S 44 KR 379/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
44
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 44 KR 379/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verpflichtet, an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 3.553,65 nebst Zinsen i.H.v. 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2017 zu zahlen. Der Streitwert wird auf 3.553,65 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Tragung der durch die Verlegung eines stationär behan-delten Patienten verursachten Mehrkosten.

Die Klägerin ist eine gesetzliche Krankenversicherung. Der bei der Klägerin krankenver-sicherte Siegfried G., geb. am 12.01.19xx (nachfolgend: der Versicherte) wurde bei der Beklagten in der Zeit vom 27.07.2016 bis 01.09.2016 stationär behandelt und am 01.09.2016 zur geriatrischen Weiterbehandlung in das Katholische Klinikum R. (nach-folgend: das aufnehmende Krankenhaus) verlegt. Dort verblieb der Versicherte bis zum 23.09.2016. Die medizinische Notwendigkeit der stationären geriatrischen Komplexbe-handlung sowie der Verweildauer ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Die Beklagte ist ein zugelassenes Plankrankenhaus in NRW. In der Anlage zum Fest-stellungsbescheid vom 24.11.2014 betr. die Beklagte sind 100 (Soll und Ist) Betten der Fachabteilung Geriatrie ausgewiesen. Die Beklagte unterhält in ihrer Betriebsstelle in der G.str. Hausnummer x in E. das Geriatrie-Zentrum "Haus B.", in der sich die Geriatrie-Betten befinden. Für das Behandlungsjahr 2016 rechnete die Beklagte bei der Klägerin 187 geriatrische Komplexbehandlungen ab; zum Verlegungszeitpunkt nahm die Beklag-te sieben andere bei der Klägerin versicherte Patienten im Geriatrie-Zentrum im Haus B. auf. Ursprünglich war die Verlegung des Versicherten in das Geriatrie-Zentrum Haus B. in E. ins Auge gefasst worden. Hierzu befindet sich in der Patientenakte unter dem Da-tum 24.08.2016 die Eintragung "morgen Anruf Haus B. Gerikomplex". Aus welchen Grün-den der Versicherte für die unstreitig erforderliche geriatrische Komplexbehandlung letzt-lich nicht in das Geriatrie-Zentrum Haus B. sondern in das aufnehmende Krankenhaus verlegt wurde, lässt sich der Patientenakte nicht entnehmen noch sonst nachvollziehen oder aufklären.

Für die stationäre Behandlung bei der Beklagten zahlte die Klägerin an die Beklagte ei-nen Betrag i.H.v. 5.367,98 EUR, und für die stationäre Behandlung bei dem aufnehmenden Krankenhaus einen Betrag i.H.v. 7.174,88 EUR, mithin insgesamt für den Behandlungsfall des Versicherten für den Zeitraum 27.07.2016 bis 23.09.2016 einen Betrag i.H.v. 12.542,86 EUR. Bei einer durchgehenden Behandlung des Versicherten im Haus der Be-klagten in der Zeit vom 27.07.2016 bis 01.09.2016 wären für die Klägerin Kosten i.H.v. 9.097,01 EUR angefallen. Weiterhin sind der Klägerin Transportkosten für die Verlegung des Versicherten i.H.v. 107,80 EUR entstanden.

Die Klägerin beauftragte am 30.09.2016 den Medizinischen Dienst der Krankenversiche-rung (MDK) mit der Fragestellung, ob es medizinische Gründe für die Verlegung des Versicherten in das aufnehmende Krankenhaus gegeben habe. Der MDK kam mit gut-achtlicher Stellungnahme vom 18.11.2016 zu dem Ergebnis, dass es keine medizini-schen Gründe gegeben habe, aus denen nicht die Beklagte selbst die geriatrische Kom-plexbehandlung in der klinikinternen Geriatrie "Haus B." hätte durchführen können.

