L 8 U 4192/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 16 U 3765/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 4192/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23.09.2014 wird zurückgewiesen.

Die Klage gegen den Abänderungsbescheid der Beklagten vom 22.12.2014 wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung eines Beitragszuschlags, den die Beklagte für das Beitragsjahr 2012 festgesetzt hat.

Die Klägerin ist Mitgliedsunternehmen der Beklagten. Die Beklagte leitete das Beitrags-Erhebungsverfahren mit Anforderung der Lohnnachweise 2012 im Dezember 2012 ein (Schreiben vom 01.12.2012). Nach Androhung eines Bußgeldverfahrens (Anhörungsschreiben vom 16.02.2013 der Beklagten) wegen versäumter Lohnnachweise teilte die Klägerin mit Schreiben vom 24.02.2013 die im Beitragsjahr 2012 gezahlten Arbeitsentgelte i.H.v. 857.847 EUR mit. Die Beklagte gab der Klägerin im Festsetzungsverfahren Gelegenheit zur Äußerung zu den im Beitragsjahr 2012 abgerechneten Versicherungsfällen von Mitarbeitern der Klägerin (Schreiben der Beklagten vom 15.01.2013 mit Anlagen), darunter den gemeldeten Arbeitsunfall am 31.10.2012 des bei der Beklagten beschäftigten Versicherten Yildiz (Versicherter Y) als alleinigen ausgleichsrelevanten Unfall.

Mit Beitragsbescheid vom 25.04.2013 setzte die Beklagte einen Gesamtbeitrag in Höhe von 51.061,52 EUR fest. Hierbei war ein Umlagebetrag aus den von der Klägerin gemeldeten Arbeitsentgelten als Hauptumlage in Höhe von 35.462,78 EUR, von 2126,07 EUR aus der Lastenverteilung nach Neurenten, von 1444,71 EUR aus Lastenverteilung nach Entgelten sowie der Beitrag von 821,96 EUR für den Arbeitsmedizinisch-Sicherheitstechnischen Dienst zuzüglich aus einer Unfallbelastung i.H.v. 15.577,82 EUR ein Beitragszuschlag von 10.047,91 EUR berücksichtigt.

Mit Schreiben vom 22.05.2013 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Beitragsbescheid ein. Sie lege gegen den Beitragszuschlag von 10.047,91 EUR Einspruch ein, denn es sei nicht nachvollziehbar, wenn sie zwei Drittel einer Belastung von 15.577,82 EUR selbst übernehmen müsse. Bereits ohne Zuschlag habe sie 41.000 EUR an Beitrag zu errichten, was bei weitem die Unfallkosten übersteige.

Mit Schreiben vom 19.06.2013 erläuterte die Beklagte unter Hinweis auf die Satzungsregelung der Klägerin das Beitragszuschlagsverfahren. Die Klägerin äußerte sich hierzu nicht weiter. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Die Klägerin erhob am 11.11.2013 Klage vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) und beantragte, den Beitragsbescheid vom 25.04.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie nach den gesetzlichen Vorschriften neu zu verbescheiden. Der Beitragszuschlag sei zu Unrecht erfolgt. Das Vorliegen eines Arbeitsunfalls werde bestritten. Der Versicherter Y habe die Arbeit bereits mit einer "dicken" Hand angefangen, bei dem Vorfall habe es sich nicht um einen Arbeitsunfall, gegebenenfalls aber um eine Berufskrankheit gehandelt. Es werde Akteneinsicht nach Beiziehung der Verfahrensakten beantragt. Mit dem Versicherten Y sei am 12.10.2012 ein Arbeitsvertrag geschlossen worden, wobei er bereits zu diesem Zeitpunkt von einem Mitarbeiter darauf angesprochen worden sei, dass seine Hände so geschwollen seien, was der Versicherte aber mit der Bemerkung zurückgewiesen habe, dies seien "Maurerhände". Am 31.10.2012 seien auf der Baustelle Baustahlkörbe angefertigt worden. Kein Mitarbeiter habe etwas wahrgenommen, was auf einen Arbeitsunfall des Versicherten Y schließen lasse. Der Versicherte Y habe lediglich dem Mitarbeiter Jenter (J) mitgeteilt, ihm sei etwas auf die Hand gefallen, ohne dass dies problematisiert worden sei. J habe auch keine Verletzung oder Wunde gesehen.

Die Beklagte legte die Beitragsakte vor und teilte mit, die den Versicherungsfall des Versicherten Y betreffende Leistungsakte könne nur übermittelt werden, soweit eine gesetzliche Übermittlungsbefugnis vorliege. Hierfür ergebe sich jedoch keine gesetzliche Grundlage, denn der Arbeitgeber habe keinen Anspruch im Rahmen des Beitragsausgleichsverfahrens Einsicht in die Leistungsakte des Versicherungsträgers zu nehmen. Gründe, die Zweifel an den Angaben des Versicherten Y über einen Arbeitsunfall begründeten, seien nicht ersichtlich. Bei der durchgangsärztlichen Untersuchung am 08.11.2012 habe der Versicherte Y den Vorgang am 31.10.2012 so geschildert, dass ihm ein Korb mit Bewehrungsstahl auf die linke Hand gefallen sei. Er habe bis zur Kontaktaufnahme mit dem Arzt weitergearbeitet und die Hand mit selbst gemachten Verbänden behandelt. Bekanntermaßen habe es sich um eine infizierte Wunde gehandelt, weshalb der Einwand der Klägerin, dass Ermittlungen zu Vorerkrankungen versäumt worden seien, nicht nachvollziehbar sei. Aus Sicht der behandelnden Ärzte sprächen Hergang und Befund nicht gegen einen Arbeitsunfall. Vorgelegt wurde die Unfallanzeige der Klägerin vom 24.02.2013.

