Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SB 293/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 5075/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. November 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Das beklagte Land wendet sich mit seiner Berufung gegen seine Verurteilung zur Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 bei der Klägerin.
Die Klägerin ist 1967 geboren und als deutsche Staatsangehörige im Inland wohnhaft. Sie leidet seit Geburt an den Folgen einer Hüft-Dysplasie. Nach ihren späteren Angaben wurde sie bereits als Kind mehrfach operiert. Im Oktober 2013, während des hier streitigen Feststellungsverfahrens, wurde sie an der linken Hüfte mit einer Totalendoprothese (TEP) versorgt. Die Klägerin ist verheiratet und hat eine Tochter, die noch im Haushalt lebt. Sie bewohnt ein Einfamilienhaus auf drei Ebenen, der Haushalt wird gemeinsam mit dem Ehemann versorgt. Sie ist in Teilzeit an zwei halben Tagen in der Woche als Rechtsanwalts-Fachangestellte berufstätig.
Sie beantragte am 9. April 2013 bei dem Beklagten die Zuerkennung eines GdB ab Antragstellung. Sie teilte mit, das Land Niedersachsen habe ihr bereits als Kind einen GdB von 80 zuerkannt, sie habe den Schwerbehindertenausweis jedoch Anfang der 1990-er Jahre zurückgegeben. Seit spätestens 2009 hätten sich mehrere Bandscheibenvorfälle entwickelt. Sie legte zunächst mehrere ärztliche Befundberichte bis zurück ins Jahre 1997 (erster Bandscheibenvorfall L 5/L 5 und L 5/S 1) vor.
Nach der Auswertung dieser Befundberichte schlug der versorgungsärztliche Dienst des Beklagten vor, eine Hüftdysplasie beidseitig mit Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke (Teil-GdB 30) und eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und Bandscheibenschaden (Teil-GdB 20) sowie einen Gesamt-GdB von 40 festzustellen. Den entsprechenden Bescheid erließ der Beklagte am 2. August 2013.
Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch und rügte, die anerkannten Behinderungen müssten wegen erheblicher Schmerzen höher bewertet werden. Auf die zwischenzeitliche Implantation der Hüft-TEP wies sie nicht hin. Der Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2014. Er führte aus, der festgesetzte Gesamt-GdB schließe Schmerzen ein.
Hiergegen hat die Klägerin am 17. Januar 2014 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Sie hat weiterhin vorgetragen, ihre Behinderungen seien zutreffend anerkannt, aber zu gering bewertet worden. Vor allem seien die vor allem nachts in die Beine ausstrahlenden Schmerzen höher zu gewichten. Die Operation ist weiterhin nicht erwähnt worden.
Das SG hat Prof. Dr. F. und Dr. D., Orthopädische Klinik Markgröningen, als behandelnde Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Diese haben sodann am 17. März 2014 bekundet, sie hätten ihr bei einem stationären Aufenthalt vom 27. Oktober bis 4. November 2013 die genannte TEP links implantiert, nachdem es wegen der angeborenen Hüftdysplasie mit zahlreichen Operationen seit der Kindheit und einer verbliebenen Beinlängendifferenz frühzeitig zu einer Dysplasie-Coxarthrose links gekommen sei. Die Bewegungsmaße der linken Hüfte hätten vor der OP bei 0/15/90° (Extension/Flexion), 0/10/20° (Ab-, Adduktion) und 20/0/0° (Innen- und Außenrotation) gelegen und betrügen nach der Operation sowie der anschließenden Rehabilitation 0/5/85° (Extension/Flexion) und 0/0/20° (Abduktion). Die Bewertung durch den Beklagten treffe zu. Beigefügt ist der Entlassungsbericht über die Anschluss-Rehabilitation vom 5. November bis 4. Dezember 2013 gewesen, nach dem die Klägerin mit deutlich gebesserter Beweglichkeit und sicherem Gangbild ohne Unterarmstützen als noch arbeitsunfähig entlassen worden war.
Von Amts wegen hat das SG den Facharzt für Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. B. mit der Begutachtung der Klägerin beauftragt. Der Sachverständige hat am 16. Mai 2014 ausgeführt, bei ihr handele es sich um eine Dysplasie-Coxarthrose bds. mit Z.n. Umstellungsosteomie in der Kindheit, einen Z.n. Implantation der zementfreien Hüftgelenks-TEP links mit regelgerechtem Sitz und verbliebener schmerzhafter Einschränkung der Funktion beider Hüften, einer Beinlängendifferenz (1 cm) zu Gunsten links und einer Minderbelastbarkeit der unteren Extremitäten, ferner um ein chronisch rezidivierendes pseudoradikuläres Syndrom der Lendenwirbelsäule (LWS) bei degenerativen Veränderungen und schmerzhafter Funktionseinschränkung sowie einer operativ versorgten Strecksehnenverletzung am rechten Daumen ohne funktionelle Auswirkung. Die Funktionsbehinderungen beider Hüftgelenke wirkten sich besonders nachteilig aus und potenzierten sich gegenseitig. Die Bewegungsmaße der Hüftgelenke hat Dr. B. für die Streckung/Beugung mit 0/5/110° rechts und 0/5/100° links, für das Ab- und Anspreizen mit 30/0/20° rechts und 20/0/20° links und für die Außen- und Innenration (bei gebeugter Hüfte) mit 20/0/20° rechts und 10/0/20° links ermittelt. Er hat vorgeschlagen, die Behinderungen an den Hüftgelenken mit einem GdB von 40, die Einschränkungen an der LWS mit einem GdB von 20 zu bewerten und einen Gesamt-GdB von 50 anzuerkennen.
Der Beklagte hat hiergegen unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. C. eingewandt, der Sachverständige habe die verbliebenen Funktionseinschränkungen an den Hüften zu hoch bewertet. Die Beweglichkeit links habe sich gegenüber dem präoperativen Maß gebessert. Die von Dr. B. ermittelten Restbeweglichkeiten führten nur zu einem GdB von 30. Die TEP sei lockerungsfrei und ohne periprothetische knöcherne Verletzungen eingesetzt. Die daneben verbliebene Beinlängendifferenz von 1 cm links erhöhe den GdB nicht.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 9. September 2014 hat Dr. B. hierzu ausgeführt, es treffe zwar zu, dass sich die Bewegungsmaße nach der Operation verbessert hätten, sie seien jedoch, gerade auch gegenüber dem für das Lebensalter der Klägerin typischen Zustand, erheblich eingeschränkt. Ferner habe der Beklagte die ausgeprägt schmerzhafte Einschränkung des rechten Hüftgelenks nicht angemessen gewürdigt und die weiteren, radiologisch nachgewiesenen Veränderungen beider Hüften nicht berücksichtigt. Es sei daher für die Hüftgelenke von einem GdB von 40 auszugehen.
Hierzu hat der Beklagte noch ausgeführt, die jetzigen Bewegungsmaße an der linken Hüfte seien bei weiter regelgerechtem postoperativen Verlauf durchaus verbesserungsfähig; auch sei nicht bekannt, wann eine operative Behandlung der rechten Hüfte geplant sei.
Auf Anfrage des SG hat Prof. Dr. F. den Nachschaubericht vom 23. Januar 2015 vorgelegt. Danach bestand zusätzlich eine Reizung der Bizepssehne links. Die Beinlängendifferenz betrage weiterhin 1 cm, hier werde das Tragen von Einlegesohlen empfohlen. Die TEP liege weiterhin korrekt ohne Anzeichen einer Lockerung oder einem Implantat-Versagen ein.
In der mündlichen Verhandlung beim SG am 10. November 2015 hat die Klägerin vorgetragen, die Beschwerden an der rechten Schulter hätten sich weiter verstärkt.
Mit Urteil vom selben Tage hat das SG unter Abänderung der angefochtenen Bescheide den Beklagten verurteilt, bei der Klägerin einen GdB von 50 ab dem 9. April 2013 festzustellen. Es hat sich auf die Feststellungen und Vorschläge Dr. B.s gestützt. Der GdB von 40 für die unteren Extremitäten sei auch wegen der beidseitigen Bewegungseinschränkung des Hüftgelenks im Zusammenspiel mit der Arthrose und der TEP gerechtfertigt.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte am 9. Dezember 2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er trägt vor, bei einer isolierten Betrachtung der Funktionseinschränkungen an beiden Hüftgelenken ergebe sich für beide Seiten nur ein GdB von 10. Ein GdB von 40, wie ihn das SG für die Hüftgelenke angenommen habe, entspreche nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) einer höhergradigen einseitigen Bewegungseinschränkung eines Hüftgelenks oder der Versteifung eines Hüftgelenks in günstiger Stellung; solche Verhältnisse lägen bei der Klägerin nicht vor.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. November 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Sie teilt mit, die Beschwerden an der rechten Hüfte hätten zugenommen. Sie habe verstärkt Schmerzen, die bis ins Bein hinunterzögen. Sie nehme täglich Ibuprofen nach Bedarf. Zu den Beschwerden an der rechten Schulter legt sie die Befundberichte der Radiologen Dr. R. vom 26. November 2015 (geringer Reizzustand des Ansatzes der Supraspinatussehne, zystoide Veränderungen im Humeruskopf ) und Dr. Sch. vom 30. November 2015 (im Segment HWK 5/6 bei Degeneration und leichter rechtsbetonter Retrospondylose sowie degenerativer Diskopathie rechts supraartikulär betonte [Bandscheiben-]Protu¬sion, mutmaßlich kann die rechte C6-Wurzel affektiert werden).
