Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 175/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1329/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.01.2014 dahingehend abgeändert, dass die Beklagte dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. erst ab 07.02.2011 zu gewähren hat und insoweit die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger vier Fünftel seiner außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Unfallfolgen und die Gewährung von Verletztenrente streitig.
Der am 1954 geborene Kläger erlitt am 27.05.2008 im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Chemielaborant bei der A. GmbH einen Arbeitsunfall, als er auf dem Werksgelände über die Greifarme eines Gabelstaplers stolperte. Dabei stürzte er und stützte sich mit den Armen am Boden ab.
Wegen Schmerzen am rechten Arm stellte sich der Kläger im Anschluss bei Dr. M. vor, der nach klinischer Untersuchung (u.a. schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogengelenks) und dem Röntgenergebnis diagnostisch von einer Distorsion des rechten Ellenbogengelenks ausging und den Verdacht auf eine eingestauchte Radiusköpfchenfraktur rechts äußerte. Als Erstversorgung nahm er eine Ruhigstellung mittels Tapeverband unter Stabilisierung von Pro- und Supination vor und gab Antiphlogistika (vgl. H-Arzt-Bericht vom 27.05.2008, Bl. 1 VerwA). Die am 29.05.2008 durchgeführte Computertomographie bestätigte den von Dr. M. geäußerten Verdacht und zeigte eine nicht dislozierte Radiusköpfchenfraktur, minimal eingestaucht. In seinem Verlaufsbericht vom 11.06.2008 beschrieb Dr. M. einen bisher komplikationslosen Verlauf und für den Untersuchungstag u.a. eine passive Beugung/Streckung im rechten Ellenbogengelenk mit 120/10/0 Grad, eine endgradig schmerzhaft eingeschränkte Pro- und Supination sowie Schmerzen am rechten Handgelenk radial bei Blockade von Navikulare, Lunatum und Trapezium, nach Deblockade mit leichter Einschränkung der radialen Abduktion. Angelegt wurde ein zirkulärer Oberarmgips rechts (Aircast). In seinem Verlaufsbericht vom 30.06.2008 dokumentierte Dr. M. einen weiterhin komplikationslosen Verlauf und eine Gipskontrolle am 24.06.2008. Anlässlich einer weiteren Gipskontrolle am 30.06.2008 seien Mobilisationsübungen für das rechte Schultergelenk demonstriert und durchgeführt worden, ebenso Funktionsübungen für die Finger. Geplant sei eine Gipsabnahme für den 04.07.2008. Bei der Vorstellung am 25.07.2008 dokumentierte Dr. M. eine Beugung bis 140 Grad und ein Streckdefizit von 15 Grad und erachtete den Kläger ab 26.07.2008 für arbeitsfähig, jedoch noch nicht für mittelschwere oder schwere körperliche Tätigkeiten (Verlaufsbericht vom 25.07.2008, Bl. 27 VerwA). Am 26.07.2008 nahm der Kläger seine Tätigkeit wieder auf.
In ihrem Zwischenbericht vom 29.09.2008 führte die behandelnde Fachärztin für Orthopädie Dr. M.-L. gegenüber der Beklagten aus, dass beim Kläger nach Gipsentfernung zunehmend Schmerzen im Unterarm, Handgelenk und Handrücken aufgetreten seien. Beklagt würden noch immer Schmerzen beim Greifen und bei Belastung schwelle das Handgelenk immer wieder an. Als Befund beschrieb sie eine leichte Schwellung am ulnaren Gelenkspalt, Schmerzen beim Abstützen mit Gewicht sowie eine Blockierung im distalen Radioulnargelenk. (vgl. Zwischenbericht vom 29.09.2008, Bl. 38 VerwA). Der Befund der deshalb veranlassten Magnetresonanztomographie (MRT) vom 06.10.2008 sprach nach den Ausführungen der Radiologin Dr. S. für eine stattgehabte Quetschung der Basis des Fibrocartilago triangularis mit residuellem angrenzendem Erguss im distalen Abschnitt des Radiocarpalgelenks. Beschrieben wurde darüber hinaus eine kleine Geröllzyste in der proximalen Lunatumgelenkfläche ulnarseitig, eine Zerrung des mittleren dorsalen radioulnaren Ligaments sowie ein diskreter residueller Reizerguss entlang des Scaphoids dorsoradial (Befund vom 06.10.2008, Bl. 46 VerwA). Im weiteren Verlauf berichtete Dr. M.-L. unter dem 04.11.2008 über fortbestehende Schmerzen im Handgelenk (Befund: Schmerzen bei endgradiger Extension) und über seit einiger Zeit wieder zunehmende Schmerzen im Ellenbogen (Befund: deutliche Druckschmnerzhaftigkeit über dem Radiusköpfchen, Schmerzen bei endgradiger Streckung). Diagnostisch ging sie von einem Z.n. Radiusköpfchenfraktur rechts und einem Z.n. Distorsion des rechten Handgelenks aus (Bl. 49 VerwA). Im Zwischenbericht vom 11.02.2008 (vgl. Bl. 58 VerwA) berichtete sie nach erfolgter Krankengymnastik von einer leichten Besserung der Beschwerden im Handgelenk und zunehmenden Beschwerden im rechten Arm (Ellenbogen: Elevation/Flexion 0/0/150, Spination 80 Grad) und unter dem 20.04.2009 (vgl. Bl. 70/72 VerwA) von einer unverändert schlechten Beweglichkeit (Ellenbogen: Streckung/Beugung 0/0/140, Supination/Pronation 60/0/90; Handgelenk: Extension bei Belastung schmerzhaft) und einer zunehmenden Bewegungseinschränkung in der rechten Schulter (Abduktion/Adduktion 12/0/30, Elevation/Rückwärtsführen 130/0/40, AR/IR 60/0/90).
Im weiteren Verlauf stellte sich der Kläger wegen Schmerzen im rechten Handgelenk, in der Schulter und im Ellbogen in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. (BG-Klinik) vor, wobei Dr. F. den Verdacht auf eine Verletzung des TFCC-Komplexes (triangulärer fibrokartilaginärer Komplex) am Handgelenk und den Verdacht auf ein Impingement-Syndrom der rechten Schulter äußerte. Die deshalb am 11.05.2009 durchgeführte MRT der rechten Schulter zeigte einen Reizzustand im Bereich des AC-Gelenks, im Übrigen jedoch einen unauffälligen Befund (Berichte vom 05.05. und 12.05.2009, Bl. 76/82). Nachfolgend berichtete Dr. M.-L. in ihrem Zwischenbericht vom 11.12.2009 (Bl. 92 VerwA) von einer endgradigen Schmerzhaftigkeit im rechten Ellenbogen und dem rechten Handgelenk sowie einer deutlichen Schwäche im Bereich der rechten Schulter mit einer Abduktion und Elevation von 90 Grad. Der Kläger habe seit dem Unfall nie mehr die Kraft zurückbekommen, die er vorher gehabt habe.
Im zur Akte gelangten unfallchirurgischen Gutachten für die SV-Sparkassenversicherung ging Prof. Dr. G. , Ärztlicher Direktor der BG-Klinik, auf Grund seiner Untersuchung vom 28.01.2010 davon aus, dass der Kläger bei dem Unfall angesichts des Unfallmechanismus und der Bildgebung nicht nur eine Radiusköpfchenfraktur, sondern eine Kombinationsverletzung im Sinne einer Essex-Lopresti-Verletzung erlitten habe. Dabei handele es sich um eine Kombinationsverletzung des proximalen und distalen Radioulnargelenks mit einer langstreckigen Zerreißung der Membrana interossea und einer hieraus resultierten Instabilität der beiden Unterarmknochen. Diese Instabilität äußere sich in einer vermehrten Verschieblichkeit im distalen Radioulnargelenk. Diese liege beim Kläger unzweifelhaft vor. Wegweisend sei einerseits der klinische Verlauf mit Ellbogen- und nachfolgend Handgelenksschmerzen sowie andererseits das erste durchgeführte Handgelenks-MRT, das Veränderungen im Bereich des distalen Radioulnargelenks an den dorsalseitigen Bändern zeigte. Bei der nun durchgeführten CT-Untersuchung habe sich die klinisch nachgewiesene vermehrte Subluxationstendenz der distalen Elle auch im CT verifizieren lassen. Problematisch sei die Beurteilung der Schulterbeschwerden, nachdem das erste Kernspintomogramm vom Mai 2009 keine wegweisenden Veränderungen, abgesehen von einer AC-Gelenksarthrose mit einer denkbaren Einengung im Subacromialraum durch die arthrotischen Gelenkveränderungen, gezeigt habe. Die sich im Kernspintomogramm vom 23.11.2009 zeigende und mit der aktuellen Klinik übereinstimmende Signalveränderung an der langen Bizepssehen proximal erkläre nicht die Bewegungseinschränkung im Schultergelenkspäter. Wahrscheinlich müsse man von einer adhäsiven Kapsulitis (posttraumatische Schultersteife) ausgehen, die sich posttraumatisch im Rahmen der längeren Ruhigstellung eingestellt habe. Eine solche entstehe sehr häufig ohne Trauma, allerdings sei sie nach Ruhigstellung in einem hohen Prozentsatz nach einem Unfall zu beobachten. Diese sei gleichermaßen Unfallfolge, obwohl unfallunabhängig eine Einengung des Subacromialraums bestehe. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Radiologen Kaspar ein, der zu der Einschätzung gelangte, dass die MRT-Bilder des rechten Handgelenks vom 02.10.2008 trotz geringer Signalanhebung ulnarseitig nicht als sicherer pathologischer Befund gewertet werden könnten und diese daher keinen Nachweis für das Vorliegen einer Essex-Lopresti-Fraktur oder einer relevanten TFCC-Läsion lieferten. Allerdings sprächen die auch drei Monate nach dem Unfall noch nachweisbaren pathologischen Flüssigkeitssignale im Bereich des Handgelenks für ein deutliches Trauma, dem die Instabilität im Bereich des distalen Radioulnargelenks möglicherweise zugeordnet werden müsse. Die MRT-Bilder des rechten Schultergelenks vom 11.05.2009 und 23.11.2009 zeigten degenerative Veränderungen, wiesen jedoch nicht auf ein traumatisches Geschehen hin (Bl. 187, 199 VerwA).
Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Prof. Dr. G. sodann ein Zusammenhangsgutachten. Unter Bezugnahme auf seine Ausführungen in dem erwähnten früheren Gutachten erachtete er eine Essex-Lopresti-Verletzung für "möglich bis wahrscheinlich, wobei die überwiegende Wahrscheinlichkeit nicht nachgewiesen werden konnte." Soweit darin die zunehmende Bewegungseinschränkung im Schultergelenk mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine adhäsive Kapsulitis zurückgeführt worden sei, die sich auf Grund der langen Ruhigstellung des Armes im Weiteren entwickelt habe, könne diese Kausalität im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung "jedoch nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anhand der vorliegenden Dokumentation angenommen werden."
Mit Bescheid vom 05.05.2011 anerkannte die Beklagte den Unfall als Arbeitsunfall und lehnte einen Anspruch auf Rente sowie das Bestehen von Unfallfolgen ab. Die erlittene Radiusköpfchenfraktur sei folgenlos ausgeheilt. Eine Verletzung am TFCC-Komplex im rechten Handgelenk habe nicht objektiviert werden können. Im Übrigen bestehe eine unfallunabhängige Einengung des Subacromialraumes sowie degenerative Veränderungen an der rechten Schulter, die nicht Folge des Arbeitsunfalls seien.
Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. G. ein, der im Hinblick auf das rechte Handgelenk nunmehr ausführlich darlegte, dass es bei einem Sturz auf die ausgestreckte Hand zu Kombinationsverletzungen kommen könne und gerade Radiusköpfchenbrüche mit solchen Verletzungen vergesellschaftet seien. Durch das Abfangen mit der ausgestreckten Hand komme es zu einer Krafteinleitung im Bereich des Handgelenks mit möglicher Verletzung des distalen Radioulnargelenks, Kraftweiterleitung über die Membrana interossea zwischen den beiden Unterarmknochen und Kraftausleitung am Radiuskopf, was schließlich zu dessen Bruch führe. Eine solche Verletzung werde sehr häufig übersehen und sei manchmal auch klinisch inadhärent, da in der Anfangsphase die Ellenbogenbeschwerden überwögen. Das Vollbild einer solchen Verletzung des proximalen und distalen Radioulnargelenks (Radiusköpfchenbruch plus Veränderungen im distalen Radioulnargelenk) sei eine Essex-Lopresti-Verletzung. Es gebe jedoch auch Essex-Lopresti-artige Verletzungen, bei denen es nicht zum Vollbild der Zerreißung der Membran kommen müsse. Dabei bestünden Einschränkungen im Bereich des Handgelenks und relative Instabilitäten, wie sie auch hier vorlägen. Unter Zugrundelegung der bekannten Vorerkrankung und des vorliegenden kernspintomagraphischen Befundes in Kombination mit dem klinischen Befund sei es beim Kläger zu einer Kombinationsverletzung des Ellenbogens und des Handgelenkes gekommen. Dies sei mit hinlänglicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Ob es sich um das Vollbild einer Essex-Lopresti-Verletzung handle, sei jetzt nicht mehr beurteilbar. In Bezug auf die rechte Schulter legte er nunmehr dar, dass vor dem Hintergrund der Ruhigstellung des Oberarmes über insgesamt sieben Wochen hinweg und angesichts des konkreten Verlauf der Schulterbeschwerden mit hinlänglicher Wahrscheinlichkeit von einen posttraumatischen adhäsiven Kapsulitis auszugehen sei.
Die Beklagten veranlasste sodann ein weiteres Zusammenhangsgutachten, das Dr. B. , Sektionsleiter und Unfallchirurg im S. -Klinikum K. , auf Grund Untersuchung des Klägers am 07.03.2012 erstattete. Er gelangte entsprechend der Begründung des Prof. Dr. G. ebenso zu der Auffassung, dass die undislozierte Radiusköpfchenfraktur, eine wahrscheinlich erfolgte Essex-Lopresti-Verletzung und die adhäsive Kapsulitis der rechten Schulter Folge des Unfalls seien. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er seit Wegfall der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit mit 30 vom Hundert (v.H.) ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, bei dem Unfall vom 27.05.2008 sei es zu einem Radiusköpfchenbruch der rechten Hand gekommen, der folgenlos ausgeheilt sei. Darüber hinaus gehende Verletzungen hätten nicht gesichert werden können, insbesondere kein Essex-Lopresti-Bruch oder eine relevante TFCC-Läsion (Verletzung des Faserknorpels zwischen dem Köpfchen der Elle und den Handwurzelknochen). Unfallfolge seien auch nicht die Beschwerden in der rechten Schulter. Traumatische Veränderungen seien insoweit nicht nachgewiesen worden. Das Gutachten des Dr. B. sei nicht schlüssig und überzeugend. Es fehle insbesondere an gesicherten traumatischen Befunden, die einen Unfallzusammenhang belegten.
Nach Klageerhebung am 10.01.2013 hat das Sozialgericht Karlsruhe (SG) das Gutachten des Dr. von S. , Chefarzt in der V. -Klinik Bad R. , eingeholt, der auf Grund Untersuchung des Klägers am 16.05.2013 eine erhebliche Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks für die Abduktion und Anteversion auf dem Boden einer adhäsiven Kapsulitis, eine massive Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogengelenks für die Streckung und Beugung mit summatorisch 75 Grad Seitendifferenz sowie deutlicher Bewegungseinschränkung für die Umwendbewegung des Unterarms nach Radiusköpfchenfraktur sowie eine Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks für die Dorsal- und Palmarflexion auf dem Boden einer Essex-Lopresti-Verletzung mit nachfolgend radioulnarer Dissoziation rechts beschrieben und sämtliche Gesundheitsstörungen mit ausreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich durch das Unfallereignis vom 27.05.2008 verursacht oder richtungsweisend verschlimmert erachtet hat. Die MdE hat er ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit am 27.07.2008 (richtig: 26.07.2008) auf 20 v.H. und ab 06.09.2012 (Untersuchung durch Dr. B. ) auf 30 v.H. eingeschätzt.
Hierzu hat die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme der Ärztin für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. H. eingeholt, die eine Essex-Lopresti-Verletzung nicht für nachgewiesen erachtet und die Schulterbeschwerden auf die degenerative Erkrankung zurückgeführt hat, da diese erst ein Dreivierteljahr nach dem Unfall symptomatisch geworden seien. Hierzu hat sich der Sachverständige Dr. von S. unter Aufrechterhaltung seiner Einschätzung ergänzend geäußert.
Mit Urteil vom 21.01.2014 hat das SG die angefochtenen Bescheide abgeändert und als Unfallfolgen Bewegungseinschränkungen des rechten Ellenbogengelenks nach Radiusköpfchenfraktur, des rechten Handgelenks nach Essex-Lopresti-artiger Verletzung sowie der rechten Schulter festgestellt und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. ab 27.07.2008 und nach einer MdE um 30 v.H. ab 07.03.2012 zu gewähren. Es hat sich dabei auf die Gutachten von Dr. von S. und des Dr. B. gestützt, deren Auffassung auch mit der ergänzenden Stellungnahme des Prof. Dr. G. in Einklang stehe. Übereinstimmend hätten diese dargelegt, dass eine Essex-Lopresti-Verletzung häufig übersehen werde und selten sei, wobei das Übersehen der Verletzung stets zu unbefriedigenden Ergebnissen führe. Typischerweise werde zunächst die Radiusköpfchenfraktur behandelt und im weiteren Gefolge komme es zum Auftreten einer Handgelenksbeschwerdesymptomatik mit Instabilität im distalen Radioulnargelenk. Ein ähnlicher Verlauf mit entsprechenden Beschwerden habe sich gerade auch beim Kläger gezeigt, so dass der Verlauf der Erkrankung auch ein Indiz für die Kausalität sei. Eine schlüssige Argumentationskette liege auch im Hinblick auf die Schulterbeschwerden vor.
Gegen das ihr am 21.02.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18.03.2014 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und geltend gemacht, eine Essex-Lopresti-Verletzung als Gesundheitserstschaden sei im Vollbeweis nicht nachgewiesen. Weder der Umstand, dass es sich bei der Essex-Lopresti-Verletzung um eine sehr seltene Verletzung handle, noch die Tatsache, dass diese häufig übersehen werde, rechtfertige es diesen Beweismaßstab unbeachtet zu lassen. Im Hinblick auf die geltend gemachte unfallbedingte adhäsive Kapsulitis habe Dr. H. zutreffend auf die fehlende Brückensymptomatik zu der Ruhigstellung des rechten Ellenbogengelenks hingewiesen. Nachdem der Gips bereits am 03.07.2008, also nach ca. drei Wochen abgenommen worden sei und die Einschränkung der rechten Schulter erstmalig am 20.04.2009 aufgetreten sei, lasse sich ein Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 27.05.2008 nicht herstellen. Schließlich könne auch der Bewertung der MdE mit 20 v.H. ab 27.07.2008 (richtig sei 26.07.2008) angesichts der von Dr. M. am 25.07.2008 und Dr. M.-L. am 10.02.2009 und 20.04.2009 dokumentierten Befunde nicht gefolgt werden. Die Messwerte des Dr. B. seien im Übrigen nicht verwertbar, da zu viele Parameter falsch ausgewiesen worden seien und die von Dr. von S. beschriebenen Einschränkungen seien vor dem Hintergrund der von Dr. B. sechs Monate zuvor erhobenen Befunde nicht plausibel.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.01.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Zuletzt hat er darauf hingewiesen, dass er seitens der BG-Klinik um die Mitwirkung an einer Studie bezüglich sog. Essex-Lopresti-Verletzungen gebeten worden sei.
Der Senat hat Dr. M.-L. schriftlich als sachverständige Zeugin angehört. Diese hat über die anlässlich der Vorstellungen des Klägers erhobenen Befund berichtet.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung der Beklagten ist jedoch lediglich zum Teil begründet.
Das SG hat der Klage zu Recht insoweit stattgegeben, als es unter Abänderung der angefochtenen Bescheide die beim Kläger im Bereich der rechten oberen Extremität bestehenden Bewegungseinschränkungen des Ellenbogengelenks, des Handgelenks und der Schulter als Unfallfolgen festgestellt und die Beklagte zur Gewährung von Verletztenrente verurteilt hat. Allerdings steht dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. nicht bereits ab 27.07.2008 zu, sondern erst ab 07.02.2011. Insoweit ist die Berufung der Beklagten demnach erfolgreich. Damit hat die Beklagte dem Kläger vom 07.02.2011 bis 06.03.2012 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. und ab 07.03.2012 nach einer MdE um 30 v.H. zu gewähren.
Die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs-, Leistungs- und Feststellungsklage ist zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Aufhebung der die Gewährung einer Rente und das Vorliegen von Unfallfolgen ablehnenden Verwaltungsentscheidung. Mit der Leistungsklage verfolgt der Kläger den Anspruch auf Verletztenrente und gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG kann mit der Klage die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung die Folge eines Arbeitsunfalls ist.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Vorliegend ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Kläger am 27.05.2008 einen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII erlitt. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 05.05.2011 anerkannte die Beklagte diesen Unfall auch ausdrücklich als Arbeitsunfall. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten darüber hinaus, dass der Kläger bei diesem Arbeitsunfall eine Radiusköpfchenfraktur erlitt. Hiervon ging die Beklagte im Rahmen des angefochtenen Bescheides selbst aus, wobei sie diese Fraktur als solche für folgenlos ausgeheilt erachtete. Streitig ist zwischen den Beteiligten somit, ob die Radiusköpfchenfraktur zu einer Bewegungseinschränkung im rechten Ellenbogengelenk geführt hat und ob die Bewegungseinschränkungen im Handgelenk sowie der Schulter ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sind. All dies hat das SG gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. von S. und die von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Prof. Dr. G. - insbesondere dessen ergänzende Stellungnahme - und des Dr. B. bejaht. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Der Senat geht gleichermaßen davon aus, dass es beim Kläger durch den Sturz auf die rechte Hand zu einer Kombinationsverletzung im Bereich des distalen und auch des proximalen Radioulnargelenks mit dadurch verbliebenen Bewegungseinschränkungen gekommen ist und die Behandlung der erlittenen Radiusköpfchenfraktur auf Grund der erfolgten Ruhigstellung zu einer adhäsiven Kapsulitis führte, wodurch es nachfolgend und damit als mittelbare Unfallfolge zu einer Bewegungseinschränkung im Schultergelenk kam.
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Vorliegend ist wahrscheinlich, dass der Sturz vom 27.05.2008, bei dem der Kläger über die Greifarme eines Gabelstaplers stürzte, nach vorne fiel und sich mit den Armen am Boden abstützte, zu den im rechten Hand- und Ellenbogengelenk aufgetretenen Bewegungseinschränkungen führte und es als Folge der Behandlung der unstreitig hierbei erlittenen Radiusköpfchenfraktur, mithin mittelbar, zu der Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk kam. Hiervon gehen sämtliche im Laufe des Verfahrens mit einer Begutachtung des Klägers beauftragten Gutachter und Sachverständigen aus. Nachdem Prof. Dr. G. einen entsprechenden Zusammenhang bereits in seinem für die SV-Sparkassenversicherung erstatteten Gutachten bejahte, äußerte er sich auch im Rahmen seiner ergänzenden Ausführungen zu seinem für die beklagte erstatteten Gutachtens entsprechend, gleichermaßen auch der von der Beklagten mit einer weiteren Begutachtung beauftragte Dr. B ... Schließlich hat auch der gerichtliche Sachverständige Dr. von S. die Bewegungseinschränkungen des Klägers im Bereich des Hand-, Ellenbogen- und Schultergelenks mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den in Rede stehenden Sturz zurückgeführt.