Am 19.09.2014 fand ein Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage statt. Auf die Niederschrift vom 19.09.2014 wird verwiesen.

Mit Gerichtsbescheid vom 23.09.2014 wies das SG die sinngemäß ausgelegte Klage auf Abänderung des Beitragsbescheids und auf Gewährung von Akteneinsicht ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, das nachträgliche Bestreiten eines Arbeitsunfalls des Versicherten Y sei unbeachtlich, denn in der Unfallanzeige sei ein Unfallvorgang geschildert worden. Hierauf habe die Beklagte substantiiert erwidert. Es bestünden auch keine Zweifel am Versicherungsfall und der Höhe der hierauf beruhenden Aufwendungen. Ein verzögerter Heilungsverlauf wie bei der hier vorliegenden Wundinfektion sei nachvollziehbar, auf Vorerkrankungen komme es nicht an. Weitergehende Ermittlungen seien nicht veranlasst, solche seien dem Gericht auch verwehrt. Die Beklagte habe die Einsichtnahme in die Leistungsakte wegen berechtigter Interessen Dritter auch verweigern dürfen. Der Sozialdatenschutz beinhalte in diesen Fällen zur Vermeidung des Loyalitätskonflikt der Beschäftigten, den eigenen Gesundheitszustand zu offenbaren oder dem Arbeitgeber die Mitwirkung zu verweigern, das Recht auf Versagung der Akteneinsicht.

Gegen den Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 06.10.2014 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt und zur Begründung ausgeführt, das SG werde mit dem angegriffenen Gerichtsbescheid dem tatsächlichen Sachverhalt nicht gerecht. Es werde übersehen, dass sie mangels konkreter Anhaltspunkte über einen Versicherungsfall keine Möglichkeit habe, substantiiert auf die Vorgänge einzugehen. Eine vorbehaltlose Unfallanzeige habe sie nicht abgegeben. Sie habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dem Versicherten Y Baustahl auf die Hand gefallen sei, aber sie nicht mehr darüber wisse. Auf eine Vorerkrankung hinsichtlich einer bereits seit Arbeitsbeginn bestehenden "dicken Hand" sei in der Unfallanzeige ebenfalls verwiesen worden. Eine Wunde sei auch nicht zu sehen gewesen. Eine Wundinfektion setze zwingend eine Wunde voraus. Der Versicherte habe auch weitergearbeitet und sei erst ab 08.11.2014 arbeitsunfähig gewesen. Gegen Ende des Arbeitsverhältnisses sei der Versicherte Y auch bei Schwarzarbeit gesehen worden, weshalb der Verdacht bestehe, dass er auch zur Zeit der Arbeitsunfähigkeit schwarz gearbeitet habe. Es verstoße gegen die Gewährung des effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG, wenn sie mit dem Einwand, ein Arbeitsunfall habe nicht vorgelegen, nicht gehört werde. Mit Schriftsatz vom 30.04.2015 hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, ein gerichtlicher Sachverständiger könne Einsicht in die Leistungsakte nehmen und beurteilen, ob es sich um Folgen eines behaupteten Arbeitsunfalls handele bzw. eine diagnostizierte Wundinfektion auf ein stumpfes Trauma zurückzuführen sei. Sie verfolge die vorgeschlagenen Anträge aus der ersten Instanz als Stufenklage weiter. Es möge zunächst über die erste Stufe entschieden werden. Vorgelegt wurden Fotos über die Art der am 31.10.2012 verarbeiteten Baustahlkörbe, mit einer Länge von ca. 10 m und einem Gewicht von ca. 12-15 kg pro laufendem Meter.

Die Klägerin beantragt - sachdienlich gefasst - zuletzt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23.09.2014 aufzuheben und 1. die Beklagte zu verurteilen, Akteneinsicht in die Unfallakte hinsichtlich des Arbeitsunfalls des Versicherten Y vom 31.10.2012 zu gewähren, hilfsweise hinsichtlich des Antrags auf Akteneinsicht die Revision zuzulassen, und 2. den Beitragsbescheid der Beklagten vom 25.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2013 in der geänderten Fassung vom 22.12.2014 insoweit aufzuheben, als darin ein Beitragszuschlag i.H.v. 10.033,50 EUR erhoben wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf den vorgelegten Bescheid vom 22.12.2014, der zu Gunsten der Klägerin den Beitragsbescheid vom 25.04.2013 in der Höhe abändert. Eine Differenzmitteilung des Rentenversicherungsträgers habe eine Reduzierung der Lohnsumme zur Gefahrtarifstelle 100 (Bauwerksbau) ergeben, weshalb Hauptumlage, Beiträge zur Lastenverteilung nach Neurenten und Entgelten zu reduzieren gewesen seien sowie auch der Beitragszuschlag auf 10.033,50 EUR zu mindern sei. Der Änderungsbescheid sei Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Im Übrigen vertieft die Beklagte ihr Vorbringen vor dem SG (Schriftsatz vom 05.01.2015).

