Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 2735/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4091/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 13.08.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Kläger trägt die Kosten des auf seinen Antrag gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachtens von Prof. Dr. B. vom 24.07.2016 und der ergänzenden Stellungnahme vom 17.01.2017 sowie seine baren Auslagen endgültig selbst.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob in den nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) festgestellten gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers eine derartige wesentliche Änderung eingetreten ist, dass ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 festzustellen ist und ob im Rahmen des Nachteilsausgleichs nach dem Schwerbehindertenrecht die medizinischen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) vorliegen.
Bei dem 1960 geborenen Kläger stellte das Landratsamt L. – Versorgungsangelegenheiten (LRA) auf seinen Antrag vom 26.10.2007 mit Bescheid vom 07.03.2008 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 28.05.2008 (Bl. 56 der Verwaltungsakte) wegen einer Depression, einer Abhängigkeitserkrankung (GdB 40), einer Funktionsbehinderung beider Schultergelenke (GdB 30), degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (GdB 10) sowie einem Bluthochdruck (GdB 10) einen Gesamt-GdB von 60 seit dem 26.10.2007 fest.
Am 05.10.2011 stellte der Kläger beim LRA unter Vorlage ärztlicher Befundberichte einen Antrag auf Erhöhung des Grades der Behinderung und Zuerkennung von Merkzeichen (Bl. 65 ff. der Verwaltungsakte).
Das LRA holte daraufhin einen Befundschein der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. O. (Schreiben vom 11.05.2012 – Bl. 78 der Verwaltungsakte), des Orthopäden Dr. S. (Schreiben vom 20.05.2012 – Bl. 88 der Verwaltungsakte) und den Entlassbericht des SRH Gesundheitszentrum vom 01.06.2012 (Bl. 86 ff. der Verwaltungsakte) ein, wo sich der Kläger in der Zeit vom 01.12.2010 bis 22.12.2010 in stationärer Behandlung befunden hatte.
Entsprechend der versorgungsärztlichen Empfehlung des Dr. H. vom 15.07.2012 stellte das LRA mit Bescheid vom 31.07.2012 bei dem Kläger einen GdB von 70 seit dem 05.10.2011 fest. Merkzeichen seien nicht festzustellen. Folgende Funktionsbeeinträchtigungen lägen vor: eine Depression, eine Abhängigkeitserkrankung (GdB 40), eine Funktionsbehinderung beider Schultergelenke, ein chronisches Schmerzsyndrom (GdB 30), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, eine Spinalkanalstenose, ein verheilter Wirbelbruch (GdB 20), Bluthochdruck, eine koronare Herzkrankheit, Stentimplantation, ein koronarer Bypass (GdB 20). Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen seien mit dem festgestellten GdB angemessen bewertet.
Mit Schreiben vom 24.08.2012 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch (Bl. 98 der Verwaltungsakte). Zur Begründung führte er unter Vorlage weiterer Befundberichte an, dass die Funktionsbeeinträchtigen im Funktionssystem Herz/Kreislauf nicht ausreichend bewertet worden seien. Bei ihm bestünde eine koronare Dreigefäßerkrankung mit einer Stenose des Hauptstamms, eine instabile angina pectoris sowie ein Bluthochdruck, die einen GdB von 40 bedingten. Zudem habe er am 27.08.2012 einen zweiten Hinterwandinfarkt erlitten. Er bekomme schwer Luft, schlafe schlecht und werde von einer Todesangst getrieben. Außerdem leide er unter einem Schlaf-Apnoe-Syndrom, welches mit einem hohen Reinfarktrisiko verbunden sei. Auch im Bereich der Schulter bestünden erhebliche Probleme. Für die Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule, die Spinalkanalstenose und für den Zustand nach dem verheilten Wirbelbruch sei ein Teil-GdB von 30 zu berücksichtigen, so dass ein Gesamt-GdB von mehr als 70 festzustellen sei.
Mit Schreiben vom 10.01.2013 teilte der Kläger unter Vorlage weiterer Befundberichte mit, dass er einen Rückfall erlitten habe und erneut zwei aortencoronare Venenbypässe erhalten habe.
Nach versorgungsärztlicher Auswertung – gutachterliche Stellungnahme des Arztes D. vom 19.01.2013 – half das LRA dem Widerspruch ab und stellte mit Abhilfebescheid vom 31.01.2013 einen GdB von 80 seit dem 05.10.2011 fest (Bl. 127 der Verwaltungsakte). Der Kläger wandte hiergegen ein, er habe Anspruch auf den GdB 100 und auf das Merkzeichen "G" (Schreiben vom 10.06.2013). Mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2013 (Bl. 146 der Verwaltungsakte) wies das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt den Widerspruch im Übrigen zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 02.08.2013 Klage bei dem Sozialgericht Heilbronn (SG). Zur Begründung führte er an, allein die Erkrankungen des Herzens und deren Folgen müssten mit einem GdB von 50 bewertet werden. Da er im Bereich der Wirbelsäule unter Bandscheibenvorfällen im Bereich der Halswirbelsäule sowie im Bereich der Lendenwirbelsäule leide, müsse hierfür ein GdB von 30 angenommen werden. Er leide zudem an einem Ganglion in der linken Schulter und unter einem Impingementsyndrom links. Er habe mehrere Schulteroperationen über sich ergehen lassen müssen, so dass ein GdB von 40 angesetzt werden müsse. Das obstruktive Schlaf-Apnoe-Syndrom bedinge einen GdB von 20. Insoweit leide er unter einer Vielzahl von Atemaussetzern während der Nacht. Er müsse, um eine ausreichende Sauerstoffsättigung zu haben, mit einer Schlafmaske schlafen. Die Depression und die Abhängigkeitserkrankung rechtfertigten einen GdB von 50. Nicht bewertet sei das metabolische Syndrom, welches einen GdB von 20 bedinge. Er sei zudem ein schwerkranker Mann, der nicht in der Lage sei, die Wege, die man ortsüblich zu Fuß zurücklege, zu Fuß zu bewältigen. Er leide unter einer ausgeprägten körperlichen Schwäche, so dass auch Anspruch auf das Merkzeichen G habe.
Zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts erhob das SG Beweis durch schriftliche Befragung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. O. gab an (Auskunft vom 30.09.2013 – Bl. 21 f. der SG-Akte), der Kläger befinde sich seit April 2007 in kontinuierlicher ambulanter Behandlung. Er leide an einer rezidivierend depressiven Störung mit mittelgradigen depressiven Episoden begleitet von somatischen Symptomen. Internistin Dr. S. teilte unter Vorlage weiterer Befundberichte mit (Auskunft vom 16.10.2013 – Bl. 23 ff. der SG-Akte), bei dem Kläger bestehe eine schwere koronare 2-Gefäßerkrankung. Die letzte Ergometrie am 03.05.2013 habe eine gute körperliche Leistungsfähigkeit bis 175 Watt ergeben. Mit den Feststellungen des ärztlichen Dienstes stimme sie überein. Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit könne sie nicht annehmen. Arzt für Anästhesie Dr. M. teilte mit (Auskunft vom 15.11.2013 – Bl. 60 ff. der SG-Akte), die Schmerzerkrankung beurteile er als mittel. Ein anerkannter GdB von 80 trage den Schmerz-Beschwerden Rechnung. Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. (Bl. 63 der SG-Akte) gab an, er stimme mit der Beurteilung des versorgungsmedizinischen Dienstes überein. Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S. teilte mit (Auskunft vom 05.01.2014 – Bl. 65 ff. der SG-Akte), er sehe die Erkrankungen des Klägers in der versorgungsmedizinischen Stellungnahme als vollständig erfasst an. Bezüglich der Schultergelenke schätze er den GdB auf 40, die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule bewerte er mit einem GdB von 20. Aus orthopädischer Sicht könne er eine Gehbehinderung nicht bestätigen.
Mit Gerichtsbescheid vom 13.08.2014 wies das SG die Klage ab (Bl. 104 ff. der SG-Akte).
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigen am 21.08.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.09.2014 Berufung beim SG erhoben (Eingang beim Landessozialgericht Baden-Württemberg [LSG] am 26.09.2014). Zur Begründung führte der Kläger an, bei ihm bestehe eine Depression, die mit einem GdB von 40 zu bewerten sei. Darüber hinaus leide er unter einer 3-Gefäß-Erkrankung. Die Herzkranzgefäße seien stark sklerotisch. Die Ärzte hätten ihm mitgeteilt, dass der nächste Herzinfarkt der letzte sei. Aufgrund der Vorgeschichte und der Prognose müsse der Beurteilungsspielraum ausgeschöpft werden, so dass ein GdB von 40 angemessen sei. Der Schmerztherapeut Dr. M. habe in seiner Auskunft eine Reihe von Diagnosen aufgeführt, die das SG nicht berücksichtigt habe. Hierzu gehöre ein Schlaf-Apnoe-Syndrom, eine Diabetes-Erkrankung sowie eine Reihe von Schmerzen. Hinzu komme, dass er trockener Alkoholiker sei. Die Beeinträchtigungen an der Schulter bedingten einen GdB von 40. Die Schultern seien völlig zerstört. Er habe einen Anspruch auf einen GdB von 100. Aufgrund seiner vielfältigen Leiden bestehe zudem ein Anspruch auf das Merkzeichen G.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 13.08.2014 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 31.07.2012 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 31.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2013 zu verurteilen, bei dem Kläger einen GdB von 100 seit dem 05.10.2011 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung führte der Beklagte an, das Berufungsbegehren finde im objektiven medizinischen Sachverhalt keinerlei Stütze.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts Beweis erhoben durch schriftliche Befragung des behandelnden Orthopäden Dr. S. als sachverständigen Zeugen. Dieser hat unter Vorlage weiterer Befundberichte angegeben (Auskunft vom 20.05.2015 – Bl. 32 ff. der Senatsakte), dass bei ihm vornehmlich Beschwerden im Bereich der linken Schulter im Vordergrund standen. Da eine aktive Anhebung bzw. Abspreizung des linken Armes bereits bei leichtem Kraftwiderstand über die 90° hinaus nicht möglich sei, bewerte er die Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20.
Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung des nervenärztlichen Gutachtens des Prof. Dr. B. vom 24.07.2016 (Bl. 82 ff. der Senatsakte) nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG), der den Kläger am 05.07.2016 persönlich untersucht hat. Bei dem Kläger bestünden folgende Diagnosen: Mittelgradige depressive Episode, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Abhängigkeitserkrankung (Teil-GdB 50), Funktionsbehinderung beider Schulter-, Knie-, Hüft- und Ellenbogengelenke (Teil-GdB 30), fortschreitende degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Bandscheibenvorfälle C5/C6 sowie C6/C7, Spinalkanalstenosen, Fußfehlformen beidseits (Teil-GdB 30), schwerwiegende koronare Herzkrankheit, Herzleistungsminderung, Zustand nach mehreren Stentimplantationen, Zustand nach mehreren Implantationen koronarer Bypässe (Teil-GdB 40), arterielle Hypertonie, Adipositas, Hyperlipidämie, Diabetes M.itus Typ II (Teil-GdB 40) sowie ein Schlaf-Apnoe-Syndrom (Teil-GdB 10). Insgesamt bestehe ein GdB von 100. Das Merkzeichen "G" könne nicht attestiert werden.
Nach Vorlage der versorgungsmedizinischen Stellungnahme des Dr. R. vom 03.11.2016 hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. B. nach § 109 SGG eingeholt. Dieser hat mit Schreiben vom 17.01.2017 (Bl. 145 ff. der Senatsakte) mitgeteilt, dass er auch unter Berücksichtigung der Einwendungen des Beklagten an seiner Beurteilung festhalte.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können (§124 Abs. 2 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des LRA vom 31.07.2012 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 31.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2013, mit welchem bei dem Kläger ein GdB von 80 festgestellt und eine höhere Feststellung sowie eine Zuerkennung des Merkzeichen "G" abgelehnt worden war, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 80 sowie die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichen "G".
