Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 2977/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 1943/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.03.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht die Anerkennung der Berufskrankheit (BK) Nr. 4302 nach Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung (BKV) im Streit.
Der 1950 geborene Kläger absolvierte in der Zeit von 1965 bis 1968 eine Ausbildung zum Maler und Lackierer und war anschließend in diesem Beruf tätig. Zuletzt arbeitete er ab Dezember 1985 bis zum Ausscheiden aus dem Erwerbsleben am 31.08.2013 als Lackierer bei der Firma B. L. GmbH. Ab August 2011 war der Kläger arbeitsunfähig krank. Nach den Angaben des Klägers umfasste sein Aufgabengebiet beim letzten Arbeitgeber das Schleifen, Spachteln, Reinigen, Grundieren, Lackieren, Beschichten und Transportieren von Maschinenteilen. Dabei übte er zu 60 % vorbereitende Tätigkeiten (Transport und Abkleben der Teile) und die Reinigung mit dem Hochdruckreiniger aus. 40 % seiner Arbeitszeit entfiel auf den Lackiervorgang. Je nach Größe der zu beschichtenden Teile wurden im gesamten Lackierbereich von mehreren Mitarbeitern maximal bis zu 200 l Verdünnung und 75 l Lack pro Schicht verarbeitet (Bl. 209 ff. der Verwaltungsakte).
Wegen zunehmender Kurzatmigkeit erfolgte nach eigenen Angaben des Klägers erstmals im Jahr 1985 eine pneumologische Untersuchung bei der eine chronische Bronchitis diagnostiziert wurde. Ende 1990 beendete der Kläger daher den zuvor rund 25 Jahre bestehenden Tabakkonsum (Bl. 252 der Verwaltungsakte).
Am 21.02.2012 wurde der Beklagten durch den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. G. der Verdacht auf eine Berufskrankheit Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV ("Durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können") angezeigt (Bl. 1 der Verwaltungsakte). Bei dem Kläger bestehe ein seit 1985 bekanntes Asthma mit zunehmender Belastungsdyspnoe. Im Rahmen einer wegen orthopädischen Beschwerden durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme sei eine chronisch obstruktive Lungenkrankheit (COPD) diagnostiziert worden. Es frage sich, ob diese auf die Einwirkung von Dämpfen der Lösungsmittel und Farben zurückzuführen sei.
Die Beklagte zog sodann Befundunterlagen des Internisten und Lungenfacharztes Dr. C. (Bl. 15 ff. der Verwaltungsakte) und des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. B. (Bl. 191 der Verwaltungsakte) sowie eine Stellungnahme des Arbeitgebers einschließlich der Berichte über die Messung von Gefahrstoffen in der Luft im Arbeitsbereich (Bl. 53 ff. der Verwaltungsakte) und das Vorerkrankungsverzeichnis der IKK classic (Bl. 198 ff. der Verwaltungsakte) bei.
Die Beklagte holte zudem eine Arbeitsplatz Expositionsanalyse des Präventionsdienstes ein. Dr. Schm. vom Präventionsdienst führte in seiner Stellungnahme vom 05.09.2012 aus (Bl. 209 ff. der Verwaltungsakte), sowohl die Gefahrstoffmessungen im alten Lackierbereich, welcher von 1985 bis 2000 genutzt worden sei, als auch solche im neuen Lackierbereich ergäben Grenzunterschreitungen bei allen Einzelwerten der gemessenen Gefahrstoffe. In der neuen Lackieranlage lägen die Messwerte unterhalb der Nachweisgrenze. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 17.09.2012 gab Dr. Schm. an, nach Mitteilung der Sicherheitsfachkraft des Arbeitgebers – Herrn J. – seien isocyanathaltige Systeme nur zu Versuchszwecken in kleinen Mengen in der Zeit von Januar 2010 bis Juni 2010 eingesetzt worden. Auch insoweit habe die Exposition des Klägers deutlich unter dem Grenzwert gelegen.
Die Beklagte erhob sodann das internistisch-pneumologisch-allergologische Gutachten des Arztes für innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. St. vom 14.11.2012, welcher den Kläger am 23.10.2012 persönlich untersuchte (Bl. 248 ff. der Verwaltungsakte). Der Kläger leide unter einer chronisch obstruktiven Bronchitis im Stad. B – C nach GOLD, verursacht durch einen chronischen Tabakkonsum über 25 pack years mit latenter Blutgasaustauschstörung sowie einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom, Z.n. Bandscheibenprolaps L4/L5 sowie einer Kniegelenksarthrose beidseits. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der beruflichen Einwirkung möglicher schleimhautreizender Schadstoffe und der entstandenen Atemwegs-erkrankung im Sinne einer COPD könne nicht hinreichend wahrscheinlich gemacht werden. Alle Kriterien einer exogen allergischen und/oder Isozyanat vermittelten und/oder chemisch irritativ toxischen Asthmaerkrankung lägen nicht vor.
Mit Bescheid vom 25.02.2013 (Bl. 301 ff. der Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach den Nrn. 4301, 4302 und 1315 der BKV ab.
Am 15.03.2013 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch (Bl. 311 der Verwaltungsakte) und führte zur Begründung an, die Feststellung des Dr. Schm. vom Präventionsdienst seien nicht schlüssig, soweit er festgestellt habe, dass die Grenzwerte bei allen Einzelwerten in der Zeit von 1985 bis 2000 unterschritten worden seien. Es sei nicht nachvollziehbar auf welche Gefahrstoffmessungen sich die Stellungnahme bezöge, nachdem die Akte lediglich Messberichte für die Zeit ab 2004 enthalte. Auch habe der Präventionsdienst nicht geprüft, ob beim Zusammentreffen mehrerer chemischer Arbeitsstoffe ein Synergismus bzw. eine Potenzierung der Wirkstoffe auf die Atemwege eingetreten sei. In welcher Form eine Grenzwertbestimmung auch für die Zeit nach dem Umbau der Kabinen erfolgt sei, könne dem Bericht nicht entnommen werden. Die Begutachtung durch Dr. St. habe zudem nur die Berufskrankheiten Nr. 4301 und 1315 ausschließen können. Der Tabakkonsum sei bereits 1989 eingestellt worden, weshalb dieser aufgrund der Selbstreinigungskräfte der Lunge keine nachvollziehbare Erklärung für die Atemwegserkrankung liefere.