Mit den Beteiligten ist am 17.04.2015 der Rechtsstreit erörtert worden. Auf die Niederschrift vom 17.04.2015 wird verwiesen. Der Senat hat in der Folge von Amts wegen das unfallchirurgische/orthopädische Gutachten nach Aktenlage vom 02.06.2015 eingeholt. Darin hat der Sachverständige Dr. L. unter Auswertung des Vorbringens der Beteiligten und der beigezogenen Gerichts- und Beitragsakten dargelegt, dass fulminante Erkrankungen mit Ausbildung einer flächigen Entzündung der Haut und des Unterhautfettgewebes ohne erkennbare äußere Gewalteinwirkung oder Verletzungsfolgen entstehen könnten. Ursächlich seien kleinste Hautläsionen in Form von Rhagaden oder Schrunden, über die entsprechende Erreger der physiologischen Hautflora in das Gewebe unter der Haut eindringen, fortgeleitet und über die Lymphbahnen die Gliedmaßen infizieren würden. Abgrenzbar seien auch endogene Infektionswege. Die Bakterien der physiologisch vorhandenen Flora in der Mundhöhle könnten bei der Nahrungsaufnahme oder beim Zähneputzen in die Blutbahn gelangen und beim gesunden Menschen mehrmals täglich zu so genannten asymptomatischen Bakteriämien führen, die durch die Immunabwehr ohne krankmachende Infektionsherde beseitigt würden. Gelinge dieser Abwehrmechanismus nicht, sammelten sich Keime an bestimmten Prädilektionsstellen, insbesondere beim Herzklappenersatz oder endoprothetisch versorgtem Gelenkersatz oder bei osteosynthetisch operativ versorgten Frakturen. Auch Hämatome, die der Körper nicht resorbieren könne und die sich als Hämatoserome abkapseln, seien idealer Nährboden von Bakterien und regelmäßig im Verlauf im Sinne einer Komplikation sekundär von Bakterien besiedelt. Hämatome entstünden bekanntlich durch äußere Gewalteinwirkung, wodurch es zu einem subkutanen Gefäßschaden und zu allmählichen Einblutungen komme, was Stunden bis Tage bis zur Vollausbildung eines Blutergusses dauern könne. Aus medizinischer Sicht könne grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, dass eine Bagatellverletzung im Bereich des Bewegungsapparates auch ohne sichtbare äußere Verletzungszeichen auf der Haut ein Infektgeschehen als Folgeschaden verursacht.

Die Klägerin hat sich zum Gutachten geäußert (Schriftsatz vom 13.07.2015). Selbst wenn der Sachverständige eine Entzündung ohne jegliche sichtbare Verletzungsfolge für grundsätzlich nicht ausgeschlossen halte, sei dies derart unwahrscheinlich und außerhalb jeglicher Lebenserfahrung, dass die Heranziehung zu höheren Beiträgen zu Unrecht erfolgt sei. Der Zusammenhang mit wohl bestehenden Vorschäden (dicke Hände) sei offensichtlich. Es bestehe die unveränderte Auffassung, dass ein Anspruch auf rechtliches Gehör gebiete, durch ein neutrales Sachverständigengutachten überprüfen zu lassen, welche Vorschädigung es gegeben habe. Sie sehe sich in diesem Verfahren völlig rechtlos gestellt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 13.07.2015, Schriftsatz der Beklagten vom 27.08.2015).

Der Senat hat die Beitragsakte der Beklagten und die Akte des SG beigezogen und zum Verfahrensgegenstand gemacht. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese Unterlagen sowie auf die im Berufungsverfahren angefallene Senatsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben dem zugestimmt und der Senat hält eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, jedoch unbegründet. Die Klage gegen den Änderungsbescheid vom 22.12.2014 ist unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.

Der angefochtene Beitragsbescheid der Beklagten vom 25.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2013 in der geänderten Fassung vom 22.12.2014, ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin auch nicht in ihren Rechten. Der Beitragszuschlag in der Fassung des Änderungsbescheids vom 22.12.2014, der im Sinne von § 96 SGG den angefochtenen Bescheid vom 25.04.2013 ersetzt und daher gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahren geworden ist und über den der Senat auf Klage zu entscheiden hat, ist rechtmäßig.

Soweit die Klägerin im Wege der Stufenklage zunächst die Verurteilung der Beklagten auf Gewährung von Akteneinsicht verfolgt, ist die Berufung unbegründet, denn das als Verpflichtungsklage rechtlich einzustufende Klagebegehren ist unzulässig. Ein anfechtbarer Verwaltungsakt der Beklagten und ein entsprechendes Vorverfahren liegen nicht vor. Die Klägerin hat vor der Klageerhebung im Verwaltungsverfahren keine Einsichtnahme in die den Versicherten Y betreffende Leistungsakte beantragt, eine als Verwaltungsakt zu qualifizierender Ablehnungsentscheidung der Beklagten (vgl. zur rechtlichen Bewertung der Ablehnung beantragter Akteneinsicht als Verwaltungsakt das Urteil des erkennenden Senats vom 01.07.2011 – L 8 U 3577/10 – juris Rn. 23, www.sozialgerichtsbarkeit.de) liegt nicht vor. Die Beklagte hat lediglich auf entsprechendes Vorbringen der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren erwidert. Geschweige denn ist ein Vorverfahren mit Widerspruch und Widerspruchsbescheid vor Klageerhebung ordnungsgemäß durchgeführt worden. Eine behördliche Verfahrenshandlung, zu der grundsätzlich auch eine das Verfahren betreffende Entscheidung durch Verwaltungsakt gehören kann (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 56 a Rn. 6, zur Verweigerung der Akteneinsicht Rn. 8) und die gemäß § 56 a S. 1 SGG nur mit dem Rechtsbehelf gegen die Sachentscheidung, hier die Anfechtung des Beitragsbescheids, zulässig angefochten werden kann, liegt nicht vor.