Nach Überzeugung des Senats erlitt der Kläger beim Versuch, nach dem Stolpern einen Sturz mit ausgestreckten Armen abzufangen im Bereich des rechten Armes eine Kombinationsverletzung in der Art einer Essex-Lopresti-Verletzung. Bei derartigen Verletzungen mit axialer Krafteinwirkung auf den ausgestreckten Unterarm kommt es zu einer Krafteinleitung im Bereich des Handgelenks mit Kraftweiterleitung über die Membrana interossea zwischen den beiden Unterarmknochen mit Kraftausleitung am Radiuskopf, was dort meist zu einem Bruch führt. Eine solche Verletzung wird sehr häufig übersehen und ist manchmal auch klinisch inadhärent, da in der Anfangsphase durch die Verletzung des Radiusköpfchens die Ellbogenschmerzen überwiegen. Hauptursache der sich erst im Verlauf zeigenden zunehmenden Handgelenksbeschwerden ist eine Instabilität im distalen Radioulnargelenk. Bei dem Vollbild der Essex-Lopresti-Verletzung liegen Verletzungen sowohl im distalen als auch proximalen Radioulnargelenk vor, also im Sinne eines Radiusköpfchenbruchs sowie in Form von Veränderungen im Bereich des TFCC-Komplexes und der interossären Membran (IOM). Kommt es nicht zu einer Zerreißung der IOM, liegt zwar nicht das Vollbild einer Essex-Lopresti-Verletzung vor, doch handelt es sich um eine Essex-Lopresti-artige Verletzung, die gleichermaßen mit Einschränkungen im Bereich des Handgelenks auf Grund von Instabilitäten verbunden ist. Werden derartige Verletzungen zunächst übersehen, führt dies nachfolgend meist zu schlechteren Behandlungsergebnissen mit Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im Hand- und im Ellenbogengelenk.
Durch das Abstützen mit dem Arm auf dem Boden ist es beim Kläger zu einer derartigen Essex-Lopresti-artigen Verletzung gekommen. Hiervon ist der Senat auf Grund des Unfallhergangs und der nachfolgenden Entwicklung mit einem zeitlich verzögerten Auftreten von Handgelenksbeschwerden, die wiederum auf zu objektivierende Instabilitäten im Radioulnargelenk beruhen, überzeugt. In geradezu klassischer Weise fand das Handgelenk des Klägers, das sich bei der Erstuntersuchung in seiner Beweglichkeit frei zeigte, keine weitere Beachtung und die weitergehenden bildgebenden Untersuchungen beschränkten sich auf das Ellenbogengelenk in Form von Röntgenaufnahmen und einer Computertomographie, wobei im Hinblick auf die dann zunächst vermutete und dann objektivierte Fraktur eine Ruhigstellung des Ellenbogens veranlasst wurde, die auch das Handgelenk mit einbezog. Angesichts dessen ist ohne Weiteres zu erklären, dass beim Kläger Handgelenksbeschwerden nicht unmittelbar nach dem Unfall auftraten, sondern- wie von Dr. M.-L. in ihrem Bericht vom 29.09.2008 beschrieben - sich erst nach der Gipsentfernung im weiteren Verlauf zunehmend entwickelten, wie dies nach den Ausführungen der hinzugezogenen Gutachter und des Sachverständigen bei der in Rede stehenden Verletzung sehr häufig der Fall ist. Dass beim Kläger im Bereich des Handgelenks zu diesem Zeitpunkt pathologische Befunde vorlagen, wird durch den Befund der MRT vom 06.10.2008, die Dr. M.-L. wegen der Handgelenksbeschwerden veranlasste, bestätigt. Denn dieser sprach - so der Radiologe Dr. S. - für eine stattgehabte Quetschung der Basis des Fibrocartilago triangularis mit residuellem angrenzendem Erguss im distalen Abschnitt des Radiocarpalgelenks, weshalb Dr. M.-L. in ihren nachfolgenden Berichten an die Beklagte diagnostisch auch von einer Distorsion des rechten Handgelenks ausging. Auch Dr. F. , bei dem der Kläger sich in der BG-Klinik vorstellte, deutete den MRT-Befund angesichts der beklagten Schmerzen als Hinweis auf eine Läsion des TFCC-Komplexes und sah die Indikation für eine Handgelenksarthroskopie, die der Kläger seinerzeit allerdings nicht wünschte. In diesem Sinne äußerte sich schließlich auch der von der Beklagten im Verwaltungsverfahren hinzugezogene Radiologe Kaspar, der nach Auswertung der MRT-Aufnahmen bei unauffälligen knöchernen Verhältnissen in Pronation zum einen eine minimale Dorsalsubluxation der Ulna im distalen Radioulnargelenk und damit in diesem Bereich eine Instabilität beschrieb und zum anderen ausführte, dass auch drei Monate nach dem Unfall im Bereich des distalen Radioulnargelenks noch pathologische Flüssigkeitssignale nachzuweisen seien, was für ein deutliches Trauma spreche, dem die Instabilität im Bereich des distalen Radioulnargelenks möglicherweise zugeordnet werden müsse. Eine Instabilität, d.h. eine vermehrte Verschieblichkeit im distalen Radioulnargelenk hat schließlich auch Prof. Dr. G. anlässlich seiner gutachtlichen Untersuchung am 28.01.2010 gefunden, wie sich seinem Gutachten für die SV-Sparkassenversicherung entnehmen lässt. Nach seinen weiteren Ausführungen war die klinisch nachzuweisende vermehrte Subluxationstendenz der distalen Elle auch bei der von ihm durchgeführten CT-Untersuchung zu verifizieren.
Nach alledem ist mangels Nachweis einer Verletzung des IOM zwar nicht vom Vollbild einer Essex-Lopresti-Verletzung auszugehen, allerdings hat der Senat angesichts der selbst viereinhalb Monate nach dem Ereignis im MRT noch erkennbaren pathologischen Flüssigkeitsansammlungen, die auf eine Verletzung der Strukturen im Bereich des proximalen distalen Radioulnargelenks hinweisen und der sowohl klinisch als auch bildgebend nachgewiesenen Instabilität in diesem Bereich keinen Zweifel daran, dass der vom Kläger erlittene Sturz auch im Bereich des Handgelenks zu einer Verletzung führte und er mithin eine Kombinationsverletzung im Sinne einer Essex-Lopresti-artigen Verletzung erlitt, zumal der Kläger vor dem Unfall zu keinem Zeitpunkt an Handgelenksbeschwerden litt, weshalb keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die beschriebene Instabilität als Vorschaden bereits vorhanden war.
Soweit die Beklagte demgegenüber, gestützt auf die Ausführungen der Dr. H. , meint, eine solche Verletzung sei nicht im Vollbeweis gesichert, lässt sie unberücksichtigt, dass Dr. H. im Rahmen ihrer Stellungnahme übersehen hat, dass eine Instabilität im distalen Radioulnargelenk - wie bereits dargelegt - sowohl bildgebend als auch klinisch gesichert ist. Im Übrigen ignoriert sie im Rahmen ihrer Ausführungen die von Dr. M.-L. durchgehend seit September 2008 dokumentierten Handgelenksbeschwerden, die nach Gipsentfernung zunehmend in den Vordergrund traten und unterscheidet nicht hinreichend zwischen dem Vollbild einer Essex-Lopresti-Verletzung, deren Vorliegen keiner der am Verfahren beteiligten Ärzte bejaht hat, und der vorliegend allein in Rede stehenden Essex-Lopresti-artigen Verletzung. Schließlich überspannt die Beklagte die Beweisanforderungen, wenn sie meint, für die Anerkennung einer unfallbedingten Bewegungseinschränkung im Bereich des Handgelenks sei zwingend die Dokumentation einer konkreten Strukturverletzung durch unfallnah erstellte bildgebende Verfahren notwendig. Soweit die Beklagte sich schließlich auf die Ausführungen des Prof. Dr. G. in seinem auf ihre Veranlassung erstatteten Gutachten stützt, überzeugt auch dies nicht. Zwar hat Prof. Dr. G. darin unter Bezugnahme auf sein früheres Gutachten ausgeführt, dass eine Essex-Lopresti-Verletzung lediglich möglich bis wahrscheinlich sei, jedoch "die überwiegende Wahrscheinlichkeit nicht nachgewiesen werden konnte." Abgesehen davon, dass im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs ausreicht, äußerte sich Prof. Dr. G. in seiner nachfolgenden ergänzenden Stellungnahme sehr ausführlich und gerade auch zu der vorliegend in Rede stehenden Essex-Lopresti-artigen Verletzung, weshalb der Senat diese neuerlichen Ausführungen als Korrektur seiner zuvor gemachten ausgesprochen kurzen und in sich nicht widerspruchsfreien, zudem ohne Begründung erfolgten Feststellungen sieht. Nach Überzeugung des Senats sind damit auch die Beeinträchtigungen im Bereich des rechten Handgelenks des Klägers Folge des am 27.05.2008 erlittenen Sturzes.
Entsprechendes gilt nach Überzeugung des Senats auch im Hinblick auf die Bewegungseinschränkungen im Bereich des Schultergelenks. Insoweit hat der Sachverständige Dr. von S. in Übereinstimmung mit den im Verwaltungsverfahren von der Beklagten hinzugezogenen Gutachter Prof. Dr. G. und Dr. B. überzeugend dargelegt, dass es als Folge der Ruhigstellung des Ellenbogens am Oberarmgips wahrscheinlich zu einer adhäsiven Kapsulitis kam, was im Rahmen von Ruhigstellungen von Gelenken zu beobachten sei. Dabei machte Prof. Dr. G. deutlich, dass sich die Einsteifung eines Gelenks nicht nur auf das ruhig gestellte Gelenk bezieht, sondern vielmehr auch ein Gelenk fern der Gipsruhigstellung betroffen sein kann. Angesichts der recht langen (unnötigen) Ruhigstellung von Ellenbogen bzw. Schulter sind Dr. von S. , Prof. Dr. G. und Dr. B. vor dem Hintergrund der beklagten Beschwerden und dem Verlauf der entsprechenden Beeinträchtigungen übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass es beim Kläger zu einer adhäsiven Kapsulitis kam. Dass eine Bewegungseinschränkung im Bereich der Schulter erstmals anlässlich der Vorstellung des Klägers bei Dr. M.-L. am 20.04.2009 dokumentiert wurde, steht dem nicht entgegen. Zwar ist einzuräumen, dass es sich hierbei um ein nicht unerhebliches zeitliches Intervall handelt, allerdings wies Prof. Dr. G. diesbezüglich zu Recht darauf hin, dass der Kläger ausweislich des Verlaufsberichts des Dr. M. vom 30.06.2008 bereits seinerzeit zu Mobilisationsübungen angeleitet wurde, was darauf hinweist, dass entsprechende Beeinträchtigungen schon damals auftraten, ohne dass gleichzeitig ein entsprechender Befund dokumentiert wurde. Denn Schulterübungen müssen üblicherweise - so Prof. Dr. G. - bei liegendem Oberarmgips nicht zwingend durchgeführt werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass beim Kläger nach der Gipsentfernung zunehmend Handgelenksbeschwerden in den Vordergrund traten, die die Belastbarkeit der rechten Extremität einschränkten, was wiederum zu einer Schonhaltung führte, was einerseits die Entwicklung einer adhäsiven Kapsulitis förderte und andererseits eine beginnende Schulterbeeinträchtigung im Hintergrund blieb, da der Focus der Beeinträchtigungen nun neben dem Ellenbogengelenk das Handgelenk betraf.
Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren geltend macht, angesichts der lediglich für ca. drei Wochen erfolgten Ruhigstellung des rechten Oberarms lasse sich ein Zusammenhang mit den erst neun Monate später beklagten Schulterbeschwerden nicht herstellen, ist darauf hinzuweisen, dass nicht allein die Ruhigstellung des Oberarms zu berücksichtigen ist, sondern im Hinblick auf die Ausführungen des Prof. Dr. G. , wonach sich eine Gelenkruhigstellung auch auf Nachbargelenke auswirke, die am 27.05.2008 zunächst mittels Tapeverband erfolgte Ruhigstellung des Ellenbogens gleichermaßen zu berücksichtigen ist und mit Abnahme des Oberarmgipses am 03.07.2008 somit für insgesamt fünf Wochen und zwei Tage eine Ruhigstellung erfolgte. Den Senat überzeugt es daher nicht, wenn die Beklagte das Auftreten einer adhäsiven Kapsulitis gänzlich verneint und damit auch mittelbar einen ursächlichen Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Sturz.
In Übereinstimmung mit der Einschätzung des Sachverständigen Dr. von S. geht der Senat allerdings davon aus, dass die degenerativen Veränderungen im Bereich des Schultergelenks, die nach Auffassung der Beklagten allein ursächlich für die Beschwerdesituation im Bereich der rechten Schulter sind, sich als konkurrierende Ursache für das Auftreten der Schulterbeschwerden darstellen. Für den Senat überzeugend hat der Sachverständigen insoweit jedoch ausgeführt, dass angesichts der insoweit dokumentierten AC-Gelenksarthrose eine subacromiale Enge in Betracht zu ziehen ist, die, nachdem sie bis zum Unfallzeitpunkt keine klinische Symptomatik hervorgerufen hat, durch das Unfallereignis bzw. die Ruhigstellung oder Schonhaltung klinisch auffällig geworden ist. Damit sind die Schultergelenksbeeinträchtigungen im Sinne der Aktivierung einer Schadensanlage jedenfalls rechtlich wesentlich dem Unfall zuzuordnen.