In einer ergänzenden Stellungnahme führte Dr. Schm. vom Präventionsdienst am 22.05.2013 aus (Bl. 325 ff. der Verwaltungsakte), es liege eine Gefahrstoffmessung der damaligen Süddeutschen Metall-BG von Oktober 1995 vor. Im Übrigen gäbe es aufgrund der komplexen Problematik keine wissenschaftlich validen Veröffentlichungen, die z.B. eine Potenzierung von Wirkstoffen hinsichtlich bestimmter Erkrankungsbilder beschreibe. Auf das weitere Vorbringen des Klägers (Bl. 343 der Verwaltungsakte), wonach sowohl jene Gefahrstoffe, die während der Vorbereitungshandlung für das Lackieren Verwendung gefunden hätten wie z.B. der Kaltreiniger Haku, als auch Metall- und Kunststoffabriebe nicht ausreichend berücksichtigt worden seien, teilte Dr. Schm. in einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 19.07.2013 (Bl. 348 der Verwaltungsakte) mit, bei den HAKU Kaltreinigertypen handele es sich nicht um Isocynate sondern um aliphatische Kohlenwasserstoffgemische, die weder als reizend noch als sensibilisierend gekennzeichnet seien. Bei den Metall- bzw. Kunststoffabrieben handele es sich zudem nicht um Schadstoffe im Sinne der Berufskrankheit Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.09.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück (Bl. 362 der Verwaltungsakte).
Am 05.09.2014 erhob der Kläger hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung führte er an, die in der Vergangenheit verwendeten Arbeitsstoffe (Lacke, Grundierung, Kaltreiniger) seien nach wie vor unklar. Es sei nicht ausreichend, dass bei einem Verdachtsfall einer beruflich verursachten obstruktiven Atemwegserkrankung, welche eine Karenzzeit von 5 bis 10 Jahren aufweise, nur jene Gefahrstoffe getestet und beurteilt würden, welche bei einer Betriebsmessung 2012 zufällig Verwendung gefunden hätten. Die medizinische Begutachtung habe lediglich allergenisierende/toxisch sofort reagible Ursachen ausschließen können.
Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts befragte das SG den behandelnden Pneumologen Dr. C. , welcher mitteilte (Auskunft vom 14.11.2014, Bl. 28 der SG-Akte), er habe im Verlauf eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Klägers feststellen können. Diese habe sich in einer zunehmenden obstruktiven Ventilationsstörung in der Zeit von Januar 2007 bis Mai 2010 gezeigt. Seit Mai 2010 sei der Gesundheitszustand insoweit stabil. Die Erkrankung sei nicht durch schädigende Einwirkungen bei der Erwerbstätigkeit des Klägers hervorgerufen worden. Eine wesentliche Verschlimmerung sei aber möglich.
Das SG zog zudem Nachweise der Arbeitsunfähigkeitszeiten von Dezember 1989 bis Juni 1997 von der IKK classic bei (Bl. 32 ff der SG-Akte) und befragte den ehemaligen Arbeitgeber des Klägers, welcher mit Schreiben vom 20.11.2014 mitteilte, dem Kläger hätten alle notwendigen Schutzausrüstungen zur Verfügung gestanden, die dieser aber nicht immer vollumfänglich getragen habe. Während seiner aktiven Zeit habe der Kläger gegenüber seinem Vorgesetzten keine Atemwegsbeschwerden beklagt.
Mit Urteil vom 26.03.2015 wies das SG die Klage ab.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 07.04.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.05.2015 Berufung zu dem Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Sachverhalt sei im Hinblick auf die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht abschließend aufgeklärt. Der Kläger habe seit 1985 sowohl mit Cadmium-Gelb als auch mit Talkum gearbeitet. In den bis 2000 bestehenden Spritzkabinen habe sich überall Feinstaub des Pigmentes Cadmium Gelb abgelagert, welches der Kläger von Zeit zu Zeit habe abfegen oder absaugen müssen. Zudem habe er die Rückwände der vom Kläger zu lackierenden Maschinen mit Talkum bestrichen, damit sich die Glasscheibe nicht mit dem Silikon und dem Kleber verbinde. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger über seine Bevollmächtigte vorgetragen, entgegen der Auffassung der Beklagten sei Cadmiumsulfid ein Stoff, der eine Atemwegserkrankung im Sinne der BK Nr. 4302 auslösen könne. Dies ergebe sich aus der CLP-Verordnung, in der der Stoff mit der Gefahrkennzeichnung H332 aufgeführt werde. Im Übrigen wird auf den im Termin vorgelegten Schriftsatz vom 24.08.2017 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26.03.2015 sowie den Bescheid vom 25.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 01.09.2014 aufzuheben und seine Atemwegserkrankung als Folge einer Berufskrankheit der Ziffer 4302 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils.
Mit Schreiben vom 22.10.2015 hat der Kläger beantragt, den Sachverhalt dahingehend aufzuklären, ob die Cadmiumgelb bzw. Talkum-Exposition zusammen mit den bislang untersuchten Expositionen zu einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit dafür führt, dass die Lungenprobleme des Klägers berufsbedingt sind.
Mit Schreiben vom 01.12.2015 legte die Beklagte die ergänzende Stellungnahme des Dr. Schm. (Präventionsdienst) vom 09.11.2015 vor (Bl. 29 der Senatsakte). Dieser hat ausgeführt, bei Cadmiumgelb handele es sich um ein Pigment (chemisch Cadmiumsulfit). Das Pigment selbst sei pulverförmig, werde aber in der Anwendung im Lack, feinverteilt im Lacksystem, das aus Bindemittel und Lösemittel bestehe, eingesetzt. Umgangssprachlich sei für Gelbtöne oftmals die Bezeichnung "Cadmiumgelb" benutzt worden. Der Kläger habe daher keinen Umgang mit dem pulverförmigen Pigment sondern mit dem fertigen gelben Lack gehabt. Eine Gefährdung der Atemwege habe daher nicht bestanden. Talkum sei nach der neuesten GESTIS-Stoffdatenbank kein gefährlicher Stoff nach GHS. Unabhängig davon mache es technologisch keinen Sinn, reines Talkum mit einem Pinsel auf lackierte und unlackierte Blechteile aufzutragen. Bekannt sei, dass Talkum in Pulverlacken Verarbeitung finde, diese seien vom Kläger jedoch nicht verarbeitet worden.
Mit Schreiben vom 18.02.2016 legte die Beklagte eine weitere ergänzende Stellungnahme des Dr. Schm. vom 16.02.2016 (Bl. 33 ff. der Senatsakte) vor. Eine Erkrankung durch Talkum, die sogenannte Talkose, falle unter die BK-Ziffer 4101. Es handele sich um ein völlig anderes Krankheitsbild. Talkum sei nichts anderes als Magnesiumsilikathydrat. Dieses sei kein Stoff, der Atemwegserkrankungen im Sinne der BK Ziffer 4302 hervorrufen könne. Cadmiumsulfid sei nicht als H334 "kann beim Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder Atembeschwerden verursachen" gekennzeichnet und somit kein Stoff der eine Erkrankung im Sinne der BK Ziffer 4302 auslösen könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Senatsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Akte des SG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 25.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.09.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gegenstand des Rechtsstreits ist eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -), mit der der Kläger unter Aufhebung der Ablehnungsentscheidung der Beklagten die gerichtliche Feststellung begehrt, dass die bei ihm diagnostizierte Atemwegserkrankung eine Berufskrankheit nach Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV ist. Ein Versicherter, dem gegenüber ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung durch Verwaltungsakt entschieden hat, dass eine bestimmte Berufskrankheit nicht gegeben ist, kann deren Vorliegen als Grundlage in Frage kommender Leistungsansprüche vorab im Wege einer Kombination von Anfechtungs- und Feststellungsklage klären lassen (vgl. BSG, Urteile vom 02.04.2009 – B 2 U 30/07; und vom 28.04.2004 - B 2 U 21/03 R, jeweils juris).
