Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2958/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3590/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 9. Juli 2015 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf EUR 5.000,00 festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 für die Klägerin aufgrund abhängiger Beschäftigung Pauschalbeiträge zur Sozialversicherung, Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) sowie Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes zu erbringen sind.
Die klagende GmbH wurde durch notariellen Vertrag vom 4. Dezember 1991, eingetragen ins Handelsregister am 18. Februar 1992, gegründet. Vorher wurde das Unternehmen einzelkaufmännisch von dem Ehemann der Beigeladenen zu 1, dem Schlossermeister H. S. (im folgenden HS), und zuvor von dessen Vater einzelkaufmännisch geführt. Seit Gründung der Gesellschaft halten am Stammkapital von DM 50.000,00 durchgehend HS 49 % (DM 24.500,00) und die Beigeladene zu 1 51 % (DM 25.500,00). Der Gesellschaftsvertrag (im folgenden GV) trifft unter anderem folgende Regelungen:
§ 6 Geschäftsführung und Vertretung Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer vorhanden, so vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so sind zwei Geschäftsführer gemeinsam oder ein Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertretungsberechtigt. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung kann einzelnen oder allen Geschäftsführern Einzelvertretungsbefugnis und Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden. [ ]
§ 8 Beschlussfassung 1. Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht das Gesetz oder die Satzung eine andere Mehrheit vorschreiben. 2. Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens zwei Drittel des Stammkapitals vertreten sind. Fehlt es daran, so ist innerhalb von vier Wochen eine weitere Gesellschafterversammlung mit derselben Tagesordnung einzuberufen, die in jedem Fall beschlussfähig ist. Darauf ist in der Ladung hinzuweisen. 3. Je DM 100,- eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme. Bei Stimmengleichheit gelten die betreffenden Anträge als abgelehnt.
§ 9 Jahresabschluss, Geschäftsbericht, Gewinnverwendung 1. [ ] 2. [ ] 3. Der jährliche Reingewinn wird nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile der Gesellschafter ausgeschüttet oder nach Mehrheitsbeschluss der Gesellschafterversammlung ganz oder teilweise Rücklagen zugeführt. [ ]
Seit Gründung der Klägerin ist HS zum einzelvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreiten Geschäftsführer bestellt. Dieser ist Eigentümer der Geschäfts- und Werkstatträume der Klägerin, die er an diese verpachtet.
Die am 1952 geborene Beigeladene zu 1, gelernte Friseurin, war bereits im einzelkaufmännischen Unternehmen und später nach Gründung der GmbH dort durchgehend im Umfange von acht bis neun Stunden wöchentlich tätig. Sie bezog durchgehend ein festes monatliches Entgelt unter der jeweils geltenden Geringfügigkeitsgrenze, zuletzt ab 1. April 1999 in Höhe von DM 610,00, ab 1. Januar 2002 in Höhe von EUR 312,00 sowie seit dessen Einführung in Höhe des gesetzlichen Mindeststundenlohns. Sonderzahlungen wurden nicht gewährt. Mit Einführung der pauschalen Beitragspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung für geringfügig entlohnte Beschäftigte wurde die Beigeladene zu 1 ab 1. April 1999 der Einzugsstelle als geringfügig Beschäftigte gemeldet; Pauschalbeiträge wurden abgeführt.
HS war von der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft (BG) zunächst als versicherungspflichtig eingestuft worden (Bescheid vom 22. Juni 1992), ab dem 1. Januar 2000 hingegen als versicherungsfrei (Bescheid vom 17. November 2000), da er als von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter und einzelvertretungsbefugter Geschäftsführer eine unternehmerähnliche Stellung in der Klägerin einnehme.
Nachdem die Beklagte bei der Klägerin bereits eine Betriebsprüfung terminiert hatte, stellte Letztere am 3. Juni 2012 einen Statusfeststellungsantrag nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, den diese mit Bescheid vom 8. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2012 mangels Zuständigkeit aufgrund der bereits eingeleiteten Betriebsprüfung ablehnte. Im Rahmen dieses Verfahrens gab die Beigeladene zu 1 an, sie sei mitarbeitende Gesellschafterin in der GmbH; ihr gesellschaftliches Stimmrecht werde nicht aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung (Treuhandvertrag) zugunsten eines Dritten ausgeübt. Darlehen oder Bürgschaften für die Klägerin habe sie nicht übernommen. Allein HS verfüge über die einschlägigen Branchenkenntnisse zur Führung des Unternehmens. Ihre Mitarbeit sei in keinem besonderen Arbeitsvertrag geregelt; sie unterliege wie ein fremder Arbeitnehmer dem Direktionsrecht der Gesellschaft bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung. Ihre Tätigkeit in der Gesellschaft könne sie frei bestimmen und gestalten; diese sei – aufgrund familienhafter Rücksichtnahme – durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zu anderen Gesellschaftern geprägt.
Mit Bescheid vom 29. November 2012 stellte die Beklagte für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 eine Nachforderung an Gesamtsozialversicherungsbeiträgen gegenüber der Klägerin in Höhe von EUR 67,46 fest. Dabei wies sie darauf hin, dass die versicherungsrechtliche Beurteilung der Beigeladenen zu 1 in einem gesonderten Bescheid vorgenommen werde.
Mit zunächst auf den 29. November 2012 datierten, später auf den 4. Dezember 2012 korrigierten Bescheid stellte die Beklagte fest, dass für die Beigeladene zu 1 im Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 (Pauschal-)Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung sowie Umlagen nach dem AAG und Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes in Höhe von insgesamt EUR 4.293,97 zu viel gezahlt worden seien. Die bisher durch die Klägerin vorgenommene sozialversicherungsrechtliche Beurteilung sei zu beanstanden. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. Diese verfüge über 51 % des Stammkapitals und habe damit maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Da Anträge mit einfacher Mehrheit gefasst würden, könne sie mit ihrem Stimmenanteil einen ändernden Mehrheitsbeschluss in Bezug auf ihr Beschäftigungsverhältnis verhindern. Sie unterstehe damit nicht dem Weisungsrecht der Geschäftsführung. Weiterhin bestehe ein Verwandtschaftsverhältnis zum Mitgesellschafter und Geschäftsführer. Die Tätigkeit sei weitgehend durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum anderen Gesellschafter geprägt, so dass eine Weisungsgebundenheit nicht bzw. nur eingeschränkt bestehe.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch der Klägerin wurde wegen fehlender Vollmachtsvorlage des Bevollmächtigten mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2013 als unzulässig zurückgewiesen. Im anschließend vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) geführten Klageverfahren (S 8 R 1694/13) schlossen die Beteiligten unter dem 20. Februar 2014 einen gerichtlichen Vergleich, wonach sich die Beklagte verpflichtete, ein Überprüfungsverfahren gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) über den Betriebsprüfungsbescheid vom 4. Dezember 2012 über den sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen zu 1 durchzuführen; insbesondere werde hierbei noch eine Feststellung über den Beginn der selbständigen oder abhängigen Beschäftigung erfolgen. Die Beklagte werde hierüber einen rechtsmittelfähigen Bescheid erlassen.
Im Rahmen des daraufhin eingeleiteten Anhörungsverfahrens gab die Klägerin an, die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 bestehe darin, nach Vorlage handschriftlicher Entwürfe des Geschäftsführers die Kundenrechnungen für die Werkleistungen auf dem PC auszustellen oder Briefe nach mündlichen Diktaten zu schreiben. Sie stelle die Buchungsbelege zur Übergabe an den Steuerberater zusammen. Daneben übernehme sie Botengänge (z.B. Aufgabe zur Post oder sonstige kleine Besorgungen) sowie vor allem bei geschäftlicher Abwesenheit des Geschäftsführers den Telefondienst. Von ihrem Ehemann erhalte sie die jeweils zu erledigenden Aufgaben mündlich aufgetragen. Der Zeitaufwand für die gesamten Tätigkeiten betrage wöchentlich rund neun Stunden. Diese übe sie "nebenberuflich" in von der Haushaltsführung freien Stunden aus. Sie treffe keine Entscheidungen in der Geschäftsführung der Gesellschaft und arbeite ausschließlich nach Weisungen des Geschäftsführers. Die Klägerin verwies auf den Bescheid der BG vom 17. November 2000. Herrschender Gesellschafter der GmbH sei HS. Diese Übermacht drücke sich auch in den wirtschaftlichen Verhältnissen aus. HS könne wegen seiner Einzelvertretungsmacht jedes Arbeitsverhältnis zwischen der Gesellschaft und einem angestellten Gesellschafter kündigen, ohne vorher eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Wegen der persönlichen Haftung des Geschäftsführers für Steuern, Abgaben und insbesondere Sozialversicherungsbeiträge müsse er auch gegenüber der Beigeladenen zu 1 Weisungen, z.B. die Vorbereitung der rechtzeitigen Abführung der Beiträge erteilen können. Darüber hinaus könne er gegenüber der Gesellschaft sein Dienstverhältnis sowie auch die zwischen ihm und der GmbH bestehenden Pachtverträge über Geschäfts- und Werkstatträume sowie Inventar kündigen und den Geschäftsbetrieb als Einzelunternehmer fortführen. Wegen ihrer abhängigen Stellung könne die Beigeladene zu 1 ihre Stimmenmehrheit in der Gesellschaft nicht "in die Waagschale werfen". Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien die tatsächlichen Verhältnisse für die Beurteilung ausschlaggebend, nicht die formale Ausgestaltung. Aufgrund des in der Rechtsprechung entwickelten Minderheitenschutzes könne die Beigeladene zu 1 keine Beschlüsse durchsetzen, die der wechselseitigen Treuepflicht der Gesellschafter widersprächen, die Loyalitäts- und Förderpflicht des Gesellschaftszwecks verletzten oder wie hier bei Ehegatten dem Gebot der Rücksichtnahme bei der Ausübung eines Gewerbes nach § 1356 Abs. 2 BGB nicht entsprächen. Gegen alle für die Minderheit nachteiligen Mehrheitsbeschlüsse bestehe das Recht der gerichtlichen Anfechtung. Da sie weder die erforderlichen handwerklichen noch kaufmännischen Kenntnisse zur Betriebsführung der Klägerin besitze und die Betriebsräume im Eigentum ihres Ehemannes stünden, könne sie aus ihrer formellen Mehrheit keine tatsächliche Rechtsmacht über den Minderheitsgesellschafter ausüben. Nachdem die Beklagte seit mehr als 20 Jahren den Status der Beigeladenen zu 1 als abhängig Beschäftigte nicht beanstandet habe, verstoße es gegen Treu und Glauben, den dadurch für die Beteiligten geschaffenen Vertrauenstatbestand wieder zu beseitigen.
