L 7 AS 1359/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 17 AS 9/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 1359/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Verjährungsfrist von 4 Jahren stellt ein allgemeines Rechtsprinzip im Sozialrecht dar und gilt auch für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über Wertersatz für die in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Oktober 2005 im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung bei der W. B.- und Q. m. G. G. (W.) geleistete Arbeit des Klägers.

Der 1952 geborene, verheiratete Kläger, von Juli 2000 bis Dezember 2002 zum IT-System-Kaufmann umgeschult, bezog vom 20. Januar 2003 bis 26. Februar 2004 Arbeitslosengeld sowie anschließend bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe; außerdem erhielt er von der Wohngeldstelle ab 1. April 2004 Wohngeld. Anschließend standen er und die weiteren Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft - seine Ehefrau (geb. 1965) und die beiden gemeinsamen Kinder (geb. 1995 und 2000) - vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005 sowie sodann wieder ab dem 10. Mai 2007 bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten, der Arbeitsgemeinschaft Landkreis E. (i.F. ebenfalls Beklagter), im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Bereits am 24. November 2004 hatte der Kläger im Rahmen einer Gruppeninformation zu Arbeitsgelegenheiten bei der W. vorgesprochen. Bei der W. handelt es sich um ein Dienstleistungsunternehmen mit verschiedenen Einsatz- und Tätigkeitsfeldern, das im Auftrag des Trägers der Grundsicherung nach dem SGB II unterschiedlichste arbeitsmarktpolitische Maßnahmen umsetzt (vgl. die Selbstdarstellung im Arbeitszeugnis vom 14. November 2006). Dort war der Kläger schließlich in der Zeit ab dem 1. Januar 2005 als Programmentwickler im Betriebsteil Sozialer Dienst tätig. Die monatliche Beschäftigungszeit sollte sich auf insgesamt 100 Stunden belaufen; die Mehraufwandsentschädigung betrug 2,00 Euro pro geleistete Stunde. Die Abberufung erfolgte zum 31. Oktober 2005.

Am 15. November 2005 übernahm die W. den Kläger in ein zunächst auf ein Jahr befristetes Arbeitsverhältnis als "Bürokraft" (Schwerpunkt: Verwaltung Sozialer Dienst, Programmierung und Einführung des Programms "DB W."); bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden belief sich die monatliche Vergütung ausweislich des Arbeitsvertrags vom 15. November 2005 auf 2.016,47 Euro brutto. Das Arbeitsverhältnis endete (nach einer weiteren Befristung) zum 14. November 2006; danach bezog der Kläger bis 14. Mai 2007 Arbeitslosengeld. Im Rahmen eines vor dem Arbeitsgericht Freiburg (4 Ca 66/07) am 20. März 2007 geschlossenen gerichtlichen Vergleichs verpflichtete sich die W., dem Kläger für die Nutzung des Programms "DB W." 1.200,00 Euro als Lizenzgebühr zu zahlen.

