L 4 KR 5027/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 1479/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 5027/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. November 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung von Krankengeld zuletzt noch für die Zeit vom 24. Februar 2014 bis 7. Juni 2015.

Der 1959 geborene Kläger ist bei der Beklagten als Beschäftigter (Bürotätigkeiten in einer Rechtsanwaltskanzlei) mit Anspruch auf Krankengeld versichert.

Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. O.-R. bescheinigte dem Kläger Arbeitsunfähigkeit vom 25. Juli bis 7. August 2011 (13 Tage) wegen einer depressiven Episode (F32.9 G), vom 31. August 2011 bis 13. Februar 2012 (166 Tage) wegen einer depressiven Episode und einer Schlafstörung (F32.9, G47.9), vom 8. März bis 3. Juni 2012 (87 Tage), 7. bis 18. September 2012 - ärztlich festgestellt am 10. September 2012 - (8 Tage) sowie vom 15. Oktober 2012 bis 12. Februar 2013 (121 Tage) wegen einer mittelgradigen depressiven Episode (F32.1 G). Facharzt für Neurologe und Psychiater S. stellte dem Kläger vom 25. Februar bis 1. Juli 2013 (127 Tage) Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus. Der Kläger erhielt bis 11. Oktober 2011 sowie vom 7. bis 18. September 2012 Entgeltfortzahlung. Vom 11. Oktober 2011 bis 13. Februar 2012, 8. März bis 3. Juni 2012 und 15. Oktober 2012 bis 1. Juli 2013 zahlte die Beklagte Krankengeld.

Ab 7. Januar 2014 bis zum 8. Juni 2015 bescheinigte Facharzt für Neurologe und Psychiater S. erneut Arbeitsunfähigkeit wegen einer depressiven Episode und einer Anpassungsstörung (F32.9 G, F41.1 G). Der Arbeitgeber leistete bis 23. Februar 2014 Entgeltfortzahlung.

Mit Bescheid vom 29. Januar 2014 lehnte es die Beklagte (sinngemäß) ab, ab 21. Januar 2014 Krankengeld zu zahlen. Der Krankengeldanspruch ende bei nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit am 20. Januar 2014. Mit diesem Tag sei die Höchstanspruchsdauer von 78 Wochen innerhalb von drei Jahren erreicht. Dabei seien als Vorerkrankungen die Zeiten vom 25. Juli bis 7. August 2011 (13 anrechenbare Tage), vom 31. August 2011 bis 13. Februar 2012 (166 anrechenbare Tage), vom 8. März bis 3. Juni 2012 (87 anrechenbare Tage), vom 7. bis 18. September 2012 (acht anrechenbare Tage) und vom 15. Oktober 2012 bis 1. Juli 2013 (259 anrechenbare Tage) berücksichtigt worden. Mitgerechnet worden seien auch Zeiten, in denen der Arbeitgeber das Entgelt weiter gezahlt habe. Die Frist von 78 Wochen gelte auch dann, wenn während der drei Jahre eine weitere Krankheit hinzugekommen sei.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und führte aus, in der Zeit von Juli 2013 bis Januar 2014 nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen zu sein. Vielmehr sei er in dieser Zeit erwerbstätig und mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. Mithin sei ein neuer Anspruch auf Krankengeld entstanden. Außerdem sei er nunmehr seit 1. Januar 2014 nicht wegen derselben psychischen Erkrankungen arbeitsunfähig, sondern wegen eines Rückenleidens. Daher müsse eine neue Blockfrist laufen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. April 2014 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers zurück. Nach § 48 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) hätten Versicherte innerhalb von drei Jahren wegen derselben Krankheit längstens für 78 Wochen einen Krankengeldanspruch. Trete während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, werde die Leistungsdauer nicht verlängert (§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Der Kläger sei in der Zeit vom 25. Juli 2011 bis einschließlich 1. Juli 2013 wegen diverser depressiver Erkrankungen arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Als Diagnosen bei der erneuten Arbeitsunfähigkeit ab 7. Januar 2014 seien eine depressive Episode und eine Angststörung genannt. Das Bundessozialgericht (BSG; z.B. Beschluss vom 11. Juli 2000 – B 1 KR 43/99 B – juris) habe mehrfach ausgeführt, dass es sich bei einer wiederholten Erkrankung im Rechtssinne um dieselbe Krankheit handele, wenn ihr dieselbe, nicht behobene Krankheitsursache zu Grunde liege. Der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krankheitsursache bilde, brauche dabei weder ständig Krankheitserscheinungen hervorzurufen noch fortlaufend Behandlungsbedürftigkeit zu bewirken. Es genüge vielmehr, wenn ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden latent weiterbestehe und nach einem beschwerdefreien oder beschwerdearmen Intervall erneut Krankheitssymptome hervorrufe. So liege der Fall hier. Zur psychischen Erkrankung sei beim Kläger eine Schlafstörung hinzugetreten. Dies führe jedoch nicht zu einer Verlängerung der Leistungsdauer, denn zwischen der bisherigen und der hinzugetretenen Erkrankung werde rechtlich kein Unterschied gemacht. Vielmehr bildeten die schon bestehende Erkrankung und die hinzugetretene Krankheit eine Einheit, zumal die Schlafstörung vermutlich in ursächlichem Zusammenhang mit der psychischen Erkrankung stehe. Somit seien die bereits im Bescheid vom 29. Januar 2014 genannten Arbeitsunfähigkeitszeiten innerhalb der Blockfrist vom 25. Juli 2011 bis 24. Juli 2014 zusammenzurechnen. Ab 8. Januar 2014 bestehe noch für 13 Tage Anspruch auf Krankengeld. Demnach ende der Anspruch des Widerspruchsführers auf Krankengeld am 20. Januar 2014.