Mit Bescheid vom 2. Juni 2014 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 4. Dezember 2012 ab. Bei der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 für die Klägerin handele es sich seit 1. Januar 1992 um eine selbständigen Tätigkeit. Die für diese Tätigkeit bisher zu Unrecht abgeführten Pauschalbeiträge und Umlagen seien mit dem Bescheid vom 4. Dezember 2012 zu Recht ab dem 1. Januar 2008 beanstandet worden. Eine Erstattung für davorliegende Zeiten sei wegen Verjährung ausgeschlossen; diese Beiträge gälten als zu Recht entrichtet. Die Beigeladene zu 1 sei nicht in ein fremdes Unternehmen eingegliedert, sondern werde ausschließlich für ihr eigenes Unternehmen tätig. Die mit ihrer Stimmenmehrheit kraft Satzung in der Gesellschafterversammlung einhergehende Rechtsmacht liege in ihren Händen und sei zu keiner Zeit abbedungen worden. Die Vorgesetztenfunktion des Geschäftsführers könne sich nicht auf ihre Stellung als Mehrheitsgesellschafterin auswirken; im Gegenteil sei der Geschäftsführer den Beschlüssen der Gesellschaft unterworfen. Das Fehlen beruflicher Kenntnisse sei angesichts der Stimmrechtsdominanz der Beigeladenen zu 1 und fehlenden Regelungen zu einer Sperrminorität des Mitgesellschafters als gering zu gewichten. Dass sie von ihrer Rechtsmacht keinen Gebrauch mache, stelle keinen rechtswirksamen Verzicht auf das ihr zustehende Recht dar. Bei ihr bestehe auch nicht der für ein Beschäftigungsverhältnis typische Interessengegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Wenn sie im täglichen Arbeitsprozess auf die Anweisungen der Geschäftsführung vertrauend ihre Aufgaben erfülle und damit dem Wohle der Gesellschaft diene, diene dies zugleich auch immer ihrem eigenen Wohl als Gesellschafterin. Die klägerseits angeführte wirtschaftliche Übermacht des Geschäftsführers trage eine andere sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nicht. Die Beigeladene zu 1 könne aufgrund ihrer Stimmenmehrheit eine Kündigung durch den Geschäftsführer rückgängig machen, diesem einen anderen Geschäftsführer oder Prokuristen zur Seite stellen. Die rechtlichen Möglichkeiten des HS als Eigentümer und Verpächter der Geschäfts- und Werkstatträume sowie des Inventars hätten keinen Einfluss auf die gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht der Beigeladenen zu 1; gleiches gelte für seine einschlägigen Branchenkenntnisse. Diese Umstände könnten allenfalls für einen Einfluss des Geschäftsführers auf die Geschicke der Gesellschaft sprechen, worüber vorliegend allerdings nicht zu entscheiden sei. Analog zum Urteil des BSG vom 29. August 2012 (B 12 KR 25/10 R – juris) sei davon auszugehen, dass im Falle eines familiären Zerwürfnisses allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen komme. Da bisher keine Feststellungen zum Status der Tätigkeit durch eine zuständige Stelle erfolgt und auch ein sonstiges die Klärung des Status der Beschäftigung betreffendes Verwaltungshandeln nicht erkennbar sei, verstoße die nunmehrige statusrechtliche Feststellung nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Aus einer Nichtbeanstandung im Rahmen von Betriebsprüfungen könne nicht der Schluss gezogen werden, dass die vom Arbeitgeber getroffene Beurteilung als abhängige Beschäftigung als zutreffend anerkannt worden sei (BSG, Urteil vom 14. Juli 2004 – B 12 KR 34/03 – juris). Eine abhängige Beschäftigung eines Mehrheitsgesellschafters komme nur in Betracht, wenn dieser aufgrund einer – hier nicht vorliegenden – treuhänderischen Bindung in der Ausübung der Gesellschaftsrechte vollständig eingeschränkt sei (BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 – B 12 KR 30/04 R – juris). Die sich aus § 1356 BGB ergebenden Verpflichtungen von Ehegatten zur gegenseitigen Rücksichtnahme bei der Ausübung einer Erwerbstätigkeit habe als solches weder eine unmittelbare noch eine zwingende Wirkung auf die Stellung von Gesellschaftern. Auch Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft und Mitgesellschaftern änderten nichts an der allein der Beigeladenen zu 1 zustehenden Rechtsmacht. Die vorgetragenen Treuepflichten seien allgemeine Verhaltensregeln gegenüber der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern über die Ausübung von Rechten und Befugnissen wie Einflussnahmen innerhalb der Gesellschaftsverhältnisse. Sie schlössen aber die Berücksichtigung von Eigeninteressen nicht aus.
Zur Begründung des dagegen am 10. Juni 2014 eingelegten Widerspruches wiederholte und vertiefte die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Anhörungsverfahren. Ergänzend führte sie aus, das BSG sei in seinem Urteil vom 29. Februar 2012 (B 12 KR 4/10 R – juris) hinsichtlich der Sozialversicherungsfreiheit dem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Sozialversicherung vom 2./3. November 2010 ausdrücklich nicht gefolgt. In dem von der Beklagten angeführten Urteil vom 29. August 2012 (B 12 KR 25/10 R – juris) habe das BSG angenommen, die familiäre Verbundenheit und Rücksichtnahme bei mitarbeitenden Angehörigen einer Familien-GmbH sei grundsätzlich nicht geeignet, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebende Rechtsmacht gänzlich zu negieren. Daraus ergebe sich, dass die Rechtsmacht nicht allein ausschlaggebend für die Sozialversicherungsfreiheit eines Gesellschafters sein könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2014 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch aus den Gründen des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück. Ergänzend wurde ausgeführt, nicht entscheidend sei, dass HS als Gesellschafter-Geschäftsführer eine herausragende Position in der Gesellschaft einnehme und daher ebenfalls als sozialversicherungsfrei zu beurteilen sei. Dies bedeute nicht, dass hierdurch die Mehrheitsgesellschafterin automatisch als sozialversicherungspflichtig einzustufen sei.
Hiergegen erhob die Klägerin am 22. November 2014 Klage beim SG mit dem Begehren, den Bescheid vom 2. Juni 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Beigeladene zu 1 als Mitgesellschafterin der Klägerin der Sozialversicherungsbeitragspflicht unterliege. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen führte sie aus, die Verträge zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer schlössen eine gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht der Beigeladenen zu 1 aus. So verfüge HS als alleiniger Eigentümer über die betrieblich genutzten Grundstücke. Ohne sein Einverständnis könne keine Darlehensaufnahme zu Gunsten der Klägerin mit Besicherung durch Eintragung von Grundschulden erfolgen, selbst wenn die Beigeladene zu 1 einen entsprechenden Beschluss in der Gesellschafterversammlung mit ihrer Stimmenmehrheit herbeiführen könnte. Die Verteilung der Gesellschaftsanteile an der Klägerin zwischen den Ehegatten beruhe auf steuerlichen Erwägungen. Für die eingezahlten Beiträge erwerbe die Beigeladene zu 1 keine Rentenanwartschaften, so dass es für die Beklagte an einem Feststellungsbedürfnis mangele.
Die durch Beschluss des SG vom 2. Januar 2015 Beigeladene zu 1 gab an, sie sei durchgängig geringfügig tätig gewesen. Ein schriftlicher Vertrag über ihre Tätigkeit sei nicht geschlossen worden. Gesellschafterversammlungen mit ihrem Ehemann habe sie nicht durchgeführt. Darlehen und Bürgschaften für die Klägerin bestünden nicht, da das Unternehmen keine Schulden habe.
Mit Urteil vom 7. Juli 2015 wies das SG die Klage ab. Diese sei zulässig. Der Klageantrag sei sachdienlich dahingehend auszulegen, dass die Klägerin zusätzlich die Aufhebung des Bescheides vom 4. Dezember 2012 begehre. Die Klage sei jedoch unbegründet. Die Beigeladene zu 1 übe ihre Tätigkeit bei der Klägerin als Selbständige aus. Ein rechtlich maßgeblicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft aufgrund der Gesellschafterstellung schließe ein Beschäftigungsverhältnis aus, wenn der Gesellschafter damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könne. Dies sei bei Allein- und Mehrheitsgesellschaftern der Fall. Derartige Gesellschafter hätten aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztlich auch die Leitungsmacht gegenüber dem Geschäftsführer und unterlägen damit ihrerseits nicht dessen Weisungsrecht. Die Beigeladene zu 1 könne nach dem Gesellschaftsvertrag als Mehrheitsgesellschafterin einen ändernden Mehrheitsbeschluss herbeiführen und damit auch ihre eigene Abhängigkeit gegenüber dem Geschäftsführer und Ehemann jederzeit beenden. Eine treuhänderische Bindung der Beigeladenen zu 1 in der Ausübung ihrer Gesellschafterrechte bestehe ebenso wenig wie eine Sperrminorität des HS als Minderheitsgesellschafter. Insbesondere ergebe sich aus dem Gesellschaftsrecht kein "stärkeres Gegenrecht" des Geschäftsführers, wie von der Klägerin behauptet. Die mögliche bloß wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin von HS aufgrund dessen Fachkenntnisse und Immobilieneigentums führe nicht zum Arbeitnehmerstatus der Beigeladenen zu 1. Vielmehr trage diese aufgrund ihrer mehrheitlichen Kapitalbeteiligung ein erhebliches wirtschaftliches Interesse am Erfolg der Klägerin. Nicht entscheidend sei, dass die Beigeladene zu 1 von ihrer Möglichkeit, Weisungen des Geschäftsführers durch Gesellschafterbeschlüsse abzuwenden oder aufzuheben, im Alltag keinen Gebrauch mache. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, so dass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen keine Weisungsunterworfenheit bestehe. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen. Betriebsprüfungen und Prüfberichte dienten nicht dem Schutz der Arbeitgeber oder der Erteilung einer "Entlastung" (BSG, Urteil vom 14. Juli 2004 – B 12 KR 10/02 R – juris).
Gegen das ihr am 23. Juli 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. August 2015 Berufung beim SG eingelegt und zur Begründung vorgetragen, es fehle an einem Rechtsschutzbedürfnis der Beklagten. Die Beigeladene zu 1 könne bei bestehender Beitragspflicht keine Leistungen aus der Sozialversicherung beanspruchen. Es bestehe somit kein Bedarf der Beklagten, deren Status positiv oder negativ festzustellen. Das SG habe seine Beurteilung zu Unrecht allein auf die gesellschaftsrechtliche Stimmenmehrheit der Beigeladenen zu 1 gestützt. Wesentliche Merkmale einer selbständigen Tätigkeit lägen bei dieser jedoch nicht vor. Diese trage kein wesentliches Unternehmerwagnis. Gewinn und Verlust seien nicht nach Geschäftsanteilen aufgespaltet, weil HS fast ausschließlich das Unternehmerwagnis allein trage. Gehe die Klägerin in wirtschaftliche Schräglage oder in eine Insolvenz, könne sich dessen Geschäftsführergehalt auf Null verringern und Arbeitslosigkeit eintreten. Darüber hinaus hafte er gegenüber der Bank alleine, weil das Betriebsgrundstück in seinem Eigentum stehe und auf diesem zugunsten der Bank Grundschulden lasteten. Die Beigeladene zu 1 könne ihre Tätigkeit für die Klägerin nicht frei gestalten, zumal sie über keinen eigenen Geschäftsbereich verfüge und somit durch diese Organisation keine Möglichkeit habe, eigene Entscheidungen zu treffen. Auf die Geschicke der Klägerin könne sie letztlich nicht den geringsten Einfluss nehmen. Das BSG habe im Urteil vom 29. August 2012 (B 12 KR 25/10 R – juris) die familiäre Verbundenheit im Verhältnis zur gesellschaftsrechtlichen Rechtsmacht für die Frage der Selbständigkeit eines Gesellschafters nicht – wie das SG – völlig zurückgestellt. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung habe diese Entscheidung so ausgelegt, dass bei der Mitarbeit eines Angehörigen in einer Familien-GmbH im Grundsatz ein abhängiges und sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis vorliege (Besprechungsergebnis vom 20./21. November 2013). Die gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht der Beigeladenen zu 1 sei durch den in der Rechtsprechung entwickelten Minderheitenschutzes beschränkt. Gegen alle für die Minderheit der Gesellschafter nachteiligen Mehrheitsbeschlüsse bestehe auch ohne besondere Regelung im Gesellschaftsvertrag das gerichtliche Anfechtungsrecht. Die wechselseitige Treuepflicht der Gesellschafter untereinander verschärfe bei Eheleuten die Regelung in § 1356 Abs. 2 BGB, falls der andere Ehegatte nicht einen schweren Pflichtenverstoß wie z.B. Untreue gegenüber der Gesellschaft begangen habe. HS könne gegen seine mit Stimmenmehrheit beschlossene Abberufung als Geschäftsführer als Sanktion nicht nur den Pachtvertrag über die Geschäftsräume kündigen, sondern wegen der Verletzung der Treuepflicht aus dem Gesellschaftsvertrag und insbesondere aus § 1356 Abs. 2 BGB erfolgreich gerichtlich anfechten, so dass kein Rechtsmacht der Beigeladenen zu 1 vorhanden sein könne. Die Klägerin sei klagebefugt, weil der Bescheid über die Pauschalbeitragspflicht bindende Wirkung für die Entscheidung über die Einkommensteuerpflicht habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 9. Juli 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 2. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2014 zu verpflichten, den Bescheid vom 4. Dezember 2012 aufzuheben sowie festzustellen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 für die Klägerin der Pauschalbeitragspflicht zur Sozialversicherung sowie der Umlagepflicht nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz unterliegt, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und hat ergänzend zum bisherigen Vorbringen ausgeführt, das BSG habe in seinen Entscheidungen vom 29. Juli 2015 (B 12 KR 23/13 und B 12 R 1/15 R – beide juris) verdeutlicht, dass es für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung eines GmbH-Geschäftsführers entscheidend auf die gesellschaftsvertragliche Rechtsmacht ankomme. Dasselbe müsse in der Konsequenz auch für einen mitarbeitenden Gesellschafter wie die Beigeladene zu 1 gelten. Die Nichtausübung eines Rechts sei unbeachtlich, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen sei. Nach dieser Rechtsprechung könne eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung genau auf dieses klägerseits vorgetragene Nichtleben der Rechtsmacht nicht zu einem anderen Ergebnis führen, als es sich aus den formellen Vereinbarungen gebe. Regelungen außerhalb des Gesellschaftsvertrags könnten keine Auswirkungen auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Gesellschafter haben, somit auch nicht die Treuepflichten und Bestimmungen zum Minderheitenschutz, die sich aus § 13 GmbHG ergeben könnten, oder die familiären Verhältnisse. Es könne sein, dass Ansprüche aus der Verletzung dieser Pflichten oder Bestimmungen rechtlich geltend gemacht werden könnten. Hierzu habe das BSG jedoch bereits im Hinblick auf Stimmrechtsvollmacht, Stimmbindungsvereinbarungen und Treuhand deutlich gemacht, dass für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung eines Gesellschafters stets die dingliche Ebene ausschlaggebend sei.