Gemäß § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII), sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund dieser Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind.
Hierzu gehören nach Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen. Zusätzliche Voraussetzung dieser Berufskrankheit ist, dass die obstruktive Atemwegserkrankung zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Für die Anerkennung einer Berufskrankheit muss die Verrichtung einer – grundsätzlich – versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Abweichend von der früheren Verwendung des Begriffs der haftungsbegründenden Kausalität, die allein von der Einwirkungskausalität umschrieben wurde, begründet erst die Verursachung einer Erkrankung oder ihre wesentliche Verschlimmerung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen – in nachgewiesener Dauer und Intensität – eine "Haftung" (vgl. BSG Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - , veröffentlicht in juris). Ebenso wie beim Arbeitsunfall die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(erst)schaden und Unfallfolge ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles. Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG Urteil vom 02.04.2009 a.a.O). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit.
Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9 Rn. 26.2). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19, 52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 112).
Die Wahrscheinlichkeit für die haftungsbegründende Kausalität der BK Nr. 4302 der Anl. 1 zur BKV setzt voraus, dass beim Versicherten die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen (die Einwirkungskausalität) gegeben sind, d.h. dass er im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden herbeizuführen. Nicht jede durch eine berufliche Tätigkeit verursachte Erkrankung ist als Berufskrankheit anzuerkennen. Vielmehr muss es sich um (definierte) Tätigkeiten handeln, die eine Intensität erreichen, die generell geeignet sind, ein entsprechendes (definiertes) Krankheitsbild zu verursachen.
Gemessen an diesen Maßstäben hat es die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Recht abgelehnt, die Gesundheitsstörung des Klägers auf lungenfachärztlichem Gebiet als Berufskrankheit nach Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen.
Der Kläger erfüllt schon nicht die arbeitstechnischen Voraussetzungen der streitigen Berufskrankheit. Der Senat konnte nicht feststellen, dass der Kläger an seinem Arbeitsplatz in einem gesundheitsgefährdenden Umfang Umgang mit chemisch-irritativen oder toxisch wirkenden Arbeitsstoffen hatte. Denn er war nach den überzeugenden Darlegungen des Präventionsdienstes der Beklagten bei seiner versicherten Tätigkeit als Maler und Lackierer keinen schädigenden Einwirkungen aus den zum Einsatz gekommenen Noxen in der Form schwer flüchtiger organischer Arbeitsstoffe wie Härtern für Epoxidharzen, Isocyanaten und Verdünnern ausgesetzt.
Zwar setzt die Berufskrankheit Nr. 4302 keine konkrete Belastungsdosis voraus. Auch das Merkblatt zu dieser Berufskrankheit (vgl. Bekanntmachung des damaligen Bundesministeriums für Arbeit vom 10.07.1979 in BArbBl. 7/8/1979, S. 74) enthält hierzu keine Hinweise. Allerdings ist hierin dargelegt, dass im Einzelfall Intensität und Dauer der Einwirkung zu berücksichtigen sind, immer aber auch mit der Möglichkeit einer individuellen Empfindlichkeitssteigerung zu rechnen ist.
Vor diesem Hintergrund konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass der Kläger die arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit Nr. 4302 erfüllt. Der Kontakt zu Isocynaten, die auch chemisch-irritativ und toxisch wirken (vgl. Mehrtens/Brandenburg, BKV-Kommentar M 1315 Anmerkungen Rn. 1) und daher auch neben der hier nicht streitigen BK Nr. 1315 als potentielle Gefahrstoffe der BK Nr. 4302 in Betracht kommen, erfolgte schon nur kurzfristig in der Zeit von Januar 2010 bis Juni 2010. Eine hinreichende Exposition gegenüber diesen Gefahrstoffen ist mit dem insoweit bestandskräftig gewordenen Bescheid der Beklagten vom 25.02.2013 verneint worden. Die in der Zeit von 1985 bis 2004 eingesetzten Nitrokombilacke waren ausweislich der Sicherheitsblätter weder mit dem Hinweis R37 (reizt die Atmungsorgane) noch mit dem Hinweis R42 (Sensibilisierung durch Einatmen möglich) gekennzeichnet. Zwar wurden Produkte eingesetzt, die mit diesen Hinweisen versehen waren. Aufgrund der sowohl im alten Lackierbereich (1985 bis 2000, Gefahrstoffmessung am 23./24.10.1995) als auch im neuen Lackierbereich (Gefahrstoffmessung am 05.10.2004) durchgeführten Gefahrstoffmessungen ist jedoch festzustellen, dass die Exposition unter dem Grenzwert bei allen Einzelwerten der gemessenen – hier relevanten – Gefahrstoffe (alter Lackierbereich) bzw. sogar unterhalb der Nachweisgrenze (neuer Lackierbereich) lag. Im alten Lackierbereich lag zudem der Bewertungsindex für Stoffgemische bei kleiner als 1. Soweit im alten Lackierbereich eine Grenzüberschreitung für Kohlenwasserstoffgemische festgestellt wurde, ist dies für die hier streitige Berufskrankheit nach Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV nicht relevant, nachdem diese Gemische weder mit dem Hinweis R37 noch mit dem Hinweis R42 gekennzeichnet sind. Auch bei dem Kaltreiniger HAKU, den der Kläger nach eigenen Angaben während seiner Tätigkeit verwandte, handelt es sich nach den Ausführungen des Präventionsdienstes der Beklagten um aliphatische Kohlenwasserstoffgemische, die weder nach H334 (früher R42) noch H 335 (früher R37) als reizend oder sensibilisierend gekennzeichnet sind. Soweit der Kläger zudem vorgetragen hat, bei dem Vorbereitungsvorgang sei es zu Metall- und Kunststoffabrieben gekommen, die in die Atemwege gelangt seien, ändert dies an der Beurteilung nichts. Entsprechende Abriebe werden in dem Merkblatt nicht genannt und sind – nach den Ausführungen des Präventionsdienstes – eher als inert einzustufen.