Hiergegen erhob der Kläger am 29. April 2014 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Der Anspruch auf Krankengeld ergebe sich aus § 48 Abs. 2 SGB V. Danach bestehe für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krankengeld bezogen haben, nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit, wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert seien und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig und erwerbstätig gewesen seien. Dies sei bei ihm im Zeitraum vom 1. Juli 2013 bis 7. Januar 2014 der Fall gewesen. Nach Beginn des neuen Dreijahreszeitraums am 1. Januar 2014 stehe ihm folglich ein neuer Anspruch auf Krankengeld zu. Im Übrigen sei er nunmehr aufgrund einer anderen Erkrankung, nämlich eines Rückenleidens arbeitsunfähig. Dies werde durch Atteste der behandelnden Dr. O.-R. nachgewiesen. Er leide an mehreren Krankheiten (Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Auswirkungen eines Bandscheibenschadens, chronisches Schmerzsyndrom), die unabhängig voneinander seit Januar 2014 bestünden und auch seine Arbeitsunfähigkeit bedingten. Wegen des Rückenleidens sei er auch bereits im Zeitraum vom 25. Juli 2011 bis 1. Juli 2013 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Zu Unrecht habe die Beklagte im Zeitraum vom 25. Juli 2011 bis 1. Juli 2013 533 anrechenbare Tage errechnet.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Eine Arbeitsunfähigkeit wegen eines Rückenleidens ab 7. Januar 2014 habe der Kläger nicht nachgewiesen. Vielmehr lägen lediglich Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Arztes S. vor. Diese wiesen eine depressive Episode und generalisierte Angststörung als Ursache der Arbeitsunfähigkeit aus. Wenn der Kläger zeitgleich wegen unterschiedlicher Krankheiten arbeitsunfähig sei, handele es sich nicht um die gleiche Krankheit, sondern um einen Hinzutritt, aufgrund dessen sich aber der Leistungsanspruch nicht verlängere. Selbst wenn eine Arbeitsunfähigkeit wegen Rückenleiden hinzugetreten wäre, würde dies nicht zu einer Verlängerung des Anspruchs des Klägers führen. Im Übrigen sei die Berechnung der dreijährigen Blockfrist des Klägers nicht nachvollziehbar.