Die Klägerin hat unter dem 03.04.2017 bei dem Sozialgericht Duisburg Klage erhoben, mit der sie die Zahlung von 3.553,65 EUR Schadensersatz geltend macht. Da bei einer durchgehenden Behandlung des Versicherten im Haus der Beklagten in der Zeit vom 27.07.2016 bis 01.09.2016 Kosten i.H.v. 9.097,01 EUR angefallen wären, sei die Differenz zu den tatsächlich angefallenen Kosten i.H.v. 12.542,86 EUR, mithin der Betrag i.H.v. 3.445,85 EUR zzgl. der Kosten für den Verlegungstransport i.H.v. 107,80 EUR, insgesamt ein Betrag i.H.v. 3.553,65 EUR als Schaden entstanden. Die Verlegung des Versicherten sei grundlos erfolgt. Mit der grundlosen Verlegung habe die Beklagte ihre Pflichten gegenüber der Klägerin verletzt. Namentlich stehe der Versorgungsauftrag der Beklagten einer Verlegung und damit § 109 Abs. 4 S. 2 SGB V einer grundlosen Verlegung entgegen. Hiernach sei das zugelassene Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrages zur Krankenhaus-behandlung der Versicherten verpflichtet. Hierzu gehöre gem. § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V auch die Frührehabilitation. Weder Ausweitung noch Einschränkung der zu erbringen-den Krankenhausleistungen seien ohne weiteres möglich. Dies widerspräche dem Sinn und Zweck der Krankenhausplanung durch Feststellungsbescheide, die bedarfsgerech-te Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Außerdem bestehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Die Klägerin habe nur die Kosten zu tragen, die bei ei-nem wirtschaftlichen Alternativverhalten angefallen wären.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.553,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die stationäre Behandlung sei erforderlich gewesen. Maßgebend sei die Abrechnungs-regelung des § 1 Abs. 1 S. 2 Fallpauschalenvereinbarung 2016 (FPV 2016), wonach im Falle der Verlegung in ein anderes Krankenhaus jedes beteiligte Krankenhaus eine Fallpauschale abrechne. Es komme nicht darauf an, ob medizinische oder kapazitative Gründe für die Verlegung in das aufnehmende Krankenhaus ausschlaggebend waren. Der anordnende Krankenhausarzt sei im Verlegungszeitpunkt mangels hellseherischer Fähigkeiten nicht in der Lage einzuschätzen, ob die Verlegung zu höheren oder ggf. niedrigeren Kosten führe. Bei einem – nicht selten vorkommenden – Fall des Abbruchs der geriatrischen Komplexbehandlung oder im Fall einer Beatmung des Versicherten unter Erreichen der oberen Grenzverweildauer wäre die Verlegung für die Klägerin kos-tengünstiger gewesen als eine durchgängige Behandlung bei der Beklagten. Die Be-klagte habe deshalb schon keine Pflichtverletzung begangen. Jedenfalls liege kein Ver-schulden vor, da der über die Verlegung entscheidende Arzt zum Verlegungszeitpunkt nicht absehen könne, ob eine Verlegung wirtschaftlich sei oder nicht. Dass am Tage der Verlegung des Versicherten sieben andere Versicherte im Haus Berge aufgenommen worden seien, zeige, dass die Behandlungskapazitäten der Beklagten erschöpft gewe-sen seien und die Beklagte damit kein Verschulden treffe. Außerdem seien die Rege-lungen des FPV 2016 abschließend auch im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot. Hiernach rechne im Falle der Verlegung in ein anderes Krankenhaus jedes beteiligte Krankenhaus eine Fallpauschale ab. Die Minderungs- und Abschlagstatbestände der FPV 2016 seien abschließend. Dies ergebe sich auch aus der amtlichen Begründung, wonach eine Verlegung keines medizinischen Grundes bedürfe. Die FPV werde seit Jahren und Jahrzehnten in Deutschland zwischen Krankenkassen und Krankenhäu-sern gelebt, so dass auch das historische Argument für die Beklagte spreche. In der mündlichen Verhandlung am 14.02.2020 hat die Beklagte pauschal bestritten, dass die Klägerin die Rechnung des aufnehmenden Krankenhauses tatsächlich bezahlt hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Niederschrift über die Sitzung am 14.02.2020 Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig. Bei einer auf Zahlung von Schadensersatz gerichteten Klage einer Krankenkasse gegen ein Krankenhaus handelt es sich um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Es ist demnach we-der ein Vorverfahren durchzuführen noch eine Klagefrist zu beachten.

