L 6 U 708/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 151/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 708/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts U. vom 26. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt eine Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls.

Der Kläger ist im Jahr 1978 im Inland geboren. Er besuchte die Grund- und Hauptschule, absolvierte dann eine Ausbildung und war zunächst als Werkzeugmechaniker, später als Abroller, berufstätig. Er ist seit 2001 verheiratet, die Ehe besteht noch. Er hat drei minderjährige Kinder, die noch bei den Eltern wohnen. Ehrenamtliche Tätigkeiten übt der Kläger nicht aus, als Hobby gibt er Schwimmen an (Angaben des Klägers gegenüber Dr. K. am 1. August 2014).

Vor dem hier streitgegenständlichen Unfall im Jahre 2012 war der Kläger unter anderem wie folgt arbeitsunfähig erkrankt: vom 30. Mai 2000 bis zum 4. Juni 2000 wegen einer Luxation beider Schultergelenke und einer Muskelverletzung an Schulter bzw. Oberarm sowie im Anschluss vom 5. Juni 2000 bis zum 14. Juli 2000 wegen einer Ankylose (Versteifung) der rechten Schulter und vom 17. November 2000 bis zum 24. November 2000 wegen einer Ankylose der linken Schulter, vom 12. Februar 2001 bis zum 14. Februar 2001 wegen Ein- und Durchschlafstörungen sowie Hypertonie, vom 25. Mai 2004 bis zum 2. Juli 2004 wegen einer Luxation bzw. einer habituellen Subluxation des linken Schultergelenks (Operation am 21. Juni 2004), vom 24. Oktober 2005 bis zum 28. Oktober 2005 unter anderem wegen einer nicht näher bezeichneten (nnb) depressiven Episode und einer Somatisierungsstörung, vom 20. März bis zum 31. März 2006 unter anderem wegen einer somatoformen Störung (nnb), vom 3. Juni 2006 bis zum 5. Juni 2006 wegen einer Gehirnerschütterung und oberflächlicher Verletzungen an Kopf, Lippe und Ellenbogen, am 17. August 2006 wegen einer Angststörung (nnb) und vom 11. August 2008 bis zum 22. August 2008 wegen einer Distorsion des Knies. Diese Erkrankungen wurden zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse des Klägers behandelt (Auskunft der A. vom 13. August 2012). Ferner wurden bei dem Kläger in der BG-Klinik T. im Jahre sowohl 2005 als auch 2010 jeweils eine Labrumraffung und eine Refixation des linken Schultergelenks durchgeführt (Bericht von Dr. S. vom 9. Februar 2013), die nicht bei der A. gemeldet waren.

Der Kläger war im Jahre 2012 als Abroller bei einem Unternehmen der Automobil-Zulieferung beschäftigt und in dieser Eigenschaft bei der beklagten B. gesetzlich unfallversichert.

Am 4. April 2012 (Mittwoch der 14. Kalenderwoche 2012) gegen 21.30 Uhr geriet der Kläger mit seinem linken Arm beim Anlegen von Ware an einer Maschine - einer betrieblichen Verrichtung - zwischen die Hülse und die Warenbahn und wurde dadurch in die Maschine gezogen. Durchgangsarzt Prof. Dr. U. untersuchte den Kläger gegen 22.16 Uhr desselben Tages und teilte in seinem Bericht vom 5. April 2012 mit, er habe zunächst starke Schmerzen im linken Arm angegeben, im weiteren Verlauf sei der Arm frei beweglich gewesen, es habe keine Schwellung, kein Druckschmerz vorgelegen, Durchblutung, Motorik und Sensorik seien intakt gewesen, ein Kompartment (erhöhter Gewebedruck bei Muskelkompression) habe nicht vorgelegen, außer einem Druckschmerz an der Brustwirbelsäule (BWS) paravertebral beidseits habe ein "Body-Check" keine Befunde an Rumpf, Thorax, der Haut oder an anderen Stellen ergeben. Röntgenologisch sei keine frische knöcherne Läsion festgestellt worden. Zu diagnostizieren sei eine Quetschverletzung am Unterarm und an der Hand links.

In der Folgezeit stellte sich der Kläger mehrfach zu Nachuntersuchungen bei Dr. O. vor. Dieser Arzt diagnostizierte - erstmals am 18. April 2012 - neben der Quetschung des linken Arms eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) mit Angstzuständen, nachdem der Kläger über Angstzustände und Schlafstörungen geklagt hatte. Am 7. Mai 2012 gab er zusätzlich eine Zerrung der BWS an.