Auch soweit der Kläger im Berufungsverfahren weiter vorgetragen hat, er habe mit Talkum und Cadmiumgelb gearbeitet, ändert dies an der Beurteilung nichts. Bei Talkum handelt es sich um keinen gefährlichen Stoff nach GHS. Die Erkrankung durch Talkum, die sogenannte Talkose, fällt zudem unter die Berufskrankheit Nr. 4101 nach Anlage 1 der BKV. Eine chronische obstruktive Bronchitis kann zwar nach dem Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 4101 nach Anlage 1 der BKV Folge einer Silikose sein, eine solche ist bei dem Kläger aber nicht festzustellen. Weder Dr. C. noch der Sachverständige Dr. St. haben eine Silikose (Staublunge) diagnostiziert. Eine Quarzstaubexposition ist nicht beschrieben, eine entsprechende Verunreinigung des verwendeten Talkums, noch darüber hinaus eine Verarbeitung von verunreinigtem Talkum in gesundheitsgefährdenden Mengen, ist nicht belegt und vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen. Silikotische Veränderungen im Sinne einer Lungenfibrose waren den Röntgenaufnahmen vom 02.01.2007 und 28.07.2011 (vgl. die Befundberichte von Dr. C. vom 02.01.2007 und 28.07.2011, Bl. 31-33 der BG-Akte) nicht zu entnehmen, vielmehr waren außer peribronchitischen Residuen die übrigen Lungenstrukturen und Gefäßzeichnungen unauffällig. Darüber hinaus ist Cadmiumgelb (chemisch: Cadmiumsulfit) nicht mit dem Hinweis H334 (kann beim Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder Atembeschwerden verursachen) gekennzeichnet und ist daher kein Stoff der eine Erkrankung im Sinne der Berufskrankheit Nr. 4302 nach Anlage 1 der BKV auslösen kann. Entgegen dem klägerischen Vorbringen in der mündlichen Verhandlung ist diese Cadmiumverbindung auch nicht in der europäischen CLP-Verordnung mit dem Gefahrenhinweis H332 (= gesundheitsschädlich beim Einatmen) codiert (cadmium sulphide, Indexnummer: 048-010-00-4 im Anhang der CLP-Verordnung). Dieses Gefahrenmerkmal ist nur für die Cadmiumverbindungen allgemein unter den zugleich ausdrücklich aufgeführten Ausnahmen für Cadmiumssulphidverbindungen (vgl. Indexnummer: 048-001-00-5 im Anhang der CLP-Verordnung) vergeben, weshalb der Senat auch nicht erkennen konnte, dass die Stellungnahme des technischen Aufsichtsbeamten der Beklagten fehlerhaft wäre.
Der Senat konnte nach alledem schon nicht feststellen, dass der Kläger die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt.
Darüber hinaus fehlt es zudem an einem hinreichend wahrscheinlichen Ursachenzusammenhang zwischen etwaigen schädigenden Einwirkungen und der bei dem Kläger unstreitig vorliegenden chronisch-obstruktive Lungenerkrankung im Stadium B bis C mit latenter Partialinsuffizienz der Atmung.
Der Senat stützt sich insoweit auf das überzeugende und widerspruchsfreie internistisch-pneumologisch-allergologische Gutachten des Arztes für Innere Medizin, Sportmedizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. St. vom 14.11.2012, welches im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden kann. Bei der Untersuchung durch Dr. St. , die dieser nach den Maßgaben der Reichenhaller Empfehlung durchgeführt hat, ergab die arbeitsplatzbezogene Provokationsmessung, bei welcher Härter und Verdünner verwendet wurden, die nach den Angaben des Klägers am ehesten eine bronchiale Beschwerdesymptomatik ausgelöst hatte, bei bronchoobstruktiver Ausgangssituation keine relevante Zunahme der Bronchoobstruktion nach Exposition gegenüber den am Arbeitsplatz am häufigsten verwandten Reizstoffen. Weder in der Bodyplethysmographie noch in der Rhinomanometrie zeigte sich eine signifikante bronchiale oder nasale Reaktion. Auch die Stickoxydmessung in der Ausatemluft ergab keine vermehrte eosinophile Entzündung im Bronchialsystem, wie sie bei einer Asthmaerkrankung typischerweise vorliegt. Damit konnten die arbeitsplatzbezogenen Inhalationsmessungen keinen Kausalitätsnachweis erbringen. Dieser Befund deckt sich auch mit der vom SG eingeholten Zeugenaussage des Arbeitgebers, des Leiters des Personalwesens O. O. , wonach gegenüber dem Vorgesetzten seitens des Klägers keine Atembeschwerden geklagt worden seien. Auch nach diesen Angaben spricht vieles dafür, dass keine akute Atembeschwerden am Arbeitsplatz aufgetreten sind. Entsprechend der nachvollziehbaren Ausführungen des Dr. St. ist als wahrscheinliche Ursache vielmehr der langjährige Tabakkonsum mit kumulativ 25 Packungsjahren anzunehmen.
Dieser Beurteilung widerspricht auch nicht, dass der Kläger Ende 1989 das Rauchen aufgegeben hat. Nach seinen eigenen Angaben gegenüber Dr. St. leidet er bereits seit 1985 – also schon vor der Einstellung des Rauchens – an einer chronischen Bronchialerkrankung. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger aber noch nicht bei dem letzten Arbeitgeber beschäftigt.
Auch die zeugenschaftliche Auskunft des Dr. C. vom 14.11.2014 ändert an der Beurteilung nichts. Dr. C. weist darin darauf hin, dass die bei dem Kläger vorliegende Erkrankung zu 80 bis 90 % der Fälle durch Nikotinabusus verursacht wird und geht auch im Fall des Klägers ausdrücklich nicht davon aus, dass die Atemwegserkrankung durch schädigende Einwirkungen bei der Erwerbstätigkeit hervorgerufen wurde. Soweit er eine Verschlimmerung für möglich erachtet, reicht dies nach dem im Recht der Unfallversicherung erforderlichen Maßstab, wonach eine Wahrscheinlichkeit erforderlich ist, nicht aus. Der Senat sah sich nach den Ergebnissen bei der Begutachtung durch Dr. St. auch nicht veranlasst weitere Ermittlungen durchzuführen. Die von Dr. St. durchgeführten Inhalationstests haben keine auffällige Lungenfunktionsbeeinträchtigung als Folge des provozierten Kontakts mit den in Betracht kommenden Arbeitsstoffen ergeben, weshalb eine richtunggebende Verschlimmerung einer berufsunabhängigen Atemwegserkrankung durch die berufliche Noxe nicht hinreichend wahrscheinlich ist. Die von den behandelnden Ärzten angegebene zunehmende Verschlechterung der Atemwegserkrankung ist nach den Darlegungen von Dr. St. mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der progredienten Entwicklung der berufsunabhängigen Atemwegserkrankung zuzuschreiben.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit dem Gutachten von Dr. St. dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung zur Feststellung der Erkrankung und der Kausalität notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der Senat hat sich auch nicht veranlasst gesehen, zu der Frage des Vorliegens der arbeitstechnischen Voraussetzungen weiter Beweis zu erheben. Der Präventionsdienst der Beklagten hat für den Senat nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, aus welchen Gründen auch die Verwendung von Cadmiumgelb und Talkum zu keiner anderen Bewertung führt. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 22.10.2015 eine entsprechende Aufklärung beantragt hatte, sieht der Senat nach der Stellungnahme des Präventionsdienstes keine weiteren aufklärungsbedürftigen offenen Fragen. Entsprechendes hat der Kläger auch nicht mehr vorgetragen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG durch den Senat zuzulassen, bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht die Anerkennung der Berufskrankheit (BK) Nr. 4302 nach Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung (BKV) im Streit.