Mit Urteil vom 26. November 2015 wies das SG die Klage ab. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V erhielten Versicherte Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit "wegen derselben Krankheit" jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Trete während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, werde die Leistungsdauer nach Abs. 1 Satz 2 der Regelung nicht verlängert. Für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krankengeld bezogen haben, bestehe gemäß § 48 Abs. 2 SGB V nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ein neuer Anspruch auf Krankengeld "wegen derselben Krankheit" nur dann, wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert seien (Nr. 1) und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig und erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen (Nr. 2). Um dieselbe Krankheit im Rechtssinne handele es sich bei einer wiederholten Erkrankung im Rechtssinne, wenn ihr dieselbe, nicht behobene Krankheitsursache zu Grunde liege. Der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krankheitsursache bilde, brauche dabei weder ständig Krankheitserscheinungen hervorzurufen noch fortlaufend Behandlungsbedürftigkeit zu bewirken. Es genüge vielmehr, wenn ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden latent weiter bestehe und nach einem beschwerdefreien oder beschwerdearmen Intervall erneut Krankheitssymptome hervorrufe. Danach liege "dieselbe Krankheit" vor, solange eine Grunderkrankung nicht ausgeheilt sei und immer wieder zu behandlungsbedürftigen bzw. Arbeitsunfähigkeit bedingenden Krankheitserscheinungen führe; ob diese Erscheinungen in gleicher Weise und ohne zeitliche Unterbrechung fortbestehen, sei demgegenüber unerheblich. Diese Sichtweise stehe in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum Recht der Entgeltfortzahlung (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall - EFZG). Auch dort werde unter "dieselbe Krankheit" ein noch medizinisch latent weiterbestehendes, nicht ausgeheiltes Grundleiden verstanden, ohne dass sich dabei identische Krankheitssymptome äußern müssen. Die dargestellte Begrenzung der Leistungsdauer des Krankengeldes beruht auf der Erwägung, dass es in erster Linie der gesetzlichen Rentenversicherung obliege, bei dauerhaft eingetretener Erwerbsminderung des Versicherten Entgeltersatzleistungen zur Verfügung zu stellen, während die gesetzliche Krankenversicherung typischerweise nur für den Ausgleich des entfallenden laufenden Arbeitsentgelts bei vorübergehenden, das heißt behandlungsfähigen Gesundheitsstörungen eintrete. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Krankengeld nach dem 20. Januar 2014, weil seine Arbeitsunfähigkeit auf derselben Krankheit beruhe, wegen der er schon Krankengeld für 78 Wochen innerhalb eines Dreijahreszeitraums erhalten habe. Der relevante Zeitraum von drei Jahren habe am 25. Juli 2011 begonnen, da die Erkrankung zu diesem Zeitpunkt das erste Mal festgestellt worden sei. Die maßgebende Blockfrist habe mithin am 24. Juli 2014 geendet. Innerhalb dieses Zeitraums habe der Kläger für 78 Wochen Krankengeld wegen einer depressiven Erkrankung bezogen. Es bestehe nach der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes S. kein Zweifel daran, dass seit dem 7. Januar 2014 die depressive Erkrankung zu Arbeitsunfähigkeit geführt habe. Auch bei Hinzutreten einer weiteren, die Arbeitsunfähigkeit begründenden Erkrankung in Form von Wirbelsäulenbeschwerden, für die es im Übrigen keine ausreichenden Anhaltspunkte gebe, weil sich allein aus der Feststellung eines Grades der Behinderung für Wirbelsäulenbeschwerden keine Arbeitsunfähigkeit für einen bestimmten Zeitraum ergebe, verlängere sich die Anspruchshöchstdauer nicht. Dies ergebe sich aus § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Die weitere Krankheit verlängere nicht die Leistungsdauer und setze auch nicht - wie eine nach Beendigung der vorhergehenden Arbeitsunfähigkeit eingetretene neue Krankheit mit erneuter Arbeitsunfähigkeit - einen neuen Dreijahreszeitraum in Gang. Bedeutsam werde die hinzugetretene Krankheit erst, wenn sie in einem neuen Dreijahreszeitraum allein Arbeitsunfähigkeit bewirke, wofür hier keine Anhaltspunkte bestünden, weil nach den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Arztes S. jedenfalls die depressive Erkrankung weiterhin Arbeitsunfähigkeit begründet habe. Auch sei kein neuer Dreijahreszeitraum gemäß § 48 Abs. 2 SGB V entstanden. Ein solcher könne erst nach Ablauf der vorherigen Blockfrist am 25. Juli 2014 und Erschöpfen des 78wöchigen Anspruchs entstehen.

