L 11 KR 3187/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 19 KR 1559/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3187/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 04.05.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe des der Klägerin als Organspenderin gewährten Krankengeldes.

Die 1948 geborene Klägerin ist als Psychotherapeutin selbstständig tätig und privat krankenversichert. Sie hat der 1971 geborenen, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten T. J. L. (im Folgenden: Versicherte), ihrer Schwiegertochter, eine Niere gespendet. Im Zusammenhang mit der Organspende war die Klägerin insgesamt 68 Tage arbeitsunfähig erkrankt und erhielt Krankengeld (Krg) von der Beklagten.

Mit Schreiben vom 02.08.2013 beantragte die Klägerin erstmals Krg für eine zweitägige Voruntersuchung im Zusammenhang mit der geplanten Lebendspende einer Niere. Hierzu legte sie gemäß Anforderung eine Bescheinigung ihres Steuerberaters vor, wonach sich ihr Gewinn im Zeitraum 01.01. bis 31.08.2013 auf 42.814,32 EUR belief (umgerechnet 176,34 EUR kalendertäglich). Sie arbeite pro Woche an vier Tagen und verdiene dabei pro Arbeitstag zwischen 500 und 600 EUR. Mit ihrer Spende wolle sie keinen finanziellen Vorteil erzielen, aber auch keinen Verlust erleiden. Ihre betrieblichen Unkosten liefen auch während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit weiter.

Mit Schreiben vom 08.11.2013 informierte die Beklagte die Klägerin, dass ihr Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liege und der Krg-Anspruch auf diese Höhe begrenzt sei. Im Jahr 2013 belaufe sich die Beitragsbemessungsgrenze auf 3.937,50 EUR monatlich bzw 131,25 EUR täglich. Die Beschränkung auf diesen Betrag ergebe sich aus § 44a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Für die stationär durchgeführte Voruntersuchung vom 10. bis 12.09.2013 zahlte die Beklagte dementsprechend Krg iHv 393,75 EUR. Nachdem die Klägerin erneut den Ersatz des tatsächlichen Verdienstausfalls gefordert hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.12.2013 ab, Krg über der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze zu leisten. Für weitere Voruntersuchungen am 31.10.2013, 14.11.2013, 21.11.2013 und 14.01.2014 zahlte die Beklagte ebenfalls Krg. Am 12.02.2014 erfolgte die Nierentransplantation.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 13.01.2014 wandte sich die Klägerin sinngemäß gegen den Bescheid vom 16.12.2013 und bat um Prüfung einer kulanzweisen Regelung. Der bislang gewährte Betrag könne keinesfalls auch nur annähernd die Kosten decken. Ihren entgangenen Gewinn bezifferte die Klägerin nunmehr mit Bezug auf die bereits vorgelegte Gewinn- und Verlustrechnung auf 258,53 EUR kalendertäglich. Mit Schreiben vom 17.01.2014 lehnte die Beklagte dies ab. Auf Bitte der Klägerin um Erlass eines förmlichen Bescheids bzw Widerspruchsbescheids bestätigte die Beklagte mit Bescheid vom 13.02.2014 nochmals, dass der Verdienstausfall nach § 44a SGB V errechnet werde und die Obergrenze für das Krg auf die Beitragsbemessungsgrenze festgelegt worden sei. Den mit verfassungsrechtlichen Bedenken begründeten Widerspruch der Klägerin vom 14.02.2014 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2014 zurück. Der Gesetzgeber habe durch die Regelung des § 44a SGB V auch im Zusammenhang mit einer Organspende eine Begrenzung des Krg-Anspruchs bis maximal zur Beitragsbemessungsgrenze vorgesehen. Ein darüber hinausgehender Leistungsanspruch lasse sich aus der derzeitigen Rechtslage nicht herleiten.

