Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 21 U 6071/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 2539/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.05.2012 abgeändert und die festgestellten Unfallfolgen unter Abänderung des Bescheides vom 08.05.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2008 wie folgt gefasst:
Schädigung des Nervus peronaeus und des Nervus suralis mit neuropathischem Schmerzsyndrom, Minderbelastbarkeit des linken Fußes und sensiblen Reiz- und Ausfallerscheinungen am distalen linken Unterschenkel, der Fußaußenseite und des Fußrückens.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Unfallfolgen streitig.
Die am 1950 geborene Klägerin erlitt am 26.04.2006 gegen 11.45 Uhr im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit als Maschinenarbeiterin bei der S. Metallwerk GmbH einen Arbeitsunfall, als ihr eine große und schwere, ins Rollen gekommene Eisenstange auf den linken Außenknöchel prallte.
Gegen 15.30 Uhr stellte sich die Klägerin im Kreiskrankenhauses S. bei dem damaligen Chefarzt der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Dr. W. vor, der auf Grund des klinischen Befundes (u.a. massive Schwellung und Hämatom über dem linken Außenknöchel, Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk [OSG] schmerzbedingt aufgehoben, Bandstabilität am Außenknöchel scheint gegeben, Prüfung schmerzbedingt nicht möglich) und des Ergebnisses der Röntgenuntersuchung (kein Anhalt für Fraktur oder Luxation am linken OSG) eine schwere OSG-Distorsion links diagnostizierte (vgl. Durchgangsarztbericht vom 26.04.2006, Bl. 1 VerwA). Am 08.05.2006 führte Dr. W. im Rahmen einer ambulanten Operation eine Hämatomausräumung über dem Außenknöchel durch. Anlässlich der am 02.06.2006 bei Dr. W. erfolgten Wiedervorstellung beklagte die Klägerin Beschwerden im Bereich der Streckseite der 1. bis 3. Zehe, worauf Dr. W. eine neurologische Untersuchung veranlasste, die am selben Tag bei dem Facharzt für Neurologie Dr. B. durchgeführt wurde, wo die Klägerin Gefühlsstörungen und Schmerzen in den ersten drei Zehen des linkes Fußes (brennender Charakter der Schmerzen, ohne Unterschied beim Laufen oder Liegen) beklagte. Dr. B. führte in seinem Befundbericht vom 02.06.2006 nach neurologischer Untersuchung der Klägerin aus, die beschriebene Gefühlsstörung sei am ehesten dem Versorgungsgebiet des N. peronaeus, in geringen Teilen auch dem N. tibialis links zuzuordnen. Elektrophysiologisch sei im Moment weder ein Tarsaltunnelsyndrom noch ein sog. vorderes Tarsaltunnelsyndrom (N. peronaeus) am linken Fuß fassbar, wobei die Beschwerden trotzdem glaubhaft seien (vgl. Befundbericht vom 02.06.2006, Bl. 4 VerwA). Im weiteren Verlauf wurde die Klägerin am 26.06.2006 aus der ambulanten Behandlung entlassen. Am 03.07.2006 nahm sie ihre Arbeit wieder auf.
Am 31.05.2007 stellte sich die Klägerin erneut in der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Kreiskrankenhauses S. vor, wobei sie bei dem nunmehrigen Chefarzt Dr. A. über weiterhin bestehende Schmerzen im Bereich der Narbe am linken Außenknöchel, ein Taubheitsgefühl am Fußaußenrand bis zu den Zehen 3 bis 5 und eine Pelzigkeit am lateralen Fußrand bis zu den Zehen 2 bis 5, ohne Brennschmerz, klagte. Dr. A. fand das OSG frei beweglich und die Narbe reizlos, aber druckempfindlich (vgl. Zwischenbericht vom 31.05.2007, Bl. 19 VerwA). Zum Ausschluss eines eventuell zwischenzeitlich aufgetretenen Nervenengpasssyndroms veranlasste er eine nochmalige Vorstellung bei Dr. B. , der die Klägerin am 06.06.2007 untersuchte. In seinem Befundbericht vom selben Tag führte Dr. B. zusammenfassend aus, die Klägerin habe bei der letzten Untersuchung andere Grenzen der Gefühlsstörung angegeben als nunmehr, weshalb die Gefühlsstörung schwer einzuschätzen sei. Unstrittig sei jedoch ein neuralgieform erscheinender Schmerz im linken Unterschenkel mit Provokation durch Beklopfen der Narbe im Bereich des linken Außenknöchels. Diese Beschwerdesymptomatik sei eindeutig unfallabhängig. Eine umschriebene Nervenläsion lasse sich nicht fassen (vgl. Befundbericht vom 06.06.2007, Bl. 17 VerwA). Anlässlich einer Nachuntersuchung bei Dr. A. am 09.08.2007 beklagte die Klägerin nach wie vor starke Schmerzen mit Berührungsempfindlichkeit und Belastungsschmerz im Bereich des linken Außenknöchels. Die daraufhin veranlasste MRT-Untersuchung zeigte einen Knopeldefekt, worauf im Rahmen einer stationären Behandlung am 20.08.2007 eine Sprunggelenksarthroskopie durchgeführt wurde (Diagnose: tiefsitzender Knorpelknochendefekt des medialseitigen Tibiadomes am linken OSG mit Begleitsynovialitis, vgl. Bericht vom 21.08.2007, Bl. 30 VerwA). Nachfolgende Kontrolluntersuchungen erfolgten durch Dr. A. , der in seinem Zwischenbericht vom 19.11.2007 (Bl. 81 VerwA) über ein sehr zögerliches und immer noch hinkendes Gangbild der Klägerin berichtete sowie Klagen über Schmerzen im gesamten Sprunggelenksbereich. Anlässlich der sodann von der Beklagten veranlassten Vorstellung der Klägerin in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (BG-Klinik) am 04.12.2007 hielt Prof. Dr. W. im Hinblick auf die beklagte Dystrophie und Gangstörung des linken Fußes ein stationäres Heilverfahren für erforderlich, das sodann vom 12.12.2007 bis 08.02.2008 durchgeführt wurde. Es erfolgte eine komplex-stationäre Rehabilitation mit individuell angepasster Schmerztherapie und psychologischer Mitbetreuung. Dabei war am 15.01.2008 im Bereich des linken OSG im Rahmen einer weiteren Arthroskopie ein Gelenkdebridement (Gelenktoilette) und eine Knorpelglättung durchgeführt worden (vgl. Befund- und Entlassungsbericht vom 20.02.2008, Bl. 108 VerwA).
Zur Feststellung von Unfallfolgen veranlasste die Beklagte das Gutachten des PD Dr. G. , Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie im K. S. , der die Klägerin im März 2008 untersuchte. Als Unfallfolgen beschrieb er eine Narbenbildung über dem Außenknöchel links und eine Berührungsempfindlichkeit im Narbenbereich mit einschießenden Schmerzen in den Fuß. Den mehr als 14 Monate nach dem Unfallereignis im August 2007 diagnostizierten Knorpelschaden an der medialen Talusschulter und somit an typischer Stelle für eine Osteochondrosis dissecans führte er nicht auf das Unfallereignis zurück, da sich ein zeitlicher Zusammenhang nicht herstellen lasse und die Röntgenaufnahmen am Unfalltag keine Traumafolgen zeigten.
Mit Bescheid vom 28.05.2008 lehnte es die Beklagte ab, Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Unfalls vom 26.04.2006 zu erbringen, weil - so der Verfügungssatz - der Knorpelknochendefekt (Osteochondrosis dissecans) und das chronische Schmerzsyndrom nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen seien. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Facharztes für Unfallchirurgie Dr. B. mit Widerspruchsbescheid vom 29.08.2008 zurück.
Am 09.09.2008 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, der Schaden an ihrem linken Fuß sei auf den Arbeitsunfall zurückzuführen.
Das SG hat das Gutachten des Dr. D. , Oberarzt in der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Wiederherstellungschirurgie des M. S. , auf Grund Untersuchung der Klägerin im April 2009 eingeholt, der Unfallfolgen von Seiten des unfallchirurgischen Fachgebietes verneint hat; die Osteochondrosis dissecans sei unfallunabhängig aufgetreten. Im Hinblick auf die beklagten Sensibilitätsstörungen im Bereich des linken Fußes hat er die Einholung eines neurologischen Gutachtens für erforderlich erachtet.
Das SG hat sodann den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dieser hat auf Grund seiner Untersuchungen vom 22.08.2006 und 23.07.2009 sowie neurophysiologischer Diagnostik von einer mäßiggradigen Druckschädigung des N. peronaeus communis und des N. tibialis links berichtet, die auf den Unfall zurückzuführen sei. Sodann hat das SG das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. V. (Untersuchung im November 2009) eingeholt, der ein neuropathisches Schmerzsyndrom am linken Fuß diagnostiziert hat. Unfallunabhängig liege eine Schmerzfehlverarbeitung vor. Die von Dr. F. beschriebenen neurophysiologischen Veränderungen seien nicht dem Unfall zuzuordnen, da Dr. B. ein Jahr nach dem Unfall keine fassbaren Nervenschädigungen gefunden habe.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG das Gutachten des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. S. auf Grund Untersuchung der Klägerin im Juli 2010 eingeholt, der allein das von Dr. V. beschriebene neuropathische Schmerzsyndrom dem Unfall zugeordnet hat. Die Osteochondrosis dissecans hat er für unfallunabhängig erachtet. Das SG hat sodann das weitere Gutachten gemäß § 109 SGG des Neurologen Dr. S. , Oberarzt in der Neurologischen Klinik im B. S. , eingeholt, der die Klägerin im Januar 2011 untersucht hat und von einer unfallbedingten Schädigung des N. peronaeus und des N. suralis mit nachfolgender Entwicklung eines kombinierten chronischen neuropathischen Schmerzsyndroms im Sinne einer Kausalgie und eines Neuromschmerzes ausgegangen ist. Hierdurch bestünden funktionelle Einschränkungen in Form sensibler Reiz- und Ausfallserscheinungen am distalen linken Oberschenkel, an der Fußaußenseite und des Fußrückens links sowie in Form einer schmerzbedingt verminderten Belastbarkeit des linken Fußes mit leichtem Schmerzhumpeln links und ferner schmerzbedingte Ein- und Durchschlafstörungen. Die Abweichung zu dem Gutachten des Dr. V. hat er damit begründete, dass die vermeintlich unauffälligen neurographischen Befunde des Dr. B. eindeutig pathologisch im Sinne einer axonalen Schädigung des N. peronaeus gewesen seien.
