L 2 SO 1017/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 1576/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 1017/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. Februar 2016 sowie der Bescheid des Beklagten vom 16. Februar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juni 2015 aufgehoben und der Beklagte verurteilt, die Kosten für den Besuch des Klägers im Arbeitsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen der Beigeladenen ab dem 1. Januar 2015 zu übernehmen.

Der Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Übernahme der Kosten für den Besuch des Arbeitsbereichs in der Werkstätte für behinderte Menschen (WfbM) der ISBA gGmbH in Balingen (Beilgeladene).

Der am 8.9.1966 geborene Kläger hat eine hochgradige Sehschwäche (beidseits 0,1). Bei ihm ist ein Grad der Behinderung von 70 sowie die Merkzeichen G und RF festgestellt.

Der Kläger erwarb in einer Bildungseinrichtung für Blinde und Sehbehinderte (Nikolauspflege in Stuttgart) die Fachschulreife. Nach einem Jahr Arbeitslosigkeit machte er dort von 1987 bis 1990 die Ausbildung zum Korbmacher. Anschließend war der Kläger wiederum arbeitslos, arbeitete schließlich zwei Jahre im Lebensmitteleinzelhandel und nach erneuter Arbeitslosigkeit von September 1995 bis August 1998 in der Blindenwerkstätte Kornwestheim als Bürstenmacher. Nach einer weiteren Arbeitslosigkeit machte er von September 2002 bis Februar 2005 eine Umschulung zum Bürokaufmann in der BFW Würzburg. Daran schloss sich von 2005 bis 2011 wiederum Arbeitslosigkeit an. Seit 1.10.2012 ist der Kläger in der WfbM der Beigeladenen (gemeinnützige Lohn- und Dienstleistungs-Gesellschaft) in Balingen zunächst im Eingangsverfahren und dann im Berufsbildungsbereich beschäftigt gewesen (in Kostenträgerschaft der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg) und zum 1.1.2015 in den Arbeitsbereich gewechselt. Er wohnt in deren Einzugsbereich in Balingen-Frommern in seiner Eigentumswohnung und führt seinen Haushalt mit Hilfe seiner Eltern selbstständig. Von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg erhält der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung i.H.v. 418,67 EUR (Bl. 13 VA).

Die WfbM der Beigeladenen ist eine Einrichtung, die Menschen mit einer psychischen Erkrankung in Balingen und Albstadt die Möglichkeit bietet, unter fachkundiger Anleitung und im Rahmen einer betreuten Gruppe ihre Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen.

Am 19.8.2014 beantragte der Kläger für die (damals noch beabsichtigte) Beschäftigung im Arbeitsbereich der Beigeladenen ab 1.1.2015 beim Beklagten Eingiederungsleistungen nach dem SGB XII. Die Beklagte holte die ärztliche Beurteilung der gesundheitlichen Situation/Behinderung beim Gesundheitsamt, Dr. H., vom 2.12.2014 ein (Bl. 19 VA). Darin wurde ausgeführt, dass der Kläger an einer wesentlichen Behinderung (Sehbehinderung) leidet. Behinderungsbedingt sei er zu einer selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung nicht in der Lage. Der Rahmen einer WfbM sei angemessen. Es bestünden erhebliche Brüche in der Erwerbsbiografie. Trotz entsprechender Begabung sei die berufliche Integration misslungen. Fremdbefundlich sei der psychische Antrieb vermindert und der Kläger weise Defizite z.B. im Durchhaltevermögen, Konzentration, aber auch im Sozialverhalten auf. Eine psychotherapeutische Begleitung sei empfohlen worden. Um zu klären, ob eine psychische Erkrankung bzw. eine seelische Behinderung zugrunde liege, sei die Untersuchung durch einen Facharzt für Psychiatrie erforderlich.

