L 5 KR 1672/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 2236/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 1672/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Nachweis, wie erzieltes Arbeitseinkommen bzw. Änderungen bei pflichtversicherten Rentnern, die nebenberuflich selbstständig erwerbstätig sind, zu führen ist, erfolgt nicht nach § 240 SGB V bzw. den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler, da diese Regelungen nur für den Bereich der freiwilligen Versicherung anwendbar sind und auf in der KVdR versicherte Rentner weder direkt noch analog heranzuziehen sind. Maßgebend sind vielmehr die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts, nach denen die Höhe des Arbeitseinkommens erst nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres feststeht. Die im Hinblick auf die Fälligkeitsregelung des § 23 SGB IV vorzunehmende Schätzung des Arbeitseinkommens hat deswegen anhand des aktuellsten Einkommensteuerbescheides zu erfolgen, wobei eigene Angaben des Versicherten zu berücksichtigen sind, soweit diese durch entsprechende Umsetzungen des Finanzamts, z.B. durch die Herabsetzung der quartalsmäßig zu entrichtenden Vorauszahlungen nach § 37 Abs 3 Satz 2 EStG, tragfähig sind.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 08.03.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der vom Kläger ab dem 01.01.2016 zu entrichtenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung streitig.

Der im Jahr 1946 geborene Kläger ist seit 14.01.2010 bei der Beklagten zu 1) in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) kranken- und bei der Beklagten zu 2) pflegeversichert. Neben einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung verfügte der Kläger über laufende Versorgungsbezüge der A-AG i.H.v. 54,54 EUR monatlich und Versorgungsbezüge der H. L. AG, die ihm kapitalisiert i.H.v. 25.459,16 EUR ausbezahlt worden sind. Daneben erzielte er Einkünfte aus Gewerbetrieb nach einer nebenberuflich ausgeübten Tätigkeit als Prüfingenieur sowie aus einer selbstständigen Tätigkeit als KfZ-Sachverständiger. Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aus dem kapitalisiert ausbezahlten Versorgungsbezug und den Erwerbseinkünften sind vom Kläger selbst gezahlt worden, die Beiträge aus der gesetzlichen Rente und dem laufenden Versorgungsbezug wurden vom Rentenversicherungsträger bzw. der A-AG direkt abgeführt.

Mit Bescheid vom 06.03.2014 setzte die Beklagte zu 1), auch namens der Beklagten zu 2), die Beiträge aus den Erwerbseinkünften und betr. die kapitalisiert ausbezahlten Versorgungsbezüge zur Krankenversicherung ab dem 01.02.2014 auf monatlich 279,34 EUR und zur Pflegeversicherung auf 36,95 EUR (insg. 316,29 EUR monatlich) fest. Sie legte hierbei die im Einkommenssteuerbescheid für das Veranlagungsjahr 2012 ausgewiesenen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit i.H.v. 1.590,08 EUR monatlich sowie einen Betrag von 212,16 EUR (1/120 der Auszahlungssumme im Zeitraum vom 01.04.2011 – 31.03.2021) monatlich betr. die kapitalisiert ausbezahlten Versorgungsbezüge zu Grunde. Wegen der Erhebung eines Zusatzbeitrages von 1 % zur Krankenversicherung erhöhte sich der vom Kläger insg. zu tragende Betrag ab dem 01.01.2016 bei unverändert berücksichtigten Einkünften von insg. 1.802,24 EUR auf 323,51 EUR monatlich (Bescheid vom 18.12.2015).

Unter dem 12.01.2016 beantragte der Kläger eine Neuberechnung der ab 2016 anfallenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Er führte hierzu aus, der Überschuss aus der nebenberuflichen Gutachtertätigkeit habe im Jahr 2014 11.725,- EUR betragen. Zum 31.12.2015 habe er seine nebenberufliche Tätigkeit als Prüfingenieur beendet, weswegen sein Einkommen um 11.000,- EUR sinke. Aus der selbstständigen Tätigkeit als Kfz-Sachverständiger werde er im Jahr 2016 einen Erlös von ca. 8.000,- EUR erzielen, der, bei einer unveränderten Kostensituation, zu einem Überschuss von 0,- EUR führe. Hierzu wurde eine vom Steuerberater des Klägers erstellte Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2014 vom 22.12.2015 vorgelegt.