Der Senat hat dabei den Berufungsantrag des Klägers nach seinem erkennbaren Begehren sinngemäß gefasst. Insbesondere ist der Senat dabei davon ausgetragen, dass eine Feststellung ab dem 05.10.2011 begehrt worden war, nachdem es sich hierbei um das Antragsdatum handelt und eine Feststellung für einen zurückliegenden Zeitraum im Verwaltungsverfahren auch nicht beantragt wurde. Die Entscheidung des Beklagten betrifft dementsprechend die Zeit ab dem 05.10.2011.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten Einzel-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau seit dem 05.10.2011 jedenfalls keinen höheren Gesamt-GdB als 80 rechtfertigen (hierzu unter 1.). Darüber hinaus liegen auch die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichen "G" nicht vor (dazu unter 2.).
1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) – auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB – nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte – fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18, juris). Damit entscheidet nicht allein die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB. Vielmehr ist der Gesamt-GdB durch einen wertenden Vergleich dadurch zu bilden, dass die in dem zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen in Beziehung zu setzen sind – z.B. ist bei Feststellung der Schwerbehinderung der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktions-behinderungen usw. vorzunehmen.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau seit dem 05.10.2011 jedenfalls keinen höheren Gesamt-GdB als 80 rechtfertigen.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche konnte der Senat einen höheren Einzel-GdB als 40, der im angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegt worden ist, jedenfalls nicht feststellen. Nach Teil B Nr. 3.7 der VG sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 zu bewerten. Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) bedingen einen GdB von 30 bis 40. Schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten sind mit einem GdB von 50 - 70 zu bewerten.
Bei dem Kläger besteht eine rezidivierende depressive Störung mit mittelgradigen Episoden und begleitet von somatischen Symptomen. Dies entnimmt der Senat sowohl der zeugenschaftlichen Auskunft der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. O. vom 30.09.2013 als auch dem Gutachten des Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. B. vom 24.07.2016. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. B. war der Kläger bewusstseinsklar, örtlich, zeitlich und zur Person orientiert. Der Gedankengang war formal und inhaltlich nicht auffällig, insbesondere lagen keine Hinweise auf eine etwaige psychotische Symptomatik vor. Auch ansonsten ergaben sich keine Hinweise auf eine akute Psychose des schizophrenen oder zyklothymen Formenkreises. Ein höhergradiges hirnorganisches Psychosyndrom lag nicht vor, die mnestischen und intellektuellen Funktionen waren ausreichend. Die Merkfähigkeit war nach dem Gutachten von Prof. Dr. B. für das Kurzzeitgedächtnis allenfalls dezent eingeschränkt, Neugedächtnis und Langzeitgedächtnis waren unbeeinträchtigt, wie dem psychischen Befund im Gutachten entnommen werden kann (Seite 13 des Gutachtens = Blatt 94 der Senatsakte), wenngleich in der Vergangenheit liegendes nicht oder nur lückenhaft erinnert wurde oder nicht mehr erinnert werden wollte (Seite 5 des Gutachtens = Bl. 86 der Senatsakte). Die Ausführungen von Prof. Dr. B. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17.01.2017, beim Kläger bestünden Defizite der Gedächtnisleistungen und zumindest leichte dementielle Störungen, ist angesichts der im eigenen Gutachten dargestellten Befunde nicht überzeugend. Die Affektivität war deutlich eingeengt in Richtung des depressiven Pols. Im Rahmen der Alltagsbewältigung gab der Kläger an, dass er als religiöser Moslem regelmäßig die Moschee besuche. Zuletzt habe er 2015 einen vierwöchigen Urlaub in der Türkei verbracht. Auch habe er genügend viele Freunde. Er sei im Besitz einer Fahrerlaubnis, die es ihm ermögliche, einen PKW zu steuern, er lege jedoch nur noch kurze Strecken mit dem PKW selbst zurück. Sein sexuelles Interesse habe sehr nachgelassen, er komme noch ein- bis zwei Mal im Monat mit seiner Frau körperlich zusammen. Eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit konnte der Senat nach alledem nicht feststellen. Eine wesentliche Beeinträchtigung der familiären Situation oder bei Freundschaften besteht nach der Schilderung des Klägers nicht. Auch wenn er angeblich – immerhin beschreibt Prof. Dr. B. erhebliche Aggravationstendenzen – keine Hobbys mehr pflege, stützt dies allein nicht die Annahme eines vermehrten sozialen Rückzugs. Nach den anamnestischen Angaben im Gutachten von Prof. Dr. B. lebt der Kläger in guter Ehe, hat genügend viele Freunde, was freundschaftliche Kontakte voraussetzt und hält die Bindungen zu Verwandten in der Türkei aufrecht, wie seine Urlaubsreise in die Heimat zeigt. Die Einschätzung in der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 03.11.2016, ein erheblicher sozialer Rückzug liege nicht vor, ist für den Senat daher überzeugend. Die von Prof. Dr. B. vorgenommene gegenteilige Würdigung, zuletzt in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17.01.2017, ließ den Senat nicht zu einer anderen Überzeugung gelangen. Soziale Einbußen, die eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit begründen könnten, sind mit den von Prof. Dr. B. bereits nicht hinreichend beschriebenen kognitiven Begrenzungen hinsichtlich Gedächtnisleistung und dementieller Störungen nicht belegt. Eine schwere nachhaltige Beeinträchtigung der Lebensqualität durch die von Prof. Dr. B. diagnostizierte somatoforme Schmerzstörung, worauf der Sachverständige in seiner ergänzenden Äußerung zusätzlich vertiefend abstellt, konnte der Senat nicht feststellen. Weder ist eine regelhafte Pharmakotherapie noch eine fachpsychiatrische Behandlung dokumentiert, was in der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 03.11.2016 bekräftigt wird. Der hiergegen von Prof. Dr. B. erhobene Einwand, dass kulturelle Prägungen dazu führen könnten, dass eine notwendige medikamentöse Behandlung abgelehnt oder nicht adäquat durchgeführt werde, führt zu keiner anderen Beurteilung. Einerseits ist vom Sachverständigen eine entsprechende Motivationslage des Klägers nicht erhoben worden, andererseits wird die Einstufung des konkret aus der diagnostizierten somatoformen Schmerzstörung ableitbaren Leidensdrucks hierdurch nicht berührt. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. B. hat der Kläger insoweit angegeben, die entsprechenden Medikamente würden bei Bedarf eingenommen. Bei Frau Dr. O. war der Kläger alle sechs bis zwölf Wochen. Zuletzt wurde ein Termin nicht wahrgenommen. Auch Dr. M. beurteilt in seiner Aussage vom 15.11.2013 den Grad der von ihm behandelten Schmerzerkrankung allenfalls als mittel. Im psychopathologischen Befund wird von Prof. Dr. B. eine deutliche Aggravation der Beschwerden beschrieben, die Prof. Dr. B. zwar als Ausdruck der Hilflosigkeit des Klägers interpretiert, die sich aber nach dem Gutachten, z.B. außerhalb der eigentlichen Untersuchungssituation, auch als zielgerichtete starke Übertreibung von nicht vorhandenen oder nur mäßig ausgeprägten Beschwerden erwies. Die vom Kläger geschilderte Schmerzausprägung ist im behaupteten Ausmaß nicht glaubhaft und letztlich auch mit den klinisch-organischen Befunden nicht vereinbar. Nach alledem lässt sich ein erheblicher psychosozialer Rückzug oder eine Einschränkung des psychosozialen Umfelds nicht feststellen. Entsprechend wurde im Entlassbericht des SRH Gesundheitszentrum vom 01.06.2012 die Psyche ohne Auffälligkeiten beschrieben, psychosoziale Probleme wurden verneint. Es spricht aus Sicht des Senats einiges dafür, dass für die psychische Beeinträchtigung ein Einzel-GdB 20 angemessen, aber auch ausreichend wäre.
Soweit Prof. Dr. B. in seinem Gutachten von einem Teil-GdB von 50 ausgeht, überzeugt dies den Senat nicht. Schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten, die die Feststellung eines GdB von 50 rechtfertigen würden, lassen sich, wie dargestellt, aus den von Prof. Dr. B. erhobenen Befunden nicht ableiten.
Vor diesem Hintergrund konnte der Senat für das Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche jedenfalls keinen höheren Einzel-GdB als 40 feststellen. Eine Erhöhung ergibt sich auch nicht aus der Abhängigkeitserkrankung des Klägers. Eine solche wurde nach Auskunft von Dr. O. zwar 2007 diagnostiziert, stand danach jedoch nicht mehr im Vordergrund. Auch bei der Untersuchung durch Prof. Dr. B. gab der Kläger an, er meide Alkohol gänzlich.
Im Funktionssystem der Arme konnte der Senat unter Berücksichtigung der Beeinträchtigungen im Bereich beider Schultern einen Einzel-GdB von 20 feststellen. Nach Teil B Nr. 18.13 VG sind Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich des Schultergürtels) mit einem GdB von 10 zu bewerten, wenn die Armhebung nur bis zu 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit gelingt. Ist eine Armhebung nur bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit möglich, ist ein GdB von 20 anzunehmen. Bei dem Kläger besteht ein Z. n. offener SSP-/SSC-Sehnennaht bei SSP-/SSC-Ruptur links, ein Z.n. spontaner Ruptur der LBS links, ein Z. n. SAD linkes Schultergelenk sowie ein Z. n. Mini-Open-Repair der Rotatorenmanschette rechts sowie SAD und Tenodese der langen Bizepssehne rechts 3/2007. Dies entnimmt der Senat dem Befundbericht des Dr. J. vom 06.03.2015 (Bl. 52 der Senatsakte). Bei der Untersuchung durch den behandelnden Orthopäden Dr. S. am 21.04.2015 war hinsichtlich beider Schultergelenke ein Nackengriff möglich, mit der linken Hand nur durch erhebliche Ausweichbewegungen durchführbar. Der Lendengriff war beidseits bis zur Gesäßtasche möglich. Die Abduktions- und Elevationsbewegungen waren schmerzreflektorisch/kräftemäßig deutlich eingeschränkt. Biceps und Triceps wiesen viertgradige Kraft auf. Eine aktive Anhebung bzw. Abspreizung des linken Armes war insbesondere bei leichtem Kraftwiderstand nicht über 90° hinaus möglich (Auskunft des Dr. S. vom 20.05.2015). Im Bereich der rechten Schulter war eine aktive Abduktion bzw. Elevation bis 90° nicht möglich (Auskunft des Dr. S. vom 05.01.2014). Der Senat kann danach einen Einzel-GdB von 20 feststellen. Dies entspricht im Übrigen auch der Bewertung des behandelnden Orthopäden Dr. S ... Die Beurteilung wird zudem durch den Befundbericht des Dr. J. vom 06.03.2015 gestützt. Bei der Untersuchung durch Dr. J. am 24.02.2015 war die Beweglichkeit links sogar in allen Ebenen aktiv und passiv frei. Es zeigte sich kein Druckschmerz über dem Sulcus bicipitalis oder über dem ACG. Periphere Durchblutung, Mobilität und Sensibilität waren intakt. Die bei dem Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen sind damit mit einem GdB von 20 ausreichend bewertet.
An dieser Beurteilung ändern auch die Untersuchungsergebnisse des Prof. Dr. B. nichts. Danach wurden die Arme nicht in die Horizontale gebracht und zwar weder zur Seite noch nach vorne. Ein Nackengriff war beidseits möglich, aber linksseitig deutlich erschwert. Ein höherer GdB als 20 ist auch danach nicht gerechtfertigt.
