orthopädischer Schuhe nicht normal einsetzen kann und wegen erheblicher Schmerzen auf Gehstützen angewiesen ist, nicht hinreichend berücksichtigt.

Es haben beim Kläger zum Unfallzeitpunkt auch keine Vorschäden vorgelegen, die es rechtfertigen würden, vorliegend einen "Abschlag" auf die festgestellte MdE vorzunehmen, wie vom SG vertreten. Bestanden bei dem Versicherten vor dem Versicherungsfall bereits gesundheitliche, auch altersbedingte Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit (sog. Vorschäden), werden diese nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und der einhelligen Auffassung in der Literatur für die Bemessung der MdE berücksichtigt, wenn die Folgen des Versicherungsfalles durch die Vorschäden beeinflusst werden. Denn Versicherte unterliegen mit ihrem individuellen Gesundheitszustand vor Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (BSGE 63, 207, 211, 212 = SozR 2200 § 581 Nr. 28). Dies verlangt § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wonach die "infolge" des Versicherungsfalls eingetretene Beeinträchtigung des Leistungsvermögens und die dadurch verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens maßgeblich sind (BSG Urteil vom 05.09.2006 – B 2 U 25/05 R –, SozR 4-2700 § 56 Nr. 2, juris, Rn. 11 ff.). Dass für die Bewertung der MdE nicht auf eine gesunde Vergleichsperson, sondern auf die individuellen Verhältnisse des Versicherten abgestellt wird, hat nichts mit Kausalitäts- oder Zurechnungserwägungen zu tun, sondern beruht darauf, dass sich der Versicherungsschutz auf die Person des Versicherten und seine körperlichen und geistigen Fähigkeiten im Zeitpunkt des Versicherungsfalls bezieht und die speziell bei ihm durch den Versicherungsfall hervorgerufene Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens entschädigt werden soll.

Typischerweise ist eine derartige Beeinflussung anzunehmen, wenn durch zwei Schäden bzw Erkrankungen dasselbe Organ oder dieselbe Körperfunktion betroffen ist, was insbesondere bei paarigen Organen anzunehmen ist (Augen, Ohren). Auch wenn ein bestimmtes Organ z.B. die Lunge durch eine Tuberkulose vorgeschädigt ist und die Berufskrankheit der Silikose hinzutritt (vgl. BSGE 9, 104, 110), kann die Lungenfunktion insgesamt schwerer betroffen sein als bei einem bis auf die Silikose lungengesunden Versicherten. Unter Umständen kann die Folge einer Berufskrankheit oder eines Arbeitsunfalls für die MdE beim Zusammentreffen mit einem Vorschaden weniger gewichtig sein, z.B. wenn ein durch einen Privatunfall Fußamputierter durch einen Arbeitsunfall den Unterschenkel verliert. Indes ist die Berücksichtigung von Vorschäden keineswegs auf die Schädigung paariger Organe oder die Betroffenheit desselben Organs oder derselben Körperfunktion beschränkt. Auch andere Vorschäden, die die Erwerbsfähigkeit beeinträchtigen, können im Sinne einer Beeinflussung Auswirkungen auf die durch den Versicherungsfall selbst hervorgerufene Einschränkung der Leistungsfähigkeit haben. Es liegt auf der Hand, dass eine wechselseitige Beeinflussung von Vorschäden und Unfallschäden mit Auswirkungen auf das körperliche und geistige Leistungsvermögen und damit auf die Arbeitsmöglichkeiten im allgemeinen Erwerbsleben auch in anderen Fallgestaltungen berücksichtigt werden muss. So kann etwa ein durch einen privaten Unfall beinamputierter und daher auf den Gebrauch von Gehstützen angewiesener Mensch durch ein beruflich erworbenes Hautleiden, welches ihm den Gebrauch der Gehstützen erschwert, stärker betroffen sein, als ein beingesunder Versicherter mit einem gleichen Hautleiden. Die Beurteilung derartiger (wechselseitiger) Beeinflussungen obliegt in erster Linie dem medizinischen Sachverständigen.

Für die Bemessung der MdE bei Vorschäden ist die bei dem Verletzten vor dem Versicherungsfall bestandene Erwerbsfähigkeit zugrunde zu legen und mit 100 v.H. einzusetzen. Die durch den Versicherungsfall bedingte Einbuße dieser individuellen Erwerbsfähigkeit ist in einem bestimmten Prozentsatz davon auszudrücken (vgl. BSG Urteil vom 05.09.2006, a.a.O., Rn. 12 bis 16 m.w.N.).

Für den Senat steht aufgrund der Einlassungen des Klägers im Erörterungstermin vom 25.03.2015 und in der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2015 bei Fehlen jeglicher Anhaltspunkte für eine ärztliche Behandlung von Fußbeschwerden rechts vor dem in Frage stehenden Unfallereignis vom 13.11.2008 fest, dass er trotz der seitengleich am rechten und linken Fuß bestehenden Fußdeformität mit weitgehendem Verlust des Längsgewölbes und verbreitertem Vorfuß und der ebenfalls bereits zum Unfallzeitpunkt seitengleich bestehenden deutlichen Verschleißveränderungen im Bereich des lateralen Anteils des Lisfranc’schen Gelenkes beidseits mit periartikulären Verkalkungen lateral des Grundgelenkes D V beidseits sowie im Bereich der lateralen Fußwurzel (vgl. Gutachten Dr. P., Bl. 86 SG-Akte) seine rechte untere Extremität bis zum erlittenen Arbeitsunfall funktional unbeeinträchtigt und schmerzfrei einsetzen konnte. Dies gilt für die linke untere Extremität bis heute. Wenn die Auswirkungen der Stauchungsverletzung am rechten Fuß und der beiden zu deren Behandlung erforderlich gewordenen Operationen sich an einem derart vorgeschädigten, bis zum Unfallereignis aber funktional unbeeinträchtigten Fuß besonders nachteilig auswirken, so rechtfertigt dies gerade nicht, wie Dr. C. in seiner Stellungnahme vom 04.12.2013 von einer geminderten Vorerwerbsfähigkeit mit einem entsprechend geringeren "Verschlimmerungsanteil" auszugehen, denn eine die Erwerbsfähigkeit zum Unfallzeitpunkt mindernde Vorschädigung hat nicht bestanden.

Da der Kläger seinen Antrag auf Gewährung von Verletztenrente in der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2015 ausdrücklich auf den Zeitraum ab dem 01.11.2012 beschränkt hat, hatte der Senat ausschließlich über einen Anspruch auf Verletztenrente ab dem 01.11.2012 zu entscheiden. Der geltend gemachte Anspruch besteht, nachdem im streitigen Zeitraum neben einer MdE von 20 v.H. auch die Voraussetzungen für den Rentenbeginn erfüllt sind: Der Kläger bezog nach seinem eigenen Vorbringen (Schriftsatz vom 08.09.2015) nach der Arthrodese zunächst bis zum 20.09.2012 Verletztengeld und danach bis zum 31.10.2012 Krankengeld. Anschließend bot er seinem damaligen Arbeitgeber seine Arbeitskraft an, welcher ihm Urlaub gewährte und Entgelt zahlte. Aufgrund dessen steht für den Senat fest, dass ein Anspruch auf Verletztengeld spätestens am 31.10.2012 endete, so dass ab dem 01.11.2012 Anspruch auf Verletztenrente bestand (§ 72 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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