Auf den Hinweis des Senats, dass der Berufung des Beklagten Erfolgsaussichten zukämen, hat die Klägerin die Einholung eines Wahlgutachtens beantragt. Dementsprechend hat der Senat das fachorthopädisch-unfallchirurgische Gutachten von Dr. B., Sportklinik Stuttgart, vom 14. Juli 2016 eingeholt. Der Sachverständige hat ein kleinschrittiges, gering rechtsseitig hinkendes Gangbild beschrieben. Die Klägerin trage 1 cm Höhenausgleich, eingearbeitet in den rechten Schuh. Der Gutachter hat eine Dysplasie-Coxarthrose rechts nach multiplen Umstellungs- und Verkürzungsoperationen mit Offset-Verlust und schmerzhafter Belastungseinschränkung, eine zementfreie Hüft-TEP links mit Belastungsschmerzen, ein pseudoradikuläres LWS-Syndrom, eine chronische rechtsbetonte Cervicobrachialgie mit Betonung der Bandscheibenfächer C5 und C6 und die verheilte Strecksehnenverletzung diagnostiziert. An der HWS beständen Druckschmerzen, jedoch keine klare radikuläre Problematik, die Vorneigung sei hochgradig auf 20° eingeschränkt, der Kinn-Juglum-Abstand betrage 7 cm, die Rückneigung sei gut, die Seitneigung sei links schmerzhaft eingeschränkt (20 bis 25°), rechts betrage sie 30°. An der LWS beständen deutliche Bewegungseinschränkungen und Schmerzen (Finger-Boden-Abstand 44 cm, Schober’sches Zeichen 10:14 cm, Seitneigung nur 30/0/30°). Die Hüftgelenke zeigten eine Beugung von 105° rechts und 115° links (keine Angaben zur Streckung), ein An- und Abspreizen von 20/0/20° rechts und 20/0/30° links und einer –rechts besseren – Rotation von 20/0/15° (außen/innen) und 5/0/15° links. Die Narben seien unauffällig, die TEP sitze regelgerecht ein und eine muskuläre Atrophie der Beine sei nicht erkennbar. An den Kniegelenken bestehe ein geringes Streckdefizit. Dr. B. hat Teil-GdB-Werte von 20 für die rechte Hüfte, von 10 für die linke Hüfte, von 20 für das LWS-Syndrom und von 10 für die Cervikobrachialgie vorgeschlagen. Im Bereich der Arme liege kein GdB vor. Zusammenfassend sei das Funktionssystem der unteren Gliedmaßen mit einem GdB von 30 zu bewerten, weil es bei der Zusammenführung der Beschwerden an linker und rechter Hüfte "keine Überschneidung im wesentlichen Sinne" gebe und daher eine Addition der Einzel-GdB-Werte (für die beiden Hüftgelenke) notwendig sei. Im Funktionssystem Rumpf seien die beiden GdB-Werte für die LWS und die HWS wegen der unterschiedlichen betroffenen Körperregionen mit unabhängig voneinander vorliegenden Belastungsschmerzen ebenfalls zu addieren, sodass sich ein weiterer GdB von 30 ergebe. Ferner hat Dr. B. ausgeführt, die Beschwerden an der LWS überschnitten sich mit jenen der beiden Hüftgelenke, sodass (hinsichtlich des GdB von 20 für die LWS) keine Addition erfolgen könne, sondern sich nur eine Erhöhung auf 40 ergebe. Hinzu kämen die verstärkten Beschwerden an der HWS, insbesondere die Einschränkung der Kopfbeweglichkeit und der Belastbarkeit der rechte Schulter. Insoweit bestehe keine Überschneidung. Der hierfür anzusetzende GdB von 10 sei daher zu addieren. Insgesamt sei ein GdB von 50 angemessen. An anderer Stelle des Gutachtens hat Dr. B. noch angeführt, die Bewertung der Hüftgelenksbeeinträchtigungen durch Dr. B. mit einem GdB von 40 sei bei sehr guter Beweglichkeit nicht nachvollziehbar.
Der Beklagte ist diesen Vorschlägen entgegengetreten und hat insbesondere die Bildung der GdB-Werte beanstandet. Er führt aus, es seien zwei GdB-Werte von je 30 für die unteren Gliedmaßen und den Rumpf anzuerkennen, daraus ergebe sich ohne gegenseitige Verstärkung auch nach dem Urteil des LSG vom 18. August 2015 (L 3 SB 1182/14) nur der anerkannte Gesamt-GdB von 40. Diese Entscheidung, die nicht veröffentlicht ist, hat der Senat der Klägerin zur Kenntnis übermittelt.
Zu diesen Einwänden hat der Senat unter Übermittlung des genannten Urteils Dr. B. ergänzend befragt. Der Sachverständige hat am 28. September 2016 ausgeführt, er gehe von dem Bescheid des Beklagten aus dem Jahre 2013 aus, der einen GdB von 40 zuerkannt habe. Im Vergleich zu der damaligen Situation sei die radiologisch nachweisbare Beschwerdesymptomatik der HWS hinzugekommen. Eine Überschneidung zu bereits bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen anderer Körperregionen liege nicht vor. Dies müsse zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB führen. Anders als in dem Verfahren, das dem zitierten Urteil zu Grunde gelegen habe, gehe es hier nicht um Teil-GdB-Werte auf psychiatrischem und somatischem Gebiet, sondern um eine – rein – körperliche Beschwerdesymptomatik speziell beider Hüftgelenke.
Die Klägerin hat sich am 20. Januar 2017, der Beklagte mit Schriftsatz vom 30. Januar 2017 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten und der Ergebnisse der Ermittlungen im Einzelnen wird auf die Verwaltungsakte und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung des Beklagten im Einvernehmen mit den Beteiligten nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung.
Die Berufung ist nach § 143 SGG statthaft, insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, da sich der Beklagte gegen eine Verurteilung zu einer Feststellung, also nicht zur Gewährung einer Leistung, wendet. Sie ist auch im Übrigen zulässig, vor allem hat sie der Beklagte frist- und formgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) beim LSG erhoben.
Die Berufung ist auch begründet. Anders als das SG kommt der Senat zu der Einschätzung, dass bei der Klägerin zu keinem Zeitpunkt innerhalb des hier streitigen Zeitraums zwischen der Antragstellung und der heutigen Entscheidung des Senats ein GdB von mehr als 40, wie ihn der Beklagte festgestellt hat, bestand.
Der Anspruch der Klägerin auf erneute Feststellung des GdB nach Verzicht der Klägerin auf die ihr eingeräumte Rechtsposition mit Rückgabe des Schwerbehindertenausweises Anfang der 1990-er Jahre richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in der aktuellen Fassung nach Art. 2 Ziff. 2 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl I S. 3234). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 69 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10-er-Graden abgestuft festgestellt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grund¬sätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 70 Abs. 2 SGB IX). Von dieser Ermächtigung hat das BMAS Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG), die als Anlage zu § 2 VersMedV rechtlichen Bindungswirkung haben, gegen dabei den medizinischen Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wieder (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
Für diese Berufung ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht noch relevant, dass die Klägerin im Rahmen der Erstfeststellung eine Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 SGG), also eine Form der Verurteilungsklage, erhoben hat, wenngleich diese Klage auf eine behördliche Feststellung gerichtet ist. Für solche Klagen gilt grundsätzlich, dass das Gericht nach dem Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor einer Tatsacheninstanz entscheidet (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34; vgl. auch Urteil des Senats vom 27. August 2015 – L 6 SB 4445/14 –, juris, Rz. 27). Sofern es – wie hier – um eine Feststellung mit Dauerwirkung (vgl. § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]) geht, muss das Gericht etwaige Veränderungen während des Verfahrens berücksichtigen. Hat sich der GdB nach der Antragstellung, aber vor der letzten relevanten Verhandlung geändert, so ist der Beklagte ggfs. gestaffelt zur Feststellung unterschiedlicher GdB-Werte für verschiedene Zeitabschnitte zu verurteilen (Sächsisches LSG, Urteil vom 26. Oktober 2005 – L 6 SB 24/05 –, juris, Rz. 49).
Hier bestand bei der Klägerin zu keinem Zeitpunkt seit Antragstellung ein GdB von mehr als 40.
Das Funktionssystem "Rumpf" rechtfertigt durchgängig keinen höheren Teil-GdB als 40.
Für das rechte, nicht operierte Hüftgelenk war bei Antragstellung und ist weiterhin ein GdB von höchstens 10 anzunehmen.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 beträgt bei einer Hüftdysplasie (einschließlich sogenannter angeborener Hüftluxation) der GdB für die Dauer der vollständigen Immobilisierung 100 und danach bis zum Abschluss der Spreizbehandlung 50. Anschließend und bei unbehandelten Fällen richtet sich der GdB nach der Instabilität und der Funktionsbeeinträchtigung. Für Instabilitäten sehen die VG keine eigenständigen GdB-Werte vor, wohl aber für Bewegungseinschränkungen, die andere Form der Funktionsbeeinträchtigung. Hiernach bedingen Bewegungseinschränkungen der Hüftgelenke geringen Grades (Streckung/Beugung bis zu 0/10/90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig einen GdB von 10 bis 20 und beidseitig einen GdB von 20 bis 30, Bewegungseinschränkungen mittleren Grades (Streckung/Beugung bis zu 0/30/90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig einen GdB von 30 und beidseitig einen GdB von 50. Bewegungseinschränkungen stärkeren Grades führen zu einem GdB von 40, wenn sie einseitig auftreten, und zu einem GdB von 60 bis 100, wenn sie beidseitig auftreten.