Am 30. Dezember 2011 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) mit dem Begehren auf Verurteilung des Beklagten auf Wertersatz für die im Rahmen des "Ein-Euro-Verhältnisses" als Programmentwickler geleistete Arbeit. Ihm stehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu, weil es der Arbeitstätigkeit am Merkmal der "Zusätzlichkeit" gefehlt habe. In der Klageschrift hat der Kläger zunächst die Zahlung von 21.427,00 Euro (nebst Zinsen) verlangt, den Betrag der Hauptforderung im Schriftsatz vom 31. Januar 2014 jedoch auf 20.340,00 Euro korrigiert; dieser Betrag ergebe sich aus einer monatlichen Arbeitszeit von 107,50 Stunden (25 Stunden/Woche x 4.3 Wochen) sowie einem Stundensatz von 18,93 Euro (= 2.034,98 Euro/Monat), welcher sich aus dem durchschnittlichen Gehalt eines Softwareentwicklers von mindestens 3.256,00 Euro und einer Vollzeitbeschäftigung von 172 Stunden (40 Stunden/Woche x 4,3 Wochen) errechne, sowie einer Multiplikation des Betrags von 2.034,00 Euro mit zehn Monaten. Der Anspruch sei noch nicht verjährt; zwar betrage die regelmäßige Verjährungsfrist nach der Schuldrechtsreform 2001 gemäß § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) drei Jahre; erst durch das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13. April 2011 - B 14 AS 98/10 R - (BSGE 108, 116 = SozR 4-4200 § 16 Nr. 7) habe er indes die erforderliche Kenntnis von einem Anspruch auf Wertersatz erlangt, sodass die Verjährungsfrist auch erst zu diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen habe. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten, weil nach seinen Berechnungen die von ihm erbrachten Aufwendungen, zu denen nicht nur die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, sondern auch die Mehraufwandsentschädigung, der Fahrtkostenersatz sowie die Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung gehörten, bereits höher gewesen seien als der Wert der Arbeitsleistung des Klägers. Darüber hinaus sei ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auch verjährt. Ein Gläubiger, der einen Bereicherungsanspruch verfolge, habe Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen wisse, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergebe; nicht erforderlich sei, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse ziehe. Das SG hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 31. Januar 2014 persönlich angehört; auf die Niederschrift vom selben Tage wird verwiesen.

Mit Urteil vom 31. Januar 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Tätigkeit des Klägers sei im öffentlichen Interesse und als "zusätzlich" anzusehen gewesen. Jedenfalls könne der Kläger den Wertersatz nicht mehr geltend machen, weil dem Beklagten wegen der erhobenen Einrede der Verjährung ein Leistungsverweigerungsrecht zustehe. Auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch seien die bereicherungsrechtlichen Grundsätze entsprechend anzuwenden und damit auch die Verjährungsfristen, hier also § 195 i.V.m. § 199 Abs. 1 BGB. Die erforderliche Tatsachenkenntnis habe der Kläger spätestens im Oktober 2005 gehabt; die Verjährungsfrist habe damit am 31. Dezember 2005 begonnen und am 31. Dezember 2008 geendet. Dass der Kläger möglicherweise erst mit Bekanntwerden des Urteils des BSG vom 13. April 2011 darauf aufmerksam worden sei, dass wegen der geleisteten Arbeit ein Anspruch auf Wertersatz gegen den Leistungsträger in Betracht komme, sei nicht erheblich; denn für den Beginn der Verjährung sei nicht erforderlich, dass der Gläubiger den ihm bekannten Vorgang rechtlich zutreffend deute. Die Rechtsfolgen rechtsgrundlos geleisteter Arbeit in einer Arbeitsgelegenheit seien im Übrigen im Jahr 2005 aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung schon hinlänglich bekannt gewesen; das BSG habe diese bereits unter der Geltung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) bekannten Grundsätze im Urteil vom 13. April 2011 lediglich zusammengefasst und präzisiert und auf das SGB II übertragen.