Gegen das ihm am 3. Dezember 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. Dezember 2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Ergänzend zu seinem bisherigen Vortrag führt er aus, er sei bereits seit Dezember 2013 aufgrund einer Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule und einer Teillähmung des Wadenbeinnervs arbeitsunfähig erkrankt. Erstmals habe er sich auch deswegen am 7. Januar 2014 in Behandlung seines Psychiaters S. begeben. Bei diesem habe ohnehin eine Kontrolluntersuchung stattgefunden. Dieser habe im Termin festgestellt, dass bei ihm (dem Kläger) die depressive Verstimmung wieder ausgebrochen sei, weshalb aus diesem Grund die Krankschreibung ab 7. Januar 2014 erfolgt sei. Tatsächlich habe jedoch seine Arbeitsunfähigkeit bereits im Dezember 2013 mit orthopädischen Beeinträchtigungen begonnen. Wegen dieser sei er ab Februar 2014 von Dr. O.-R. krankgeschrieben gewesen. Das SG verkenne, dass für eine hinzutretende Krankheit gefordert werde, dass sie bereits während des Bestehens der Arbeitsunfähigkeit infolge der ersten Krankheit aufgetreten sei. Ab dem Ende des Lohnfortzahlungsanspruchs, d.h. ab 24. Februar 2014, stehe ihm daher Krankengeld zu. Selbst wenn man der Argumentation der Beklagten folge und annehme, die erste Blockfrist habe bis 24. Juli 2014 angedauert, so habe am 25. Juli 2014 eine neue Blockfrist begonnen, so dass ihm seither ein Anspruch auf Krankengeld zustehe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. November 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. April 2014 zu verurteilen, ihm Krankengeld vom 24. Februar 2014 bis 7. Juni 2015 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist auf die Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden. Zudem weist sie darauf hin, dass über die angebliche Erkrankung des Klägers ab Dezember 2013 keine Nachweise in Form von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorlägen. Erst mit Erstbescheinigung des den Kläger behandelnden Arztes S. sei die Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab 7. Januar 2014 wegen depressiver Episode und generalisierter Angststörung bestätigt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) entschieden hat, ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da der Kläger Krankengeld für die Zeit vom 24. Februar 2014 bis 7. Juni 2015 und damit für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) begehrt.

2. Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage mit Urteil vom 26. November 2015 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. April 2014 ist rechtmäßig. Der Anspruch des Klägers auf Krankengeld endete am 20. Januar 2014. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Krankengeld für den Zeitraum vom 24. Februar 2014 bis 7. Juni 2015.

Rechtsgrundlage für die Gewährung von Krankengeld sind die §§ 44ff. SGB V. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn – abgesehen von den vorliegend nicht gegebenen Fällen stationärer Behandlung – Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestands für Krankengeld vorliegt (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 9 m.w.N.; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – juris, Rn. 8 m.w.N.). Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit, aber abschnittsweiser Krankengeldbewilligung ist jeder Bewilligungsabschnitt eigenständig zu prüfen (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – juris, Rn. 12 m.w.N.).

Der Kläger war bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 7. Januar 2014 mit Anspruch auf Krankengeld versichert. Denn er war versicherungspflichtig beschäftigt. Auch wenn man davon ausgeht, der Kläger sei ab 7. Januar 2014 arbeitsunfähig gewesen, weil er seine Tätigkeit als Büroangestellter in einer Rechtsanwaltskanzlei nicht mehr habe verrichten können, sowie die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt und der Beklagten gemeldet sei, besteht kein Anspruch auf Krankengeld, weil dieser Anspruch mit dem 20. Januar 2014 erschöpft war.