Bei der Klägerin besteht keine unmittelbare Hüftdysplasie mehr, jedenfalls liegt keine vollständige Immobilisation vor und eine Spreizbehandlung findet nicht statt. Der GdB ist daher nach den Folgen jener Erkrankung, vor allem der Instabilität und den Bewegungseinschränkungen, dazu den Schmerzen und Krafteinschränkungen, zu bestimmen. Davon ausgehend besteht bei ihr weiterhin eine Dysplasie-Coxarthrose mit deutlichen Belastungsschmerzen und Bewegungseinschränkungen sowie muskulärer Schwäche. Eine Instabilität des rechten Hüftgelenks liegt nicht vor, keiner der behandelnden Ärzte und keiner der beiden gehörten Sachverständigen hat eine solche Funktionseinbuße gefunden. Die Restbeweglichkeit auf der rechten Seite hat erstmals Dr. B. in seinem Gutachten vom 16. Mai 2014 mit 0/5/110° Streckung/Beugung, 30/0/20° Abspreizen/Anführen und 20/0/20° für die Außen- und Innenrotation (bei gebeugtem Hüftgelenk) angegeben. Da hiernach weder die Streckfähigkeit um 10° noch die Beugung auf höchstens 90° gemindert war, ist für die Bewegungseinschränkungen allein kein GdB zu vergeben. Die von der Klägerin angegebene und von den Gutachtern bestätigte Kraftminderung ist schwer zu erfassen. Dr. B. hat jedenfalls für beide Beine seitengleiche Umfangsmaße ermittelt (49,0 cm in Höhe von 20 cm oberhalb innerem Kniegelenksspalt), sodass nicht von einer einseitigen Muskelminderung auszugehen ist. Zusammen mit den Belastungs- und Bewegungsschmerzen kann die Kraftminderung aber zu einem GdB von 10 führen.
An der rechten Hüfte hat sich das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen nicht nennenswert verändert. Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 14. Juli 2016 eine "noch gute" Beugung von 105° angegeben, wobei er die Streckung nicht gemessen, also auch ein größeres Streckdefizit (als die 5°, die Dr. B. gemessen hatte) nicht festgestellt hat. Das An- und Abspreizen hat Dr. B. mit 20/0/20° und die Rotation mit 20/0/15° angegeben. Hiernach haben sich zwar die Beugung (um 5°), das Abspreizen (um 10°) und die Innenrotation (um 5°) verschlechtert, aber die für einen höheren GdB notwendigen Einschränkungen auf eine Beugung von 90° und ein Streckdefizit von wenigstens 10° liegen nach wie vor nicht vor.
An der linken Hüfte der Klägerin hat sich die Bewertung zwischen Antragstellung am 9. April 2013 und der heutigen Entscheidung wegen der Implantation einer TEP am 28. Oktober 2013 verändert.
Vor der Operation war die Diagnose ähnlich wie an der rechten Hüfte und auch aus den VG waren die Vorgaben für Bewegungseinschränkungen heranzuziehen. Für die linke Hüfte liegen auch Bewegungsmaße aus der Zeit vor der Operation vor. Prof. Dr. F. hat in dem Arztbericht vom 24. Juni 2013 eine Streckung/Beugung von 0/10/90°, eine Abduktion/Adduktion von 30/0/10° und eine Innen- und Außenrotation von 20/0/10° angegeben. Es lagen daher gerade eben die von den VG vorgesehenen Bewegungseinschränkungen geringen Grades vor, sodass ein GdB von 10 bis 20 eröffnet war. Da das Streckdefizit noch an der unteren Grenze lag, also bei 10°, während – erst – ein Streckdefizit von 30° zu einem GdB von 30 führt, hätten die Bewegungseinschränkungen allein einen GdB von 10 bedingt. Unter Einbeziehung der Schmerzen und der Kraftminderung konnte dieser – wie auch auf der rechten Seite – erhöht und mit 20 angegeben werden.
Nach der Operation sind die Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin an der linken Hüfte nach den VG, Teil B, Nr. 18.12, den Vorgaben für Endoprothesen, zu bewerten.
Für ein Hüftgelenk beträgt der GdB bei einseitiger Endoprothese mindestens 10 und bei beidseitiger Endoprothese mindestens 20. Diese Mindestwerte gelten für Endoprothesen bei bestmöglichem Behandlungsergebnis. Bei eingeschränkter Versorgungsqualität sind höhere Werte angemessen. Die Versorgungsqualität kann insbesondere beeinträchtigt sein durch Beweglichkeits- und Belastungseinschränkungen, Nervenschädigungen, deutliche Muskelminderungen und ausgeprägte Narbenbildungen. Allerdings schließen die in der GdS-Tabelle angegebenen Werte die bei der jeweiligen Versorgungsart üblicherweise gebotenen Beschränkungen ein.
Bei der Klägerin ist nur auf einer Seite eine TEP eingesetzt. Der Mindest-GdB beträgt daher 10. Die TEP selbst ist nach den Feststellungen beider Sachverständiger regelgerecht eingesetzt und nicht gelockert. Es ist an der linken Seite eine etwa 14 cm lange Narbe vorhanden. Nervenschädigungen oder – wie ausgeführt – eine deutliche Muskelminderung (hier gegenüber dem anderen Bein) konnten weder Dr. B. noch Dr. B. feststellen. Daher sind neben der Narbe die Bewegungseinschränkungen zu berücksichtigen. Diese sind seit der Operation zum Teil zurückgegangen, zum Teil haben sie sich aber auch wieder verschlechtert. Bei der Entlassung aus der Rehabilitation am 4. Dezember 2013 lagen Streckung/Beugung bei 0/5/85° und die Abduktion bei 20°. Dies waren weiterhin Bewegungseinschränkungen geringen Grades, allerdings lag z.B. die Beugung nunmehr sogar leicht unter 90°, sodass allein hierfür ein GdB von 20 in Betracht kam. Bei der Begutachtung durch Dr. B. haben sich 0/5/100° Streckung/Beugung, 20/0/20° Ab- und Adduktion sowie 10/0/20° Innen- und Außenrotation gezeigt. Dr. B. letztlich hat für Juli 2016 eine Beugung von 115°, also nunmehr besser als rechts, ein Abspreizen und Anführen von 20/0/20° (unverändert) und eine Außen-/Innenrotation von 5/0/15° (leicht verschlechtert) gemessen. Nach den reinen Bewegungsmaßen liegt daher nunmehr auch links ein GdB von lediglich 10 vor. Jedoch nimmt der Senat durchgängig einen GdB von 20 an, weil die Bewertung von dem Mindest-GdB für die TEP ausgeht und weil der uneinheitliche Verlauf so besser gewürdigt werden kann.
Hierbei können die Vorgaben aus den VG, Teil A Nr. 3 Buchstabe d, die an sich nur für die abschließende Bildung des Gesamt-GdB gelten, herangezogen werden. Insbesondere die Vorgabe bei Doppelbuchstabe bb, die z.T. Beeinträchtigungen an paarigen Organen (Augen, Beinen) betrifft, kann überhaupt sinnvoll nur bei der Bildung eines Teil-GdB für dasselbe Funktionssystem verwendet werden. Diese Regelung ist eine Fallgruppe der besonders nachteiligen Auswirkung einer Behinderung auf eine andere, also der "Verstärkung". In diesen Fällen ist es gerechtfertigt, auch GdB-Werte von 20 oder gar 10 für die Bildung des Teil-GdB heranzuziehen und ggfs. dabei, ausgehend von dem höchsten Einzelwert, eine Erhöhung um mehr als die Hälfte des weiteren Werts, vorzunehmen (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. August 2015 - L 3 SB 1182/14 -, Umdruck S. 8, nicht veröffentlicht). Hinzu kommt, dass bereits die VG (Teil B Nr. 18.14) erhöhte Werte vorsehen, wenn beide Hüftgelenken betroffen sind, sowohl bei den Bewegungseinschränkungen als auch bei den Zuständen nach prothetischer Versorgung. So führen Bewegungseinschränkungen, die je für sich mit einem GdB von 10 bewertet werden, der an sich gar nicht weiter berücksichtigt würde, zu einem GdB von 20, wenn sie an beiden Hüftgelenken auftreten. Vor diesem Hintergrund tritt der Senat den Erwägungen von Dr. B. und des Beklagten bei, dass die GdB-Bewertungen von 10 für das rechte und 20 für das linke Hüftgelenk auf einen Teil-GdB von 30 für dieses Funktionssystem zusammenzuführen sind.
Für die Funktionseinschränkungen seitens der LWS kann entsprechend den Vorschlägen Dr. B.s und Dr. B.s ein GdB von 20 angenommen werden.
Nach VG, Teil B, Nr. 18.9 sind dafür mittelgradige funktionelle Einbußen notwendig. Bei diesen handelt es sich um eine Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkungen oder eine Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende oder über Tage anhaltende Wirbelsäulensyndrome. Solche Beeinträchtigungen bedingen, wenn sie an einem WS-Abschnitt auftreten, einen GdB von 20, bei zwei WS-Abschnitten einen solchen von 30.