Mit Bescheid vom 16.2.2015 lehnte der Beklagte die begehrte Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für die Beschäftigung im Arbeitsbereich der WfbM der Beigeladenen ab. Bei der Einrichtung handele es sich um eine Werkstatt für seelisch behinderte Menschen. Eine wesentliche seelische Behinderung sei beim Kläger jedoch nicht festgestellt worden. Nachdem bei ihm ausschließlich eine Sinnesbehinderung diagnostiziert worden sei, sei eine der Behinderung adäquate Förderung im Rahmen einer WfbM für psychisch Kranke nicht möglich. Im Rahmen des Fachausschusses sei bereits seit Aufnahme in den Berufsbildungsbereich der Beigeladenen darauf hingewiesen worden, dass eine wesentliche seelische Behinderung nicht ersichtlich sei und somit die Geeignetheit der Beigeladenen infrage zu stellen sei (Bl. 23 VA).

Dagegen erhob der Kläger mit der Begründung Widerspruch, dass die bei ihm zugrunde liegende Problematik so vielschichtig sei, dass es ihm trotz aller Anstrengung nicht gelungen sei, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die Agentur für Arbeit habe festgestellt, dass eine dauerhafte berufliche Eingliederung durch die Fördermöglichkeiten der Agentur für Arbeit ausgeschöpft seien (Feststellungsbescheid über den Abschluss des Reha-Verfahrens wegen fehlender Erfolgsaussichten vom 7.12.2009, Bl. 29 VA). Im psychologischen Gutachten der Agentur für Arbeit in Balingen vom 15.11.2011, das vom Kläger vorgelegt wurde (Bl. 26 VA), sei deutlich geworden, dass der Verdacht naheliege, die Leistungsfähigkeit werde für den ersten Arbeitsmarkt nicht ausreichen. Eine geistige Behinderung sei zwar nicht festgestellt worden, der ganze Werdegang sei jedoch im Sinne einer psychischen Behinderung interpretiert worden. Erst bei der Beigeladenen sei es ihm gelungen dauerhaftere soziale Bindungen aufzubauen.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5.6.2015 zurück. Bei dem Kläger liege mit der Sehbehinderung eine körperliche Behinderung, jedoch keine wesentliche seelische Behinderung vor. Seine Aktivität und Teilhabefähigkeit sei nicht in dem Maße eingeschränkt, dass eine Beschäftigung im Arbeitsbereich einer WfbM notwendig und erforderlich wäre. Aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen - psychologisches Gutachten der Agentur für Arbeit Balingen vom 15.11.2011, Schreiben der Agentur für Arbeit Balingen vom 7.12.2009, Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg vom 6.12.2012 - sei nicht zu entnehmen, dass bei dem Kläger von einer wesentlichen seelischen Behinderung auszugehen sei. Auch sei daraus nicht zu entnehmen, dass die Beschäftigung in einer WfbM zwingend notwendig sei. Nachdem ausschließlich eine Sinnesbehinderung diagnostiziert worden sei, sei eine der Behinderung adäquate Förderung im Rahmen der Beigeladenen als WfbM für seelisch behinderte Menschen nicht möglich. Das private Interesse des Klägers an der Übernahme der Kosten für den Besuch des Arbeitsbereichs der WfbM müsse gegenüber dem öffentlichen Interesse, ungerechtfertigte Eingliederungshilfeleistungen zu vermeiden, zurücktreten.

Dagegen hat der Kläger am 1.7.2015 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erheben lassen. Er hat geltend gemacht, dass Ursache für sein Scheitern auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht primär seine angeborene Sehbehinderung, sondern vielmehr seine Defizite im Bereich der sozialen Kompetenz und unterentwickelte Initiativkraft sowie Zielstrebigkeit gewesen seien. Neben der Sehbehinderung liege auch eine geistige bzw. psychische Behinderung vor, wie die bereits bekannten Gutachten belegten und durch den Entwicklungsbericht der WfbM vom 16.10.2013, den der Kläger vorgelegt hat, bestätigt werde. Hinsichtlich dessen seien bereits Erfolge durch die Tätigkeit bei der Beigeladenen erzielt worden. Zudem habe die Beklagte zu Unrecht nicht dem berechtigten Wunsch des Klägers Rechnung getragen.

Der Kläger hat den Bericht des Arztes für Psychiatrie He., Leiter des Medizinischen Versorgungszentrums Zollernalbkreis, vom 6.8.2015 vorgelegt, in dem eine rezidivierende depressive Störung, ggw. remittiert (Traumafolgestörung) F33.4 diagnostiziert wird und zu einer ambulanten Psychotherapie geraten wird.