Weitere GdB-relevante Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Arme, insbesondere im Bereich der Ellenbogengelenke, konnte der Senat nicht feststellen. Der behandelnde Orthopäde Dr. S. hat insoweit ausdrücklich mitgeteilt, dass Funktionsstörungen des Ellenbogengelenks nicht vorkamen bzw. nicht artikuliert wurden. Soweit Prof. Dr. B. solche dennoch bei der Einschätzung des GdB berücksichtigt, teilt er schon keine Befunde mit, die dies rechtfertigen.
Ein höherer Einzel-GdB als 20 ist im Funktionsbereich der Arme mithin nicht festzustellen.
Im Funktionssystem des Rumpfes, wozu der Senat auch die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, kann der Senat einen Einzel-GdB von 10 feststellen. Nach Teil B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wir-belsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11, juris).
Bei dem Kläger besteht ein Bandscheibenvorfall C5/6 und C6/7 mit begleitender Spinalkanalstenose und ventraler Spondylosen. Dies entnimmt der Senat der Auskunft des behandelnden Orthopäden Dr. S. vom 20.05.2015. Bei der Untersuchung durch Dr. S. war die Rotation im Bereich der Halswirbelsäule beidseits mit 70-0-70° (Normwerte 60/80-0-60/80°) möglich, die Seitneigung gelang beidseits mit 30-0-30° (Normwerte 30/40-0-30/40°). Damit sind Gesundheitsstörungen, die die Schwelle zu mittelgradigen Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne von Teil B Nr. 18.9 VG überschreiten, nicht festzustellen. Insbesondere ergibt sich ein solcher auch nicht aus den festgestellten degenerativen Veränderungen. Nach den VG (Teil B 18.1) kommt allein dem Vorliegen degenerativer Veränderungen der Haltungs- und Bewegungsorgane für die Bewertung des Teil-GdB nicht die ausschlaggebende Bedeutung zu, sondern der dadurch hervorgerufenen Funktionsbehinderung. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z.B. degenerativer Art) rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Funktionsbeeinträchtigungen in den übrigen Wirbelsäulenabschnitten wurden vom behandelnden Orthopäden Dr. S. nicht angegeben. Ein höherer Einzel-GdB als 10 kann daher im Funktionssystem des Rumpfes nicht festgestellt werden.
Soweit Prof. Dr. B. mitteilt, es bestünden erhebliche Einschränkungen der Beweglichkeit in der Lendenwirbelsäule und hierfür einen GdB von 30 annimmt, überzeugt dies nicht, nachdem er schon keine Bewegungsmaße angibt.
Im Funktionssystem Herz/Kreislauf konnte der Senat unter Berücksichtigung eines Teil-GdB für die Herzerkrankung sowie eines Teil-GdB für die arterielle Hypertonie einen Einzel-GdB von 10 feststellen. Nach Teil B Nr. 9 VG ist für die Bemessung des GdB bei Herz- und Kreislauferkrankungen weniger die Art der Krankheit als die Leistungseinbuße maßgeblich. Dies gilt nach Teil B Nr. 9.1.2 auch nach operativen und anderen therapeutischen Eingriffen am Herzen; auch hier ist der GdB von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Bei der Beurteilung des GdB ist vom klinischen Bild und von den Funktionsbeeinträchtigungen im Alltag auszugehen. Ergometerdaten ergänzen das klinische Bild.
Für die Funktionsbeeinträchtigung im Bereich des Herzes konnte der Senat einen Teil-GdB von 10 feststellen. Nach Teil B Nr. 9.1.1 VG bedingt eine Einschränkung der Herzleistung ohne wesentliche Leistungsbeeinträchtigung, wie z.B. ohne Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen, selbst bei gewohnter stärkerer Belastung, ohne Einschränkung der Sollleistung bei Ergometerbelastung einen GdB von 0 bis 10. Eine Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei einer Ergometerbelastung mit 75 Watt über wenigstens zwei Minuten rechtfertigt einen GdB von 20 bis 40. Die Implantation eines Herzschrittmachers führt nach Nr. 9.1.6 Teil B VG zu einem GdB von 10.
Bei dem Kläger besteht eine schwere koronare 3-Gefäßerkrankung nach Hinterwandinfarkt, 3-fach Bypassoperation 11/10 und Reoperation 12/12 nach Reinfarkt 9/12. Dies entnimmt der Senat dem Befundbericht der Kardiologin Dr. S. vom 06.05.2013 (Bl. 24 der SG-Akte). Bei der Ergometrie am 06.05.2015 war der Kläger kardial beschwerdefrei bei guter körperlicher Leistungsfähigkeit bis 175 Watt und Erreichen der Zielfrequenz. Unter Belastung und in der Nachbelastungsphase zeigten sich keine Stenokardien, keine Extrasystolen und keine wesentliche Zunahme der bereits in Ruhe pathologischen Kammerendteilveränderungen. Der Ruheblutdruck lag bei 130/90 mmHg, unter Belastung stieg dieser bis 215/95 mmHG an. Sechs Minuten nach Belastung wurde die Ausgangsfrequenz wieder erreicht. Es besteht damit nur noch eine leichte Einschränkung der linken Kammerfunktion bei guter körperlicher Leistungsfähigkeit. Ein höherer GdB als 10 ist hierfür nicht anzunehmen.
Diese Beurteilung wird auch durch den Befundbericht des Dr. O.vom 12.03.2014 (Bl. 96 ff. der SG-Akte) gestützt. Bei der Untersuchung am 11.03.2014 war der Kläger ergometrisch beschwerdefrei ausbelastbar.
Soweit der Kläger wegen der Vorgeschichte und der Prognose einen GdB von 40 fordert, ist dem nicht nachzukommen. Maßgeblich für die Bewertung des GdB ist weder die Vorgeschichte noch die Prognose, sondern die Auswirkung der Gesundheitsstörung am Leben in der Gesellschaft (BSG 30.09.2009 - B 9 SB 4/08 R, juris). Diese sind bei guter körperlicher Leistungsfähigkeit als eher gering einzuschätzen.
Auch die Beurteilung mit einen GdB von 40 durch Prof. Dr. B. ändert an der Einschätzung nichts, nachdem Prof. Dr. B. bereits keine Befunde mitteilt, die seine Einschätzung rechtfertigen würden.
Für die arterielle Hypertonie konnte der Senat ebenfalls einen Teil-GdB von 10 feststellen. Eine Hypertonie (Bluthochdruck) führt nach Nr. 9.3 Teil B VG in leichter Form zu einem GdB von 0 bis 10. Eine leichte Form ist anzunehmen, wenn keine oder eine geringe Leistungsbeeinträchtigung und höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen aufgetreten sind. Bei einer mittelschweren Form und Organbeteiligung (fundus hypertonus I II, Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie) leichten bis mittleren Grades, diastolischem Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung ist ein GdB von 20 bis 40 gerechtfertigt.
Wie bereits dargelegt, bestehen bei dem Kläger keine Leistungsbeeinträchtigungen. Ergometrisch war der Kläger beschwerdefrei ausbelastbar. Nach dem Befundbericht des Dr. O. vom 12.03.2014 betrug der Blutdruck im Gesamtdurchschnitt 131/84 mmHg. Nach Therapieanpassung bestanden bei dem Kläger normotensive Durchschnittswerte. Es besteht damit eine leichte Form der Hypertonie, die mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten ist.
Im Funktionssystem Herz/Kreislauf ist nach alledem ein Einzel-GdB von 10 festzustellen.
Im Funktionssystem der Atmung kann der Senat einen Einzel-GdB von 10 feststellen. Nach Teil B Nr. 8.7 VG ist ein Schlaf-Apnoe-Syndrom ohne Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung mit einem GdB von 0 bis 10 zu bewerten, ein solches mit Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung bedingt einen GdB von 20. Bei dem Kläger besteht ein Schlaf-Apnoe-Syndrom ohne CPAP-Therapie. Dies entnimmt der Senat dem Befundbericht der Kardiologin Dr. S. vom 17.10.2012 (Bl. 28 der SG-Akte). Ein höherer GdB als 10 ist hierfür nicht zu berücksichtigen. Dafür spricht auch, dass der Kläger bei Dr. S. angegeben hat, dass die Atmung nach einer Nasenoperation leichter falle.
Im Funktionssystem innere Sekretion und Stoffwechsel konnte der Senat keinen Einzel-GdB feststellen. Nach Teil B Nr. 15.1 VG beträgt der GdB 0 bei an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen. Bei an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, ist der GdB mit 20 zu bewerten. Bei dem Kläger besteht ein Diabetes M.itus Typ 2. Dies entnimmt der Senat der zeugenschaftlichen Auskunft des Hausarztes Dr. K ... Eine Behandlung erfolgt mit Metformin, welches regelmäßig keine Hypoglykämie auslöst. Ein Einzel-GdB von 10 ist mithin nicht festzustellen.
Auch im Funktionssystem der Beine konnte der Senat keinen Einzel-GdB feststellen. Nach Teil B Nr. 18.14 VG rechtfertigen Bewegungseinschränkungen im Kniegelenk geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis 0-0-90°) beidseitig einen GdB von 10 bis 20. Beim Vorliegen mittelgradiger Bewegungseinschränkungen (z.B. Streckung/Beugung 0-10-90°) ist bei einseitigem Vorliegen ein GdB von 20, bei beidseitigen Vorliegen ein GdB von 40 vorgesehen. Ein GdB von 10 bis 30 ist bedingt bei ausgeprägten Knorpelschäden der Kniegelenke (z.B. Chondromalacia patellae Stadium II – IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen, einseitig und ohne Bewegungseinschränkung. Liegt eine Bewegungseinschränkung vor, beträgt der GdB 20 bis 40. Bei dem Kläger besteht eine beginnende Chondropathia patellae links sowie eine beginnende mediale Gonarthrose. Dies entnimmt der Senat der Auskunft des behandelnden Orthopäden Dr. S., der die Veränderungen als nicht sehr gravierend eingeschätzt hat. Bewegungseinschränkungen sind nicht nachgewiesen. Ein Einzel-GdB lässt sich demnach nicht feststellen.
Weitere – bisher nicht berücksichtigte – GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen. Insbesondere bedingt die Adipositas an sich – anders als von Prof. Dr. B. angenommen – nach Teil B Nr. 15.3 VG keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden (insbesondere am kardiopulmonalen System oder am Stütz- und Bewegungsapparat) können die Annahme eines GdB begründen. Auch aus der Hyperlipidämie ergeben sich keine funktionellen Beeinträchtigungen, die die Annahme eines GdB rechtfertigen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und dem Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der festgestellte medizinische Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Nach Würdigung aller Umstände ist der Senat davon überzeugt, dass unter Zugrundelegung der oben dargestellten Grundsätze bei dem Kläger ein höherer GdB als 80 nicht in Betracht kommt. Dass dieser überhöht ist, ist im vorliegenden Rechtsstreit durch den Senat nicht weiter zu erörtern. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 31.07.2012 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 31.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2013 hat für den Kläger bestandskräftig einen GdB 80 festgestellt. Entscheidungserheblich ist, dass ein höherer GdB sich nicht ergibt.
Der Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide sind insoweit nicht zu beanstanden.
2. Auch hinsichtlich des Merkzeichens G ist die Berufung unbegründet, da der Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens nicht erfüllt.
Gemäß § 145 Abs. 1 SGB IX werden schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 im Nahverkehr im Sinne des § 147 Abs. 1 SGB IX unentgeltlich befördert. In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ist erheblich beeinträchtigt nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.
Bis zum 31.12.2008 waren die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG 23.06.1993 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1). Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten.