Der 1950 geborene Kläger absolvierte in der Zeit von 1965 bis 1968 eine Ausbildung zum Maler und Lackierer und war anschließend in diesem Beruf tätig. Zuletzt arbeitete er ab Dezember 1985 bis zum Ausscheiden aus dem Erwerbsleben am 31.08.2013 als Lackierer bei der Firma B. L. GmbH. Ab August 2011 war der Kläger arbeitsunfähig krank. Nach den Angaben des Klägers umfasste sein Aufgabengebiet beim letzten Arbeitgeber das Schleifen, Spachteln, Reinigen, Grundieren, Lackieren, Beschichten und Transportieren von Maschinenteilen. Dabei übte er zu 60 % vorbereitende Tätigkeiten (Transport und Abkleben der Teile) und die Reinigung mit dem Hochdruckreiniger aus. 40 % seiner Arbeitszeit entfiel auf den Lackiervorgang. Je nach Größe der zu beschichtenden Teile wurden im gesamten Lackierbereich von mehreren Mitarbeitern maximal bis zu 200 l Verdünnung und 75 l Lack pro Schicht verarbeitet (Bl. 209 ff. der Verwaltungsakte).
Wegen zunehmender Kurzatmigkeit erfolgte nach eigenen Angaben des Klägers erstmals im Jahr 1985 eine pneumologische Untersuchung bei der eine chronische Bronchitis diagnostiziert wurde. Ende 1990 beendete der Kläger daher den zuvor rund 25 Jahre bestehenden Tabakkonsum (Bl. 252 der Verwaltungsakte).
Am 21.02.2012 wurde der Beklagten durch den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. G. der Verdacht auf eine Berufskrankheit Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV ("Durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können") angezeigt (Bl. 1 der Verwaltungsakte). Bei dem Kläger bestehe ein seit 1985 bekanntes Asthma mit zunehmender Belastungsdyspnoe. Im Rahmen einer wegen orthopädischen Beschwerden durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme sei eine chronisch obstruktive Lungenkrankheit (COPD) diagnostiziert worden. Es frage sich, ob diese auf die Einwirkung von Dämpfen der Lösungsmittel und Farben zurückzuführen sei.
Die Beklagte zog sodann Befundunterlagen des Internisten und Lungenfacharztes Dr. C. (Bl. 15 ff. der Verwaltungsakte) und des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. B. (Bl. 191 der Verwaltungsakte) sowie eine Stellungnahme des Arbeitgebers einschließlich der Berichte über die Messung von Gefahrstoffen in der Luft im Arbeitsbereich (Bl. 53 ff. der Verwaltungsakte) und das Vorerkrankungsverzeichnis der IKK classic (Bl. 198 ff. der Verwaltungsakte) bei.
Die Beklagte holte zudem eine Arbeitsplatz Expositionsanalyse des Präventionsdienstes ein. Dr. Schm. vom Präventionsdienst führte in seiner Stellungnahme vom 05.09.2012 aus (Bl. 209 ff. der Verwaltungsakte), sowohl die Gefahrstoffmessungen im alten Lackierbereich, welcher von 1985 bis 2000 genutzt worden sei, als auch solche im neuen Lackierbereich ergäben Grenzunterschreitungen bei allen Einzelwerten der gemessenen Gefahrstoffe. In der neuen Lackieranlage lägen die Messwerte unterhalb der Nachweisgrenze. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 17.09.2012 gab Dr. Schm. an, nach Mitteilung der Sicherheitsfachkraft des Arbeitgebers – Herrn J. – seien isocyanathaltige Systeme nur zu Versuchszwecken in kleinen Mengen in der Zeit von Januar 2010 bis Juni 2010 eingesetzt worden. Auch insoweit habe die Exposition des Klägers deutlich unter dem Grenzwert gelegen.
Die Beklagte erhob sodann das internistisch-pneumologisch-allergologische Gutachten des Arztes für innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. St. vom 14.11.2012, welcher den Kläger am 23.10.2012 persönlich untersuchte (Bl. 248 ff. der Verwaltungsakte). Der Kläger leide unter einer chronisch obstruktiven Bronchitis im Stad. B – C nach GOLD, verursacht durch einen chronischen Tabakkonsum über 25 pack years mit latenter Blutgasaustauschstörung sowie einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom, Z.n. Bandscheibenprolaps L4/L5 sowie einer Kniegelenksarthrose beidseits. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der beruflichen Einwirkung möglicher schleimhautreizender Schadstoffe und der entstandenen Atemwegs-erkrankung im Sinne einer COPD könne nicht hinreichend wahrscheinlich gemacht werden. Alle Kriterien einer exogen allergischen und/oder Isozyanat vermittelten und/oder chemisch irritativ toxischen Asthmaerkrankung lägen nicht vor.
Mit Bescheid vom 25.02.2013 (Bl. 301 ff. der Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach den Nrn. 4301, 4302 und 1315 der BKV ab.
Am 15.03.2013 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch (Bl. 311 der Verwaltungsakte) und führte zur Begründung an, die Feststellung des Dr. Schm. vom Präventionsdienst seien nicht schlüssig, soweit er festgestellt habe, dass die Grenzwerte bei allen Einzelwerten in der Zeit von 1985 bis 2000 unterschritten worden seien. Es sei nicht nachvollziehbar auf welche Gefahrstoffmessungen sich die Stellungnahme bezöge, nachdem die Akte lediglich Messberichte für die Zeit ab 2004 enthalte. Auch habe der Präventionsdienst nicht geprüft, ob beim Zusammentreffen mehrerer chemischer Arbeitsstoffe ein Synergismus bzw. eine Potenzierung der Wirkstoffe auf die Atemwege eingetreten sei. In welcher Form eine Grenzwertbestimmung auch für die Zeit nach dem Umbau der Kabinen erfolgt sei, könne dem Bericht nicht entnommen werden. Die Begutachtung durch Dr. St. habe zudem nur die Berufskrankheiten Nr. 4301 und 1315 ausschließen können. Der Tabakkonsum sei bereits 1989 eingestellt worden, weshalb dieser aufgrund der Selbstreinigungskräfte der Lunge keine nachvollziehbare Erklärung für die Atemwegserkrankung liefere.