Gegen dieses den damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 20. Februar 2014 zugestellte Urteil richtet sich seine am 20. März 2014 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegte Berufung. Zur Begründung hat der Kläger vorgebracht, die Feststellung des SG, dass seine Tätigkeit nach Lage der Dinge nur erforderlich gewesen sei, um die im Rahmen weiterer Arbeitsgelegenheiten anfallenden Verwaltungsvorgänge abzuwickeln, könne nicht überzeugen. Gerade wenn es sich quasi um eine "Selbstverwaltung" gehandelt habe, sei eine solche Tätigkeit innerhalb der Selbstverwaltung nicht als "zusätzliche Arbeitsgelegenheit" zu qualifizieren. Vielmehr hätte das SG zum Ergebnis kommen müssen, dass er ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer der W. gewesen sei. Er wende sich ferner gegen den zweiten Ablehnungsgrund, nämlich die Verjährung des erhobenen Anspruchs. Er teile nicht die Auffassung, dass von der kurzen dreijährigen Verjährungsfrist auszugehen sei. Auch die Anwendung der vierjährigen Verjährungsfrist des § 45 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) halte er für bedenklich. Denn andernfalls wäre er gezwungen gewesen, zu einem Zeitpunkt Klage zu erheben, zu dem eine solche Rechtsverfolgung weder aussichtsreich noch zumutbar gewesen sei, weil das BSG erst im Jahr 2011 entschieden habe. Er gehe davon aus, dass die Geltendmachung von zu Unrecht vorenthaltenem Tariflohn und die verwaltungsrechtliche Unterlassung des Beklagten einer 30-jährigen Verjährungsfrist unterfielen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 7. Juli 2016 hat der Kläger noch erklärt, dass er mit Bezug auf die Arbeitsgelegenheit einen Zuweisungsbescheid nicht erhalten habe und eine solche auch nicht Gegenstand einer Eingliederungsvereinbarung gewesen sei. Er könne sich nur daran erinnern, dass ihm seitens des Beklagten mit Leistungskürzungen gedroht worden sei, wenn er die Arbeitsgelegenheit nicht annehme.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31. Januar 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm 20.340,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 30. Dezember 2011 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt (sinngemäß),

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend. Der erhobene Anspruch sei verjährt. Zudem habe es sich bei der Tätigkeit des Klägers bei der W. um eine zusätzliche Arbeit gehandelt, sodass auch keine rechtgrundlos erbrachte Leistung vorliege. Das oberste Ziel der W. sei die Vorbereitung der Arbeitslosen auf eine nachhaltige Integration in den regulären Arbeitsmarkt. Dieses Ziel werde auch mit den Arbeitsgelegenheiten verfolgt und liege im öffentlichen Interesse. Ferner habe die Zusätzlichkeit vorgelegen, weil die Arbeiten im Fall des Klägers lediglich auf Grund der Verwaltung der anderen Arbeitstätigkeiten angefallen seien und die Stelle ohne diese Arbeitsgelegenheiten nicht zu besetzen gewesen wäre. Eine Rückfrage bei der Arbeitsvermittlung habe im Übrigen ergeben, dass dort seit 2006 keine Unterlagen zu dem Kläger mehr archiviert seien.

Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten (fotokopierte Handakte, 20 Bände Leistungsakten), die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Trotz Ausbleibens des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2016 konnte der Senat verhandeln und entscheiden, da er in der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2016 - dem Beklagten zugestellt am 10. Juni 2016 - darauf hingewiesen worden ist, dass auch im Falle des Ausbleibens von Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann. Einen Verlegungsantrag hat der Beklagte nicht gestellt.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil der Wert des Beschwerdegegenstandes die Wertgrenze des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bei Weitem übersteigt. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Das beklagte Jobcenter (§ 6d SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 (BGBl. I S. 1112)) ist richtiger Klagegegner. Denn das Jobcenter ist gemäß § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II mit Wirkung vom 1. Januar 2011 als Rechtsnachfolger an die Stelle der Arbeitsgemeinschaft Landkreis E. getreten (vgl. BSGE 107, 217 = SozR 4-4200 § 26 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 9)). Zutreffend hat deshalb bereits das SG das Rubrum von Amts wegen berichtigt.

Dem Kläger steht der erhobene Anspruch auf Wertersatz in Höhe 20.340,00 Euro, den er zulässigerweise im Wege der echten (reinen) Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) verfolgt (BSGE 108, 116 = SozR 4-4200 § 16 Nr. 7 (jeweils Rdnr. 13); BSGE 109, 70 = SozR 4-4200 § 16 Nr. 9 (jeweils Rdnr. 13)), nicht zu.