Der Beklagte hat an seiner Auffassung festgehalten, dass durch die Sehbehinderung die Aktivität und Teilhabefähigkeit nicht in dem Maße eingeschränkt sei, dass eine Beschäftigung im Arbeitsbereich einer WfbM notwendig und erforderlich sei. Außerdem sei die Beigeladene nicht die geeignete WfbM, worauf bereits im Fachausschuss nach Vorlage des Eingliederungsplans der Beigeladenen hingewiesen worden sei

Mit Urteil vom 24.2.2016 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Beklagte das ihm auf der Rechtsfolgenseite eingeräumte Ermessen über das "Wie" der Leistung auch unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts des Klägers nicht fehlerhaft ausgeübt habe. Maßgeblich dafür sei, dass es sich bei der Beigeladenen um eine Einrichtung handele, die sich selbst ausdrücklich als Werkstatt für psychisch behinderte Menschen beschreibe, beim Kläger allerdings keine wesentliche psychische Behinderung vorliege, sondern eine körperliche Behinderung durch die erhebliche Sehstörung. Den vorliegenden medizinischen Unterlagen, Gutachten Endres vom November 2011 und Attest des Herrn He. vom August 2015, könnten keine ausreichenden Hinweise für die Annahme einer wesentlichen geistigen oder seelischen Behinderung entnommen werden. Es werde nicht in Frage gestellt, dass sich der Kläger tatsächlich bei der Beigeladenen wohl fühle und dort im Großen und Ganzen zurechtkomme. Allerdings zeige auch der Entwicklungsbericht vom Oktober 2013 konkret, dass es sich bei der Beigeladenen nicht um die richtige Werkstätte handele. In einem Entwicklungsbericht einer Werkstätte für sehbehinderte Menschen werde sich wohl nicht ein Hinweis darauf finden, dass der Beschäftigte teilweise über Gegenstände stolpere, weil er sie nicht sehe. Auch der Hinweis, dass aufgrund der Sehbehinderung sich ein Praktikum sehr schwierig gestaltete, belege, dass die Beigeladene hier mit einer Behinderung konfrontiert sei, für die sie über keine Kernkompetenz verfüge. Auch vor diesem Hintergrund erscheine die Sichtweise des Beklagten nicht ermessensfehlerhaft. Der Kläger könne sein Begehren auch nicht auf die zuvor durch den Rentenversicherungsträger gewährte Unterstützung der Förderung im beruflichen Bildungsbereich der Beigeladenen herleiten. Der Beklagte habe von Anfang an darauf hingewiesen, dass er die Eingliederung des Klägers bei der Beigeladenen nicht für richtig halte und nicht unterstützen werde. Der Kläger habe daher nicht darauf vertrauen können. Soweit auf die weite Entfernung zur nächsten Werkstätte für sehbehinderte Menschen hingewiesen worden sei, sei festzuhalten, dass es sich um eine Werkstätte im Nachbarkreis des Beklagten handele. Zudem habe der Kläger ausweislich seines Lebenslaufes wiederholt eine räumliche Flexibilität bewiesen.