Eine Klageänderung im Berufungsverfahren, auf das sich die Beklagte rügelos eingelassen hätte (§ 99 Abs. 2 SGG), liegt nicht vor. Zwar hat die Klägerin vor dem SG mit der Klageschrift ausdrücklich nur Anfechtungsklage gegen den Beitragsbescheid erhoben und zunächst nur Akteneinsicht in die beizuziehenden Verwaltungsakten beantragt. Nach Weigerung der Vorlage der Leistungsakte hat die Klägerin jedoch vor dem SG gesondert beantragt, der Beklagten die Vorlage der Akten aufzugeben, was das SG zu der Auslegung einer sinngemäßen Antragstellung auf Verurteilung der Beklagten auf Aktenvorlage veranlasst hat. Diese Antragstellung hat die Klägerin auch im Berufungsverfahren noch gebilligt und klargestellt, dass sie ihr Begehren als Stufenklage weiter verfolge.

Der zu Gunsten der Klägerin unterstellte, aus dem Klagebegehren als mitenthaltenes Minus ableitbare Prozessantrag auf Gewährung von Akteneinsicht in die Prozessakten, d.h. in die vom Gericht beigezogenen und vor dem Spruchkörper angefallenen Akten, führt ebenfalls nicht zum Erfolg, denn die prozessuale Akteneinsicht erstreckt sich nur auf die tatsächlich beigezogenen Akten. Der Senat hat weder die Leistungsakte der Beklagten zum Versicherungsfall beigezogen noch ist diese von der Beklagten vorgelegt worden. Der unterstellte Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht ginge insoweit ins Leere.

Soweit die Klägerin vor dem SG noch beantragt hatte, der Beklagten aufzugeben, die Leistungsakte zur Akteneinsicht zu den Gerichtsakten zu reichen (Schriftsatz vom 28.02.2014), sieht der Senat sich hierzu nicht veranlasst. Das Klagevorbringen ist wenig substantiiert, teils widersprüchlich und rechtsunerheblich, weshalb der Senat unter Würdigung des Aktenstandes und der von ihm veranlassten Beweiserhebung sich zu weiteren Ermittlungen nicht gedrängt sehen musste.

Der Senat stellt folgenden Sachverhalt als Ergebnis seiner Beweiswürdigung fest. Danach hat er aus der vorgelegten Beitragsakte der Beklagten und unter Berücksichtigung der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. L. die Überzeugung gewonnen, dass der Versicherte Y am 31.10.2012 während der Arbeit auf einer Baustelle der Klägerin sich die Hand verletzt hat, als ihm ein Korb aus Bewehrungsstahl mit einem Gesamtgewicht von 120-150 Kilogramm auf die Hand gefallen ist. Hierbei zog sich der Versicherte Y entweder eine Riss- oder auch Schürfwunde zu oder erlitt ein stumpfes Trauma, was zu einer behandlungsbedürftigen bakteriellen Entzündung an der linken Hand führte. Die hierfür aufgewendeten Mittel aus der gesetzlichen Unfallversicherung betrugen 12.672,51 EUR.

Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst eine Unfalleinwirkung einräumt, denn sie hat angegeben, dass der Versicherte Y am Unfalltag gegenüber dem Mitarbeiter J mitgeteilt hatte, dass ihm Baustahl auf die linke Hand gefallen sei. Auch ist der Versicherte Y in der Folge mit einer verbundenen Hand zur Arbeit erschienen (Schriftsatz zur Klagebegründung vom 28.02.2014) und ist vom Mitarbeiter J aufgefordert worden, den Arzt aufzusuchen (Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 24.02.2013). Im Rahmen der Anhörung im Beitragsverfahren ist der Klägerin der Unfall des Versicherten Y als ausgleichsrelevanter Unfall mitgeteilt worden. Sie war mit Schreiben vom 15.01.2013 aufgefordert worden, darüber zu informieren, ob die in dem Schreiben unter fünf Punkten aufgeführten Sachverhalte, die einen ausgleichsrelevanten Unfall ausschließen, gegebenenfalls vorliegen. Die Klägerin hat sich hierzu nicht geäußert, obgleich es nahe gelegen hätte, Zweifel daran, dass überhaupt ein Unfall vorgelegen hatte, spätestens jetzt mitzuteilen. Aus diesen Umständen folgert der Senat, wie bereits das SG, dass ursprünglich die Klägerin selbst von einem Unfallzusammenhang zwischen der Gesundheitsstörung des Versicherten Y und dem Vorfall am 31.10.2012 ausgegangen ist.