Bei der Klägerin bestehen degenerative Veränderungen der LWS, die Dr. B. - bildgebend - als leicht bis mittelgradig eingestuft hat. Auch die Funktionsbeeinträchtigungen, die bei seiner Untersuchung daraus folgten, haben dem entsprochen. So hat er einen Finger-Boden-Abstand von 20 cm gemessen, das Schober’sche Zeichen betrug 10:13,5 cm (Normwert 10:15 cm), die Seitneigung hat er mit 20/0/20° angegeben bei einem Normwert von 30-40/0/30-40° (vgl. zu diesen Daten: Buckup, Klinische Test an Knochen, Gelenke und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S. 23 ff). Daneben bestanden eine Verspannung der Muskulatur lumbal und eine Klopfempfindlichkeit der Dornfortsätze. Bei der Untersuchung bei Dr. B. nun hatten sich zwar einzelne Werte verbessert, aber andere verschlechtert, sodass insgesamt von einem gleichbleibenden Zustand auszugehen ist. Der Finger-Boden-Abstand war nunmehr mit 44 cm deutlich größer. Die Vor-/Rückneigung nach einem Schober’schen Zeichen von 10:14 cm hatte sich wenig verändert. Dagegen hat Dr. B. eine wieder gerade eben normwertige Seitneigung von 30/0/30° gemessen. Daneben bestanden Schmerzausstrahlungen im Glutealbereich und auch etwas in den seitlichen proximalen Oberschenkel.
Auf dieser Basis kann der Senat den übereinstimmenden Vorschlägen der beiden Gutachter folgen, insoweit mittelgradige funktionelle Einbußen mit einem GdB von 20 anzunehmen.
Dagegen hat sich im Bereich der HWS während des Verfahrens eine Veränderung gezeigt. Bei der Untersuchung bei Dr. B. war die Funktion der HWS noch frei (S. 15), eine radikuläre Symptomatik war nicht zu verzeichnen. Diese Beschreibung wird bestätigt durch die Bewegungsmaße, die Dr. B. mit 45/0/45° für Vor- und Rückneigung (Normwert 35-45/0/45-70°), 40/0/40° für die Seitneigung (45/0/45°) und 60/0/60° für das Drehen (60-80/0/60-80°) angegeben hat. Ein GdB für die HWS war demnach damals nicht zu vergeben. Demgegenüber lagen bei der Untersuchung bei Dr. B. stärker gewordene degenerative Veränderungen bei C4 bis C6 mit betonter Retrospondylose und rechtsseitig betonter Protusion vor, ferner bestehen Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Ob diese - wie an der LWS - auf eine Nervenwurzelreizung zurückgeführt werden könnten (bildgebend hatte Radiologe Dr. Sch. am 30. November 2015 ausgeführt, "mutmaßlich" könne die rechte C6-Wurzel affektiert sein) oder nur auf muskuläre Ursachen (Dr. B. konnte bei seiner Untersuchung "keine klare radikuläre Problematik" feststellen), ist für die GdB-Bewertung letztlich irrelevant. Die Beweglichkeit nun hatte sich gegenüber der Untersuchung bei Dr. B. verschlechtert. Die Vor- und Seitneigung betrug nur noch 20/0/40°, die Seitneigung nur noch 20-25/0/30° (S. 7), die Rotation war nur noch bis 40/0/40°, also um 20° weniger, möglich.
Diese Befunde rechtfertigen es, spätestens ab der Untersuchung bei Dr. B. auch für die HWS mittelgradige funktionelle Auswirkungen mit einem GdB von 20 anzunehmen. Unter Berücksichtigung der Funktionsstörungen im Bereich der Hüftgelenke ist für das Funktionssystem "Rumpf" ein Teil-GdB von 40 gerechtfertigt.
Relevante Einbußen am Funktionssystem der unteren Gliedmaßen sind nicht vorhanden. Insbesondere führt das von Dr. B. festgestellte "geringe Streckdefizit" an den Kniegelenken nicht zu einem GdB. Für die Bewertung der Kniegelenke ist die Beugefähigkeit führend: Nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 ist ein GdB von bis zu 10 erst bei einer Einschränkung der Kniegelenksbeweglichkeit auf 0/0/90° gerechtfertigt, erst wenn ein Streckdefizit (von 10° oder 30°) zu einer solchen Beugehemmung hinzutritt, wird der GdB erhöht.
Für das Funktionssystem Rumpf heißt dies, dass zunächst bei mittelgradigen Einbußen an der LWS und allenfalls geringen Einbußen an der HWS ein GdB von 20 anzunehmen war. Ein GdB von 30 kommt erst bei mittelgradigen Einbußen an zwei WS-Abschnitten in Betracht. Dies war dann ab der Untersuchung bei Dr. B. anzunehmen. Unter Berücksichtigung der Funktionseinschränkungen im Bereich der Hüftgelenke ist für das Funktionssysteme "Rumpf" ein Teil-GdB von 40 gerechtfertigt.
Für das Funktionssystem der oberen Gliedmaßen ist kein weiterer GdB zu vergeben, auch wenn der Beklagte ein "Schulter-Arm-Syndrom" anerkannt hat. Zu einem GdB führen erst Versteifungen des Schultergelenks oder eine Einschränkung der Armhebung auf bis zu 120° bei entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit. Bei der Klägerin waren aber nach Dr. B.s Feststellungen noch eine seitengleiche Armhebung von 170° nach vorn und zur Seite und eine Rotation bei angelegtem Arm von 60/0/80° (Normwert 40-60/0/95°) möglich. Dr. B. hat eine Instabilität oder eine Impingementsymptomatik ausgeschlossen.
Auch an den Ellenbogen oder wegen der - ausgeheilten - Strecksehnenverletzung am rechten Daumen sind keine Funktionseinbußen zurückgeblieben.
Vor diesem Hintergrund beträgt der Gesamt-GdB der Klägerin durchgängig 40. Er war bis zur Untersuchung bei Dr. B. aus den Teil-GdB-Werten von 30 für die unteren Gliedmaßen und 20 für die LWS zu bilden. Danach hat sich zwar der Teil-GdB-Wert für den Rumpf ebenfalls auf 30 erhöht, aber dies hat zur Überzeugung des Senats - noch - keine Auswirkungen auf den Gesamt-GdB.
Wenn die VG, Teil A, Nr. 3 vorgeben, dass ausgehend von dem höchsten Teil-GdB im Einzelfall zu entscheiden ist, ob wegen weiterer Teil-GdB-Werte der Gesamt-GdB um 10 oder 20 oder mehr Punkte zu erhöhen ist (Buchstabe c) und dass - hierbei - GdB-Werte von 10 in aller Regel gar nicht und solche von 20 "vielfach" nicht auf eine wesentliche Zunahme der Beeinträchtigungen schließen lassen (Buchstabe d Doppelbuchstabe ee), dann schließt der Senat daraus, dass auch ein weiterer Teil-GdB von 30 zwar - im Gegensatz zu einem solchen von 20 - nicht völlig unberücksichtigt bleiben darf, dass er aber in der Regel nur zu einer Erhöhung um 10 Punkte führt. Auch in diesen Fällen sind zwei Funktionsbereiche betroffen. Anders mag es etwa sein, wenn drei Funktionsbereiche mit GdB-Werten von 30, 20 und 20 betroffen sind. Wie schon angedeutet, kommt eine Erhöhung um mehr als die Hälfte des weiteren Werts allenfalls in den Fällen von Buchstabe d Doppelbuchstabe bb in Betracht, wenn sich also die Funktionsbeeinträchtigungen sogar gegenseitig verstärken. Dies ist z.B. denkbar, wenn - über die in der Regelung genannten Beispiele hinaus - mehrere Sinnesorgane, etwa Augen und Gehör, beeinträchtigt sind, weil dies die Orientierung im Alltag überproportional erschwert. In aller Regel dagegen führt auch ein GdB von 30, auch wenn sich die Auswirkungen der Behinderungen nach Buchstabe d Doppelbuchstabe aa nicht überschneiden, nur zu einer Erhöhung um 10 Punkte.
Zumindest im Falle der Klägerin kann aus den insoweit relevanten Teil-GdB-Werten kein Gesamt-GdB von 50 gebildet werden. Die Beeinträchtigungen an der LWS, die maßgeblichen Anteil an der Bewertung des Rumpfes haben, und die Schädigungen an den Hüftgelenken überschneiden sich stark.
Dr. B. hat zwar in seiner ergänzenden Stellungnahme ausgeführt, der GdB müsse von 40 auf 50 erhöht werden, weil bei der Klägerin die Beeinträchtigungen an der HWS hinzugekommen seien. Diese Aussage betrifft jedoch eine rechtliche Frage, die der Senat - wie ausgeführt - anders sieht. Die an ihn als Sachverständigen gerichtete Frage des Senats, ob sich die Beeinträchtigungen an den unteren Gliedmaßen und am Rumpf gegenseitig verstärken, hat Dr. B. dagegen verneint. Er hat vielmehr sogar ebenfalls von einer "gewissen Überschneidung" der Beschwerden durch die Hüften und der LWS gesprochen, wie sie auch der Senat zu Grunde legt.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Das beklagte Land wendet sich mit seiner Berufung gegen seine Verurteilung zur Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 bei der Klägerin.