Die Beigeladene zu 1 und die durch Senatsbeschluss vom 23. Juni 2016 beigeladene Deutsche Rentenversicherung Knappschaft - Bahn - See – die Beigeladene zu 2 – haben keine Ausführungen gemacht und keinen Antrag gestellt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die nach § 143, 151 Abs. 1 und Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG. Denn die Klage betrifft einen Verwaltungsakt, der die Beitrags-, Umlage- und Zahlungspflicht für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr betrifft.
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren der Klägerin, die im Rahmen der Betriebsprüfung getroffene Entscheidung der Beklagten über die sozialversicherungsrechtliche Behandlung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 für die Klägerin zu beseitigen und feststellen zu lassen, dass für diese Tätigkeit Sozialversicherungsbeiträge abzuführen seien. Mit Bescheid vom 4. Dezember 2012, dessen Rücknahme die Klägerin vorliegend im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X begehrt, hatte die Beklagte geregelt, dass für diese – geringfügige – Tätigkeit entgegen der bisherigen Praxis der Klägerin mangels einer abhängigen Beschäftigung keine Pauschalbeiträge zur Renten- und Krankenversicherung, Umlagen nach dem AAG sowie Mittel für die Zahlung von Insolvenzgeld abzuführen seien. Die Klägerin macht vorliegend nicht geltend, es bestehe aufgrund einer mehr als geringfügigen Beschäftigung eine umfassende Sozialversicherungspflicht. Vielmehr trägt sie selbst vor, die Beigeladene zu 1 nur in geringfügigem Umfange beschäftigt zu haben, so dass sie als Arbeitgeberin (lediglich) Pauschalbeiträge zur Renten- und Krankenversicherung abzuführen habe. Sie selbst hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass aus diesen Beiträgen Ansprüche der Beigeladenen zu 1 aus der Rentenversicherung nicht entstünden. Ihr Begehren ist daher insoweit auf die Feststellung gerichtet, dass sie verpflichtet sei, für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 solche Pauschalbeiträge zu zahlen. Ihr Ziel ist es somit nicht, bereits erbrachte Pauschalbeiträge, Umlagen und Insolvenzgeldmittel – gegebenenfalls trotz Verjährung – erstattet zu erhalten. Streitbefangen ist im Umfange dieses Begehrens der Bescheid vom 2. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2014.
3. Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
a) Die Klage ist nur teilweise zulässig.
aa) Statthaft ist vorliegend die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Feststellungsklage. Denn die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme der Entscheidung über die Beitragspflicht im Bescheid vom 4. Dezember 2012 im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X (Verpflichtungsteil) unter Beseitigung des dies ablehnenden Bescheides vom 2. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2014 (Anfechtungsteil) sowie die Feststellung der Beitrags- und Umlagepflicht.
bb) Die Klage ist bereits unzulässig, soweit mit ihr die Rücknahme der Entscheidung im Bescheid vom 4. Dezember 2012 begehrt wird, für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 seien (Pauschal)Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung sowie Mittel zur Finanzierung des Insolvenzgeldes nicht zu zahlen.
(1) Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG ist die Klage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein. Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Klagebefugnis wird bereits begründet durch die Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte; ob diese Verletzung tatsächlich eingetreten ist, ist Frage der Begründetheit (BSG, Urteil vom 5. Juli 2007 – B 9/9a SB 2/06 R – juris, Rn. 18). Die als verletzt behauptete Rechtsnorm darf dabei aber nicht nur dem allgemeinen Interesse dienen, sondern muss auch den Schutz der Rechtssphäre des Einzelnen bezwecken (BSG, Urteile vom 15. November 1983 – 1 S 10/82 – juris, Rn. 73 und vom 15. Mai 1991 – 6 RKa 22/90 – juris, Rn. 12 ff.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 54 Rn. 10). Nötig ist die Möglichkeit der Verletzung in einem subjektiv öffentlichen Recht. Bei der Verpflichtungsklage ist die Klagebefugnis grundsätzlich gegeben, wenn der Kläger mit seinem Antrag im Verwaltungsverfahren nicht oder nicht vollständig durchgedrungen ist. An der Klagebefugnis fehlt es aber, wenn dem Kläger das geltend gemachte Recht unter keinem Gesichtspunkt zustehen kann. Nicht beschwert ist, wessen abgelehnter Antrag zu seiner eigenen Rechtssphäre in keiner Beziehung steht (BSG, Urteil vom 28. April 1967 – 3 RK 26/63 – juris, Rn. 24 ff.; BSG, Urteil vom 30. August 2001 – B 4 RA 114/00 R – juris, Rn. 29; Keller, a.a.O., Rn. 22; Castendiek in Hk-SGG, 4. Aufl., § 54 Rn. 68).
(2) Die Klägerin kann vorliegend zwar geltend machen, ihr Antrag auf Rücknahme des Bescheides vom 4. Dezember 2012 sei durch den Bescheid vom 2. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2014 abgelehnt worden. Das von ihr geltend gemachte Recht auf Aufhebung bezüglich der Pauschalbeiträge und der Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes kann ihr jedoch unter keinem Gesichtspunkt zustehen.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 44 Abs. 2 SGB X). Demnach setzt ein Rücknahmeanspruch nach Abs. 1 Satz 1 voraus, dass durch den Verwaltungsakt Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Durch den Bescheid vom 4. Dezember 2012 sind jedoch gerade keine Beiträge erhoben worden, sondern die Erhebung von (Pauschal)Beiträgen gerade abgelehnt worden.
Eine Rücknahme nach Abs. 2 kommt nur für nicht begünstigende Verwaltungsakte in Betracht. Der Inhalt dieses Tatbestandsmerkmals ergibt sich aus dem Umkehrschluss aus der Definition eines begünstigenden Verwaltungsakt in § 45 Abs. 1 SGB X als ein solcher, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt. Die von der Klägerin angegriffene Entscheidung, dass Pauschalbeiträge zur Renten- und Krankenversicherung sowie Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes nicht zu erbringen seien, stellt für die klagende Gesellschaft eine rein begünstigende Entscheidung dar. Die Klägerin wird durch diese Entscheidung nicht in ihren Rechten verletzt.
(a) Der Bescheid vom 4. Dezember 2012 erlegt der Klägerin in dem Umfange, in dem dessen Rücknahme begehrt wird, keine unmittelbare Belastung auf; diese wird nicht zur Beitragszahlung verpflichtet. Pauschalbeiträge und Umlagen werden ebenso wenig gefordert wie Sozialversicherungsbeiträge aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. Gegen die Regelung über die Erstattung für vor dem 1. Januar 2008 gezahlter Beiträge richtet sich das Begehren der Klägerin, wie oben ausgeführt, nicht. Der Verwaltungsakt enthält daher insoweit eine finanzielle Entlastung der Klägerin.
(b) Der Verwaltungsakt enthält, soweit er von der Klägerin angegriffen wird, – mit Ausnahme der Entscheidung über die Umlage nach dem AAG – neben dieser Begünstigung keine eingreifenden oder sonst nachteiligen Regelungen zu deren Lasten. Nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Betriebsprüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Damit enthält ein solcher Verwaltungsakt keine bindenden Feststellungen über diese Sozialversicherungszweige hinaus, z.B. zur gesetzlichen Unfallversicherung.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich die Klagebefugnis insoweit auch nicht wegen steuerrechtlicher Belastungen. Nach § 40a Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuern (einheitliche Pauschsteuer) für das Arbeitsentgelt aus geringfügigen Beschäftigungen im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder des § 8a SGB IV, für das er Beiträge nach § 168 Abs. 1 Nr. 1b oder 1c (geringfügig versicherungspflichtig Beschäftigte) oder nach § 172 Abs. 3 oder 3a (versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreite geringfügig Beschäftigte) oder nach § 276a Abs. 1 (versicherungsfrei geringfügig Beschäftigte) Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zu entrichten hat, mit einem einheitlichen Pauschsteuersatz in Höhe von insgesamt 2 Prozent des Arbeitsentgelts erheben. Der Senat kann offenlassen, inwieweit hieraus eine Bindung der Steuerbehörden oder der Finanzgerichte an die streitgegenständliche Entscheidung der Beklagten erwächst. Denn eine öffentlich-rechtliche Belastung gerade der Klägerin ist mit der Entscheidung auch insoweit nicht verbunden. Schuldner der Pauschalsteuer bei geringfügigen Beschäftigungen ist nach § 40 Abs. 3 i.V.m. § 40a Abs. 2 und 5 EStG der Arbeitgeber. Wird eine geringfügige Beschäftigung – wie vorliegend – verneint, weil eine selbständige Tätigkeit angenommen wird, entfällt diese Steuerpflicht des Arbeitgebers. Steuerschuldner ist dann der das Einkommen erzielende selbständig Tätige. Dies gilt selbst dann, wenn dieser abweichend vom Sozialversicherungsrecht steuerrechtlich als Arbeitnehmer zu werten wäre. Denn nach § 38 Abs. 2 EStG ist Schuldner der Lohnsteuer der Arbeitnehmer.
Ebenso wenig wird eine isolierte Feststellung über das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses getroffen. Weder nach dem Verfügungssatz noch nach dem Inhalt der Begründung hat der vorliegend streitige Bescheid vom 4. Dezember 2012 eine solche darüber hinausgehende Feststellung getroffenen. Eigene Ansprüche der Klägerin ergäben sich aus den abgelehnten Pauschalbeiträgen nicht. Gleiches gilt im Übrigen für die Beigeladene zu 1. Denn die vom Arbeitgeber zu tragenden Pauschalbeiträge werden dem geringfügig Beschäftigten nicht individuell zugeordnet, so dass dieser keine Leistungsansprüche hieraus erwerben kann. Die Aufbringung der Mittel für das Insolvenzgeld begründen ebenfalls keinen eigenen Anspruch der Klägerin.
(3) Eine Klagebefugnis besteht hingegen, soweit die Rücknahme des Bescheides über die Umlagepflicht des Entgelts des Beigeladenen zu 1 nach dem AAG begehrt wird. Die Feststellung, dass eine Umlagepflicht insoweit nicht besteht, hat nicht ausschließlich begünstigende Wirkung. Denn der Pflicht eines Arbeitgebers zur Zahlung der Umlagen auf das Arbeitsentgelt für Arbeitnehmer stehen dessen Erstattungsansprüche nach § 1 AAG gegenüber. Der Erstattungsanspruch und die Umlagepflicht nach §§ 1, 7 AAG hängen von der Arbeitnehmereigenschaft des Betreffenden und damit von einer abhängigen Beschäftigung ab, ohne dass es auf die Frage der Geringfügigkeit ankäme. Da die Beklagte die Umlagepflicht wegen des Vorliegens einer selbständigen Tätigkeit verneint hatte, ist die von der Klägerin behauptete Rechtsverletzung möglich und auch das Feststellungsinteresse insoweit gegeben.
b) Die Klage ist, soweit zulässig, nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 4. Dezember 2012 nach § 44 Abs. 2 SGB X. Dieser ist rechtmäßig.
aa) Die Beklagte war für die Feststellung der Umlagepflicht zuständig. Nach § 28p Abs. 1 SGB IV in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I S. 3710) prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Diese Zuständigkeitsregelung gilt nach § 10 AAG auch für die Umlage nach § 7 AAG. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Statusfeststellungsantrag der Klägerin vom 3. Juni 2012. Zu diesem Zeitpunkt war die Betriebsprüfung durch die Beklagte bereits terminiert und damit eingeleitet, so dass das Statusfeststellungsverfahren nicht durchzuführen war (§ 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Aus den genannten gesetzlichen Vorschriften ergibt sich die ausdrückliche gesetzliche Aufgabenzuweisung an den Rentenversicherungsträger. Eines darüber hinausgehenden "Feststellungsbedürfnisses", wie die Klägerin meint, bedarf es daher nicht.
bb) Zu Recht hat die Beklagte im Bescheid vom 4. Dezember 2012 festgestellt, dass das Entgelt der Beigeladenen zu 1 für ihre Tätigkeit für die Klägerin nicht der Umlagepflicht nach § 7 AAG unterliegt. Nach dessen Abs. 2 Satz 1 sind die Umlagen jeweils in einem Prozentsatz des Entgelts (Umlagesatz) festzusetzen, nach dem die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, Arbeitnehmerinnen und Auszubildenden bemessen werden oder bei Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bemessen wären. Die Beigeladene zu 1 übt ihre Tätigkeit für die Klägerin nicht im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R - juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R - juris, Rn. 23, Urteil vom 31. März 2015 - B 12 KR 17/13 R - juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 R –, juris Rn. 19, jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 -, juris Rn. 17). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15 f.; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23 ff.; BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 R –, juris Rn. 19, jeweils m.w.N.).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 - juris Rn. 20). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 - juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R - juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R - juris, Rn. 17, jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt auch BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 29. August 2012 B 12 KR 25/10 R - juris, Rn. 16).