Der Kläger war vom 23. April bis zum 23. Juli 2012 ambulant zur Behandlung im C. G ... Prof. Dr. K. teilte dazu in der ärztlichen Stellungnahme vom 3. August 2012 mit, die psychische Symptomatik sei am ehesten als Anpassungsstörung zu interpretieren und hänge somit mit dem Unfall vom 4. April 2012 zusammen.

Der Kläger nahm seine Erwerbstätigkeit am 18. Juni 2012 wieder auf. Dr. O. attestierte ihm jedoch ab dem 6. Juli 2012 erneut Arbeitsunfähigkeit und teilte mit, diese werde mit dem 13. Juli 2012 endgültig beendet, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei nicht zu erwarten. Daraufhin war der Kläger ab dem 14. Juli 2012 endgültig wieder erwerbstätig. Für die Zeit nach der Entgeltfortzahlung hatte er zunächst Krankengeld von der A. bezogen. Nach Erhalt der Auskunft von Prof. Dr. K. gewährte die Beklagte stattdessen rückwirkend Verletztengeld.

Bei mehreren Untersuchungen im Oktober 2012 diagnostizierte Dr. O. als weitere Unfallfolgen eine Zerrung bzw. Distorsion der Halswirbelsäule (HWS) und sodann eine Spondylarthrose der BWS, jedoch keine psychischen Beeinträchtigungen (D-Arzt-Berichte vom 4. Oktober, 16. Oktober, 22. Oktober 2012 und vom 16. Januar 2013).

Am 22. Januar 2013 stellte sich der Kläger in der BG-Klinik T. vor und gab an, er leide an anhaltenden Schmerzen an Schulter, Hals, Hüfte und rechtem Iliosakralgelenk. Er nehme gelegentlich Schmerzmittel und Mirtazepin bei Anpassungsstörung. Er habe Angst um seinen Job, arbeite immer wieder vier bis fünf Wochen und lasse sich dann erneut krankschreiben.

Am 7. Februar 2013 trat der Kläger eine stationäre Rehabilitation in der BG-Klinik an. Bei der Aufnahme wurden die Beweglichkeit der linken Schulter mit einer Extension/Flexion von 30-0-100° und einer Abduktion/Adduktion von 30-0-130° gemessen. Auf psychiatrischem Gebiet wurde eine Anpassungsstörung mit anhaltenden Ängsten sowie eine depressive Verstimmung erhoben. Nebenbefundlich wurde ein Morbus Scheuermann (juvenile Wachstumsstörung der Wirbelsäule) festgestellt.

Während einer - dem Behandlungsplan entsprechenden - therapeutischen Übung an einem Gerät in der BG-Klinik kam es am 9. Februar 2013 gegen 9.35 Uhr zu einer Subluxation der linken Schulter. Unmittelbar danach war die Abduktion nur noch bis 90° möglich. Der Kläger teilte mit, er habe derartige Ausrenkungen bereits mehrfach zuvor erlitten, aber die Reposition jeweils selbst herbeiführen können. Dr. S. teilte in dem D-Arzt-Bericht vom selben Tage mit, auch nunmehr habe der Kläger die Schulter selbst reponiert, sie sei klinisch regelgerecht artikulierend, weiterhin frei beweglich bei geringer Schmerzsymptomatik bei insgesamt laxem Bandapparat und "multidirektionaler Instabilität", die aber muskulär grundsätzlich gut kompensiert sei. Es sei nicht von einem - erneuten - Unfall auszugehen.

Während der Rehabilitation untersuchte Prof. Dr. S. den Kläger am 14. Februar 2013 und ließ am 20. Februar 2013 bei Dipl.-Psych. Dr. V. ergänzende Testungen durchführen. In dem neurologisch-psychiatrischen Befundbericht über den Kläger teilte Prof. Dr. S. mit, die subjektiv angegebenen Gefühlsstörungen am Handrücken links seien möglicherweise einer Teilschädigung des N. radials geschuldet, dies sei ohne erwerbsmindernde Bedeutung. Auf psychiatrischem Gebiet ergäben sich keine Auffälligkeiten. Bei den Testungen bei Dr. V. hätten sich eine unzureichende Leistungsmotivation und eine massive Aggravation gezeigt. Dass der Kläger der Maschine, an der er sich verletzt habe, nunmehr mit vermehrtem Respekt begegne und einen neuen Unfall fürchte, sei nachvollziehbar, es handle sich dabei aber um so genannte Realängste, die nicht krankhaft seien. Es seien keine psychiatrischen Diagnosen zu stellen, weder eine PTBS noch eine Anpassungsstörung. Weiterer Behandlungsbedarf bestehe nicht, denn der Kläger sei bei tadelloser Bemuskelung und regelrechtem Trainings- und Pflegezustand ab sofort wieder arbeitsfähig.