Die Klägerin ist 1967 geboren und als deutsche Staatsangehörige im Inland wohnhaft. Sie leidet seit Geburt an den Folgen einer Hüft-Dysplasie. Nach ihren späteren Angaben wurde sie bereits als Kind mehrfach operiert. Im Oktober 2013, während des hier streitigen Feststellungsverfahrens, wurde sie an der linken Hüfte mit einer Totalendoprothese (TEP) versorgt. Die Klägerin ist verheiratet und hat eine Tochter, die noch im Haushalt lebt. Sie bewohnt ein Einfamilienhaus auf drei Ebenen, der Haushalt wird gemeinsam mit dem Ehemann versorgt. Sie ist in Teilzeit an zwei halben Tagen in der Woche als Rechtsanwalts-Fachangestellte berufstätig.
Sie beantragte am 9. April 2013 bei dem Beklagten die Zuerkennung eines GdB ab Antragstellung. Sie teilte mit, das Land Niedersachsen habe ihr bereits als Kind einen GdB von 80 zuerkannt, sie habe den Schwerbehindertenausweis jedoch Anfang der 1990-er Jahre zurückgegeben. Seit spätestens 2009 hätten sich mehrere Bandscheibenvorfälle entwickelt. Sie legte zunächst mehrere ärztliche Befundberichte bis zurück ins Jahre 1997 (erster Bandscheibenvorfall L 5/L 5 und L 5/S 1) vor.
Nach der Auswertung dieser Befundberichte schlug der versorgungsärztliche Dienst des Beklagten vor, eine Hüftdysplasie beidseitig mit Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke (Teil-GdB 30) und eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und Bandscheibenschaden (Teil-GdB 20) sowie einen Gesamt-GdB von 40 festzustellen. Den entsprechenden Bescheid erließ der Beklagte am 2. August 2013.
Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch und rügte, die anerkannten Behinderungen müssten wegen erheblicher Schmerzen höher bewertet werden. Auf die zwischenzeitliche Implantation der Hüft-TEP wies sie nicht hin. Der Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2014. Er führte aus, der festgesetzte Gesamt-GdB schließe Schmerzen ein.
Hiergegen hat die Klägerin am 17. Januar 2014 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Sie hat weiterhin vorgetragen, ihre Behinderungen seien zutreffend anerkannt, aber zu gering bewertet worden. Vor allem seien die vor allem nachts in die Beine ausstrahlenden Schmerzen höher zu gewichten. Die Operation ist weiterhin nicht erwähnt worden.
Das SG hat Prof. Dr. F. und Dr. D., Orthopädische Klinik Markgröningen, als behandelnde Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Diese haben sodann am 17. März 2014 bekundet, sie hätten ihr bei einem stationären Aufenthalt vom 27. Oktober bis 4. November 2013 die genannte TEP links implantiert, nachdem es wegen der angeborenen Hüftdysplasie mit zahlreichen Operationen seit der Kindheit und einer verbliebenen Beinlängendifferenz frühzeitig zu einer Dysplasie-Coxarthrose links gekommen sei. Die Bewegungsmaße der linken Hüfte hätten vor der OP bei 0/15/90° (Extension/Flexion), 0/10/20° (Ab-, Adduktion) und 20/0/0° (Innen- und Außenrotation) gelegen und betrügen nach der Operation sowie der anschließenden Rehabilitation 0/5/85° (Extension/Flexion) und 0/0/20° (Abduktion). Die Bewertung durch den Beklagten treffe zu. Beigefügt ist der Entlassungsbericht über die Anschluss-Rehabilitation vom 5. November bis 4. Dezember 2013 gewesen, nach dem die Klägerin mit deutlich gebesserter Beweglichkeit und sicherem Gangbild ohne Unterarmstützen als noch arbeitsunfähig entlassen worden war.
Von Amts wegen hat das SG den Facharzt für Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. B. mit der Begutachtung der Klägerin beauftragt. Der Sachverständige hat am 16. Mai 2014 ausgeführt, bei ihr handele es sich um eine Dysplasie-Coxarthrose bds. mit Z.n. Umstellungsosteomie in der Kindheit, einen Z.n. Implantation der zementfreien Hüftgelenks-TEP links mit regelgerechtem Sitz und verbliebener schmerzhafter Einschränkung der Funktion beider Hüften, einer Beinlängendifferenz (1 cm) zu Gunsten links und einer Minderbelastbarkeit der unteren Extremitäten, ferner um ein chronisch rezidivierendes pseudoradikuläres Syndrom der Lendenwirbelsäule (LWS) bei degenerativen Veränderungen und schmerzhafter Funktionseinschränkung sowie einer operativ versorgten Strecksehnenverletzung am rechten Daumen ohne funktionelle Auswirkung. Die Funktionsbehinderungen beider Hüftgelenke wirkten sich besonders nachteilig aus und potenzierten sich gegenseitig. Die Bewegungsmaße der Hüftgelenke hat Dr. B. für die Streckung/Beugung mit 0/5/110° rechts und 0/5/100° links, für das Ab- und Anspreizen mit 30/0/20° rechts und 20/0/20° links und für die Außen- und Innenration (bei gebeugter Hüfte) mit 20/0/20° rechts und 10/0/20° links ermittelt. Er hat vorgeschlagen, die Behinderungen an den Hüftgelenken mit einem GdB von 40, die Einschränkungen an der LWS mit einem GdB von 20 zu bewerten und einen Gesamt-GdB von 50 anzuerkennen.
Der Beklagte hat hiergegen unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. C. eingewandt, der Sachverständige habe die verbliebenen Funktionseinschränkungen an den Hüften zu hoch bewertet. Die Beweglichkeit links habe sich gegenüber dem präoperativen Maß gebessert. Die von Dr. B. ermittelten Restbeweglichkeiten führten nur zu einem GdB von 30. Die TEP sei lockerungsfrei und ohne periprothetische knöcherne Verletzungen eingesetzt. Die daneben verbliebene Beinlängendifferenz von 1 cm links erhöhe den GdB nicht.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 9. September 2014 hat Dr. B. hierzu ausgeführt, es treffe zwar zu, dass sich die Bewegungsmaße nach der Operation verbessert hätten, sie seien jedoch, gerade auch gegenüber dem für das Lebensalter der Klägerin typischen Zustand, erheblich eingeschränkt. Ferner habe der Beklagte die ausgeprägt schmerzhafte Einschränkung des rechten Hüftgelenks nicht angemessen gewürdigt und die weiteren, radiologisch nachgewiesenen Veränderungen beider Hüften nicht berücksichtigt. Es sei daher für die Hüftgelenke von einem GdB von 40 auszugehen.
Hierzu hat der Beklagte noch ausgeführt, die jetzigen Bewegungsmaße an der linken Hüfte seien bei weiter regelgerechtem postoperativen Verlauf durchaus verbesserungsfähig; auch sei nicht bekannt, wann eine operative Behandlung der rechten Hüfte geplant sei.
Auf Anfrage des SG hat Prof. Dr. F. den Nachschaubericht vom 23. Januar 2015 vorgelegt. Danach bestand zusätzlich eine Reizung der Bizepssehne links. Die Beinlängendifferenz betrage weiterhin 1 cm, hier werde das Tragen von Einlegesohlen empfohlen. Die TEP liege weiterhin korrekt ohne Anzeichen einer Lockerung oder einem Implantat-Versagen ein.
In der mündlichen Verhandlung beim SG am 10. November 2015 hat die Klägerin vorgetragen, die Beschwerden an der rechten Schulter hätten sich weiter verstärkt.
Mit Urteil vom selben Tage hat das SG unter Abänderung der angefochtenen Bescheide den Beklagten verurteilt, bei der Klägerin einen GdB von 50 ab dem 9. April 2013 festzustellen. Es hat sich auf die Feststellungen und Vorschläge Dr. B.s gestützt. Der GdB von 40 für die unteren Extremitäten sei auch wegen der beidseitigen Bewegungseinschränkung des Hüftgelenks im Zusammenspiel mit der Arthrose und der TEP gerechtfertigt.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte am 9. Dezember 2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er trägt vor, bei einer isolierten Betrachtung der Funktionseinschränkungen an beiden Hüftgelenken ergebe sich für beide Seiten nur ein GdB von 10. Ein GdB von 40, wie ihn das SG für die Hüftgelenke angenommen habe, entspreche nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) einer höhergradigen einseitigen Bewegungseinschränkung eines Hüftgelenks oder der Versteifung eines Hüftgelenks in günstiger Stellung; solche Verhältnisse lägen bei der Klägerin nicht vor.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. November 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Sie teilt mit, die Beschwerden an der rechten Hüfte hätten zugenommen. Sie habe verstärkt Schmerzen, die bis ins Bein hinunterzögen. Sie nehme täglich Ibuprofen nach Bedarf. Zu den Beschwerden an der rechten Schulter legt sie die Befundberichte der Radiologen Dr. R. vom 26. November 2015 (geringer Reizzustand des Ansatzes der Supraspinatussehne, zystoide Veränderungen im Humeruskopf ) und Dr. Sch. vom 30. November 2015 (im Segment HWK 5/6 bei Degeneration und leichter rechtsbetonter Retrospondylose sowie degenerativer Diskopathie rechts supraartikulär betonte [Bandscheiben-]Protu¬sion, mutmaßlich kann die rechte C6-Wurzel affektiert werden).