In einer ergänzenden Stellungnahme führte Dr. Schm. vom Präventionsdienst am 22.05.2013 aus (Bl. 325 ff. der Verwaltungsakte), es liege eine Gefahrstoffmessung der damaligen Süddeutschen Metall-BG von Oktober 1995 vor. Im Übrigen gäbe es aufgrund der komplexen Problematik keine wissenschaftlich validen Veröffentlichungen, die z.B. eine Potenzierung von Wirkstoffen hinsichtlich bestimmter Erkrankungsbilder beschreibe. Auf das weitere Vorbringen des Klägers (Bl. 343 der Verwaltungsakte), wonach sowohl jene Gefahrstoffe, die während der Vorbereitungshandlung für das Lackieren Verwendung gefunden hätten wie z.B. der Kaltreiniger Haku, als auch Metall- und Kunststoffabriebe nicht ausreichend berücksichtigt worden seien, teilte Dr. Schm. in einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 19.07.2013 (Bl. 348 der Verwaltungsakte) mit, bei den HAKU Kaltreinigertypen handele es sich nicht um Isocynate sondern um aliphatische Kohlenwasserstoffgemische, die weder als reizend noch als sensibilisierend gekennzeichnet seien. Bei den Metall- bzw. Kunststoffabrieben handele es sich zudem nicht um Schadstoffe im Sinne der Berufskrankheit Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.09.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück (Bl. 362 der Verwaltungsakte).
Am 05.09.2014 erhob der Kläger hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung führte er an, die in der Vergangenheit verwendeten Arbeitsstoffe (Lacke, Grundierung, Kaltreiniger) seien nach wie vor unklar. Es sei nicht ausreichend, dass bei einem Verdachtsfall einer beruflich verursachten obstruktiven Atemwegserkrankung, welche eine Karenzzeit von 5 bis 10 Jahren aufweise, nur jene Gefahrstoffe getestet und beurteilt würden, welche bei einer Betriebsmessung 2012 zufällig Verwendung gefunden hätten. Die medizinische Begutachtung habe lediglich allergenisierende/toxisch sofort reagible Ursachen ausschließen können.
Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts befragte das SG den behandelnden Pneumologen Dr. C. , welcher mitteilte (Auskunft vom 14.11.2014, Bl. 28 der SG-Akte), er habe im Verlauf eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Klägers feststellen können. Diese habe sich in einer zunehmenden obstruktiven Ventilationsstörung in der Zeit von Januar 2007 bis Mai 2010 gezeigt. Seit Mai 2010 sei der Gesundheitszustand insoweit stabil. Die Erkrankung sei nicht durch schädigende Einwirkungen bei der Erwerbstätigkeit des Klägers hervorgerufen worden. Eine wesentliche Verschlimmerung sei aber möglich.
Das SG zog zudem Nachweise der Arbeitsunfähigkeitszeiten von Dezember 1989 bis Juni 1997 von der IKK classic bei (Bl. 32 ff der SG-Akte) und befragte den ehemaligen Arbeitgeber des Klägers, welcher mit Schreiben vom 20.11.2014 mitteilte, dem Kläger hätten alle notwendigen Schutzausrüstungen zur Verfügung gestanden, die dieser aber nicht immer vollumfänglich getragen habe. Während seiner aktiven Zeit habe der Kläger gegenüber seinem Vorgesetzten keine Atemwegsbeschwerden beklagt.
Mit Urteil vom 26.03.2015 wies das SG die Klage ab.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 07.04.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.05.2015 Berufung zu dem Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Sachverhalt sei im Hinblick auf die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht abschließend aufgeklärt. Der Kläger habe seit 1985 sowohl mit Cadmium-Gelb als auch mit Talkum gearbeitet. In den bis 2000 bestehenden Spritzkabinen habe sich überall Feinstaub des Pigmentes Cadmium Gelb abgelagert, welches der Kläger von Zeit zu Zeit habe abfegen oder absaugen müssen. Zudem habe er die Rückwände der vom Kläger zu lackierenden Maschinen mit Talkum bestrichen, damit sich die Glasscheibe nicht mit dem Silikon und dem Kleber verbinde. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger über seine Bevollmächtigte vorgetragen, entgegen der Auffassung der Beklagten sei Cadmiumsulfid ein Stoff, der eine Atemwegserkrankung im Sinne der BK Nr. 4302 auslösen könne. Dies ergebe sich aus der CLP-Verordnung, in der der Stoff mit der Gefahrkennzeichnung H332 aufgeführt werde. Im Übrigen wird auf den im Termin vorgelegten Schriftsatz vom 24.08.2017 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26.03.2015 sowie den Bescheid vom 25.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 01.09.2014 aufzuheben und seine Atemwegserkrankung als Folge einer Berufskrankheit der Ziffer 4302 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils.
Mit Schreiben vom 22.10.2015 hat der Kläger beantragt, den Sachverhalt dahingehend aufzuklären, ob die Cadmiumgelb bzw. Talkum-Exposition zusammen mit den bislang untersuchten Expositionen zu einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit dafür führt, dass die Lungenprobleme des Klägers berufsbedingt sind.
Mit Schreiben vom 01.12.2015 legte die Beklagte die ergänzende Stellungnahme des Dr. Schm. (Präventionsdienst) vom 09.11.2015 vor (Bl. 29 der Senatsakte). Dieser hat ausgeführt, bei Cadmiumgelb handele es sich um ein Pigment (chemisch Cadmiumsulfit). Das Pigment selbst sei pulverförmig, werde aber in der Anwendung im Lack, feinverteilt im Lacksystem, das aus Bindemittel und Lösemittel bestehe, eingesetzt. Umgangssprachlich sei für Gelbtöne oftmals die Bezeichnung "Cadmiumgelb" benutzt worden. Der Kläger habe daher keinen Umgang mit dem pulverförmigen Pigment sondern mit dem fertigen gelben Lack gehabt. Eine Gefährdung der Atemwege habe daher nicht bestanden. Talkum sei nach der neuesten GESTIS-Stoffdatenbank kein gefährlicher Stoff nach GHS. Unabhängig davon mache es technologisch keinen Sinn, reines Talkum mit einem Pinsel auf lackierte und unlackierte Blechteile aufzutragen. Bekannt sei, dass Talkum in Pulverlacken Verarbeitung finde, diese seien vom Kläger jedoch nicht verarbeitet worden.
Mit Schreiben vom 18.02.2016 legte die Beklagte eine weitere ergänzende Stellungnahme des Dr. Schm. vom 16.02.2016 (Bl. 33 ff. der Senatsakte) vor. Eine Erkrankung durch Talkum, die sogenannte Talkose, falle unter die BK-Ziffer 4101. Es handele sich um ein völlig anderes Krankheitsbild. Talkum sei nichts anderes als Magnesiumsilikathydrat. Dieses sei kein Stoff, der Atemwegserkrankungen im Sinne der BK Ziffer 4302 hervorrufen könne. Cadmiumsulfid sei nicht als H334 "kann beim Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder Atembeschwerden verursachen" gekennzeichnet und somit kein Stoff der eine Erkrankung im Sinne der BK Ziffer 4302 auslösen könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Senatsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Akte des SG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 25.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.09.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gegenstand des Rechtsstreits ist eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -), mit der der Kläger unter Aufhebung der Ablehnungsentscheidung der Beklagten die gerichtliche Feststellung begehrt, dass die bei ihm diagnostizierte Atemwegserkrankung eine Berufskrankheit nach Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV ist. Ein Versicherter, dem gegenüber ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung durch Verwaltungsakt entschieden hat, dass eine bestimmte Berufskrankheit nicht gegeben ist, kann deren Vorliegen als Grundlage in Frage kommender Leistungsansprüche vorab im Wege einer Kombination von Anfechtungs- und Feststellungsklage klären lassen (vgl. BSG, Urteile vom 02.04.2009 – B 2 U 30/07; und vom 28.04.2004 - B 2 U 21/03 R, jeweils juris).