Bislang konnte sich der Beklagte hinsichtlich der Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichen "G" nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht auf die VG (Teil D Ziff. 3) berufen. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche durch Verordnung regeln zu können, enthielten nach Auffassung des Senats weder § 30 Abs. 17 BVG in der Fassung bis 30.06.2011 bzw. § 30 Abs. 16 BVG in der ab 01.07.2011 gültigen Fassung, der nicht auf die im Schwerbehindertenrecht im SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR SozR 4/2009), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche war bislang auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX vorhanden. Die Regelungen der VG zum Nachteilsausgleich "G" waren damit nach ständiger Rechtsprechung des Senats mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig (vgl. Urteile des Senats vom 23.07.2010 – L 8 SB 3119/08 und vom 14.08.2009 – L 8 SB 1691/08, beide veröff. in juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de; so auch der ebenfalls für Schwerbehindertenrecht zuständige 6. Senat des LSG Baden-Württemberg, vgl. stellvertretend Urteil vom 04.11.2010 – L 6 SB 2556/09, unveröffentlicht; offen lassend der 3. Senat, vgl. Urteil vom 17.07.2012 – L 3 SB 523/12 unveröffentlicht). Rechtsgrundlage waren daher allein die genannten gesetzlichen Bestimmungen.
Das Tatbestandsmerkmal der im Ortsverkehr üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegten Wegstrecke des § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nach ständiger Rechtsprechung der Sozialgerichte (grundlegend BSG 10.12.1987 – 9a RVs 11/87 , SozR 3870 § 60 Nr. 2; BSG 13.08.1997 – 9 RVS 1/96 , SozR 3 3870 § 60 Nr. 2) die Bewältigung von Wegstrecken von zwei Kilometern in einer halben Stunde ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten im Einzelfall. Sowohl die Gesetzesmaterialien zur gleichlautenden Vorgängervorschrift des § 58 Abs. 1 Satz 1 SchwbG 1979 als auch die AHP 1983 (Seite 123, 127f.) enthielten keine Festlegung zur Konkretisierung des Begriffs der im Ortsverkehr üblichen Wegstrecke. Diese Festlegung geht auf eine in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis gegriffene Größe von zwei Kilometern zurück, die als allgemeine Tatsache, welche zur allgemeingültigen Auslegung der genannten Gesetzesvorschrift herangezogen wurde, durch verschiedene Studien (vgl. die Nachweise in BSG 10.12.1987, a.a.O.) bestätigt worden ist. Der außerdem hinzukommende Zeitfaktor enthält den in ständiger Rechtsprechung bestätigten Ansatz einer geringeren Durchschnittsgeschwindigkeit als die von fünf bis sechs Kilometern pro Stunde zu erwartende Gehgeschwindigkeit rüstiger Wanderer, da im Ortsverkehr in der Vergleichsgruppe auch langsam Gehende, die noch nicht so erheblich behindert sind wie die Schwerbehinderten, denen das Recht auf unentgeltliche Beförderung zukommt, zu berücksichtigen sind (vgl. BSG 10.12.1987, a.a.O.). Anhaltspunkte dafür, dass infolge des Zeitablaufs sich die Tatsachengrundlage geändert haben könnte, hat der Senat nicht. Der Senat legt daher in ständiger Rechtsprechung (vgl. Urteil des Senats vom 02.10.2012 – L 8 SB 1914/10, juris) diese Erkenntnisse weiter der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der ortsüblichen Wegstrecken im Sinne von § 146 Abs. 1 SGB IX zugrunde, auch wenn die entsprechenden Regelungen der VG zu dem Nachteilsausgleich "G" wie oben ausgeführt nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats unwirksam waren (ebenso der 3. und 6. Senat des LSG Baden Württemberg, Urteile vom 17.07.2012 a.a.O. und vom 04.11.2010 a.a.O.).
Zwischenzeitlich hat jedoch der Gesetzgeber mit Wirkung zum 15.01.2015 in § 70 Abs. 2 SGB IX eine Verordnungsermächtigung eingeführt und in § 159 Abs. 7 SGB IX eine Übergangsregelung getroffen (eingefügt durch Art. 1a des am 15.01.2015 in Kraft getretenen Gesetzes zum Vorschlag für einen Beschluss des Rates über einen Dreigliedrigen Sozialgipfel für Wachstum und Beschäftigung und zur Aufhebung des Beschlusses 2003/174/EG vom 07.01.2015; BGBl. II S. 15).
§ 70 Abs. 2 SGB IX in der Fassung vom 07.01.2015 lautet nunmehr: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des Grades der Behinderung und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Von der Verordnungsermächtigung ist bislang kein Gebrauch gemacht worden.
Nach der ebenfalls am 15.01.2015 in Kraft getretenen Übergangsregelung des § 159 Abs. 7 SGB IX in der Fassung vom 07.01.2015 gelten, soweit noch keine Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des Bundesversorgungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend.
Nach Auffassung des Senats hat der Gesetzgeber mit der Übergangsregelung des § 159 Abs. 7 SGB IX ab dem 15.01.2015 wirksam und mit hinreichend bestimmtem Gesetzeswortlaut eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Feststellung des Merkzeichens "G" geschaffen (insoweit offen lassend der 3. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, Urteil vom 13.05.2015 – L 3 SB 1100/14). Soweit eine entsprechende Anwendung der Maßstäbe der VersMV durch das Gesetz angeordnet ist, lässt sich dem Wortlaut hinreichend deutlich die Regelung für Merkzeichen entnehmen, dass die Bewertungsmaßstäbe der VG Teil D unmittelbar anzuwenden sind. Der Regelung der mit Wirkung zum 01.01.2009 erlassenen VersMV ist bis zum Erlass einer neuen Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX damit praktisch Gesetzescharakter verliehen worden (so auch der 6. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, Urteil vom 21.04.2015 – L 6 SB 3121/14 unter Verweis auf BT-Drs. 18/3190, S. 5, juris). Die so geschaffene Rechtsgrundlage für die Feststellung des Merkzeichens "G" entfaltet nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil vom 22.05.2015 – L 8 SB 70/13, juris) jedoch keine Rückwirkung, sondern ist erst ab dem Datum des Inkrafttretens am 15.01.2015 wirksam. Eine Rückwirkung ist in der Übergangsbestimmung gesetzlich nicht geregelt worden, weshalb die gesetzliche Neuregelung erst am Tag des Inkrafttretens Gültigkeit erlangt. Dies ergibt sich auch aus der Begründung zu der Neufassung von § 70 Abs. 2 und § 159 Abs. 7 SGB IX, mit der der Gesetzgeber die Zweifel, ob § 30 Abs. 16 BVG eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die medizinische Bewertung des Grades der Behinderung (zusätzlich gemeint wohl: für die Feststellung von Merkzeichen) darstellt, ausräumen will, so dass die Versorgungsmedizinverordnung "künftig auf beide Ermächtigungsnormen" gestützt werden kann (BT-Drs. 18/3190, S. 5 zu Nummer 2), also eine Regelung für die Zukunft beabsichtigt. Zudem geht der Gesetzgeber mit der Schaffung der Übergangsregelung davon aus, dass "in der Übergangszeit das derzeitige Recht weiter Anwendung findet" (BT-Drs. 18/3190, S. 5 zu Nummer 3).
Folglich stellt der Senat für die Zeit bis zum 14.01.2015 auf die von der Rechtsprechung für die Feststellung des Merkzeichens "G" entwickelten Kriterien und für die Zeit ab dem 15.01.2015 auf die in den VG geregelten Kriterien ab. Vorliegend führt ein Abstellen auf die VG indes zu keinem anderen Ergebnis für den Kläger. So heißt es in Teil D Nr. 1 lit. b) VG: In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden, oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Bei der Prüfung der Frage, ob diese Voraussetzungen vorliegen, kommt es nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalls an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein – d.h. altersunabhängig von nicht behinderten Menschen – noch zu Fuß zurückgelegt werden. Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunden zurückgelegt wird. Unter Teil D Nr. 1 lit. d) bis f) VG heißt es weiter: Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, z.B. bei Versteifung des Hüftgelenks, Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 und bei Atembehinderungen mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades anzunehmen. Auch bei anderen inneren Leiden mit einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit, z.B. chronische Niereninsuffizienz mit ausgeprägter Anämie, sind die Voraussetzungen als erfüllt anzusehen. Bei hirnorganischen Anfällen ist die Beurteilung von der Art und Häufigkeit der Anfälle sowie von der Tageszeit des Auftretens abhängig. Im Allgemeinen ist auf eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit erst ab einer mittleren Anfallshäufigkeit mit einem GdB von wenigstens 70 zu schließen, wenn die Anfälle überwiegend am Tage auftreten. Analoges gilt beim Diabetes M.itus mit häufigen hypoglykämischen Schocks. Störungen der Orientierungsfähigkeit, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit führen, sind bei allen Sehbehinderungen mit einem GdB von wenigstens 70 und bei Sehbehinderungen, die einen GdB von 50 oder 60 bedingen, nur in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit beiderseits, geistige Behinderung) anzunehmen. Bei Hörbehinderungen ist die Annahme solcher Störungen nur bei Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit im Kindesalter (in der Regel bis zum 16. Lebensjahr) oder im Erwachsenenalter bei diesen Hörstörungen in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z. B. Sehbehinderung, geistige Behinderung) gerechtfertigt. Bei geistig behinderten Menschen sind entsprechende Störungen der Orientierungsfähigkeit vorauszusetzen, wenn die behinderten Menschen sich im Straßenverkehr auf Wegen, die sie nicht täglich benutzen, nur schwer zurechtfinden können. Unter diesen Umständen ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit bei geistigen Behinderungen mit einem GdB von 100 immer und mit einem GdB von 80 oder 90 in den meisten Fällen zu bejahen. Bei einem GdB unter 80 kommt eine solche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht.
Der Senat kann nach dem Ergebnis der im Klage- und Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme und aufgrund der vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht feststellen, dass bei dem Kläger eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens vorliegt. Keiner der behandelnden Ärzte hat das Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichen G bejaht. Prof. Dr. B. hat in seinem Gutachten mitgeteilt, dass er den Kläger nach dem Verlassen der Praxisräume unbemerkt beobachtet hat. Der Kläger ging zügig, diskret links hinkend. Er benutzte dabei einen Stock, der ihm allerdings wohl weniger zur Entlastung des linken Beines als vielmehr als Spazierstock diente.
Auch insoweit bleibt die Berufung daher ohne Erfolg.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Die Kosten des gemäß § 109 SGG im Berufungsverfahren eingeholten Gutachtens des Prof. Dr. B. vom 24.07.2016 sowie der ergänzenden Stellungnahme vom 17.01.2017 sowie die baren Auslagen des Klägers, über die als Gerichtskosten der Senat in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens von Amts wegen auch im Urteil entscheiden kann (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg L 1 U 3854/06 KO-B, juris; Urteil des Senats vom 23.11.2012 – L 8 U 3868/11, unveröffentlicht), werden nicht auf die Staatskasse übernommen. Der Kläger hat diese daher endgültig selbst zu tragen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung von wesentlicher Bedeutung war und zu seiner Erledigung beigetragen bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht hat. Es muss sich, gemessen an dem Prozessziel des Klägers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben und dementsprechend die Entscheidung des Rechtsstreits (oder die sonstige Erledigung) maßgeblich gefördert haben. Durch die Anbindung an das Prozessziel wird verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sach-verhalts durch das Gutachten nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist. Vielmehr muss sich die Förderung der Sachaufklärung auf den Streitgegenstand beziehen (Kühl in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage, § 109 RdNr. 11).