Nach § 48 Abs. 1 SGB V erhalten Versicherte Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit, jedoch längstens für 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht verlängert.

§ 48 Abs. 1 SGB V enthält drei unterschiedliche Regelungen: Anspruch auf Krankengeld besteht zunächst im Grundsatz ohne abstrakte zeitliche Begrenzung, solange die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Nach der in § 48 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V geregelten ersten Ausnahme führt es zur Rechtsfolge der Begrenzung der Leistungsdauer auf 78 Wochen, wenn "dieselbe Krankheit" die Arbeitsunfähigkeit bedingt. Jede neue Krankheit löst hier eine Kette von Dreijahreszeiträumen mit entsprechenden Höchstbezugszeiten von 78 Wochen aus (Methode der starren Rahmenfrist; vgl. BSG, Urteil vom 12. März 2013 - B 1KR 7/12 R - juris, Rn. 17 mwN.). Die zweite Ausnahme ist in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V geregelt und formuliert einen der ersten gleichgestellten weiteren Fall der Leistungsbegrenzung, nämlich dass während der Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer ersten Erkrankung eine weitere Erkrankung hinzutritt (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juni 2011 - B 1 KR 15/10 R - juris, Rn. 11ff.).

Gemäß § 48 Abs. 3 SGB V werden bei der Feststellung der Leistungsdauer des Krankengelds Zeiten, in denen der Anspruch auf Krankengeld ruht oder für die das Krankengeld versagt wird, wie Zeiten des Bezuges von Krankengeld berücksichtigt. Zeiten, für die kein Anspruch auf Krankengeld besteht, bleiben unberücksichtigt. Die Dauer von 78 Wochen entspricht einer Gesamtdauer von 546 Tagen, weil das Krankengeld für Kalendertage gezahlt wird (§ 47 Abs. 1 Satz 6 SGB V). Die Leistungsdauer für den Krankengeldanspruch des Klägers umfasst die Zeit vom Beginn der Arbeitsunfähigkeit an. Hierbei sind auch die Zeiten einbezogen, in denen das Krankengeld wegen der Leistung von Entgeltfortzahlung durch seinen Arbeitgeber ruhte (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V).