Insgesamt ist die Feststellung von Bewegungseinschränkungen im Bereich des rechten Hand- und Schultergelenks als Unfallfolge durch das SG damit nicht zu beanstanden. Bedenken bestehen darüber hinaus auch nicht hinsichtlich der Feststellung von Bewegungseinschränkungen im Ellenbogengelenk, gegen die die Beklagte im Berufungsverfahren der Sache nach auch keine Einwände erhoben hat.
Das SG hat die Beklagte zu Recht auch zur Gewährung von Verletztenrente verurteilt. Allerdings liegen die entsprechenden Voraussetzungen erst ab Februar 2011 vor.
Rechtsgrundlage für das Begehren auf Verletztenrente ist § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente geleistet, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII). Gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wir die Rente von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Nach diesen Grundsätzen ist nicht zu beanstanden, dass das SG die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger ab dem Zeitpunkt der gutachtlichen Untersuchung bei Dr. B. Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. zu gewähren. Dabei rechtfertigen bereits die im Bereich des rechten Armes des Klägers im Vordergrund stehenden Bewegungseinschränkungen im Schultergelenk die Bemessung mit einer MdE um 20 v.H. Nach der unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger, Mertens, Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 523) wird eine Bewegungseinschränkung für die Vorwärts- und Seitwärtsbewegung bis 120 Grad mit einer MdE um 10 v.H. und eine entsprechende Bewegungseinschränkung bis 90 Grad mit einer MdE um 20 v.H. bewertet, und zwar bei jeweils freier Rotation. Mit den von Dr. B. anlässlich seiner Untersuchung am 07.03.2012 dokumentierten Bewegungsmaßen (Arm seitwärts/körperwärts 85/15/0, Arm rückwärts/vorwärts 5/0/85) erreicht der Kläger damit in der Armvorwärts- und -seitwärtsbewegung keine 90 Grad, weshalb eine MdE um 20 v.H. erreicht wird. Allerdings ist beim Kläger zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Rotation im Schultergelenk nicht frei ist, sondern mit Bewegungsmaßen für das Auswärts-/Einwärtsdrehen bei anliegendem Oberarm mit 45/0/90 (links: 60/0/90) bzw. bei 90 Grad Seitwärtshebung des Oberarms mit 5/0/5 (links: 85/0/80) ebenfalls eingeschränkt ist. Zu bewerten ist darüber hinaus die eingeschränkte Beweglichkeit im Bereich des Ellenbogens. Dabei wird die MdE nach Schönberger, Mertens, Valentin, a.a.O., S. 530 bei einer Bewegungseinschränkung von 0/30/120 für die Streckung/Beugung bei freier Unterarmdrehung mit 10 v.H. und bei einer entsprechenden Bewegungseinschränkung von 0/30/90 mit 20 v.H. bewertet. Ausgehend hiervon rechtfertigen die von Dr. B. gemessenen Werte für die Streckung/Beugung von 5/0/100 jedenfalls die Bemessung mit einer MdE um 10 v.H., zumal auch die Unterarmdrehung mit Messwerten von 80/0/70 (Normalwert: 90/0/90) nicht frei, sondern zusätzlich eingeschränkt ist. Weiter ist die Bewegungseinschränkung im Handgelenk zu berücksichtigen, die Dr. B. handrückenwärts/hohlhandwärts mit 50/0/65 (links: 70/0/75) und speichenwärts/ellenbogenwärts mit 20/0/40 (links: 15/0/50) ermittelte, zusätzlich zu einem eingeschränkten Faustschluss und einer Kraftminderung. Ausgehend hiervon teilt der Senat die Einschätzung des Sachverständigen Dr. von S. , der die Gesamtheit dieser Einschränkungen im Bereich der rechten oberen Extremität vor dem Hintergrund der im Zeitraum vor der Untersuchung durch Dr. B. eingetretenen Verschlimmerung jedenfalls zum Untersuchungszeitpunkt mit einer MdE um 30 v.H. angemessen bewertet gesehen hat. Auch Dr. B. selbst ist für den Untersuchungszeitpunkt von einer MdE um 30 v.H. ausgegangen. Soweit die Beklagte auf die Ausführungen von Dr. H. verweist, die das Gutachten des Dr. B. nicht für auswertbar erachtet, weil dieser zu viele Messparameter falsch ausgewiesen habe, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Soweit Dr. H. diesbezüglich darauf hingewiesen hat, dass Dr. B. die Schultergelenksbeweglichkeit mit der Ellenbogengelenksbeweglichkeit verwechselt habe, trifft dies nur insoweit zu, als der Gutachter die Messwerte für die Schultergelenksbeweglichkeit unter dem Stichwort "Ellenbogen" und die Messwerte für den Ellenbogen unter dem Stichwort "Schultergelenke" aufführte. Demgegenüber wird aus der Bezeichnung der jeweils gemessenen Funktion, wie bspw. "Arm seitwärts/körperwärts" oder "Streckung/Beugung" hinreichend deutlich, welches Gelenk gemessen wurde, dass nämlich im ersten Beispiel gerade nicht wie nach der Überschrift zu vermuten wäre, die Ellenbogenbeweglichkeit gemessen wurde, sondern die Schulterbeweglichkeit und im zweiten Beispiel entgegen der Überschrift nicht die Schulterbeweglichkeit, sondern die Ellenbogenbeweglichkeit. Entsprechendes erschließt sich im Übrigen auch aus dem Gesamtkontext, der unter dem Abschnitt "Schultergelenke und Oberarme" und "Ellenbogengelenke und Unterarme" eine Befundbeschreibung enthält, die mit Messtabellen ergänzt wurden, wobei lediglich diese Tabellen mit einer fehlerhaften Überschrift versehen sind. Der Senat hat daher keine Bedenken der Beurteilung die von Dr. B. dokumentierten Messwerte zu Grunde zu legen, zumal Dr. M.-L. jedenfalls für die im Vordergrund stehenden Schulterbeeinträchtigungen entsprechende Befunde zuvor bereits seit Februar 2011 dokumentierte, wie ihren Ausführungen gegenüber dem Senat als sachverständige Zeugin entnommen werden kann. Danach dokumentierte sie bereits unter dem 07.02.2011 und 14.03.2011 die Abduktion bzw. Elevation jeweils mit 80 bzw. 90 Grad, was im Wesentlichen auch mit den Messwerten von Prof. Dr. G. übereinstimmte, der ebenfalls Mitte März 2011 die Abduktion und Elevation mit 90 Grad dokumentierte.
Soweit Dr. B. die MdE auch für die Zeit seit Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit bis zu seiner Untersuchung mit 30 v.H. bewertete, ist das SG dem vor dem Hintergrund der Ausführungen des Sachverständigen Dr. von S. , wonach vor dessen Untersuchung eine Verschlimmerung nachgewiesen sei, zu Recht nicht gefolgt. Denn Funktionsbeeinträchtigungen in dem von Dr. B. beschriebenen Ausmaß sind in dem davor liegenden Zeitraum nicht dokumentiert. Soweit Dr. von S. angesichts dessen die MdE bis zur Untersuchung durch Dr. B. mit 20 v.H. bewertet hat, hat der Sachverständige übersehen, dass die führenden Schultergelenksbeschwerden erstmals von Dr. M.-L. am 20.04.2009 dokumentiert wurden und sich erst nachfolgend zunehmend verschlimmerten. Auch die Ellenbogen- und Handgelenksbeschwerden zeigten sich zeitlich nach Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit progredient, weshalb es nicht überzeugt, dass Dr. von S. - und ihm folgend das SG - die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers bereits beginnend ab dem 27.07.2008 mit einer MdE um 20 v.H. bewertet hat.
Denn eine rentenberechtigende MdE um 20 v.H. wird mit der von Dr. M. für den Untersuchungstag am 25.07.2008 dokumentierten, nur das rechte Ellenbogengelenk betreffenden funktionellen Einschränkung (Beugung bis 140 Grad, Streckdefizit 15 Grad, intakte Pro- und Supination) nicht erreicht. Funktionelle Einschränkungen im Hand- bzw. Schultergelenk lagen zu diesem Zeitpunkt nicht vor. Mit einer MdE um 20 v.H. werden - wie ausgeführt - erst Bewegungseinschränkung für die Streckung/Beugung von 0/30/90 bei freier Unterarmdrehung bewertet. Im Vergleich hierzu war die Ellenbogenfunktion beim Kläger deutlich besser, so dass sich eine rentenberechtigende MdE ab 27.07.2008 nicht begründen lässt. Einschränkungen in dem dargestellten Ausmaß dokumentierte Dr. M.-L. auch nachfolgend anlässlich ihrer Untersuchungen am 29.09.2008 (Beugung/Streckung: 0/0/160), 04.11.2008 (Schmerzen bei endgradiger Streckung), 11.02.2009 (Beugung/Streckung 0/0/150) und 20.04.2009 (Beugung/Streckung 0/0/140) nicht. Die dargestellten Bewegungsmaße rechtfertigen auch nicht die Bemessung mit einer MdE um 10 v.H., die erst bei einer Bewegungseinschränkung für die Streckung/Beugung von 0/30/120 bei freier Unterarmdrehung erreicht wird. Auch die Beeinträchtigungen des Handgelenks, die Dr. M.-L. erstmals am 29.09.2008 (Streckung/Beugung 80/0/80, Umwendbewegung frei), dann am 04.11.2008 (Schmerzen bei endgradiger Streckung), 11.02.2009 (Streckung 90 Grad) und 20.04.2009 (Streckung bei Belastung schmerzhaft) dokumentierte erreichen kein Ausmaß, das die Bemessung mit einer MdE um 10 v.H. rechtfertigen würde. Dies kommt nach der unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger, Mertens, Valentin, a.a.O., S. 544) erst bei einer Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit um insgesamt 40 Grad in Betracht, was mit einer deutlich größeren Einschränkung verbunden ist, als dies beim Kläger der Fall war.
Allerdings dokumentierte Dr. M.-L. nunmehr für den 20.04.2009 erstmals Schultergelenkseinschränkungen mit Bewegungsmaßen für die Abduktion von 120 Grad und die Elevation von 130 Grad sowie der Rotation (Außen-/Innnenrotation 60/0/90), die sich nachfolgend rasch verschlechterten, wobei schon anlässlich der Untersuchung in der BG-Klinik im Mai 2009 nur noch eine Abduktion von 100 Grad möglich war, die nachfolgend nicht mehr überschritten wurde. Damit rechtfertigen die Beeinträchtigungen von Seiten des rechten Schultergelenks jedenfalls ab Mai 2009 die Bemessung mit einer MdE um 10 v.H. Jedoch wird ab diesem Zeitpunkt gleichwohl eine rentenberechtigende Gesamt-MdE noch nicht erreicht, nachdem sowohl die Ellenbogen- als auch die Handgelenksbeschwerden sich bei den nachfolgenden Untersuchungen durch Dr. M.-L. am 17.09.2009 und Prof. Dr. G. am 28.01.2010 im Wesentlichen unverändert zeigten und Funktionseinschränkungen schließlich für die nachfolgende Vorstellung bei Dr. M.-L. am 01.06.2010 nicht mehr dokumentiert sind, so dass sich insoweit keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass entsprechende Funktionseinschränkungen vorlagen, die jeweils für sich betrachtet eine MdE um wenigstens 10 v.H. rechtfertigen würden.
Nach Auffassung des Senats ist eine MdE um 20 v.H. erst für die Untersuchung bei Dr. M.-L. am 07.02.2011 nachgewiesen. Denn ab diesem Zeitpunkt sind mit einer Abduktion von 80 Grad und einer Elevation von 90 Grad Bewegungseinschränkungen dokumentiert, die entsprechend den obigen Darlegungen die Bemessung mit einer MdE um 20 v.H. rechtfertigen.