Auf den Hinweis des Senats, dass der Berufung des Beklagten Erfolgsaussichten zukämen, hat die Klägerin die Einholung eines Wahlgutachtens beantragt. Dementsprechend hat der Senat das fachorthopädisch-unfallchirurgische Gutachten von Dr. B., Sportklinik Stuttgart, vom 14. Juli 2016 eingeholt. Der Sachverständige hat ein kleinschrittiges, gering rechtsseitig hinkendes Gangbild beschrieben. Die Klägerin trage 1 cm Höhenausgleich, eingearbeitet in den rechten Schuh. Der Gutachter hat eine Dysplasie-Coxarthrose rechts nach multiplen Umstellungs- und Verkürzungsoperationen mit Offset-Verlust und schmerzhafter Belastungseinschränkung, eine zementfreie Hüft-TEP links mit Belastungsschmerzen, ein pseudoradikuläres LWS-Syndrom, eine chronische rechtsbetonte Cervicobrachialgie mit Betonung der Bandscheibenfächer C5 und C6 und die verheilte Strecksehnenverletzung diagnostiziert. An der HWS beständen Druckschmerzen, jedoch keine klare radikuläre Problematik, die Vorneigung sei hochgradig auf 20° eingeschränkt, der Kinn-Juglum-Abstand betrage 7 cm, die Rückneigung sei gut, die Seitneigung sei links schmerzhaft eingeschränkt (20 bis 25°), rechts betrage sie 30°. An der LWS beständen deutliche Bewegungseinschränkungen und Schmerzen (Finger-Boden-Abstand 44 cm, Schober’sches Zeichen 10:14 cm, Seitneigung nur 30/0/30°). Die Hüftgelenke zeigten eine Beugung von 105° rechts und 115° links (keine Angaben zur Streckung), ein An- und Abspreizen von 20/0/20° rechts und 20/0/30° links und einer –rechts besseren – Rotation von 20/0/15° (außen/innen) und 5/0/15° links. Die Narben seien unauffällig, die TEP sitze regelgerecht ein und eine muskuläre Atrophie der Beine sei nicht erkennbar. An den Kniegelenken bestehe ein geringes Streckdefizit. Dr. B. hat Teil-GdB-Werte von 20 für die rechte Hüfte, von 10 für die linke Hüfte, von 20 für das LWS-Syndrom und von 10 für die Cervikobrachialgie vorgeschlagen. Im Bereich der Arme liege kein GdB vor. Zusammenfassend sei das Funktionssystem der unteren Gliedmaßen mit einem GdB von 30 zu bewerten, weil es bei der Zusammenführung der Beschwerden an linker und rechter Hüfte "keine Überschneidung im wesentlichen Sinne" gebe und daher eine Addition der Einzel-GdB-Werte (für die beiden Hüftgelenke) notwendig sei. Im Funktionssystem Rumpf seien die beiden GdB-Werte für die LWS und die HWS wegen der unterschiedlichen betroffenen Körperregionen mit unabhängig voneinander vorliegenden Belastungsschmerzen ebenfalls zu addieren, sodass sich ein weiterer GdB von 30 ergebe. Ferner hat Dr. B. ausgeführt, die Beschwerden an der LWS überschnitten sich mit jenen der beiden Hüftgelenke, sodass (hinsichtlich des GdB von 20 für die LWS) keine Addition erfolgen könne, sondern sich nur eine Erhöhung auf 40 ergebe. Hinzu kämen die verstärkten Beschwerden an der HWS, insbesondere die Einschränkung der Kopfbeweglichkeit und der Belastbarkeit der rechte Schulter. Insoweit bestehe keine Überschneidung. Der hierfür anzusetzende GdB von 10 sei daher zu addieren. Insgesamt sei ein GdB von 50 angemessen. An anderer Stelle des Gutachtens hat Dr. B. noch angeführt, die Bewertung der Hüftgelenksbeeinträchtigungen durch Dr. B. mit einem GdB von 40 sei bei sehr guter Beweglichkeit nicht nachvollziehbar.
Der Beklagte ist diesen Vorschlägen entgegengetreten und hat insbesondere die Bildung der GdB-Werte beanstandet. Er führt aus, es seien zwei GdB-Werte von je 30 für die unteren Gliedmaßen und den Rumpf anzuerkennen, daraus ergebe sich ohne gegenseitige Verstärkung auch nach dem Urteil des LSG vom 18. August 2015 (L 3 SB 1182/14) nur der anerkannte Gesamt-GdB von 40. Diese Entscheidung, die nicht veröffentlicht ist, hat der Senat der Klägerin zur Kenntnis übermittelt.
Zu diesen Einwänden hat der Senat unter Übermittlung des genannten Urteils Dr. B. ergänzend befragt. Der Sachverständige hat am 28. September 2016 ausgeführt, er gehe von dem Bescheid des Beklagten aus dem Jahre 2013 aus, der einen GdB von 40 zuerkannt habe. Im Vergleich zu der damaligen Situation sei die radiologisch nachweisbare Beschwerdesymptomatik der HWS hinzugekommen. Eine Überschneidung zu bereits bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen anderer Körperregionen liege nicht vor. Dies müsse zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB führen. Anders als in dem Verfahren, das dem zitierten Urteil zu Grunde gelegen habe, gehe es hier nicht um Teil-GdB-Werte auf psychiatrischem und somatischem Gebiet, sondern um eine – rein – körperliche Beschwerdesymptomatik speziell beider Hüftgelenke.
Die Klägerin hat sich am 20. Januar 2017, der Beklagte mit Schriftsatz vom 30. Januar 2017 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten und der Ergebnisse der Ermittlungen im Einzelnen wird auf die Verwaltungsakte und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung des Beklagten im Einvernehmen mit den Beteiligten nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung.
Die Berufung ist nach § 143 SGG statthaft, insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, da sich der Beklagte gegen eine Verurteilung zu einer Feststellung, also nicht zur Gewährung einer Leistung, wendet. Sie ist auch im Übrigen zulässig, vor allem hat sie der Beklagte frist- und formgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) beim LSG erhoben.
Die Berufung ist auch begründet. Anders als das SG kommt der Senat zu der Einschätzung, dass bei der Klägerin zu keinem Zeitpunkt innerhalb des hier streitigen Zeitraums zwischen der Antragstellung und der heutigen Entscheidung des Senats ein GdB von mehr als 40, wie ihn der Beklagte festgestellt hat, bestand.
Der Anspruch der Klägerin auf erneute Feststellung des GdB nach Verzicht der Klägerin auf die ihr eingeräumte Rechtsposition mit Rückgabe des Schwerbehindertenausweises Anfang der 1990-er Jahre richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in der aktuellen Fassung nach Art. 2 Ziff. 2 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl I S. 3234). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 69 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10-er-Graden abgestuft festgestellt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grund¬sätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 70 Abs. 2 SGB IX). Von dieser Ermächtigung hat das BMAS Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG), die als Anlage zu § 2 VersMedV rechtlichen Bindungswirkung haben, gegen dabei den medizinischen Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wieder (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
Für diese Berufung ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht noch relevant, dass die Klägerin im Rahmen der Erstfeststellung eine Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 SGG), also eine Form der Verurteilungsklage, erhoben hat, wenngleich diese Klage auf eine behördliche Feststellung gerichtet ist. Für solche Klagen gilt grundsätzlich, dass das Gericht nach dem Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor einer Tatsacheninstanz entscheidet (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34; vgl. auch Urteil des Senats vom 27. August 2015 – L 6 SB 4445/14 –, juris, Rz. 27). Sofern es – wie hier – um eine Feststellung mit Dauerwirkung (vgl. § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]) geht, muss das Gericht etwaige Veränderungen während des Verfahrens berücksichtigen. Hat sich der GdB nach der Antragstellung, aber vor der letzten relevanten Verhandlung geändert, so ist der Beklagte ggfs. gestaffelt zur Feststellung unterschiedlicher GdB-Werte für verschiedene Zeitabschnitte zu verurteilen (Sächsisches LSG, Urteil vom 26. Oktober 2005 – L 6 SB 24/05 –, juris, Rz. 49).
Hier bestand bei der Klägerin zu keinem Zeitpunkt seit Antragstellung ein GdB von mehr als 40.
Das Funktionssystem "Rumpf" rechtfertigt durchgängig keinen höheren Teil-GdB als 40.
Für das rechte, nicht operierte Hüftgelenk war bei Antragstellung und ist weiterhin ein GdB von höchstens 10 anzunehmen.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 beträgt bei einer Hüftdysplasie (einschließlich sogenannter angeborener Hüftluxation) der GdB für die Dauer der vollständigen Immobilisierung 100 und danach bis zum Abschluss der Spreizbehandlung 50. Anschließend und bei unbehandelten Fällen richtet sich der GdB nach der Instabilität und der Funktionsbeeinträchtigung. Für Instabilitäten sehen die VG keine eigenständigen GdB-Werte vor, wohl aber für Bewegungseinschränkungen, die andere Form der Funktionsbeeinträchtigung. Hiernach bedingen Bewegungseinschränkungen der Hüftgelenke geringen Grades (Streckung/Beugung bis zu 0/10/90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig einen GdB von 10 bis 20 und beidseitig einen GdB von 20 bis 30, Bewegungseinschränkungen mittleren Grades (Streckung/Beugung bis zu 0/30/90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig einen GdB von 30 und beidseitig einen GdB von 50. Bewegungseinschränkungen stärkeren Grades führen zu einem GdB von 40, wenn sie einseitig auftreten, und zu einem GdB von 60 bis 100, wenn sie beidseitig auftreten.