Hiergegen richtet sich die am 31.03.2014 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage. Die Klägerin meint, die Begrenzung des Krg auf die Beitragsbemessungsgrenze sei im Fall einer privat versicherten, selbstständig tätigen Person, die einem gesetzlich Versicherten eine Lebendspende gewähre, willkürlich und verfassungswidrig. Es bestehe ein Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit und das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art 2 Abs 1 und 2 Grundgesetz (GG)), die Berufsfreiheit nach Art 12 Abs 1 GG und sowie den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG). Sie habe einen durch das Transplantationsgesetz gestützten Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit in Kauf genommen und müsse gleichwohl finanzielle Einbußen in Kauf nehmen. Dies verletze ihre freie Berufswahl, da sie durch die geringe Höhe des Krg gezwungen werde, trotz Krankschreibung weiter ihrer selbstständigen Tätigkeit nachzugehen, um ihre laufenden Kosten zu decken. Es liege auch eine Ungleichbehandlung mit selbstständig Tätigen vor, die ein Unternehmen mit mehreren Geschäftsführern oder leitenden Angestellten führten und im Fall einer Arbeitsunfähigkeit die laufenden Betriebskosten abfedern könnten. Ihr sei Krg iHv kalendertäglich 258,53 EUR zu gewähren.

Mit Urteil vom 04.05.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Bescheide vom 08.11.2013, 16.12.2013 und 13.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Krg unter Berücksichtigung von über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Einnahmen. Nach § 44a Satz 1 SGB V hätten ua Organspender Anspruch auf Krg, wenn die Spende an Versicherte sie arbeitsunfähig mache. Nach Satz 2 der Norm werde den Spendern von der Krankenkasse des Empfängers Krg in Höhe des vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit regelmäßig erzielten Nettoarbeitsentgelts bis zur Höhe der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze geleistet. Ansprüche nach dieser Vorschrift hätten gemäß Satz 5 auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die grundsätzliche Anspruchsberechtigung der Klägerin nach § 44a SGB sei nicht streitig. Der Krg-Anspruch bestehe nach § 44a Satz 2 SGB V unabhängig von der tatsächlichen Höhe des maßgebenden Regelentgelts bzw Nettoarbeitsentgelts lediglich bis zur Höhe des Betrags der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze. Diese Begrenzung entspreche der eindeutigen gesetzlichen Regelung. Dies sei nicht verfassungswidrig. Soweit ein Verstoß gegen Art 2 Abs 1 und 2 sowie Art 12 GG geltend gemacht werde, sei schon ein Eingriff in den Schutzbereich dieser Normen nicht zu erkennen. Soweit die Klägerin geltend mache, wegen der Begrenzung des Krg-Anspruchs werde sie zur Deckung ihrer laufenden Betriebskosten gezwungen, trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit ihrer Tätigkeit als Psychotherapeutin nachzugehen, übersehe sie, dass nicht die höhenmäßige Begrenzung des Krg, sondern ihre freie Entscheidung zur Durchführung der Organspende den Schutzbereich der Art 2 und 12 GG berühre. Die Höhe des Krg-Anspruchs sei der Klägerin vor der Nierenspende bekannt gewesen und habe bei ihrer Entscheidung berücksichtigt werden können. Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG liege nicht vor. Ein solcher liege nicht darin, dass bei einer Lebendspende an eine privat krankenversicherte Person keine höhenmäßige Beschränkung des Krg erfolge. So sehe die Selbstverpflichtungserklärung der privaten Krankenversicherungen vom 09.02.2012 (wiedergegeben in BT-Drs 17/9773 S 38) keine Kappungsgrenze des Krg bei einer Organ- oder Gewebespende an Privatversicherte vor. Zweifelhaft erscheine bereits, ob ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG hinsichtlich einer gesetzlichen Regelung durch eine Ungleichbehandlung gegenüber einer Selbstverpflichtungserklärung privater Krankenkassen begründet werden könne. Jedenfalls erscheine eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt, denn die gesetzliche Krankenversicherung beruhe im Gegensatz zu privaten Versicherungen auf dem Solidarprinzip. Die Beiträge würden einkommensabhängig, gedeckelt durch die Beitragsbemessungsgrenze, erhoben und es finde keine Gesundheits- bzw Risikoprüfung der einzelnen Mitglieder statt. Auch das umfassend geltende Äquivalenzprinzip rechtfertige eine höhenmäßige Kappung des Krg, da dies letztlich der Funktionsfähigkeit bzw Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung und damit einem überragend wichtigen Gemeingut diene. Im Übrigen erfolge durch § 44a SGB V eine Besserstellung der Organspender bei der Entschädigung für Verdienst- oder Einkommensausfall gegenüber dem gewöhnlichen Krg-Anspruch bei Arbeitsunfähigkeit, da keine Beschränkung auf 70 vom Hundert des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts bzw – einkommens nach § 47 Abs 1 Satz 1 SGB V vorgenommen werde. Durch diese Besserstellung habe der Gesetzgeber der Ausnahmesituation der Spender und deren Einsatz für die Solidargemeinschaft hinreichend Rechnung getragen. Es liege auch keine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Selbstständigen dar, die durch leitende Angestellte oder allgemein über die Möglichkeit verfügten, trotz eigener Arbeitsunfähigkeit betriebliche Einnahmen zu erzielen. Dem Krg komme ausschließlich Entgeltersatzfunktion zu, so dass der betriebliche Gewinn ausgeglichen werde. In welcher Höhe betriebliche Ausgaben eingesetzt würden, spiele keine Rolle. Es entspreche dem Wesen jeder selbstständigen Tätigkeit, dass diese mit größeren finanziellen Risiken durch laufende Betriebskosten einhergehe, für welche die Solidargemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten jedoch nicht einzustehen habe. Da sich die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden bereits zur Gewährung von Krg in Höhe der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze bereit erklärt habe, komme ein weitergehender Anspruch der Klägerin nicht in Betracht.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 08.08.2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 24.08.2016 eingelegte Berufung der Klägerin. Jedenfalls sei ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz anzunehmen. Bisher liege noch keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) oder des Bundessozialgerichts (BSG) vor, welche die hier maßgebende Frage eingehend erörtert hätte. Die Motivation für eine Lebendorganspende liege darin, einer bestimmten Person, idR einem nahen Angehörigen zu helfen. Für eine derartige Motivation könne es keinen Unterschied machen, ob der Empfänger der Spende privat oder gesetzlich versichert sei. Sollte das Konstrukt des SG greifen, könnte dies dazu führen, dass sich ein Spender zunächst frage, ob der Empfänger gesetzlich oder privat versichert sei, um eventuell die Lebendspende noch einmal zu überdenken. Es müsse die Lebendorganspende in den Vordergrund gerückt werden und dementsprechend auch im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung eine Abkehr von der Begrenzung des Krg auf die Beitragsbemessungsgrenze vorgenommen werden. Auch das Äquivalenzprinzip rechtfertige keine höhenmäßige Kappung des Krg. Weshalb diese Begrenzung der Funktionsfähigkeit und Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung dienen solle, werde nicht erklärt. Träfe diese Argumentation zu, dürfte sich auch eine private Krankenversicherung, bei der es ebenfalls einen Höchstsatz an Beiträgen gebe, nicht finanzieren können. Dies sei jedoch nicht der Fall, wie die Lebenswirklichkeit beweise.

Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 04.05.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 08.11.2013, 16.12.2013 und 13.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.03.2014 zu verurteilen, der Klägerin Krankengeld iHv kalendertäglich 258,53 EUR zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es sei weiterhin von der Verfassungsmäßigkeit des § 44a Satz 2 SGB V auszugehen. Hinsichtlich eines Verstoßes gegen Art 2 Abs 1 und 2 sowie Art 12 GG sei bereits ein Eingriff in den Schutzbereich dieser Grundrechte nicht gegeben. Auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liege nicht vor. Eine Ungleichbehandlung gegenüber Spendern an eine privat krankenversicherte Person sei gerechtfertigt. Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung gelte das Solidarprinzip, es finde im Gegensatz zur privaten Krankenversicherung auch keine Gesundheits- oder Risikoprüfung der einzelnen Mitglieder statt. Die Begrenzung diene auch der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung als überragend wichtigem Gemeinschaftsgut. Es liege auch keine unzulässige Gleichbehandlung mit abhängig Beschäftigten bzw mit Selbstständigen vor. Das Krg gleiche im Rahmen seiner Entgeltersatzfunktion nur den entgangenen Gewinn bei selbstständiger Tätigkeit aus, diene jedoch nicht dazu, die betrieblichen Ausgaben vollständig zu decken.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtzüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat keinen Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin wendet sich mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) gegen die Begrenzung der Höhe des Krg anlässlich der Organspende an die Versicherte auf die Beitragsbemessungsgrenze. Die Beklagte hat hierüber losgelöst von der Gewährung des Krg für die einzelnen Bewilligungszeiträume entschieden, die – ebenso wie der grundsätzliche Anspruch der Klägerin auf Krg nach § 44a Satz 1 SGB V – nicht umstritten sind. Die angefochtenen Bescheide vom 08.11.2013, 16.12.2013 und 13.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.03.2014 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ein höherer Anspruch der Klägerin auf Krg als in Höhe der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze besteht nicht.

Nach § 44a SGB V (idF vom 21.07.2012, BGBl I S 1601) haben Spender von Organen oder Geweben nach § 27 Abs 1a SGB V Anspruch auf Krg, wenn eine im Rahmen des Transplantationsgesetzes erfolgende Spende von Organen oder Geweben an Versicherte sie arbeitsunfähig macht. Das Krg wird den Spendern von der Krankenkasse der Empfänger in Höhe des vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit regelmäßig erzielten Nettoarbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens bis zur Höhe des Betrages der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze geleistet. § 44 Abs 3, § 47 Abs 2 bis 4, die §§ 47b, 49 und 50 SGB V gelten entsprechend; Ansprüche nach § 44 SGB V sind gegenüber Ansprüchen nach dieser Vorschrift ausgeschlossen. Ansprüche nach dieser Vorschrift haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen.

Die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Krg nach § 44a SGB V liegen vor. Die Klägerin hat im Rahmen des Transplantationsgesetzes eine Nierenspende an die Versicherte erbracht. Die einzelnen Zeiträume der im Zusammenhang mit der Organspende eingetretenen Arbeitsunfähigkeit der Klägerin sind zwischen den Beteiligten nicht streitig. Zutreffend hat die Beklagte insoweit sämtliche Zeiträume auch hinsichtlich medizinisch erforderlicher Voruntersuchungen sowie Vor- und Nachbetreuung berücksichtigt (vgl dazu Greiner, NZS 2013, 241, 245).

Hinsichtlich der Höhe beschränkt § 44a Satz 2 SGB V das Krg eindeutig auf die Höhe des Betrags der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze. Unabhängig davon, ob die Klägerin regelmäßig erzieltes Arbeitseinkommen iHv kalendertäglich 176,34 EUR (berechnet auf der Grundlage des erzielten Gewinns Januar bis August 2013) oder 258,53 EUR hatte (was etwa der Höhe des erzielten Umsatzes im Zeitraum Januar bis August 2013 entspricht), kommt daher nur Krg in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze in Betracht; im Jahr 2013 waren dies 131,25 EUR kalendertäglich.

Ein weitergehender Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 27 Abs 1a SGB V (idF vom 21.07.2012, BGBl I S 1601). Nach Satz 2 dieser Vorschrift haben die Spender von Organen oder Geweben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) auch Anspruch auf ambulante und stationäre Behandlung, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a SGB V und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Aus dem zweiten Halbsatz von Satz 2 lässt sich für die Regelung des Ersatzes für Verdienstausfall nichts entnehmen. Der Verweis in § 27 Abs 1a SGB V auf § 44a SGB V mit der dortigen Kappungsgrenze ist für die Erstattung des Verdienstausfalls als abschließend anzusehen (vgl Fahlbusch in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 27 RdNr 87). Abgesehen davon umfasst vorliegend der Versicherungsschutz der Versicherten auch keinen darüber hinausgehenden Anspruch auf Krg.