Entsprechend steht dem Kläger nicht bereits ab 27.07.2008, sondern erst ab 07.02.2011 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu. Insoweit ist die Berufung der Beklagten daher erfolgreich und die Klage insoweit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger vier Fünftel seiner außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Unfallfolgen und die Gewährung von Verletztenrente streitig.
Der am 1954 geborene Kläger erlitt am 27.05.2008 im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Chemielaborant bei der A. GmbH einen Arbeitsunfall, als er auf dem Werksgelände über die Greifarme eines Gabelstaplers stolperte. Dabei stürzte er und stützte sich mit den Armen am Boden ab.
Wegen Schmerzen am rechten Arm stellte sich der Kläger im Anschluss bei Dr. M. vor, der nach klinischer Untersuchung (u.a. schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogengelenks) und dem Röntgenergebnis diagnostisch von einer Distorsion des rechten Ellenbogengelenks ausging und den Verdacht auf eine eingestauchte Radiusköpfchenfraktur rechts äußerte. Als Erstversorgung nahm er eine Ruhigstellung mittels Tapeverband unter Stabilisierung von Pro- und Supination vor und gab Antiphlogistika (vgl. H-Arzt-Bericht vom 27.05.2008, Bl. 1 VerwA). Die am 29.05.2008 durchgeführte Computertomographie bestätigte den von Dr. M. geäußerten Verdacht und zeigte eine nicht dislozierte Radiusköpfchenfraktur, minimal eingestaucht. In seinem Verlaufsbericht vom 11.06.2008 beschrieb Dr. M. einen bisher komplikationslosen Verlauf und für den Untersuchungstag u.a. eine passive Beugung/Streckung im rechten Ellenbogengelenk mit 120/10/0 Grad, eine endgradig schmerzhaft eingeschränkte Pro- und Supination sowie Schmerzen am rechten Handgelenk radial bei Blockade von Navikulare, Lunatum und Trapezium, nach Deblockade mit leichter Einschränkung der radialen Abduktion. Angelegt wurde ein zirkulärer Oberarmgips rechts (Aircast). In seinem Verlaufsbericht vom 30.06.2008 dokumentierte Dr. M. einen weiterhin komplikationslosen Verlauf und eine Gipskontrolle am 24.06.2008. Anlässlich einer weiteren Gipskontrolle am 30.06.2008 seien Mobilisationsübungen für das rechte Schultergelenk demonstriert und durchgeführt worden, ebenso Funktionsübungen für die Finger. Geplant sei eine Gipsabnahme für den 04.07.2008. Bei der Vorstellung am 25.07.2008 dokumentierte Dr. M. eine Beugung bis 140 Grad und ein Streckdefizit von 15 Grad und erachtete den Kläger ab 26.07.2008 für arbeitsfähig, jedoch noch nicht für mittelschwere oder schwere körperliche Tätigkeiten (Verlaufsbericht vom 25.07.2008, Bl. 27 VerwA). Am 26.07.2008 nahm der Kläger seine Tätigkeit wieder auf.
In ihrem Zwischenbericht vom 29.09.2008 führte die behandelnde Fachärztin für Orthopädie Dr. M.-L. gegenüber der Beklagten aus, dass beim Kläger nach Gipsentfernung zunehmend Schmerzen im Unterarm, Handgelenk und Handrücken aufgetreten seien. Beklagt würden noch immer Schmerzen beim Greifen und bei Belastung schwelle das Handgelenk immer wieder an. Als Befund beschrieb sie eine leichte Schwellung am ulnaren Gelenkspalt, Schmerzen beim Abstützen mit Gewicht sowie eine Blockierung im distalen Radioulnargelenk. (vgl. Zwischenbericht vom 29.09.2008, Bl. 38 VerwA). Der Befund der deshalb veranlassten Magnetresonanztomographie (MRT) vom 06.10.2008 sprach nach den Ausführungen der Radiologin Dr. S. für eine stattgehabte Quetschung der Basis des Fibrocartilago triangularis mit residuellem angrenzendem Erguss im distalen Abschnitt des Radiocarpalgelenks. Beschrieben wurde darüber hinaus eine kleine Geröllzyste in der proximalen Lunatumgelenkfläche ulnarseitig, eine Zerrung des mittleren dorsalen radioulnaren Ligaments sowie ein diskreter residueller Reizerguss entlang des Scaphoids dorsoradial (Befund vom 06.10.2008, Bl. 46 VerwA). Im weiteren Verlauf berichtete Dr. M.-L. unter dem 04.11.2008 über fortbestehende Schmerzen im Handgelenk (Befund: Schmerzen bei endgradiger Extension) und über seit einiger Zeit wieder zunehmende Schmerzen im Ellenbogen (Befund: deutliche Druckschmnerzhaftigkeit über dem Radiusköpfchen, Schmerzen bei endgradiger Streckung). Diagnostisch ging sie von einem Z.n. Radiusköpfchenfraktur rechts und einem Z.n. Distorsion des rechten Handgelenks aus (Bl. 49 VerwA). Im Zwischenbericht vom 11.02.2008 (vgl. Bl. 58 VerwA) berichtete sie nach erfolgter Krankengymnastik von einer leichten Besserung der Beschwerden im Handgelenk und zunehmenden Beschwerden im rechten Arm (Ellenbogen: Elevation/Flexion 0/0/150, Spination 80 Grad) und unter dem 20.04.2009 (vgl. Bl. 70/72 VerwA) von einer unverändert schlechten Beweglichkeit (Ellenbogen: Streckung/Beugung 0/0/140, Supination/Pronation 60/0/90; Handgelenk: Extension bei Belastung schmerzhaft) und einer zunehmenden Bewegungseinschränkung in der rechten Schulter (Abduktion/Adduktion 12/0/30, Elevation/Rückwärtsführen 130/0/40, AR/IR 60/0/90).
Im weiteren Verlauf stellte sich der Kläger wegen Schmerzen im rechten Handgelenk, in der Schulter und im Ellbogen in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. (BG-Klinik) vor, wobei Dr. F. den Verdacht auf eine Verletzung des TFCC-Komplexes (triangulärer fibrokartilaginärer Komplex) am Handgelenk und den Verdacht auf ein Impingement-Syndrom der rechten Schulter äußerte. Die deshalb am 11.05.2009 durchgeführte MRT der rechten Schulter zeigte einen Reizzustand im Bereich des AC-Gelenks, im Übrigen jedoch einen unauffälligen Befund (Berichte vom 05.05. und 12.05.2009, Bl. 76/82). Nachfolgend berichtete Dr. M.-L. in ihrem Zwischenbericht vom 11.12.2009 (Bl. 92 VerwA) von einer endgradigen Schmerzhaftigkeit im rechten Ellenbogen und dem rechten Handgelenk sowie einer deutlichen Schwäche im Bereich der rechten Schulter mit einer Abduktion und Elevation von 90 Grad. Der Kläger habe seit dem Unfall nie mehr die Kraft zurückbekommen, die er vorher gehabt habe.
Im zur Akte gelangten unfallchirurgischen Gutachten für die SV-Sparkassenversicherung ging Prof. Dr. G. , Ärztlicher Direktor der BG-Klinik, auf Grund seiner Untersuchung vom 28.01.2010 davon aus, dass der Kläger bei dem Unfall angesichts des Unfallmechanismus und der Bildgebung nicht nur eine Radiusköpfchenfraktur, sondern eine Kombinationsverletzung im Sinne einer Essex-Lopresti-Verletzung erlitten habe. Dabei handele es sich um eine Kombinationsverletzung des proximalen und distalen Radioulnargelenks mit einer langstreckigen Zerreißung der Membrana interossea und einer hieraus resultierten Instabilität der beiden Unterarmknochen. Diese Instabilität äußere sich in einer vermehrten Verschieblichkeit im distalen Radioulnargelenk. Diese liege beim Kläger unzweifelhaft vor. Wegweisend sei einerseits der klinische Verlauf mit Ellbogen- und nachfolgend Handgelenksschmerzen sowie andererseits das erste durchgeführte Handgelenks-MRT, das Veränderungen im Bereich des distalen Radioulnargelenks an den dorsalseitigen Bändern zeigte. Bei der nun durchgeführten CT-Untersuchung habe sich die klinisch nachgewiesene vermehrte Subluxationstendenz der distalen Elle auch im CT verifizieren lassen. Problematisch sei die Beurteilung der Schulterbeschwerden, nachdem das erste Kernspintomogramm vom Mai 2009 keine wegweisenden Veränderungen, abgesehen von einer AC-Gelenksarthrose mit einer denkbaren Einengung im Subacromialraum durch die arthrotischen Gelenkveränderungen, gezeigt habe. Die sich im Kernspintomogramm vom 23.11.2009 zeigende und mit der aktuellen Klinik übereinstimmende Signalveränderung an der langen Bizepssehen proximal erkläre nicht die Bewegungseinschränkung im Schultergelenkspäter. Wahrscheinlich müsse man von einer adhäsiven Kapsulitis (posttraumatische Schultersteife) ausgehen, die sich posttraumatisch im Rahmen der längeren Ruhigstellung eingestellt habe. Eine solche entstehe sehr häufig ohne Trauma, allerdings sei sie nach Ruhigstellung in einem hohen Prozentsatz nach einem Unfall zu beobachten. Diese sei gleichermaßen Unfallfolge, obwohl unfallunabhängig eine Einengung des Subacromialraums bestehe. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Radiologen Kaspar ein, der zu der Einschätzung gelangte, dass die MRT-Bilder des rechten Handgelenks vom 02.10.2008 trotz geringer Signalanhebung ulnarseitig nicht als sicherer pathologischer Befund gewertet werden könnten und diese daher keinen Nachweis für das Vorliegen einer Essex-Lopresti-Fraktur oder einer relevanten TFCC-Läsion lieferten. Allerdings sprächen die auch drei Monate nach dem Unfall noch nachweisbaren pathologischen Flüssigkeitssignale im Bereich des Handgelenks für ein deutliches Trauma, dem die Instabilität im Bereich des distalen Radioulnargelenks möglicherweise zugeordnet werden müsse. Die MRT-Bilder des rechten Schultergelenks vom 11.05.2009 und 23.11.2009 zeigten degenerative Veränderungen, wiesen jedoch nicht auf ein traumatisches Geschehen hin (Bl. 187, 199 VerwA).
Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Prof. Dr. G. sodann ein Zusammenhangsgutachten. Unter Bezugnahme auf seine Ausführungen in dem erwähnten früheren Gutachten erachtete er eine Essex-Lopresti-Verletzung für "möglich bis wahrscheinlich, wobei die überwiegende Wahrscheinlichkeit nicht nachgewiesen werden konnte." Soweit darin die zunehmende Bewegungseinschränkung im Schultergelenk mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine adhäsive Kapsulitis zurückgeführt worden sei, die sich auf Grund der langen Ruhigstellung des Armes im Weiteren entwickelt habe, könne diese Kausalität im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung "jedoch nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anhand der vorliegenden Dokumentation angenommen werden."
Mit Bescheid vom 05.05.2011 anerkannte die Beklagte den Unfall als Arbeitsunfall und lehnte einen Anspruch auf Rente sowie das Bestehen von Unfallfolgen ab. Die erlittene Radiusköpfchenfraktur sei folgenlos ausgeheilt. Eine Verletzung am TFCC-Komplex im rechten Handgelenk habe nicht objektiviert werden können. Im Übrigen bestehe eine unfallunabhängige Einengung des Subacromialraumes sowie degenerative Veränderungen an der rechten Schulter, die nicht Folge des Arbeitsunfalls seien.
Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. G. ein, der im Hinblick auf das rechte Handgelenk nunmehr ausführlich darlegte, dass es bei einem Sturz auf die ausgestreckte Hand zu Kombinationsverletzungen kommen könne und gerade Radiusköpfchenbrüche mit solchen Verletzungen vergesellschaftet seien. Durch das Abfangen mit der ausgestreckten Hand komme es zu einer Krafteinleitung im Bereich des Handgelenks mit möglicher Verletzung des distalen Radioulnargelenks, Kraftweiterleitung über die Membrana interossea zwischen den beiden Unterarmknochen und Kraftausleitung am Radiuskopf, was schließlich zu dessen Bruch führe. Eine solche Verletzung werde sehr häufig übersehen und sei manchmal auch klinisch inadhärent, da in der Anfangsphase die Ellenbogenbeschwerden überwögen. Das Vollbild einer solchen Verletzung des proximalen und distalen Radioulnargelenks (Radiusköpfchenbruch plus Veränderungen im distalen Radioulnargelenk) sei eine Essex-Lopresti-Verletzung. Es gebe jedoch auch Essex-Lopresti-artige Verletzungen, bei denen es nicht zum Vollbild der Zerreißung der Membran kommen müsse. Dabei bestünden Einschränkungen im Bereich des Handgelenks und relative Instabilitäten, wie sie auch hier vorlägen. Unter Zugrundelegung der bekannten Vorerkrankung und des vorliegenden kernspintomagraphischen Befundes in Kombination mit dem klinischen Befund sei es beim Kläger zu einer Kombinationsverletzung des Ellenbogens und des Handgelenkes gekommen. Dies sei mit hinlänglicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Ob es sich um das Vollbild einer Essex-Lopresti-Verletzung handle, sei jetzt nicht mehr beurteilbar. In Bezug auf die rechte Schulter legte er nunmehr dar, dass vor dem Hintergrund der Ruhigstellung des Oberarmes über insgesamt sieben Wochen hinweg und angesichts des konkreten Verlauf der Schulterbeschwerden mit hinlänglicher Wahrscheinlichkeit von einen posttraumatischen adhäsiven Kapsulitis auszugehen sei.
Die Beklagten veranlasste sodann ein weiteres Zusammenhangsgutachten, das Dr. B. , Sektionsleiter und Unfallchirurg im S. -Klinikum K. , auf Grund Untersuchung des Klägers am 07.03.2012 erstattete. Er gelangte entsprechend der Begründung des Prof. Dr. G. ebenso zu der Auffassung, dass die undislozierte Radiusköpfchenfraktur, eine wahrscheinlich erfolgte Essex-Lopresti-Verletzung und die adhäsive Kapsulitis der rechten Schulter Folge des Unfalls seien. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er seit Wegfall der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit mit 30 vom Hundert (v.H.) ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, bei dem Unfall vom 27.05.2008 sei es zu einem Radiusköpfchenbruch der rechten Hand gekommen, der folgenlos ausgeheilt sei. Darüber hinaus gehende Verletzungen hätten nicht gesichert werden können, insbesondere kein Essex-Lopresti-Bruch oder eine relevante TFCC-Läsion (Verletzung des Faserknorpels zwischen dem Köpfchen der Elle und den Handwurzelknochen). Unfallfolge seien auch nicht die Beschwerden in der rechten Schulter. Traumatische Veränderungen seien insoweit nicht nachgewiesen worden. Das Gutachten des Dr. B. sei nicht schlüssig und überzeugend. Es fehle insbesondere an gesicherten traumatischen Befunden, die einen Unfallzusammenhang belegten.
Nach Klageerhebung am 10.01.2013 hat das Sozialgericht Karlsruhe (SG) das Gutachten des Dr. von S. , Chefarzt in der V. -Klinik Bad R. , eingeholt, der auf Grund Untersuchung des Klägers am 16.05.2013 eine erhebliche Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks für die Abduktion und Anteversion auf dem Boden einer adhäsiven Kapsulitis, eine massive Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogengelenks für die Streckung und Beugung mit summatorisch 75 Grad Seitendifferenz sowie deutlicher Bewegungseinschränkung für die Umwendbewegung des Unterarms nach Radiusköpfchenfraktur sowie eine Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks für die Dorsal- und Palmarflexion auf dem Boden einer Essex-Lopresti-Verletzung mit nachfolgend radioulnarer Dissoziation rechts beschrieben und sämtliche Gesundheitsstörungen mit ausreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich durch das Unfallereignis vom 27.05.2008 verursacht oder richtungsweisend verschlimmert erachtet hat. Die MdE hat er ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit am 27.07.2008 (richtig: 26.07.2008) auf 20 v.H. und ab 06.09.2012 (Untersuchung durch Dr. B. ) auf 30 v.H. eingeschätzt.
Hierzu hat die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme der Ärztin für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. H. eingeholt, die eine Essex-Lopresti-Verletzung nicht für nachgewiesen erachtet und die Schulterbeschwerden auf die degenerative Erkrankung zurückgeführt hat, da diese erst ein Dreivierteljahr nach dem Unfall symptomatisch geworden seien. Hierzu hat sich der Sachverständige Dr. von S. unter Aufrechterhaltung seiner Einschätzung ergänzend geäußert.
Mit Urteil vom 21.01.2014 hat das SG die angefochtenen Bescheide abgeändert und als Unfallfolgen Bewegungseinschränkungen des rechten Ellenbogengelenks nach Radiusköpfchenfraktur, des rechten Handgelenks nach Essex-Lopresti-artiger Verletzung sowie der rechten Schulter festgestellt und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. ab 27.07.2008 und nach einer MdE um 30 v.H. ab 07.03.2012 zu gewähren. Es hat sich dabei auf die Gutachten von Dr. von S. und des Dr. B. gestützt, deren Auffassung auch mit der ergänzenden Stellungnahme des Prof. Dr. G. in Einklang stehe. Übereinstimmend hätten diese dargelegt, dass eine Essex-Lopresti-Verletzung häufig übersehen werde und selten sei, wobei das Übersehen der Verletzung stets zu unbefriedigenden Ergebnissen führe. Typischerweise werde zunächst die Radiusköpfchenfraktur behandelt und im weiteren Gefolge komme es zum Auftreten einer Handgelenksbeschwerdesymptomatik mit Instabilität im distalen Radioulnargelenk. Ein ähnlicher Verlauf mit entsprechenden Beschwerden habe sich gerade auch beim Kläger gezeigt, so dass der Verlauf der Erkrankung auch ein Indiz für die Kausalität sei. Eine schlüssige Argumentationskette liege auch im Hinblick auf die Schulterbeschwerden vor.
Gegen das ihr am 21.02.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18.03.2014 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und geltend gemacht, eine Essex-Lopresti-Verletzung als Gesundheitserstschaden sei im Vollbeweis nicht nachgewiesen. Weder der Umstand, dass es sich bei der Essex-Lopresti-Verletzung um eine sehr seltene Verletzung handle, noch die Tatsache, dass diese häufig übersehen werde, rechtfertige es diesen Beweismaßstab unbeachtet zu lassen. Im Hinblick auf die geltend gemachte unfallbedingte adhäsive Kapsulitis habe Dr. H. zutreffend auf die fehlende Brückensymptomatik zu der Ruhigstellung des rechten Ellenbogengelenks hingewiesen. Nachdem der Gips bereits am 03.07.2008, also nach ca. drei Wochen abgenommen worden sei und die Einschränkung der rechten Schulter erstmalig am 20.04.2009 aufgetreten sei, lasse sich ein Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 27.05.2008 nicht herstellen. Schließlich könne auch der Bewertung der MdE mit 20 v.H. ab 27.07.2008 (richtig sei 26.07.2008) angesichts der von Dr. M. am 25.07.2008 und Dr. M.-L. am 10.02.2009 und 20.04.2009 dokumentierten Befunde nicht gefolgt werden. Die Messwerte des Dr. B. seien im Übrigen nicht verwertbar, da zu viele Parameter falsch ausgewiesen worden seien und die von Dr. von S. beschriebenen Einschränkungen seien vor dem Hintergrund der von Dr. B. sechs Monate zuvor erhobenen Befunde nicht plausibel.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.01.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Zuletzt hat er darauf hingewiesen, dass er seitens der BG-Klinik um die Mitwirkung an einer Studie bezüglich sog. Essex-Lopresti-Verletzungen gebeten worden sei.
Der Senat hat Dr. M.-L. schriftlich als sachverständige Zeugin angehört. Diese hat über die anlässlich der Vorstellungen des Klägers erhobenen Befund berichtet.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung der Beklagten ist jedoch lediglich zum Teil begründet.
Das SG hat der Klage zu Recht insoweit stattgegeben, als es unter Abänderung der angefochtenen Bescheide die beim Kläger im Bereich der rechten oberen Extremität bestehenden Bewegungseinschränkungen des Ellenbogengelenks, des Handgelenks und der Schulter als Unfallfolgen festgestellt und die Beklagte zur Gewährung von Verletztenrente verurteilt hat. Allerdings steht dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. nicht bereits ab 27.07.2008 zu, sondern erst ab 07.02.2011. Insoweit ist die Berufung der Beklagten demnach erfolgreich. Damit hat die Beklagte dem Kläger vom 07.02.2011 bis 06.03.2012 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. und ab 07.03.2012 nach einer MdE um 30 v.H. zu gewähren.
Die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs-, Leistungs- und Feststellungsklage ist zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Aufhebung der die Gewährung einer Rente und das Vorliegen von Unfallfolgen ablehnenden Verwaltungsentscheidung. Mit der Leistungsklage verfolgt der Kläger den Anspruch auf Verletztenrente und gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG kann mit der Klage die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung die Folge eines Arbeitsunfalls ist.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Vorliegend ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Kläger am 27.05.2008 einen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII erlitt. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 05.05.2011 anerkannte die Beklagte diesen Unfall auch ausdrücklich als Arbeitsunfall. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten darüber hinaus, dass der Kläger bei diesem Arbeitsunfall eine Radiusköpfchenfraktur erlitt. Hiervon ging die Beklagte im Rahmen des angefochtenen Bescheides selbst aus, wobei sie diese Fraktur als solche für folgenlos ausgeheilt erachtete. Streitig ist zwischen den Beteiligten somit, ob die Radiusköpfchenfraktur zu einer Bewegungseinschränkung im rechten Ellenbogengelenk geführt hat und ob die Bewegungseinschränkungen im Handgelenk sowie der Schulter ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sind. All dies hat das SG gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. von S. und die von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Prof. Dr. G. - insbesondere dessen ergänzende Stellungnahme - und des Dr. B. bejaht. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Der Senat geht gleichermaßen davon aus, dass es beim Kläger durch den Sturz auf die rechte Hand zu einer Kombinationsverletzung im Bereich des distalen und auch des proximalen Radioulnargelenks mit dadurch verbliebenen Bewegungseinschränkungen gekommen ist und die Behandlung der erlittenen Radiusköpfchenfraktur auf Grund der erfolgten Ruhigstellung zu einer adhäsiven Kapsulitis führte, wodurch es nachfolgend und damit als mittelbare Unfallfolge zu einer Bewegungseinschränkung im Schultergelenk kam.
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Vorliegend ist wahrscheinlich, dass der Sturz vom 27.05.2008, bei dem der Kläger über die Greifarme eines Gabelstaplers stürzte, nach vorne fiel und sich mit den Armen am Boden abstützte, zu den im rechten Hand- und Ellenbogengelenk aufgetretenen Bewegungseinschränkungen führte und es als Folge der Behandlung der unstreitig hierbei erlittenen Radiusköpfchenfraktur, mithin mittelbar, zu der Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk kam. Hiervon gehen sämtliche im Laufe des Verfahrens mit einer Begutachtung des Klägers beauftragten Gutachter und Sachverständigen aus. Nachdem Prof. Dr. G. einen entsprechenden Zusammenhang bereits in seinem für die SV-Sparkassenversicherung erstatteten Gutachten bejahte, äußerte er sich auch im Rahmen seiner ergänzenden Ausführungen zu seinem für die beklagte erstatteten Gutachtens entsprechend, gleichermaßen auch der von der Beklagten mit einer weiteren Begutachtung beauftragte Dr. B ... Schließlich hat auch der gerichtliche Sachverständige Dr. von S. die Bewegungseinschränkungen des Klägers im Bereich des Hand-, Ellenbogen- und Schultergelenks mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den in Rede stehenden Sturz zurückgeführt.