Am 26. Februar 2013 stürzte der Kläger in der BG-Klinik - außerhalb einer angeordneten Behandlungsmaßnahme - abends gegen 19.00 Uhr im Schwimmbad und zog sich eine Rissquetschwunde am rechten Handgelenk und eine Prellung am rechten Ellenbogen zu. Eine Röntgenuntersuchung ergab keine Frakturen an Ellenbogen oder Händen. Dr. S. nahm einen Arbeitsunfall an und versorgte den Kläger zu Lasten der Beklagten mit einem trockenen Verband.

Bei der Entlassung aus der BG-Klinik am 5. März 2013 waren die Halswirbelsäule, die linke Schulter (Extension/Flexion sowie Abduktion/Adduktion jeweils 30/0/130°) und beide Hüften frei beweglich. Der Kläger gab noch Schmerzen im linken Schultergelenk ausstrahlend zur Halswirbelsäule und im Übergang von Brust- und Lendenwirbelsäule an, für sich jedoch kein morphologisches Korrelat finden ließ. Der Kläger werde als vollschichtig arbeitsfähig entlassen.

Auf Bitte von Dr. O. erstattete der Neurologe und Psychiater Dr. K. den Befundbericht vom 29. April 2013. Der Kläger sei etwas ängstlich-gehemmt, insgesamt aber ausgeglichen. Es handle sich bei den angegebenen Schmerzen wohl überwiegend um einen Zustand nach einer ligamentär-muskulären Zerrung des linken Arms, wobei keine fassbaren organisch-neurologischen Ausfälle nachzuweisen seien. Auf psychischem Gebiet liege eine Anpassungsstörung vor, die Kriterien einer PTBS seien nicht voll erfüllt, die therapeutischen Möglichkeiten nicht ausgeschöpft, wobei bereits die Behandlung mit Mirtazepin eine Stabilisierung erbracht habe.

Im Auftrag der Beklagten erstattete der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. E. das Gutachten vom 14. Mai 2013. Dieser maß die Beweglichkeit der linken Schulter mit 30/0/120° Extension/Flexion, 100/0/60° Adduktion/Abduktion und 40/0/70° Außen-/Innen¬rotation bei endgradigen Schmerzen dort. Am rechten (!) Schultergelenk sei ein Gelenkreiben zu tasten, links bestehe ein Druckschmerz an der Schultervorderseite. Im Übrigen lägen keine Auffälligkeiten vor. Auch die MRT-Untersuchung der linken Schulter habe einen regelrechten Befund ohne Kapselband- oder Knochenverletzung ergeben. Es lägen demnach keine Unfallfolgen mehr vor, die Behandlungsbedürftigkeit wegen der Unfallfolgen habe spätestens am 13. Juli 2012 geendet.

Die Beklagte erwog, ein neurologisch-psychiatrisches Zusatzgutachten bei Dr. G. einzuholen. Der Kläger teilte am 8. Juli 2013 telefonisch mit, er sei bereits bei Dr. K. und bei Prof. Dr. S. zur Abklärung dieser Fragen gewesen. Die Beklagte hielt daraufhin an einem weiteren Gutachten nicht fest.

Mit Bescheid vom 16. Juli 2013 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger "wegen der Folgen (seines) Arbeitsunfalls keinen Anspruch auf Rente" habe. Der Arbeitsunfall habe eine folgenlos ausgeheilte Zerrung des linken Arms sowie eine durchlaufene, ausgeheilte Anpassungsstörung nach Quetschverletzung am linken Arm verursacht. Die Schmerzen im linken Ellenbogen und der linken Schulter, die Wirbelsäulenbeschwerden, die Kopfschmerzen, der Morbus Scheuermann und die Schulterluxationen beidseits seien keine Unfallfolgen. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert.

Der Kläger erhob Widerspruch und beantragte die Gewährung einer Verletztenrente. Er leide an erheblichen psychischen Erkrankungen in Form posttraumatischer Anpassungsstörungen, die Folge des Arbeitsunfalls seien. Es sei ein entsprechendes Gutachten einzuholen.

Die Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2014. Die vom Kläger genannte psychiatrische Erkrankung liege nicht vor, sei jedenfalls nicht Unfallfolge. Dies ergebe sich hinreichend aus den Befundberichten von Prof. Dr. S. und Dr. V ...

Hiergegen hat der Kläger am 14. Januar 2014 Klage beim Sozialgericht U. (SG) erhoben, zunächst die isolierte Feststellung einer MdE von 20 v.H. und später stattdessen die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer solchen MdE beantragt.