Bei der Klägerin besteht keine unmittelbare Hüftdysplasie mehr, jedenfalls liegt keine vollständige Immobilisation vor und eine Spreizbehandlung findet nicht statt. Der GdB ist daher nach den Folgen jener Erkrankung, vor allem der Instabilität und den Bewegungseinschränkungen, dazu den Schmerzen und Krafteinschränkungen, zu bestimmen. Davon ausgehend besteht bei ihr weiterhin eine Dysplasie-Coxarthrose mit deutlichen Belastungsschmerzen und Bewegungseinschränkungen sowie muskulärer Schwäche. Eine Instabilität des rechten Hüftgelenks liegt nicht vor, keiner der behandelnden Ärzte und keiner der beiden gehörten Sachverständigen hat eine solche Funktionseinbuße gefunden. Die Restbeweglichkeit auf der rechten Seite hat erstmals Dr. B. in seinem Gutachten vom 16. Mai 2014 mit 0/5/110° Streckung/Beugung, 30/0/20° Abspreizen/Anführen und 20/0/20° für die Außen- und Innenrotation (bei gebeugtem Hüftgelenk) angegeben. Da hiernach weder die Streckfähigkeit um 10° noch die Beugung auf höchstens 90° gemindert war, ist für die Bewegungseinschränkungen allein kein GdB zu vergeben. Die von der Klägerin angegebene und von den Gutachtern bestätigte Kraftminderung ist schwer zu erfassen. Dr. B. hat jedenfalls für beide Beine seitengleiche Umfangsmaße ermittelt (49,0 cm in Höhe von 20 cm oberhalb innerem Kniegelenksspalt), sodass nicht von einer einseitigen Muskelminderung auszugehen ist. Zusammen mit den Belastungs- und Bewegungsschmerzen kann die Kraftminderung aber zu einem GdB von 10 führen.
An der rechten Hüfte hat sich das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen nicht nennenswert verändert. Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 14. Juli 2016 eine "noch gute" Beugung von 105° angegeben, wobei er die Streckung nicht gemessen, also auch ein größeres Streckdefizit (als die 5°, die Dr. B. gemessen hatte) nicht festgestellt hat. Das An- und Abspreizen hat Dr. B. mit 20/0/20° und die Rotation mit 20/0/15° angegeben. Hiernach haben sich zwar die Beugung (um 5°), das Abspreizen (um 10°) und die Innenrotation (um 5°) verschlechtert, aber die für einen höheren GdB notwendigen Einschränkungen auf eine Beugung von 90° und ein Streckdefizit von wenigstens 10° liegen nach wie vor nicht vor.
An der linken Hüfte der Klägerin hat sich die Bewertung zwischen Antragstellung am 9. April 2013 und der heutigen Entscheidung wegen der Implantation einer TEP am 28. Oktober 2013 verändert.
Vor der Operation war die Diagnose ähnlich wie an der rechten Hüfte und auch aus den VG waren die Vorgaben für Bewegungseinschränkungen heranzuziehen. Für die linke Hüfte liegen auch Bewegungsmaße aus der Zeit vor der Operation vor. Prof. Dr. F. hat in dem Arztbericht vom 24. Juni 2013 eine Streckung/Beugung von 0/10/90°, eine Abduktion/Adduktion von 30/0/10° und eine Innen- und Außenrotation von 20/0/10° angegeben. Es lagen daher gerade eben die von den VG vorgesehenen Bewegungseinschränkungen geringen Grades vor, sodass ein GdB von 10 bis 20 eröffnet war. Da das Streckdefizit noch an der unteren Grenze lag, also bei 10°, während – erst – ein Streckdefizit von 30° zu einem GdB von 30 führt, hätten die Bewegungseinschränkungen allein einen GdB von 10 bedingt. Unter Einbeziehung der Schmerzen und der Kraftminderung konnte dieser – wie auch auf der rechten Seite – erhöht und mit 20 angegeben werden.
Nach der Operation sind die Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin an der linken Hüfte nach den VG, Teil B, Nr. 18.12, den Vorgaben für Endoprothesen, zu bewerten.
Für ein Hüftgelenk beträgt der GdB bei einseitiger Endoprothese mindestens 10 und bei beidseitiger Endoprothese mindestens 20. Diese Mindestwerte gelten für Endoprothesen bei bestmöglichem Behandlungsergebnis. Bei eingeschränkter Versorgungsqualität sind höhere Werte angemessen. Die Versorgungsqualität kann insbesondere beeinträchtigt sein durch Beweglichkeits- und Belastungseinschränkungen, Nervenschädigungen, deutliche Muskelminderungen und ausgeprägte Narbenbildungen. Allerdings schließen die in der GdS-Tabelle angegebenen Werte die bei der jeweiligen Versorgungsart üblicherweise gebotenen Beschränkungen ein.
Bei der Klägerin ist nur auf einer Seite eine TEP eingesetzt. Der Mindest-GdB beträgt daher 10. Die TEP selbst ist nach den Feststellungen beider Sachverständiger regelgerecht eingesetzt und nicht gelockert. Es ist an der linken Seite eine etwa 14 cm lange Narbe vorhanden. Nervenschädigungen oder – wie ausgeführt – eine deutliche Muskelminderung (hier gegenüber dem anderen Bein) konnten weder Dr. B. noch Dr. B. feststellen. Daher sind neben der Narbe die Bewegungseinschränkungen zu berücksichtigen. Diese sind seit der Operation zum Teil zurückgegangen, zum Teil haben sie sich aber auch wieder verschlechtert. Bei der Entlassung aus der Rehabilitation am 4. Dezember 2013 lagen Streckung/Beugung bei 0/5/85° und die Abduktion bei 20°. Dies waren weiterhin Bewegungseinschränkungen geringen Grades, allerdings lag z.B. die Beugung nunmehr sogar leicht unter 90°, sodass allein hierfür ein GdB von 20 in Betracht kam. Bei der Begutachtung durch Dr. B. haben sich 0/5/100° Streckung/Beugung, 20/0/20° Ab- und Adduktion sowie 10/0/20° Innen- und Außenrotation gezeigt. Dr. B. letztlich hat für Juli 2016 eine Beugung von 115°, also nunmehr besser als rechts, ein Abspreizen und Anführen von 20/0/20° (unverändert) und eine Außen-/Innenrotation von 5/0/15° (leicht verschlechtert) gemessen. Nach den reinen Bewegungsmaßen liegt daher nunmehr auch links ein GdB von lediglich 10 vor. Jedoch nimmt der Senat durchgängig einen GdB von 20 an, weil die Bewertung von dem Mindest-GdB für die TEP ausgeht und weil der uneinheitliche Verlauf so besser gewürdigt werden kann.
Hierbei können die Vorgaben aus den VG, Teil A Nr. 3 Buchstabe d, die an sich nur für die abschließende Bildung des Gesamt-GdB gelten, herangezogen werden. Insbesondere die Vorgabe bei Doppelbuchstabe bb, die z.T. Beeinträchtigungen an paarigen Organen (Augen, Beinen) betrifft, kann überhaupt sinnvoll nur bei der Bildung eines Teil-GdB für dasselbe Funktionssystem verwendet werden. Diese Regelung ist eine Fallgruppe der besonders nachteiligen Auswirkung einer Behinderung auf eine andere, also der "Verstärkung". In diesen Fällen ist es gerechtfertigt, auch GdB-Werte von 20 oder gar 10 für die Bildung des Teil-GdB heranzuziehen und ggfs. dabei, ausgehend von dem höchsten Einzelwert, eine Erhöhung um mehr als die Hälfte des weiteren Werts, vorzunehmen (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. August 2015 - L 3 SB 1182/14 -, Umdruck S. 8, nicht veröffentlicht). Hinzu kommt, dass bereits die VG (Teil B Nr. 18.14) erhöhte Werte vorsehen, wenn beide Hüftgelenken betroffen sind, sowohl bei den Bewegungseinschränkungen als auch bei den Zuständen nach prothetischer Versorgung. So führen Bewegungseinschränkungen, die je für sich mit einem GdB von 10 bewertet werden, der an sich gar nicht weiter berücksichtigt würde, zu einem GdB von 20, wenn sie an beiden Hüftgelenken auftreten. Vor diesem Hintergrund tritt der Senat den Erwägungen von Dr. B. und des Beklagten bei, dass die GdB-Bewertungen von 10 für das rechte und 20 für das linke Hüftgelenk auf einen Teil-GdB von 30 für dieses Funktionssystem zusammenzuführen sind.
Für die Funktionseinschränkungen seitens der LWS kann entsprechend den Vorschlägen Dr. B.s und Dr. B.s ein GdB von 20 angenommen werden.
Nach VG, Teil B, Nr. 18.9 sind dafür mittelgradige funktionelle Einbußen notwendig. Bei diesen handelt es sich um eine Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkungen oder eine Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende oder über Tage anhaltende Wirbelsäulensyndrome. Solche Beeinträchtigungen bedingen, wenn sie an einem WS-Abschnitt auftreten, einen GdB von 20, bei zwei WS-Abschnitten einen solchen von 30.