Hiervon ausgehend ist es nicht gerechtfertigt, die Kosten des Gutachtens sowie der ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. B. auf die Staatskasse zu übernehmen. Das Gutachten hat den Rechtsstreit nicht objektiv gefördert und nicht zu seiner Erledigung beigetragen.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Kläger trägt die Kosten des auf seinen Antrag gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachtens von Prof. Dr. B. vom 24.07.2016 und der ergänzenden Stellungnahme vom 17.01.2017 sowie seine baren Auslagen endgültig selbst.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob in den nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) festgestellten gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers eine derartige wesentliche Änderung eingetreten ist, dass ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 festzustellen ist und ob im Rahmen des Nachteilsausgleichs nach dem Schwerbehindertenrecht die medizinischen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) vorliegen.
Bei dem 1960 geborenen Kläger stellte das Landratsamt L. – Versorgungsangelegenheiten (LRA) auf seinen Antrag vom 26.10.2007 mit Bescheid vom 07.03.2008 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 28.05.2008 (Bl. 56 der Verwaltungsakte) wegen einer Depression, einer Abhängigkeitserkrankung (GdB 40), einer Funktionsbehinderung beider Schultergelenke (GdB 30), degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (GdB 10) sowie einem Bluthochdruck (GdB 10) einen Gesamt-GdB von 60 seit dem 26.10.2007 fest.
Am 05.10.2011 stellte der Kläger beim LRA unter Vorlage ärztlicher Befundberichte einen Antrag auf Erhöhung des Grades der Behinderung und Zuerkennung von Merkzeichen (Bl. 65 ff. der Verwaltungsakte).
Das LRA holte daraufhin einen Befundschein der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. O. (Schreiben vom 11.05.2012 – Bl. 78 der Verwaltungsakte), des Orthopäden Dr. S. (Schreiben vom 20.05.2012 – Bl. 88 der Verwaltungsakte) und den Entlassbericht des SRH Gesundheitszentrum vom 01.06.2012 (Bl. 86 ff. der Verwaltungsakte) ein, wo sich der Kläger in der Zeit vom 01.12.2010 bis 22.12.2010 in stationärer Behandlung befunden hatte.
Entsprechend der versorgungsärztlichen Empfehlung des Dr. H. vom 15.07.2012 stellte das LRA mit Bescheid vom 31.07.2012 bei dem Kläger einen GdB von 70 seit dem 05.10.2011 fest. Merkzeichen seien nicht festzustellen. Folgende Funktionsbeeinträchtigungen lägen vor: eine Depression, eine Abhängigkeitserkrankung (GdB 40), eine Funktionsbehinderung beider Schultergelenke, ein chronisches Schmerzsyndrom (GdB 30), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, eine Spinalkanalstenose, ein verheilter Wirbelbruch (GdB 20), Bluthochdruck, eine koronare Herzkrankheit, Stentimplantation, ein koronarer Bypass (GdB 20). Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen seien mit dem festgestellten GdB angemessen bewertet.
Mit Schreiben vom 24.08.2012 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch (Bl. 98 der Verwaltungsakte). Zur Begründung führte er unter Vorlage weiterer Befundberichte an, dass die Funktionsbeeinträchtigen im Funktionssystem Herz/Kreislauf nicht ausreichend bewertet worden seien. Bei ihm bestünde eine koronare Dreigefäßerkrankung mit einer Stenose des Hauptstamms, eine instabile angina pectoris sowie ein Bluthochdruck, die einen GdB von 40 bedingten. Zudem habe er am 27.08.2012 einen zweiten Hinterwandinfarkt erlitten. Er bekomme schwer Luft, schlafe schlecht und werde von einer Todesangst getrieben. Außerdem leide er unter einem Schlaf-Apnoe-Syndrom, welches mit einem hohen Reinfarktrisiko verbunden sei. Auch im Bereich der Schulter bestünden erhebliche Probleme. Für die Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule, die Spinalkanalstenose und für den Zustand nach dem verheilten Wirbelbruch sei ein Teil-GdB von 30 zu berücksichtigen, so dass ein Gesamt-GdB von mehr als 70 festzustellen sei.
Mit Schreiben vom 10.01.2013 teilte der Kläger unter Vorlage weiterer Befundberichte mit, dass er einen Rückfall erlitten habe und erneut zwei aortencoronare Venenbypässe erhalten habe.
Nach versorgungsärztlicher Auswertung – gutachterliche Stellungnahme des Arztes D. vom 19.01.2013 – half das LRA dem Widerspruch ab und stellte mit Abhilfebescheid vom 31.01.2013 einen GdB von 80 seit dem 05.10.2011 fest (Bl. 127 der Verwaltungsakte). Der Kläger wandte hiergegen ein, er habe Anspruch auf den GdB 100 und auf das Merkzeichen "G" (Schreiben vom 10.06.2013). Mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2013 (Bl. 146 der Verwaltungsakte) wies das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt den Widerspruch im Übrigen zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 02.08.2013 Klage bei dem Sozialgericht Heilbronn (SG). Zur Begründung führte er an, allein die Erkrankungen des Herzens und deren Folgen müssten mit einem GdB von 50 bewertet werden. Da er im Bereich der Wirbelsäule unter Bandscheibenvorfällen im Bereich der Halswirbelsäule sowie im Bereich der Lendenwirbelsäule leide, müsse hierfür ein GdB von 30 angenommen werden. Er leide zudem an einem Ganglion in der linken Schulter und unter einem Impingementsyndrom links. Er habe mehrere Schulteroperationen über sich ergehen lassen müssen, so dass ein GdB von 40 angesetzt werden müsse. Das obstruktive Schlaf-Apnoe-Syndrom bedinge einen GdB von 20. Insoweit leide er unter einer Vielzahl von Atemaussetzern während der Nacht. Er müsse, um eine ausreichende Sauerstoffsättigung zu haben, mit einer Schlafmaske schlafen. Die Depression und die Abhängigkeitserkrankung rechtfertigten einen GdB von 50. Nicht bewertet sei das metabolische Syndrom, welches einen GdB von 20 bedinge. Er sei zudem ein schwerkranker Mann, der nicht in der Lage sei, die Wege, die man ortsüblich zu Fuß zurücklege, zu Fuß zu bewältigen. Er leide unter einer ausgeprägten körperlichen Schwäche, so dass auch Anspruch auf das Merkzeichen G habe.
Zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts erhob das SG Beweis durch schriftliche Befragung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. O. gab an (Auskunft vom 30.09.2013 – Bl. 21 f. der SG-Akte), der Kläger befinde sich seit April 2007 in kontinuierlicher ambulanter Behandlung. Er leide an einer rezidivierend depressiven Störung mit mittelgradigen depressiven Episoden begleitet von somatischen Symptomen. Internistin Dr. S. teilte unter Vorlage weiterer Befundberichte mit (Auskunft vom 16.10.2013 – Bl. 23 ff. der SG-Akte), bei dem Kläger bestehe eine schwere koronare 2-Gefäßerkrankung. Die letzte Ergometrie am 03.05.2013 habe eine gute körperliche Leistungsfähigkeit bis 175 Watt ergeben. Mit den Feststellungen des ärztlichen Dienstes stimme sie überein. Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit könne sie nicht annehmen. Arzt für Anästhesie Dr. M. teilte mit (Auskunft vom 15.11.2013 – Bl. 60 ff. der SG-Akte), die Schmerzerkrankung beurteile er als mittel. Ein anerkannter GdB von 80 trage den Schmerz-Beschwerden Rechnung. Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. (Bl. 63 der SG-Akte) gab an, er stimme mit der Beurteilung des versorgungsmedizinischen Dienstes überein. Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S. teilte mit (Auskunft vom 05.01.2014 – Bl. 65 ff. der SG-Akte), er sehe die Erkrankungen des Klägers in der versorgungsmedizinischen Stellungnahme als vollständig erfasst an. Bezüglich der Schultergelenke schätze er den GdB auf 40, die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule bewerte er mit einem GdB von 20. Aus orthopädischer Sicht könne er eine Gehbehinderung nicht bestätigen.
Mit Gerichtsbescheid vom 13.08.2014 wies das SG die Klage ab (Bl. 104 ff. der SG-Akte).
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigen am 21.08.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.09.2014 Berufung beim SG erhoben (Eingang beim Landessozialgericht Baden-Württemberg [LSG] am 26.09.2014). Zur Begründung führte der Kläger an, bei ihm bestehe eine Depression, die mit einem GdB von 40 zu bewerten sei. Darüber hinaus leide er unter einer 3-Gefäß-Erkrankung. Die Herzkranzgefäße seien stark sklerotisch. Die Ärzte hätten ihm mitgeteilt, dass der nächste Herzinfarkt der letzte sei. Aufgrund der Vorgeschichte und der Prognose müsse der Beurteilungsspielraum ausgeschöpft werden, so dass ein GdB von 40 angemessen sei. Der Schmerztherapeut Dr. M. habe in seiner Auskunft eine Reihe von Diagnosen aufgeführt, die das SG nicht berücksichtigt habe. Hierzu gehöre ein Schlaf-Apnoe-Syndrom, eine Diabetes-Erkrankung sowie eine Reihe von Schmerzen. Hinzu komme, dass er trockener Alkoholiker sei. Die Beeinträchtigungen an der Schulter bedingten einen GdB von 40. Die Schultern seien völlig zerstört. Er habe einen Anspruch auf einen GdB von 100. Aufgrund seiner vielfältigen Leiden bestehe zudem ein Anspruch auf das Merkzeichen G.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 13.08.2014 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 31.07.2012 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 31.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2013 zu verurteilen, bei dem Kläger einen GdB von 100 seit dem 05.10.2011 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung führte der Beklagte an, das Berufungsbegehren finde im objektiven medizinischen Sachverhalt keinerlei Stütze.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts Beweis erhoben durch schriftliche Befragung des behandelnden Orthopäden Dr. S. als sachverständigen Zeugen. Dieser hat unter Vorlage weiterer Befundberichte angegeben (Auskunft vom 20.05.2015 – Bl. 32 ff. der Senatsakte), dass bei ihm vornehmlich Beschwerden im Bereich der linken Schulter im Vordergrund standen. Da eine aktive Anhebung bzw. Abspreizung des linken Armes bereits bei leichtem Kraftwiderstand über die 90° hinaus nicht möglich sei, bewerte er die Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20.
Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung des nervenärztlichen Gutachtens des Prof. Dr. B. vom 24.07.2016 (Bl. 82 ff. der Senatsakte) nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG), der den Kläger am 05.07.2016 persönlich untersucht hat. Bei dem Kläger bestünden folgende Diagnosen: Mittelgradige depressive Episode, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Abhängigkeitserkrankung (Teil-GdB 50), Funktionsbehinderung beider Schulter-, Knie-, Hüft- und Ellenbogengelenke (Teil-GdB 30), fortschreitende degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Bandscheibenvorfälle C5/C6 sowie C6/C7, Spinalkanalstenosen, Fußfehlformen beidseits (Teil-GdB 30), schwerwiegende koronare Herzkrankheit, Herzleistungsminderung, Zustand nach mehreren Stentimplantationen, Zustand nach mehreren Implantationen koronarer Bypässe (Teil-GdB 40), arterielle Hypertonie, Adipositas, Hyperlipidämie, Diabetes M.itus Typ II (Teil-GdB 40) sowie ein Schlaf-Apnoe-Syndrom (Teil-GdB 10). Insgesamt bestehe ein GdB von 100. Das Merkzeichen "G" könne nicht attestiert werden.
Nach Vorlage der versorgungsmedizinischen Stellungnahme des Dr. R. vom 03.11.2016 hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. B. nach § 109 SGG eingeholt. Dieser hat mit Schreiben vom 17.01.2017 (Bl. 145 ff. der Senatsakte) mitgeteilt, dass er auch unter Berücksichtigung der Einwendungen des Beklagten an seiner Beurteilung festhalte.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können (§124 Abs. 2 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des LRA vom 31.07.2012 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 31.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2013, mit welchem bei dem Kläger ein GdB von 80 festgestellt und eine höhere Feststellung sowie eine Zuerkennung des Merkzeichen "G" abgelehnt worden war, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 80 sowie die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichen "G".