Als Anspruchsgrundlage für das klägerische Leistungsbegehren kommt allein ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch als gewohnheitsrechtlich anerkanntes und aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts abgeleitetes eigenständiges Rechtsinstitut in Betracht. Dieser Anspruch gleicht eine mit der Rechtslage nicht übereinstimmende Vermögenslage aus und verschafft dem Anspruchsinhaber ein Recht auf Herausgabe des Erlangten, wenn eine Leistung ohne Rechtsgrund erfolgt ist oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen stattgefunden haben (BSGE 108, 116 = SozR 4-4200 § 16 Nr. 7 (jeweils Rdnr. 14); BSGE SozR 4-4200 § 16 Nr. 8 (Rdnr. 22); BSGE 109, 70 = SozR 4-4200 § 16 Nr. 9 (jeweils Rdnr. 24); zu Arbeitsgelegenheiten nach § 19 BSHG ferner schon Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) BVerwGE 105, 370; BVerwG Buchholz 436.0 § 19 BSHG Nr. 11). Die Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs entsprechen, soweit sie - wie hier - nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (§§ 812 ff. BGB). Die Erstattung für rechtsgrundlos erbrachte Arbeit ist, da die erlangte Arbeitsleistung selbst nicht herausgegeben werden kann, entsprechend § 818 Abs. 2 BGB auf den Ersatz ihres Wertes gerichtet (BSGE 108, 116 = SozR 4-4200 § 16 Nr. 7 (jeweils Rdnr. 22); BVerwG Buchholz 436.0 § 19 BSHG Nr. 11).

Einen solchen Wertersatzanspruch macht der Kläger vorliegend gegen den Beklagten im Wesentlichen mit der Begründung geltend, dass es der Arbeitstätigkeit an der "Zusätzlichkeit" gefehlt habe. Er bezieht sich insoweit auf die Bestimmung des § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II (in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem SGB II vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 2014); vgl. jetzt § 16d Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen auf dem Arbeitsmarkt vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854)), aus welcher herzuleiten ist, dass Arbeiten, denen es am gesetzlichen Merkmal der Zusätzlichkeit mangelt, zu einer Vermögensverschiebung zu Lasten des Anspruchsinhabers führen und damit einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch auslösen können (vgl. BSGE 108, 116 = SozR 4-4200 § 16 Nr. 7 (jeweils Rdnr. 18); BSGE 109, 70 = SozR 4-4200 § 16 Nr. 9 (jeweils Rdnr. 27)). Die Vermögensverschiebung muss freilich ohne Rechtsgrund erfolgt sein; der erforderliche Rechtsgrund ist allerdings in einem rechtswirksamen Zuweisungsbescheid oder einer wirksamen Eingliederungsvereinbarung zu sehen (vgl. BSGE 109, 70 = SozR 4-4200 § 16 Nr. 9 (jeweils Rdnr. 29); BSGE 114, 129 = SozR 4-4200 § 16 Nr. 13 (jeweils Rdnrn. 15 ff.)), sodass etwa ein bestandskräftig gewordener Heranziehungsbescheid (unabhängig von der Frage seiner Rechtswidrigkeit) den formellen Rechtsgrund für die Zuwendung der Arbeit bildet (Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 16d Rdnr. 51 (Stand: 05/14)). Auf welcher Grundlage die Zuweisung des Klägers zu der Arbeitsgelegenheit erfolgt ist, vermochte der Senat mangels noch vorhandener Unterlagen der Arbeitsvermittlung des Beklagten nicht mehr aufzuklären; auch der Kläger kann sich an Einzelheiten nicht mehr, sondern nur noch daran erinnern, dass ihm von Seiten des Beklagten mit Leistungskürzungen gedroht worden sei, wenn er die Arbeitsgelegenheit nicht annehme; er meint, dass er weder einen Zuweisungsbescheid erhalten habe noch dass die Arbeitsgelegenheit Gegenstand einer Eingliederungsvereinbarung gewesen sei. All das sowie die weiteren Voraussetzungen für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch - neben der fehlenden Zusätzlichkeit und der Rechtsgrundlosigkeit u.a. auch ein unter Gegenüberstellung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (einschließlich der Aufwendungen für die Sozialversicherung) mit dem Wert der erbrachten Arbeitsleistungen zu ermittelnder Vermögensvorteil (vgl. hierzu BSGE 108, 116 = SozR 4-4200 § 16 Nr. 7 (jeweils Rdnrn. 23 ff); BVerwG Buchholz 436.0 § 19 BSHG Nr. 11) - können vorliegend jedoch ebenso dahinstehen, wie die Frage, welche Konsequenzen daraus zu ziehen gewesen wären, dass der Kläger die Arbeit offenbar widerspruchslos ausgeführt hat (vgl. hierzu BSGE 114, 129 = SozR 4-4200 § 16 Nr. 13 (jeweils Rdnrn. 24 ff.)). Denn selbst wenn im vorgenannten Sinne ein Erstattungsanspruch des Klägers bestanden hätte, ist ein solcher Anspruch - wie vom SG im Ergebnis zutreffend erkannt - bereits verjährt. Der Beklagte hat sich auf die Einrede der Verjährung schon erstinstanzlich (vgl. Schriftsatz vom 20. Januar 2012) berufen; ihm steht deshalb in jedem Fall ein Leistungsverweigerungsrecht zu.