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht (hierzu und zum folgenden BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 – B 12 KR 30/04 R –, juris, Rn. 23). Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Allerdings schließt ein rechtlich maßgeblicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft aufgrund der Gesellschafterstellung ein Beschäftigungsverhältnis in diesem Sinne aus, wenn der Gesellschafter damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG, Urteile vom 8. August 1990 – 11 RAr 77/89 – juris, Rn. 19 und vom 23. Juni 1994 – 12 RK 72/92 – juris, Rn. 15). Derartige Gesellschafter haben aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztlich auch die Leitungsmacht gegenüber dem Geschäftsführer und unterliegen damit nicht ihrerseits dessen Weisungsrecht. Soweit das BSG in den Urteilen vom 23. Juni 1994 (12 RK 72/92, a.a.O.) und vom 17. Mai 2001 (B 12 KR 34/00 R – juris, Rn. 15) ausgeführt hat, dass ein GmbH-Gesellschafter, der in der GmbH angestellt und nicht zum Geschäftsführer bestellt ist, allein auf Grund seiner gesetzlichen Gesellschaftsrechte nicht die Rechtsmacht besitzt, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen, hat es dies allein in Bezug auf Minderheitsgesellschafter (Urteil vom 23. Juni 1994) und sonstige Gesellschafter getan, die aufgrund des Gesellschaftsvertrages Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nicht selbst herbeiführen können (Urteil vom 17. Mai 2001). Gesellschafter sind in diesem Fall insbesondere nicht in der Lage, Abweichungen von der grundsätzlichen Zuständigkeitsverteilung herbeizuführen, die die Dienstaufsicht über die Angestellten vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag der laufenden Geschäftsführung dem Geschäftsführer als dem zuständigen Organ zuweist. Anknüpfungspunkt ist die dem Gesellschafter aufgrund des Regelungen des Gesellschaftsrechts zustehende Rechtsmacht. Eine vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten abhängige Statuszuordnung ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht vereinbar (BSG, Urteile vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R und B 12 R 1/15 R – juris, Rn. 26, 30 sowie Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R - juris, Rn. 31; in diese Richtung bereits BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 32; Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2015 - L 4 R 2959/14 - nicht veröffentlicht).
(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen war die Beigeladene zu 1 bei der Klägerin in dem vom Betriebsprüfungsbescheid erfassten Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 nicht abhängig beschäftigt.
(a) Ausgangspunkt für die rechtliche Bewertung sind zunächst Art und Inhalt der von der Beigeladenen zu 1 für die Klägerin verrichteten Tätigkeit. Da ein schriftlicher Vertrag hierüber nicht vorliegt, entnimmt der Senat diese den Angaben der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. Es bestehen keine Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben zu den tatsächlichen Verhältnissen wecken könnten. Auch die Beklagte hat keine abweichenden Feststellungen getroffen. Danach bestand die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 darin, nach Vorlage handschriftlicher Entwürfe des Geschäftsführers die Kundenrechnungen für die Werkleistungen auf dem PC auszustellen oder Briefe nach mündlichen Diktaten zu schreiben. Sie stellte die Buchungsbelege zur Übergabe an den Steuerberater zusammen. Daneben übernahm sie Botengänge (z.B. Aufgabe zur Post oder sonstige kleine Besorgungen) sowie vor allem bei geschäftlicher Abwesenheit des Geschäftsführers den Telefondienst.
Zur Weisungsunterworfenheit in dieser Tätigkeit wurden im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben gemacht. So gab die Beigeladene zu 1 im Rahmen des Antrags auf Statusfeststellung einerseits an, ihre Mitarbeit sei in keinem besonderen Arbeitsvertrag geregelt; sie unterliege wie ein fremder Arbeitnehmer dem Direktionsrecht der Gesellschaft bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung. Andererseits könne sie ihre Tätigkeit in der Gesellschaft frei bestimmen und gestalten; diese sei – aufgrund familienhafter Rücksichtnahmen – durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zu anderen Gesellschaftern geprägt. Im Anhörungsverfahren führte die Klägerin an, die Beigeladene zu 1 erhalte die jeweils zu erledigenden Aufgaben von ihrem Ehemann mündlich aufgetragen. Der beschriebene Inhalt der Tätigkeit spricht dafür, dass diese jedenfalls in weiten Teilen nach den Vorgaben des Geschäftsführers auszuführen waren, z.B. Schreiben von Rechnungen nach Aufschrieben oder Briefen nach Diktat sowie Botengänge. Bei der Übernahme des Telefondienstes in Abwesenheit des HS wird auch die Vorgabe hinsichtlich der zeitlichen Wahrnehmung der Tätigkeit deutlich.
(b) Dieses Weisungsrecht des Geschäftsführers konnte die Beigeladene zu 1 jedoch aufgrund ihrer Stellung als Mehrheitsgesellschafterin aufheben und damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall verhindern. Beschlüsse der Gesellschaft wurden mit einfacher Mehrheit gefasst, soweit nicht durch Gesetz oder Satzung eine höhere Mehrheit vorgeschrieben war (§ 8 Abs. 1 GV). Je DM 100,00 eines Geschäftsanteils gewährten eine Stimme. Bei Stimmengleichheit galt ein Antrag als abgelehnt (§ 8 Abs. 3 GV). Da die Beigeladene zu 1 51% der Geschäftsanteile hielt, verfügte sie über die einfache Mehrheit der Stimmen. Eine Sperrminorität des HS als Minderheitsgesellschafters bestand nicht. Er konnte aufgrund seines Stimmenanteils lediglich die Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung verzögern. Da diese zunächst voraussetzte, dass mindestens zwei Drittel des Stammkapitals vertreten waren (§ 8 Abs. 2 Satz 1 GV). Die daraufhin einzuberufende weitere Gesellschafterversammlung war jedoch in jedem Fall beschlussfähig (§ 8 Abs. 2 Satz 2 GV), so dass eine Mehrheitsentscheidung durch die Beigeladene zu 1 wieder möglich war.
(c) Diese rechtlich zulässigen Regelungen sind verbindlich. Hinweise auf ein Scheingeschäft (§ 117 BGB) liegen nicht vor. Insbesondere war die der gesellschaftsrechtlichen Stimmverteilung zugrunde liegende Verteilung des Stammkapitals im Verhältnis 51:49 zwischen der Beigeladenen zu 1 und HS nach deren Bekunden aus steuerlichen Erwägungen bewusst gewählt und gewünscht worden. Die vertraglichen Regelungen sind auch nicht (wirksam) abbedungen worden. Eine Änderung des Gesellschaftsvertrages wäre nur durch notariell beurkundeten Gesellschafterbeschluss möglich gewesen (§ 53 Abs. 1 und 2 GmbHG), was vorliegend nicht erfolgt ist. Eine ausdrückliche Änderung wird auch von den Beteiligten nicht vorgetragen.
In den von Klägerin und Beigeladener zu 1 übereinstimmend behaupteten Umständen (keine Durchführung von Gesellschafterversammlungen; kein Verhindern oder Rückgängigmachen von Entscheidungen des Geschäftsführers durch Mehrheitsbeschlüsse durch die Beigeladene zu 1 können schon mangels Einhaltung des Formerfordernisses keine wirksame Abbedingung der genannten gesellschaftsvertraglichen Regelungen liegen. Bei einem Konfliktfall zwischen den Gesellschaftern wäre allein die der Beigeladenen zu 1 aufgrund ihrer Stimmenmehrheit zukommende Rechtsmacht zum Tragen gekommen, so dass deren Weisungsunterworfenheit im Ergebnis nicht bestand. Allein hierauf und nicht auf eine rein tatsächliche Nichtausübung der Gesellschafterrechte kommt es wegen des Postulats der Vorhersehbarkeit bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung an (z. B. BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 1014 R - juris, Rn. 31 zum schuldrechtlichen Vetorecht des Minderheitsgesellschafters). Gleiches gilt für das von der Klägerin angeführte gegebenenfalls bestehende Anfechtungsrecht bezüglich einzelner Gesellschafterbeschlüsse wegen Verstoßes gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht durch den Minderheitsgesellschafter. Eine im Einzelfall bestehende Möglichkeit schließt die generelle Rechtsmacht aufgrund der Stimmenmehrheit gerade nicht aus. Dass es auch bei Ehegatten entscheidend auf diese generelle Rechtsmacht ankommt und deren allgemeinen Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme bei der Erwerbstätigkeit nach § 1356 Abs. 2 Satz 2 BGB insoweit keine Bedeutung zukommt, ist bereits der vom SG angeführten Rechtsprechung des BSG zu entnehmen (Urteil vom 25. Januar 2006, a.a.O.).
(d) Damit wird auch deutlich, dass die Beigeladene zu 1 nicht wie ein Arbeitnehmer in einen fremden Betrieb eingegliedert, also in eine vorgegebene und fremdbestimmte Ordnung eingebunden ist. Vielmehr ist sie aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Rechtsmacht gerade in der Lage, durch Gesellschafterbeschlüsse diese Ordnung selbst zu bestimmen und vorzugeben. Damit fehlt es an den eine abhängige Beschäftigung im Wesentlichen kennzeichnenden Umständen einer - nicht vermeidbaren - Weisungsunterworfenheit und der Eingliederung in einen fremden Betrieb.
Den von der Klägerin angeführten Entscheidungen des BSG ist für die hier allein maßgebliche Frage der abhängigen Beschäftigung eines Mehrheitsgesellschafters nichts Abweichendes zu entnehmen. Im Urteil vom 29. August 2012 (– B 12 KR 25/10 R – juris) hat sich das BSG mit der Frage auseinandergesetzt, ob und gegebenenfalls wann ein Familienangehöriger, der nicht an der Gesellschaft beteiligt ist, aufgrund anderer Umstände als der gesellschaftsrechtlichen Rechtsmacht nicht als abhängig Beschäftigter angesehen werden kann. Zur Frage der abhängigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit des Mehrheitsgesellschafters ist dem nichts, auch nicht im Umkehrschluss, zu entnehmen. Gleiches gilt für das von der Klägerin angeführte, auf diese Entscheidung bezogene Ergebnis der Besprechung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit vom 20./21. November 2013. Relevant wären die dortigen Erwägungen sowie die Ausführungen der Klägerin zum wirtschaftlichen Einfluss des HS aufgrund seiner Branchenkenntnisse, der Kundenbindung und als Verpächter der Betriebs- und Werkstätte allenfalls im Rahmen einer Prüfung dessen versicherungsrechtlichen Status. Dieser ist vorliegend aber nicht streitig. Das Urteil des BSG vom 29. Februar 2012 (– B 12 KR 4/10 R – juris) betrifft nicht die Frage der Versicherungs- und Umlagepflicht, sondern die Möglichkeit der Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung, bzw. deren Ausschluss bei hauptberuflicher Selbständigkeit. In diesem Zusammenhang hat das BSG entschieden, allein das Wahrnehmen von auf Kapitalbeteiligungen beruhenden gesellschaftsrechtlichen Pflichten führe nicht zum Ausschluss von der Familienversicherung wegen hauptberuflicher selbständiger Erwerbstätigkeit. Soweit es dabei dem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände nicht gefolgt war, bezog sich dies allein auf die dortige Ansicht, dass bei Beschäftigung mindestens eines Arbeitnehmers in einem nicht geringfügigen Umfange eine hauptberufliche Selbständigkeit vorliegen solle. Im Übrigen hat das BSG in dieser Entscheidung maßgeblich auf den zeitlichen Umfang der Tätigkeit für die Bestimmung des Merkmals hauptberuflich abgestellt. Ein Zusammenhang mit der vorliegend streitigen Frage besteht daher nicht.
(3) Der im Bescheid vom 4. Dezember 2012 getroffenen Regelung steht auch der Gesichtspunkt eines "Vertrauensschutzes" aufgrund früherer Betriebsprüfungen nicht entgegen. Die Prüfbehörden sind bei Arbeitgeberprüfungen nach § 28p SGB IV selbst in kleinen Betrieben zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten nicht verpflichtet. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen. Auch Prüfberichten kommt keine andere Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 14. Juli 2004 – B 12 KR 10/02 R – juris, Rn. 43). Betriebsprüfungen, die die versicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 zum Gegenstand hatten, sind vor der Entscheidung vom 4. Dezember 2012 nicht erfolgt. Abweichendes wurde auch von den Beteiligten nicht vorgetragen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Beigeladenen haben im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt; es entspricht daher der Billigkeit, ihre Kosten nicht der Klägerin aufzulegen.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
6. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2 und § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Das Begehren der Klägerin richtet sich nicht auf die Abwendung einer im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellten bezifferten Nachforderung. Anhaltspunkte für die wirtschaftliche Bedeutung des oben näher dargestellten Begehrens für die Klägerin liegen nicht vor. Somit ist der Auffangstreitwert in Höhe von EUR 5.000,00 festzusetzen. Einer Festsetzung auch für das sozialgerichtliche Verfahren bedurfte es nicht, da das SG den Streitwert mit Beschluss vom 7. September 2015 in gleicher Höhe festgesetzt hat.
Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf EUR 5.000,00 festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 für die Klägerin aufgrund abhängiger Beschäftigung Pauschalbeiträge zur Sozialversicherung, Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) sowie Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes zu erbringen sind.
Die klagende GmbH wurde durch notariellen Vertrag vom 4. Dezember 1991, eingetragen ins Handelsregister am 18. Februar 1992, gegründet. Vorher wurde das Unternehmen einzelkaufmännisch von dem Ehemann der Beigeladenen zu 1, dem Schlossermeister H. S. (im folgenden HS), und zuvor von dessen Vater einzelkaufmännisch geführt. Seit Gründung der Gesellschaft halten am Stammkapital von DM 50.000,00 durchgehend HS 49 % (DM 24.500,00) und die Beigeladene zu 1 51 % (DM 25.500,00). Der Gesellschaftsvertrag (im folgenden GV) trifft unter anderem folgende Regelungen:
§ 6 Geschäftsführung und Vertretung Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer vorhanden, so vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so sind zwei Geschäftsführer gemeinsam oder ein Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertretungsberechtigt. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung kann einzelnen oder allen Geschäftsführern Einzelvertretungsbefugnis und Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden. [ ]
§ 8 Beschlussfassung 1. Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht das Gesetz oder die Satzung eine andere Mehrheit vorschreiben. 2. Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens zwei Drittel des Stammkapitals vertreten sind. Fehlt es daran, so ist innerhalb von vier Wochen eine weitere Gesellschafterversammlung mit derselben Tagesordnung einzuberufen, die in jedem Fall beschlussfähig ist. Darauf ist in der Ladung hinzuweisen. 3. Je DM 100,- eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme. Bei Stimmengleichheit gelten die betreffenden Anträge als abgelehnt.
§ 9 Jahresabschluss, Geschäftsbericht, Gewinnverwendung 1. [ ] 2. [ ] 3. Der jährliche Reingewinn wird nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile der Gesellschafter ausgeschüttet oder nach Mehrheitsbeschluss der Gesellschafterversammlung ganz oder teilweise Rücklagen zugeführt. [ ]
Seit Gründung der Klägerin ist HS zum einzelvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreiten Geschäftsführer bestellt. Dieser ist Eigentümer der Geschäfts- und Werkstatträume der Klägerin, die er an diese verpachtet.
Die am 1952 geborene Beigeladene zu 1, gelernte Friseurin, war bereits im einzelkaufmännischen Unternehmen und später nach Gründung der GmbH dort durchgehend im Umfange von acht bis neun Stunden wöchentlich tätig. Sie bezog durchgehend ein festes monatliches Entgelt unter der jeweils geltenden Geringfügigkeitsgrenze, zuletzt ab 1. April 1999 in Höhe von DM 610,00, ab 1. Januar 2002 in Höhe von EUR 312,00 sowie seit dessen Einführung in Höhe des gesetzlichen Mindeststundenlohns. Sonderzahlungen wurden nicht gewährt. Mit Einführung der pauschalen Beitragspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung für geringfügig entlohnte Beschäftigte wurde die Beigeladene zu 1 ab 1. April 1999 der Einzugsstelle als geringfügig Beschäftigte gemeldet; Pauschalbeiträge wurden abgeführt.
HS war von der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft (BG) zunächst als versicherungspflichtig eingestuft worden (Bescheid vom 22. Juni 1992), ab dem 1. Januar 2000 hingegen als versicherungsfrei (Bescheid vom 17. November 2000), da er als von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter und einzelvertretungsbefugter Geschäftsführer eine unternehmerähnliche Stellung in der Klägerin einnehme.
Nachdem die Beklagte bei der Klägerin bereits eine Betriebsprüfung terminiert hatte, stellte Letztere am 3. Juni 2012 einen Statusfeststellungsantrag nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, den diese mit Bescheid vom 8. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2012 mangels Zuständigkeit aufgrund der bereits eingeleiteten Betriebsprüfung ablehnte. Im Rahmen dieses Verfahrens gab die Beigeladene zu 1 an, sie sei mitarbeitende Gesellschafterin in der GmbH; ihr gesellschaftliches Stimmrecht werde nicht aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung (Treuhandvertrag) zugunsten eines Dritten ausgeübt. Darlehen oder Bürgschaften für die Klägerin habe sie nicht übernommen. Allein HS verfüge über die einschlägigen Branchenkenntnisse zur Führung des Unternehmens. Ihre Mitarbeit sei in keinem besonderen Arbeitsvertrag geregelt; sie unterliege wie ein fremder Arbeitnehmer dem Direktionsrecht der Gesellschaft bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung. Ihre Tätigkeit in der Gesellschaft könne sie frei bestimmen und gestalten; diese sei – aufgrund familienhafter Rücksichtnahme – durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zu anderen Gesellschaftern geprägt.
Mit Bescheid vom 29. November 2012 stellte die Beklagte für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 eine Nachforderung an Gesamtsozialversicherungsbeiträgen gegenüber der Klägerin in Höhe von EUR 67,46 fest. Dabei wies sie darauf hin, dass die versicherungsrechtliche Beurteilung der Beigeladenen zu 1 in einem gesonderten Bescheid vorgenommen werde.
Mit zunächst auf den 29. November 2012 datierten, später auf den 4. Dezember 2012 korrigierten Bescheid stellte die Beklagte fest, dass für die Beigeladene zu 1 im Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 (Pauschal-)Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung sowie Umlagen nach dem AAG und Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes in Höhe von insgesamt EUR 4.293,97 zu viel gezahlt worden seien. Die bisher durch die Klägerin vorgenommene sozialversicherungsrechtliche Beurteilung sei zu beanstanden. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. Diese verfüge über 51 % des Stammkapitals und habe damit maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Da Anträge mit einfacher Mehrheit gefasst würden, könne sie mit ihrem Stimmenanteil einen ändernden Mehrheitsbeschluss in Bezug auf ihr Beschäftigungsverhältnis verhindern. Sie unterstehe damit nicht dem Weisungsrecht der Geschäftsführung. Weiterhin bestehe ein Verwandtschaftsverhältnis zum Mitgesellschafter und Geschäftsführer. Die Tätigkeit sei weitgehend durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum anderen Gesellschafter geprägt, so dass eine Weisungsgebundenheit nicht bzw. nur eingeschränkt bestehe.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch der Klägerin wurde wegen fehlender Vollmachtsvorlage des Bevollmächtigten mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2013 als unzulässig zurückgewiesen. Im anschließend vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) geführten Klageverfahren (S 8 R 1694/13) schlossen die Beteiligten unter dem 20. Februar 2014 einen gerichtlichen Vergleich, wonach sich die Beklagte verpflichtete, ein Überprüfungsverfahren gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) über den Betriebsprüfungsbescheid vom 4. Dezember 2012 über den sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen zu 1 durchzuführen; insbesondere werde hierbei noch eine Feststellung über den Beginn der selbständigen oder abhängigen Beschäftigung erfolgen. Die Beklagte werde hierüber einen rechtsmittelfähigen Bescheid erlassen.
Im Rahmen des daraufhin eingeleiteten Anhörungsverfahrens gab die Klägerin an, die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 bestehe darin, nach Vorlage handschriftlicher Entwürfe des Geschäftsführers die Kundenrechnungen für die Werkleistungen auf dem PC auszustellen oder Briefe nach mündlichen Diktaten zu schreiben. Sie stelle die Buchungsbelege zur Übergabe an den Steuerberater zusammen. Daneben übernehme sie Botengänge (z.B. Aufgabe zur Post oder sonstige kleine Besorgungen) sowie vor allem bei geschäftlicher Abwesenheit des Geschäftsführers den Telefondienst. Von ihrem Ehemann erhalte sie die jeweils zu erledigenden Aufgaben mündlich aufgetragen. Der Zeitaufwand für die gesamten Tätigkeiten betrage wöchentlich rund neun Stunden. Diese übe sie "nebenberuflich" in von der Haushaltsführung freien Stunden aus. Sie treffe keine Entscheidungen in der Geschäftsführung der Gesellschaft und arbeite ausschließlich nach Weisungen des Geschäftsführers. Die Klägerin verwies auf den Bescheid der BG vom 17. November 2000. Herrschender Gesellschafter der GmbH sei HS. Diese Übermacht drücke sich auch in den wirtschaftlichen Verhältnissen aus. HS könne wegen seiner Einzelvertretungsmacht jedes Arbeitsverhältnis zwischen der Gesellschaft und einem angestellten Gesellschafter kündigen, ohne vorher eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Wegen der persönlichen Haftung des Geschäftsführers für Steuern, Abgaben und insbesondere Sozialversicherungsbeiträge müsse er auch gegenüber der Beigeladenen zu 1 Weisungen, z.B. die Vorbereitung der rechtzeitigen Abführung der Beiträge erteilen können. Darüber hinaus könne er gegenüber der Gesellschaft sein Dienstverhältnis sowie auch die zwischen ihm und der GmbH bestehenden Pachtverträge über Geschäfts- und Werkstatträume sowie Inventar kündigen und den Geschäftsbetrieb als Einzelunternehmer fortführen. Wegen ihrer abhängigen Stellung könne die Beigeladene zu 1 ihre Stimmenmehrheit in der Gesellschaft nicht "in die Waagschale werfen". Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien die tatsächlichen Verhältnisse für die Beurteilung ausschlaggebend, nicht die formale Ausgestaltung. Aufgrund des in der Rechtsprechung entwickelten Minderheitenschutzes könne die Beigeladene zu 1 keine Beschlüsse durchsetzen, die der wechselseitigen Treuepflicht der Gesellschafter widersprächen, die Loyalitäts- und Förderpflicht des Gesellschaftszwecks verletzten oder wie hier bei Ehegatten dem Gebot der Rücksichtnahme bei der Ausübung eines Gewerbes nach § 1356 Abs. 2 BGB nicht entsprächen. Gegen alle für die Minderheit nachteiligen Mehrheitsbeschlüsse bestehe das Recht der gerichtlichen Anfechtung. Da sie weder die erforderlichen handwerklichen noch kaufmännischen Kenntnisse zur Betriebsführung der Klägerin besitze und die Betriebsräume im Eigentum ihres Ehemannes stünden, könne sie aus ihrer formellen Mehrheit keine tatsächliche Rechtsmacht über den Minderheitsgesellschafter ausüben. Nachdem die Beklagte seit mehr als 20 Jahren den Status der Beigeladenen zu 1 als abhängig Beschäftigte nicht beanstandet habe, verstoße es gegen Treu und Glauben, den dadurch für die Beteiligten geschaffenen Vertrauenstatbestand wieder zu beseitigen.
Mit Bescheid vom 2. Juni 2014 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 4. Dezember 2012 ab. Bei der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 für die Klägerin handele es sich seit 1. Januar 1992 um eine selbständigen Tätigkeit. Die für diese Tätigkeit bisher zu Unrecht abgeführten Pauschalbeiträge und Umlagen seien mit dem Bescheid vom 4. Dezember 2012 zu Recht ab dem 1. Januar 2008 beanstandet worden. Eine Erstattung für davorliegende Zeiten sei wegen Verjährung ausgeschlossen; diese Beiträge gälten als zu Recht entrichtet. Die Beigeladene zu 1 sei nicht in ein fremdes Unternehmen eingegliedert, sondern werde ausschließlich für ihr eigenes Unternehmen tätig. Die mit ihrer Stimmenmehrheit kraft Satzung in der Gesellschafterversammlung einhergehende Rechtsmacht liege in ihren Händen und sei zu keiner Zeit abbedungen worden. Die Vorgesetztenfunktion des Geschäftsführers könne sich nicht auf ihre Stellung als Mehrheitsgesellschafterin auswirken; im Gegenteil sei der Geschäftsführer den Beschlüssen der Gesellschaft unterworfen. Das Fehlen beruflicher Kenntnisse sei angesichts der Stimmrechtsdominanz der Beigeladenen zu 1 und fehlenden Regelungen zu einer Sperrminorität des Mitgesellschafters als gering zu gewichten. Dass sie von ihrer Rechtsmacht keinen Gebrauch mache, stelle keinen rechtswirksamen Verzicht auf das ihr zustehende Recht dar. Bei ihr bestehe auch nicht der für ein Beschäftigungsverhältnis typische Interessengegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Wenn sie im täglichen Arbeitsprozess auf die Anweisungen der Geschäftsführung vertrauend ihre Aufgaben erfülle und damit dem Wohle der Gesellschaft diene, diene dies zugleich auch immer ihrem eigenen Wohl als Gesellschafterin. Die klägerseits angeführte wirtschaftliche Übermacht des Geschäftsführers trage eine andere sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nicht. Die Beigeladene zu 1 könne aufgrund ihrer Stimmenmehrheit eine Kündigung durch den Geschäftsführer rückgängig machen, diesem einen anderen Geschäftsführer oder Prokuristen zur Seite stellen. Die rechtlichen Möglichkeiten des HS als Eigentümer und Verpächter der Geschäfts- und Werkstatträume sowie des Inventars hätten keinen Einfluss auf die gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht der Beigeladenen zu 1; gleiches gelte für seine einschlägigen Branchenkenntnisse. Diese Umstände könnten allenfalls für einen Einfluss des Geschäftsführers auf die Geschicke der Gesellschaft sprechen, worüber vorliegend allerdings nicht zu entscheiden sei. Analog zum Urteil des BSG vom 29. August 2012 (B 12 KR 25/10 R – juris) sei davon auszugehen, dass im Falle eines familiären Zerwürfnisses allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen komme. Da bisher keine Feststellungen zum Status der Tätigkeit durch eine zuständige Stelle erfolgt und auch ein sonstiges die Klärung des Status der Beschäftigung betreffendes Verwaltungshandeln nicht erkennbar sei, verstoße die nunmehrige statusrechtliche Feststellung nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Aus einer Nichtbeanstandung im Rahmen von Betriebsprüfungen könne nicht der Schluss gezogen werden, dass die vom Arbeitgeber getroffene Beurteilung als abhängige Beschäftigung als zutreffend anerkannt worden sei (BSG, Urteil vom 14. Juli 2004 – B 12 KR 34/03 – juris). Eine abhängige Beschäftigung eines Mehrheitsgesellschafters komme nur in Betracht, wenn dieser aufgrund einer – hier nicht vorliegenden – treuhänderischen Bindung in der Ausübung der Gesellschaftsrechte vollständig eingeschränkt sei (BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 – B 12 KR 30/04 R – juris). Die sich aus § 1356 BGB ergebenden Verpflichtungen von Ehegatten zur gegenseitigen Rücksichtnahme bei der Ausübung einer Erwerbstätigkeit habe als solches weder eine unmittelbare noch eine zwingende Wirkung auf die Stellung von Gesellschaftern. Auch Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft und Mitgesellschaftern änderten nichts an der allein der Beigeladenen zu 1 zustehenden Rechtsmacht. Die vorgetragenen Treuepflichten seien allgemeine Verhaltensregeln gegenüber der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern über die Ausübung von Rechten und Befugnissen wie Einflussnahmen innerhalb der Gesellschaftsverhältnisse. Sie schlössen aber die Berücksichtigung von Eigeninteressen nicht aus.