Der Senat hält die Regelung in § 44a Satz 2 SGB V für verfassungsrechtlich unbedenklich. Ein Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit (Art 2 Abs 1 GG), das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art 2 Abs 2 GG) und die Berufsfreiheit (Art 12 Abs 1 GG) ist schon im Ansatz nicht erkennbar durch die Begrenzung der Höhe des Krg bei Organspenden. Insoweit hat bereits das SG zutreffend darauf hingewiesen, dass der Schutzbereich dieser Grundrechte allenfalls durch die Organspende selbst eröffnet sein kann, diese jedoch auf der freien Entscheidung der Klägerin beruhte.

Auch eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) liegt weder darin, dass Organspender an privat Krankenversicherte anders als an gesetzlich Krankenversicherte bei der Entgeltersatzleistung keiner Kappungsgrenze unterliegen noch darin, dass andere Selbstständige mit günstigerer Kostenstruktur möglicherweise geringere Einbußen haben als Selbstständige mit sehr hohen fixen Betriebskosten. Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (st Rspr BVerfG 07.10.1980, 1 BvL 50/79 ua, BVerfGE 55, 72; BVerfG 27.02.2007, 1 BvL 10/00, BVerfGE 117, 272=SozR 4-2600 § 58 Nr 7). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen. Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlichen Prüfungsmaßstab an (zusammenfassend BVerfG 26.01.1993, 1 BvL 38/92 ua, BVerfGE 88, 87, 96 f; BVerfG 07.05.2013, 2 BvR 909/06 ua, BVerfGE 133, 377). Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfG 08.06.2004, 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412 zum Teilkindergeld für Grenzgänger). Dabei sind Praktikabilität und Einfachheit des Rechts als hochrangige Ziele zu berücksichtigen (BVerfG 07.12.1999, 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297).

Im Zuge der Transplantationsnovelle zum 01.08.2012 hat der Gesetzgeber durch § 27 Abs 1a SGB V Lebendspendern unabhängig von ihrem eigenen Versichertenstatus umfassende Leistungsansprüche in der gesetzlichen Krankenversicherung eingeräumt und damit die bisherige Rechtsprechung des BSG (vgl BSG 12.12.1972, 3 RK 47/70, BSGE 35, 102) gesetzlich verankert (BT-Drs 17/9773 S 36 f). Mit §§ 27 Abs 1a, 44a SGB V wurde ein eigener Krankengeldtatbestand geschaffen, der deutliche Privilegierungen gegenüber dem allgemeinen Entgeltfortzahlungsanspruch mit sich bringt. So erfolgt grundsätzlich eine volle Erstattung des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens ohne die sonst beim Krg übliche Begrenzung auf 70 vom Hundert des Regelentgelts nach § 47 Abs 1 Satz 1 SGB V. Damit soll der Ausnahmesituation für Organspender und deren Einsatz für die Solidargemeinschaft im Gemeinwohlinteresse besonders Rechnung getragen werden (BT-Drs 17/9773 S 39). Zur Vermeidung einer finanziellen Überforderung der Krankenkasse ist das Krg begrenzt höchstens bis zur Höhe der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze (BT-Drs 17/9773 S 39). Mit dem Ziel der Förderung der Organspende sollte eine möglichst vergleichbare Absicherung der Spender erfolgen unabhängig vom Versichertenstatus des Organempfängers. Der Verband der Privaten Krankenversicherung hat sich in einer Selbstverpflichtungserklärung vom 09.02.2012 (abgedruckt unter BT-Drs 17/9773 S 38) verpflichtet, im Falle einer Organspende zugunsten eines privat krankenversicherten Organempfängers die aus der Spende entstehenden Kosten (ambulante und stationäre Behandlung, Rehabilitationsmaßnahmen, Fahr- und Reisekosten sowie nachgewiesenen Verdienstausfall) in Höhe des tariflichen Erstattungssatzes zu erstatten. Eine Beschränkung des tatsächlich erlittenen Verdienstausfalls der Höhe nach erfolgt dabei nicht (vgl Ziff 2 Buchst e der Selbstverpflichtung).