Für den vorliegenden öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, bei dem es sich nicht um eine Sozialleistung im Sinne des § 11 SGB I handelt (vgl. BSGE 109, 70 = SozR 4-4200 § 16 Nr. 9 (jeweils Rdnr. 34)), fehlt es an einer Kodifizierung; deshalb liegt auch keine gesetzliche Verjährungsregelung vor. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass ein solcher Anspruch der Verjährung überhaupt nicht unterliegt (vgl. BSGE 69, 158, 161 = SozR 3-1300 § 113 Nr. 1). Denn das Rechtsinstitut der Verjährung dient - auch im öffentlichen Recht - der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden, indem es Ansprüche, die geraume Zeit nicht geltend gemacht werden, dem Streit entzieht (vgl. BSG SozR 4-2400 § 27 Nr. 1 (juris Rdnr. 17); BSGE 115, 40 = SozR 4-2500 § 302 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 45)). Das Fehlen einer unmittelbar anzuwendenden gesetzlichen Regelung hat entgegen der im Berufungsverfahren vorgebrachten Auffassung des Klägers auch nicht zur Folge, dass der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch einer 30-jährigen Verjährungsfrist unterliegen würde. Im Fall fehlender spezialgesetzlicher Regelungen ist die Frage der Verjährung vielmehr unter Heranziehung der für ähnliche Ansprüche geltenden Verjährungsvorschriften bzw. allgemeiner Verjährungsgrundsätze zu prüfen (vgl. BSGE 76, 117, 118 = SozR 3-1200 § 45 Nr. 5; ferner BVerwGE 131, 153 (Rdnr. 26); BVerwGE 132, 324 (Rdnr. 8)). Auf die vom Kläger zitierte Vorschrift des § 52 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), die für durch unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakt festgestellte Ansprüche eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers eine Verjährungsfrist von 30 Jahren bestimmt, einen solchen bestandskräftigen Verwaltungsakt mithin verjährungsrechtlich einem rechtskräftigen Urteil gleichstellt (vgl. BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 - B 13 R 13/12 R - (juris Rdnr. 23); zum Anwendungsbereich der Norm ferner Becker in Hauck/Noftz, SGB X, § 52 Rdnrn. 18 ff. (Stand: 05/15)), kann schon deshalb nicht zurückgegriffen werden, weil es an der erforderlichen Vergleichbarkeit mangelt. Dies gilt im selben Maße für die Sonderverjährungsvorschrift des § 197 BGB, die abschließend regelt, welche Ansprüche der 30-jährigen Verjährungsfrist unterfallen (vgl. J. Schmidt-Räntsch in Erman, BGB, 14. Auflage, § 197 Rdnr. 1) oder für die vom Kläger genannten Verjährungshöchstfristen des § 199 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3a BGB.