Gegen das der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 3.3.2016 zugestellte Urteil hat sie am 15.3.2016 schriftlich beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt und vorgetragen, dass das SG unzutreffend davon ausgegangen sei, die Beigeladene sei die falsche Werkstatt für den Kläger. Dabei seien §§ 136, 137 SGB IX außer Acht gelassen worden. Grundsätzlich stünden nach § 136 Abs. 2 SGB IX allen Behinderten unabhängig von der Art oder Schwere der Behinderung die Werkstätten offen, sofern diese spätestens nach Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistung erbringen werden. Dies sei bei dem Kläger der Fall. Nach § 137 Abs. 1 SGB IX nähmen anerkannte Werkstätten diejenigen behinderten Menschen aus ihrem Einzugsgebiet auf, die die Aufnahmevoraussetzungen gemäß § 136 Abs. 2 SGB XII erfüllten, und zwar unabhängig von der Art der Behinderung, wenn in dem Einzugsgebiet keine besondere WfbM für diese Behinderungsart vorhanden sei. Hintergrund des regionalen Bezuges sei die grundsätzliche Möglichkeit, die Werkstatt mit öffentlichen oder sonstigen Verkehrsmitteln in zumutbarer Zeit zu erreichen, wobei eine Beförderungsdauer von bis zu 45 Minuten pro Strecke als zumutbar angesehen werde. Wenn in dem Einzugsgebiet eine besondere WfbM für diese Behinderungsart vorhanden sei, richte sich der Aufnahmeanspruch gegen diese Werkstatt. Im Zollernalbkreis sei keine spezielle Einrichtung für Menschen mit einer Sehbehinderung vorhanden. Die nächst mögliche Einrichtung für sehbehinderte Menschen sei die Stiftung St. Franziskus in Heiligenbronn, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln mit der schnellsten Verbindung in 1 Stunde 41 Minuten, ansonsten in 2 Stunden 26 Minuten pro Strecke zu erreichen sei. Demnach habe der Kläger einen Anspruch auf den Besuch des Arbeitsbereiches der Beigeladenen. Rechtsirrig sei das SG davon ausgegangen, dass dem Beklagten ein Ermessen zustehe. Das Ermessen sei vorliegend durch § 136 Abs. 1 SGB IX dahingehend eingeschränkt, dass Eingliederungshilfe im Arbeitsbereich einer WfbM zu gewähren sei. Aus § 137 Abs. 1 SGB IX resultiere eine Aufnahmeverpflichtung seitens der WfbM, sofern der behinderte Mensch im regionalen Einzugsgebiet der Werkstatt wohne, wie vorliegend der Kläger in Balingen-Frommern. Daraus resultiere eine Ermessensreduzierung auf Null. Zudem habe die Beklagte auch tatsächlich kein Ermessen ausgeübt. Auch ergebe sich ein Anspruch des Klägers über das in § 9 SGB XII verankerte Wunsch- und Wahlrecht. Der Besuch des Klägers in dem Arbeitsbereich der WfbM bei der Beigeladenen sei nicht mit Mehrkosten verbunden, die jedoch durch Kosten für einen speziellen Fahrdienst bei dem Besuch der WfbM der St. Franziskus Stiftung anfielen. Ein Umzug käme aufgrund des Alters und der engen familiären Strukturen für den Kläger nicht in Betracht. Ein selbstständiges Leben sei nur unter enger Mithilfe seiner Eltern möglich. Außerdem lebe er in einer Eigentumswohnung.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. Februar 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Februar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juni 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten für den Besuch im Arbeitsbereich der Werkstatt für Behinderte Menschen der beigeladenen ISBA gGmbH ab 1. Januar 2015 zu übernehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Im Erörterungstermin am 6.10.2016 hat der Geschäftsführer der Beigeladenen, Herr K. mitgeteilt, dass in der Einrichtung seit jeher immer Menschen auch mit anderen Behinderungen als psychischen oder geistigen Behinderungen beschäftigt worden seien. Der Kläger sei auch nicht der einzige Mensch mit Sinnesbehinderung. Der Arbeitsplatz des Klägers liege jetzt in einem neuen Gebäude, in dem besonderer Wert auch auf Barrierefreiheit und taghelle Beleuchtung gelegt worden sei. Zu weiteren Investitionen sei die Einrichtung bereit, sofern es erforderlich werde.

Der Kläger hat den Entwicklungsbericht vom 14.10.2016 vorgelegt (Bl. 33 LSG Akte). Daraus geht hervor, dass der Kläger einige hochwertige Arbeiten, wie Ringbindungen erlernt habe und hier in guter Qualität arbeiten könne. Bei anderen Tätigkeiten wurden ihm Hilfsmittel, wie Anschlag, Zählhilfen oder Vergrößerungsgeräte, wie Lupe zur Verfügung gestellt. Grenzen der Beschäftigung lägen im Bereich des genauen Faltens oder ähnlicher Tätigkeiten. Die sozialen Kompetenzen des Klägers hätten sich positiv verändert. Dem Kläger werde auch weiterhin auf längere Sicht nicht möglich sein, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einer Beschäftigung nachzugehen.