Zur Begründung des dagegen am 10. Juni 2014 eingelegten Widerspruches wiederholte und vertiefte die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Anhörungsverfahren. Ergänzend führte sie aus, das BSG sei in seinem Urteil vom 29. Februar 2012 (B 12 KR 4/10 R – juris) hinsichtlich der Sozialversicherungsfreiheit dem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Sozialversicherung vom 2./3. November 2010 ausdrücklich nicht gefolgt. In dem von der Beklagten angeführten Urteil vom 29. August 2012 (B 12 KR 25/10 R – juris) habe das BSG angenommen, die familiäre Verbundenheit und Rücksichtnahme bei mitarbeitenden Angehörigen einer Familien-GmbH sei grundsätzlich nicht geeignet, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebende Rechtsmacht gänzlich zu negieren. Daraus ergebe sich, dass die Rechtsmacht nicht allein ausschlaggebend für die Sozialversicherungsfreiheit eines Gesellschafters sein könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2014 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch aus den Gründen des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück. Ergänzend wurde ausgeführt, nicht entscheidend sei, dass HS als Gesellschafter-Geschäftsführer eine herausragende Position in der Gesellschaft einnehme und daher ebenfalls als sozialversicherungsfrei zu beurteilen sei. Dies bedeute nicht, dass hierdurch die Mehrheitsgesellschafterin automatisch als sozialversicherungspflichtig einzustufen sei.
Hiergegen erhob die Klägerin am 22. November 2014 Klage beim SG mit dem Begehren, den Bescheid vom 2. Juni 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Beigeladene zu 1 als Mitgesellschafterin der Klägerin der Sozialversicherungsbeitragspflicht unterliege. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen führte sie aus, die Verträge zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer schlössen eine gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht der Beigeladenen zu 1 aus. So verfüge HS als alleiniger Eigentümer über die betrieblich genutzten Grundstücke. Ohne sein Einverständnis könne keine Darlehensaufnahme zu Gunsten der Klägerin mit Besicherung durch Eintragung von Grundschulden erfolgen, selbst wenn die Beigeladene zu 1 einen entsprechenden Beschluss in der Gesellschafterversammlung mit ihrer Stimmenmehrheit herbeiführen könnte. Die Verteilung der Gesellschaftsanteile an der Klägerin zwischen den Ehegatten beruhe auf steuerlichen Erwägungen. Für die eingezahlten Beiträge erwerbe die Beigeladene zu 1 keine Rentenanwartschaften, so dass es für die Beklagte an einem Feststellungsbedürfnis mangele.
Die durch Beschluss des SG vom 2. Januar 2015 Beigeladene zu 1 gab an, sie sei durchgängig geringfügig tätig gewesen. Ein schriftlicher Vertrag über ihre Tätigkeit sei nicht geschlossen worden. Gesellschafterversammlungen mit ihrem Ehemann habe sie nicht durchgeführt. Darlehen und Bürgschaften für die Klägerin bestünden nicht, da das Unternehmen keine Schulden habe.
Mit Urteil vom 7. Juli 2015 wies das SG die Klage ab. Diese sei zulässig. Der Klageantrag sei sachdienlich dahingehend auszulegen, dass die Klägerin zusätzlich die Aufhebung des Bescheides vom 4. Dezember 2012 begehre. Die Klage sei jedoch unbegründet. Die Beigeladene zu 1 übe ihre Tätigkeit bei der Klägerin als Selbständige aus. Ein rechtlich maßgeblicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft aufgrund der Gesellschafterstellung schließe ein Beschäftigungsverhältnis aus, wenn der Gesellschafter damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könne. Dies sei bei Allein- und Mehrheitsgesellschaftern der Fall. Derartige Gesellschafter hätten aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztlich auch die Leitungsmacht gegenüber dem Geschäftsführer und unterlägen damit ihrerseits nicht dessen Weisungsrecht. Die Beigeladene zu 1 könne nach dem Gesellschaftsvertrag als Mehrheitsgesellschafterin einen ändernden Mehrheitsbeschluss herbeiführen und damit auch ihre eigene Abhängigkeit gegenüber dem Geschäftsführer und Ehemann jederzeit beenden. Eine treuhänderische Bindung der Beigeladenen zu 1 in der Ausübung ihrer Gesellschafterrechte bestehe ebenso wenig wie eine Sperrminorität des HS als Minderheitsgesellschafter. Insbesondere ergebe sich aus dem Gesellschaftsrecht kein "stärkeres Gegenrecht" des Geschäftsführers, wie von der Klägerin behauptet. Die mögliche bloß wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin von HS aufgrund dessen Fachkenntnisse und Immobilieneigentums führe nicht zum Arbeitnehmerstatus der Beigeladenen zu 1. Vielmehr trage diese aufgrund ihrer mehrheitlichen Kapitalbeteiligung ein erhebliches wirtschaftliches Interesse am Erfolg der Klägerin. Nicht entscheidend sei, dass die Beigeladene zu 1 von ihrer Möglichkeit, Weisungen des Geschäftsführers durch Gesellschafterbeschlüsse abzuwenden oder aufzuheben, im Alltag keinen Gebrauch mache. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, so dass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen keine Weisungsunterworfenheit bestehe. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen. Betriebsprüfungen und Prüfberichte dienten nicht dem Schutz der Arbeitgeber oder der Erteilung einer "Entlastung" (BSG, Urteil vom 14. Juli 2004 – B 12 KR 10/02 R – juris).
Gegen das ihr am 23. Juli 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. August 2015 Berufung beim SG eingelegt und zur Begründung vorgetragen, es fehle an einem Rechtsschutzbedürfnis der Beklagten. Die Beigeladene zu 1 könne bei bestehender Beitragspflicht keine Leistungen aus der Sozialversicherung beanspruchen. Es bestehe somit kein Bedarf der Beklagten, deren Status positiv oder negativ festzustellen. Das SG habe seine Beurteilung zu Unrecht allein auf die gesellschaftsrechtliche Stimmenmehrheit der Beigeladenen zu 1 gestützt. Wesentliche Merkmale einer selbständigen Tätigkeit lägen bei dieser jedoch nicht vor. Diese trage kein wesentliches Unternehmerwagnis. Gewinn und Verlust seien nicht nach Geschäftsanteilen aufgespaltet, weil HS fast ausschließlich das Unternehmerwagnis allein trage. Gehe die Klägerin in wirtschaftliche Schräglage oder in eine Insolvenz, könne sich dessen Geschäftsführergehalt auf Null verringern und Arbeitslosigkeit eintreten. Darüber hinaus hafte er gegenüber der Bank alleine, weil das Betriebsgrundstück in seinem Eigentum stehe und auf diesem zugunsten der Bank Grundschulden lasteten. Die Beigeladene zu 1 könne ihre Tätigkeit für die Klägerin nicht frei gestalten, zumal sie über keinen eigenen Geschäftsbereich verfüge und somit durch diese Organisation keine Möglichkeit habe, eigene Entscheidungen zu treffen. Auf die Geschicke der Klägerin könne sie letztlich nicht den geringsten Einfluss nehmen. Das BSG habe im Urteil vom 29. August 2012 (B 12 KR 25/10 R – juris) die familiäre Verbundenheit im Verhältnis zur gesellschaftsrechtlichen Rechtsmacht für die Frage der Selbständigkeit eines Gesellschafters nicht – wie das SG – völlig zurückgestellt. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung habe diese Entscheidung so ausgelegt, dass bei der Mitarbeit eines Angehörigen in einer Familien-GmbH im Grundsatz ein abhängiges und sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis vorliege (Besprechungsergebnis vom 20./21. November 2013). Die gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht der Beigeladenen zu 1 sei durch den in der Rechtsprechung entwickelten Minderheitenschutzes beschränkt. Gegen alle für die Minderheit der Gesellschafter nachteiligen Mehrheitsbeschlüsse bestehe auch ohne besondere Regelung im Gesellschaftsvertrag das gerichtliche Anfechtungsrecht. Die wechselseitige Treuepflicht der Gesellschafter untereinander verschärfe bei Eheleuten die Regelung in § 1356 Abs. 2 BGB, falls der andere Ehegatte nicht einen schweren Pflichtenverstoß wie z.B. Untreue gegenüber der Gesellschaft begangen habe. HS könne gegen seine mit Stimmenmehrheit beschlossene Abberufung als Geschäftsführer als Sanktion nicht nur den Pachtvertrag über die Geschäftsräume kündigen, sondern wegen der Verletzung der Treuepflicht aus dem Gesellschaftsvertrag und insbesondere aus § 1356 Abs. 2 BGB erfolgreich gerichtlich anfechten, so dass kein Rechtsmacht der Beigeladenen zu 1 vorhanden sein könne. Die Klägerin sei klagebefugt, weil der Bescheid über die Pauschalbeitragspflicht bindende Wirkung für die Entscheidung über die Einkommensteuerpflicht habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 9. Juli 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 2. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2014 zu verpflichten, den Bescheid vom 4. Dezember 2012 aufzuheben sowie festzustellen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 für die Klägerin der Pauschalbeitragspflicht zur Sozialversicherung sowie der Umlagepflicht nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz unterliegt, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und hat ergänzend zum bisherigen Vorbringen ausgeführt, das BSG habe in seinen Entscheidungen vom 29. Juli 2015 (B 12 KR 23/13 und B 12 R 1/15 R – beide juris) verdeutlicht, dass es für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung eines GmbH-Geschäftsführers entscheidend auf die gesellschaftsvertragliche Rechtsmacht ankomme. Dasselbe müsse in der Konsequenz auch für einen mitarbeitenden Gesellschafter wie die Beigeladene zu 1 gelten. Die Nichtausübung eines Rechts sei unbeachtlich, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen sei. Nach dieser Rechtsprechung könne eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung genau auf dieses klägerseits vorgetragene Nichtleben der Rechtsmacht nicht zu einem anderen Ergebnis führen, als es sich aus den formellen Vereinbarungen gebe. Regelungen außerhalb des Gesellschaftsvertrags könnten keine Auswirkungen auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Gesellschafter haben, somit auch nicht die Treuepflichten und Bestimmungen zum Minderheitenschutz, die sich aus § 13 GmbHG ergeben könnten, oder die familiären Verhältnisse. Es könne sein, dass Ansprüche aus der Verletzung dieser Pflichten oder Bestimmungen rechtlich geltend gemacht werden könnten. Hierzu habe das BSG jedoch bereits im Hinblick auf Stimmrechtsvollmacht, Stimmbindungsvereinbarungen und Treuhand deutlich gemacht, dass für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung eines Gesellschafters stets die dingliche Ebene ausschlaggebend sei.