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (siehe hierzu Urteil vom 7. Dezember 2004 - B 1 KR 10/03 R - juris, Rn. 16 m.w.N.; Urteil vom 21. Juni 2011 - B 1 KR 15/10 R - juris, Rn. 14 f.) handelt es sich im Rechtssinne bei einer wiederholten Erkrankung um dieselbe Krankheit, wenn ihr dieselbe, nicht behobene Krankheitsursache zu Grunde liegt. Der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krankheitsursache bildet, braucht dabei weder ständig Krankheitserscheinungen hervorzurufen noch fortlaufend Behandlungsbedürftigkeit zu bewirken. Es genügt vielmehr, wenn ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden latent weiter besteht und nach einem beschwerdefreien oder beschwerdearmen Intervall erneut Krankheitssymptome hervorruft. Diese Auslegung greift auf frühere Rechtsprechung zurück, in der sich das BSG gerade im Zusammenhang mit wiederholt auftretenden Rückenbeschwerden bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen zur Bedeutung des umstrittenen Terminus geäußert hatte (Urteil vom 12. Oktober 1988 - 3/8 RK 28/87 - juris). Danach liegt "dieselbe Krankheit" vor, solange eine Grunderkrankung nicht ausgeheilt ist und immer wieder zu behandlungsbedürftigen bzw. Arbeitsunfähigkeit bedingenden Krankheitserscheinungen führt; ob diese Erscheinungen in gleicher Weise und ohne zeitliche Unterbrechung fortbestehen, ist demgegenüber unerheblich. Diese Sichtweise steht in Einklang mit der Rechtsprechung des BAG (z.B. Urteil vom 14. November 1984 - 5 AZR 394/82 - juris, Rn. 16) zum Recht der Entgeltfortzahlung (heute: § 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG). Auch dort wird unter "dieselbe Krankheit" ein noch medizinisch latent weiterbestehendes, nicht ausgeheiltes Grundleiden verstanden, ohne dass sich dabei identische Krankheitssymptome äußern müssen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Krankengeld ab 24. Februar 2014, weil seine Arbeitsunfähigkeit (ab 7. Januar 2014) auf derselben Krankheit beruht, wegen der er schon Krankengeld - unterbrochen durch Entgeltfortzahlung seines Arbeitgebers - für 78 Wochen innerhalb eines Dreijahreszeitraums erhalten hat. Der relevante Zeitraum von drei Jahren begann, wie die Beklagte und das SG zutreffend festgestellt haben, am 25. Juli 2011, da Arbeitsunfähigkeit wegen der Erkrankung (depressive Episode, F32.9 G) an diesem Tag das erste Mal festgestellt wurde. Die maßgebende Blockfrist endete damit am 24. Juli 2014. Innerhalb dieses Zeitraums erhielt der Kläger vom 25. Juli bis 7. August 2011, vom 31. August 2011 bis 13. Februar 2012, vom 8. März bis 3. Juni 2012, vom 7. bis 18. September 2012 (wegen der erst am 10. September 2012 erfolgten ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit berücksichtigte die Beklagte nur den Zeitraum vom 10. bis 18. September 2012), vom 15. Oktober 2012 bis 1. Juli 2013 Entgeltfortzahlung, die nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V anzurechnen ist, und Krankengeld sowie für die Zeit vom 8. bis 20. Januar 2014 nach eigener Behauptung (anzurechnende) Entgeltfortzahlung. Diese Zeiträume bestritt der Kläger nicht. Diese Zeiträume umfassen insgesamt 546 Kalendertage (= 78 Wochen). Arbeitsunfähigkeit bestand während dieser Zeiträume wegen derselben Krankheit, nämlich einer Depression. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nannten immer eine Diagnose aus dem Abschnitt F32 des ICD-10 (depressive Episode).

Durch die vom Kläger ab Dezember 2013 behauptete Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule und Teillähmung des Wadenbeinnervs wurde dem gegenüber die Blockfrist nicht verlängert. Eine solche Erkrankung konnte der Senat nicht feststellen. Entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wurden vom Kläger nicht vorgelegt. Im Übrigen behauptete der Kläger selbst, auch im Zeitraum vom 25. Juli 2011 bis 1. Juli 2013 aufgrund des Rückenleidens arbeitsunfähig erkrankt gewesen zu sein, so dass mithin auch bei der ab 7. Januar 2014 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit dieselbe Krankheit vorläge. Ermittlungen ins Blaue hinein hatten nicht zu erfolgen.