Ein Rückgriff auf bürgerlich-rechtliche Verjährungsvorschriften ist im Übrigen nur dann gerechtfertigt, wenn eine sachnähere Regelung im Sozialrecht oder ganz allgemein im öffentlichen Recht nicht zu finden ist (vgl. BSGE 69, 158, 161 = SozR 3-1300 § 113 Nr. 1; BSGE 76, 117, 118 = SozR 3-1200 § 45 Nr. 5 (m.w.N.); ferner BVerwGE 131, 153 (Rdnrn. 26 f.)). Hiervon ist das SG - und mit ihm der Beklagte - sinngemäß ausgegangen; es hat deshalb mit Blick auf den hier streitigen Erstattungsanspruch die Verjährungsvorschrift des § 195 i.V.m. § 199 Abs. 1 BGB entsprechend angewandt. Indessen sind im Sozialrecht allgemeine Verjährungsgrundsätze vorhanden, die die analoge Anwendung der §§ 194 ff. BGB auf den hier streitigen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ausschließen.

Das BSG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die in § 45 SGB I bestimmte Verjährungsfrist von vier Jahren Ausdruck eines allgemeinen Prinzips ist, das der Harmonisierung der Vorschriften über die Verjährung öffentlich-rechtlicher Ansprüche dient (BSGE 115, 40 = SozR 4-2500 § 302 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 43); BSG SozR 4-2500 § 69 Nr. 1 (Rdnr. 13); ferner schon BSGE 41, 287, 291 = SozR 3100 § 81b Nr. 4, BSGE 42, 135, 137 = SozR 3100 § 10 Nr. 7; BSGE 69, 158, 161 f. = SozR 3-1300 § 113 Nr. 1; BSGE 72, 270, 277 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 19). Das BSG hat sich insoweit darauf gestützt, dass die vierjährige Verjährungsfrist nicht nur in § 45 SGB I für "Ansprüche auf Sozialleistungen", sondern etwa auch in den §§ 25 und 27 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sowie in § 113 SGB X enthalten ist. Auch die Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X sieht im Übrigen für nachzuzahlende Forderungen, soweit Sondervorschriften (vgl. etwa § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II und § 116a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch) nicht anderes bestimmen, eine Begrenzung auf vier Jahre vor.

Der Gesetzgeber, der mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 - Schuldrechtsmodernisierungsgesetz - (BGBl. I S. 3138) das Verjährungsrecht des bürgerlichen Rechts grundlegend geändert hat, hat im Übrigen die vorgenannte ständige Rechtsprechung des BSG nicht zum Anlass genommen, auch im Bereich des Sozialrechts eine Anpassung vorzunehmen. Vielmehr wollte er eine Änderung der verjährungsrechtlichen Rechtslage im Sozialrecht gerade nicht herbeiführen (vgl. BSGE 115, 40 = SozR 4-2500 §302 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 44); BSG SozR 4-2500 § 69 Nr. 10 (Rdnr. 15)). Die Entscheidung, ob das neue Regelungssystem auf spezialgesetzlich geregelte Materien übertragen werden kann und welche Sonderregelungen ggf. getroffen werden müssten, sollte weiteren Gesetzgebungsvorhaben vorbehalten bleiben (vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, Bundestags-Drucksache 14/6857 S. 42 (zu Nr. 1)). Hierzu wurde in der Folge das Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3214) erlassen. Auch dort hat sich der Gesetzgeber jedoch bewusst gegen eine entsprechende Anpassung des öffentlichen Rechts entschieden, da im öffentlichen Recht grundsätzlich eigenständige Verjährungsregelungen gelten würden und auf die zivilrechtlichen Verjährungsbestimmungen nur hilfsweise entsprechend zurückgegriffen werden könne (Bundestags-Drucksache 15/3653 S. 10).