Nach Überzeugung des Senats erlitt der Kläger beim Versuch, nach dem Stolpern einen Sturz mit ausgestreckten Armen abzufangen im Bereich des rechten Armes eine Kombinationsverletzung in der Art einer Essex-Lopresti-Verletzung. Bei derartigen Verletzungen mit axialer Krafteinwirkung auf den ausgestreckten Unterarm kommt es zu einer Krafteinleitung im Bereich des Handgelenks mit Kraftweiterleitung über die Membrana interossea zwischen den beiden Unterarmknochen mit Kraftausleitung am Radiuskopf, was dort meist zu einem Bruch führt. Eine solche Verletzung wird sehr häufig übersehen und ist manchmal auch klinisch inadhärent, da in der Anfangsphase durch die Verletzung des Radiusköpfchens die Ellbogenschmerzen überwiegen. Hauptursache der sich erst im Verlauf zeigenden zunehmenden Handgelenksbeschwerden ist eine Instabilität im distalen Radioulnargelenk. Bei dem Vollbild der Essex-Lopresti-Verletzung liegen Verletzungen sowohl im distalen als auch proximalen Radioulnargelenk vor, also im Sinne eines Radiusköpfchenbruchs sowie in Form von Veränderungen im Bereich des TFCC-Komplexes und der interossären Membran (IOM). Kommt es nicht zu einer Zerreißung der IOM, liegt zwar nicht das Vollbild einer Essex-Lopresti-Verletzung vor, doch handelt es sich um eine Essex-Lopresti-artige Verletzung, die gleichermaßen mit Einschränkungen im Bereich des Handgelenks auf Grund von Instabilitäten verbunden ist. Werden derartige Verletzungen zunächst übersehen, führt dies nachfolgend meist zu schlechteren Behandlungsergebnissen mit Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im Hand- und im Ellenbogengelenk.
Durch das Abstützen mit dem Arm auf dem Boden ist es beim Kläger zu einer derartigen Essex-Lopresti-artigen Verletzung gekommen. Hiervon ist der Senat auf Grund des Unfallhergangs und der nachfolgenden Entwicklung mit einem zeitlich verzögerten Auftreten von Handgelenksbeschwerden, die wiederum auf zu objektivierende Instabilitäten im Radioulnargelenk beruhen, überzeugt. In geradezu klassischer Weise fand das Handgelenk des Klägers, das sich bei der Erstuntersuchung in seiner Beweglichkeit frei zeigte, keine weitere Beachtung und die weitergehenden bildgebenden Untersuchungen beschränkten sich auf das Ellenbogengelenk in Form von Röntgenaufnahmen und einer Computertomographie, wobei im Hinblick auf die dann zunächst vermutete und dann objektivierte Fraktur eine Ruhigstellung des Ellenbogens veranlasst wurde, die auch das Handgelenk mit einbezog. Angesichts dessen ist ohne Weiteres zu erklären, dass beim Kläger Handgelenksbeschwerden nicht unmittelbar nach dem Unfall auftraten, sondern- wie von Dr. M.-L. in ihrem Bericht vom 29.09.2008 beschrieben - sich erst nach der Gipsentfernung im weiteren Verlauf zunehmend entwickelten, wie dies nach den Ausführungen der hinzugezogenen Gutachter und des Sachverständigen bei der in Rede stehenden Verletzung sehr häufig der Fall ist. Dass beim Kläger im Bereich des Handgelenks zu diesem Zeitpunkt pathologische Befunde vorlagen, wird durch den Befund der MRT vom 06.10.2008, die Dr. M.-L. wegen der Handgelenksbeschwerden veranlasste, bestätigt. Denn dieser sprach - so der Radiologe Dr. S. - für eine stattgehabte Quetschung der Basis des Fibrocartilago triangularis mit residuellem angrenzendem Erguss im distalen Abschnitt des Radiocarpalgelenks, weshalb Dr. M.-L. in ihren nachfolgenden Berichten an die Beklagte diagnostisch auch von einer Distorsion des rechten Handgelenks ausging. Auch Dr. F. , bei dem der Kläger sich in der BG-Klinik vorstellte, deutete den MRT-Befund angesichts der beklagten Schmerzen als Hinweis auf eine Läsion des TFCC-Komplexes und sah die Indikation für eine Handgelenksarthroskopie, die der Kläger seinerzeit allerdings nicht wünschte. In diesem Sinne äußerte sich schließlich auch der von der Beklagten im Verwaltungsverfahren hinzugezogene Radiologe Kaspar, der nach Auswertung der MRT-Aufnahmen bei unauffälligen knöchernen Verhältnissen in Pronation zum einen eine minimale Dorsalsubluxation der Ulna im distalen Radioulnargelenk und damit in diesem Bereich eine Instabilität beschrieb und zum anderen ausführte, dass auch drei Monate nach dem Unfall im Bereich des distalen Radioulnargelenks noch pathologische Flüssigkeitssignale nachzuweisen seien, was für ein deutliches Trauma spreche, dem die Instabilität im Bereich des distalen Radioulnargelenks möglicherweise zugeordnet werden müsse. Eine Instabilität, d.h. eine vermehrte Verschieblichkeit im distalen Radioulnargelenk hat schließlich auch Prof. Dr. G. anlässlich seiner gutachtlichen Untersuchung am 28.01.2010 gefunden, wie sich seinem Gutachten für die SV-Sparkassenversicherung entnehmen lässt. Nach seinen weiteren Ausführungen war die klinisch nachzuweisende vermehrte Subluxationstendenz der distalen Elle auch bei der von ihm durchgeführten CT-Untersuchung zu verifizieren.
Nach alledem ist mangels Nachweis einer Verletzung des IOM zwar nicht vom Vollbild einer Essex-Lopresti-Verletzung auszugehen, allerdings hat der Senat angesichts der selbst viereinhalb Monate nach dem Ereignis im MRT noch erkennbaren pathologischen Flüssigkeitsansammlungen, die auf eine Verletzung der Strukturen im Bereich des proximalen distalen Radioulnargelenks hinweisen und der sowohl klinisch als auch bildgebend nachgewiesenen Instabilität in diesem Bereich keinen Zweifel daran, dass der vom Kläger erlittene Sturz auch im Bereich des Handgelenks zu einer Verletzung führte und er mithin eine Kombinationsverletzung im Sinne einer Essex-Lopresti-artigen Verletzung erlitt, zumal der Kläger vor dem Unfall zu keinem Zeitpunkt an Handgelenksbeschwerden litt, weshalb keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die beschriebene Instabilität als Vorschaden bereits vorhanden war.
Soweit die Beklagte demgegenüber, gestützt auf die Ausführungen der Dr. H. , meint, eine solche Verletzung sei nicht im Vollbeweis gesichert, lässt sie unberücksichtigt, dass Dr. H. im Rahmen ihrer Stellungnahme übersehen hat, dass eine Instabilität im distalen Radioulnargelenk - wie bereits dargelegt - sowohl bildgebend als auch klinisch gesichert ist. Im Übrigen ignoriert sie im Rahmen ihrer Ausführungen die von Dr. M.-L. durchgehend seit September 2008 dokumentierten Handgelenksbeschwerden, die nach Gipsentfernung zunehmend in den Vordergrund traten und unterscheidet nicht hinreichend zwischen dem Vollbild einer Essex-Lopresti-Verletzung, deren Vorliegen keiner der am Verfahren beteiligten Ärzte bejaht hat, und der vorliegend allein in Rede stehenden Essex-Lopresti-artigen Verletzung. Schließlich überspannt die Beklagte die Beweisanforderungen, wenn sie meint, für die Anerkennung einer unfallbedingten Bewegungseinschränkung im Bereich des Handgelenks sei zwingend die Dokumentation einer konkreten Strukturverletzung durch unfallnah erstellte bildgebende Verfahren notwendig. Soweit die Beklagte sich schließlich auf die Ausführungen des Prof. Dr. G. in seinem auf ihre Veranlassung erstatteten Gutachten stützt, überzeugt auch dies nicht. Zwar hat Prof. Dr. G. darin unter Bezugnahme auf sein früheres Gutachten ausgeführt, dass eine Essex-Lopresti-Verletzung lediglich möglich bis wahrscheinlich sei, jedoch "die überwiegende Wahrscheinlichkeit nicht nachgewiesen werden konnte." Abgesehen davon, dass im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs ausreicht, äußerte sich Prof. Dr. G. in seiner nachfolgenden ergänzenden Stellungnahme sehr ausführlich und gerade auch zu der vorliegend in Rede stehenden Essex-Lopresti-artigen Verletzung, weshalb der Senat diese neuerlichen Ausführungen als Korrektur seiner zuvor gemachten ausgesprochen kurzen und in sich nicht widerspruchsfreien, zudem ohne Begründung erfolgten Feststellungen sieht. Nach Überzeugung des Senats sind damit auch die Beeinträchtigungen im Bereich des rechten Handgelenks des Klägers Folge des am 27.05.2008 erlittenen Sturzes.
Entsprechendes gilt nach Überzeugung des Senats auch im Hinblick auf die Bewegungseinschränkungen im Bereich des Schultergelenks. Insoweit hat der Sachverständige Dr. von S. in Übereinstimmung mit den im Verwaltungsverfahren von der Beklagten hinzugezogenen Gutachter Prof. Dr. G. und Dr. B. überzeugend dargelegt, dass es als Folge der Ruhigstellung des Ellenbogens am Oberarmgips wahrscheinlich zu einer adhäsiven Kapsulitis kam, was im Rahmen von Ruhigstellungen von Gelenken zu beobachten sei. Dabei machte Prof. Dr. G. deutlich, dass sich die Einsteifung eines Gelenks nicht nur auf das ruhig gestellte Gelenk bezieht, sondern vielmehr auch ein Gelenk fern der Gipsruhigstellung betroffen sein kann. Angesichts der recht langen (unnötigen) Ruhigstellung von Ellenbogen bzw. Schulter sind Dr. von S. , Prof. Dr. G. und Dr. B. vor dem Hintergrund der beklagten Beschwerden und dem Verlauf der entsprechenden Beeinträchtigungen übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass es beim Kläger zu einer adhäsiven Kapsulitis kam. Dass eine Bewegungseinschränkung im Bereich der Schulter erstmals anlässlich der Vorstellung des Klägers bei Dr. M.-L. am 20.04.2009 dokumentiert wurde, steht dem nicht entgegen. Zwar ist einzuräumen, dass es sich hierbei um ein nicht unerhebliches zeitliches Intervall handelt, allerdings wies Prof. Dr. G. diesbezüglich zu Recht darauf hin, dass der Kläger ausweislich des Verlaufsberichts des Dr. M. vom 30.06.2008 bereits seinerzeit zu Mobilisationsübungen angeleitet wurde, was darauf hinweist, dass entsprechende Beeinträchtigungen schon damals auftraten, ohne dass gleichzeitig ein entsprechender Befund dokumentiert wurde. Denn Schulterübungen müssen üblicherweise - so Prof. Dr. G. - bei liegendem Oberarmgips nicht zwingend durchgeführt werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass beim Kläger nach der Gipsentfernung zunehmend Handgelenksbeschwerden in den Vordergrund traten, die die Belastbarkeit der rechten Extremität einschränkten, was wiederum zu einer Schonhaltung führte, was einerseits die Entwicklung einer adhäsiven Kapsulitis förderte und andererseits eine beginnende Schulterbeeinträchtigung im Hintergrund blieb, da der Focus der Beeinträchtigungen nun neben dem Ellenbogengelenk das Handgelenk betraf.
Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren geltend macht, angesichts der lediglich für ca. drei Wochen erfolgten Ruhigstellung des rechten Oberarms lasse sich ein Zusammenhang mit den erst neun Monate später beklagten Schulterbeschwerden nicht herstellen, ist darauf hinzuweisen, dass nicht allein die Ruhigstellung des Oberarms zu berücksichtigen ist, sondern im Hinblick auf die Ausführungen des Prof. Dr. G. , wonach sich eine Gelenkruhigstellung auch auf Nachbargelenke auswirke, die am 27.05.2008 zunächst mittels Tapeverband erfolgte Ruhigstellung des Ellenbogens gleichermaßen zu berücksichtigen ist und mit Abnahme des Oberarmgipses am 03.07.2008 somit für insgesamt fünf Wochen und zwei Tage eine Ruhigstellung erfolgte. Den Senat überzeugt es daher nicht, wenn die Beklagte das Auftreten einer adhäsiven Kapsulitis gänzlich verneint und damit auch mittelbar einen ursächlichen Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Sturz.
In Übereinstimmung mit der Einschätzung des Sachverständigen Dr. von S. geht der Senat allerdings davon aus, dass die degenerativen Veränderungen im Bereich des Schultergelenks, die nach Auffassung der Beklagten allein ursächlich für die Beschwerdesituation im Bereich der rechten Schulter sind, sich als konkurrierende Ursache für das Auftreten der Schulterbeschwerden darstellen. Für den Senat überzeugend hat der Sachverständigen insoweit jedoch ausgeführt, dass angesichts der insoweit dokumentierten AC-Gelenksarthrose eine subacromiale Enge in Betracht zu ziehen ist, die, nachdem sie bis zum Unfallzeitpunkt keine klinische Symptomatik hervorgerufen hat, durch das Unfallereignis bzw. die Ruhigstellung oder Schonhaltung klinisch auffällig geworden ist. Damit sind die Schultergelenksbeeinträchtigungen im Sinne der Aktivierung einer Schadensanlage jedenfalls rechtlich wesentlich dem Unfall zuzuordnen.