Die hiernach zulässige Klage ist begründet. Der mit der Klage geltend gemachte Zah-lungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ergibt sich aus § 69 S. 3 SGB V iVm § 280 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Nach § 69 Abs. 1 S. 1 und S. 2 SGB V regeln das Vierte Kapitel des SGB V (§§ 69 bis 140h SGB V) sowie §§ 63 und 64 SGB V, das Krankenhausfinanzierungsgesetz, das Krankenhausentgeltgesetz und die hiernach erlassenen Rechtverordnungen grundsätz-lich abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Leistungserbringern sowie Krankenhäusern und deren Verbänden. Gem. § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V gelten für die Rechtsbeziehungen nach S. 1 und S. 2 die Vorschriften des BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Auf-gaben und Pflichten der Beteiligten nach den Vierten Kapitel des SGB V vereinbar sind.

Die Voraussetzungen des § 69 S. 3 SGB V für die entsprechende Anwendung des § 280 Abs. 1 BGB auf das Behandlungsverhältnis zwischen Krankenkasse und zugelassenem Krankenhaus bei Behandlung Versicherter sind erfüllt. Die stationäre Behandlung Ver-sicherter in einem zugelassenen Krankenhaus begründet zwischen seinem Träger und der Krankenkasse ein gesetzliches öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis, auf das § 280 Abs. 1 BGB anzuwenden ist (BSG, Urteil vom 12. November 2013 – B 1 KR 22/12 R –, BSGE 115, 11-17, SozR 4-2500 § 69 Nr 9, Rn. 11). Danach kann der Gläubiger, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entste-henden Schadens verlangen. Dies gilt gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

Anders als die Beklagte meint, ist ein Rückgriff auf § 280 BGB nicht durch etwaig ab-schließende Regelungen der für die hier maßgebliche FPV 2016 verwehrt. § 280 BGB hat die Voraussetzungen und Rechtsfolgen für einen Schadensersatzanspruch in ei-nem bestehenden Schuldverhältnis zum Gegenstand. Die FPV 2016 verhält sich nicht zum Schadensersatzrecht. Hierfür bestünde auch gar keine Ermächtigungsgrundlage. Ermächtigungsgrundlage für die Regelungen der FPV 2016 ist § 17b Krankenhausfi-nanzierungsgesetz (KHG). Gem. § 17b KHG gilt für die Vergütung der allgemeinen Kran-kenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Ver-gütungssystem, das Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden hat; sein Differenzie-rungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten werden die allgemeinen voll- und teil-stationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet. Der Spitzenver-band Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung ge-meinsam vereinbaren entsprechend den Vorgaben des § 17b Abs. 1 und Abs. 3 KHG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft ein Vergütungssystem, das sich an einem in-ternational bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Re-lated Groups (DRG) orientiert, seine jährliche Weiterentwicklung und Anpassung, insbe-sondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkür-zungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im Krankenhausentgeltgesetz vor-gegeben werden.

Aus den Regelungen der Ermächtigungsgrundlage des § 17b KHG ergibt sich damit für die FPV eindeutig der Regelungsauftrag für "Vergütung". Vergütung ist Gegenleistung in Geld für die erbrachte Leistung der voll- und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall, vgl. § 17b Abs. 1 S. 3 KHG: "Mit den Entgelten nach Satz 1 wer-den die allgemeinen voll- und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behand-lungsfall vergütet." Vergütung ist ein aliud zu einem Schadensersatzanspruch. Gegen-stand des Schadensersatzanspruches ist der Ausgleich von sich aus/in einem Schuld-verhältnis ergebenden materiellen Einbußen.