Mit Bescheid vom 10.02.2016 lehnte die Beklagte zu 1) den Antrag des Klägers ab. Eine Beitragssenkung sei nicht möglich, die Beiträge berechneten sich zeitversetzt anhand des aktuellsten Einkommenssteuerbescheides, derzeit dem für das Jahr 2012.

Unter Vorlage des Einkommenssteuerbescheides für das Veranlagungsjahr 2013 vom 20.03.2015, in dem die Einkünfte des Klägers aus der selbstständigen Tätigkeit auf 16.056,- EUR beziffert sind, erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Bei ihm sei, so der Kläger, infolge der Abgabe seines Büros eine veränderte Einkommenssituation mit einem erheblichen Gewinneinbruch von mehr als 50 % eingetreten.

Die Beklagte zu 1) berechnete daraufhin die vom Kläger selbst zu tragenden Beiträge neu und setzte diese, auch namens der Beklagten zu 2), mit Bescheid vom 22.02.2016 ab dem 01.03.2016 auf insg. 278,26 EUR monatlich (Beitrag zur Krankenversicherung: 226,33 EUR, Zusatzbeitrag: 15,50 EUR, Beitrag zur Pflegeversicherung: 36,43 EUR) fest. Sie legte hierbei die im Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2013 benannten Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit mit 1.338,- EUR monatlich zu Grunde und verbeitragte insg. einen Betrag von 1.604,70 EUR.

Hiergegen erhob der Kläger unter dem 02.03.2016 Widerspruch. Seit seinem Renteneintritt sei er nur noch nebenberuflich selbstständig tätig. Die von ihm zu tragenden Beiträge seien daher, zur Vermeidung eines existenzbedrohenden Härtefalls, auf Basis seiner aktuellen Einkommensverhältnisse nach dem Schreiben vom 12.01.2016 zu bemessen.

Nachdem der Kläger sodann unter dem 14.03.2016 den Einkommenssteuerbescheid für das Veranlagungsjahr 2014 vom 17.02.2016 vorgelegt hatte, in dem die Einkünfte des Klägers aus der selbstständigen Tätigkeit auf 11.731,- EUR und die aus Gewerbebetrieb auf 91,- EUR beziffert sind, berechnete die Beklagte zu 1), auch namens der Beklagten zu 2), die vom Kläger selbst zu tragenden Beiträge neu und setzte diese mit Bescheid vom 18.03.2016 ab dem 01.04.2016 auf insg. 214,92 EUR monatlich (Beitrag zur Krankenversicherung: 174,81 EUR, Zusatzbeitrag: 11,97 EUR, Beitrag zur Pflegeversicherung: 28,14 EUR) fest. Sie legte hierbei die im Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2014 benannten Einkünfte mit 985,17 EUR monatlich zu Grunde und verbeitragte insg. einen Betrag von 1.251,87 EUR.

Im weiteren Fortgang brachte der Kläger vor, die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler (BeitrVerfGrsSz) regelten u.a. auch die Erhebung von Beiträgen von Rentnern, die über nebenberuflich erwirtschaftete Einkünfte verfügten. Hierbei sei festgelegt, dass bei einer unverhältnismäßigen Belastung auf Grund eines reduzierten Einkommens eine Verbeitragung entsprechend eines Einkommenssteuervorauszahlungbescheids möglich sei.

Sodann wies die Beklagte zu 1), auch namens der Beklagten zu 2), die Widersprüche des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 18.08.2016 zurück. Zur Begründung führte sie aus, im Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung seien die Beiträge aus Arbeitseinkommen bei versicherungspflichtigen Rentnern i.d.R. endgültig festzusetzen; für eine einstweilige Beitragsfestsetzung verbleibe nur ein geringer Anwendungsbereich. Da die beitragspflichtigen Einnahmen damit grundsätzlich nicht erst nachträglich feststehen dürften, bedürfe es für die zukunftsgerichtete Beitragsfestsetzung einer verlässlichen Grundlage, die i.d.R. nur der Einkommenssteuerbescheid bilden könne. Eine verbindliche Selbsteinschätzung der Einkünfte oder eine Glaubhaftmachung durch den Versicherten kenne das Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung hingegen nicht. Im Hinblick auf den Zeitpunkt, zu dem Einkommensänderungen bei der Beitragsfestsetzung wirksam würden, sei es zulässig, auf die BeitrVerfGrsSz zurückzugreifen, die eine Berücksichtigung einer Änderung ab dem Ersten des Monats vorsähen, der auf die Erstellung des Einkommensteuerbescheides folge. Sie, die Beklagten, seien i.d.S. vorgegangen, weswegen die Beitragsfestsetzung nicht zu beanstanden sei; eine (rückwirkende) geringere Beitragsfestsetzung ab 01.01.2016 anhand seiner aktuellen Einnahmen komme hingegen nicht in Betracht.