Insgesamt ist die Feststellung von Bewegungseinschränkungen im Bereich des rechten Hand- und Schultergelenks als Unfallfolge durch das SG damit nicht zu beanstanden. Bedenken bestehen darüber hinaus auch nicht hinsichtlich der Feststellung von Bewegungseinschränkungen im Ellenbogengelenk, gegen die die Beklagte im Berufungsverfahren der Sache nach auch keine Einwände erhoben hat.
Das SG hat die Beklagte zu Recht auch zur Gewährung von Verletztenrente verurteilt. Allerdings liegen die entsprechenden Voraussetzungen erst ab Februar 2011 vor.
Rechtsgrundlage für das Begehren auf Verletztenrente ist § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente geleistet, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII). Gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wir die Rente von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Nach diesen Grundsätzen ist nicht zu beanstanden, dass das SG die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger ab dem Zeitpunkt der gutachtlichen Untersuchung bei Dr. B. Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. zu gewähren. Dabei rechtfertigen bereits die im Bereich des rechten Armes des Klägers im Vordergrund stehenden Bewegungseinschränkungen im Schultergelenk die Bemessung mit einer MdE um 20 v.H. Nach der unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger, Mertens, Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 523) wird eine Bewegungseinschränkung für die Vorwärts- und Seitwärtsbewegung bis 120 Grad mit einer MdE um 10 v.H. und eine entsprechende Bewegungseinschränkung bis 90 Grad mit einer MdE um 20 v.H. bewertet, und zwar bei jeweils freier Rotation. Mit den von Dr. B. anlässlich seiner Untersuchung am 07.03.2012 dokumentierten Bewegungsmaßen (Arm seitwärts/körperwärts 85/15/0, Arm rückwärts/vorwärts 5/0/85) erreicht der Kläger damit in der Armvorwärts- und -seitwärtsbewegung keine 90 Grad, weshalb eine MdE um 20 v.H. erreicht wird. Allerdings ist beim Kläger zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Rotation im Schultergelenk nicht frei ist, sondern mit Bewegungsmaßen für das Auswärts-/Einwärtsdrehen bei anliegendem Oberarm mit 45/0/90 (links: 60/0/90) bzw. bei 90 Grad Seitwärtshebung des Oberarms mit 5/0/5 (links: 85/0/80) ebenfalls eingeschränkt ist. Zu bewerten ist darüber hinaus die eingeschränkte Beweglichkeit im Bereich des Ellenbogens. Dabei wird die MdE nach Schönberger, Mertens, Valentin, a.a.O., S. 530 bei einer Bewegungseinschränkung von 0/30/120 für die Streckung/Beugung bei freier Unterarmdrehung mit 10 v.H. und bei einer entsprechenden Bewegungseinschränkung von 0/30/90 mit 20 v.H. bewertet. Ausgehend hiervon rechtfertigen die von Dr. B. gemessenen Werte für die Streckung/Beugung von 5/0/100 jedenfalls die Bemessung mit einer MdE um 10 v.H., zumal auch die Unterarmdrehung mit Messwerten von 80/0/70 (Normalwert: 90/0/90) nicht frei, sondern zusätzlich eingeschränkt ist. Weiter ist die Bewegungseinschränkung im Handgelenk zu berücksichtigen, die Dr. B. handrückenwärts/hohlhandwärts mit 50/0/65 (links: 70/0/75) und speichenwärts/ellenbogenwärts mit 20/0/40 (links: 15/0/50) ermittelte, zusätzlich zu einem eingeschränkten Faustschluss und einer Kraftminderung. Ausgehend hiervon teilt der Senat die Einschätzung des Sachverständigen Dr. von S. , der die Gesamtheit dieser Einschränkungen im Bereich der rechten oberen Extremität vor dem Hintergrund der im Zeitraum vor der Untersuchung durch Dr. B. eingetretenen Verschlimmerung jedenfalls zum Untersuchungszeitpunkt mit einer MdE um 30 v.H. angemessen bewertet gesehen hat. Auch Dr. B. selbst ist für den Untersuchungszeitpunkt von einer MdE um 30 v.H. ausgegangen. Soweit die Beklagte auf die Ausführungen von Dr. H. verweist, die das Gutachten des Dr. B. nicht für auswertbar erachtet, weil dieser zu viele Messparameter falsch ausgewiesen habe, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Soweit Dr. H. diesbezüglich darauf hingewiesen hat, dass Dr. B. die Schultergelenksbeweglichkeit mit der Ellenbogengelenksbeweglichkeit verwechselt habe, trifft dies nur insoweit zu, als der Gutachter die Messwerte für die Schultergelenksbeweglichkeit unter dem Stichwort "Ellenbogen" und die Messwerte für den Ellenbogen unter dem Stichwort "Schultergelenke" aufführte. Demgegenüber wird aus der Bezeichnung der jeweils gemessenen Funktion, wie bspw. "Arm seitwärts/körperwärts" oder "Streckung/Beugung" hinreichend deutlich, welches Gelenk gemessen wurde, dass nämlich im ersten Beispiel gerade nicht wie nach der Überschrift zu vermuten wäre, die Ellenbogenbeweglichkeit gemessen wurde, sondern die Schulterbeweglichkeit und im zweiten Beispiel entgegen der Überschrift nicht die Schulterbeweglichkeit, sondern die Ellenbogenbeweglichkeit. Entsprechendes erschließt sich im Übrigen auch aus dem Gesamtkontext, der unter dem Abschnitt "Schultergelenke und Oberarme" und "Ellenbogengelenke und Unterarme" eine Befundbeschreibung enthält, die mit Messtabellen ergänzt wurden, wobei lediglich diese Tabellen mit einer fehlerhaften Überschrift versehen sind. Der Senat hat daher keine Bedenken der Beurteilung die von Dr. B. dokumentierten Messwerte zu Grunde zu legen, zumal Dr. M.-L. jedenfalls für die im Vordergrund stehenden Schulterbeeinträchtigungen entsprechende Befunde zuvor bereits seit Februar 2011 dokumentierte, wie ihren Ausführungen gegenüber dem Senat als sachverständige Zeugin entnommen werden kann. Danach dokumentierte sie bereits unter dem 07.02.2011 und 14.03.2011 die Abduktion bzw. Elevation jeweils mit 80 bzw. 90 Grad, was im Wesentlichen auch mit den Messwerten von Prof. Dr. G. übereinstimmte, der ebenfalls Mitte März 2011 die Abduktion und Elevation mit 90 Grad dokumentierte.
Soweit Dr. B. die MdE auch für die Zeit seit Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit bis zu seiner Untersuchung mit 30 v.H. bewertete, ist das SG dem vor dem Hintergrund der Ausführungen des Sachverständigen Dr. von S. , wonach vor dessen Untersuchung eine Verschlimmerung nachgewiesen sei, zu Recht nicht gefolgt. Denn Funktionsbeeinträchtigungen in dem von Dr. B. beschriebenen Ausmaß sind in dem davor liegenden Zeitraum nicht dokumentiert. Soweit Dr. von S. angesichts dessen die MdE bis zur Untersuchung durch Dr. B. mit 20 v.H. bewertet hat, hat der Sachverständige übersehen, dass die führenden Schultergelenksbeschwerden erstmals von Dr. M.-L. am 20.04.2009 dokumentiert wurden und sich erst nachfolgend zunehmend verschlimmerten. Auch die Ellenbogen- und Handgelenksbeschwerden zeigten sich zeitlich nach Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit progredient, weshalb es nicht überzeugt, dass Dr. von S. - und ihm folgend das SG - die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers bereits beginnend ab dem 27.07.2008 mit einer MdE um 20 v.H. bewertet hat.
Denn eine rentenberechtigende MdE um 20 v.H. wird mit der von Dr. M. für den Untersuchungstag am 25.07.2008 dokumentierten, nur das rechte Ellenbogengelenk betreffenden funktionellen Einschränkung (Beugung bis 140 Grad, Streckdefizit 15 Grad, intakte Pro- und Supination) nicht erreicht. Funktionelle Einschränkungen im Hand- bzw. Schultergelenk lagen zu diesem Zeitpunkt nicht vor. Mit einer MdE um 20 v.H. werden - wie ausgeführt - erst Bewegungseinschränkung für die Streckung/Beugung von 0/30/90 bei freier Unterarmdrehung bewertet. Im Vergleich hierzu war die Ellenbogenfunktion beim Kläger deutlich besser, so dass sich eine rentenberechtigende MdE ab 27.07.2008 nicht begründen lässt. Einschränkungen in dem dargestellten Ausmaß dokumentierte Dr. M.-L. auch nachfolgend anlässlich ihrer Untersuchungen am 29.09.2008 (Beugung/Streckung: 0/0/160), 04.11.2008 (Schmerzen bei endgradiger Streckung), 11.02.2009 (Beugung/Streckung 0/0/150) und 20.04.2009 (Beugung/Streckung 0/0/140) nicht. Die dargestellten Bewegungsmaße rechtfertigen auch nicht die Bemessung mit einer MdE um 10 v.H., die erst bei einer Bewegungseinschränkung für die Streckung/Beugung von 0/30/120 bei freier Unterarmdrehung erreicht wird. Auch die Beeinträchtigungen des Handgelenks, die Dr. M.-L. erstmals am 29.09.2008 (Streckung/Beugung 80/0/80, Umwendbewegung frei), dann am 04.11.2008 (Schmerzen bei endgradiger Streckung), 11.02.2009 (Streckung 90 Grad) und 20.04.2009 (Streckung bei Belastung schmerzhaft) dokumentierte erreichen kein Ausmaß, das die Bemessung mit einer MdE um 10 v.H. rechtfertigen würde. Dies kommt nach der unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger, Mertens, Valentin, a.a.O., S. 544) erst bei einer Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit um insgesamt 40 Grad in Betracht, was mit einer deutlich größeren Einschränkung verbunden ist, als dies beim Kläger der Fall war.
Allerdings dokumentierte Dr. M.-L. nunmehr für den 20.04.2009 erstmals Schultergelenkseinschränkungen mit Bewegungsmaßen für die Abduktion von 120 Grad und die Elevation von 130 Grad sowie der Rotation (Außen-/Innnenrotation 60/0/90), die sich nachfolgend rasch verschlechterten, wobei schon anlässlich der Untersuchung in der BG-Klinik im Mai 2009 nur noch eine Abduktion von 100 Grad möglich war, die nachfolgend nicht mehr überschritten wurde. Damit rechtfertigen die Beeinträchtigungen von Seiten des rechten Schultergelenks jedenfalls ab Mai 2009 die Bemessung mit einer MdE um 10 v.H. Jedoch wird ab diesem Zeitpunkt gleichwohl eine rentenberechtigende Gesamt-MdE noch nicht erreicht, nachdem sowohl die Ellenbogen- als auch die Handgelenksbeschwerden sich bei den nachfolgenden Untersuchungen durch Dr. M.-L. am 17.09.2009 und Prof. Dr. G. am 28.01.2010 im Wesentlichen unverändert zeigten und Funktionseinschränkungen schließlich für die nachfolgende Vorstellung bei Dr. M.-L. am 01.06.2010 nicht mehr dokumentiert sind, so dass sich insoweit keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass entsprechende Funktionseinschränkungen vorlagen, die jeweils für sich betrachtet eine MdE um wenigstens 10 v.H. rechtfertigen würden.
Nach Auffassung des Senats ist eine MdE um 20 v.H. erst für die Untersuchung bei Dr. M.-L. am 07.02.2011 nachgewiesen. Denn ab diesem Zeitpunkt sind mit einer Abduktion von 80 Grad und einer Elevation von 90 Grad Bewegungseinschränkungen dokumentiert, die entsprechend den obigen Darlegungen die Bemessung mit einer MdE um 20 v.H. rechtfertigen.
Entsprechend steht dem Kläger nicht bereits ab 27.07.2008, sondern erst ab 07.02.2011 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu. Insoweit ist die Berufung der Beklagten daher erfolgreich und die Klage insoweit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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