Selbst wenn der Senat die eine erneute Arbeitsunfähigkeit begründende Erkrankung in Form einer Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule und Teillähmung des Wadenbeinnervs als wahr unterstellen würde, so hätte dies nicht eine Verlängerung der Leistungsdauer zur Folge. Unter einer hinzugetretenen Krankheit im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V ist ein Krankheitsgeschehen zu verstehen, bei dem eine andere medizinische Ursache feststellbar ist. Die Krankheit muss während einer aufgrund einer anderen Erkrankung bereits bestehenden Arbeitsunfähigkeit hinzutreten. Dass (noch) Krankengeld gezahlt wird, ist dagegen nicht Voraussetzung. Ein "Hinzutritt während der Arbeitsunfähigkeit" liegt auch dann vor, wenn zeitgleich mit dem Vorliegen oder Wiedervorliegen einer zur Arbeitsunfähigkeit führenden ersten Erkrankung unabhängig von dieser Erkrankung zugleich eine weitere Krankheit die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten bedingt. Es reicht insoweit aus, dass die Krankheiten zumindest an einem Tag zeitgleich nebeneinander bestanden haben. Ist die Arbeitsunfähigkeit dagegen beendet und tritt eine neue Krankheit am Tag nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit ein, so liegt keine hinzugetretene Krankheit im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor, selbst wenn inzwischen die Arbeit nicht wieder aufgenommen wurde. Entfällt wegen der zuerst aufgetretenen Krankheit die Arbeitsunfähigkeit und wird die fortbestehende Arbeitsunfähigkeit nur noch von der "hinzugetretenen" Krankheit verursacht, so sind bei der Feststellung der Höchstbezugsdauer für das Krankengeld auch die Vorerkrankungen wegen der zuerst eingetretenen Krankheit anzurechnen. Die hinzugetretene Erkrankung verlängert also auch bei Fortfall der Ersterkrankung die Leistungsdauer von 78 Wochen ab dem ersten Tag der (zunächst nur) auf die Ersterkrankung beruhende Arbeitsunfähigkeit nicht. Die weitere Krankheit verlängert nicht die Leistungsdauer und setzt auch nicht - wie eine nach Beendigung der vorhergehenden Arbeitsunfähigkeit eingetretene neue Krankheit mit erneuter Arbeitsunfähigkeit - einen neuen Dreijahreszeitraum in Gang (LSG, Urteil vom 29. April 2014 - L 11 KR 2876/12 - juris, Rn. 28).

Danach würde es sich bei den (nicht nachgewiesenen) Wirbelsäulenbeschwerden und der Teillähmung des Wadenbeinnervs des Klägers um eine zur depressiven Erkrankung des Klägers hinzugetretene Erkrankung im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V handeln, mit der Folge, dass kein selbständiger, neuer Krankengeldanspruch mit erneuter Höchstbezugsdauer entstanden wäre. Denn für den Senat steht aufgrund der erneuten Erstbescheinigung des Arztes S. vom 7. Januar 2014 fest, dass der Kläger ab diesem Zeitpunkt wieder an seiner ursprünglichen depressiven Erkrankung litt. Da dies nach - unterstellter - Wirbelsäulenerkrankung und Vortrag des Klägers der erste Arztbesuch mit Feststellung der erneuten Arbeitsunfähigkeit war, wäre zeitgleich wieder ärztlicherseits die Ersterkrankung festgestellt worden. Als hinzugetretene Erkrankung während des Bestehens der Ersterkrankung hätte die Wirbelsäulenerkrankung auch dann keine Verlängerung der Leistungsdauer herbeigeführt. Die Beklagte hätte selbst in diesem hypothetischen Fall die Zahlung von Krankengeld zu Recht mit Ablauf des 20. Januar 2014 nach Ausschöpfen der gesetzlichen Höchstbezugsdauer von 78 Wochen eingestellt.

Letztlich liegen auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 SGB V nicht vor. Nach § 48 Abs. 2 SGB V besteht für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraums wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krankengeld bezogen haben, nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit, wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate (1) nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren und (2) erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen.

Zwar litt der Kläger nach dem Ende seiner letzten Erkrankung am 1. Juli 2013 erstmals ausweislich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes S. ab 7. Januar 2014 und damit nach dem Ablauf von sechs Monaten wieder an einer depressiven Episode und damit an der derselben Krankheit im Sinne des § 48 Abs. 2 SGB V; allerdings scheitert der Anspruch des Klägers auf Krankengeld daran, dass der ursprüngliche Dreijahreszeitraum am 7. Januar 2014 noch nicht abgelaufen war. Ein neuer Anspruch konnte damit erst am 25. Juli 2014, nach dem Ende der vorherigen Blockfrist und dem Erschöpfen des 78wöchigen Anspruchs entstehen.

Hieran scheitert im Übrigen auch ein Anspruch des Klägers ab 25. Juli 2014. Denn die erneute Arbeitsunfähigkeit muss nach dem Wortlaut des § 48 Abs. 2 SGB V erst nach dem Ende der letzten Blockfrist eingetreten sein.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

4. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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