Außerdem hat die Beklagte glaubhaft darauf hingewiesen, dass der Versicherte Y durchgangsärztlich, also von unfallchirurgisch erfahrenen Medizinern, behandelt worden ist, und ärztlicherseits ein Unfallzusammenhang, ohne Zweifel zu äußern, bejaht wurde. Dies entspricht der dem Senat als Fachsenat für Unfallversicherung aus einer Vielzahl von Verfahren bekannten Verwaltungspraxis der Beklagten, die vor Leistungsgewährung an den Versicherten gegebenenfalls auch unter beratungsärztlicher Auswertung von Behandlungsberichten den Unfallzusammenhang der behandelten Gesundheitsstörung prüft.

Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Klägerin sind wenig substantiiert und erweisen sich als Behauptungen "ins Blaue hinein". Dies entnimmt der Senat einmal dem Umstand, dass die Klägerin, wie dargelegt, zunächst selbst von einem Arbeitsunfall ausgegangen sein muss. Selbst ihren Widerspruch gegen die Erhebung des Beitragszuschlags begründete die Klägerin zunächst nicht mit der Behauptung, ein Arbeitsunfall habe gar nicht vorgelegen. Die erstmals in der Klagebegründung aufgestellte Behauptung, es fehle an der einen Arbeitsunfall begründenden Unfalleinwirkung, zumindest jedoch an einem durch Unfalleinwirkung verursachten Gesundheitserstschaden, beruht zur Überzeugung des Senats eher auf einem prozesstaktischen Verhalten als auf tatsächlicher – neuer – Erkenntnis. Dies wird unterstützt durch die teils widersprüchliche Behauptung, der Versicherte Y habe, was durch Beweis sicher zu bestätigen sei, Mitte Oktober 2012 die Arbeit bereits mit geschwollenen Händen aufgenommen (Klagebegründung vom 28.02.2015), andererseits wird in der Unfallanzeige der Klägerin vom 24.02.2013 diese Behauptung nur als Vermutung geäußert (" ...wir können es nicht beschwören"). Außerdem wurde zunächst ausgeführt, bei der Anfertigung des Baustahlkorbes habe es sich um Material mit geringem Gewicht gehandelt (Klagebegründung vom 28.02.2015), was mit der späteren Konkretisierung im Berufungsverfahren, der Baustahlkorb habe eine Länge von 10 m mit einem Gewicht von ca. 12-15 kg pro laufendem Meter gehabt, nicht ohne weiteres zu vereinbaren ist.

Außerdem sind die Behauptungen der Klägerin auch inhaltlich nicht geeignet, die medizinische Zusammenhangsbeurteilung zu entkräften. Der Sachverständige Dr. L. hat nachvollziehbar dargelegt, dass sowohl eine Verletzung mit bloßer Beschädigung der oberen Hautschicht als auch ein stumpfes Trauma eine bakterielle Entzündung, die als Wundinfektion diagnostiziert wird, verursachen kann. So ist die Behauptung der Klägerin bereits nicht hinreichend überzeugend, dass keine äußeren Verletzungszeichen beim Versicherten Y vorlagen, als er gegenüber dem Mitarbeiter J den Unfallhergang angegeben hatte, denn es ist nicht vorgetragen worden, dass der Mitarbeiter J die betroffene Hand untersucht oder zumindest einer groben Inspektion unterzogen hätte. Vielmehr ist bei lebensnaher Betrachtung aufgrund des Vortrags der Klägerin, dass der Versicherte Y den Hergang und eventuell Beschwerden zwar geschildert hatte, aber ohne dies zu problematisieren (so die Klagebegründung vom 28.02.2014), davon auszugehen, dass daher kein Anlass für J zur Betrachtung der Hand bestand. Die unter Beweis gestellte Behauptung, der Mitarbeiters J habe Verletzungszeichen nicht bemerkt, beruht somit nur auf der zufälligen Wahrnehmung des Zustands der Hand in der Position, in der der Versicherte Y dem Mitarbeiter gegenüber trat. Dies schließt nicht aus, dass sogar eine größere Hautverletzung an der Hand, die der Sicht des Mitarbeiters J verborgen war, zum Beispiel in der Handinnenfläche, vorgelegen hatte. Hierfür spricht auch, dass nach Vortrag der Klägerin der Versicherte Y in der Folge mit einer verbundenen Hand weitergearbeitet hat, was bei einer offenen Wunde oder gröberen Hautverletzung die übliche Vorkehrung für eine ungestörte Abheilung einer solchen Verletzung darstellt. Darüber hinaus ist nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. L. selbst eine nur geringfügige Läsion der Haut, zum Beispiel eine kleine Schürfwunde, als Eintrittspforte für eine bakterielle Entzündung ausreichend. Selbst bei einer oberflächlichen Inspektion der Hand kann bei lebensnaher Betrachtung eine solche Schürfwunde übersehen bzw. als nicht beachtenswert eingeschätzt werden, was zu der späteren, auf die subjektive Erinnerung gestützte Behauptung, es habe überhaupt keine Verletzung vorgelegen, führt. Da die Klägerin weder eine gründliche Untersuchung noch eine zumindest überschlägige Betrachtung der Hand durch den Mitarbeiter J behauptet, - auch nicht nach Vorlage des Gutachtens und entsprechendem richterlichen Hinweis - ist nach den vom Sachverständigen dargestellten Entwicklungsmöglichkeiten zu einer Wundinfektion, insbesondere auch im Hinblick auf ein stumpfes Trauma als Ursache, dieser Einwand der Klägerin nicht stichhaltig, im Hinblick auf die gegebene Möglichkeit eines stumpfen Traumas auch nicht entscheidungserheblich, und hat weder Anlass für weitere Ermittlungen gegeben noch erschüttert er die vom Senat als zutreffend erachtete Zusammenhangsbeurteilung der Beklagten.