Die Beigeladene zu 1 und die durch Senatsbeschluss vom 23. Juni 2016 beigeladene Deutsche Rentenversicherung Knappschaft - Bahn - See – die Beigeladene zu 2 – haben keine Ausführungen gemacht und keinen Antrag gestellt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die nach § 143, 151 Abs. 1 und Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG. Denn die Klage betrifft einen Verwaltungsakt, der die Beitrags-, Umlage- und Zahlungspflicht für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr betrifft.
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren der Klägerin, die im Rahmen der Betriebsprüfung getroffene Entscheidung der Beklagten über die sozialversicherungsrechtliche Behandlung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 für die Klägerin zu beseitigen und feststellen zu lassen, dass für diese Tätigkeit Sozialversicherungsbeiträge abzuführen seien. Mit Bescheid vom 4. Dezember 2012, dessen Rücknahme die Klägerin vorliegend im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X begehrt, hatte die Beklagte geregelt, dass für diese – geringfügige – Tätigkeit entgegen der bisherigen Praxis der Klägerin mangels einer abhängigen Beschäftigung keine Pauschalbeiträge zur Renten- und Krankenversicherung, Umlagen nach dem AAG sowie Mittel für die Zahlung von Insolvenzgeld abzuführen seien. Die Klägerin macht vorliegend nicht geltend, es bestehe aufgrund einer mehr als geringfügigen Beschäftigung eine umfassende Sozialversicherungspflicht. Vielmehr trägt sie selbst vor, die Beigeladene zu 1 nur in geringfügigem Umfange beschäftigt zu haben, so dass sie als Arbeitgeberin (lediglich) Pauschalbeiträge zur Renten- und Krankenversicherung abzuführen habe. Sie selbst hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass aus diesen Beiträgen Ansprüche der Beigeladenen zu 1 aus der Rentenversicherung nicht entstünden. Ihr Begehren ist daher insoweit auf die Feststellung gerichtet, dass sie verpflichtet sei, für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 solche Pauschalbeiträge zu zahlen. Ihr Ziel ist es somit nicht, bereits erbrachte Pauschalbeiträge, Umlagen und Insolvenzgeldmittel – gegebenenfalls trotz Verjährung – erstattet zu erhalten. Streitbefangen ist im Umfange dieses Begehrens der Bescheid vom 2. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2014.
3. Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
a) Die Klage ist nur teilweise zulässig.
aa) Statthaft ist vorliegend die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Feststellungsklage. Denn die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme der Entscheidung über die Beitragspflicht im Bescheid vom 4. Dezember 2012 im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X (Verpflichtungsteil) unter Beseitigung des dies ablehnenden Bescheides vom 2. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2014 (Anfechtungsteil) sowie die Feststellung der Beitrags- und Umlagepflicht.
bb) Die Klage ist bereits unzulässig, soweit mit ihr die Rücknahme der Entscheidung im Bescheid vom 4. Dezember 2012 begehrt wird, für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 seien (Pauschal)Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung sowie Mittel zur Finanzierung des Insolvenzgeldes nicht zu zahlen.
(1) Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG ist die Klage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein. Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Klagebefugnis wird bereits begründet durch die Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte; ob diese Verletzung tatsächlich eingetreten ist, ist Frage der Begründetheit (BSG, Urteil vom 5. Juli 2007 – B 9/9a SB 2/06 R – juris, Rn. 18). Die als verletzt behauptete Rechtsnorm darf dabei aber nicht nur dem allgemeinen Interesse dienen, sondern muss auch den Schutz der Rechtssphäre des Einzelnen bezwecken (BSG, Urteile vom 15. November 1983 – 1 S 10/82 – juris, Rn. 73 und vom 15. Mai 1991 – 6 RKa 22/90 – juris, Rn. 12 ff.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 54 Rn. 10). Nötig ist die Möglichkeit der Verletzung in einem subjektiv öffentlichen Recht. Bei der Verpflichtungsklage ist die Klagebefugnis grundsätzlich gegeben, wenn der Kläger mit seinem Antrag im Verwaltungsverfahren nicht oder nicht vollständig durchgedrungen ist. An der Klagebefugnis fehlt es aber, wenn dem Kläger das geltend gemachte Recht unter keinem Gesichtspunkt zustehen kann. Nicht beschwert ist, wessen abgelehnter Antrag zu seiner eigenen Rechtssphäre in keiner Beziehung steht (BSG, Urteil vom 28. April 1967 – 3 RK 26/63 – juris, Rn. 24 ff.; BSG, Urteil vom 30. August 2001 – B 4 RA 114/00 R – juris, Rn. 29; Keller, a.a.O., Rn. 22; Castendiek in Hk-SGG, 4. Aufl., § 54 Rn. 68).
(2) Die Klägerin kann vorliegend zwar geltend machen, ihr Antrag auf Rücknahme des Bescheides vom 4. Dezember 2012 sei durch den Bescheid vom 2. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2014 abgelehnt worden. Das von ihr geltend gemachte Recht auf Aufhebung bezüglich der Pauschalbeiträge und der Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes kann ihr jedoch unter keinem Gesichtspunkt zustehen.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 44 Abs. 2 SGB X). Demnach setzt ein Rücknahmeanspruch nach Abs. 1 Satz 1 voraus, dass durch den Verwaltungsakt Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Durch den Bescheid vom 4. Dezember 2012 sind jedoch gerade keine Beiträge erhoben worden, sondern die Erhebung von (Pauschal)Beiträgen gerade abgelehnt worden.
Eine Rücknahme nach Abs. 2 kommt nur für nicht begünstigende Verwaltungsakte in Betracht. Der Inhalt dieses Tatbestandsmerkmals ergibt sich aus dem Umkehrschluss aus der Definition eines begünstigenden Verwaltungsakt in § 45 Abs. 1 SGB X als ein solcher, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt. Die von der Klägerin angegriffene Entscheidung, dass Pauschalbeiträge zur Renten- und Krankenversicherung sowie Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes nicht zu erbringen seien, stellt für die klagende Gesellschaft eine rein begünstigende Entscheidung dar. Die Klägerin wird durch diese Entscheidung nicht in ihren Rechten verletzt.
(a) Der Bescheid vom 4. Dezember 2012 erlegt der Klägerin in dem Umfange, in dem dessen Rücknahme begehrt wird, keine unmittelbare Belastung auf; diese wird nicht zur Beitragszahlung verpflichtet. Pauschalbeiträge und Umlagen werden ebenso wenig gefordert wie Sozialversicherungsbeiträge aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. Gegen die Regelung über die Erstattung für vor dem 1. Januar 2008 gezahlter Beiträge richtet sich das Begehren der Klägerin, wie oben ausgeführt, nicht. Der Verwaltungsakt enthält daher insoweit eine finanzielle Entlastung der Klägerin.
(b) Der Verwaltungsakt enthält, soweit er von der Klägerin angegriffen wird, – mit Ausnahme der Entscheidung über die Umlage nach dem AAG – neben dieser Begünstigung keine eingreifenden oder sonst nachteiligen Regelungen zu deren Lasten. Nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Betriebsprüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Damit enthält ein solcher Verwaltungsakt keine bindenden Feststellungen über diese Sozialversicherungszweige hinaus, z.B. zur gesetzlichen Unfallversicherung.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich die Klagebefugnis insoweit auch nicht wegen steuerrechtlicher Belastungen. Nach § 40a Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuern (einheitliche Pauschsteuer) für das Arbeitsentgelt aus geringfügigen Beschäftigungen im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder des § 8a SGB IV, für das er Beiträge nach § 168 Abs. 1 Nr. 1b oder 1c (geringfügig versicherungspflichtig Beschäftigte) oder nach § 172 Abs. 3 oder 3a (versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreite geringfügig Beschäftigte) oder nach § 276a Abs. 1 (versicherungsfrei geringfügig Beschäftigte) Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zu entrichten hat, mit einem einheitlichen Pauschsteuersatz in Höhe von insgesamt 2 Prozent des Arbeitsentgelts erheben. Der Senat kann offenlassen, inwieweit hieraus eine Bindung der Steuerbehörden oder der Finanzgerichte an die streitgegenständliche Entscheidung der Beklagten erwächst. Denn eine öffentlich-rechtliche Belastung gerade der Klägerin ist mit der Entscheidung auch insoweit nicht verbunden. Schuldner der Pauschalsteuer bei geringfügigen Beschäftigungen ist nach § 40 Abs. 3 i.V.m. § 40a Abs. 2 und 5 EStG der Arbeitgeber. Wird eine geringfügige Beschäftigung – wie vorliegend – verneint, weil eine selbständige Tätigkeit angenommen wird, entfällt diese Steuerpflicht des Arbeitgebers. Steuerschuldner ist dann der das Einkommen erzielende selbständig Tätige. Dies gilt selbst dann, wenn dieser abweichend vom Sozialversicherungsrecht steuerrechtlich als Arbeitnehmer zu werten wäre. Denn nach § 38 Abs. 2 EStG ist Schuldner der Lohnsteuer der Arbeitnehmer.
Ebenso wenig wird eine isolierte Feststellung über das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses getroffen. Weder nach dem Verfügungssatz noch nach dem Inhalt der Begründung hat der vorliegend streitige Bescheid vom 4. Dezember 2012 eine solche darüber hinausgehende Feststellung getroffenen. Eigene Ansprüche der Klägerin ergäben sich aus den abgelehnten Pauschalbeiträgen nicht. Gleiches gilt im Übrigen für die Beigeladene zu 1. Denn die vom Arbeitgeber zu tragenden Pauschalbeiträge werden dem geringfügig Beschäftigten nicht individuell zugeordnet, so dass dieser keine Leistungsansprüche hieraus erwerben kann. Die Aufbringung der Mittel für das Insolvenzgeld begründen ebenfalls keinen eigenen Anspruch der Klägerin.
(3) Eine Klagebefugnis besteht hingegen, soweit die Rücknahme des Bescheides über die Umlagepflicht des Entgelts des Beigeladenen zu 1 nach dem AAG begehrt wird. Die Feststellung, dass eine Umlagepflicht insoweit nicht besteht, hat nicht ausschließlich begünstigende Wirkung. Denn der Pflicht eines Arbeitgebers zur Zahlung der Umlagen auf das Arbeitsentgelt für Arbeitnehmer stehen dessen Erstattungsansprüche nach § 1 AAG gegenüber. Der Erstattungsanspruch und die Umlagepflicht nach §§ 1, 7 AAG hängen von der Arbeitnehmereigenschaft des Betreffenden und damit von einer abhängigen Beschäftigung ab, ohne dass es auf die Frage der Geringfügigkeit ankäme. Da die Beklagte die Umlagepflicht wegen des Vorliegens einer selbständigen Tätigkeit verneint hatte, ist die von der Klägerin behauptete Rechtsverletzung möglich und auch das Feststellungsinteresse insoweit gegeben.
b) Die Klage ist, soweit zulässig, nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 4. Dezember 2012 nach § 44 Abs. 2 SGB X. Dieser ist rechtmäßig.
aa) Die Beklagte war für die Feststellung der Umlagepflicht zuständig. Nach § 28p Abs. 1 SGB IV in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I S. 3710) prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Diese Zuständigkeitsregelung gilt nach § 10 AAG auch für die Umlage nach § 7 AAG. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Statusfeststellungsantrag der Klägerin vom 3. Juni 2012. Zu diesem Zeitpunkt war die Betriebsprüfung durch die Beklagte bereits terminiert und damit eingeleitet, so dass das Statusfeststellungsverfahren nicht durchzuführen war (§ 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Aus den genannten gesetzlichen Vorschriften ergibt sich die ausdrückliche gesetzliche Aufgabenzuweisung an den Rentenversicherungsträger. Eines darüber hinausgehenden "Feststellungsbedürfnisses", wie die Klägerin meint, bedarf es daher nicht.
bb) Zu Recht hat die Beklagte im Bescheid vom 4. Dezember 2012 festgestellt, dass das Entgelt der Beigeladenen zu 1 für ihre Tätigkeit für die Klägerin nicht der Umlagepflicht nach § 7 AAG unterliegt. Nach dessen Abs. 2 Satz 1 sind die Umlagen jeweils in einem Prozentsatz des Entgelts (Umlagesatz) festzusetzen, nach dem die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, Arbeitnehmerinnen und Auszubildenden bemessen werden oder bei Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bemessen wären. Die Beigeladene zu 1 übt ihre Tätigkeit für die Klägerin nicht im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R - juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R - juris, Rn. 23, Urteil vom 31. März 2015 - B 12 KR 17/13 R - juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 R –, juris Rn. 19, jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 -, juris Rn. 17). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15 f.; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23 ff.; BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 R –, juris Rn. 19, jeweils m.w.N.).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 - juris Rn. 20). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 - juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R - juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R - juris, Rn. 17, jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt auch BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 29. August 2012 B 12 KR 25/10 R - juris, Rn. 16).