Hiergegen erhob der Kläger am 01.09.2016 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG). Er brachte vor, die von ihm zu tragenden Beiträge seien für die Zeit ab dem 01.01.2016 niedriger festzusetzen. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, durch die Aufgabe seiner Tätigkeit als Prüfingenieur zum 31.12.2015 habe sich ein Gewinneinbruch von mehr als 50 % ergeben. Dies sei im Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2014 und der darin festgesetzten Jahresvorauszahlung für 2016 vom Finanzamt dokumentiert und den Beklagten mitgeteilt worden. Bei Festsetzung der Beiträge entsprechend dem wesentlich höheren Einkommen des Jahres 2014 werde diese unverhältnismäßige Belastung nicht berücksichtigt. In den Hinweisen des GKV-Spitzenverbandes vom November 2013 sei jedoch festgelegt, dass unter besonderen Bedingungen die Beitragsbemessung nicht mehr aus dem letzten Einkommenssteuerbescheid, sondern aus dem geschätzten niedrigeren Arbeitseinkommen zu Grunde zulegen sei. Eine unverhältnismäßige Belastung liege vor, wenn sich das angenommene Arbeitseinkommen um mehr als ein Viertel des im Einkommenssteuerbescheid zuletzt festgestellten Arbeitseinkommens reduziere. Dies werde vorliegend durch die Angaben im Vorauszahlungsbescheid dokumentiert, weswegen die zu tragenden Beiträge, entsprechend den Vorgaben der BeitrVerfGrsSz, anzupassen seien.

Die Beklagten traten der Klage unter Verweis auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides entgegen.

Mit Bescheid vom 27.12.2016 setzte die Beklagte zu 1), auch namens der Beklagten zu 2), den vom Kläger ab dem 01.01.2017 zu tragenden Beitrag auf insg. 217,31 EUR monatlich (Beitrag zur Krankenversicherung: 143,83 EUR, Zusatzbeitrag: 9,85 EUR, Beitrag zur Pflegeversicherung: 25,12 EUR) fest.

Nachdem der Kläger den Beklagten mit Schreiben vom 24.01.2017 den Einkommenssteuerbescheid für das Veranlagungsjahr 2015 vom 05.12.2016 vorgelegt hatte, in dem Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit i.H.v. 1.825,- EUR sowie negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 4.632,- EUR beziffert sind, setzte die Beklagte zu 1), auch namens der Beklagten zu 2), die vom Kläger ab dem 01.02.2017 selbst zu tragenden Beiträge mit Bescheid vom 31.01.2017 auf insg. 38,51 EUR monatlich (Beitrag zur Krankenversicherung: 30,98 EUR, Zusatzbeitrag: 2,12 EUR, Beitrag zur Pflegeversicherung: 5,41 EUR) fest. Sie verbeitragte hierbei ausschließlich die Kapitalleistung der H. L. AG mit einen Betrag von 212,16 EUR monatlich; Arbeitseinkommen berücksichtigte sie nicht.

Mit Urteil vom 08.03.2017 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, die Beklagte zu 1) habe die vom Kläger ab dem 01.01.2016 aus seinem Einkommen zu zahlenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung zutreffend berechnet. Bei in der KVdR versicherten Rentnern werde nach § 237 Satz 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), der nach § 57 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) auch für Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung gelte, auch das Arbeitseinkommen zu Grunde gelegt. Zum Arbeitseinkommen rechneten nach § 15 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) Einkünfte aus einer nicht hauptberuflich ausgeübten selbstständigen Tätigkeit und Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Da § 237 SGB V weder eine Regelung über die Führung des Nachweises erzielten Arbeitseinkommens noch über den Zeitpunkt, ab dem Änderungen des Einkommens bei der Beitragsbemessung berücksichtigt werden müssten, beinhalte und die Regelung des § 240 Abs. 4 SGB V nur für hauptberuflich selbstständige Erwerbstätige gelte, hätte sich, so das SG unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG; Urteil vom 22.03.2006 - B 12 KR 14/05 R - und vom 11.03.2009 - B 12 KR 30/07 R -, jew. in juris -), die Beitragsfestsetzung daran zu bestimmen, dass Beiträge in aller Regel endgültig festzusetzen seien und der Nachweis geänderter Einnahmen nur zukunftsbezogen möglich sei. Die lediglich zeitversetzt erfolgte Berücksichtigung von Änderungen der Einkünfte sei nicht zu beanstanden, weil auf einen längeren Zeitraum gesehen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in den Beiträgen zutreffend abgebildet werde. Eine endgültige Beitragseinstufung aufgrund einer Schätzung der zu erwartenden Einnahmen durch die Krankenkasse sei ungeeignet, denn es fehle i.d.R. schon an einer tauglichen Grundlage für eine verlässliche Schätzung der zukünftigen Einnahmen. Lediglich in Fällen, in denen eine selbstständige Tätigkeit erst aufgenommen worden sei und deshalb der Nachweis über die hieraus erzielten Einnahmen für die endgültige Beitragsfestsetzung noch nicht erbracht werden könne, sei eine andere Einschätzung geboten. Hiernach könne auch bei dem nebenberuflich selbstständigen Kläger die bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigende Einkommenssituation nur durch einen Einkommensteuerbescheid - zeitversetzt - abgebildet werden. Die Modalitäten hierfür seien, so das SG weiter, sachgerechterweise an den Regelungen der BeitrVerfGrsSz zu orientieren. Nach § 7 BeitrVerfGrsSz bleibe das über den letzten Einkommensteuerbescheid festgesetzte Arbeitseinkommen bis zur Erteilung des nächsten Einkommensteuerbescheids maßgebend. Der neue Einkommensteuerbescheid sei für die Beitragsbemessung ab Beginn des auf die Ausfertigung folgenden Monats heranzuziehen. Lege das Mitglied den Einkommensteuerbescheid später vor und ergebe sich eine günstigere Beitragsbemessung, seien die Verhältnisse erst ab Beginn des auf die Vorlage des Einkommensteuerbescheids folgenden Monats zu berücksichtigen. In Anwendung dieser Regelung habe die Beklagte zu 1) nach Vorlage der Einkommensteuerbescheide jeweils ab dem Folgemonat unter Berücksichtigung des jeweils niedrigeren Einkommens die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung zutreffend festgesetzt. Der Einwand des Klägers, er werde unverhältnismäßig belastet, greife nicht durch. Zwar sehe § 7 Abs. 7a BeitrVerfGrsSz vor, dass beim Vorliegen einer unverhältnismäßigen Belastung die auf der Grundlage eines Vorauszahlungsbescheides ermittelten Beiträge einstweilig festzusetzen sind, wobei eine unverhältnismäßige Belastung vorliege, wenn sich das angenommene Arbeitseinkommen um mehr als ein Viertel des über den Einkommensteuerbescheid zuletzt festgestellten Arbeitseinkommens reduziert habe, diese Voraussetzung liege beim Kläger jedoch nicht vor, da, wie aus den Einkommenssteuerbescheiden ersichtlich sei, die vom Kläger zu leistenden Steuervorauszahlungen von der Finanzverwaltung an der Steuerbelastung des jeweiligen Vorjahres orientiert worden sei, weswegen aus den jeweiligen Vorauszahlungsbescheiden nicht zu ersehen gewesen sei, dass die Einkünfte des Klägers aus selbstständiger Tätigkeit und aus Gewerbebetrieb im "Vorauszahlungsjahr" geringer seien, als im jeweiligen bereits "abgerechneten" Steuerjahr. Gegen das ihm am 21.03.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.04.2017 beim SG Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, das SG habe nicht berücksichtigt, dass die Beklagten ihn nicht darauf hingewiesen hätten, dass eine Beitragsanpassung mit der Vorlage eines angepassten Steuervorauszahlungsbescheides möglich gewesen wäre. Hierdurch habe er um 5.493,- EUR überteuerte Beiträge entrichtet.

Der Kläger beantragt - zweckdienlich gefasst -,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 08.03.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.02.2016 und unter Abänderung der Bescheide vom 22.02.2016 und vom 18.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2016 sowie der Bescheide vom 27.12.2016 und vom 31.01.2017 zu verurteilen, die von ihm ab dem 01.01.2016 bis 31.01.2017 aus Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit und aus Gewerbebetrieb zu zahlenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung in geringerer Höhe festzusetzen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrages verweisen die Beklagten auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG. Die Berufungsbegründung des Klägers beinhalte keine entscheidungserheblichen Aspekte.

Auf Anfrage des Senats hat die Beklagte zu 1) mitgeteilt, dass die vom Kläger selbst zu entrichtenden Beiträge mit Bescheid vom 07.07.2017 auch im Namen der Beklagten zu 2) mit einer unveränderten Gesamthöhe ab dem 01.07.2017 neu berechnet worden seien. Wie bereits im Bescheid vom 31.01.2017 berücksichtigten die Beklagten hierbei kein Arbeitseinkommen.

Mit Schreiben vom 19.10.2017 haben die Beklagten, mit solchen vom 23.10.2017 der Kläger das Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten zu 1) geführte Verwaltungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach dem erklärten Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nach § 143 SGG statthaft, da in Ansehung der klägerseits begehrten Beitragsreduzierung der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,- EUR überschritten ist und überdies die Festsetzung von Beiträgen für mehr als ein Jahr in Streit steht (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Gegenstand des Verfahrens sind der Bescheid der Beklagten vom 10.02.2016, mit dem der Antrag des Klägers, die vom ihm zu entrichtenden Beiträge zu reduzieren, abgelehnt worden ist sowie die Beitragsbescheide der Beklagten zu 1) vom 22.02.2016 und vom 18.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2016, mit denen die Beklagte zu 1), auch namens der Beklagten zu 2), aus den vom Kläger erzielten Einkünften Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung festgesetzt hat. Die Bescheide vom 27.12.2016 und vom 31.01.2017, mit denen die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 01.01.2017 bzw. 01.02.2017 festgesetzt worden sind, sind nach § 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetz Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens geworden.

Da die Beklagte zu 1) seit dem 01.02.2017 vom Kläger keine Beiträge aus den Erwerbseinkünften des Klägers mehr erhebt, ist vorliegend, da der Kläger sich nicht gegen die Verbeitragung der Versorgungsbezüge wendet, in zeitlicher Hinsicht lediglich darüber zu befinden, ob die Beklagte zu 1) für den Zeitraum vom 01.01.2016 (vgl. hierzu § 123 SGG) – 31.01.2017 niedrigere Beiträge wegen einer geringeren Berücksichtigung der Einkünfte des Klägers aus dessen nebenberuflich ausgeübten selbstständigen Tätigkeiten festzusetzen hat.

Die Berufung führt jedoch für den Kläger inhaltlich nicht zum Erfolg; das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die von der Beklagten zu 1) mit ihren Bescheiden vom 22.02.2016 und vom 18.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2016 sowie den Bescheiden vom 27.12.2016 und vom 31.01.2017 festgesetzten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sind nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die ab dem 01.01.2016 von ihm zu entrichtenden Beiträge niedriger zu bemessen sind, weswegen auch der Bescheid vom 10.02.2016 rechtmäßig ist. Die Beklagte zu 1) war berechtigt, im Namen der Beklagten zu 2), auch die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung festzusetzen. Nach § 46 Abs. 2 Satz 4 SGB XI können Krankenkassen und Pflegekassen für Mitglieder, die - wie vorliegend - ihre Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung selbst zu zahlen haben, die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung in einem gemeinsamen Beitragsbescheid festsetzen. Hierbei ist das Mitglied darauf hinzuweisen, dass der Bescheid über den Beitrag zur sozialen Pflegeversicherung im Namen der Pflegekasse ergeht (§ 46 Abs. 2 Satz 5 SGB XI). Den erforderlichen Hinweis hierauf hat die Beklagte zu 1) in den streitbefangenen Bescheiden erteilt.