Zu den hiergegen von der Beklagten unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. S. erhobenen Einwendungen (u.a. auf Grund Unfallmechanismus direkte Nervenläsion schwerlich vorstellbar, EMG vom 02.06.2006 unauffällig, spätere EMG-Befunde bewiesen keinen Unfallzusammenhang, Angabe der Beschwerden variiere und weite sich aus, Hinweise auf Aggravation und Simulation) hat das SG die ergänzende Stellungnahme des Dr. S. eingeholt, der an seiner Auffassung festgehalten hat, worauf die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. S. vorgelegt hat, der das Gutachten des Dr. S. nicht für verwertbar erachtet hat.
Mit Urteil vom 14.05.2012 hat das SG den Bescheid vom 28.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.08.2008 abgeändert und als Unfallfolge ein neuropathisches Schmerzsyndrom ohne Nervenläsion mit einhergehenden Gefühlsstörungen festgestellt. Soweit die Klägerin darüber hinausgehend die Feststellung einer traumatischen Schädigung des N. peronaeus und des N. suralis im Sinne einer Kausalgie und eines Neuromschmerzes sowie die von Dr. S. beschriebenen funktionellen Einschränkungen als Unfallfolgen beantragt hat, hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich hierbei insbesondere auf das Gutachten des Dr. V. gestützt. Von einer unfallbedingt aufgetretenen Nervenschädigung hat es sich auf Grund des Gutachtens des Dr. S. nicht überzeugen können.
Gegen das ihren Bevollmächtigten am 25.05.2012 und der Beklagten am 29.05.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.06.2012 Berufung und die Beklagte am 04.07.2012 Anschlussberufung eingelegt.
Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, dass unfallbedingt Nervenläsionen mit Schmerzzuständen eingetreten seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.05.2012 abzuändern und unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 28.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.08.2008 die Unfallfolgen wie folgt festzustellen:
Schädigung des Nervus peronaeus und des Nervus suralis mit neuropathischem Schmerzsyndrom, Minderbelastbarkeit des linken Fußes und sensiblen Reiz- und Ausfallerscheinungen am distalen linken Unterschenkel, der Fußaußenseite und des Fußrückens
sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.05.2012 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die vom SG festgestellten Unfallfolgen nicht für überzeugend. Insbesondere sei das festgestellte Schmerzsyndrom und die Gefühlsstörung nicht lokalisiert und deren Dauer nicht angegeben, zumal Dr. V. eine Ausweitung der Schmerzen sogar bis zum Knie und dem Oberschenkel beschrieben und eine Gefühlsstörung als Unfallfolge gerade nicht bejaht habe.
Der Senat hat das Gutachten nach Aktenlage des Prof. Dr. L. , Ärztlicher Direktor in der Neurologischen Universitätsklinik der Universitäts- und Rehabilitationskliniken U. , eingeholt. Der Sachverständige hat als Unfallfolge ein dauerhaftes neuralgiformes Schmerzsyndrom auf Grund posttraumatischer Läsion des N. peronaeus und N. suralis am linken Fuß mit begleitenden Sensibilitätsstörungen und Atrophie eines Teiles der kleinen Fußmuskulatur links beschrieben. Zutreffend habe Dr. S. auf Grund der von Dr. B. dokumentierten Messwerte eine Läsion des N. peronaeus und N. suralis bejaht. Dr. V. habe den Befundungsfehler des Dr. B. , der die erhobenen Messwerte der Neurographie zu Unrecht als komplett unauffällig beschrieben habe, übersehen. Vielmehr habe sich bereits am 02.06.2006 ein axionaler Schaden des N. peronaeus links gezeigt, der sich ein Jahr später noch intensiviert habe.
Hiergegen hat die Beklagte die weitere beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. S. vorgelegt, wonach die Messwerte des Dr. B. - mit nur einer Ausnahme - Normalbefunde gewesen seien. Soweit die Amplitude des motorischen Summenantwortpotentials mit 3,1 mV tatsächlich niedrig gewesen sei, habe Prof. Dr. L. unberücksichtigt gelassen, dass der Fuß der Klägerin stark angeschwollen gewesen sei und Ödeme Amplituden bekanntlich deutlich verkleinern oder sogar gegen 0 bringen lassen könnten. Nicht überzeugend sei auch die Diagnose eines neuralgischen Schmerzsyndroms, da der immer wieder beklagte Dauerschmerz mit einer Neuralgie nicht vereinbar sei und die Beschwerden im Juni 2007 im Vergleich zum Vorjahr auch abweichend geschildet worden seien.
Hierzu hat der Senat die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. L. eingeholt, der an seinem bisherigen Standpunkt festgehalten hat. Hierzu hat die Beklagte wiederum eine beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. S. vorgelegt.
Im Hinblick auf die von Dr. S. in Betracht gezogene Verfälschung der von Dr. B. dokumentierten Messwerte durch ein Ödem hat der Senat Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dr. B. hat mitgeteilt, nicht über eine Befunddokumentation zu verfügen, die über den Bericht vom 02.06.2006 hinausgeht, weshalb er zu einem seinerzeit eventuell vorhanden gewesenen Ödem keine Angaben machen könne. Er hat im Übrigen die Auffälligkeit eines Wertes in seinen Befunden bestätigt. Dr. N. , nunmehr Chefarzt in der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie des früheren Kreiskrankenhauses S. (jetzt: R. Klinik S. ), hat auf Anfrage des Senats anhand der ihm vorliegenden Patientendokumentation über die erfolgten Vorstellungen seit 02.06.2006 berichtet, wobei für den Untersuchungstag 02.06.2006 keine Schwellung dokumentiert ist.
Der Senat hat den Sachverständigen Prof. Dr. L. schließlich mit einer ergänzenden Begutachtung auf Grund Untersuchung der Klägerin, die im Juni 2015 erfolgt ist, beauftragt. Als Unfallfolgen hat der Sachverständige nunmehr eine Schädigung des linken N. peronaeus (Endäste des N. peronaeus superficialis und N. peroneus profundus) und des N. suralis im Bereich des linken Fußes mit neuralgischem Schmerzsyndrom beschrieben. Hinweise auf ein chronisch regionales Schmerzsyndrom hat er verneint. Hierzu hat die Beklagte die weitere beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. S. vorgelegt, der weiterhin eine Nervenläsion verneint hat; entsprechende Beschwerden träten eher mit chirurgischen Unfallfolgen auf.
Der Senat hat schließlich das Gutachten des Dr. B. , Arzt für Orthopädie/Unfallchirurgie im B. U. , auf Grund Untersuchung der Klägerin im Dezember 2015 eingeholt. Dieser hat eine geringe Bewegungseinschränkung im OSG links beschrieben, die der Osteochondrosis dissecans und der sich zwischenzeitlich entwickelnden Sekundärarthrose zuzuordnen sei. Hiervon abgrenzbar sei der erlittene Nervenschaden mit neuralgischem Schmerzsyndrom, der den Hauptschaden darstelle.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist ebenso wie die Anschlussberufung der Beklagten zulässig, allerdings ist lediglich die Berufung der Klägerin begründet, während die Berufung der Beklagten erfolglos bleibt.
Die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt die Klägerin die Aufhebung der die Gewährung von Leistungen pauschal ablehnenden Verwaltungsentscheidungen - weil diese andernfalls bei zu treffender Feststellung von Unfallfolgen einer künftigen Leistungsgewährung entgegenstünden - sowie - weil die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, weil - so der Verfügungssatz des Bescheides - keine Unfallfolgen verblieben seien und damit die Anerkennung von Unfallfolgen ablehnt - die gerichtliche Feststellung fortbestehender Unfallfolgen.
Rechtsgrundlage für das Feststellungsbegehren ist § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG. Danach kann mit der Klage die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung die Folge eines Arbeitsunfalls ist. Weil die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, weil keine Unfallfolgen verblieben seien, liegt ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung vor.