Der Senat hat dem Vorbringen der Klägerin auch keine belastungsfähigen Tatsachen entnehmen können, die der vom Senat festgestellten Unfallerstschädigung durch eine Hautverletzung oder wahlweise durch ein stumpfes Trauma mit nachfolgendem Bluterguss nur die rechtliche Bedeutung einer Gelegenheitsursache beizumessen erlauben. Auch insoweit ist das Vorbringen der Klägerin, eine durch geschwollene Hände zum Ausdruck kommende und zu berücksichtigende Vorerkrankung habe vorgelegen, wenig substantiiert, wie bereits oben ausgeführt. Der Einlassung der Klägerin ist sogar zu entnehmen, dass der Versicherte Y zum einen ausdrücklich eine Erkrankung an beiden Händen vor dem Unfallereignis mit dem Hinweis, dass durch die Berufstätigkeit als Maurer eine kräftig ausgebildete Muskulatur vorliege ("Maurerhände"), verneint hatte und zum anderen, dass der Versicherte Y bis zum Unfall uneingeschränkt arbeitsfähig war und beide, nicht bandagierte oder verbundene Hände einsetzen konnte. Ein spezifisches Krankheitsbild ist diesem Vorbringen nicht zu entnehmen. Auch der Sachverständige Dr. L. konnte eine differenzialdiagnostische Abgrenzung im Hinblick auf das unsubstantiierte Vorbringen nicht vornehmen. Der Vortrag der Beklagten, dass ärztlicherseits maßgebende Vorerkrankungen des Versicherten Y im Zusammenhang mit dem Unfall nicht zu diskutieren gewesen sind, ist zur Überzeugung des Senats auch glaubhaft. Der Sachverständige Dr. L. hat die theoretisch in Betracht kommenden Entstehungsursachen einer Wundinfektion für den Senat überzeugend dargelegt. Abgesehen von der aus Sicht des Senats, wie oben dargelegt, möglichen und denkbaren größeren Wunde mit Eindringen von Bakterien aus der Umwelt, die auch bei intaktem Immunsystem zu einer behandlungsbedürftigen Entzündung führen, was von vornherein nicht als Gelegenheitsursache gelten kann, sind auch die von Dr. L. diskutierten Alternativen einer nur geringen Hautverletzung bzw. eines stumpfen Traumas noch wesentliche Ursachen. Bei den geringfügigen Hautläsionen können sowohl die vom Sachverständigen beschriebene physiologische Keimflora wie auch äußere, nicht auf der Körperoberfläche siedelnde Bakterien eindringen, die von den körpereigenen Bakteriziden nicht eliminiert werden können. Auch bei den vom Sachverständigen dargelegten endogenen Infektionswegen, die nur zusammen mit einer aus was für Gründen auch immer geschwächten Immunabwehr zu der vom Senat festgestellten Unfallfolge einer Wundinfektion führen, ist die Unfalleinwirkung keine zu vernachlässigende und völlig in den Hintergrund gedrängte, nicht wesentliche Ursache. Die als Mitursache zu berücksichtigende eingeschränkte Immunabwehr ist nämlich in der auf der zweiten Ebene der Kausalitätsprüfung vorzunehmenden rechtlich wertenden Betrachtung nicht allein wesentliche Ursache für die entstehende Wundinfektion. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind nach den Ausführungen des Sachverständigen asymptomatische Bakteriämien, verursacht durch in die Blutbahn eingedrungene Bakterien, die zur normalen Besiedelung im Mund-/Rachenraum gehören, auch nicht selten. Es handelt sich daher auch nicht nur um einen nur theoretisch begründbaren Unfallzusammenhang. Bei den geringen Hautläsionen ist nicht zwingend und bei den beschriebenen endogenen Infektionswegen ist auf jeden Fall eine als unfallunabhängig einzustufende verminderte Immunabwehr unverzichtbarer Kausalitätsfaktor, jedoch ist bei dieser Ausgangslage nicht festzustellen, dass auch jedes andere alltägliche Ereignis zu einer Wundinfektion an der Hand geführt hätte. Diesbezügliche Anknüpfungstatsachen für die besondere Ausprägung einer Immunschwäche ist weder von der Klägerin vorgetragen noch ist dies nach der überzeugenden Ausführung der Beklagten aktenkundig. Hinweise auf die in der Medizin bekannten besonderen Prädilektionsstellen bakterieller Entzündungen bei Gelenksersatz oder osteosynthetischer Versorgung von Frakturen wären den behandelnden Ärzten aufgrund Röntgenbefunde oder einschlägiger Operationsnarben nicht entgangen. Andererseits ist aus der vom Senat festgestellten Unfalleinwirkung, ein Schlag bei der Handhabung eines 120-150 kg schweren Baustahlkorbes auf die Hand mit einer Hautverletzung in nicht näher bestimmbarem Umfang oder als ein stumpfes Trauma mit nachfolgendem Bluterguss, kein Rückschluss darauf zu ziehen, dass die Immunabwehr des Versicherten Y so geschwächt war, dass jeder Zeit auch ohne Unfalleinwirkung eine Wundinfektion hätte auftreten können (zum indiziellen Rückschluss aus der Unfalleinwirkung auf eine Gelegenheitsursache vgl. Urteil des Senats vom 01.07.2011– L 8 U 197/11 -, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de). Weder eine Hautverletzung noch ein stumpfes Trauma mit nachfolgender Einblutung ins Unterhautfettgewebe infolge eines denkbaren Impulses bis 120 kg ist mit einer alltäglich vorkommenden Belastung vergleichbar, wobei diese Überlegung auch nur bei diesen Alternativen zum Tragen käme, bei denen von einer verminderten Immunabwehr als Mitursache auszugehen wäre.