Nachdem die Beklagte der Klage entgegengetreten war, hat das SG das nervenärztliche Gutachten vom 17. Januar 2015 bei Dr. K. erhoben. Der Sachverständige hat nach einer Untersuchung des Klägers im August 2014 ausgeführt, bei der Validierung der geklagten Beschwerden durch klinische Beobachtung und mehrere psychische Validierungstestungen hätten sich zwar keine eindeutigen Simulationen (S. 21 Gutachten), aber deutliche Aggravationstendenzen gezeigt (S. 18 Gutachen). Die Laboruntersuchung (Wirkstoffspiegelbestimmung des Blutes) habe bestätigt, dass der Kläger wie angegeben das Psychopharmakon Pregabalin eingenommen habe. Insgesamt sei bei dem Kläger bei schwungloser Psychosomatik und bei Fehlen eine depressiven Symptomatik eine Anpassungsstörung mit Schlafstörungen und Ängsten (F43.2 ICD-10 GM) nach Unfall bei vorbestehender gemischter Angststörung (F41.3 ICD-10 GM) zu diagnostizieren. Das Vorliegen einer PTBS und - auf neurologischem Fachgebiet - eines Karpaltunnelsyndroms, einer Nervenkompression des N. ulnaris oder des N. medianus sei auszuschließen. Hinsichtlich der PTBS hat der Sachverständige im Einzelnen ausgeführt, das Trauma könne zwar möglicherweise als A-Kriterium im Sinne dieser Diagnose eingestuft werden, der Kläger leide jedoch nicht an Wiedererinnerungen (B-Kriterium), es liege kein Vermeidungsverhalten (C) vor und ein erhöhtes Erregungsniveau im Sinne eines Arousals (D) habe allenfalls in Form der zeitweiligen Schlafstörungen bestanden. Die Anpassungsstörung sei definitionsgemäß durch den Unfall entstanden und habe anfangs mit einem stark ausgeprägten Störungsbild vorgelegen. Die Symptomatik habe sich dann jedoch soweit gebessert, dass ab der psychiatrischen Untersuchung am 23. Juli 2012 nur noch eine leichte Ausprägung mit einer MdE von bis zu 10 v.H. und ab der Untersuchung durch Prof. Dr. S. am 14. Februar 2013 keine nennenswerte MdE mehr vorgelegen habe.

Der Kläger ist den Feststellungen und Schlussfolgerungen Dr. K.s entgegengetreten und hat dazu den Bericht der Psychiatrischen Institutsambulanz des C., Dr. K., vom 2. März 2015 vorgelegt. Darin ist ausgeführt, er leide an einer mittelgradigen depressiven Episode (F32.1 ICD-10 GM), einer generalisierten Angststörung (F41.1) und mehreren somatischen Schädigungen, er traue sich nicht mehr unbegleitet aus seiner Wohnung und überlasse alle Entscheidungen der Ehefrau, es würden psychiatrische Einzelgespräche in Abständen von 2 bis 8 Wochen durchgeführt, zusätzliche Gespräche scheiterten an den ängstlichen Komponenten der Erkrankung, daneben werde weiterhin mit diversen Psychopharmaka gearbeitet, zurzeit mit Mirtazapin und wieder mit Paroxetin. Hinsichtlich des objektiven Zustandes sei eine leichtgradige Besserung eingetreten, hinsichtlich der subjektiven Einschätzung nicht, der Kläger empfinde die körperlichen Symptome und Ängste als katastrophal und behindernd.

Mit Urteil vom 26. Januar 2017 auf Grund mündlicher Verhandlung, zu der auch der Kläger erschienen war, hat das SG die Klage abgewiesen. Als Folgen des Unfalls beständen keine Funktionseinbußen mehr, die eine rentenberechtigende MdE von wenigstens 20 v.H. bedingten. Auf orthopädischem Fachgebiet seien keine Folgen mehr festzustellen, wie sich aus dem Gutachten von Dr. E. ergebe. Ob die auf psychiatrischem Fachgebiet allenfalls überhaupt vorhandenen Gesundheitsbeeinträchtigungen unfallbedingt seien, was wegen der dokumentierten Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen solcher Erkrankungen vor dem Unfall fraglich sei, könne offenbleiben. Jedenfalls bedingten auch sie keine nennenswerte MdE mehr. Es sei auch zweifelhaft, ob eine solche MdE bis zum 23. Juli 2012 bestanden habe, wie Dr. K. angenommen habe. Die dieser Einschätzung zu Grunde liegenden Angaben von Dr. K. in dem Bericht vom diesem Tag seien nicht überzeugend, da sie nicht hinterfragt worden seien. Dies gehe nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 23. Februar 2017 Berufung beim Landessozialgericht B. (LSG) erhoben. Er meint, auf psychiatrischem Gebiet müsse den Vorschlägen Dr. K.s gefolgt werden, soweit dieser bis zum 23. Juli 2012 eine MdE um 30 v.H. angenommen habe. Für die Zeit danach sei hingegen Dr. K.s Ausführungen nicht zu folgen, weil sich aus dem Bericht des C. vom 2. März 2015 eine stärkere Gesundheitsbeeinträchtigung ergebe. Auf orthopädischem Gebiet könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Quetschung des linken Oberarms zu Beschwerden in der Schulter geführt habe.

Der Kläger beantragt (teilweise sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts U. vom 26. Januar 2017 aufzuheben, den Bescheid vom 16. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2014 teilweise aufzuheben, soweit darin die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt worden ist, und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 4. April 2012 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und ihre Entscheidungen. Sie verweist darauf, dass sich der Bericht des C. nicht mit den Ergebnissen der komplex-stationären Rehabilitation des Klägers vom 7. Februar bis 5. März 2013 decke.

Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, dass er ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss zu entscheiden gedenke, und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Beklagte hat sich mit einer Entscheidung durch Beschluss ausdrücklich einverstanden erklärt. Der Kläger hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt, ohne dies zu begründen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und die Ergebnisse der Ermittlungen wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten (3 Bände) und die Gerichtsakten beider Rechtszüge (jeweils ein Band) Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und daher ohne die ehrenamtlichen Richter (§§ 33 Abs. 1 Satz 2, 12 Abs. 1 Satz 2 SGG) durch Beschluss entscheiden. Er hält die Berufung einstimmig für unbegründet. Der Rechtsstreit weist auch keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden. Dem Antrag des Klägers auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung war nicht zu folgen. Er hat keine inhaltliche Begründung gegeben, insbesondere nicht ausgeführt, warum die Voraussetzungen des § 153 Abs. 4 SGG nicht vorliegen sollten.

Die Berufung ist statthaft (§ 143 SGG), insbesondere war sie wegen § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere hat sie der Kläger form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Sie ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage war zwar nach der Umstellung von der Feststellung einer isolierten MdE auf eine Verurteilung zur Gewährung von Verletztenrente zulässig. Es handelte sich danach um eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG). Ihr fehlte dann nicht mehr das Rechtsschutzbedürfnis, weil nicht mehr allein Elementenfeststellung begehrt worden war. Der geltend gemachte Rentenanspruch ist auch in dem angegriffenen Bescheid - allein - geregelt (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG) und war daher Gegenstand des nach § 78 Abs. 1 SGG notwendigen Vorverfahrens. Aber die Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Rente.

Rechtsgrundlage für die begehrte Rentengewährung ist § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - hier eines Arbeitsunfalls, vgl. §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 SGB VII - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII).

Vor diesem Hintergrund müssen zunächst die behaupteten Gesundheitsschäden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Dagegen ist für die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität, welche nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen sind, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich vgl. hierzu und zum Folgenden Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, juris, Rz. 17). Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftiger Weise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen.

Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung, dass die Tatsachen, welche das Tatbestandsmerkmal des Gesundheitsschadens der haftungsausfüllenden Kausalität, also der Folge einer anerkannten Berufskrankheit, erfüllen sollen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den der Theorie der wesentlichen Bedingung zugrunde liegenden naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhang indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 15. September 2011 - B 2 U 25/10 R -, juris, Rz. 14 m. w. N.).

Die MdE aus den so festgestellten unfallbedingten Gesundheitsschäden richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Um eine MdE und ihr Ausmaß beurteilen zu können, ist zunächst festzustellen, ob das aktuelle körperliche oder geistige Leistungsvermögen beeinträchtigt ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang dadurch die Arbeitsmöglichkeiten der versicherten Person auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindert werden. Entscheidend ist, in welchem Ausmaß Versicherte durch die Folgen des Versicherungsfalls in ihrer Fähigkeit gehindert sind, zuvor offenstehende Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 123). Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die dieses gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rz. 16 m. w. N.) und hierbei die vorhandenen Beweismittel würdigt (BSG, Urteil vom 2. Mai 2001 - B 2 U 24/00 R -, juris). Die zur Bemessung der MdE in Rechtsprechung und Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind dabei zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen ständigem Wandel (Urteil des Senats vom 9. März 2017 – L 6 U 152/15 –, juris, Rz. 27).

Nach diesen Maßstäben berechtigen die Folgen des beim Kläger anerkannten Arbeitsunfalls vom 4. April 2012 jedenfalls ab dem Ablauf der 26. Woche danach keine MdE von 20 v.H. Ob unfallbedingt eine MdE von 10 v.H. oder mehr bestand, kann der Senat offenlassen. Bei dem Kläger liegt kein "Stützrententatbestand" vor, also keine weitere MdE von wenigstens 10 v.H. auf Grund eines anderen Versicherungsfalls im Sinne des SGB VII. Daher kann sich sein Rentenanspruch nur auf § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, nicht aber auf Satz 2 dieser Vorschrift stützen.

Der hier relevante Stichtag nach Ablauf der 26. Woche nach dem Unfall ist der 4. Oktober 2014 (Donnerstag der 40. Kalenderwoche 2012, zur Nichtberücksichtigung des Mittwochs dieser Woche vgl. § 26 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X] i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Var. 1 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]). Es kann daher offenbleiben, ob bei dem Kläger zuvor stärkere unfallbedingte Beeinträchtigungen vorgelegen haben, ob also Dr. K.s Einschätzung zutrifft, zumindest bis zum 23. Juli 2012 hätten die unfallbedingten psychischen Erkrankungen eine MdE von 30 v.H. bedingt. Zu diesem Zeitpunkt waren die 26 Wochen seit dem Unfall noch nicht verstrichen.

Auf psychiatrischem Gebiet bestand ab dem 4. Oktober 2012 keine auf den Unfall zurückzuführende Erkrankung mehr.

Eine PTBS nach F43.1 ICD-10 GM (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, hrsg. von der Weltgesundheitsorganisation WHO, Deutsche Fassung) bestand bei dem Kläger zu keinem Zeitpunkt.

Die PTBS entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde (A-Kriterium). Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, z.B. zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten (Intrusionen, B-Kriterium). Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten (C-Kriterium). Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung (F62.0 nach der ICD-10 GM) über.

Dass diese Erkrankung bei dem Kläger nicht vorliegt und zu keinem Zeitpunkt seit dem Unfall vorlag, entnimmt der Senat im Wesentlichen den Feststellungen und Schlussfolgerungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. K. in seinem Gutachten vom 17. Januar 2015. Hierbei lässt der Senat offen, ob der Unfall überhaupt ein adäquates Trauma im Sinne des A-Kriteriums dargestellt hat, wie es Dr. K. angenommen hat. Der Senat führt in ständiger Rechtsprechung aus, dass nicht jedes Trauma geeignet ist, eine PTBS zu verursachen, sondern auch - nur - zu den anderen Reaktionen auf schwere Belastungen aus F43.- ICD-10 GM führen kann. Für eine PTBS ist eine unmittelbar lebensbedrohliche oder vergleichbare Situation (mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß) vonnöten, die bei nahezu jede Person Entsetzen und eine große Verzweiflung auslösen würde (Urteil des Senats vom 23. Juni 2016 – L 6 VH 4633/14 –, juris, Rz. 65; abweichend hierzu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Januar 2016 - L 11 VU 37/14 -, juris, Rz. 73 f.). Dies erklärt sich auch daraus, dass die Diagnose insbesondere nach den Erfahrungen des Vietnamkrieges mit entsprechenden Traumaerfahrungen entwickelt wurde. Auch wenn der Arbeitsunfall des Klägers erheblich war und das Gefühl, mit dem Arm eingeklemmt zu sein, eine merkliche psychische Belastung ausgelöst haben dürfte, so kann doch eine akute Lebensgefahr oder eine vergleichbare Situation nicht erkannt werden. Jedenfalls aber fehlt es bei dem Kläger an den Kriterien B, C und D der PTBS. Dr. K. hat überzeugend ausgeführt, dass Kläger keine "flash-backs" oder Alpträume mit konkretem Bezug zu dem Unfall vorliegen, dass kein Vermeidungsverhalten zu verzeichnen ist, vielmehr der Kläger sogar wieder an der gleichen Maschine gearbeitet hat, wenn auch mit Vorsicht, und dass kein "Hyperarousal" beschrieben ist, also kein erhöhtes Erregungsniveau, das über die vom Kläger angegebenen gelegentlichen Schlafstörungen hinausgeht. Diese diagnostische Einschätzung deckt sich mit den Vorbefunden der behandelnden und untersuchenden Ärzte. Nicht nur Prof. Dr. S. hatte in seinem neurologisch-psychiatrischen Befundbericht vom 14./20. Februar 2013 eine PTBS ausgeschlossen. Bereits bei der ambulanten Behandlung im C. vom 23. April bis zum 23. Juli 2012 konnte ausweislich des Entlassungsberichts von Prof. Dr. K. vom 3. August 2012 keine PTBS festgestellt worden, und dies bereits bei der Aufnahme nicht. Der Senat kann daher nicht der - anfänglichen - diagnostischen Einschätzung des ambulant behandelnden Arztes Dr. O. vom 18. April 2012 folgen, wonach eine PTBS vorgelegen habe, zumal dieser Arzt selbst an dieser Diagnose später nicht festgehalten hat.