Bei versicherungspflichtigen Rentnern wie dem Kläger wird der Beitragsbemessung nach § 237 Satz 1 SGB V, der nach §57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI auch für Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung anzuwenden ist, neben dem Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung und dem Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen auch das Arbeitseinkommen zu Grunde gelegt. Arbeitseinkommen ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Arbeitseinkommen ist das - dem Arbeitsentgelt bei abhängiger Beschäftigung - entsprechende Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit. Der sozialversicherungsrechtliche Begriff des Arbeitseinkommens deckt sich nicht mit dem engeren steuerrechtlichen Begriff der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (vgl. §§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 18 Einkommensteuergesetz [EStG]), sondern erfasst alle typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen, aus nicht abhängiger Tätigkeit erzielten Einkunftsarten, insb. Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus selbstständiger Tätigkeit (Ziegelmeier, Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Bd. 1, Stand Sept. 2015, § 15 SGB IV, Rn. 17). Hiernach rechnen die Einkünfte des Klägers aus der nebenberuflich ausgeübten selbstständigen Tätigkeit unter das Arbeitseinkommen i.S.d. § 237 Satz 1 SGB V. Der nach den allgemeinen Gewinnerzielungsvorschriften ermittelte Gewinn des Klägers belief sich ausweislich der aktenkundigen Einkommensteuerbescheide im Veranlagungsjahr 2013 auf 16.056,- EUR, im Veranlagungsjahr 2014 auf insg. 11.822,- EUR und im Veranlagungsjahr 2015 nach einem horizontalen Verlustausgleichs auf 0,- EUR.

Zu den Modalitäten, wie der Nachweis über erzieltes Arbeitseinkommen zu führen ist und wie Änderungen des Arbeitseinkommens bei der Festsetzung von Beiträgen von in der KVdR versicherten Rentnern, die nebenberuflich selbstständig tätig sind, zu berücksichtigen ist, enthält § 237 SGB V keine Regelung. Auch § 240 SGB V kann hierzu nicht nutzbar gemacht werden, da diese Bestimmung nur für den Bereich der freiwilligen Versicherung Anwendung findet. Hieraus folgt sogleich, dass auch die BeitrVerfGrsSz nicht herangezogen werden können (vgl. § 1 Abs. 1 BeitrVerfGrsSz der bestimmt, dass sich deren Anwendungsbereich nur auf freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung nach Maßgabe des § 240 SGB V und für andere Mitglieder, für die § 240 SGB V für entsprechend anwendbar erklärt wird, erstreckt, zu denen der Kläger nicht rechnet). Auch eine entsprechende Anwendung des § 240 SGB V bzw. der BeitrVerfGrsSz scheidet zur Überzeugung des Senats aus. Der Umstand, dass § 237 SGB V zum 01.01.2017 durch das Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen sowie zur Änderung anderer Gesetze vom 21.12.2015 (BGBl. I S.2408) geändert wurde und hierbei kein - wie auch immer gearteter - Verweis auf § 240 SGB V aufgenommen wurde, verdeutlicht, dass der Gesetzgeber insofern keinen Regelungsbedarf gesehen hat, mithin keine Regelungslücke i.S. einer analogen Anwendung besteht.