Der Beklagte hat daran festgehalten, dass die WfbM der Beigeladenen die ihr zustehende Aufgabe im Falle des Klägers nicht erfüllen könne und eine zielgerichtete Unterstützung im Hinblick auf den Erhalt, die Entwicklung, Erhöhung oder Wiedergewinnung der Leistungs- und Erwerbsfähigkeit nur in einer Werkstatt für Sehbehinderte erfüllt werden könne. Die WfbM der Stiftung St. Franziskus in Heiligenbronn (Landkreis Rottweil), in der die Hilfsmittel und die entsprechenden Kenntnisse über die Behinderungsart vorhanden seien und eine erfolgreiche Förderung des einzelnen und gegebenenfalls auch eine Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt erfolgen könne, biete ein entsprechendes Angebot zu einem Tagessatz von derzeit 36,63 EUR an. Die Erreichung dieser Einrichtung mit dem öffentlichen Personennahverkehr sei auch zumutbar. Zwischen Rottweil und Heiligenbronn sei ein Fahrdienst eingerichtet, im Übrigen hätte der Kläger die Möglichkeit, mit dem Merkzeichen G öffentliche Verkehrsmittel kostenfrei zu nutzen. Die Notwendigkeit einer Begleitperson sei nicht ersichtlich.

Der Kläger hält die Fahrzeit nach Heiligenbronn - laut Auskunft des Sozialdienstes der Einrichtung St. Franziskus von täglich 2 Stunden 50 Minuten für die Hin- und 2 Stunden 44 Minuten für die Rückfahrt mit Beginn um 5:10 Uhr und Rückkehr um 19:29 Uhr unter Nutzung des eingerichteten Fahrdienstes von Rottweil - nicht für zumutbar. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel im ungewohnten Raum sei bei seiner Sehbehinderung fraglich, kostenlose Beförderung habe er auch zur Beigeladenen. In St. Franziskus werde er keine bessere Förderung erhalten. Aus dem Entwicklungsbericht der ISBA sei klar ersichtlich, dass jetzt mit den zur Verfügung gestellten Hilfsmitteln der Kläger bereits im erforderlichen Umfang Förderung erhalte. Die Beklagte sehe fälschlich nur den Übergang auf den Arbeitsmarkt als Ziel der Eingliederungshilfe an. Die Werkstätten hätten jedoch eine doppelte Ausrichtung. Sie seien einerseits eine Einrichtung der beruflichen Rehabilitation und andererseits eine Einrichtung, in der die Eingliederung in das Arbeitsleben tatsächlich bewirkt werde. Daher sei das Ziel der Eingliederungshilfe auch die Beschäftigung in der Werkstatt und Teilhabe am Arbeitsmarkt durch die Werkstatt. Für die Förderung dieses Zieles sei die Beigeladenen geeignet, denn der Kläger erbringe im Arbeitsbereich der Werkstatt eine wirtschaftlich verwertbare Arbeit. Worin ein Unterschied zur Stiftung St. Franziskus bestehen solle, habe der Beklagte nicht dargelegt.

Der Beklagte hat zuletzt eingeräumt, dass auch er das Vorliegen einer wesentlichen Behinderung und damit die Übernahme der Kosten für den Besuch einer WfbM nicht generell ablehne (Schreiben vom 9.3.2017, Bl. 44 LSG-Akte).

Mit Beschluss vom 6.9.2017 hat der Senat die ISBA g GmbH zum Verfahren beigeladen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Bl. 46, Bl. 52 u. Bl. 65).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten inklusive der Akte des Fachausschusses sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung des Klägers hat Erfolg.

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist auch begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf Übernahme der Kosten für den Besuch im Arbeitsbereich der WfbM der Beigeladenen ab 1.1.2015.

Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 16.2.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.6.2015, mit dem es der Beklagte abgelehnt hat, die beantragten Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für die Beschäftigung im Arbeitsbereich der WfbM der Beigeladenen ab dem 1.1.2015 zu übernehmen. Zulässig ist die Klage auf Erlass eines Grundlagenbescheids gerichtet (BSG, Urteil vom 9.12.2016 – B 8 SO 8/15 R –, juris Rn. 17). Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1, 4 SGG).

Rechtsgrundlage ist §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 41 SGB IX. Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Personen mit einer anderen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten (§ 53 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist (§ 2 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Gem. § 53 Abs. 3 Satz 1 SGB XII ist es besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 Satz 2 SGB XII).

Vorliegend stehen als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten WfbM in Frage. Nach §§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 41 Abs. 1 SGB IX erhalten behinderte Menschen Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten WfbM, bei denen (1.) eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder (2.) Berufsvorbereitung, berufliche Anpassung und Weiterbildung oder berufliche Ausbildung (§ 33 Abs. 3 Nrn. 2 bis 4 SGB IX) wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder in Betracht kommen und die in der Lage sind, wenigstens ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen. Die Leistungen sind gerichtet auf (1.) Aufnahme, Ausübung und Sicherung einer der Eignung und Neigung des behinderten Menschen entsprechenden Beschäftigung, (2.) Teilnahme an arbeitsbegleitenden Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der im Berufsbildungsbereich erworbenen Leistungsfähigkeit und zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit sowie (3.) Förderung des Übergangs geeigneter behinderter Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt durch geeignete Maßnahmen (§§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 41 Abs. 2 SGB IX). Die begehrten Leistungen für den Besuch des Arbeitsbereichs in einer WfbM sind nach dem Bruttoprinzip (§ 92 Abs. 1 Satz 1 SGB XII; vgl. dazu BSG, Urteil vom 24. März 2015 - B 8 SO 16/14 R - juris Rdnr. 14) und unabhängig vom Vermögen des behinderten Menschen zu erbringen (§ 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 und Satz 2 SGB XII).

In Anwendung dieser Maßstäbe hat der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Leistungen des Arbeitsbereichs der WfbM der Beigeladenen.

Der Kläger erfüllt zunächst die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Bei ihm liegt eine wesentliche körperliche Behinderung (§ 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX, § 1 Nr. 4a Verordnung nach § 60 des 12. Buches Sozialgesetzbuch - Eingliederungshilfeverordnung (EinglHV)) vor. Denn durch die Herabsetzung seiner Sehfähigkeit, die auf 0,1 beidseits reduziert ist und damit unter dem Maximalwert von 0,3 liegt, ist der Kläger dauerhaft wesentlich in seiner Teilhabefähigkeit eingeschränkt.

Der Kläger gehört zum Personenkreis des § 41 Abs. 1 SGB IX, da bei ihm wegen seiner körperlichen Behinderung eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht in Betracht kommt. Er ist für die Realisierung seines Rechts auf Teilhabe für die Ausübung einer angemessenen Tätigkeit auf die Beschäftigung in einer WfbM angewiesen. Dies ist zur Überzeugung des Senats durch die Erwerbsbiographie des Klägers hinreichend belegt, wonach er auch nach Ausbildung zum Korbmacher und trotz einer Umschulung zum Bürokaufmann wegen der Sehbehinderung und der damit einhergehenden psychologischen Probleme - er kann seine Behinderung nicht akzeptieren - noch nie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt länger Fuß fassen konnte. Bestätigt wird dies durch den Feststellungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 7.12.2009 und das psychologische Gutachten der Agentur für Arbeit vom 15.11.2011 sowie die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung durch die Deutsche Rentenversicherung. Damit sind die Art oder Schwere der Behinderung das Kriterium, welches gerade die Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt verhindert und nicht etwa arbeitsmarktspezifische Probleme, die vom leistungsberechtigten Personenkreis ausschließen würden (vgl. Jakobs in Dau/Düwell/Joussen, SGB IX, 4. Aufl. 2014 § 136 Rn. 12). Dies wird auch nun von dem Beklagten nicht mehr in Abrede gestellt, der das Vorliegen einer wesentlichen Behinderung und die Übernahme der Kosten in einer WfbM nicht mehr generell ablehnt. Ausweislich der Entwicklungspläne der WfbM der Beigeladenen ist der Kläger unzweifelhaft auch in der Lage, ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen.