Die unterschiedliche Regelung des Verdienstausfalls bei Organspendern je nachdem, ob der Organempfänger gesetzlich oder privat krankenversichert ist, verstößt schon deshalb nicht gegen Art 3 Abs 1 GG, weil der Gesetzgeber nur Regelungen getroffen hat für den Fall, dass die Organempfänger bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind. In seiner politischen Entscheidung zur Begrenzung der Höhe des Krg auf die Beitragsbemessungsgrenze (kritisch dazu Krasney, KrV 2012, 185, 189; zustimmend Greiner, NZS 2013, 241, 246 f) ist der Gesetzgeber nicht dadurch eingeschränkt, dass private Versicherungen im Rahmen einer Vereinbarung für ihren Bereich abweichende und weitergehende Regelungen treffen. Insoweit sind schon die Sachverhalte aufgrund der unterschiedlichen Systeme der Absicherung im Krankheitsfall nicht vergleichbar. Die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung ist in einem Sozialstaat ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut. Hierzu gehört auch die Beitragsstabilität, die unabdingbare Voraussetzung für ein Fortbestehen des gegenwärtigen Systems ist. Der Gesetzgeber hat vor allem im Gesundheitswesen bei der Festlegung und Ausgestaltung sozialpolitischer Ziele einen weiten Gestaltungsspielraum. Soweit er die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung durch die gesetzliche Krankenversicherung zu gewährleisten sucht, muss er hierbei unterschiedliche Gemeinwohlbelange und - zum Teil gegenläufige - Grundrechtspositionen vieler Personengruppen miteinander zum Ausgleich bringen (vgl BVerfG 20.03.2001, 1 BvR 491/96, BVerfGE 103, 172, 185f; BVerfG 13.09.2005, 2 BvF 2/03, BVerfGE 114, 196). Auch wenn die Kosten für Krg für Organspender nur einen sehr kleinen Teil gemessen an den Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung ausmachen dürften, hat der Gesetzgeber insoweit seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Es reicht aus, dass die Maßnahme dem Ziel der Sicherung der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung dient; dass diese ohne die Begrenzung des Anspruchs kollabieren würde, ist nicht Voraussetzung. Es wäre im Übrigen auch mit dem Äquivalenzprinzip in der Sozialversicherung schwer zu vereinbaren, wenn eine Krankenkasse zB für einen Vorstandsvorsitzenden, der sich zu einer Organspende entschließt, Krg in Höhe eines sechsstelligen Eurobetrags leisten müsste (dazu Greiner, NZS 2013, 241, 246).

Soweit die Klägerin eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen Selbstständigen rügt, die aufgrund ihrer Struktur (mehrere Geschäftsführer oder leitende Angestellte) eine Arbeitsunfähigkeit besser kompensieren könnten, übersieht sie zum einen, dass kein Krg gezahlt wird, wenn wegen der Erkrankung überhaupt kein Verdienstausfall eintritt (vgl BSG 12.03.2013, B 1 KR 4/12 R, SozR 4-2500 § 47 Nr 14 RdNr 23). Zum anderen ist der Gesetzgeber im Rahmen der zulässigen Pauschalierung nicht gezwungen, für jede einzelne Konstellation abweichende Regelungen aufzustellen. Für Versicherte, die nicht Arbeitnehmer sind, gilt als das zur Bemessung des Krg maßgebende Regelentgelt der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung aus Arbeitseinkommen maßgebend war (§ 47 Abs 4 Satz 2 SGB V, §§ 223, 240 SGB V iVm den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler). Bei selbstständig Erwerbstätigen wird nach ständiger Rechtsprechung das Arbeitseinkommen als maßgeblich angesehen, das nach § 15 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) definiert wird als der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelte Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit (st Rspr, vgl BSG 06.11.2008, B 1 KR 28/07 R, SozR 4-2500 § 47 Nr 10). Auch für den Sonderfall des Krg bei Organspende ist nicht ersichtlich, warum darüber hinaus eine zusätzliche Berücksichtigung der bestehenden Kostenstruktur bei dem einzelnen Selbstständigen erfolgen müsste, dies wäre auch rein praktisch kaum durchführbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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