Gemäß § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII), sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund dieser Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind.
Hierzu gehören nach Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen. Zusätzliche Voraussetzung dieser Berufskrankheit ist, dass die obstruktive Atemwegserkrankung zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Für die Anerkennung einer Berufskrankheit muss die Verrichtung einer – grundsätzlich – versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Abweichend von der früheren Verwendung des Begriffs der haftungsbegründenden Kausalität, die allein von der Einwirkungskausalität umschrieben wurde, begründet erst die Verursachung einer Erkrankung oder ihre wesentliche Verschlimmerung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen – in nachgewiesener Dauer und Intensität – eine "Haftung" (vgl. BSG Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - , veröffentlicht in juris). Ebenso wie beim Arbeitsunfall die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(erst)schaden und Unfallfolge ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles. Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG Urteil vom 02.04.2009 a.a.O). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit.
Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9 Rn. 26.2). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19, 52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 112).
Die Wahrscheinlichkeit für die haftungsbegründende Kausalität der BK Nr. 4302 der Anl. 1 zur BKV setzt voraus, dass beim Versicherten die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen (die Einwirkungskausalität) gegeben sind, d.h. dass er im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden herbeizuführen. Nicht jede durch eine berufliche Tätigkeit verursachte Erkrankung ist als Berufskrankheit anzuerkennen. Vielmehr muss es sich um (definierte) Tätigkeiten handeln, die eine Intensität erreichen, die generell geeignet sind, ein entsprechendes (definiertes) Krankheitsbild zu verursachen.
Gemessen an diesen Maßstäben hat es die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Recht abgelehnt, die Gesundheitsstörung des Klägers auf lungenfachärztlichem Gebiet als Berufskrankheit nach Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen.
Der Kläger erfüllt schon nicht die arbeitstechnischen Voraussetzungen der streitigen Berufskrankheit. Der Senat konnte nicht feststellen, dass der Kläger an seinem Arbeitsplatz in einem gesundheitsgefährdenden Umfang Umgang mit chemisch-irritativen oder toxisch wirkenden Arbeitsstoffen hatte. Denn er war nach den überzeugenden Darlegungen des Präventionsdienstes der Beklagten bei seiner versicherten Tätigkeit als Maler und Lackierer keinen schädigenden Einwirkungen aus den zum Einsatz gekommenen Noxen in der Form schwer flüchtiger organischer Arbeitsstoffe wie Härtern für Epoxidharzen, Isocyanaten und Verdünnern ausgesetzt.
Zwar setzt die Berufskrankheit Nr. 4302 keine konkrete Belastungsdosis voraus. Auch das Merkblatt zu dieser Berufskrankheit (vgl. Bekanntmachung des damaligen Bundesministeriums für Arbeit vom 10.07.1979 in BArbBl. 7/8/1979, S. 74) enthält hierzu keine Hinweise. Allerdings ist hierin dargelegt, dass im Einzelfall Intensität und Dauer der Einwirkung zu berücksichtigen sind, immer aber auch mit der Möglichkeit einer individuellen Empfindlichkeitssteigerung zu rechnen ist.
Vor diesem Hintergrund konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass der Kläger die arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit Nr. 4302 erfüllt. Der Kontakt zu Isocynaten, die auch chemisch-irritativ und toxisch wirken (vgl. Mehrtens/Brandenburg, BKV-Kommentar M 1315 Anmerkungen Rn. 1) und daher auch neben der hier nicht streitigen BK Nr. 1315 als potentielle Gefahrstoffe der BK Nr. 4302 in Betracht kommen, erfolgte schon nur kurzfristig in der Zeit von Januar 2010 bis Juni 2010. Eine hinreichende Exposition gegenüber diesen Gefahrstoffen ist mit dem insoweit bestandskräftig gewordenen Bescheid der Beklagten vom 25.02.2013 verneint worden. Die in der Zeit von 1985 bis 2004 eingesetzten Nitrokombilacke waren ausweislich der Sicherheitsblätter weder mit dem Hinweis R37 (reizt die Atmungsorgane) noch mit dem Hinweis R42 (Sensibilisierung durch Einatmen möglich) gekennzeichnet. Zwar wurden Produkte eingesetzt, die mit diesen Hinweisen versehen waren. Aufgrund der sowohl im alten Lackierbereich (1985 bis 2000, Gefahrstoffmessung am 23./24.10.1995) als auch im neuen Lackierbereich (Gefahrstoffmessung am 05.10.2004) durchgeführten Gefahrstoffmessungen ist jedoch festzustellen, dass die Exposition unter dem Grenzwert bei allen Einzelwerten der gemessenen – hier relevanten – Gefahrstoffe (alter Lackierbereich) bzw. sogar unterhalb der Nachweisgrenze (neuer Lackierbereich) lag. Im alten Lackierbereich lag zudem der Bewertungsindex für Stoffgemische bei kleiner als 1. Soweit im alten Lackierbereich eine Grenzüberschreitung für Kohlenwasserstoffgemische festgestellt wurde, ist dies für die hier streitige Berufskrankheit nach Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV nicht relevant, nachdem diese Gemische weder mit dem Hinweis R37 noch mit dem Hinweis R42 gekennzeichnet sind. Auch bei dem Kaltreiniger HAKU, den der Kläger nach eigenen Angaben während seiner Tätigkeit verwandte, handelt es sich nach den Ausführungen des Präventionsdienstes der Beklagten um aliphatische Kohlenwasserstoffgemische, die weder nach H334 (früher R42) noch H 335 (früher R37) als reizend oder sensibilisierend gekennzeichnet sind. Soweit der Kläger zudem vorgetragen hat, bei dem Vorbereitungsvorgang sei es zu Metall- und Kunststoffabrieben gekommen, die in die Atemwege gelangt seien, ändert dies an der Beurteilung nichts. Entsprechende Abriebe werden in dem Merkblatt nicht genannt und sind – nach den Ausführungen des Präventionsdienstes – eher als inert einzustufen.
