S 49 AS 3199/19 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
49
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 49 AS 3199/19 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 21 AS 1787/19 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 1/4.

Gründe:

I.

Mit Schreiben vom 19.07.2019, beim SG Duisburg eingegangen am 31.07.2019, hat die Antragstellerin einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Zur Begründung trägt die Antragstellerin sinngemäß vor, dass ihr aufgrund eines rechtswidrigen Einstellungsbescheides vom 15.05.2019 zu Unrecht ab dem 01.06.2019 keine Leistungen ausgezahlt werden würden. Die Antragsgegnerin gehe zu Unrecht von überschießendem Einkommen aus. Über ihren Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.05.2019 sei noch nicht entschieden worden. In dem übersandten Widerspruchsschreiben vom 22.05.2019 ist die Erhebung eines sozialgerichtlichen Eilverfahrens für den Fall in Aussicht gestellt, dass innerhalb der nächsten Tage eine Korrektur der Entscheidung erfolgen sollte.

Die Antragstellerin beantragt mit Schriftsatz vom 19.07.2019,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin Arbeitslosengeld II mindestens in Höhe der Regelleistung gemäß § 20 SGB II zu gewähren.

Mit Schriftsatz vom 06.08.2019 teilt die Antragsgegnerin mit, dass sie dem Widerspruch abhelfen wird. Die entsprechende Zahlungsanweisung in Höhe von 2.479,50 EUR sei gestern veranlasst worden. Der Antrag habe sich damit erledigt. Weder auf dieses Schreiben noch auf die spätere Übersendung des Abhilfebescheides vom 05.08.2019 erfolgte eine Reaktion der Antragstellerin. Insbesondere wurde die gerichtliche Anfrage, ob das Geld bei der Antragstellerin eingegangen sei keine Erklärung abgegeben.

Mit Verfügung vom 26.08.2019 hat das Gericht die Antragstellerin unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 106a SGG u.a. aufgefordert, binnen fünf Tagen nach Zugang des Schreibens den Zahlungseingang zu bestätigen. Ferner ist die Antragstellerin aufgefordert worden mitzuteilen, mit welcher Begründung das Eilverfahren nun noch fortgesetzt werden solle. Für den Fall einer unveränderten Fortführung des Eilverfahrens nach Fristablauf wurde auf die Rechtsfolgen des § 192 SGG hingewiesen. Die Verfügung, welche vom Kammervorsitzenden mit vollem Namen unterzeichnet worden ist, ist dem Prozessbevollmächtigten in beglaubigter Abschrift am 29.08.2019 zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 29.08.2019 macht der Prozessbevollmächtigte geltend, dass ihm der Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 06.08.2019 nicht vorliege. Nach erneuter Übersendung des Schriftsatzes, welcher dem Prozessbevollmächtigten nach der Gerichtsakte damit zum dritten Mal übersandt worden ist, hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin mit Schreiben vom 05.09.2019 erklärt, dass um Verlängerung der vom Gericht gesetzten Frist zur Erledigungserklärung bis zum 13.09.2019 gebeten werde, da die alleinige Rechtsanwältin J. sich bis zum 06.09.2019 in Urlaub befände.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen. Diese Inhalte sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.

II.

Die nach § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG] statthafte Regelungsanordnung der Antragstellerin ist nach Erlass des Abhilfebescheides vom 05.08.2019 und Nachzahlung der einbehaltenen Leistungen jedenfalls nicht mehr begründet. Inwiefern bereits mit oder nach dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 06.08.2019 bereits das Rechtsschutzbedürfnis für die Fortsetzung des Eilverfahrens entfallen ist, bedarf daher keiner abschließenden Entscheidung. Mehr als die vollständige Aufhebung des angegriffenen Bescheides nebst Nachzahlung der Leistungen konnte die Antragstellerin im Eilverfahren jedenfalls nicht erreichen, so dass hiermit ihrem Eilantrag vollumfänglich entsprochen worden war.