Das SG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin als Folge des am 26.04.2006 erlittenen Unfalls, bei dem sie sich eine Verletzung im Bereich des linken Außenknöchels zuzog, an einem neuropathischen Schmerzsyndrom leidet. Zutreffend hat das SG diese Erkrankung daher als Unfallfolge festgestellt. Unfallfolge ist darüber hinaus aber auch die in diesem Bereich vorliegende Schädigung des N. peronaeus und des N. suralis, die das SG damit gleichermaßen als Unfallfolge hätte feststellen müssen. Ein Feststellungsinteresse besteht darüber hinaus an den hieraus resultierenden funktionellen Beeinträchtigung, mithin der Minderbelastbarkeit des linken Fußes auf Grund der Schmerzhaftigkeit und den sensiblen Reiz- und Ausfallerscheinungen am distalen linken Unterschenkel, der Fußaußenseite und des Fußrückens.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) Unfälle von Versicherten in Folge einer dem Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Vorliegend ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Klägerin am 26.04.2006 einen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII erlitt. Nachdem die Klägerin ihr ursprüngliches Begehren auf Feststellung des Knorpelknochendefekts (Osteochondrosis dissecans) als Unfallfolge schon zuletzt im Klageverfahren nicht mehr aufrecht erhalten und im Berufungsverfahren ausdrücklich klargestellt hat, dass diese Erkrankung unfallunabhängig auftrat, steht (auch) im Berufungsverfahren lediglich (noch) im Streit, ob die Klägerin als Folge des Unfalls an einem neuropathischen Schmerzsyndrom mit Nervenschädigung und den geltend gemachten, damit verbundenen Beeinträchtigungen leidet. Dies bejaht der Senat.
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Kann dagegen das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele (conditio sine qua non), ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden - ggf. auch vor dem Hintergrund anderer, unfallunabhängiger Ursachen im naturwissenschaftlichen Sinn - wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung müssen erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.
Vorliegend ist hinreichend wahrscheinlich, dass der Arbeitsunfall vom 26.04.2006 naturwissenschaftliche Ursache für das bei der Klägerin aufgetretene neuropathische Schmerzsyndrom und die Schädigung des N. peronaeus und des N. suralis ist.
Davon, dass bei der Klägerin ein neuropathisches Schmerzsyndrom vorliegt, gehen sämtliche mit den Beeinträchtigungen der Klägerin von neurologischer Seite befassten Sachverständigen aus. So haben sowohl die vom SG hinzugezogenen Sachverständigen Dr. V. und Dr. S. im Bereich des linken Fußes der Klägerin ein neuropathisches Schmerzsyndrom diagnostiziert als auch der vom Senat mit einer weiteren Begutachtung beauftragte Sachverständige Prof. Dr. L. , der dieses Krankheitsbild in seinem zunächst vorgelegten Gutachten als neuralgiformes Schmerzsyndrom und im Rahmen seiner zuletzt auf Grund Untersuchung der Klägerin dann gemachten Ausführungen als neuralgisches Schmerzsyndrom bzw. als neuropathische Schmerzen bezeichnet hat. Der Sache nach haben die Sachverständigen hiermit übereinstimmend ein Krankheitsbild im Bereich des linken Außenknöchels angenommen, das als Schmerzsituation im Ausbreitungsgebiet eines oder mehrerer Nerven zu beschreiben ist, ohne dass mit den abweichenden Bezeichnungen eine diskrepante Beurteilung verbunden wäre. Von diesem Krankheitsbild ist im Übrigen auch Dr. B. ausgegangen, der die Klägerin am 02.06.2006 und erneut am 06.06.2007 untersuchte. Denn obwohl er in seinem Befundbericht vom 06.06.2007 ausführte, dass die von der Klägerin beklagten Gefühlsstörungen, die sie bei der letzten Untersuchung mit anderen Grenzen als ein Jahr zuvor angegeben habe, schwer einzuschätzen seien, gab er als Diagnose "neuralgiforme Beschwerden" an und bekräftigte diese Diagnose in seiner zusammenfassenden Beurteilung dann damit, dass er den neuralgiform erscheinenden Schmerz als unstrittig bezeichnete und dementsprechend auch eine Behandlung mit Gabapentin, einem Arzneistoff aus der Gruppe der Antikonvulsiva, der zur Behandlung neuroptischer Schmerzen eingesetzt wird, einleitete. Der Senat sieht keine Gründe, weshalb die von diesen Fachärzten für Neurologie übereinstimmend erfolgte diagnostische Zuordnung der von der Klägerin beklagten Beschwerdesituation in Form von Schmerzen sowie sensiblen Reiz- und Ausfallerscheinungen, insbesondere in Form von Parästhesien, Hypästhesien und Hypalgesien zweifelhaft sein sollte.
Eine nachvollziehbare Begründung, die maßgebliche Zweifel an der Zuordnung der von der Klägerin beklagten Beschwerdesituation zu diesem Krankheitsbild aufkommen lassen könnten, vermag der Senat auch den Ausführungen der Beklagten nicht zu entnehmen. Insbesondere ergeben sich solche auch nicht aus den von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen der hinzugezogenen Beratungsärzte. Die beratungsärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. S. kann begründete Zweifel schon deshalb nicht aufkommen lassen, weil dieser lediglich die ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. referiert und dann ohne weitere Begründung konstatiert, dass "ein CRPS/Kausalgie/Schmerzsyndrom" nicht im Vollbeweis gesichert sei, weil die diagnostischen Kriterien nicht beachtet worden seien. Denn damit bleibt offen, unter welchen Voraussetzungen seines Erachtens die Diagnose eines neuropathisches Schmerzsyndrom gerechtfertigt wäre und welche Kriterien vorliegend gerade nicht erfüllt sein sollen. Soweit auch Dr. S. die von Dr. S. gestellten Diagnosen nicht als gesichert angesehen und dies mit den variierenden Angaben zur Ausdehnung der Schmerzen und Sensibilitätsstörungen sowie den sich aus dem Gutachten des Dr. V. ergebenden Hinweisen auf Aggravation und Somatisierung begründet hat, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Denn neben Dr. B. haben sämtliche mit der Beschwerdesituation der Klägerin befassten Sachverständigen die insoweit angesprochene uneinheitliche Beschwerdeschilderung im Rahmen ihrer Beurteilung berücksichtigt und diskutiert und die Beschwerdeangaben der Klägerin gleichwohl für glaubhaft gehalten. Auch Dr. V. hat trotz der von ihm angenommenen Schmerzfehlverarbeitung das Vorliegen eines neuropathischen Schmerzsyndroms nicht in Zweifel gezogen und ist durchgehend vom Vorliegen eines entsprechenden Krankheitsbildes ausgegangen. Dementsprechend hat er auch die hierdurch bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit seit Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit am 03.07.2006 gleichbleibend eingeschätzt. Soweit er eine Schmerzfehlverarbeitung angenommen hat, hat er diese erst im Anschluss an das erste Jahr nach dem Unfall gesehen und hervorgehoben, dass diese gerade von dem neuropathischen Schmerzsyndrom abgrenzbar sei. Soweit Dr. S. auf die im Gutachten des Dr. V. enthaltenen Hinweise auf Aggravation Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass er dies aus den durchgeführten Testungen "Beck-Depressionsinventar" und "Symptom-Check-Liste SCL-90-R" ableitet, wobei die Klägerin in ersterem entgegen der Anweisung teilweise mehr als zwei Antworten pro Frage gegeben und teilweise gegensätzliche Angaben gemacht hat (bspw. "Ich bin traurig" und "Ich bin nicht traurig"), weshalb Dr. V. die Testung nicht für verwertbar gehalten hat. Soweit die Klägerin in dem zuletzt genannten Test durchgehend maximal erhöhte Werte angegeben hat, hat Dr. V. die Beurteilbarkeit für zweifelhaft erachtet, weil neben einem betonten Verhalten auch denkbar gewesen ist, dass die Klägerin - ebenso wie schon bei dem Beck-Depressionsinventar - den Ablauf der Testung nicht verstanden hat. Auch soweit Dr. V. die im Rahmen des Befundes zur Motorik von der Klägerin gezeigte Wechselinnervation bei der Paresenprüfung als Hinweis auf eine Verdeutlichungstendenz gewertet hat, weckt dies keine Zweifel am Vorliegen eines Schmerzssyndroms. Sonstige Hinweise auf Aggravation finden sich in den vorliegenden Akten, insbesondere in den übrigen Gutachten nicht. Dass die Klägerin an Schmerzen leidet, hat auch Dr. V. im Rahmen seiner Untersuchung zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen, ebenso wenig wie sämtliche behandelnden Ärzte und Gutachter. Dabei gab die Klägerin von Anfang an massive Schmerzzustände an. Gerade diese Beschwerdeangaben führten dann zu erheblichen Eingriffen (zweimalige Arthroskopie des linken Sprunggelenkes wegen der im Rahmen der Klärung der Schmerzzustände als Zufallsbefund entdeckte Osteochondrosis dissecans, vgl. Dr. B. Bl. 186 LSG-Akte). Vor diesem Hintergrund misst der Senat der von Dr. V. angenommenen Verdeutlichungstendenz bzw. Schmerzausweitung (Schmerzfehlverarbeitung) keine ausschlaggebende Bedeutung zu und sieht das Schmerzsyndrom als nachgewiesen an.
Auf der Grundlage der übereinstimmenden Einschätzungen der Sachverständigen Dr. V. , Dr. S. und Prof. Dr. L. sowie des Dr. B. hat der Senat auch keine Zweifel, dass das neuropathische Schmerzsyndrom als Folge des Unfalls bzw. auf Grund von Unfallfolgen aufgetreten ist. Auch insoweit besteht Einigkeit zwischen diesen Ärzten, was ohne weiteres überzeugt, nachdem sich die bei der Klägerin am linken Fuß im Bereich des Außenknöchels bestehende Symptomatik in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang unfallbedingt in diesem Bereich aufgetretenen Hämatoms entwickelte. Dabei kann offen bleiben, ob diese Erkrankung unmittelbare Folge des Aufpralls der ins Rollen gekommenen Eisenstange im Bereich des Außenknöchels ist oder Folge des dadurch aufgetretenen Hämatoms bzw. der insoweit notwendig gewordenen Ausräumung. Denn Unfallfolge ist insoweit auch eine nur mittelbar aufgetretene Erkrankung, die durch das Hämatom selbst oder durch die nachfolgend durchgeführte Ausräumung verursacht wurde.