Bei der Klägerin bestehen degenerative Veränderungen der LWS, die Dr. B. - bildgebend - als leicht bis mittelgradig eingestuft hat. Auch die Funktionsbeeinträchtigungen, die bei seiner Untersuchung daraus folgten, haben dem entsprochen. So hat er einen Finger-Boden-Abstand von 20 cm gemessen, das Schober’sche Zeichen betrug 10:13,5 cm (Normwert 10:15 cm), die Seitneigung hat er mit 20/0/20° angegeben bei einem Normwert von 30-40/0/30-40° (vgl. zu diesen Daten: Buckup, Klinische Test an Knochen, Gelenke und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S. 23 ff). Daneben bestanden eine Verspannung der Muskulatur lumbal und eine Klopfempfindlichkeit der Dornfortsätze. Bei der Untersuchung bei Dr. B. nun hatten sich zwar einzelne Werte verbessert, aber andere verschlechtert, sodass insgesamt von einem gleichbleibenden Zustand auszugehen ist. Der Finger-Boden-Abstand war nunmehr mit 44 cm deutlich größer. Die Vor-/Rückneigung nach einem Schober’schen Zeichen von 10:14 cm hatte sich wenig verändert. Dagegen hat Dr. B. eine wieder gerade eben normwertige Seitneigung von 30/0/30° gemessen. Daneben bestanden Schmerzausstrahlungen im Glutealbereich und auch etwas in den seitlichen proximalen Oberschenkel.
Auf dieser Basis kann der Senat den übereinstimmenden Vorschlägen der beiden Gutachter folgen, insoweit mittelgradige funktionelle Einbußen mit einem GdB von 20 anzunehmen.
Dagegen hat sich im Bereich der HWS während des Verfahrens eine Veränderung gezeigt. Bei der Untersuchung bei Dr. B. war die Funktion der HWS noch frei (S. 15), eine radikuläre Symptomatik war nicht zu verzeichnen. Diese Beschreibung wird bestätigt durch die Bewegungsmaße, die Dr. B. mit 45/0/45° für Vor- und Rückneigung (Normwert 35-45/0/45-70°), 40/0/40° für die Seitneigung (45/0/45°) und 60/0/60° für das Drehen (60-80/0/60-80°) angegeben hat. Ein GdB für die HWS war demnach damals nicht zu vergeben. Demgegenüber lagen bei der Untersuchung bei Dr. B. stärker gewordene degenerative Veränderungen bei C4 bis C6 mit betonter Retrospondylose und rechtsseitig betonter Protusion vor, ferner bestehen Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Ob diese - wie an der LWS - auf eine Nervenwurzelreizung zurückgeführt werden könnten (bildgebend hatte Radiologe Dr. Sch. am 30. November 2015 ausgeführt, "mutmaßlich" könne die rechte C6-Wurzel affektiert sein) oder nur auf muskuläre Ursachen (Dr. B. konnte bei seiner Untersuchung "keine klare radikuläre Problematik" feststellen), ist für die GdB-Bewertung letztlich irrelevant. Die Beweglichkeit nun hatte sich gegenüber der Untersuchung bei Dr. B. verschlechtert. Die Vor- und Seitneigung betrug nur noch 20/0/40°, die Seitneigung nur noch 20-25/0/30° (S. 7), die Rotation war nur noch bis 40/0/40°, also um 20° weniger, möglich.
Diese Befunde rechtfertigen es, spätestens ab der Untersuchung bei Dr. B. auch für die HWS mittelgradige funktionelle Auswirkungen mit einem GdB von 20 anzunehmen. Unter Berücksichtigung der Funktionsstörungen im Bereich der Hüftgelenke ist für das Funktionssystem "Rumpf" ein Teil-GdB von 40 gerechtfertigt.
Relevante Einbußen am Funktionssystem der unteren Gliedmaßen sind nicht vorhanden. Insbesondere führt das von Dr. B. festgestellte "geringe Streckdefizit" an den Kniegelenken nicht zu einem GdB. Für die Bewertung der Kniegelenke ist die Beugefähigkeit führend: Nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 ist ein GdB von bis zu 10 erst bei einer Einschränkung der Kniegelenksbeweglichkeit auf 0/0/90° gerechtfertigt, erst wenn ein Streckdefizit (von 10° oder 30°) zu einer solchen Beugehemmung hinzutritt, wird der GdB erhöht.
Für das Funktionssystem Rumpf heißt dies, dass zunächst bei mittelgradigen Einbußen an der LWS und allenfalls geringen Einbußen an der HWS ein GdB von 20 anzunehmen war. Ein GdB von 30 kommt erst bei mittelgradigen Einbußen an zwei WS-Abschnitten in Betracht. Dies war dann ab der Untersuchung bei Dr. B. anzunehmen. Unter Berücksichtigung der Funktionseinschränkungen im Bereich der Hüftgelenke ist für das Funktionssysteme "Rumpf" ein Teil-GdB von 40 gerechtfertigt.
Für das Funktionssystem der oberen Gliedmaßen ist kein weiterer GdB zu vergeben, auch wenn der Beklagte ein "Schulter-Arm-Syndrom" anerkannt hat. Zu einem GdB führen erst Versteifungen des Schultergelenks oder eine Einschränkung der Armhebung auf bis zu 120° bei entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit. Bei der Klägerin waren aber nach Dr. B.s Feststellungen noch eine seitengleiche Armhebung von 170° nach vorn und zur Seite und eine Rotation bei angelegtem Arm von 60/0/80° (Normwert 40-60/0/95°) möglich. Dr. B. hat eine Instabilität oder eine Impingementsymptomatik ausgeschlossen.
Auch an den Ellenbogen oder wegen der - ausgeheilten - Strecksehnenverletzung am rechten Daumen sind keine Funktionseinbußen zurückgeblieben.
Vor diesem Hintergrund beträgt der Gesamt-GdB der Klägerin durchgängig 40. Er war bis zur Untersuchung bei Dr. B. aus den Teil-GdB-Werten von 30 für die unteren Gliedmaßen und 20 für die LWS zu bilden. Danach hat sich zwar der Teil-GdB-Wert für den Rumpf ebenfalls auf 30 erhöht, aber dies hat zur Überzeugung des Senats - noch - keine Auswirkungen auf den Gesamt-GdB.
Wenn die VG, Teil A, Nr. 3 vorgeben, dass ausgehend von dem höchsten Teil-GdB im Einzelfall zu entscheiden ist, ob wegen weiterer Teil-GdB-Werte der Gesamt-GdB um 10 oder 20 oder mehr Punkte zu erhöhen ist (Buchstabe c) und dass - hierbei - GdB-Werte von 10 in aller Regel gar nicht und solche von 20 "vielfach" nicht auf eine wesentliche Zunahme der Beeinträchtigungen schließen lassen (Buchstabe d Doppelbuchstabe ee), dann schließt der Senat daraus, dass auch ein weiterer Teil-GdB von 30 zwar - im Gegensatz zu einem solchen von 20 - nicht völlig unberücksichtigt bleiben darf, dass er aber in der Regel nur zu einer Erhöhung um 10 Punkte führt. Auch in diesen Fällen sind zwei Funktionsbereiche betroffen. Anders mag es etwa sein, wenn drei Funktionsbereiche mit GdB-Werten von 30, 20 und 20 betroffen sind. Wie schon angedeutet, kommt eine Erhöhung um mehr als die Hälfte des weiteren Werts allenfalls in den Fällen von Buchstabe d Doppelbuchstabe bb in Betracht, wenn sich also die Funktionsbeeinträchtigungen sogar gegenseitig verstärken. Dies ist z.B. denkbar, wenn - über die in der Regelung genannten Beispiele hinaus - mehrere Sinnesorgane, etwa Augen und Gehör, beeinträchtigt sind, weil dies die Orientierung im Alltag überproportional erschwert. In aller Regel dagegen führt auch ein GdB von 30, auch wenn sich die Auswirkungen der Behinderungen nach Buchstabe d Doppelbuchstabe aa nicht überschneiden, nur zu einer Erhöhung um 10 Punkte.
Zumindest im Falle der Klägerin kann aus den insoweit relevanten Teil-GdB-Werten kein Gesamt-GdB von 50 gebildet werden. Die Beeinträchtigungen an der LWS, die maßgeblichen Anteil an der Bewertung des Rumpfes haben, und die Schädigungen an den Hüftgelenken überschneiden sich stark.
Dr. B. hat zwar in seiner ergänzenden Stellungnahme ausgeführt, der GdB müsse von 40 auf 50 erhöht werden, weil bei der Klägerin die Beeinträchtigungen an der HWS hinzugekommen seien. Diese Aussage betrifft jedoch eine rechtliche Frage, die der Senat - wie ausgeführt - anders sieht. Die an ihn als Sachverständigen gerichtete Frage des Senats, ob sich die Beeinträchtigungen an den unteren Gliedmaßen und am Rumpf gegenseitig verstärken, hat Dr. B. dagegen verneint. Er hat vielmehr sogar ebenfalls von einer "gewissen Überschneidung" der Beschwerden durch die Hüften und der LWS gesprochen, wie sie auch der Senat zu Grunde legt.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved