Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 1420/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1201/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21.02.2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Weitergewährung einer bis 28.02.2015 befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die 1957 in Sizilien geborene Klägerin zog im Alter von ca 14 Jahren zusammen mit ihrer Mutter nach Deutschland zum bereits hier lebenden Vater. In Deutschland hat sie keine Schule mehr besucht und keinen Beruf erlernt. Sie arbeitete in verschiedenen Firmen in der Produktion und war als Reinigungskraft tätig. Die Klägerin ist Mutter von neun Kindern. Etwa 1990 machte sich ihr Ehemann selbstständig und übernahm eine Pizzeria, in welcher die Klägerin mitarbeitete; ebenso wie in zwei weiteren, die später übernommen wurden. Die letzte Pizzeria wurde 2007 insolvenzbedingt aufgegeben. Zuletzt übte die Klägerin in Teilzeit bis März 2007 Reinigungsarbeiten aus, seither ist sie nicht mehr erwerbstätig gewesen. Die Klägerin bezieht seit Jahren Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 vH ist anerkannt.
Am 13.12.2012 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten bei Dr. U. ein (vom 25.03.2013) und lehnte die Rente mit Bescheid vom 04.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.07.2013 ab. Im anschließenden Klageverfahren (S 3 R 2251/13) holte das Sozialgericht Reutlingen (SG) ein psychiatrisch-neurologisches Gutachten bei Dr. G. ein. Dieser hielt die Klägerin aufgrund eines Zusammenwirkens der Schmerzen im Schulter-Nacken-Bereich bei degenerativen Veränderungen und Syringomyelie, wegen Sensibilitätsstörung in Bezug auf Temperatur- und Schmerzwahrnehmung, wegen einer Somatisierungsstörung (Magen-Darm-Bereich) und einem mittelgradig ausgeprägten depressiven Geschehen sowie somatoformer Schmerzstörung nur für 3 bis unter 6 Stunden arbeitstäglich leistungsfähig (Gutachten vom 14.02.2014). Die Beteiligten schlossen daraufhin einen Vergleich und die Beklagte gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.11.2013 bis 28.02.2015.
Am 19.11.2014 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der Rente. Sie leide unter Dauerschmerzen, sei ständig müde, habe ständig Stuhl- und Harndrang, Magen-Darm-Probleme, Schlafprobleme, Herzrasen und Angstzustände. Die Beklagte holte ein Gutachten bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. ein. Dieser diagnostizierte somatoforme Störungen, Syringomyelie und Syringobulbie. Die Klägerin habe nicht mehr wie bei Dr. G. Sensibilitätsstörungen im rechten Arm angegeben, sondern halbseitige Sensibilitätsstörungen von Gesicht, Arm, Rumpf bis Beine. Die Zervikobrachialgie könne nicht unbedingt auf die Syringomyelie zurückgeführt werden, vielmehr sprächen die wechselnden Angaben und Befunde für eine nicht organische Ursache. Die Befunde erlaubten eine vollschichtige Tätigkeit im Erwerbsleben.
Mit Bescheid vom 22.01.2015 lehnte die Beklagte den Weitergewährungsantrag ab. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin als Hauptbeschwerden, die einer Erwerbstätigkeit entgegenstünden geltend: Analfissur, Defäkationsstörung bei deutlicher Rektozele und Hämorrhoiden 1. Grades. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ihr nach dem Gutachten von Dr. G. volle Erwerbsminderungsrente gewährt worden sei und sie nun, nicht einmal ein Jahr später ohne nennenswerte Behandlungserfolge, wieder vollschichtig leistungsfähig sein solle. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.06.2015 wies die Beklagte gestützt auf eine Stellungnahme ihres beratungsärztlichen Dienstes den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 15.06.2015 zum SG erhobene Klage.
Das SG hat die behandelnden Ärzte Dr. S. (Orthopädie) und Dr. S. (ärztlicher Psychotherapeut) schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. In ihren Antwortschreiben vom 19.08.2015 bzw 04.09.2015 schätzen beide ein, dass eine vollschichtige Erwerbstätigkeit der Klägerin nicht mehr möglich sei. Das SG hat den Bericht über die stationäre Behandlung der Klägerin in der R.-Klinik vom 13.08. bis 24.08.2015 beigezogen, wo sie wegen ambulant therapierefraktärer Schmerzbeschwerden im Bereich der HWS und an den Flanken behandelt worden war. Sodann hat das SG ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei Dr. B. mit psychologischem Zusatzgutachten bei Dr. A. eingeholt. Zusammenfassen führt Dr. B. im Gutachten vom 07.03.2016 aus, dass die Klägerin an folgenden Gesundheitsstörungen leide: - rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte depressive Episode (F33.0) - chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (F45.41) - somatoforme autonome Funktionsstörung des Verdauungstraktes (F45.32) - Syringo-/Hydromyelie HWK 7-BWK 5 (G95.0) mit leichter, dissoziierter Empfindungsstörung am oberen Rücken rechts und am rechten Arm; chronische Nacken-Schulterschmerzen könnten teilweise durch die Syringomyelie mitbedingt sein - Operation eines Sulcus-ulnaris Syndroms 2002 mit residualer Hypästhesie/Hypalgesie am Kleinfinger rechts - chronische Nacken- und Rückenschmerzen infolge leichter Skoliose und mäßigen degenerativen Veränderungen, ohne funktionell relevante radikuläre Ausfallerscheinungen sowie zusätzlich auf orthopädischem und allgemeinärztlich-interistischem Gebiet: - Operation einer Kapsulitis links 2011 - Impingementsyndrom linke Schulter - postmenopauseale Osteoporose - Hämorrhoiden Grad I, Defäkationsstörung bei deutlicher Rektozele, Analfissur - Reizmagen- und Reizdarmsyndrom - Appendektomie, Echinococcuszysten-Operation an der Leber in der Kindheit, Helicobacter pylori-Eradikation 2013. Leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne besondere Anforderungen an die Feinbeweglichkeit der rechten Hand, ohne erhöhte Stress- oder nervliche Belastung, ohne Nacht- und Wechselschicht und ohne Eigen- oder Fremdgefährdung seien mindestens sechs Stunden täglich möglich. Wegen der Darmentleerungsstörung sollte eine Toilette jederzeit erreichbar sein. Nachdem Dr. G. im Februar 2014 noch ein mittelgradiges depressives Syndrom angenommen habe, sei es offenbar danach zu einer Verbesserung gekommen, Dr. H. habe im Januar 2015 keine wesentliche depressive Störung feststellen können. Durch erhebliche psychosoziale Belastungen (schwere Erkrankungen von Vater und Bruder) sei erneut eine Dekompensation mit mittelschwerer depressiver Episode eingetreten, die zwischenzeitlich teilremittiert sei mit gegenwärtig noch leichtgradiger depressiver Episode. Zur abschließenden Beurteilung werde ein internistisch-rheumatologisches Gutachten angeregt.
Dem folgend hat das SG ein Gutachten bei dem Arzt für Innere Medizin Dr. K. eingeholt. Im Gutachten vom 04.06.2016 werden auf internistischem Gebiet folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: - Somatisierungsstörung (Reizdarm-Syndrom, Fibromyalgiesyndrom) - Stuhlentleerungsstörung bei mittelgroßer Rektozele, Hämorrhoidalleiden Grad I - Harninkontinenz (Stressinkontinenz Grad I). Die Klägerin habe bei früheren Begutachtungen vordergründig stets über Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, Schultern und Extremitäten oder psychische Probleme geklagt, während Bauchbeschwerden bzw die Darmentleerungsstörung nachgeordnet genannt worden seien. Diese Symptomatik stehe jetzt ganz im Vordergrund. Die Hauptproblematik bestehe nach Schilderung der Klägerin darin, dass diese vor allem vormittags mehrere kleine Stuhlmengen absetzen müsse; darüber hinaus bestünden diffuse, krampfartige Bauchbeschwerden. Abgesehen von der mittelgroßen Rektozele fänden sich im Bereich des Enddarms und des Anus keine nennenswerten krankhaften Befunde. Die Rektozele sei mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Beckenbodensenkung infolge der stattgehabten Geburten (9 Kinder, 3 Fehlgeburten) zurückzuführen. Sie führe zu einer Störung der normalen Stuhlentleerung in Form von erschwertem Stuhlgang und unvollständiger Entleerung. Eine quantitative Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit lasse sich hierdurch nicht begründen, am Arbeitsplatz sollte jedoch eine Toilette in erreichbarer Nähe sein. Die zahlreichen Beschwerden sprächen für das Vorliegen einer Somatisierungsstörung. Leichte Tätigkeiten könnten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichtet werden. Auf Kritik des Bevollmächtigten der Klägerin an diesem Gutachten hat das SG eine ergänzende Stellungnahme bei Dr. K. angefordert, welcher dieser unter dem 02.07.2016 abgegeben hat.
Mit Urteil vom 21.02.2017 hat das SG, gestützt auf die Gutachten von Dr. B., Dr. A., Dr. K. und Dr. H., die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne eine mindestens sechsstündige Erwerbstätigkeit mit gewissen qualitativen Einschränkungen ausüben und sei auch ausreichend wegefähig.
Gegen das ihr am 02.03.2017 zugestellte Urteil richtet sich die am 27.03.2017 eingelegte Berufung der Klägerin. Das SG habe sich maßgeblich auf die Darmprobleme der Klägerin gestützt und die erheblichen Beeinträchtigungen am linken Kniegelenk außer Betracht gelassen (unter Vorlage von Arztberichten Dr. L. vom 12.06.2016 und A. Klinik P. vom 19.07.2016). Die Stuhlentleerungsstörungen hätten sich weiter verschlechtert (Arztberichte Dr. M. vom 21.03.2017, Krankenhaus F. 24.01.2017 und Dr. S. vom 22.06.2017). Ab 22.08.2017 habe eine stationäre Schmerztherapie im Krankenhaus F. stattgefunden. Insgesamt habe sich der Gesundheitszustand der Klägerin verschlechtert. Aktuell leide die Klägerin an einer Senkung des Beckenbodens/Darm- und Blasenbeschwerden, chronischen Schmerzen durch Skoliose, wobei sich der rechte Arm kaum heben lasse und in der Folge Schlafstörungen bestünden sowie zusätzlich an Depressionen. Aufgrund der Vielzahl der Erkrankungen und der damit einhergehenden Belastung sei es der Klägerin nicht möglich, am Erwerbsleben teilzunehmen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21.02.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 22.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.06.2015 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 28.02.2015 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf ihren Vortrag in erster Instanz sowie die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug.
Der Senat hat den Entlassungsbrief des Krankenhauses F. vom 17.10.2017 über die stationäre Behandlung vom 22.08. bis 07.09.2017 beigezogen.
Mit Schreiben vom 24.10.2017 hat die Berichterstatterin die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Senat die Zurückweisung der Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter beabsichtigt, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten haben sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Der Bescheid der Beklagten vom 22.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen und dies nach eingehenden medizinischen Sachverhaltsermittlungen zutreffend und nachvollziehbar begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Weitergewährung einer Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung über den 28.02.2015 hinaus, da sie jedenfalls ab 01.03.2015 nicht erwerbsgemindert ist.
Befristete Renten wegen Erwerbsminderung können verlängert werden; dabei verbleibt es nach § 102 Abs 2 Satz 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bei dem ursprünglichen Rentenbeginn. Mit dieser durch Art 1 Nr 32 Buchst a) Doppelbuchst aa) RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554) mit Wirkung ab 01.05.2007 (Art 27 Abs 7 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) eingefügten Regelung wird bestimmt, dass lediglich eine Verlängerung der anfänglichen Befristung erfolgt, es beim ursprünglichen Rentenbeginn verbleibt und eine Folgerente ohne Neuberechnung im Umfang der bisherigen Rente weiterzuzahlen ist (BT-Drs 16/3794 S 37).
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3).
Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Zur Überzeugung des Senats kann die Klägerin täglich noch mindestens sechs Stunden arbeiten und verfügt über die erforderliche Wegefähigkeit, weshalb sie nicht erwerbsgemindert ist.
Diese Überzeugung schöpft der Senat aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen Dr. B., Dr. A. und Dr. K. sowie den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. U. und Dr. H., die im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden. Die Gutachter haben sorgfältig eigene Befunde erhoben und daraus in Auseinandersetzung mit bereits vorliegenden Beurteilungen nachvollziehbar und überzeugend in übereinstimmender Beurteilung abgeleitet, dass die Klägerin mit gewissen qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich erwerbstätig sein kann.
Bei der Klägerin liegen nach diesen Gutachten zusammenfassend folgende Gesundheitsstörungen mit Relevanz für das berufliche Leistungsvermögen vor: - rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte depressive Episode - chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren - somatoforme autonome Funktionsstörung des Verdauungstraktes, Reizmagen- und Reizdarmsyndrom - Syringo-/Hydromyelie HWK 7-BWK 5 mit leichter, dissoziierter Empfindungsstörung am oberen Rücken rechts und am rechten Arm - residuale Hypästhesie/Hypalgesie am Kleinfinger rechts nach Operation eines Sulcus-ulnaris Syndroms 2002 - leichte Skoliose mit chronischen Nacken- und Rückenschmerzen - Impingementsyndrom linke Schulter - postmenopauseale Osteoporose - Harninkontinenz (Stressinkontinenz Grad I).
Nicht mehr möglich sind nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. B., Dr. A. und Dr. K. Arbeiten in Zwangshaltungen, mit häufigem Bücken, Knien oder Überkopfarbeiten, auf Leitern oder Gerüsten, mit besonderen Anforderungen an die Feinbeweglichkeit der rechten Hand, mit erhöhter Stressbelastung, besonderer Verantwortung, Nacht- oder Wechselschicht oder mit erhöhter Unfallgefahr. Wegen der Darmentleerungsstörung sollte eine Toilette jederzeit erreichbar sein. Die Sachverständigen haben übereinstimmend und für den Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass der Klägerin unter Beachtung dieser Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedenfalls eine leichte körperliche Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich möglich ist.
Diese Einschätzungen überzeugen den Senat. Auf nervenärztlichem Gebiet fanden sich bei der Untersuchung durch Dr. B. und Dr. A. keine wesentliche Antriebsminderung und keine Hinweise für kognitive Störungen. Bei gut erhaltener Tagesstruktur sind damit keine Anknüpfungspunkte für eine Leistungseinschränkung in zeitlicher Hinsicht gegeben. Die internistischen Erkrankungen führen ebenfalls nur zu qualitativen Einschränkungen, wie Dr. K. ausführlich und nachvollziehbar begründet. Im Vordergrund steht hier die Stuhlentleerungsstörung aufgrund einer Rektozele. Nach eigenen Angaben gegenüber dem Gutachter äußert sich diese Problematik bei der Klägerin darin, dass sie vor allem vormittags mehrere kleine Stuhlmengen absetzen müsse mit einer Stuhlfrequenz von ca einem Stuhlgang pro Stunde. Dabei bleibe stets ausreichend Zeit, eine Toilette aufzusuchen. Das Hämorrhoidalleiden 1. Grades führt nach den Ausführungen des Gutachters zu keinen weiteren Einschränkungen und ist zudem gut behandelbar. Wie sich aus dem im Berufungsverfahren vorgelegten Bericht des Proktologen Dr. M. vom 21.03.2017 ergibt, wurden inzwischen zur Behandlung Gummibandligaturen gesetzt.
Zu einer anderen Beurteilung führen nicht die sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte der Klägerin. Dr. S. verweist auf die "zahlreichen und subjektiv schwerwiegenden psychischen und körperlichen Beschwerden", die einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit entgegenstünden, so dass seine Einschätzung nicht auf nachvollziehbaren objektiven Befunden beruht. Das von dem behandelnden Orthopäden Dr. S. in den Vordergrund gestellte Schmerzsyndrom stellte sich im Rahmen der ausführlichen Begutachtung von Dr. B. und Dr. A. nicht als so gravierend dar, dass es einer mindestens sechsstündigen Arbeit entgegenstünde. Im Übrigen kommt der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl Urteile vom 18.06.2013, L 11 R 506/12; 17.01.2012, L 11 R 4953) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens in der Regel keine Rolle. Dagegen ist es die Aufgabe des Sachverständigen, die Untersuchung gerade im Hinblick darauf vorzunehmen, ob und in welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige auch die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach überprüfen, ob und inwieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen. Eine solche Konsistenzprüfung haben die behandelnden Ärzte – aus therapeutischer Sicht nicht zu beanstanden – nicht vorgenommen.
Schließlich hat sich der Gesundheitszustand der Klägerin auch nicht in relevanter Weise verschlechtert. Wie sich aus dem Entlassungsbericht des Krankenhauses F. vom 17.10.2017 ergibt, war die Klägerin dort zur multimodalen Schmerztherapie. Dabei erschien sie erheblich belastet durch den Tod des Bruders vor wenigen Monaten mit entsprechend wieder stärkerer Ausprägung der rezidivierenden depressiven Störung. Die Behandlung verlief erfolgreich und die Klägerin konnte kognitive und Ablenkungsstrategien entwickeln, um besser mit der Schmerzsymptomatik umzugehen, der Thoraxschmerz war durch Dehn- und Faszientraining positiv beeinflussbar. Zum Behandlungsende waren die Schmerzen erträglicher und reduziert, der Behandlungserfolg wurde auch von der Klägerin als positiv bewertet.
Hinsichtlich der vorhandenen Rektozele besteht die Symptomatik weiterhin. Eine Verschlechterung lässt sich jedoch weder dem Arztbrief von Dr. M. vom 21.03.2017, noch dem Bericht des End- und Dickdarm-Zentrums M., Dr. S. vom 22.06.2017 entnehmen. Die in der Berufungsbegründung als erheblich geschilderten Beschwerden im linken Kniegelenk beruhen nach dem Arztbericht der A. Klinik P. vom 19.07.2016 auf einer verkürzten Quadrizepsmuskulatur mit erhöhtem Anpressdruck der Patella, wobei zunächst mit Physiotherapie und Dehnung der Muskulatur behandelt werden soll. Eine Kernspintomographie des linken Kniegelenks hatte zuvor (Arztbrief Dr. L. vom 12.06.2016) arthrotische Veränderungen vor allem im medialen Kniegelenk und im Retropatellargelenk ergeben, jedoch keine ausgeprägten Befunde und keine groben Kniebinnenschäden. Über die ohnehin zu beachtenden qualitativen Einschränkungen hinaus ergibt sich hieraus nichts weiter.
Eine Aussage darüber, dass sich das Leistungsvermögen der Klägerin von unter sechsstündig bis 28.02.2015 auf über sechsstündig zum nächsten Tag ab 01.03.2015 verbessert hätte, ist mit der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit im vorliegenden Verfahren nicht verbunden. Es bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung über das Vorliegen einer Erwerbsminderung vor dem 28.02.2013, da die Beklagte insoweit selbst von einer vollen Erwerbsminderung der Klägerin ausgegangen ist und die entsprechende Rente gewährt hat.
Die Klägerin ist auch wegefähig im rentenrechtlichen Sinne. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG 09.08.2001, B 10 LW 18/00 R, SozR 3-5864 § 13 Nr 2 mwN; 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des nach § 43 SGB VI versicherten Risikos (BSG 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr 10; 09.08.2001, B 10 LW 18/00 R, SozR 3-5864 § 13 Nr 2; 14.03.2002, B 13 RJ 25/01 R); das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (zB Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (BSG 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr 10; 30.01.2002, B 5 RJ 36/01 R (juris) mwN).
Die erforderliche Wegefähigkeit ist zur Überzeugung des Senats gegeben. Ein negativer Einfluss der von der Klägerin eingenommenen Medikamente auf die Verkehrstüchtigkeit wird von Dr. K. nicht angenommen. Auch ist es der Klägerin trotz der Stuhlentleerungsstörung möglich, einen Arbeitsplatz – auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln – aufzusuchen.
Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person der Klägerin eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre bestehen nicht, ein großer Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996, BSGE 80, 24, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5). Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG 27.04.1982, 1 RJ 132/80, SozR 2200 § 1246 Nr 90).
Die Notwendigkeit, aufgrund der Stuhlentleerungsstörung häufig, dh im konkreten Fall etwa stündlich eine Toilette aufsuchen zu müssen, rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Versicherte nur noch unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann (keine Verschlossenheit des Arbeitsmarkts; vgl Senatsurteile vom 26.10.2010, L 11 R 5203/09 und 20.10.2015, L 11 R 3871/14, beide juris). In der Personalbedarfsberechnung in Wirtschaft und Verwaltung werden persönliche Verteilzeiten veranschlagt. Es handelt sich um Zeitanteile, die nicht für den Arbeitsprozess selbst verwendet, aber dennoch als Arbeitszeit gerechnet werden (zB für persönliche Verrichtungen, Toilettengänge, Erholungs- und Entspannungszeiten außerhalb der Pausen (LSG Sachsen-Anhalt 26.02.2015, L 1 R 55/14, juris mwN). Aufgrund dieser Verteilzeiten ist es der Klägerin nach Auffassung des Senats möglich, eine mindestens sechsstündige Tätigkeit pro Arbeitstag zu verrichten. Die bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen lassen deshalb keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass die Klägerin noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist.
Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht, wenn – wie hier - Tätigkeiten wie das Verpacken leichter Gegenstände, einfache Prüfarbeiten oder die leichte Bedienung von Maschinen noch uneingeschränkt möglich sind. Einschränkungen, die dem entgegenstehen könnten, lassen sich den vorliegenden Gutachten nicht entnehmen. Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Klägerin noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist, dass sie vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Da die Klägerin stets nur ungelernte Tätigkeiten verrichtet hat, kann sie auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Auf die ausführliche und zutreffende Darlegung im angefochtenen Urteil wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen und die Berufung aus den dort genannten Gründen zurückgewiesen (§ 153 Abs 2 SGG).
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Insbesondere die Gutachten von Dr. B., Dr. A. und Dr. K. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben auch keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig. Die Würdigung unterschiedlicher Gutachtenergebnisse oder unterschiedlicher ärztlicher Auffassungen zur Leistungsfähigkeit des Versicherten gehört wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst. Eine Verpflichtung zu weiterer Beweiserhebung besteht selbst bei einander widersprechenden Gutachtenergebnissen im Allgemeinen nicht; vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen (BSG 08.12.2009, B 5 R 148/09 B, juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Weitergewährung einer bis 28.02.2015 befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die 1957 in Sizilien geborene Klägerin zog im Alter von ca 14 Jahren zusammen mit ihrer Mutter nach Deutschland zum bereits hier lebenden Vater. In Deutschland hat sie keine Schule mehr besucht und keinen Beruf erlernt. Sie arbeitete in verschiedenen Firmen in der Produktion und war als Reinigungskraft tätig. Die Klägerin ist Mutter von neun Kindern. Etwa 1990 machte sich ihr Ehemann selbstständig und übernahm eine Pizzeria, in welcher die Klägerin mitarbeitete; ebenso wie in zwei weiteren, die später übernommen wurden. Die letzte Pizzeria wurde 2007 insolvenzbedingt aufgegeben. Zuletzt übte die Klägerin in Teilzeit bis März 2007 Reinigungsarbeiten aus, seither ist sie nicht mehr erwerbstätig gewesen. Die Klägerin bezieht seit Jahren Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 vH ist anerkannt.
Am 13.12.2012 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten bei Dr. U. ein (vom 25.03.2013) und lehnte die Rente mit Bescheid vom 04.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.07.2013 ab. Im anschließenden Klageverfahren (S 3 R 2251/13) holte das Sozialgericht Reutlingen (SG) ein psychiatrisch-neurologisches Gutachten bei Dr. G. ein. Dieser hielt die Klägerin aufgrund eines Zusammenwirkens der Schmerzen im Schulter-Nacken-Bereich bei degenerativen Veränderungen und Syringomyelie, wegen Sensibilitätsstörung in Bezug auf Temperatur- und Schmerzwahrnehmung, wegen einer Somatisierungsstörung (Magen-Darm-Bereich) und einem mittelgradig ausgeprägten depressiven Geschehen sowie somatoformer Schmerzstörung nur für 3 bis unter 6 Stunden arbeitstäglich leistungsfähig (Gutachten vom 14.02.2014). Die Beteiligten schlossen daraufhin einen Vergleich und die Beklagte gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.11.2013 bis 28.02.2015.
Am 19.11.2014 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der Rente. Sie leide unter Dauerschmerzen, sei ständig müde, habe ständig Stuhl- und Harndrang, Magen-Darm-Probleme, Schlafprobleme, Herzrasen und Angstzustände. Die Beklagte holte ein Gutachten bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. ein. Dieser diagnostizierte somatoforme Störungen, Syringomyelie und Syringobulbie. Die Klägerin habe nicht mehr wie bei Dr. G. Sensibilitätsstörungen im rechten Arm angegeben, sondern halbseitige Sensibilitätsstörungen von Gesicht, Arm, Rumpf bis Beine. Die Zervikobrachialgie könne nicht unbedingt auf die Syringomyelie zurückgeführt werden, vielmehr sprächen die wechselnden Angaben und Befunde für eine nicht organische Ursache. Die Befunde erlaubten eine vollschichtige Tätigkeit im Erwerbsleben.
Mit Bescheid vom 22.01.2015 lehnte die Beklagte den Weitergewährungsantrag ab. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin als Hauptbeschwerden, die einer Erwerbstätigkeit entgegenstünden geltend: Analfissur, Defäkationsstörung bei deutlicher Rektozele und Hämorrhoiden 1. Grades. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ihr nach dem Gutachten von Dr. G. volle Erwerbsminderungsrente gewährt worden sei und sie nun, nicht einmal ein Jahr später ohne nennenswerte Behandlungserfolge, wieder vollschichtig leistungsfähig sein solle. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.06.2015 wies die Beklagte gestützt auf eine Stellungnahme ihres beratungsärztlichen Dienstes den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 15.06.2015 zum SG erhobene Klage.
Das SG hat die behandelnden Ärzte Dr. S. (Orthopädie) und Dr. S. (ärztlicher Psychotherapeut) schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. In ihren Antwortschreiben vom 19.08.2015 bzw 04.09.2015 schätzen beide ein, dass eine vollschichtige Erwerbstätigkeit der Klägerin nicht mehr möglich sei. Das SG hat den Bericht über die stationäre Behandlung der Klägerin in der R.-Klinik vom 13.08. bis 24.08.2015 beigezogen, wo sie wegen ambulant therapierefraktärer Schmerzbeschwerden im Bereich der HWS und an den Flanken behandelt worden war. Sodann hat das SG ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei Dr. B. mit psychologischem Zusatzgutachten bei Dr. A. eingeholt. Zusammenfassen führt Dr. B. im Gutachten vom 07.03.2016 aus, dass die Klägerin an folgenden Gesundheitsstörungen leide: - rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte depressive Episode (F33.0) - chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (F45.41) - somatoforme autonome Funktionsstörung des Verdauungstraktes (F45.32) - Syringo-/Hydromyelie HWK 7-BWK 5 (G95.0) mit leichter, dissoziierter Empfindungsstörung am oberen Rücken rechts und am rechten Arm; chronische Nacken-Schulterschmerzen könnten teilweise durch die Syringomyelie mitbedingt sein - Operation eines Sulcus-ulnaris Syndroms 2002 mit residualer Hypästhesie/Hypalgesie am Kleinfinger rechts - chronische Nacken- und Rückenschmerzen infolge leichter Skoliose und mäßigen degenerativen Veränderungen, ohne funktionell relevante radikuläre Ausfallerscheinungen sowie zusätzlich auf orthopädischem und allgemeinärztlich-interistischem Gebiet: - Operation einer Kapsulitis links 2011 - Impingementsyndrom linke Schulter - postmenopauseale Osteoporose - Hämorrhoiden Grad I, Defäkationsstörung bei deutlicher Rektozele, Analfissur - Reizmagen- und Reizdarmsyndrom - Appendektomie, Echinococcuszysten-Operation an der Leber in der Kindheit, Helicobacter pylori-Eradikation 2013. Leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne besondere Anforderungen an die Feinbeweglichkeit der rechten Hand, ohne erhöhte Stress- oder nervliche Belastung, ohne Nacht- und Wechselschicht und ohne Eigen- oder Fremdgefährdung seien mindestens sechs Stunden täglich möglich. Wegen der Darmentleerungsstörung sollte eine Toilette jederzeit erreichbar sein. Nachdem Dr. G. im Februar 2014 noch ein mittelgradiges depressives Syndrom angenommen habe, sei es offenbar danach zu einer Verbesserung gekommen, Dr. H. habe im Januar 2015 keine wesentliche depressive Störung feststellen können. Durch erhebliche psychosoziale Belastungen (schwere Erkrankungen von Vater und Bruder) sei erneut eine Dekompensation mit mittelschwerer depressiver Episode eingetreten, die zwischenzeitlich teilremittiert sei mit gegenwärtig noch leichtgradiger depressiver Episode. Zur abschließenden Beurteilung werde ein internistisch-rheumatologisches Gutachten angeregt.
Dem folgend hat das SG ein Gutachten bei dem Arzt für Innere Medizin Dr. K. eingeholt. Im Gutachten vom 04.06.2016 werden auf internistischem Gebiet folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: - Somatisierungsstörung (Reizdarm-Syndrom, Fibromyalgiesyndrom) - Stuhlentleerungsstörung bei mittelgroßer Rektozele, Hämorrhoidalleiden Grad I - Harninkontinenz (Stressinkontinenz Grad I). Die Klägerin habe bei früheren Begutachtungen vordergründig stets über Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, Schultern und Extremitäten oder psychische Probleme geklagt, während Bauchbeschwerden bzw die Darmentleerungsstörung nachgeordnet genannt worden seien. Diese Symptomatik stehe jetzt ganz im Vordergrund. Die Hauptproblematik bestehe nach Schilderung der Klägerin darin, dass diese vor allem vormittags mehrere kleine Stuhlmengen absetzen müsse; darüber hinaus bestünden diffuse, krampfartige Bauchbeschwerden. Abgesehen von der mittelgroßen Rektozele fänden sich im Bereich des Enddarms und des Anus keine nennenswerten krankhaften Befunde. Die Rektozele sei mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Beckenbodensenkung infolge der stattgehabten Geburten (9 Kinder, 3 Fehlgeburten) zurückzuführen. Sie führe zu einer Störung der normalen Stuhlentleerung in Form von erschwertem Stuhlgang und unvollständiger Entleerung. Eine quantitative Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit lasse sich hierdurch nicht begründen, am Arbeitsplatz sollte jedoch eine Toilette in erreichbarer Nähe sein. Die zahlreichen Beschwerden sprächen für das Vorliegen einer Somatisierungsstörung. Leichte Tätigkeiten könnten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichtet werden. Auf Kritik des Bevollmächtigten der Klägerin an diesem Gutachten hat das SG eine ergänzende Stellungnahme bei Dr. K. angefordert, welcher dieser unter dem 02.07.2016 abgegeben hat.
Mit Urteil vom 21.02.2017 hat das SG, gestützt auf die Gutachten von Dr. B., Dr. A., Dr. K. und Dr. H., die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne eine mindestens sechsstündige Erwerbstätigkeit mit gewissen qualitativen Einschränkungen ausüben und sei auch ausreichend wegefähig.
Gegen das ihr am 02.03.2017 zugestellte Urteil richtet sich die am 27.03.2017 eingelegte Berufung der Klägerin. Das SG habe sich maßgeblich auf die Darmprobleme der Klägerin gestützt und die erheblichen Beeinträchtigungen am linken Kniegelenk außer Betracht gelassen (unter Vorlage von Arztberichten Dr. L. vom 12.06.2016 und A. Klinik P. vom 19.07.2016). Die Stuhlentleerungsstörungen hätten sich weiter verschlechtert (Arztberichte Dr. M. vom 21.03.2017, Krankenhaus F. 24.01.2017 und Dr. S. vom 22.06.2017). Ab 22.08.2017 habe eine stationäre Schmerztherapie im Krankenhaus F. stattgefunden. Insgesamt habe sich der Gesundheitszustand der Klägerin verschlechtert. Aktuell leide die Klägerin an einer Senkung des Beckenbodens/Darm- und Blasenbeschwerden, chronischen Schmerzen durch Skoliose, wobei sich der rechte Arm kaum heben lasse und in der Folge Schlafstörungen bestünden sowie zusätzlich an Depressionen. Aufgrund der Vielzahl der Erkrankungen und der damit einhergehenden Belastung sei es der Klägerin nicht möglich, am Erwerbsleben teilzunehmen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21.02.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 22.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.06.2015 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 28.02.2015 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf ihren Vortrag in erster Instanz sowie die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug.
Der Senat hat den Entlassungsbrief des Krankenhauses F. vom 17.10.2017 über die stationäre Behandlung vom 22.08. bis 07.09.2017 beigezogen.
Mit Schreiben vom 24.10.2017 hat die Berichterstatterin die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Senat die Zurückweisung der Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter beabsichtigt, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten haben sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Der Bescheid der Beklagten vom 22.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen und dies nach eingehenden medizinischen Sachverhaltsermittlungen zutreffend und nachvollziehbar begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Weitergewährung einer Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung über den 28.02.2015 hinaus, da sie jedenfalls ab 01.03.2015 nicht erwerbsgemindert ist.
Befristete Renten wegen Erwerbsminderung können verlängert werden; dabei verbleibt es nach § 102 Abs 2 Satz 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bei dem ursprünglichen Rentenbeginn. Mit dieser durch Art 1 Nr 32 Buchst a) Doppelbuchst aa) RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554) mit Wirkung ab 01.05.2007 (Art 27 Abs 7 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) eingefügten Regelung wird bestimmt, dass lediglich eine Verlängerung der anfänglichen Befristung erfolgt, es beim ursprünglichen Rentenbeginn verbleibt und eine Folgerente ohne Neuberechnung im Umfang der bisherigen Rente weiterzuzahlen ist (BT-Drs 16/3794 S 37).
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3).
Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Zur Überzeugung des Senats kann die Klägerin täglich noch mindestens sechs Stunden arbeiten und verfügt über die erforderliche Wegefähigkeit, weshalb sie nicht erwerbsgemindert ist.
Diese Überzeugung schöpft der Senat aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen Dr. B., Dr. A. und Dr. K. sowie den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. U. und Dr. H., die im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden. Die Gutachter haben sorgfältig eigene Befunde erhoben und daraus in Auseinandersetzung mit bereits vorliegenden Beurteilungen nachvollziehbar und überzeugend in übereinstimmender Beurteilung abgeleitet, dass die Klägerin mit gewissen qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich erwerbstätig sein kann.
Bei der Klägerin liegen nach diesen Gutachten zusammenfassend folgende Gesundheitsstörungen mit Relevanz für das berufliche Leistungsvermögen vor: - rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte depressive Episode - chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren - somatoforme autonome Funktionsstörung des Verdauungstraktes, Reizmagen- und Reizdarmsyndrom - Syringo-/Hydromyelie HWK 7-BWK 5 mit leichter, dissoziierter Empfindungsstörung am oberen Rücken rechts und am rechten Arm - residuale Hypästhesie/Hypalgesie am Kleinfinger rechts nach Operation eines Sulcus-ulnaris Syndroms 2002 - leichte Skoliose mit chronischen Nacken- und Rückenschmerzen - Impingementsyndrom linke Schulter - postmenopauseale Osteoporose - Harninkontinenz (Stressinkontinenz Grad I).
Nicht mehr möglich sind nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. B., Dr. A. und Dr. K. Arbeiten in Zwangshaltungen, mit häufigem Bücken, Knien oder Überkopfarbeiten, auf Leitern oder Gerüsten, mit besonderen Anforderungen an die Feinbeweglichkeit der rechten Hand, mit erhöhter Stressbelastung, besonderer Verantwortung, Nacht- oder Wechselschicht oder mit erhöhter Unfallgefahr. Wegen der Darmentleerungsstörung sollte eine Toilette jederzeit erreichbar sein. Die Sachverständigen haben übereinstimmend und für den Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass der Klägerin unter Beachtung dieser Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedenfalls eine leichte körperliche Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich möglich ist.
Diese Einschätzungen überzeugen den Senat. Auf nervenärztlichem Gebiet fanden sich bei der Untersuchung durch Dr. B. und Dr. A. keine wesentliche Antriebsminderung und keine Hinweise für kognitive Störungen. Bei gut erhaltener Tagesstruktur sind damit keine Anknüpfungspunkte für eine Leistungseinschränkung in zeitlicher Hinsicht gegeben. Die internistischen Erkrankungen führen ebenfalls nur zu qualitativen Einschränkungen, wie Dr. K. ausführlich und nachvollziehbar begründet. Im Vordergrund steht hier die Stuhlentleerungsstörung aufgrund einer Rektozele. Nach eigenen Angaben gegenüber dem Gutachter äußert sich diese Problematik bei der Klägerin darin, dass sie vor allem vormittags mehrere kleine Stuhlmengen absetzen müsse mit einer Stuhlfrequenz von ca einem Stuhlgang pro Stunde. Dabei bleibe stets ausreichend Zeit, eine Toilette aufzusuchen. Das Hämorrhoidalleiden 1. Grades führt nach den Ausführungen des Gutachters zu keinen weiteren Einschränkungen und ist zudem gut behandelbar. Wie sich aus dem im Berufungsverfahren vorgelegten Bericht des Proktologen Dr. M. vom 21.03.2017 ergibt, wurden inzwischen zur Behandlung Gummibandligaturen gesetzt.
Zu einer anderen Beurteilung führen nicht die sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte der Klägerin. Dr. S. verweist auf die "zahlreichen und subjektiv schwerwiegenden psychischen und körperlichen Beschwerden", die einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit entgegenstünden, so dass seine Einschätzung nicht auf nachvollziehbaren objektiven Befunden beruht. Das von dem behandelnden Orthopäden Dr. S. in den Vordergrund gestellte Schmerzsyndrom stellte sich im Rahmen der ausführlichen Begutachtung von Dr. B. und Dr. A. nicht als so gravierend dar, dass es einer mindestens sechsstündigen Arbeit entgegenstünde. Im Übrigen kommt der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl Urteile vom 18.06.2013, L 11 R 506/12; 17.01.2012, L 11 R 4953) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens in der Regel keine Rolle. Dagegen ist es die Aufgabe des Sachverständigen, die Untersuchung gerade im Hinblick darauf vorzunehmen, ob und in welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige auch die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach überprüfen, ob und inwieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen. Eine solche Konsistenzprüfung haben die behandelnden Ärzte – aus therapeutischer Sicht nicht zu beanstanden – nicht vorgenommen.
Schließlich hat sich der Gesundheitszustand der Klägerin auch nicht in relevanter Weise verschlechtert. Wie sich aus dem Entlassungsbericht des Krankenhauses F. vom 17.10.2017 ergibt, war die Klägerin dort zur multimodalen Schmerztherapie. Dabei erschien sie erheblich belastet durch den Tod des Bruders vor wenigen Monaten mit entsprechend wieder stärkerer Ausprägung der rezidivierenden depressiven Störung. Die Behandlung verlief erfolgreich und die Klägerin konnte kognitive und Ablenkungsstrategien entwickeln, um besser mit der Schmerzsymptomatik umzugehen, der Thoraxschmerz war durch Dehn- und Faszientraining positiv beeinflussbar. Zum Behandlungsende waren die Schmerzen erträglicher und reduziert, der Behandlungserfolg wurde auch von der Klägerin als positiv bewertet.
Hinsichtlich der vorhandenen Rektozele besteht die Symptomatik weiterhin. Eine Verschlechterung lässt sich jedoch weder dem Arztbrief von Dr. M. vom 21.03.2017, noch dem Bericht des End- und Dickdarm-Zentrums M., Dr. S. vom 22.06.2017 entnehmen. Die in der Berufungsbegründung als erheblich geschilderten Beschwerden im linken Kniegelenk beruhen nach dem Arztbericht der A. Klinik P. vom 19.07.2016 auf einer verkürzten Quadrizepsmuskulatur mit erhöhtem Anpressdruck der Patella, wobei zunächst mit Physiotherapie und Dehnung der Muskulatur behandelt werden soll. Eine Kernspintomographie des linken Kniegelenks hatte zuvor (Arztbrief Dr. L. vom 12.06.2016) arthrotische Veränderungen vor allem im medialen Kniegelenk und im Retropatellargelenk ergeben, jedoch keine ausgeprägten Befunde und keine groben Kniebinnenschäden. Über die ohnehin zu beachtenden qualitativen Einschränkungen hinaus ergibt sich hieraus nichts weiter.
Eine Aussage darüber, dass sich das Leistungsvermögen der Klägerin von unter sechsstündig bis 28.02.2015 auf über sechsstündig zum nächsten Tag ab 01.03.2015 verbessert hätte, ist mit der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit im vorliegenden Verfahren nicht verbunden. Es bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung über das Vorliegen einer Erwerbsminderung vor dem 28.02.2013, da die Beklagte insoweit selbst von einer vollen Erwerbsminderung der Klägerin ausgegangen ist und die entsprechende Rente gewährt hat.
Die Klägerin ist auch wegefähig im rentenrechtlichen Sinne. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG 09.08.2001, B 10 LW 18/00 R, SozR 3-5864 § 13 Nr 2 mwN; 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des nach § 43 SGB VI versicherten Risikos (BSG 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr 10; 09.08.2001, B 10 LW 18/00 R, SozR 3-5864 § 13 Nr 2; 14.03.2002, B 13 RJ 25/01 R); das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (zB Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (BSG 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr 10; 30.01.2002, B 5 RJ 36/01 R (juris) mwN).
Die erforderliche Wegefähigkeit ist zur Überzeugung des Senats gegeben. Ein negativer Einfluss der von der Klägerin eingenommenen Medikamente auf die Verkehrstüchtigkeit wird von Dr. K. nicht angenommen. Auch ist es der Klägerin trotz der Stuhlentleerungsstörung möglich, einen Arbeitsplatz – auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln – aufzusuchen.
Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person der Klägerin eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre bestehen nicht, ein großer Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996, BSGE 80, 24, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5). Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG 27.04.1982, 1 RJ 132/80, SozR 2200 § 1246 Nr 90).
Die Notwendigkeit, aufgrund der Stuhlentleerungsstörung häufig, dh im konkreten Fall etwa stündlich eine Toilette aufsuchen zu müssen, rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Versicherte nur noch unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann (keine Verschlossenheit des Arbeitsmarkts; vgl Senatsurteile vom 26.10.2010, L 11 R 5203/09 und 20.10.2015, L 11 R 3871/14, beide juris). In der Personalbedarfsberechnung in Wirtschaft und Verwaltung werden persönliche Verteilzeiten veranschlagt. Es handelt sich um Zeitanteile, die nicht für den Arbeitsprozess selbst verwendet, aber dennoch als Arbeitszeit gerechnet werden (zB für persönliche Verrichtungen, Toilettengänge, Erholungs- und Entspannungszeiten außerhalb der Pausen (LSG Sachsen-Anhalt 26.02.2015, L 1 R 55/14, juris mwN). Aufgrund dieser Verteilzeiten ist es der Klägerin nach Auffassung des Senats möglich, eine mindestens sechsstündige Tätigkeit pro Arbeitstag zu verrichten. Die bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen lassen deshalb keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass die Klägerin noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist.
Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht, wenn – wie hier - Tätigkeiten wie das Verpacken leichter Gegenstände, einfache Prüfarbeiten oder die leichte Bedienung von Maschinen noch uneingeschränkt möglich sind. Einschränkungen, die dem entgegenstehen könnten, lassen sich den vorliegenden Gutachten nicht entnehmen. Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Klägerin noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist, dass sie vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Da die Klägerin stets nur ungelernte Tätigkeiten verrichtet hat, kann sie auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Auf die ausführliche und zutreffende Darlegung im angefochtenen Urteil wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen und die Berufung aus den dort genannten Gründen zurückgewiesen (§ 153 Abs 2 SGG).
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Insbesondere die Gutachten von Dr. B., Dr. A. und Dr. K. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben auch keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig. Die Würdigung unterschiedlicher Gutachtenergebnisse oder unterschiedlicher ärztlicher Auffassungen zur Leistungsfähigkeit des Versicherten gehört wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst. Eine Verpflichtung zu weiterer Beweiserhebung besteht selbst bei einander widersprechenden Gutachtenergebnissen im Allgemeinen nicht; vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen (BSG 08.12.2009, B 5 R 148/09 B, juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
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