Der Senat hat dabei den Berufungsantrag des Klägers nach seinem erkennbaren Begehren sinngemäß gefasst. Insbesondere ist der Senat dabei davon ausgetragen, dass eine Feststellung ab dem 05.10.2011 begehrt worden war, nachdem es sich hierbei um das Antragsdatum handelt und eine Feststellung für einen zurückliegenden Zeitraum im Verwaltungsverfahren auch nicht beantragt wurde. Die Entscheidung des Beklagten betrifft dementsprechend die Zeit ab dem 05.10.2011.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten Einzel-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau seit dem 05.10.2011 jedenfalls keinen höheren Gesamt-GdB als 80 rechtfertigen (hierzu unter 1.). Darüber hinaus liegen auch die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichen "G" nicht vor (dazu unter 2.).
1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) – auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB – nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte – fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18, juris). Damit entscheidet nicht allein die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB. Vielmehr ist der Gesamt-GdB durch einen wertenden Vergleich dadurch zu bilden, dass die in dem zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen in Beziehung zu setzen sind – z.B. ist bei Feststellung der Schwerbehinderung der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktions-behinderungen usw. vorzunehmen.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau seit dem 05.10.2011 jedenfalls keinen höheren Gesamt-GdB als 80 rechtfertigen.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche konnte der Senat einen höheren Einzel-GdB als 40, der im angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegt worden ist, jedenfalls nicht feststellen. Nach Teil B Nr. 3.7 der VG sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 zu bewerten. Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) bedingen einen GdB von 30 bis 40. Schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten sind mit einem GdB von 50 - 70 zu bewerten.
Bei dem Kläger besteht eine rezidivierende depressive Störung mit mittelgradigen Episoden und begleitet von somatischen Symptomen. Dies entnimmt der Senat sowohl der zeugenschaftlichen Auskunft der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. O. vom 30.09.2013 als auch dem Gutachten des Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. B. vom 24.07.2016. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. B. war der Kläger bewusstseinsklar, örtlich, zeitlich und zur Person orientiert. Der Gedankengang war formal und inhaltlich nicht auffällig, insbesondere lagen keine Hinweise auf eine etwaige psychotische Symptomatik vor. Auch ansonsten ergaben sich keine Hinweise auf eine akute Psychose des schizophrenen oder zyklothymen Formenkreises. Ein höhergradiges hirnorganisches Psychosyndrom lag nicht vor, die mnestischen und intellektuellen Funktionen waren ausreichend. Die Merkfähigkeit war nach dem Gutachten von Prof. Dr. B. für das Kurzzeitgedächtnis allenfalls dezent eingeschränkt, Neugedächtnis und Langzeitgedächtnis waren unbeeinträchtigt, wie dem psychischen Befund im Gutachten entnommen werden kann (Seite 13 des Gutachtens = Blatt 94 der Senatsakte), wenngleich in der Vergangenheit liegendes nicht oder nur lückenhaft erinnert wurde oder nicht mehr erinnert werden wollte (Seite 5 des Gutachtens = Bl. 86 der Senatsakte). Die Ausführungen von Prof. Dr. B. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17.01.2017, beim Kläger bestünden Defizite der Gedächtnisleistungen und zumindest leichte dementielle Störungen, ist angesichts der im eigenen Gutachten dargestellten Befunde nicht überzeugend. Die Affektivität war deutlich eingeengt in Richtung des depressiven Pols. Im Rahmen der Alltagsbewältigung gab der Kläger an, dass er als religiöser Moslem regelmäßig die Moschee besuche. Zuletzt habe er 2015 einen vierwöchigen Urlaub in der Türkei verbracht. Auch habe er genügend viele Freunde. Er sei im Besitz einer Fahrerlaubnis, die es ihm ermögliche, einen PKW zu steuern, er lege jedoch nur noch kurze Strecken mit dem PKW selbst zurück. Sein sexuelles Interesse habe sehr nachgelassen, er komme noch ein- bis zwei Mal im Monat mit seiner Frau körperlich zusammen. Eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit konnte der Senat nach alledem nicht feststellen. Eine wesentliche Beeinträchtigung der familiären Situation oder bei Freundschaften besteht nach der Schilderung des Klägers nicht. Auch wenn er angeblich – immerhin beschreibt Prof. Dr. B. erhebliche Aggravationstendenzen – keine Hobbys mehr pflege, stützt dies allein nicht die Annahme eines vermehrten sozialen Rückzugs. Nach den anamnestischen Angaben im Gutachten von Prof. Dr. B. lebt der Kläger in guter Ehe, hat genügend viele Freunde, was freundschaftliche Kontakte voraussetzt und hält die Bindungen zu Verwandten in der Türkei aufrecht, wie seine Urlaubsreise in die Heimat zeigt. Die Einschätzung in der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 03.11.2016, ein erheblicher sozialer Rückzug liege nicht vor, ist für den Senat daher überzeugend. Die von Prof. Dr. B. vorgenommene gegenteilige Würdigung, zuletzt in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17.01.2017, ließ den Senat nicht zu einer anderen Überzeugung gelangen. Soziale Einbußen, die eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit begründen könnten, sind mit den von Prof. Dr. B. bereits nicht hinreichend beschriebenen kognitiven Begrenzungen hinsichtlich Gedächtnisleistung und dementieller Störungen nicht belegt. Eine schwere nachhaltige Beeinträchtigung der Lebensqualität durch die von Prof. Dr. B. diagnostizierte somatoforme Schmerzstörung, worauf der Sachverständige in seiner ergänzenden Äußerung zusätzlich vertiefend abstellt, konnte der Senat nicht feststellen. Weder ist eine regelhafte Pharmakotherapie noch eine fachpsychiatrische Behandlung dokumentiert, was in der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 03.11.2016 bekräftigt wird. Der hiergegen von Prof. Dr. B. erhobene Einwand, dass kulturelle Prägungen dazu führen könnten, dass eine notwendige medikamentöse Behandlung abgelehnt oder nicht adäquat durchgeführt werde, führt zu keiner anderen Beurteilung. Einerseits ist vom Sachverständigen eine entsprechende Motivationslage des Klägers nicht erhoben worden, andererseits wird die Einstufung des konkret aus der diagnostizierten somatoformen Schmerzstörung ableitbaren Leidensdrucks hierdurch nicht berührt. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. B. hat der Kläger insoweit angegeben, die entsprechenden Medikamente würden bei Bedarf eingenommen. Bei Frau Dr. O. war der Kläger alle sechs bis zwölf Wochen. Zuletzt wurde ein Termin nicht wahrgenommen. Auch Dr. M. beurteilt in seiner Aussage vom 15.11.2013 den Grad der von ihm behandelten Schmerzerkrankung allenfalls als mittel. Im psychopathologischen Befund wird von Prof. Dr. B. eine deutliche Aggravation der Beschwerden beschrieben, die Prof. Dr. B. zwar als Ausdruck der Hilflosigkeit des Klägers interpretiert, die sich aber nach dem Gutachten, z.B. außerhalb der eigentlichen Untersuchungssituation, auch als zielgerichtete starke Übertreibung von nicht vorhandenen oder nur mäßig ausgeprägten Beschwerden erwies. Die vom Kläger geschilderte Schmerzausprägung ist im behaupteten Ausmaß nicht glaubhaft und letztlich auch mit den klinisch-organischen Befunden nicht vereinbar. Nach alledem lässt sich ein erheblicher psychosozialer Rückzug oder eine Einschränkung des psychosozialen Umfelds nicht feststellen. Entsprechend wurde im Entlassbericht des SRH Gesundheitszentrum vom 01.06.2012 die Psyche ohne Auffälligkeiten beschrieben, psychosoziale Probleme wurden verneint. Es spricht aus Sicht des Senats einiges dafür, dass für die psychische Beeinträchtigung ein Einzel-GdB 20 angemessen, aber auch ausreichend wäre.
Soweit Prof. Dr. B. in seinem Gutachten von einem Teil-GdB von 50 ausgeht, überzeugt dies den Senat nicht. Schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten, die die Feststellung eines GdB von 50 rechtfertigen würden, lassen sich, wie dargestellt, aus den von Prof. Dr. B. erhobenen Befunden nicht ableiten.
Vor diesem Hintergrund konnte der Senat für das Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche jedenfalls keinen höheren Einzel-GdB als 40 feststellen. Eine Erhöhung ergibt sich auch nicht aus der Abhängigkeitserkrankung des Klägers. Eine solche wurde nach Auskunft von Dr. O. zwar 2007 diagnostiziert, stand danach jedoch nicht mehr im Vordergrund. Auch bei der Untersuchung durch Prof. Dr. B. gab der Kläger an, er meide Alkohol gänzlich.
Im Funktionssystem der Arme konnte der Senat unter Berücksichtigung der Beeinträchtigungen im Bereich beider Schultern einen Einzel-GdB von 20 feststellen. Nach Teil B Nr. 18.13 VG sind Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich des Schultergürtels) mit einem GdB von 10 zu bewerten, wenn die Armhebung nur bis zu 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit gelingt. Ist eine Armhebung nur bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit möglich, ist ein GdB von 20 anzunehmen. Bei dem Kläger besteht ein Z. n. offener SSP-/SSC-Sehnennaht bei SSP-/SSC-Ruptur links, ein Z.n. spontaner Ruptur der LBS links, ein Z. n. SAD linkes Schultergelenk sowie ein Z. n. Mini-Open-Repair der Rotatorenmanschette rechts sowie SAD und Tenodese der langen Bizepssehne rechts 3/2007. Dies entnimmt der Senat dem Befundbericht des Dr. J. vom 06.03.2015 (Bl. 52 der Senatsakte). Bei der Untersuchung durch den behandelnden Orthopäden Dr. S. am 21.04.2015 war hinsichtlich beider Schultergelenke ein Nackengriff möglich, mit der linken Hand nur durch erhebliche Ausweichbewegungen durchführbar. Der Lendengriff war beidseits bis zur Gesäßtasche möglich. Die Abduktions- und Elevationsbewegungen waren schmerzreflektorisch/kräftemäßig deutlich eingeschränkt. Biceps und Triceps wiesen viertgradige Kraft auf. Eine aktive Anhebung bzw. Abspreizung des linken Armes war insbesondere bei leichtem Kraftwiderstand nicht über 90° hinaus möglich (Auskunft des Dr. S. vom 20.05.2015). Im Bereich der rechten Schulter war eine aktive Abduktion bzw. Elevation bis 90° nicht möglich (Auskunft des Dr. S. vom 05.01.2014). Der Senat kann danach einen Einzel-GdB von 20 feststellen. Dies entspricht im Übrigen auch der Bewertung des behandelnden Orthopäden Dr. S ... Die Beurteilung wird zudem durch den Befundbericht des Dr. J. vom 06.03.2015 gestützt. Bei der Untersuchung durch Dr. J. am 24.02.2015 war die Beweglichkeit links sogar in allen Ebenen aktiv und passiv frei. Es zeigte sich kein Druckschmerz über dem Sulcus bicipitalis oder über dem ACG. Periphere Durchblutung, Mobilität und Sensibilität waren intakt. Die bei dem Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen sind damit mit einem GdB von 20 ausreichend bewertet.
An dieser Beurteilung ändern auch die Untersuchungsergebnisse des Prof. Dr. B. nichts. Danach wurden die Arme nicht in die Horizontale gebracht und zwar weder zur Seite noch nach vorne. Ein Nackengriff war beidseits möglich, aber linksseitig deutlich erschwert. Ein höherer GdB als 20 ist auch danach nicht gerechtfertigt.