Das Gericht ist nicht wegen der weiterhin ausstehenden inhaltlichen Reaktion der Antragstellerin oder der beantragten Fristverlängerung gehindert eine Eilentscheidung in der Sache zu treffen. Das Gericht kann im Eilverfahren auch ohne Stellungnahme des Antragsgegners entscheiden, wenn dies durch eine besondere Eilbedürftigkeit notwendig werden sollte und der Antragsgegner zuvor angehört worden ist (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 86b SGG, Rn. 16). Das Gericht hat der Antragstellerin hier ab dem 06.08.2019 wiederholt die Möglichkeit zu einer Stellungnahme gegeben, die diese tatsächlich nicht genutzt hat. Eine tatsächliche Äußerung bei Äußerungsmöglichkeit ist zur Wahrung des rechtlichen Gehörs des Antragsgegners nicht notwendig. Eine bloße Anhörung des Antragsgegners genügt. Vorliegend war im Hinblick auf die bereits erfolglos verstrichene Zeitspanne bis zum Zeitpunkt dieser Entscheidung ein längeres Zuwarten des Gerichtes nebst Verzögerung der Eilentscheidung nicht mehr angezeigt, nachdem auch die letzte Fristsetzung mit Präklusionswirkung nach § 106a SGG nicht zur Stellungnahme genutzt werden sollte, aber das Eilverfahren sich spätestens mit der Erlass des Abhilfebescheides vom 05.08.2019 – welcher an die Kanzlei des Prozessbevollmächtigten adressiert war und diesem bereits außergerichtlich zugegangen ist – vor ca. einem Monat inhaltlich erkennbar bereits erledigt hatte. Sofern die interne Kanzleiorganisation nicht in der Lage sein sollte auch während des Urlaubes einer Kollegin eine ordnungsgemäße und zeitnahe Bearbeitung der übernommenen Eilverfahren zu gewährleisten, ist es nicht Aufgabe des Gerichtes oder der Antragsgegnerin diese Versäumnisse durch ein weiteres Verlängern der angeblich eilbedürftigen Angelegenheit aufzufangen.

Das Gericht sieht im Rahmen seiner Ermessensentscheidung vorliegend zugunsten der Antragstellerin von einer Verhängung von Missbrauchskosten für die Fortsetzung des Eilverfahrens nach § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG ab. Die Kostenentscheidung bzgl. der Kostenerstattung von 1/4 beruht im Übrigen auf der analogen Anwendung des § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung. Maßgeblich für die Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Eilantrages ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (Burkiczak, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 86b SGG, Rn. 327). Wie bereits dargestellt ist der Eilantrag inzwischen nicht mehr erfolgreich. Eine Kostentragung der Antragsgegnerin kommt insofern lediglich unter Veranlassungsgesichtspunkten nach Billigkeit in Betracht (vgl. hierzu: Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 193 SGG, Rn. 12b) Obwohl die Antragsgegnerin durch eine mangelnde Reaktion auf die Widerspruchserhebung nebst Androhung des Eilverfahrens zunächst Anlass für die Einleitung des Eilverfahrens gegeben hatte, erscheint es aus Veranlassungsgesichtspunkten unbillig, der Antragsgegnerin die überwiegende Kostentragung für das Verfahren aufzuerlegen. Denn die Antragsgegnerin hat bereits unmittelbar im ersten Schriftsatz zum Eilverfahren angekündigt dem Begehren der Antragstellerin inhaltlich voll entsprechen zu wollen. Sie hat diesem Begehren auch zeitnah mit Nachzahlung und dem Erlass des Abhilfebescheides vom 05.08.2019 innerhalb von fünf Tagen seit Anhängigkeit des Eilverfahrens vollumfänglich stattgegeben und das erledigende Ereignis eigenverantwortlich veranlasst. Die weit überwiegende Fortdauer des Eilverfahrens von einem Monat seit Eintritt des erledigenden Ereignisses ist allein der darauf eingetretenen Untätigkeit der Antragstellerin geschuldet. Sie trägt aus Sicht des Gerichtes damit die überwiegende Verantwortung für Fortgang und Dauer des Eilverfahrens, welche das Gericht hier mit 3/4 bewertet.
Rechtskraft
Aus
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