Wenn bei dem Kläger eine unfallbedingte psychische Erkrankung vorlag, handelte es sich vielmehr um eine Anpassungsstörung nach F43.2 ICD-10 GM. Dies hat bereits Prof. Dr. K. in dem genannten Bericht vom 3. August 2012 angenommen, und diese Diagnose entspricht auch den damaligen Symptomen. Bei dem Kläger lagen während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung bzw. nach einem belastenden Lebensereignis Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung vor, die im Allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern. Der Kläger litt an Ängsten, konkret gegenüber der Unfallmaschine und abstrakt um seinen Arbeitsplatz, einer Schreckhaftigkeit und Zittern in den Händen. Dies ergibt sich aus dem Bericht von Prof. Dr. K. aus dem C. G. vom 3. August 2012. In diesem Zusammenhang müssen auch die zeitweilige Grübelneigung und auch die Schlafstörungen gestellt werden; diese hatte bereits Dr. O. am 18. April 2012 angegeben. Zur Diagnose einer Anpassungsstörung passt auch, dass die Symptome nach erfolgter Anpassung verschwunden und die Erkrankung damit ausgeheilt ist, wobei die ICD-10 GM für diese Form der Reaktion auf schwere Belastungen keine feste Ausheilungsfrist vorgeben. Bei dem Kläger jedenfalls war dies mit der endgültigen Wiederaufnahme der Arbeit am 14. Juli 2012 bzw. spätestens mit dem Abschluss der Behandlung im C. am 23. Juli 2012 der Fall. Dies ergibt sich auch daraus, dass die behandelnden Ärzte, auch Dr. O. bei den Untersuchungen des Klägers im Oktober 2012 und zuletzt am 16. Januar 2013 nur noch orthopädische, aber keine psychiatrischen Diagnosen mehr gestellt haben und für diese Zeit auch keine psychischen Symptome beschrieben sind.

Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass bei dem Kläger aktuell irgendeine psychische Erkrankung vorliegt. Dr. K. hat in seinem Gutachten zwar auch für den aktuellen Zeitpunkt der Untersuchung psychopathologische Symptome gesehen und daher eine gemischte Angststörung (F41.3 ICD-10 GM) diagnostiziert. Zugleich hat er aber auf die auffälligen Ergebnisse der Validierungstests und der klinischen Untersuchungen hingewiesen. Hiernach kann der Senat nicht davon ausgehen, dass die Symptome, die Grundlage einer psychiatrischen Diagnose sind, im Vollbeweis nachgewiesen sind.

Wegen der "Simulationsnähe" von Erkrankungen mit neurotischem Einschlag wird in der Rechtsprechung des BSG bei der Feststellung der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale ein strenger Maßstab gefordert. Für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit trifft den Antragsteller die (objektive) Beweislast (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 – B 5 RJ 48/03 R –, juris, Rz. 30). In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass die üblichen Validierungstests psychiatrischer Gutachter zwar für sich allein keinen Beweis, wohl aber ernstzunehmende Hinweise auf Simulation oder ergebnisverfälschende Aggravation liefern können. In diesem Zusammenhang hat der Senat bereits den "Test of Memory Malingering" TOMM (Urteil des Senats vom 27. März 2014 – L 6 U 3992/13 –, juris, Rz. 50) und den Strukturierten Fragebogen Simulierter Symptome SFSS (Urteil des Senats vom 22. Januar 2015 – L 6 U 5221/12 –, juris, Rz. 64) gewürdigt. Wenn auf Grund solcher Tests der Verdacht einer Aggravation oder Simulation entsteht, obliegt es dem Versicherten oder Antragsteller, diesen zu entkräften. Dies folgt aus seiner allgemeinen materiellen Beweislast für die ihm günstigen Umstände. Nicht etwa muss der Versicherungs- oder Leistungsträger die Aggravation oder Simulation beweisen.

Der Kläger hat bei beiden Validierungstestungen erheblich auffällige Werte erzielt. Bei dem SFSS bei Dr. K. war der Cut-off-Wert von 16/75 deutlich überschritten, und auch die unterstützende Testung mit der SSS (Schmerz-Simulations-Skala) ergab Aggravation bzw. den Grenzbereich dazu. Diese Hinweise decken sich mit den klinischen Feststellungen der Gutachter. So hat Dr. K. in seinem psychiatrischen Befund (S. 15 Gutachten) überhaupt keine Symptome einer depressiven oder sonstigen psychischen Erkrankung gefunden, allein die affektive Schwingungsfähigkeit war zum depressiven Pol hin verschoben.