Weitere GdB-relevante Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Arme, insbesondere im Bereich der Ellenbogengelenke, konnte der Senat nicht feststellen. Der behandelnde Orthopäde Dr. S. hat insoweit ausdrücklich mitgeteilt, dass Funktionsstörungen des Ellenbogengelenks nicht vorkamen bzw. nicht artikuliert wurden. Soweit Prof. Dr. B. solche dennoch bei der Einschätzung des GdB berücksichtigt, teilt er schon keine Befunde mit, die dies rechtfertigen.
Ein höherer Einzel-GdB als 20 ist im Funktionsbereich der Arme mithin nicht festzustellen.
Im Funktionssystem des Rumpfes, wozu der Senat auch die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, kann der Senat einen Einzel-GdB von 10 feststellen. Nach Teil B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wir-belsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11, juris).
Bei dem Kläger besteht ein Bandscheibenvorfall C5/6 und C6/7 mit begleitender Spinalkanalstenose und ventraler Spondylosen. Dies entnimmt der Senat der Auskunft des behandelnden Orthopäden Dr. S. vom 20.05.2015. Bei der Untersuchung durch Dr. S. war die Rotation im Bereich der Halswirbelsäule beidseits mit 70-0-70° (Normwerte 60/80-0-60/80°) möglich, die Seitneigung gelang beidseits mit 30-0-30° (Normwerte 30/40-0-30/40°). Damit sind Gesundheitsstörungen, die die Schwelle zu mittelgradigen Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne von Teil B Nr. 18.9 VG überschreiten, nicht festzustellen. Insbesondere ergibt sich ein solcher auch nicht aus den festgestellten degenerativen Veränderungen. Nach den VG (Teil B 18.1) kommt allein dem Vorliegen degenerativer Veränderungen der Haltungs- und Bewegungsorgane für die Bewertung des Teil-GdB nicht die ausschlaggebende Bedeutung zu, sondern der dadurch hervorgerufenen Funktionsbehinderung. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z.B. degenerativer Art) rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Funktionsbeeinträchtigungen in den übrigen Wirbelsäulenabschnitten wurden vom behandelnden Orthopäden Dr. S. nicht angegeben. Ein höherer Einzel-GdB als 10 kann daher im Funktionssystem des Rumpfes nicht festgestellt werden.
Soweit Prof. Dr. B. mitteilt, es bestünden erhebliche Einschränkungen der Beweglichkeit in der Lendenwirbelsäule und hierfür einen GdB von 30 annimmt, überzeugt dies nicht, nachdem er schon keine Bewegungsmaße angibt.
Im Funktionssystem Herz/Kreislauf konnte der Senat unter Berücksichtigung eines Teil-GdB für die Herzerkrankung sowie eines Teil-GdB für die arterielle Hypertonie einen Einzel-GdB von 10 feststellen. Nach Teil B Nr. 9 VG ist für die Bemessung des GdB bei Herz- und Kreislauferkrankungen weniger die Art der Krankheit als die Leistungseinbuße maßgeblich. Dies gilt nach Teil B Nr. 9.1.2 auch nach operativen und anderen therapeutischen Eingriffen am Herzen; auch hier ist der GdB von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Bei der Beurteilung des GdB ist vom klinischen Bild und von den Funktionsbeeinträchtigungen im Alltag auszugehen. Ergometerdaten ergänzen das klinische Bild.
Für die Funktionsbeeinträchtigung im Bereich des Herzes konnte der Senat einen Teil-GdB von 10 feststellen. Nach Teil B Nr. 9.1.1 VG bedingt eine Einschränkung der Herzleistung ohne wesentliche Leistungsbeeinträchtigung, wie z.B. ohne Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen, selbst bei gewohnter stärkerer Belastung, ohne Einschränkung der Sollleistung bei Ergometerbelastung einen GdB von 0 bis 10. Eine Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei einer Ergometerbelastung mit 75 Watt über wenigstens zwei Minuten rechtfertigt einen GdB von 20 bis 40. Die Implantation eines Herzschrittmachers führt nach Nr. 9.1.6 Teil B VG zu einem GdB von 10.
Bei dem Kläger besteht eine schwere koronare 3-Gefäßerkrankung nach Hinterwandinfarkt, 3-fach Bypassoperation 11/10 und Reoperation 12/12 nach Reinfarkt 9/12. Dies entnimmt der Senat dem Befundbericht der Kardiologin Dr. S. vom 06.05.2013 (Bl. 24 der SG-Akte). Bei der Ergometrie am 06.05.2015 war der Kläger kardial beschwerdefrei bei guter körperlicher Leistungsfähigkeit bis 175 Watt und Erreichen der Zielfrequenz. Unter Belastung und in der Nachbelastungsphase zeigten sich keine Stenokardien, keine Extrasystolen und keine wesentliche Zunahme der bereits in Ruhe pathologischen Kammerendteilveränderungen. Der Ruheblutdruck lag bei 130/90 mmHg, unter Belastung stieg dieser bis 215/95 mmHG an. Sechs Minuten nach Belastung wurde die Ausgangsfrequenz wieder erreicht. Es besteht damit nur noch eine leichte Einschränkung der linken Kammerfunktion bei guter körperlicher Leistungsfähigkeit. Ein höherer GdB als 10 ist hierfür nicht anzunehmen.
Diese Beurteilung wird auch durch den Befundbericht des Dr. O.vom 12.03.2014 (Bl. 96 ff. der SG-Akte) gestützt. Bei der Untersuchung am 11.03.2014 war der Kläger ergometrisch beschwerdefrei ausbelastbar.
Soweit der Kläger wegen der Vorgeschichte und der Prognose einen GdB von 40 fordert, ist dem nicht nachzukommen. Maßgeblich für die Bewertung des GdB ist weder die Vorgeschichte noch die Prognose, sondern die Auswirkung der Gesundheitsstörung am Leben in der Gesellschaft (BSG 30.09.2009 - B 9 SB 4/08 R, juris). Diese sind bei guter körperlicher Leistungsfähigkeit als eher gering einzuschätzen.
Auch die Beurteilung mit einen GdB von 40 durch Prof. Dr. B. ändert an der Einschätzung nichts, nachdem Prof. Dr. B. bereits keine Befunde mitteilt, die seine Einschätzung rechtfertigen würden.
Für die arterielle Hypertonie konnte der Senat ebenfalls einen Teil-GdB von 10 feststellen. Eine Hypertonie (Bluthochdruck) führt nach Nr. 9.3 Teil B VG in leichter Form zu einem GdB von 0 bis 10. Eine leichte Form ist anzunehmen, wenn keine oder eine geringe Leistungsbeeinträchtigung und höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen aufgetreten sind. Bei einer mittelschweren Form und Organbeteiligung (fundus hypertonus I II, Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie) leichten bis mittleren Grades, diastolischem Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung ist ein GdB von 20 bis 40 gerechtfertigt.
Wie bereits dargelegt, bestehen bei dem Kläger keine Leistungsbeeinträchtigungen. Ergometrisch war der Kläger beschwerdefrei ausbelastbar. Nach dem Befundbericht des Dr. O. vom 12.03.2014 betrug der Blutdruck im Gesamtdurchschnitt 131/84 mmHg. Nach Therapieanpassung bestanden bei dem Kläger normotensive Durchschnittswerte. Es besteht damit eine leichte Form der Hypertonie, die mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten ist.
Im Funktionssystem Herz/Kreislauf ist nach alledem ein Einzel-GdB von 10 festzustellen.
Im Funktionssystem der Atmung kann der Senat einen Einzel-GdB von 10 feststellen. Nach Teil B Nr. 8.7 VG ist ein Schlaf-Apnoe-Syndrom ohne Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung mit einem GdB von 0 bis 10 zu bewerten, ein solches mit Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung bedingt einen GdB von 20. Bei dem Kläger besteht ein Schlaf-Apnoe-Syndrom ohne CPAP-Therapie. Dies entnimmt der Senat dem Befundbericht der Kardiologin Dr. S. vom 17.10.2012 (Bl. 28 der SG-Akte). Ein höherer GdB als 10 ist hierfür nicht zu berücksichtigen. Dafür spricht auch, dass der Kläger bei Dr. S. angegeben hat, dass die Atmung nach einer Nasenoperation leichter falle.
Im Funktionssystem innere Sekretion und Stoffwechsel konnte der Senat keinen Einzel-GdB feststellen. Nach Teil B Nr. 15.1 VG beträgt der GdB 0 bei an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen. Bei an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, ist der GdB mit 20 zu bewerten. Bei dem Kläger besteht ein Diabetes M.itus Typ 2. Dies entnimmt der Senat der zeugenschaftlichen Auskunft des Hausarztes Dr. K ... Eine Behandlung erfolgt mit Metformin, welches regelmäßig keine Hypoglykämie auslöst. Ein Einzel-GdB von 10 ist mithin nicht festzustellen.
Auch im Funktionssystem der Beine konnte der Senat keinen Einzel-GdB feststellen. Nach Teil B Nr. 18.14 VG rechtfertigen Bewegungseinschränkungen im Kniegelenk geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis 0-0-90°) beidseitig einen GdB von 10 bis 20. Beim Vorliegen mittelgradiger Bewegungseinschränkungen (z.B. Streckung/Beugung 0-10-90°) ist bei einseitigem Vorliegen ein GdB von 20, bei beidseitigen Vorliegen ein GdB von 40 vorgesehen. Ein GdB von 10 bis 30 ist bedingt bei ausgeprägten Knorpelschäden der Kniegelenke (z.B. Chondromalacia patellae Stadium II – IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen, einseitig und ohne Bewegungseinschränkung. Liegt eine Bewegungseinschränkung vor, beträgt der GdB 20 bis 40. Bei dem Kläger besteht eine beginnende Chondropathia patellae links sowie eine beginnende mediale Gonarthrose. Dies entnimmt der Senat der Auskunft des behandelnden Orthopäden Dr. S., der die Veränderungen als nicht sehr gravierend eingeschätzt hat. Bewegungseinschränkungen sind nicht nachgewiesen. Ein Einzel-GdB lässt sich demnach nicht feststellen.
Weitere – bisher nicht berücksichtigte – GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen. Insbesondere bedingt die Adipositas an sich – anders als von Prof. Dr. B. angenommen – nach Teil B Nr. 15.3 VG keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden (insbesondere am kardiopulmonalen System oder am Stütz- und Bewegungsapparat) können die Annahme eines GdB begründen. Auch aus der Hyperlipidämie ergeben sich keine funktionellen Beeinträchtigungen, die die Annahme eines GdB rechtfertigen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und dem Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der festgestellte medizinische Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Nach Würdigung aller Umstände ist der Senat davon überzeugt, dass unter Zugrundelegung der oben dargestellten Grundsätze bei dem Kläger ein höherer GdB als 80 nicht in Betracht kommt. Dass dieser überhöht ist, ist im vorliegenden Rechtsstreit durch den Senat nicht weiter zu erörtern. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 31.07.2012 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 31.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2013 hat für den Kläger bestandskräftig einen GdB 80 festgestellt. Entscheidungserheblich ist, dass ein höherer GdB sich nicht ergibt.
Der Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide sind insoweit nicht zu beanstanden.
2. Auch hinsichtlich des Merkzeichens G ist die Berufung unbegründet, da der Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens nicht erfüllt.
Gemäß § 145 Abs. 1 SGB IX werden schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 im Nahverkehr im Sinne des § 147 Abs. 1 SGB IX unentgeltlich befördert. In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ist erheblich beeinträchtigt nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.
Bis zum 31.12.2008 waren die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG 23.06.1993 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1). Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten.