Die Leistungen im Arbeitsbereich der WfbM der Beigeladenen sind auch geeignet und erforderlich, dem Kläger eine angemessene berufliche Tätigkeit zu ermöglichen und zu erleichtern. Im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII besteht auch nach der Besonderheit des Einzelfalles die Aussicht, dass die Aufgaben der Eingliederungshilfe dort erfüllt werden können. Entgegen der Ansicht des Beklagten steht dem nicht entgegen, dass es sich bei der Beigeladenen um eine Einrichtung für psychisch Kranke handelt, der Kläger jedoch mit seiner Sehbehinderung eine körperliche Behinderung hat. Die Beigeladene stellt dem Kläger die von ihm auf Grund seiner Sehbehinderung zur Erbringung der Arbeitsleistung benötigten Hilfsmittel, wie Lupe etc., zur Verfügung. Der Kläger hat mittlerweile anspruchsvollere Arbeiten wie Ringbindungen erlernt und sich auch sozial weiterentwickelt. Insbesondere nach der Umorganisation seines Arbeitsplatzes und der Verlagerung in ein neues Gebäude, in dem auch ein besonderer Wert auf Barrierefreiheit und taghelle Beleuchtung bzw. Tageslicht gelegt worden ist, besteht dort ein geeigneter Arbeitsplatz für den Kläger und wird ihm die erforderliche Hilfe zur Teilhabe zu teil. Dies steht im Einklang mit den Anforderungen an die WfbM, die gem. § 136 Abs. 1 S. 4 SGB IX über ein möglichst breites Angebot an Berufsbildungs- und Arbeitsplätzen sowie über qualifiziertes Personal und einen begleitenden Dienst verfügen soll. Gemäß § 136 Abs. 2 S. 1 SGB IX steht die WfbM allen behinderten Menschen im Sinne des Abs. 1 offen unabhängig von Art oder Schwere der Behinderung. Nach § 137 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB IX erfolgt die Aufnahme unabhängig von der Art der Behinderung, wenn in dem Einzugsgebiet keine besondere Werkstatt für behinderte Menschen für diese Behinderungsart vorhanden ist. Maßgeblich ist demnach das Einzugsgebiet. Der Kläger wohnt im Einzugsgebiet der Beigeladenen. Er hat einen Aufnahmeanspruch gegenüber der Beigeladenen; die Aufnahme entspricht auch seinem zu beachtenden Wunschrecht nach § 9 SGB XII. Der Aufnahmeanspruch besteht nur dann nicht, wenn für Menschen mit einer speziellen Art der Behinderung eine andere, besondere Werkstatt im Einzugsbereich vorhanden ist (Knittel, SGB IX, 8. Aufl. § 137 Rn. 19). Eine speziell auf seine Sehbehinderung abgestellte WfbM besteht im beklagten Landkreis jedoch nicht. Es gibt mithin im Einzugsgebiet keine Alternative für den Kläger.

Die vom Beklagten benannte WfbM der Stiftung St. Franziskus in Heiligenbronn im Nachbarlandkreis Rottweil stellt keine zumutbare Alternative für den Kläger dar. Zwar handelt es sich dabei um eine WfbM, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Sehbehinderung zugeschnitten ist. Sie ist jedoch für den Kläger nicht zumutbar erreichbar. Nach der vom Kläger beim Sozialdienst der Stiftung St. Franziskus eingeholten Auskunft betragen die Fahrzeiten zwischen seinem Wohnort Balingen-Frommern und der WfbM der Stiftung St. Franziskus unter Benutzung des auf Grund der Sehbehinderung erforderlichen Fahrdienstes zwischen Rottweil und Heiligenbronn jeweils mehr als 2 Stunden für eine Strecke. Dies ist von dem Beklagten nicht dezidiert bestritten worden und auch eine konkrete, zeitlich kürzere Alternative nicht aufgezeigt worden. Selbst unterstellt, der Kläger könnte die zwischen Balingen-Frommern und Heiligenbronn verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittel mit seiner Sehbehinderung uneingeschränkt benutzen, ergeben sich auch durch Ermittlung der Fahrzeit über google maps unzumutbare Fahrzeiten von über einer Stunde. Damit wohnt der Kläger nicht im Einzugsgebiet der WfbM in Heiligenbronn. An- und Abfahrtszeiten von mehr als 45 Minuten je Fahrt sind regelmäßig als nicht zumutbar anzusehen (Knittel, SGB IX, § 137 Rn. 11). Auch ein Umzug kann von dem sozial in Balingen verwurzelten Kläger, der mit Hilfe seiner Eltern eigenständig leben kann und in einer Eigentumswohnung wohnt, nicht zum Besuch der WfbM verlangt werden, solange dies seinem Wunschrecht widerspricht.