Die Verjährungsfrist von vier Jahren stellt nach allem ein allgemeines Rechtsprinzip im Sozialrecht dar. Eine Korrektur der allgemeinen sozialrechtlichen vierjährigen Verjährungsfrist hat der Gesetzgeber, wie oben dargestellt, nicht herbeiführen wollen. Diese Verjährungsfrist ist aus praktischen und haushaltsrechtlichen Gründen geboten, um jahrzehntelange Auseinandersetzungen einer beschleunigten gerichtlichen Auseinandersetzung zuführen zu können (BSGE 115, 40 = SozR 4-2500 § 302 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 43)). Für den hier streitigen Anspruch auf Wertersatz im Wege eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs bedeutet dies, dass auch derartige Ansprüche nach dem Vorbild des § 45 SGB I einer Verjährungsfrist von vier Jahren unterliegen (vgl. auch Bayer. LSG, Urteil vom 19. März 2014 - L 16 AS 613/13 - (juris); ferner Harks in jurisPK-SGB II, § 16d Rdnr. 97 (Stand: 11.05.2016)). Danach ist der vorliegend erhobene Anspruch jedoch bereits verjährt.

Die allgemeine sozialrechtliche Verjährungsfrist beginnt - kenntnisunabhängig - mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist (entsprechend § 45 Abs. 1 SGB I). Auch insoweit kommt ein Rückgriff auf die Vorschriften des durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz novellierten bürgerlich-rechtlichen Verjährungsrechts nicht in Betracht (vgl. BSGE 115, 40 = SozR 4-2500 § 302 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 44)). Für den Beginn der Verjährungsfrist nicht entsprechend heranziehbar ist deshalb die Regelung in § 199 Abs. 1 BGB.

Die Verjährungsfrist für den vom Kläger geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch hat mithin nach Ablauf des Jahres zu laufen begonnen, in dem der Anspruch entstanden ist. Das war mit Ablauf des Jahres 2005 der Fall, sodass die Verjährungsfrist am 1. Januar 2006 begonnen und mit Ablauf des Jahres 2009 geendet hat. Das Erstattungsbegehren des Klägers war sonach bereits vor Erhebung der Klage beim SG am 30. Dezember 2011 verjährt. Eine Hemmung der Verjährung (entsprechend § 45 Abs. 2 SGB I i.V.m. §§ 204 ff. BGB; vgl. hierzu BSGE 97, 125 = SozR 4-1500 § 92 Nr. 3 (jeweils Rdnr. 11)) aus anderen Gründen als der Klageerhebung ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Gründe für einen Rechtsmissbrauch durch Erhebung der Einrede der Verjährung seitens des Beklagten (vgl. dazu BSGE 69, 158, 165 = SozR 3-1300 § 113 Nr. 1) liegen gleichfalls nicht vor.

Auf den vom Kläger erstinstanzlich herangezogenen § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB war nach allem nicht weiter einzugehen. Darauf hingewiesen sei allerdings, dass es für die erforderliche Kenntnis im Sinne dieser Bestimmung nur auf die Kenntnis von Tatsachen, nicht aber auf die zutreffende Beurteilung der Rechtslage ankommt (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07 - (juris Rdnr. 26); BSG SozR 4-1200 § 45 Nr. 8 (Rdnr. 12); Ellenberger in Palandt, BGB, 75. Auflage, § 199 Rdnrn. 27, 33). Zutreffend hat das SG in diesem Zusammenhang im Übrigen auch auf den bereits von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. nur BVerwGE 105, 370; BVerwG Buchholz 436.0 § 19 BSHG Nr. 11) anerkannten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei rechtsgrundlos erbrachter Arbeit im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit hingewiesen.

Nach allem vermag der Kläger mit seinem im Hauptantrag geltend gemachten Zahlungsbegehren nicht durchzudringen. Auf den Verzinsungsantrag war deshalb nicht weiter einzugehen (vgl. aber zur Verneinung eines Zinsanspruchs BSGE 109, 70 = SozR 4-4200 § 16 Nr. 9 (Rdnr. 34)).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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