Bislang konnte sich der Beklagte hinsichtlich der Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichen "G" nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht auf die VG (Teil D Ziff. 3) berufen. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche durch Verordnung regeln zu können, enthielten nach Auffassung des Senats weder § 30 Abs. 17 BVG in der Fassung bis 30.06.2011 bzw. § 30 Abs. 16 BVG in der ab 01.07.2011 gültigen Fassung, der nicht auf die im Schwerbehindertenrecht im SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR SozR 4/2009), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche war bislang auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX vorhanden. Die Regelungen der VG zum Nachteilsausgleich "G" waren damit nach ständiger Rechtsprechung des Senats mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig (vgl. Urteile des Senats vom 23.07.2010 – L 8 SB 3119/08 und vom 14.08.2009 – L 8 SB 1691/08, beide veröff. in juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de; so auch der ebenfalls für Schwerbehindertenrecht zuständige 6. Senat des LSG Baden-Württemberg, vgl. stellvertretend Urteil vom 04.11.2010 – L 6 SB 2556/09, unveröffentlicht; offen lassend der 3. Senat, vgl. Urteil vom 17.07.2012 – L 3 SB 523/12 unveröffentlicht). Rechtsgrundlage waren daher allein die genannten gesetzlichen Bestimmungen.
Das Tatbestandsmerkmal der im Ortsverkehr üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegten Wegstrecke des § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nach ständiger Rechtsprechung der Sozialgerichte (grundlegend BSG 10.12.1987 – 9a RVs 11/87 , SozR 3870 § 60 Nr. 2; BSG 13.08.1997 – 9 RVS 1/96 , SozR 3 3870 § 60 Nr. 2) die Bewältigung von Wegstrecken von zwei Kilometern in einer halben Stunde ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten im Einzelfall. Sowohl die Gesetzesmaterialien zur gleichlautenden Vorgängervorschrift des § 58 Abs. 1 Satz 1 SchwbG 1979 als auch die AHP 1983 (Seite 123, 127f.) enthielten keine Festlegung zur Konkretisierung des Begriffs der im Ortsverkehr üblichen Wegstrecke. Diese Festlegung geht auf eine in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis gegriffene Größe von zwei Kilometern zurück, die als allgemeine Tatsache, welche zur allgemeingültigen Auslegung der genannten Gesetzesvorschrift herangezogen wurde, durch verschiedene Studien (vgl. die Nachweise in BSG 10.12.1987, a.a.O.) bestätigt worden ist. Der außerdem hinzukommende Zeitfaktor enthält den in ständiger Rechtsprechung bestätigten Ansatz einer geringeren Durchschnittsgeschwindigkeit als die von fünf bis sechs Kilometern pro Stunde zu erwartende Gehgeschwindigkeit rüstiger Wanderer, da im Ortsverkehr in der Vergleichsgruppe auch langsam Gehende, die noch nicht so erheblich behindert sind wie die Schwerbehinderten, denen das Recht auf unentgeltliche Beförderung zukommt, zu berücksichtigen sind (vgl. BSG 10.12.1987, a.a.O.). Anhaltspunkte dafür, dass infolge des Zeitablaufs sich die Tatsachengrundlage geändert haben könnte, hat der Senat nicht. Der Senat legt daher in ständiger Rechtsprechung (vgl. Urteil des Senats vom 02.10.2012 – L 8 SB 1914/10, juris) diese Erkenntnisse weiter der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der ortsüblichen Wegstrecken im Sinne von § 146 Abs. 1 SGB IX zugrunde, auch wenn die entsprechenden Regelungen der VG zu dem Nachteilsausgleich "G" wie oben ausgeführt nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats unwirksam waren (ebenso der 3. und 6. Senat des LSG Baden Württemberg, Urteile vom 17.07.2012 a.a.O. und vom 04.11.2010 a.a.O.).
Zwischenzeitlich hat jedoch der Gesetzgeber mit Wirkung zum 15.01.2015 in § 70 Abs. 2 SGB IX eine Verordnungsermächtigung eingeführt und in § 159 Abs. 7 SGB IX eine Übergangsregelung getroffen (eingefügt durch Art. 1a des am 15.01.2015 in Kraft getretenen Gesetzes zum Vorschlag für einen Beschluss des Rates über einen Dreigliedrigen Sozialgipfel für Wachstum und Beschäftigung und zur Aufhebung des Beschlusses 2003/174/EG vom 07.01.2015; BGBl. II S. 15).
§ 70 Abs. 2 SGB IX in der Fassung vom 07.01.2015 lautet nunmehr: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des Grades der Behinderung und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Von der Verordnungsermächtigung ist bislang kein Gebrauch gemacht worden.
Nach der ebenfalls am 15.01.2015 in Kraft getretenen Übergangsregelung des § 159 Abs. 7 SGB IX in der Fassung vom 07.01.2015 gelten, soweit noch keine Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des Bundesversorgungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend.
Nach Auffassung des Senats hat der Gesetzgeber mit der Übergangsregelung des § 159 Abs. 7 SGB IX ab dem 15.01.2015 wirksam und mit hinreichend bestimmtem Gesetzeswortlaut eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Feststellung des Merkzeichens "G" geschaffen (insoweit offen lassend der 3. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, Urteil vom 13.05.2015 – L 3 SB 1100/14). Soweit eine entsprechende Anwendung der Maßstäbe der VersMV durch das Gesetz angeordnet ist, lässt sich dem Wortlaut hinreichend deutlich die Regelung für Merkzeichen entnehmen, dass die Bewertungsmaßstäbe der VG Teil D unmittelbar anzuwenden sind. Der Regelung der mit Wirkung zum 01.01.2009 erlassenen VersMV ist bis zum Erlass einer neuen Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX damit praktisch Gesetzescharakter verliehen worden (so auch der 6. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, Urteil vom 21.04.2015 – L 6 SB 3121/14 unter Verweis auf BT-Drs. 18/3190, S. 5, juris). Die so geschaffene Rechtsgrundlage für die Feststellung des Merkzeichens "G" entfaltet nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil vom 22.05.2015 – L 8 SB 70/13, juris) jedoch keine Rückwirkung, sondern ist erst ab dem Datum des Inkrafttretens am 15.01.2015 wirksam. Eine Rückwirkung ist in der Übergangsbestimmung gesetzlich nicht geregelt worden, weshalb die gesetzliche Neuregelung erst am Tag des Inkrafttretens Gültigkeit erlangt. Dies ergibt sich auch aus der Begründung zu der Neufassung von § 70 Abs. 2 und § 159 Abs. 7 SGB IX, mit der der Gesetzgeber die Zweifel, ob § 30 Abs. 16 BVG eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die medizinische Bewertung des Grades der Behinderung (zusätzlich gemeint wohl: für die Feststellung von Merkzeichen) darstellt, ausräumen will, so dass die Versorgungsmedizinverordnung "künftig auf beide Ermächtigungsnormen" gestützt werden kann (BT-Drs. 18/3190, S. 5 zu Nummer 2), also eine Regelung für die Zukunft beabsichtigt. Zudem geht der Gesetzgeber mit der Schaffung der Übergangsregelung davon aus, dass "in der Übergangszeit das derzeitige Recht weiter Anwendung findet" (BT-Drs. 18/3190, S. 5 zu Nummer 3).
Folglich stellt der Senat für die Zeit bis zum 14.01.2015 auf die von der Rechtsprechung für die Feststellung des Merkzeichens "G" entwickelten Kriterien und für die Zeit ab dem 15.01.2015 auf die in den VG geregelten Kriterien ab. Vorliegend führt ein Abstellen auf die VG indes zu keinem anderen Ergebnis für den Kläger. So heißt es in Teil D Nr. 1 lit. b) VG: In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden, oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Bei der Prüfung der Frage, ob diese Voraussetzungen vorliegen, kommt es nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalls an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein – d.h. altersunabhängig von nicht behinderten Menschen – noch zu Fuß zurückgelegt werden. Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunden zurückgelegt wird. Unter Teil D Nr. 1 lit. d) bis f) VG heißt es weiter: Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, z.B. bei Versteifung des Hüftgelenks, Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 und bei Atembehinderungen mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades anzunehmen. Auch bei anderen inneren Leiden mit einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit, z.B. chronische Niereninsuffizienz mit ausgeprägter Anämie, sind die Voraussetzungen als erfüllt anzusehen. Bei hirnorganischen Anfällen ist die Beurteilung von der Art und Häufigkeit der Anfälle sowie von der Tageszeit des Auftretens abhängig. Im Allgemeinen ist auf eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit erst ab einer mittleren Anfallshäufigkeit mit einem GdB von wenigstens 70 zu schließen, wenn die Anfälle überwiegend am Tage auftreten. Analoges gilt beim Diabetes M.itus mit häufigen hypoglykämischen Schocks. Störungen der Orientierungsfähigkeit, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit führen, sind bei allen Sehbehinderungen mit einem GdB von wenigstens 70 und bei Sehbehinderungen, die einen GdB von 50 oder 60 bedingen, nur in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit beiderseits, geistige Behinderung) anzunehmen. Bei Hörbehinderungen ist die Annahme solcher Störungen nur bei Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit im Kindesalter (in der Regel bis zum 16. Lebensjahr) oder im Erwachsenenalter bei diesen Hörstörungen in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z. B. Sehbehinderung, geistige Behinderung) gerechtfertigt. Bei geistig behinderten Menschen sind entsprechende Störungen der Orientierungsfähigkeit vorauszusetzen, wenn die behinderten Menschen sich im Straßenverkehr auf Wegen, die sie nicht täglich benutzen, nur schwer zurechtfinden können. Unter diesen Umständen ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit bei geistigen Behinderungen mit einem GdB von 100 immer und mit einem GdB von 80 oder 90 in den meisten Fällen zu bejahen. Bei einem GdB unter 80 kommt eine solche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht.
Der Senat kann nach dem Ergebnis der im Klage- und Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme und aufgrund der vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht feststellen, dass bei dem Kläger eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens vorliegt. Keiner der behandelnden Ärzte hat das Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichen G bejaht. Prof. Dr. B. hat in seinem Gutachten mitgeteilt, dass er den Kläger nach dem Verlassen der Praxisräume unbemerkt beobachtet hat. Der Kläger ging zügig, diskret links hinkend. Er benutzte dabei einen Stock, der ihm allerdings wohl weniger zur Entlastung des linken Beines als vielmehr als Spazierstock diente.
Auch insoweit bleibt die Berufung daher ohne Erfolg.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Die Kosten des gemäß § 109 SGG im Berufungsverfahren eingeholten Gutachtens des Prof. Dr. B. vom 24.07.2016 sowie der ergänzenden Stellungnahme vom 17.01.2017 sowie die baren Auslagen des Klägers, über die als Gerichtskosten der Senat in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens von Amts wegen auch im Urteil entscheiden kann (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg L 1 U 3854/06 KO-B, juris; Urteil des Senats vom 23.11.2012 – L 8 U 3868/11, unveröffentlicht), werden nicht auf die Staatskasse übernommen. Der Kläger hat diese daher endgültig selbst zu tragen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung von wesentlicher Bedeutung war und zu seiner Erledigung beigetragen bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht hat. Es muss sich, gemessen an dem Prozessziel des Klägers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben und dementsprechend die Entscheidung des Rechtsstreits (oder die sonstige Erledigung) maßgeblich gefördert haben. Durch die Anbindung an das Prozessziel wird verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sach-verhalts durch das Gutachten nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist. Vielmehr muss sich die Förderung der Sachaufklärung auf den Streitgegenstand beziehen (Kühl in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage, § 109 RdNr. 11).
Hiervon ausgehend ist es nicht gerechtfertigt, die Kosten des Gutachtens sowie der ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. B. auf die Staatskasse zu übernehmen. Das Gutachten hat den Rechtsstreit nicht objektiv gefördert und nicht zu seiner Erledigung beigetragen.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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