Unmaßgeblich ist es daher, dass der Beklagte meint, der Kläger könne in der WfbM in Heiligenbronn wohl eine "bessere" Förderung erhalten und den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt erreichen. Zunächst ist nicht ersichtlich und dargetan, worin der Unterschied in der Beschäftigung in der einen wie in der anderen WfbM bestehen soll. Beide führen in den WfbM-Räumen überwiegend Lohnaufträge aus Industrie, Gewerbe und Handel aus. Die für die Arbeiten des Klägers erforderlichen Hilfsmittel erhält er auch von der Beigeladenen, um seine Arbeitsleistung erbringen zu können. Auch die Beigeladene ist eine Einrichtung, deren Konzeption in Richtung Annäherung an den ersten Arbeitsmarkt geht. Die von der Beigeladenen an den Kläger seit 1.1.2015 erbrachten Leistungen im Arbeitsbereich ihrer WfbM sind darauf gerichtet, den Kläger angemessen zu beschäftigen, dabei seine Fähigkeiten zu erweitern, ihn durch spezielle Hilfsmittel zu fördern, sowie seine Persönlichkeit (insbesondere Kontaktfähigkeit, soziale Integration) zu entwickeln. Durch diese Leistungen im Rahmen des Besuchs der WfbM wird dem Kläger eine seiner Behinderung angemessene Tätigkeit ermöglicht sowie dessen Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erleichtert.

Der Senat hält es dagegen für mehr als zweifelhaft, dass dem Kläger trotz entsprechender Förderung hinsichtlich seiner Sehbehinderung von der Jugend an und Scheitern über Jahrzehnte hinweg nun im Alter von 51 Jahren der erfolgreiche Übergang auf den ersten Arbeitsmarkt gelingen kann. Somit kommt für den Kläger, bei dem wegen der Art der Behinderung das Ziel der Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht (mehr) erreicht werden kann, eine dauerhafte Beschäftigung in der WfbM als Ziel der Leistung in Betracht (vgl. Jacobs in Dau/Düwell/Joussen, SGB IX, vor § 136 Rn. 3), was der Beklagte verkennt. Zutreffend hat die Klägervertreterin formuliert, dass das Ziel der Eingliederungshilfe auch die Beschäftigung in der Werkstatt und Teilhabe am Arbeitsmarkt durch die Werkstatt ist.

Grundsätzlich entscheidet der Sozialhilfeträger zwar, "wie" der Teilhabebedarf zu decken ist. Insoweit steht ihm unter den in Betracht kommenden Maßnahmen ein Ermessen zu, welches insbesondere das Wunsch- und Wahlrecht des Berechtigten nach § 9 SGB IX zu berücksichtigen hat (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 28. April 2016 – L 8 SO 24/14 –, Rn. 51, juris; Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 54 SGB XII, Rn. 9). Mangels zumutbarer Alternative kommt vorliegend ein Auswahlermessen des Beklagten jedoch nicht in Betracht. Das Ermessen ist damit auf Null reduziert und der Kläger hat einen Rechtsanspruch gegen den Beklagten auf Übernahme der Kosten für den Besuch im Arbeitsbereich der WfbM der Beigeladenen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Nachdem die erst im Berufungsverfahren beigeladene Trägerin der WfbM keinen Antrag gestellt hat, sind ihre außergerichtlichen Kosten nicht zu erstatten.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 u. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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