Die Beklagte ist daher ihrer aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz folgenden Verpflichtung zur Vorlage der für den Rechtsstreit maßgebenden Aktengrundlagen (vgl. Keller a.a.O. § 119 Rn. 1) nachgekommen. Es ist grundsätzlich Sache des erkennenden Senats, die Erforderlichkeit des Umfangs der vorzulegenden Akten zur effektiven Kontrolle der Verwaltungstätigkeit zu bestimmen (Keller a.a.O. Rn. 6). Soweit sich die Beklagte im gerichtlichen Verfahren auf eine für die Klägerin eingeschränkte Akteneinsicht berufen hat, da Arbeitgebern ein Einsichtsrecht in die seine Beschäftigten betreffenden Unfallakten, die beim Unfallversicherungsträger zur Abwicklung von Arbeitsunfällen der Versicherten entstanden sind, aus Gründen des berechtigten Interesses Dritter nicht zusteht, wäre dies als zusätzliche Begründung auch nicht zu beanstanden. Der Senat hat in einem anderen Sachzusammenhang die beschränkte Akteneinsicht des Arbeitgebers aus diesen Gründen bereits bejaht (vgl. Urteil des Senats vom 01.07.2011 – L 8 U 3577/10 –, juris, www.sozialgerichtsbarkeit de). Dies kann aber dahinstehen, da der Senat bei seiner Erforderlichkeitsprüfung, wie oben dargelegt, keine Veranlassung gesehen hat, die Herausgabe der den Versicherten Y betreffenden Leistungsakte zu verlangen. Es kann deshalb auch dahinstehen, dass für die unterbliebene Aktenvorlage seitens der Beklagten auch nicht die ansonsten erforderliche Erklärung der obersten Aufsichtsbehörde nach § 119 Abs. 1 SGG, hier dass die Vorgänge ihrem Wesen nach zum Schutze von Persönlichkeitsrechten Dritter geheim zu halten sind (vgl. Roller in Hk-SGG § 119 Rn. 4), herbeigeführt worden ist. Die Folgen einer nach Auffassung des Senats berechtigten Einschränkung der Akteneinsicht sind entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht dadurch abzumildern, dass nur ein Sachverständiger Einsicht in die Leistungsakten nimmt und seine Schlussfolgerung daraus zieht, was die gutachterliche Schlussfolgerung für das Gericht und die Parteien des Rechtsstreits aber nicht nachvollziehbar macht und daher eine prozessual nicht zulässige Verfahrensweise ist (so auch Keller a.a.O. § 120 Rn. 9 mit Hinweis auf BVerfGE 115,205). Das analog § 99 Abs. 2 VwGO entsprechend anzuwendende in-camera-Verfahren (streitig: bejahend Keller a.a.O. § 119 Rn. 5d m.w.N., Roller a.a.O. § 119 Rn. 7; verneinend Zeihe in Zeihe/Hauck, SGG § 119 Rn. 8b, Hintz/Lowe, SGG-Komm., 2012, § 119 Rn. 17), wonach ein anderes Gericht oder ein Mitglied des Spruchkörpers die Akten oder die vom verweigerten Einsichtsrecht betroffenen Aktenbestandteile einsieht, um die Berechtigung der Weigerung zu überprüfen, ist vorliegend nicht einschlägig. Gegebenenfalls ist die Klägerin auf das gesonderte Verfahren zur Erteilung einer Auskunft nach dem Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG -) zu verweisen, dem aber ebenfalls in der Abwägung die vorrangigen Schutzrechte Dritter entgegenstehen dürften (vgl. Senatsurteil 01.07.2011 – L 8 U 3577/10 , a.a.O.).

Ausgehend von dem festgestellten Sachverhalt ist die Erhebung des Beitragszuschlags nicht rechtswidrig.

Das Beitragszuschlagsverfahren der Beklagten ist in § 30 ihrer Satzung – in der Fassung des 7. Nachtrags zur Satzung vom 11.06.2012 (vgl. http://www.bgbau.de, Seiten: "Datenbanken" "Satzungen") – geregelt, was auf der hinreichenden gesetzlichen Grundlage des § 162 SGB VII beruht (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30.06.2008 – L 1 U 3732/07 –, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de, Senatsurteil vom 01.07.2011 a.a.O.).