Die Vorschriften des BGB über Schadensersatz wegen Pflichtverletzung sind damit – anders als die Beklagte meint – trotz der Regelungen in der FPV 2016 entsprechend an-wendbar. Die Regelungen im BGB über den Schadensersatz sind auch mit der Stellung der Krankenhäuser im Versorgungssystem des SGB V vereinbar (BSG, Urteil vom 12. November 2013 – B 1 KR 22/12 R –, BSGE 115, 11-17, SozR 4-2500 § 69 Nr 9, Rn. 12). Die Beklagte hat durch die Verlegung des Versicherten in das aufnehmende Kranken-haus eine ihr gegenüber der Klägerin bestehende Pflicht verletzt. Die Beklagte war im Zeitpunkt der Verlegung zur Erbringung der Leistung der – hier unstreitig medizinisch erforderlichen – geriatrischen Komplexbehandlung des Versicherten verpflichtet. Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem Versorgungsauftrag der Beklagten. Diese Pflicht hat die Beklagte mit der Verlegung vor der Entlassfähigkeit des Versicherten verletzt.

Die Beklagte ist ein zugelassenes Plankrankenhaus. Gem. § 109 Abs. 4 S. 2 SGB V ist das zugelassene Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrages zur Kranken-hausbehandlung (§ 39) der Versicherten verpflichtet. Gem. § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V um-fasst die Krankenhausbehandlung im Rahmen des Versorgungsauftrages des Kranken-hauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbeson-dere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Gem. § 109 Abs. 1 S. 2 SGB V gilt für die Beklagte als Plankrankenhaus die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan als Abschluss des Versorgungsvertrages.

Nach § 8 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) i.V.m. § 6 KHG ergibt sich der Versorgungsauftrag eines Plankrankenhauses aus den Festlegungen des vom jeweiligen Bundesland aufzustellenden Krankenhausplanes i.V.m. dem jeweiligen Fest-stellungsbescheid zur Durchführung des Krankenhausplanes. Nach § 12 des Kranken-hausgestaltungsgesetzes NRW (KHGG NRW) werden die Feststellungen über die (Nicht)Aufnahme des Krankenhauses in den Krankenhausplan durch Bescheid der zu-ständigen Behörde getroffen, wobei der Bescheid u.a. die Art der Abteilungen und die Gesamtzahl der im Ist und Soll anerkannten Planbetten enthält. Der Feststellungsbe-scheid für die Beklagte vom 24.11.2014 enthält die Aufnahme der Beklagten in den Krankenhausplan des Landes NRW mit u.a. 100 Betten (Soll und Ist) im Gebiet Geriatrie.

Anders als die Beklagte meint, steht der Annahme einer Pflichtverletzung nicht die FPV 2016 entgegen. Die FPV 2016 verhält sich ebensowenig zu den Pflichten im bestehen-den Schuldverhältnis wie zu einem Schadensersatz. Wie oben bereits ausgeführt, be-schränkt sich die Ermächtigung zum Erlass der FPV 2016 auf "Vergütung". Die in der FPV 2016 getroffenen Vergütungsregelungen beschränken sich nach Auffassung der Kammer auf Abrechnungsmodalitäten (das "Wie" der Vergütung). Nicht zum Gegenstand hat die FPV 2016, ob die Beteiligten die darin angesetzten Vergütungen zum Ansatz bringen dürfen oder nicht. Die Beantwortung dieser Frage ergibt sich allein aus dem zu-grundeliegenden materiellen Recht. Dass in der FPV 2016 in § 1 Abs. 1 S. 2 und § 3 Re-gelungen zur Verlegung und dem "Wie" der Abrechnung im Falle einer Verlegung ent-halten sind, beinhaltet damit nicht Aussagen zur materiellen Rechtmäßigkeit der Verle-gung. Hieran vermag auch die von der Beklagten hinzugezogene historische Auslegung nichts zu ändern. Nach Auffassung der Kammer hat auch die Verordnung zum Fallpau-schalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2004 (KFPV 2004) lediglich Abrech-nungsmodalitäten ("Wie") zum Inhalt.