Die Frage, wie der Nachweis über erzieltes Arbeitseinkommen zu führen ist und wie Änderungen des Arbeitseinkommens bei der Festsetzung von Beiträgen von in der KVdR versicherten Rentnern, die nebenberuflich selbstständig tätig sind, zu berücksichtigen ist, ist daher nach allgemeinen Vorschriften zu beantworten. Nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts steht die Höhe des Arbeitseinkommens frühestens nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres fest. Da Beiträge zeitbezogen zu bemessen sind und im Hinblick auf die Fälligkeitsregel des § 23 SGB IV eine nachträgliche Entrichtung für vergangene Kalenderjahre nicht in Betracht kommt, muss der Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit auf Grundlage der steuerlichen Unterlagen geschätzt werden. In der Regel ist dieser Schätzung der letzte Einkommenssteuerbescheid zu Grunde zu legen. Daraus ergibt sich, wie die Beklagte zu Recht anführt, der allgemeine Grundsatz, dass zur Einkommensermittlung maßgeblich der Einkommensteuerbescheid heranzuziehen ist (vgl. BT-Drs 12/5700, S.92). Ggf. können ergänzend eigene Angaben des selbstständig Tätigen herangezogen werden (Baier in Krauskopf, Sozial Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand März 2011, § 15 SGB IV, Rn. 18). Der hiernach ermittelte Betrag ist bis zu einer neuen, nur für die Zukunft wirkenden Beitragsfestsetzung aufgrund späterer Unterlagen, zu Grunde zu legen (vgl. Gerlach in Hauk/Noftz, SGB V, § 226, Rn. 42; Urteil des erkennenden Senats vom 15.07.2015 - L 5 KR 4381/14 -, n.v.). Die vom Steuerberater des Klägers vorgelegte Gewinn/Verlust-Rechnung kann demgegenüber nicht zur Grundlage der Schätzung der Einkünfte gemacht werden. Zwar ist es grds. möglich und angebracht, ergänzend eigene Angaben des selbstständig Tätigen heranzuziehen (Baier in Krauskopf, Sozial Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand März 2011, § 15 SGB IV, Rn. 18), indes hat sich die Schätzung (eng) an den steuerrechtlichen Vorgaben zu orientieren. Diese werden wiederum maßgeblich durch entsprechende Umsetzungen des Finanzamts tragfähig. I.d.S. ist es möglich, Vorauszahlungen auf die Einkommenssteuer, deren Festsetzung sich im Hinblick auf die Höhe der quartalsmäßig zu entrichtenden Vorauszahlungen an der Jahressteuer des Vorjahres orientiert (vgl. § 37 Abs. 3 Satz 2 EStG), herabzusetzen, wenn Gründe vorliegen, die eine geringere Steuerbelastung erwarten lassen. Dass dies vorliegend bereits für das Veranlagungsjahr 2016 geschehen ist, ist weder vorgetragen, noch anderweitig ersichtlich. I.d.S. fällt vorliegend auf, dass die klägerseitige Reduzierung des quantitativen Umfangs der selbstständigen Tätigkeit das Finanzamt erst mit dem Einkommensteuerbescheid für das Veranlagungsjahr 2015 vom 05.12.2016 dazu bewogen hat, die vom Kläger zu leistenden quartalsmäßigen Steuervorauszahlungen ab dem Jahr 2017 maßgeblich, auf 117,- EUR pro Quartal, zu reduzieren, hingegen im Einkommenssteuerbescheid für das Veranlagungsjahr 2014 für das Jahr 2016 noch eine Vorauszahlung von 364,- EUR pro Quartal festgesetzt worden ist, die bei festgesetzten Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit von 11.731,- EUR, die wiederum dem in der Gewinn- und Verlustrechnung des Steuerberaters der Klägers angeführten Betrag entsprochen hat, noch nicht die geltend gemachte Änderung der Einkünfte widerspiegelt. Im Übrigen wird die Aufgabe der nebenberuflichen Tätigkeit des Klägers als Prüfingenieur durch die vorgelegte Gewinn- und Verlustrechnung bereits nicht belegt. Mithin verbleibt es vorliegend dabei, dass der jeweils aktuelle Einkommenssteuerbescheid für die Bemessung der Beiträge heranzuziehen ist. Nur hierdurch ist gewährleistet, dass die Beiträge, die grds. endgültig festzusetzen sind, auf einer verlässlichen, an den steuerrechtlichen Gewinnerzielungsvorschriften orientierten Grundlage fußen.

In diesem Sinne hat die Beklagte zu 1) das Arbeitseinkommen des Klägers, ab dem Monat, der auf die Vorlage der Einkommensbescheide bei ihr, der Beklagten zu 1), folgt, zutreffend berücksichtigt und der Beitragsbemessung für die Zeit vom 01.01.2016 - 28.02.2016 die beitragspflichtigen Einnahmen auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheides 2012, für die Zeit vom 01. - 31.03.2016 auf der des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2013, die Zeit vom 01.04.2016 - 31.01.2017 entsprechend dem Einkommensteuerbescheid 2014 und ab dem Monat Februar 2017 entsprechend dem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2015 entnommen.