§ 30 der Satzung lautet: Beitragszuschlagsverfahren (1) Den einzelnen Beitragspflichtigen werden unter Berücksichtigung der Aufwendungen für anzuzeigende Versicherungsfälle nach Maßgabe der folgenden Absätze Beitragszuschläge auferlegt (§ 162 SGB VII). Dies gilt nicht für Beitragsabfindungen und nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten. (2) Ein Beitragszuschlag wird auferlegt, wenn die Eigenbelastung (Absatz 4) des einzelnen Beitragspflichtigen die Durchschnittsbelastung (Absatz 5) aller Beitragspflichtigen über-schreitet. (3) Der Beitragszuschlag ist auf 25 % des Beitrags des Beitragspflichtigen der Höhe nach begrenzt (Höchstzuschlag). Er wird in dieser Höhe auferlegt, wenn die Eigenbelastung den Eigenbelastungshöchstwert (Absatz 4) erreicht oder überschreitet. Ansonsten berechnet sich der Beitragszuschlag linear entsprechend der jeweiligen Abweichung sowohl der Eigenbelastung als auch des Eigenbelastungshöchstwertes von der Durchschnittsbelastung. Die Beitragszuschläge werden unter Beachtung der Absätze 1 bis 8 nach der Formel

Beitragszuschlag x Eigenbelastung(&8804;Eigenbelastungshöchstwert)– Durchschnittsbelastung X Beitrag x 0,25 Eigenbelastungshöchstwert - Durchschnittsbelastung

berechnet. (4) Als Eigenbelastung gilt der Teil der Aufwendungen (Absatz 6), der auf je einen Euro Beitrag des Beitragspflichtigen für das Umlagejahr entfällt. Als Eigenbelastungshöchstwert gilt das Dreifache der Durchschnittsbelastung (Absatz 5). (5) Als Durchschnittsbelastung gilt der Teil der Aufwendungen (Absatz 6), der auf je einen Euro Umlagesoll (§ 152 Abs. 1 SGB VII) aller Beitragspflichtigen des Umlagejahres entfällt. Diese wird nur einmal im Rahmen der Umlage festgestellt. (6) Aufwendungen sind die im Umlagejahr gezahlten Sach- und Geldleistungen für Versicherungsfälle, die erstmals im Umlagejahr und im davor liegenden Jahr gemeldet wurden. (7) Außer Ansatz bleiben die Aufwendungen für Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII (Wegeunfälle), Versicherungsfälle auf Betriebswegen außerhalb der Betriebsstätte, Berufskrankheiten, Versicherungsfälle durch höhere Gewalt und Versicherungsfälle auf Grund alleinigen Verschuldens nicht zum Unternehmen gehörender Personen. (8) Der Beitragszuschlag wird nur erhoben, wenn der dadurch entstehende Gesamtbeitrag den Mindestbeitrag übersteigt. Er wird zusammen mit dem Umlagebeitrag erhoben und fällig.

Aus der beigezogenen Beitragsakte ist ein Berechnungsfehler nicht ersichtlich. Die rechnerische Richtigkeit hat die Klägerin auch nicht gerügt. Der Senat hat die Beträge der in § 30 Abs. 3 der Satzung genannten Berechnungsfaktoren hinsichtlich der Eigenbelastung (Eigenbelastungsziffer 0,3876) und der Durchschnittsbelastung (0,1516) sowie deren Höchstbeträge (Eigenbelastungshöchstwert 0,379) als zutreffend feststellen können. Seitens der Leistungsabteilung sind zu den Beitragsakten der Klägerin die entstandenen Aufwendungen für Unfälle der Mitarbeiter der Klägerin in den Jahren 2011 und 2012, darunter auch Aufwendungen in Höhe von 12.672,51 EUR für den Versicherten Y wegen des Unfalls vom 31.10.2012, mitgeteilt worden (Bl. 73 der Beitragsakte). Anknüpfungstatsachen dafür, dass Aufwendungen fehlerhaft in Ansatz gebracht oder unzutreffend dem Arbeitsunfall des Versicherten Y zugeordnet wurden, sind weder der Akte zu entnehmen noch ist seitens der Klägerin hierzu Substanzielles vorgetragen.

Dem Mitgliedsunternehmen ist nicht jede Rüge der Höhe entstandener Aufwendungen möglich. Ein aus fehlerhafter ärztlicher Behandlung anlässlich eines Arbeitsunfalls entstandener Mehraufwand oder Aufwendungen, die aus Anlass eines Versicherungsfalles sowohl für dessen Folgen als auch für versicherungsfremde Gesundheitsstörungen entstanden sind und die der Versicherungsträger aber mangels Abgrenzbarkeit oder zur Vermeidung aufwändiger Ermittlungen insgesamt getragen hat, sind unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks des Beitragszuschlagsverfahrens noch wesentlich kausal auf den Versicherungsfall zurückführbare Aufwendungen (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, 30.06.2008 a.a.O. sowie zu den nicht rügbaren Aufwendungen eines Behandlungsfehlers Ricke in Kasseler Kommentar § 162 SGB VII Rdnr. 17, 18). Diesen besonderen Anforderungen wird der Vortrag der Klägerin nicht gerecht, weshalb sich der Senat auch nicht zu weiteren Ermittlungen im Hinblick auf die Höhe des festgesetzten Beitragszuschlags gedrängt sehen musste.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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