Diese Pflichtverletzung hat die Beklagte auch zu vertreten. Nach dem eindeutigen Wort-laut des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB, hier durch die Verwendung der Formulierung "es sei denn", trägt der Schuldner – hier die Beklagte - die Darlegungs- und Beweislast für das Nichtvertretenmüssen (Seichter in: Herberger/ Martinek/ Rüßmann/ Weth/ Würdinger, ju-risPK-BGB, 9. Aufl., § 280 BGB (Stand: 01.02.2020), Rn. 45). Da nicht auch nur im An-satz ein sachlicher Grund für die Verlegung vorgetragen wurde noch sich sonst Anhalts-punkte dafür ergeben, ist der Beklagten der Entlastungsbeweis nicht gelungen. Medizi-nische Gründe für die Verlegung sind nicht geltend gemacht und es bestehen hierfür auch keine Anhaltspunkte. Ob bei der Beklagte Kapazitäten für die geriatrische Kom-plexbehandlung des Versicherten bestanden, ist zwischen den Beteiligten streitig. Die Beklagte hat zum Fehlen von Kapazitäten jedoch weder substantiiert vorgetragen noch ergeben sich hierfür sonst Anhaltspunkte. Insbesondere spricht die Aufnahme von sie-ben anderen bei der Klägerin versicherten Patienten in der Geriatrie der Beklagten zum Verlegungszeitpunkt des Versicherten aus Sicht der Kammer eher für freie Kapazitäten in der Geriatrie der Beklagten als dagegen.

Die Höhe des Schadensersatzanspruches ergibt sich aus einer entsprechenden An-wendung von § 249 S. 1 BGB, ohne dass es – wie die Beklagte meint – der "Erfindung des Instituts des wirtschaftlichen Alternativverhaltens" bedarf. Hiernach hat, wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ohne die pflichtwidrige Ver-legung hätte die Klägerin an die Beklagte unter Zugrundelegung der DRG F48Z einen Betrag iHv 9.097,01 EUR zahlen müssen; Kosten eines aufnehmenden Krankenhauses wä-ren nicht entstanden. Die Klägerin hat aufgrund der pflichtwidrigen Verlegung an die Beklagte 5.461,48 EUR, Transportkosten i.H.v. 107,80 EUR und an das aufnehmende Kranken-haus 6.867,81 EUR zzgl. einer Aufwandspauschale i.H.v. 300 EUR, insgesamt 12.737,09 EUR ge-zahlt. Soweit die Beklagte im Termin die Zahlungen der Klägerin an das aufnehmende Krankenhaus bestritten hat, hat die Klägerin die Zahlungen durch Vorlage von Auszü-gen aus der elektronischen Akte über die ausgegangenen Zahlung in Höhe von 6.874,88 EUR und 300 EUR an das aufnehmende Krankenhaus (Anlagen zum Schriftsatz vom 15.03.2019) zur Überzeugung des Gerichts bewiesen. Zu ersetzen ist der Klägerin damit die Differenz zwischen den tatsächlich entstandenen Kosten (12.737,09 EUR) und den Kos-ten, die ohne die Verlegung entstanden wären (9.097,01 EUR), mithin 3.640,08 EUR bzw. die mit dieser Klage geltend gemachten 3.553,65 EUR. Von einer Betragskorrektur nach ur-sprünglichem Rechenfehler hat die Klägerin abgesehen.

Auf die (Nicht)Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots sowie das (Nicht)Vorliegen und die (Nicht)Vorhersehbarkeit wirtschaftlicher Auswirkungen oder das Verletzen etwaiger Mitteilungspflichten kommt es nach Auffassung der Kammer damit nicht an. Offenblei-ben kann auch, ob daneben ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegeben ist.

Der Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 4 Landesvertrag für das Land Nordrhein-Westfalen nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 1, 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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