Da die BeitrVerfGrsSz. vorliegend, wie oben ausgeführt, nicht heranzuziehen sind, kann sich der Kläger nicht auf eine mögliche unverhältnismäßige Belastung i.S.d. § 7 Abs. 7a BeitrVerfGrsSz berufen.

Die Festsetzung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 01.01.2016 in den Bescheiden vom 22.02.2016 und vom 18.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2016 sowie in den Bescheiden vom 27.12.2016 und vom 31.01.2017 ist hiernach nicht zu beanstanden.

Auch der Bescheid vom 10.02.2016 mit dem der Antrag des Klägers, die vom ihm zu entrichtenden Beiträge zu reduzieren, von der Beklagten zu 1) abgelehnt worden ist, ist rechtmäßig. Gegenüber der den Beitragsbescheiden vom 06.03.2014 und vom 18.12.2015 zu Grunde liegenden Sach- und Rechtslage ist, da die Beiträge, wie oben ausgeführt, erst zum 01.02.2017 zu reduzieren waren, zum 01.01.2016 keine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch eingetreten, wegen derer die (zunächst) gültigen Beitragsbescheide aufzuheben gewesen wären.

Auch der zur Begründung der Berufung klägerseits angeführte Verstoß der Beklagten zu 1) gegenüber ihm, dem Kläger, bestehenden Informationspflichten, vermag der Berufung nicht zum Erfolg zu gereichen. Zwar hat die Rechtsprechung mit dem sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ein Korrelat für fehlerhaftes behördliches Handeln entwickelt, i.S. eines öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs greift dieser jedoch nur dann Platz, wenn ein Leistungsträger durch die Verletzung einer ihm aus dem Sozialleistungsverhältnis obliegenden Haupt- oder Nebenpflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Rechtsfolgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können. Zwischen der Pflichtverletzung und dem Nachteil für den Betroffenen muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen; auf ein Verschulden des Trägers kommt es dagegen nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 17.08.2000 - B 13 RJ 87/98 R -, in juris). Rechtsgrundlage für die Beratungspflicht in Form einer Hinweispflicht sind die in den §§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch genannten allgemeinen Hinweis- und Auskunftspflichten der Sozialleistungsträger. Dabei besteht eine umfassende Beratungspflicht des Sozialversicherungsträgers zunächst regelmäßig bei einem entsprechenden Beratungs- und Auskunftsbegehren des Versicherten. Ausnahmsweise besteht jedoch auch dann eine Hinweis- und Beratungspflicht des Versicherungsträgers, wenn anlässlich einer konkreten Sachbearbeitung dem jeweiligen Mitarbeiter eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit ersichtlich ist, die ein verständiger Versicherter wahrnehmen würde, wenn sie ihm bekannt wäre (sog. Spontanberatung). Die Frage, ob eine Gestaltungsmöglichkeit klar zutage tritt, ist dabei alleine nach objektiven Merkmalen zu beurteilen (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2007, B 7a AL 22/06 R in SozR 4-4300 § 324 Nr. 3). I.d.S. ist der Beklagten zu1) kein Beratungsfehler vorzuhalten. Diese hat, nachdem der Kläger durch seinen Steuerberater eine Gewinn-/Verlustrechnung vorgelegt hatte, ohne maßgebliche Verzögerung entschieden, dass eine Beitragsreduzierung auf Basis der Rechnung nicht möglich ist, sodass eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) nicht nachvollziehbar ist. Eine Verpflichtung, den Kläger dahingehend anzuhalten, die angeführte Reduzierung der Einkünfte (auch bzw. zuerst) gegenüber den Finanzbehörden geltend zu machen, bestand hingegen nicht. Überdies war es dem Kläger, wie aus seinem Vortrag im Verwaltungsverfahren, er begehre eine Verbeitragung auf Basis des Einkommenssteuervorauszahlungbescheids, hervorgeht, bekannt, dass die geltende gemachte Beitragsreduzierung nur auf Basis einer Entscheidung der Finanzbehörde möglich ist, weswegen auch im Falle einer bestehenden Beratungsverpflichtung der Beklagten zu 1) jedenfalls keine Kausalität der geltend gemachten Pflichtverletzung für den entstandenen Schaden anzunehmen wäre.

Die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG vom 08.03.2017 ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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