Entgegen der Ansicht des SG ist darüber hinaus auch hinreichend wahrscheinlich, dass das aufgetretene Hämatom bzw. dessen Ausräumung zu einer Schädigung des N. peronaeus und des N. suralis führte.
Eine entsprechende Nervenschädigung hat neben Dr. F. insbesondere der Sachverständige Dr. V. beschrieben, wobei die insoweit dokumentierte Schädigung als solche auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen wird. Diese verneint vielmehr lediglich einen ursächlichen Zusammenhang mit dem angeschuldigten Unfall. Soweit Dr. S. insoweit allein schon im Hinblick auf den Unfallmechanismus Zweifel geäußert hat (vgl. beratungsärztliche Stellungnahme vom 25.05.2011, Bl. 221 SG-Akte), ist dieser Gesichtspunkt nicht relevant, da auch die Sachverständigen, die einen Unfallzusammenhang bejaht haben, diesen nicht mit dem Aufprall der Eisenstange im Bereich des linken Außenknöchels der Klägerin begründet haben, sondern mit dem hierdurch aufgetretenen Hämatom bzw. einer im Rahmen der Ausräumung verursachten Schädigung und daher den Nervenschaden nicht als unmittelbare, sondern als mittelbare Unfallfolge beurteilt haben.
Für den Senat schlüssig und nachvollziehbar haben dabei Dr. S. und Prof. Dr. L. übereinstimmend dargelegt, dass sowohl die vorhanden gewesene massive Schwellung im Bereich des Außenknöchels auf Grund ihrer Raumforderung, insbesondere das Hämatom, als auch der chirurgische Eingriff zur Ausräumung des Hämatoms geeignet waren, eine Schädigung der dortigen Nervenbahnen, namentlich des N. peronaeus und des N. suralis zu verursachen und die später dokumentierten Schäden auch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf diese Umstände zurückzuführen sind.
Für den Senat überzeugend haben die Sachverständigen dies damit begründet, dass in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem chirurgischen Eingriff klinische Symptome eines entsprechenden Schadens auftraten (Sensibilitätsstörungen im Ausbreitungsgebiet des N. peronaeus und des N. suralis ) und auch die von Dr. B. am 02.06.2006 erhobenen neurographischen Befunde bereits hierauf hinwiesen. Soweit Dr. V. in seinem für das SG erstatteten Gutachten auf der Grundlage der Befundberichte des Dr. B. vom 02.06.2006 und 06.06.2007, wonach die neurographischen Befunde jeweils unauffällig gewesen seien, einen entsprechenden Zusammenhang deshalb verneint hat, weil Dr. B. selbst ein Jahr nach dem Unfall bei den neurophysiologischen Messungen keine fassbaren Veränderungen gefunden habe, ist dies ausgehend von seiner Annahme zwar nachvollziehbar. Allerdings trifft es gerade nicht zu, wie Dr. S. im Rahmen seines Gutachtens herausgearbeitet hat, dass Dr. B. unauffällige Befunde erhob. Dr. S. hat vielmehr deutlich gemacht, dass Dr. B. die von ihm erhobenen neurographischen Befunde zwar als unauffällig beschrieb, bei genauer Durchsicht der Einzelwerte sich jedoch pathologische Werte zeigten, da im Sinne einer axonalen Schädigung zu wertende Amplitudenminderungen der distalen motorischen Antwortpotentiale des N. peronaeus dokumentiert wurden, und zwar sowohl bei der Erst- als auch bei der Kontrolluntersuchung. Bestätigt hat dies der vom Senat im Berufungsverfahren ergänzend hinzugezogene Sachverständige Prof. Dr. L. , der gleichermaßen hervorgehoben hat, dass die erhobenen Messwerte keinesfalls unauffällig waren. Auch er hat die entsprechenden Messwerte als axonale Schädigung des N. peronaeus interpretiert und deutlich gemacht, dass sich dieser Schaden im Jahresverlauf intensivierte, nachdem ausgehend von einer Amplitude von lediglich noch 3,1 mV im Juni 2006 ein Jahr später nur noch eine Amplitude von 1,7 mV ableitbar war. Schließlich hat Dr. B. in seiner Aussage gegenüber dem Senat seine damalige Beurteilung revidiert und den Wert von 1,7 mV selbst als auffällig bezeichnet. Damit steht fest, dass bereits unfallnah pathologische Werte erhoben wurden, die sich zunehmend verschlechterten, was es als hinreichend wahrscheinlich erscheinen lässt, dass die Nervenschädigung als mittelbare Unfallfolge auftrat.
Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Beratungsarztes Dr. S. insoweit geltend macht, mit einem auffälligen Messwert im Rahmen der Neurographie könne ein Nervenschaden nicht nachgewiesen werden, weil sich der gemessene Wert auch durch einen Messfehler auf Grund eines Ödems erklären lasse, mag dies im Grundsatz zutreffen. Allerdings sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, die darauf hinweisen würden, dass bei der Klägerin an den jeweiligen Untersuchungstagen ein Ödem vorlag, durch das die Messwerte hätten beeinflusst werden können. Denn Dr. B. hat in seinen ausführlichen Befundberichten vom 02.06.2006 und 06.06.2007 kein Ödem dokumentiert und auch Dr. W. sowie Dr. A. , auf dessen Veranlassung die jeweiligen neurologischen Untersuchungen erfolgten, dokumentierten im Zusammenhang mit den zuvor erfolgten Vorstellung am 02.06.2006 und 31.05.2007 kein Ödem, wie der Auskunft des Dr. N. auf der Grundlage der Patientenakte der Klägerin bezüglich des 02.06.2006 und dem Zwischenbericht des Dr. A. vom 31.05.2007 entnommen werden kann. Somit ist auch nicht festzustellen, dass den pathologischen Messwerten Messfehler zu Grunde gelegen haben.
Auch der weitere Einwand des Dr. S. , dass bei einer Schädigung des N. peronaeus auch der M. extensor digitorum brevis Auffälligkeiten hätte zeigen müssen, die Nadelabteilung insoweit jedoch unauffällig gewesen sei, schließt eine Schädigung des N. peronaeus nicht aus. Insoweit hat Prof. Dr. L. zwar eingeräumt, dass mit dem von Dr. B. am 02.06.2006 durchgeführten EMG keine akute Denervierung des M. extensor digitorum brevis nachgewiesen wurde. Allerdings hat er für den Senat überzeugend hervorgehoben, dass gleichwohl bei dieser ersten neurologischen Untersuchung klinische Sensibilitätsstörungen entsprechend dem Ausbreitungsgebiet des N. peronaeus (und teilweise auch des N. tibialis), nämlich im Bereich der ersten drei Zehen links, beklagt wurden und auch eindeutig eine zu niedrige Amplitude des motorischen Muskelsummenaktionspotentials (MSAP) des N. peronaeus vorlag. Nachdem sich dieser Befund dann zunehmend verschlechterte und die Klägerin kontinuierlich über Sensibilitätsstörungen und Schmerzen im Versorgungsgebiet des N. peronaeus klagte, sieht der Senat - ebenso wie Prof. Dr. L. - keinen hinreichenden Grund dafür, sämtliche Beschwerden der Klägerin nunmehr als psychische Überlagerung zu werten und damit den dokumentierten Erstschaden unbeachtet zu lassen. Entgegen der Ansicht des Dr. S. hat der Sachverständige die von ihm angenommene Nervenläsion damit gerade auch nicht "allein" auf die verminderte Amplitude des distalen motorischen Summenantwortpotentials gestützt. Schließlich könnte das von Dr. S. bemängelte Fehlen von Spontanaktivität bei der Nadelableitung - so Prof. Dr. L. weiter - auch auf andere Ursachen zurückgeführt werden, nämlich eine mangelnde schmerzbedingte Entspannung der Klägerin, die zeitliche Latenz zum Schädigungsereignis oder die im Vordergrund stehenden sensiblen Beschwerden.
Soweit Dr. S. im Anschluss an die von dem Sachverständigen Prof. Dr. L. ergänzend durchgeführte Untersuchung der Klägerin die nun beschriebenen Beschwerden eher den chirurgischen Unfallfolgen (richtig: dem behandelten Knorpelknochenschaden, der unstreitig unfallunabhängig entstanden ist) zugeordnet hat, überzeugt dies den Senat nicht. Denn der vom Senat zur Klärung dieser Frage hinzugezogene Sachverständige Dr. B. hat überzeugend dargelegt, dass der dokumentierte protrahierte Schmerzverlauf durch die Osteochondrose im Bereich des medialen Talus nicht erklärt werden kann und auch angesichts des Verlaufs dieser Erkrankung mit Ausnahme der verbliebenen geringen Bewegungseinschränkung, die auf die Osteochondrose und die geringe Sekundärarthrose zurückzuführen ist, keine relevante Funktionseinschränkung zu erwarten ist. Entsprechend hat der Sachverständige das beklagte Schmerzsyndrom auch nicht seinem Fachgebiet zugeordnet und dieses vielmehr durch das aus seiner Sicht schlüssige neurologische Gutachten des Prof. Dr. L. beschrieben gesehen.
Im Ergebnis sind über das vom SG bereits festgestellte neuropathische Schmerzsyndrom hinaus somit neben der Schädigung des N. peronaeus und des N. suralis auch die damit verbundenen funktionellen Einschränkungen - wie übereinstimmend von den Sachverständigen Dr. S. und Prof. Dr. L. dargelegt - in Form einer Minderbelastbarkeit des linken Fußes mit sensiblen Reiz- und Ausfallerscheinungen am distalen linken Unterschenkel, der Fußaußenseite und des Fußrückens als weitere Unfallfolgen festzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Schädigung des Nervus peronaeus und des Nervus suralis mit neuropathischem Schmerzsyndrom, Minderbelastbarkeit des linken Fußes und sensiblen Reiz- und Ausfallerscheinungen am distalen linken Unterschenkel, der Fußaußenseite und des Fußrückens.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Unfallfolgen streitig.