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht (hierzu und zum folgenden BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 – B 12 KR 30/04 R –, juris, Rn. 23). Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Allerdings schließt ein rechtlich maßgeblicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft aufgrund der Gesellschafterstellung ein Beschäftigungsverhältnis in diesem Sinne aus, wenn der Gesellschafter damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG, Urteile vom 8. August 1990 – 11 RAr 77/89 – juris, Rn. 19 und vom 23. Juni 1994 – 12 RK 72/92 – juris, Rn. 15). Derartige Gesellschafter haben aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztlich auch die Leitungsmacht gegenüber dem Geschäftsführer und unterliegen damit nicht ihrerseits dessen Weisungsrecht. Soweit das BSG in den Urteilen vom 23. Juni 1994 (12 RK 72/92, a.a.O.) und vom 17. Mai 2001 (B 12 KR 34/00 R – juris, Rn. 15) ausgeführt hat, dass ein GmbH-Gesellschafter, der in der GmbH angestellt und nicht zum Geschäftsführer bestellt ist, allein auf Grund seiner gesetzlichen Gesellschaftsrechte nicht die Rechtsmacht besitzt, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen, hat es dies allein in Bezug auf Minderheitsgesellschafter (Urteil vom 23. Juni 1994) und sonstige Gesellschafter getan, die aufgrund des Gesellschaftsvertrages Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nicht selbst herbeiführen können (Urteil vom 17. Mai 2001). Gesellschafter sind in diesem Fall insbesondere nicht in der Lage, Abweichungen von der grundsätzlichen Zuständigkeitsverteilung herbeizuführen, die die Dienstaufsicht über die Angestellten vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag der laufenden Geschäftsführung dem Geschäftsführer als dem zuständigen Organ zuweist. Anknüpfungspunkt ist die dem Gesellschafter aufgrund des Regelungen des Gesellschaftsrechts zustehende Rechtsmacht. Eine vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten abhängige Statuszuordnung ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht vereinbar (BSG, Urteile vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R und B 12 R 1/15 R – juris, Rn. 26, 30 sowie Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R - juris, Rn. 31; in diese Richtung bereits BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 32; Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2015 - L 4 R 2959/14 - nicht veröffentlicht).
(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen war die Beigeladene zu 1 bei der Klägerin in dem vom Betriebsprüfungsbescheid erfassten Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 nicht abhängig beschäftigt.
(a) Ausgangspunkt für die rechtliche Bewertung sind zunächst Art und Inhalt der von der Beigeladenen zu 1 für die Klägerin verrichteten Tätigkeit. Da ein schriftlicher Vertrag hierüber nicht vorliegt, entnimmt der Senat diese den Angaben der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. Es bestehen keine Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben zu den tatsächlichen Verhältnissen wecken könnten. Auch die Beklagte hat keine abweichenden Feststellungen getroffen. Danach bestand die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 darin, nach Vorlage handschriftlicher Entwürfe des Geschäftsführers die Kundenrechnungen für die Werkleistungen auf dem PC auszustellen oder Briefe nach mündlichen Diktaten zu schreiben. Sie stellte die Buchungsbelege zur Übergabe an den Steuerberater zusammen. Daneben übernahm sie Botengänge (z.B. Aufgabe zur Post oder sonstige kleine Besorgungen) sowie vor allem bei geschäftlicher Abwesenheit des Geschäftsführers den Telefondienst.
Zur Weisungsunterworfenheit in dieser Tätigkeit wurden im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben gemacht. So gab die Beigeladene zu 1 im Rahmen des Antrags auf Statusfeststellung einerseits an, ihre Mitarbeit sei in keinem besonderen Arbeitsvertrag geregelt; sie unterliege wie ein fremder Arbeitnehmer dem Direktionsrecht der Gesellschaft bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung. Andererseits könne sie ihre Tätigkeit in der Gesellschaft frei bestimmen und gestalten; diese sei – aufgrund familienhafter Rücksichtnahmen – durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zu anderen Gesellschaftern geprägt. Im Anhörungsverfahren führte die Klägerin an, die Beigeladene zu 1 erhalte die jeweils zu erledigenden Aufgaben von ihrem Ehemann mündlich aufgetragen. Der beschriebene Inhalt der Tätigkeit spricht dafür, dass diese jedenfalls in weiten Teilen nach den Vorgaben des Geschäftsführers auszuführen waren, z.B. Schreiben von Rechnungen nach Aufschrieben oder Briefen nach Diktat sowie Botengänge. Bei der Übernahme des Telefondienstes in Abwesenheit des HS wird auch die Vorgabe hinsichtlich der zeitlichen Wahrnehmung der Tätigkeit deutlich.
(b) Dieses Weisungsrecht des Geschäftsführers konnte die Beigeladene zu 1 jedoch aufgrund ihrer Stellung als Mehrheitsgesellschafterin aufheben und damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall verhindern. Beschlüsse der Gesellschaft wurden mit einfacher Mehrheit gefasst, soweit nicht durch Gesetz oder Satzung eine höhere Mehrheit vorgeschrieben war (§ 8 Abs. 1 GV). Je DM 100,00 eines Geschäftsanteils gewährten eine Stimme. Bei Stimmengleichheit galt ein Antrag als abgelehnt (§ 8 Abs. 3 GV). Da die Beigeladene zu 1 51% der Geschäftsanteile hielt, verfügte sie über die einfache Mehrheit der Stimmen. Eine Sperrminorität des HS als Minderheitsgesellschafters bestand nicht. Er konnte aufgrund seines Stimmenanteils lediglich die Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung verzögern. Da diese zunächst voraussetzte, dass mindestens zwei Drittel des Stammkapitals vertreten waren (§ 8 Abs. 2 Satz 1 GV). Die daraufhin einzuberufende weitere Gesellschafterversammlung war jedoch in jedem Fall beschlussfähig (§ 8 Abs. 2 Satz 2 GV), so dass eine Mehrheitsentscheidung durch die Beigeladene zu 1 wieder möglich war.
(c) Diese rechtlich zulässigen Regelungen sind verbindlich. Hinweise auf ein Scheingeschäft (§ 117 BGB) liegen nicht vor. Insbesondere war die der gesellschaftsrechtlichen Stimmverteilung zugrunde liegende Verteilung des Stammkapitals im Verhältnis 51:49 zwischen der Beigeladenen zu 1 und HS nach deren Bekunden aus steuerlichen Erwägungen bewusst gewählt und gewünscht worden. Die vertraglichen Regelungen sind auch nicht (wirksam) abbedungen worden. Eine Änderung des Gesellschaftsvertrages wäre nur durch notariell beurkundeten Gesellschafterbeschluss möglich gewesen (§ 53 Abs. 1 und 2 GmbHG), was vorliegend nicht erfolgt ist. Eine ausdrückliche Änderung wird auch von den Beteiligten nicht vorgetragen.
In den von Klägerin und Beigeladener zu 1 übereinstimmend behaupteten Umständen (keine Durchführung von Gesellschafterversammlungen; kein Verhindern oder Rückgängigmachen von Entscheidungen des Geschäftsführers durch Mehrheitsbeschlüsse durch die Beigeladene zu 1 können schon mangels Einhaltung des Formerfordernisses keine wirksame Abbedingung der genannten gesellschaftsvertraglichen Regelungen liegen. Bei einem Konfliktfall zwischen den Gesellschaftern wäre allein die der Beigeladenen zu 1 aufgrund ihrer Stimmenmehrheit zukommende Rechtsmacht zum Tragen gekommen, so dass deren Weisungsunterworfenheit im Ergebnis nicht bestand. Allein hierauf und nicht auf eine rein tatsächliche Nichtausübung der Gesellschafterrechte kommt es wegen des Postulats der Vorhersehbarkeit bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung an (z. B. BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 1014 R - juris, Rn. 31 zum schuldrechtlichen Vetorecht des Minderheitsgesellschafters). Gleiches gilt für das von der Klägerin angeführte gegebenenfalls bestehende Anfechtungsrecht bezüglich einzelner Gesellschafterbeschlüsse wegen Verstoßes gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht durch den Minderheitsgesellschafter. Eine im Einzelfall bestehende Möglichkeit schließt die generelle Rechtsmacht aufgrund der Stimmenmehrheit gerade nicht aus. Dass es auch bei Ehegatten entscheidend auf diese generelle Rechtsmacht ankommt und deren allgemeinen Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme bei der Erwerbstätigkeit nach § 1356 Abs. 2 Satz 2 BGB insoweit keine Bedeutung zukommt, ist bereits der vom SG angeführten Rechtsprechung des BSG zu entnehmen (Urteil vom 25. Januar 2006, a.a.O.).
(d) Damit wird auch deutlich, dass die Beigeladene zu 1 nicht wie ein Arbeitnehmer in einen fremden Betrieb eingegliedert, also in eine vorgegebene und fremdbestimmte Ordnung eingebunden ist. Vielmehr ist sie aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Rechtsmacht gerade in der Lage, durch Gesellschafterbeschlüsse diese Ordnung selbst zu bestimmen und vorzugeben. Damit fehlt es an den eine abhängige Beschäftigung im Wesentlichen kennzeichnenden Umständen einer - nicht vermeidbaren - Weisungsunterworfenheit und der Eingliederung in einen fremden Betrieb.
Den von der Klägerin angeführten Entscheidungen des BSG ist für die hier allein maßgebliche Frage der abhängigen Beschäftigung eines Mehrheitsgesellschafters nichts Abweichendes zu entnehmen. Im Urteil vom 29. August 2012 (– B 12 KR 25/10 R – juris) hat sich das BSG mit der Frage auseinandergesetzt, ob und gegebenenfalls wann ein Familienangehöriger, der nicht an der Gesellschaft beteiligt ist, aufgrund anderer Umstände als der gesellschaftsrechtlichen Rechtsmacht nicht als abhängig Beschäftigter angesehen werden kann. Zur Frage der abhängigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit des Mehrheitsgesellschafters ist dem nichts, auch nicht im Umkehrschluss, zu entnehmen. Gleiches gilt für das von der Klägerin angeführte, auf diese Entscheidung bezogene Ergebnis der Besprechung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit vom 20./21. November 2013. Relevant wären die dortigen Erwägungen sowie die Ausführungen der Klägerin zum wirtschaftlichen Einfluss des HS aufgrund seiner Branchenkenntnisse, der Kundenbindung und als Verpächter der Betriebs- und Werkstätte allenfalls im Rahmen einer Prüfung dessen versicherungsrechtlichen Status. Dieser ist vorliegend aber nicht streitig. Das Urteil des BSG vom 29. Februar 2012 (– B 12 KR 4/10 R – juris) betrifft nicht die Frage der Versicherungs- und Umlagepflicht, sondern die Möglichkeit der Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung, bzw. deren Ausschluss bei hauptberuflicher Selbständigkeit. In diesem Zusammenhang hat das BSG entschieden, allein das Wahrnehmen von auf Kapitalbeteiligungen beruhenden gesellschaftsrechtlichen Pflichten führe nicht zum Ausschluss von der Familienversicherung wegen hauptberuflicher selbständiger Erwerbstätigkeit. Soweit es dabei dem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände nicht gefolgt war, bezog sich dies allein auf die dortige Ansicht, dass bei Beschäftigung mindestens eines Arbeitnehmers in einem nicht geringfügigen Umfange eine hauptberufliche Selbständigkeit vorliegen solle. Im Übrigen hat das BSG in dieser Entscheidung maßgeblich auf den zeitlichen Umfang der Tätigkeit für die Bestimmung des Merkmals hauptberuflich abgestellt. Ein Zusammenhang mit der vorliegend streitigen Frage besteht daher nicht.
(3) Der im Bescheid vom 4. Dezember 2012 getroffenen Regelung steht auch der Gesichtspunkt eines "Vertrauensschutzes" aufgrund früherer Betriebsprüfungen nicht entgegen. Die Prüfbehörden sind bei Arbeitgeberprüfungen nach § 28p SGB IV selbst in kleinen Betrieben zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten nicht verpflichtet. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen. Auch Prüfberichten kommt keine andere Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 14. Juli 2004 – B 12 KR 10/02 R – juris, Rn. 43). Betriebsprüfungen, die die versicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 zum Gegenstand hatten, sind vor der Entscheidung vom 4. Dezember 2012 nicht erfolgt. Abweichendes wurde auch von den Beteiligten nicht vorgetragen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Beigeladenen haben im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt; es entspricht daher der Billigkeit, ihre Kosten nicht der Klägerin aufzulegen.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
6. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2 und § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Das Begehren der Klägerin richtet sich nicht auf die Abwendung einer im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellten bezifferten Nachforderung. Anhaltspunkte für die wirtschaftliche Bedeutung des oben näher dargestellten Begehrens für die Klägerin liegen nicht vor. Somit ist der Auffangstreitwert in Höhe von EUR 5.000,00 festzusetzen. Einer Festsetzung auch für das sozialgerichtliche Verfahren bedurfte es nicht, da das SG den Streitwert mit Beschluss vom 7. September 2015 in gleicher Höhe festgesetzt hat.
Rechtskraft
Aus
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