Auch soweit der Kläger im Berufungsverfahren weiter vorgetragen hat, er habe mit Talkum und Cadmiumgelb gearbeitet, ändert dies an der Beurteilung nichts. Bei Talkum handelt es sich um keinen gefährlichen Stoff nach GHS. Die Erkrankung durch Talkum, die sogenannte Talkose, fällt zudem unter die Berufskrankheit Nr. 4101 nach Anlage 1 der BKV. Eine chronische obstruktive Bronchitis kann zwar nach dem Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 4101 nach Anlage 1 der BKV Folge einer Silikose sein, eine solche ist bei dem Kläger aber nicht festzustellen. Weder Dr. C. noch der Sachverständige Dr. St. haben eine Silikose (Staublunge) diagnostiziert. Eine Quarzstaubexposition ist nicht beschrieben, eine entsprechende Verunreinigung des verwendeten Talkums, noch darüber hinaus eine Verarbeitung von verunreinigtem Talkum in gesundheitsgefährdenden Mengen, ist nicht belegt und vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen. Silikotische Veränderungen im Sinne einer Lungenfibrose waren den Röntgenaufnahmen vom 02.01.2007 und 28.07.2011 (vgl. die Befundberichte von Dr. C. vom 02.01.2007 und 28.07.2011, Bl. 31-33 der BG-Akte) nicht zu entnehmen, vielmehr waren außer peribronchitischen Residuen die übrigen Lungenstrukturen und Gefäßzeichnungen unauffällig. Darüber hinaus ist Cadmiumgelb (chemisch: Cadmiumsulfit) nicht mit dem Hinweis H334 (kann beim Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder Atembeschwerden verursachen) gekennzeichnet und ist daher kein Stoff der eine Erkrankung im Sinne der Berufskrankheit Nr. 4302 nach Anlage 1 der BKV auslösen kann. Entgegen dem klägerischen Vorbringen in der mündlichen Verhandlung ist diese Cadmiumverbindung auch nicht in der europäischen CLP-Verordnung mit dem Gefahrenhinweis H332 (= gesundheitsschädlich beim Einatmen) codiert (cadmium sulphide, Indexnummer: 048-010-00-4 im Anhang der CLP-Verordnung). Dieses Gefahrenmerkmal ist nur für die Cadmiumverbindungen allgemein unter den zugleich ausdrücklich aufgeführten Ausnahmen für Cadmiumssulphidverbindungen (vgl. Indexnummer: 048-001-00-5 im Anhang der CLP-Verordnung) vergeben, weshalb der Senat auch nicht erkennen konnte, dass die Stellungnahme des technischen Aufsichtsbeamten der Beklagten fehlerhaft wäre.
Der Senat konnte nach alledem schon nicht feststellen, dass der Kläger die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt.
Darüber hinaus fehlt es zudem an einem hinreichend wahrscheinlichen Ursachenzusammenhang zwischen etwaigen schädigenden Einwirkungen und der bei dem Kläger unstreitig vorliegenden chronisch-obstruktive Lungenerkrankung im Stadium B bis C mit latenter Partialinsuffizienz der Atmung.
Der Senat stützt sich insoweit auf das überzeugende und widerspruchsfreie internistisch-pneumologisch-allergologische Gutachten des Arztes für Innere Medizin, Sportmedizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. St. vom 14.11.2012, welches im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden kann. Bei der Untersuchung durch Dr. St. , die dieser nach den Maßgaben der Reichenhaller Empfehlung durchgeführt hat, ergab die arbeitsplatzbezogene Provokationsmessung, bei welcher Härter und Verdünner verwendet wurden, die nach den Angaben des Klägers am ehesten eine bronchiale Beschwerdesymptomatik ausgelöst hatte, bei bronchoobstruktiver Ausgangssituation keine relevante Zunahme der Bronchoobstruktion nach Exposition gegenüber den am Arbeitsplatz am häufigsten verwandten Reizstoffen. Weder in der Bodyplethysmographie noch in der Rhinomanometrie zeigte sich eine signifikante bronchiale oder nasale Reaktion. Auch die Stickoxydmessung in der Ausatemluft ergab keine vermehrte eosinophile Entzündung im Bronchialsystem, wie sie bei einer Asthmaerkrankung typischerweise vorliegt. Damit konnten die arbeitsplatzbezogenen Inhalationsmessungen keinen Kausalitätsnachweis erbringen. Dieser Befund deckt sich auch mit der vom SG eingeholten Zeugenaussage des Arbeitgebers, des Leiters des Personalwesens O. O. , wonach gegenüber dem Vorgesetzten seitens des Klägers keine Atembeschwerden geklagt worden seien. Auch nach diesen Angaben spricht vieles dafür, dass keine akute Atembeschwerden am Arbeitsplatz aufgetreten sind. Entsprechend der nachvollziehbaren Ausführungen des Dr. St. ist als wahrscheinliche Ursache vielmehr der langjährige Tabakkonsum mit kumulativ 25 Packungsjahren anzunehmen.
Dieser Beurteilung widerspricht auch nicht, dass der Kläger Ende 1989 das Rauchen aufgegeben hat. Nach seinen eigenen Angaben gegenüber Dr. St. leidet er bereits seit 1985 – also schon vor der Einstellung des Rauchens – an einer chronischen Bronchialerkrankung. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger aber noch nicht bei dem letzten Arbeitgeber beschäftigt.
Auch die zeugenschaftliche Auskunft des Dr. C. vom 14.11.2014 ändert an der Beurteilung nichts. Dr. C. weist darin darauf hin, dass die bei dem Kläger vorliegende Erkrankung zu 80 bis 90 % der Fälle durch Nikotinabusus verursacht wird und geht auch im Fall des Klägers ausdrücklich nicht davon aus, dass die Atemwegserkrankung durch schädigende Einwirkungen bei der Erwerbstätigkeit hervorgerufen wurde. Soweit er eine Verschlimmerung für möglich erachtet, reicht dies nach dem im Recht der Unfallversicherung erforderlichen Maßstab, wonach eine Wahrscheinlichkeit erforderlich ist, nicht aus. Der Senat sah sich nach den Ergebnissen bei der Begutachtung durch Dr. St. auch nicht veranlasst weitere Ermittlungen durchzuführen. Die von Dr. St. durchgeführten Inhalationstests haben keine auffällige Lungenfunktionsbeeinträchtigung als Folge des provozierten Kontakts mit den in Betracht kommenden Arbeitsstoffen ergeben, weshalb eine richtunggebende Verschlimmerung einer berufsunabhängigen Atemwegserkrankung durch die berufliche Noxe nicht hinreichend wahrscheinlich ist. Die von den behandelnden Ärzten angegebene zunehmende Verschlechterung der Atemwegserkrankung ist nach den Darlegungen von Dr. St. mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der progredienten Entwicklung der berufsunabhängigen Atemwegserkrankung zuzuschreiben.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit dem Gutachten von Dr. St. dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung zur Feststellung der Erkrankung und der Kausalität notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der Senat hat sich auch nicht veranlasst gesehen, zu der Frage des Vorliegens der arbeitstechnischen Voraussetzungen weiter Beweis zu erheben. Der Präventionsdienst der Beklagten hat für den Senat nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, aus welchen Gründen auch die Verwendung von Cadmiumgelb und Talkum zu keiner anderen Bewertung führt. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 22.10.2015 eine entsprechende Aufklärung beantragt hatte, sieht der Senat nach der Stellungnahme des Präventionsdienstes keine weiteren aufklärungsbedürftigen offenen Fragen. Entsprechendes hat der Kläger auch nicht mehr vorgetragen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG durch den Senat zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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