Die am 1950 geborene Klägerin erlitt am 26.04.2006 gegen 11.45 Uhr im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit als Maschinenarbeiterin bei der S. Metallwerk GmbH einen Arbeitsunfall, als ihr eine große und schwere, ins Rollen gekommene Eisenstange auf den linken Außenknöchel prallte.
Gegen 15.30 Uhr stellte sich die Klägerin im Kreiskrankenhauses S. bei dem damaligen Chefarzt der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Dr. W. vor, der auf Grund des klinischen Befundes (u.a. massive Schwellung und Hämatom über dem linken Außenknöchel, Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk [OSG] schmerzbedingt aufgehoben, Bandstabilität am Außenknöchel scheint gegeben, Prüfung schmerzbedingt nicht möglich) und des Ergebnisses der Röntgenuntersuchung (kein Anhalt für Fraktur oder Luxation am linken OSG) eine schwere OSG-Distorsion links diagnostizierte (vgl. Durchgangsarztbericht vom 26.04.2006, Bl. 1 VerwA). Am 08.05.2006 führte Dr. W. im Rahmen einer ambulanten Operation eine Hämatomausräumung über dem Außenknöchel durch. Anlässlich der am 02.06.2006 bei Dr. W. erfolgten Wiedervorstellung beklagte die Klägerin Beschwerden im Bereich der Streckseite der 1. bis 3. Zehe, worauf Dr. W. eine neurologische Untersuchung veranlasste, die am selben Tag bei dem Facharzt für Neurologie Dr. B. durchgeführt wurde, wo die Klägerin Gefühlsstörungen und Schmerzen in den ersten drei Zehen des linkes Fußes (brennender Charakter der Schmerzen, ohne Unterschied beim Laufen oder Liegen) beklagte. Dr. B. führte in seinem Befundbericht vom 02.06.2006 nach neurologischer Untersuchung der Klägerin aus, die beschriebene Gefühlsstörung sei am ehesten dem Versorgungsgebiet des N. peronaeus, in geringen Teilen auch dem N. tibialis links zuzuordnen. Elektrophysiologisch sei im Moment weder ein Tarsaltunnelsyndrom noch ein sog. vorderes Tarsaltunnelsyndrom (N. peronaeus) am linken Fuß fassbar, wobei die Beschwerden trotzdem glaubhaft seien (vgl. Befundbericht vom 02.06.2006, Bl. 4 VerwA). Im weiteren Verlauf wurde die Klägerin am 26.06.2006 aus der ambulanten Behandlung entlassen. Am 03.07.2006 nahm sie ihre Arbeit wieder auf.
Am 31.05.2007 stellte sich die Klägerin erneut in der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Kreiskrankenhauses S. vor, wobei sie bei dem nunmehrigen Chefarzt Dr. A. über weiterhin bestehende Schmerzen im Bereich der Narbe am linken Außenknöchel, ein Taubheitsgefühl am Fußaußenrand bis zu den Zehen 3 bis 5 und eine Pelzigkeit am lateralen Fußrand bis zu den Zehen 2 bis 5, ohne Brennschmerz, klagte. Dr. A. fand das OSG frei beweglich und die Narbe reizlos, aber druckempfindlich (vgl. Zwischenbericht vom 31.05.2007, Bl. 19 VerwA). Zum Ausschluss eines eventuell zwischenzeitlich aufgetretenen Nervenengpasssyndroms veranlasste er eine nochmalige Vorstellung bei Dr. B. , der die Klägerin am 06.06.2007 untersuchte. In seinem Befundbericht vom selben Tag führte Dr. B. zusammenfassend aus, die Klägerin habe bei der letzten Untersuchung andere Grenzen der Gefühlsstörung angegeben als nunmehr, weshalb die Gefühlsstörung schwer einzuschätzen sei. Unstrittig sei jedoch ein neuralgieform erscheinender Schmerz im linken Unterschenkel mit Provokation durch Beklopfen der Narbe im Bereich des linken Außenknöchels. Diese Beschwerdesymptomatik sei eindeutig unfallabhängig. Eine umschriebene Nervenläsion lasse sich nicht fassen (vgl. Befundbericht vom 06.06.2007, Bl. 17 VerwA). Anlässlich einer Nachuntersuchung bei Dr. A. am 09.08.2007 beklagte die Klägerin nach wie vor starke Schmerzen mit Berührungsempfindlichkeit und Belastungsschmerz im Bereich des linken Außenknöchels. Die daraufhin veranlasste MRT-Untersuchung zeigte einen Knopeldefekt, worauf im Rahmen einer stationären Behandlung am 20.08.2007 eine Sprunggelenksarthroskopie durchgeführt wurde (Diagnose: tiefsitzender Knorpelknochendefekt des medialseitigen Tibiadomes am linken OSG mit Begleitsynovialitis, vgl. Bericht vom 21.08.2007, Bl. 30 VerwA). Nachfolgende Kontrolluntersuchungen erfolgten durch Dr. A. , der in seinem Zwischenbericht vom 19.11.2007 (Bl. 81 VerwA) über ein sehr zögerliches und immer noch hinkendes Gangbild der Klägerin berichtete sowie Klagen über Schmerzen im gesamten Sprunggelenksbereich. Anlässlich der sodann von der Beklagten veranlassten Vorstellung der Klägerin in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (BG-Klinik) am 04.12.2007 hielt Prof. Dr. W. im Hinblick auf die beklagte Dystrophie und Gangstörung des linken Fußes ein stationäres Heilverfahren für erforderlich, das sodann vom 12.12.2007 bis 08.02.2008 durchgeführt wurde. Es erfolgte eine komplex-stationäre Rehabilitation mit individuell angepasster Schmerztherapie und psychologischer Mitbetreuung. Dabei war am 15.01.2008 im Bereich des linken OSG im Rahmen einer weiteren Arthroskopie ein Gelenkdebridement (Gelenktoilette) und eine Knorpelglättung durchgeführt worden (vgl. Befund- und Entlassungsbericht vom 20.02.2008, Bl. 108 VerwA).
Zur Feststellung von Unfallfolgen veranlasste die Beklagte das Gutachten des PD Dr. G. , Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie im K. S. , der die Klägerin im März 2008 untersuchte. Als Unfallfolgen beschrieb er eine Narbenbildung über dem Außenknöchel links und eine Berührungsempfindlichkeit im Narbenbereich mit einschießenden Schmerzen in den Fuß. Den mehr als 14 Monate nach dem Unfallereignis im August 2007 diagnostizierten Knorpelschaden an der medialen Talusschulter und somit an typischer Stelle für eine Osteochondrosis dissecans führte er nicht auf das Unfallereignis zurück, da sich ein zeitlicher Zusammenhang nicht herstellen lasse und die Röntgenaufnahmen am Unfalltag keine Traumafolgen zeigten.
Mit Bescheid vom 28.05.2008 lehnte es die Beklagte ab, Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Unfalls vom 26.04.2006 zu erbringen, weil - so der Verfügungssatz - der Knorpelknochendefekt (Osteochondrosis dissecans) und das chronische Schmerzsyndrom nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen seien. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Facharztes für Unfallchirurgie Dr. B. mit Widerspruchsbescheid vom 29.08.2008 zurück.
Am 09.09.2008 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, der Schaden an ihrem linken Fuß sei auf den Arbeitsunfall zurückzuführen.
Das SG hat das Gutachten des Dr. D. , Oberarzt in der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Wiederherstellungschirurgie des M. S. , auf Grund Untersuchung der Klägerin im April 2009 eingeholt, der Unfallfolgen von Seiten des unfallchirurgischen Fachgebietes verneint hat; die Osteochondrosis dissecans sei unfallunabhängig aufgetreten. Im Hinblick auf die beklagten Sensibilitätsstörungen im Bereich des linken Fußes hat er die Einholung eines neurologischen Gutachtens für erforderlich erachtet.
Das SG hat sodann den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dieser hat auf Grund seiner Untersuchungen vom 22.08.2006 und 23.07.2009 sowie neurophysiologischer Diagnostik von einer mäßiggradigen Druckschädigung des N. peronaeus communis und des N. tibialis links berichtet, die auf den Unfall zurückzuführen sei. Sodann hat das SG das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. V. (Untersuchung im November 2009) eingeholt, der ein neuropathisches Schmerzsyndrom am linken Fuß diagnostiziert hat. Unfallunabhängig liege eine Schmerzfehlverarbeitung vor. Die von Dr. F. beschriebenen neurophysiologischen Veränderungen seien nicht dem Unfall zuzuordnen, da Dr. B. ein Jahr nach dem Unfall keine fassbaren Nervenschädigungen gefunden habe.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG das Gutachten des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. S. auf Grund Untersuchung der Klägerin im Juli 2010 eingeholt, der allein das von Dr. V. beschriebene neuropathische Schmerzsyndrom dem Unfall zugeordnet hat. Die Osteochondrosis dissecans hat er für unfallunabhängig erachtet. Das SG hat sodann das weitere Gutachten gemäß § 109 SGG des Neurologen Dr. S. , Oberarzt in der Neurologischen Klinik im B. S. , eingeholt, der die Klägerin im Januar 2011 untersucht hat und von einer unfallbedingten Schädigung des N. peronaeus und des N. suralis mit nachfolgender Entwicklung eines kombinierten chronischen neuropathischen Schmerzsyndroms im Sinne einer Kausalgie und eines Neuromschmerzes ausgegangen ist. Hierdurch bestünden funktionelle Einschränkungen in Form sensibler Reiz- und Ausfallserscheinungen am distalen linken Oberschenkel, an der Fußaußenseite und des Fußrückens links sowie in Form einer schmerzbedingt verminderten Belastbarkeit des linken Fußes mit leichtem Schmerzhumpeln links und ferner schmerzbedingte Ein- und Durchschlafstörungen. Die Abweichung zu dem Gutachten des Dr. V. hat er damit begründete, dass die vermeintlich unauffälligen neurographischen Befunde des Dr. B. eindeutig pathologisch im Sinne einer axonalen Schädigung des N. peronaeus gewesen seien.
Zu den hiergegen von der Beklagten unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. S. erhobenen Einwendungen (u.a. auf Grund Unfallmechanismus direkte Nervenläsion schwerlich vorstellbar, EMG vom 02.06.2006 unauffällig, spätere EMG-Befunde bewiesen keinen Unfallzusammenhang, Angabe der Beschwerden variiere und weite sich aus, Hinweise auf Aggravation und Simulation) hat das SG die ergänzende Stellungnahme des Dr. S. eingeholt, der an seiner Auffassung festgehalten hat, worauf die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. S. vorgelegt hat, der das Gutachten des Dr. S. nicht für verwertbar erachtet hat.
Mit Urteil vom 14.05.2012 hat das SG den Bescheid vom 28.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.08.2008 abgeändert und als Unfallfolge ein neuropathisches Schmerzsyndrom ohne Nervenläsion mit einhergehenden Gefühlsstörungen festgestellt. Soweit die Klägerin darüber hinausgehend die Feststellung einer traumatischen Schädigung des N. peronaeus und des N. suralis im Sinne einer Kausalgie und eines Neuromschmerzes sowie die von Dr. S. beschriebenen funktionellen Einschränkungen als Unfallfolgen beantragt hat, hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich hierbei insbesondere auf das Gutachten des Dr. V. gestützt. Von einer unfallbedingt aufgetretenen Nervenschädigung hat es sich auf Grund des Gutachtens des Dr. S. nicht überzeugen können.
Gegen das ihren Bevollmächtigten am 25.05.2012 und der Beklagten am 29.05.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.06.2012 Berufung und die Beklagte am 04.07.2012 Anschlussberufung eingelegt.
Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, dass unfallbedingt Nervenläsionen mit Schmerzzuständen eingetreten seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.05.2012 abzuändern und unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 28.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.08.2008 die Unfallfolgen wie folgt festzustellen:
Schädigung des Nervus peronaeus und des Nervus suralis mit neuropathischem Schmerzsyndrom, Minderbelastbarkeit des linken Fußes und sensiblen Reiz- und Ausfallerscheinungen am distalen linken Unterschenkel, der Fußaußenseite und des Fußrückens
sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.05.2012 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die vom SG festgestellten Unfallfolgen nicht für überzeugend. Insbesondere sei das festgestellte Schmerzsyndrom und die Gefühlsstörung nicht lokalisiert und deren Dauer nicht angegeben, zumal Dr. V. eine Ausweitung der Schmerzen sogar bis zum Knie und dem Oberschenkel beschrieben und eine Gefühlsstörung als Unfallfolge gerade nicht bejaht habe.
Der Senat hat das Gutachten nach Aktenlage des Prof. Dr. L. , Ärztlicher Direktor in der Neurologischen Universitätsklinik der Universitäts- und Rehabilitationskliniken U. , eingeholt. Der Sachverständige hat als Unfallfolge ein dauerhaftes neuralgiformes Schmerzsyndrom auf Grund posttraumatischer Läsion des N. peronaeus und N. suralis am linken Fuß mit begleitenden Sensibilitätsstörungen und Atrophie eines Teiles der kleinen Fußmuskulatur links beschrieben. Zutreffend habe Dr. S. auf Grund der von Dr. B. dokumentierten Messwerte eine Läsion des N. peronaeus und N. suralis bejaht. Dr. V. habe den Befundungsfehler des Dr. B. , der die erhobenen Messwerte der Neurographie zu Unrecht als komplett unauffällig beschrieben habe, übersehen. Vielmehr habe sich bereits am 02.06.2006 ein axionaler Schaden des N. peronaeus links gezeigt, der sich ein Jahr später noch intensiviert habe.
Hiergegen hat die Beklagte die weitere beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. S. vorgelegt, wonach die Messwerte des Dr. B. - mit nur einer Ausnahme - Normalbefunde gewesen seien. Soweit die Amplitude des motorischen Summenantwortpotentials mit 3,1 mV tatsächlich niedrig gewesen sei, habe Prof. Dr. L. unberücksichtigt gelassen, dass der Fuß der Klägerin stark angeschwollen gewesen sei und Ödeme Amplituden bekanntlich deutlich verkleinern oder sogar gegen 0 bringen lassen könnten. Nicht überzeugend sei auch die Diagnose eines neuralgischen Schmerzsyndroms, da der immer wieder beklagte Dauerschmerz mit einer Neuralgie nicht vereinbar sei und die Beschwerden im Juni 2007 im Vergleich zum Vorjahr auch abweichend geschildet worden seien.
Hierzu hat der Senat die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. L. eingeholt, der an seinem bisherigen Standpunkt festgehalten hat. Hierzu hat die Beklagte wiederum eine beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. S. vorgelegt.
Im Hinblick auf die von Dr. S. in Betracht gezogene Verfälschung der von Dr. B. dokumentierten Messwerte durch ein Ödem hat der Senat Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dr. B. hat mitgeteilt, nicht über eine Befunddokumentation zu verfügen, die über den Bericht vom 02.06.2006 hinausgeht, weshalb er zu einem seinerzeit eventuell vorhanden gewesenen Ödem keine Angaben machen könne. Er hat im Übrigen die Auffälligkeit eines Wertes in seinen Befunden bestätigt. Dr. N. , nunmehr Chefarzt in der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie des früheren Kreiskrankenhauses S. (jetzt: R. Klinik S. ), hat auf Anfrage des Senats anhand der ihm vorliegenden Patientendokumentation über die erfolgten Vorstellungen seit 02.06.2006 berichtet, wobei für den Untersuchungstag 02.06.2006 keine Schwellung dokumentiert ist.
Der Senat hat den Sachverständigen Prof. Dr. L. schließlich mit einer ergänzenden Begutachtung auf Grund Untersuchung der Klägerin, die im Juni 2015 erfolgt ist, beauftragt. Als Unfallfolgen hat der Sachverständige nunmehr eine Schädigung des linken N. peronaeus (Endäste des N. peronaeus superficialis und N. peroneus profundus) und des N. suralis im Bereich des linken Fußes mit neuralgischem Schmerzsyndrom beschrieben. Hinweise auf ein chronisch regionales Schmerzsyndrom hat er verneint. Hierzu hat die Beklagte die weitere beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. S. vorgelegt, der weiterhin eine Nervenläsion verneint hat; entsprechende Beschwerden träten eher mit chirurgischen Unfallfolgen auf.
Der Senat hat schließlich das Gutachten des Dr. B. , Arzt für Orthopädie/Unfallchirurgie im B. U. , auf Grund Untersuchung der Klägerin im Dezember 2015 eingeholt. Dieser hat eine geringe Bewegungseinschränkung im OSG links beschrieben, die der Osteochondrosis dissecans und der sich zwischenzeitlich entwickelnden Sekundärarthrose zuzuordnen sei. Hiervon abgrenzbar sei der erlittene Nervenschaden mit neuralgischem Schmerzsyndrom, der den Hauptschaden darstelle.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist ebenso wie die Anschlussberufung der Beklagten zulässig, allerdings ist lediglich die Berufung der Klägerin begründet, während die Berufung der Beklagten erfolglos bleibt.
Die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt die Klägerin die Aufhebung der die Gewährung von Leistungen pauschal ablehnenden Verwaltungsentscheidungen - weil diese andernfalls bei zu treffender Feststellung von Unfallfolgen einer künftigen Leistungsgewährung entgegenstünden - sowie - weil die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, weil - so der Verfügungssatz des Bescheides - keine Unfallfolgen verblieben seien und damit die Anerkennung von Unfallfolgen ablehnt - die gerichtliche Feststellung fortbestehender Unfallfolgen.
Rechtsgrundlage für das Feststellungsbegehren ist § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG. Danach kann mit der Klage die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung die Folge eines Arbeitsunfalls ist. Weil die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, weil keine Unfallfolgen verblieben seien, liegt ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung vor.
Das SG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin als Folge des am 26.04.2006 erlittenen Unfalls, bei dem sie sich eine Verletzung im Bereich des linken Außenknöchels zuzog, an einem neuropathischen Schmerzsyndrom leidet. Zutreffend hat das SG diese Erkrankung daher als Unfallfolge festgestellt. Unfallfolge ist darüber hinaus aber auch die in diesem Bereich vorliegende Schädigung des N. peronaeus und des N. suralis, die das SG damit gleichermaßen als Unfallfolge hätte feststellen müssen. Ein Feststellungsinteresse besteht darüber hinaus an den hieraus resultierenden funktionellen Beeinträchtigung, mithin der Minderbelastbarkeit des linken Fußes auf Grund der Schmerzhaftigkeit und den sensiblen Reiz- und Ausfallerscheinungen am distalen linken Unterschenkel, der Fußaußenseite und des Fußrückens.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) Unfälle von Versicherten in Folge einer dem Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Vorliegend ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Klägerin am 26.04.2006 einen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII erlitt. Nachdem die Klägerin ihr ursprüngliches Begehren auf Feststellung des Knorpelknochendefekts (Osteochondrosis dissecans) als Unfallfolge schon zuletzt im Klageverfahren nicht mehr aufrecht erhalten und im Berufungsverfahren ausdrücklich klargestellt hat, dass diese Erkrankung unfallunabhängig auftrat, steht (auch) im Berufungsverfahren lediglich (noch) im Streit, ob die Klägerin als Folge des Unfalls an einem neuropathischen Schmerzsyndrom mit Nervenschädigung und den geltend gemachten, damit verbundenen Beeinträchtigungen leidet. Dies bejaht der Senat.
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Kann dagegen das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele (conditio sine qua non), ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden - ggf. auch vor dem Hintergrund anderer, unfallunabhängiger Ursachen im naturwissenschaftlichen Sinn - wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung müssen erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.
Vorliegend ist hinreichend wahrscheinlich, dass der Arbeitsunfall vom 26.04.2006 naturwissenschaftliche Ursache für das bei der Klägerin aufgetretene neuropathische Schmerzsyndrom und die Schädigung des N. peronaeus und des N. suralis ist.
Davon, dass bei der Klägerin ein neuropathisches Schmerzsyndrom vorliegt, gehen sämtliche mit den Beeinträchtigungen der Klägerin von neurologischer Seite befassten Sachverständigen aus. So haben sowohl die vom SG hinzugezogenen Sachverständigen Dr. V. und Dr. S. im Bereich des linken Fußes der Klägerin ein neuropathisches Schmerzsyndrom diagnostiziert als auch der vom Senat mit einer weiteren Begutachtung beauftragte Sachverständige Prof. Dr. L. , der dieses Krankheitsbild in seinem zunächst vorgelegten Gutachten als neuralgiformes Schmerzsyndrom und im Rahmen seiner zuletzt auf Grund Untersuchung der Klägerin dann gemachten Ausführungen als neuralgisches Schmerzsyndrom bzw. als neuropathische Schmerzen bezeichnet hat. Der Sache nach haben die Sachverständigen hiermit übereinstimmend ein Krankheitsbild im Bereich des linken Außenknöchels angenommen, das als Schmerzsituation im Ausbreitungsgebiet eines oder mehrerer Nerven zu beschreiben ist, ohne dass mit den abweichenden Bezeichnungen eine diskrepante Beurteilung verbunden wäre. Von diesem Krankheitsbild ist im Übrigen auch Dr. B. ausgegangen, der die Klägerin am 02.06.2006 und erneut am 06.06.2007 untersuchte. Denn obwohl er in seinem Befundbericht vom 06.06.2007 ausführte, dass die von der Klägerin beklagten Gefühlsstörungen, die sie bei der letzten Untersuchung mit anderen Grenzen als ein Jahr zuvor angegeben habe, schwer einzuschätzen seien, gab er als Diagnose "neuralgiforme Beschwerden" an und bekräftigte diese Diagnose in seiner zusammenfassenden Beurteilung dann damit, dass er den neuralgiform erscheinenden Schmerz als unstrittig bezeichnete und dementsprechend auch eine Behandlung mit Gabapentin, einem Arzneistoff aus der Gruppe der Antikonvulsiva, der zur Behandlung neuroptischer Schmerzen eingesetzt wird, einleitete. Der Senat sieht keine Gründe, weshalb die von diesen Fachärzten für Neurologie übereinstimmend erfolgte diagnostische Zuordnung der von der Klägerin beklagten Beschwerdesituation in Form von Schmerzen sowie sensiblen Reiz- und Ausfallerscheinungen, insbesondere in Form von Parästhesien, Hypästhesien und Hypalgesien zweifelhaft sein sollte.
Eine nachvollziehbare Begründung, die maßgebliche Zweifel an der Zuordnung der von der Klägerin beklagten Beschwerdesituation zu diesem Krankheitsbild aufkommen lassen könnten, vermag der Senat auch den Ausführungen der Beklagten nicht zu entnehmen. Insbesondere ergeben sich solche auch nicht aus den von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen der hinzugezogenen Beratungsärzte. Die beratungsärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. S. kann begründete Zweifel schon deshalb nicht aufkommen lassen, weil dieser lediglich die ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. referiert und dann ohne weitere Begründung konstatiert, dass "ein CRPS/Kausalgie/Schmerzsyndrom" nicht im Vollbeweis gesichert sei, weil die diagnostischen Kriterien nicht beachtet worden seien. Denn damit bleibt offen, unter welchen Voraussetzungen seines Erachtens die Diagnose eines neuropathisches Schmerzsyndrom gerechtfertigt wäre und welche Kriterien vorliegend gerade nicht erfüllt sein sollen. Soweit auch Dr. S. die von Dr. S. gestellten Diagnosen nicht als gesichert angesehen und dies mit den variierenden Angaben zur Ausdehnung der Schmerzen und Sensibilitätsstörungen sowie den sich aus dem Gutachten des Dr. V. ergebenden Hinweisen auf Aggravation und Somatisierung begründet hat, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Denn neben Dr. B. haben sämtliche mit der Beschwerdesituation der Klägerin befassten Sachverständigen die insoweit angesprochene uneinheitliche Beschwerdeschilderung im Rahmen ihrer Beurteilung berücksichtigt und diskutiert und die Beschwerdeangaben der Klägerin gleichwohl für glaubhaft gehalten. Auch Dr. V. hat trotz der von ihm angenommenen Schmerzfehlverarbeitung das Vorliegen eines neuropathischen Schmerzsyndroms nicht in Zweifel gezogen und ist durchgehend vom Vorliegen eines entsprechenden Krankheitsbildes ausgegangen. Dementsprechend hat er auch die hierdurch bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit seit Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit am 03.07.2006 gleichbleibend eingeschätzt. Soweit er eine Schmerzfehlverarbeitung angenommen hat, hat er diese erst im Anschluss an das erste Jahr nach dem Unfall gesehen und hervorgehoben, dass diese gerade von dem neuropathischen Schmerzsyndrom abgrenzbar sei. Soweit Dr. S. auf die im Gutachten des Dr. V. enthaltenen Hinweise auf Aggravation Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass er dies aus den durchgeführten Testungen "Beck-Depressionsinventar" und "Symptom-Check-Liste SCL-90-R" ableitet, wobei die Klägerin in ersterem entgegen der Anweisung teilweise mehr als zwei Antworten pro Frage gegeben und teilweise gegensätzliche Angaben gemacht hat (bspw. "Ich bin traurig" und "Ich bin nicht traurig"), weshalb Dr. V. die Testung nicht für verwertbar gehalten hat. Soweit die Klägerin in dem zuletzt genannten Test durchgehend maximal erhöhte Werte angegeben hat, hat Dr. V. die Beurteilbarkeit für zweifelhaft erachtet, weil neben einem betonten Verhalten auch denkbar gewesen ist, dass die Klägerin - ebenso wie schon bei dem Beck-Depressionsinventar - den Ablauf der Testung nicht verstanden hat. Auch soweit Dr. V. die im Rahmen des Befundes zur Motorik von der Klägerin gezeigte Wechselinnervation bei der Paresenprüfung als Hinweis auf eine Verdeutlichungstendenz gewertet hat, weckt dies keine Zweifel am Vorliegen eines Schmerzssyndroms. Sonstige Hinweise auf Aggravation finden sich in den vorliegenden Akten, insbesondere in den übrigen Gutachten nicht. Dass die Klägerin an Schmerzen leidet, hat auch Dr. V. im Rahmen seiner Untersuchung zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen, ebenso wenig wie sämtliche behandelnden Ärzte und Gutachter. Dabei gab die Klägerin von Anfang an massive Schmerzzustände an. Gerade diese Beschwerdeangaben führten dann zu erheblichen Eingriffen (zweimalige Arthroskopie des linken Sprunggelenkes wegen der im Rahmen der Klärung der Schmerzzustände als Zufallsbefund entdeckte Osteochondrosis dissecans, vgl. Dr. B. Bl. 186 LSG-Akte). Vor diesem Hintergrund misst der Senat der von Dr. V. angenommenen Verdeutlichungstendenz bzw. Schmerzausweitung (Schmerzfehlverarbeitung) keine ausschlaggebende Bedeutung zu und sieht das Schmerzsyndrom als nachgewiesen an.
Auf der Grundlage der übereinstimmenden Einschätzungen der Sachverständigen Dr. V. , Dr. S. und Prof. Dr. L. sowie des Dr. B. hat der Senat auch keine Zweifel, dass das neuropathische Schmerzsyndrom als Folge des Unfalls bzw. auf Grund von Unfallfolgen aufgetreten ist. Auch insoweit besteht Einigkeit zwischen diesen Ärzten, was ohne weiteres überzeugt, nachdem sich die bei der Klägerin am linken Fuß im Bereich des Außenknöchels bestehende Symptomatik in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang unfallbedingt in diesem Bereich aufgetretenen Hämatoms entwickelte. Dabei kann offen bleiben, ob diese Erkrankung unmittelbare Folge des Aufpralls der ins Rollen gekommenen Eisenstange im Bereich des Außenknöchels ist oder Folge des dadurch aufgetretenen Hämatoms bzw. der insoweit notwendig gewordenen Ausräumung. Denn Unfallfolge ist insoweit auch eine nur mittelbar aufgetretene Erkrankung, die durch das Hämatom selbst oder durch die nachfolgend durchgeführte Ausräumung verursacht wurde.
Entgegen der Ansicht des SG ist darüber hinaus auch hinreichend wahrscheinlich, dass das aufgetretene Hämatom bzw. dessen Ausräumung zu einer Schädigung des N. peronaeus und des N. suralis führte.
Eine entsprechende Nervenschädigung hat neben Dr. F. insbesondere der Sachverständige Dr. V. beschrieben, wobei die insoweit dokumentierte Schädigung als solche auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen wird. Diese verneint vielmehr lediglich einen ursächlichen Zusammenhang mit dem angeschuldigten Unfall. Soweit Dr. S. insoweit allein schon im Hinblick auf den Unfallmechanismus Zweifel geäußert hat (vgl. beratungsärztliche Stellungnahme vom 25.05.2011, Bl. 221 SG-Akte), ist dieser Gesichtspunkt nicht relevant, da auch die Sachverständigen, die einen Unfallzusammenhang bejaht haben, diesen nicht mit dem Aufprall der Eisenstange im Bereich des linken Außenknöchels der Klägerin begründet haben, sondern mit dem hierdurch aufgetretenen Hämatom bzw. einer im Rahmen der Ausräumung verursachten Schädigung und daher den Nervenschaden nicht als unmittelbare, sondern als mittelbare Unfallfolge beurteilt haben.
Für den Senat schlüssig und nachvollziehbar haben dabei Dr. S. und Prof. Dr. L. übereinstimmend dargelegt, dass sowohl die vorhanden gewesene massive Schwellung im Bereich des Außenknöchels auf Grund ihrer Raumforderung, insbesondere das Hämatom, als auch der chirurgische Eingriff zur Ausräumung des Hämatoms geeignet waren, eine Schädigung der dortigen Nervenbahnen, namentlich des N. peronaeus und des N. suralis zu verursachen und die später dokumentierten Schäden auch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf diese Umstände zurückzuführen sind.
Für den Senat überzeugend haben die Sachverständigen dies damit begründet, dass in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem chirurgischen Eingriff klinische Symptome eines entsprechenden Schadens auftraten (Sensibilitätsstörungen im Ausbreitungsgebiet des N. peronaeus und des N. suralis ) und auch die von Dr. B. am 02.06.2006 erhobenen neurographischen Befunde bereits hierauf hinwiesen. Soweit Dr. V. in seinem für das SG erstatteten Gutachten auf der Grundlage der Befundberichte des Dr. B. vom 02.06.2006 und 06.06.2007, wonach die neurographischen Befunde jeweils unauffällig gewesen seien, einen entsprechenden Zusammenhang deshalb verneint hat, weil Dr. B. selbst ein Jahr nach dem Unfall bei den neurophysiologischen Messungen keine fassbaren Veränderungen gefunden habe, ist dies ausgehend von seiner Annahme zwar nachvollziehbar. Allerdings trifft es gerade nicht zu, wie Dr. S. im Rahmen seines Gutachtens herausgearbeitet hat, dass Dr. B. unauffällige Befunde erhob. Dr. S. hat vielmehr deutlich gemacht, dass Dr. B. die von ihm erhobenen neurographischen Befunde zwar als unauffällig beschrieb, bei genauer Durchsicht der Einzelwerte sich jedoch pathologische Werte zeigten, da im Sinne einer axonalen Schädigung zu wertende Amplitudenminderungen der distalen motorischen Antwortpotentiale des N. peronaeus dokumentiert wurden, und zwar sowohl bei der Erst- als auch bei der Kontrolluntersuchung. Bestätigt hat dies der vom Senat im Berufungsverfahren ergänzend hinzugezogene Sachverständige Prof. Dr. L. , der gleichermaßen hervorgehoben hat, dass die erhobenen Messwerte keinesfalls unauffällig waren. Auch er hat die entsprechenden Messwerte als axonale Schädigung des N. peronaeus interpretiert und deutlich gemacht, dass sich dieser Schaden im Jahresverlauf intensivierte, nachdem ausgehend von einer Amplitude von lediglich noch 3,1 mV im Juni 2006 ein Jahr später nur noch eine Amplitude von 1,7 mV ableitbar war. Schließlich hat Dr. B. in seiner Aussage gegenüber dem Senat seine damalige Beurteilung revidiert und den Wert von 1,7 mV selbst als auffällig bezeichnet. Damit steht fest, dass bereits unfallnah pathologische Werte erhoben wurden, die sich zunehmend verschlechterten, was es als hinreichend wahrscheinlich erscheinen lässt, dass die Nervenschädigung als mittelbare Unfallfolge auftrat.
Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Beratungsarztes Dr. S. insoweit geltend macht, mit einem auffälligen Messwert im Rahmen der Neurographie könne ein Nervenschaden nicht nachgewiesen werden, weil sich der gemessene Wert auch durch einen Messfehler auf Grund eines Ödems erklären lasse, mag dies im Grundsatz zutreffen. Allerdings sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, die darauf hinweisen würden, dass bei der Klägerin an den jeweiligen Untersuchungstagen ein Ödem vorlag, durch das die Messwerte hätten beeinflusst werden können. Denn Dr. B. hat in seinen ausführlichen Befundberichten vom 02.06.2006 und 06.06.2007 kein Ödem dokumentiert und auch Dr. W. sowie Dr. A. , auf dessen Veranlassung die jeweiligen neurologischen Untersuchungen erfolgten, dokumentierten im Zusammenhang mit den zuvor erfolgten Vorstellung am 02.06.2006 und 31.05.2007 kein Ödem, wie der Auskunft des Dr. N. auf der Grundlage der Patientenakte der Klägerin bezüglich des 02.06.2006 und dem Zwischenbericht des Dr. A. vom 31.05.2007 entnommen werden kann. Somit ist auch nicht festzustellen, dass den pathologischen Messwerten Messfehler zu Grunde gelegen haben.
Auch der weitere Einwand des Dr. S. , dass bei einer Schädigung des N. peronaeus auch der M. extensor digitorum brevis Auffälligkeiten hätte zeigen müssen, die Nadelabteilung insoweit jedoch unauffällig gewesen sei, schließt eine Schädigung des N. peronaeus nicht aus. Insoweit hat Prof. Dr. L. zwar eingeräumt, dass mit dem von Dr. B. am 02.06.2006 durchgeführten EMG keine akute Denervierung des M. extensor digitorum brevis nachgewiesen wurde. Allerdings hat er für den Senat überzeugend hervorgehoben, dass gleichwohl bei dieser ersten neurologischen Untersuchung klinische Sensibilitätsstörungen entsprechend dem Ausbreitungsgebiet des N. peronaeus (und teilweise auch des N. tibialis), nämlich im Bereich der ersten drei Zehen links, beklagt wurden und auch eindeutig eine zu niedrige Amplitude des motorischen Muskelsummenaktionspotentials (MSAP) des N. peronaeus vorlag. Nachdem sich dieser Befund dann zunehmend verschlechterte und die Klägerin kontinuierlich über Sensibilitätsstörungen und Schmerzen im Versorgungsgebiet des N. peronaeus klagte, sieht der Senat - ebenso wie Prof. Dr. L. - keinen hinreichenden Grund dafür, sämtliche Beschwerden der Klägerin nunmehr als psychische Überlagerung zu werten und damit den dokumentierten Erstschaden unbeachtet zu lassen. Entgegen der Ansicht des Dr. S. hat der Sachverständige die von ihm angenommene Nervenläsion damit gerade auch nicht "allein" auf die verminderte Amplitude des distalen motorischen Summenantwortpotentials gestützt. Schließlich könnte das von Dr. S. bemängelte Fehlen von Spontanaktivität bei der Nadelableitung - so Prof. Dr. L. weiter - auch auf andere Ursachen zurückgeführt werden, nämlich eine mangelnde schmerzbedingte Entspannung der Klägerin, die zeitliche Latenz zum Schädigungsereignis oder die im Vordergrund stehenden sensiblen Beschwerden.
Soweit Dr. S. im Anschluss an die von dem Sachverständigen Prof. Dr. L. ergänzend durchgeführte Untersuchung der Klägerin die nun beschriebenen Beschwerden eher den chirurgischen Unfallfolgen (richtig: dem behandelten Knorpelknochenschaden, der unstreitig unfallunabhängig entstanden ist) zugeordnet hat, überzeugt dies den Senat nicht. Denn der vom Senat zur Klärung dieser Frage hinzugezogene Sachverständige Dr. B. hat überzeugend dargelegt, dass der dokumentierte protrahierte Schmerzverlauf durch die Osteochondrose im Bereich des medialen Talus nicht erklärt werden kann und auch angesichts des Verlaufs dieser Erkrankung mit Ausnahme der verbliebenen geringen Bewegungseinschränkung, die auf die Osteochondrose und die geringe Sekundärarthrose zurückzuführen ist, keine relevante Funktionseinschränkung zu erwarten ist. Entsprechend hat der Sachverständige das beklagte Schmerzsyndrom auch nicht seinem Fachgebiet zugeordnet und dieses vielmehr durch das aus seiner Sicht schlüssige neurologische Gutachten des Prof. Dr. L. beschrieben gesehen.
Im Ergebnis sind über das vom SG bereits festgestellte neuropathische Schmerzsyndrom hinaus somit neben der Schädigung des N. peronaeus und des N. suralis auch die damit verbundenen funktionellen Einschränkungen - wie übereinstimmend von den Sachverständigen Dr. S. und Prof. Dr. L. dargelegt - in Form einer Minderbelastbarkeit des linken Fußes mit sensiblen Reiz- und Ausfallerscheinungen am distalen linken Unterschenkel, der Fußaußenseite und des Fußrückens als weitere Unfallfolgen festzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
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