Selbst wenn bei dem Kläger aktuell eine psychische Erkrankung vorliegen sollte, so ist diese jedenfalls nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall als wesentliche Ursache zurückzuführen. Der Senat folgt auch insoweit dem Gerichtssachverständigen Dr. K., der - wie ausgeführt - zwar aktuell eine gemischte Angststörung (F41.3 ICD-10 GM) diagnostiziert hat, diese aber als vorbestehend eingestuft hat. Dass diese Einschätzung zutrifft, entnimmt der Senat der Auskunft der A. vom 13. August 2012, wonach bereits im Februar 2001 Ein- und Durchschlafstörungen, im Oktober 2005 eine nicht näher bezeichnete depressive Episode und eine Somatisierungsstörung, im März 2006 eine somatoforme Störung und 17. August 2006 konkret eine Angststörung festgestellt worden war. Wenn aber bei dem Kläger nach dem Abklingen der etwas stärker gewordenen Symptome der Anpassungsstörung lediglich noch Symptome einer Angststörung bestanden haben, die schon vor dem Unfall vorlagen, dann hat der Unfall insoweit keine wesentliche Bedeutung mehr.

An diesen Einschätzungen des Senats ändert der Bericht des C. vom 2. März 2015 nichts, denn mit diesem kann der Vollbeweis für das Vorliegen der dort diagnostizierten Erkrankungen (mittelgradige depressive Episode [F32.1 ICD-10 GM] und generalisierte Angststörung) nicht geführt werden. Das C. hat die anamnestischen Angaben des Klägers, auf die es seine Diagnosen stützt, nicht hinterfragt und insbesondere keine Testungen zur Validität dieser Angaben gemacht. Eine solche Überprüfung von Angaben des Patienten ist auch nicht Aufgabe behandelnder Ärzte. Und unabhängig hiervon kann weiterhin kein Ursachenzusammenhang mit dem Unfall angenommen werden. Die beiden nunmehr angegebenen Diagnosen, vor allem die depressive Episode, sind ohnehin Erkrankungen, die bereits generell nicht monokausal auf ein traumatisches Ereignis zurückgeführt werden (vgl. den Vorspann bei F32.- ICD-10 GM), sondern nach medizinischer Einschätzung multifaktoriell bedingt sind (vgl. dazu jüngst die Ausführungen eines Sachverständigen in dem Urteil des Senats vom 7. Dezember 2017 – L 6 VG 4996/15 –, juris, Rz. 50). Und im Falle des Klägers ist ein Kausalzusammenhang auch deshalb zu verneinen, weil die psychopathologischen Symptome, wie ausgeführt, im Juli 2012 zunächst weitgehend abgeklungen waren, sodass der Kläger auch wieder arbeitsfähig war, und erst im Januar oder Februar 2013 wieder auftraten, also von einer zeitlichen Lücke von mehreren Monaten mithin einer fehlenden Brückensymptomatik auszugehen ist.

Die körperlichen Folgen des Unfalls bedingen bei dem Kläger keine MdE von 20 v.H., sondern allenfalls eine solche von 10 v.H. Das hat Dr. E. in seinem Gutachten vom 14. Mai 2013 überzeugend herausgearbeitet. Dieses Gutachten, das von der Beklagten erhoben worden ist, wird im Gerichtsverfahren nach § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) als Urkunde mit öffentlichem Glauben verwertet.

Für die Bewertung der Funktionseinbußen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nach § 56 Abs. 1 SGB VII sind ganz wesentlich die Bewegungseinschränkungen relevant, weitere funktionelle Einbußen können in Gelenkinstabilitäten sowie - dies allerdings in erster Linie nur in Bezug auf die Hände und Füße - in einer Kraftminderung oder erheblichen sensorischen oder motorischen Defiziten liegen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 125 ff.).

Der Unfall des Klägers, das Einklemmen, hat in erster Linie die linke Hand und den linken Unterarm betroffen. Insoweit sind kaum Folgen zurückgeblieben. Dr. E. hat keine Bewegungseinschränkungen, keine motorischen oder sensiblen Störungen und keine Kraftminderungen an der linken Hand oder am Ellenbogen festgestellt. Auch der Kläger selbst hat sich nicht auf Schäden an der Hand berufen, sondern sich allein auf die von ihm angenommene Zerrung der linken Schulter gestützt, die ebenfalls bei dem Unfall eingetreten ist.

An der linken Schulter, liegt - auch - eine Gelenkinstabilität vor, die zu häufigen Ausrenkungen des Schultergelenks führt. Diese Feststellung ergibt sich zum Beispiel aus dem D-Arzt-Bericht von Dr. S. vom 9. Februar 2013 während der Rehabilitation des Klägers in der BG-Klinik T ... Dort ist davon die Rede, an der linken Schulter lägen ein "insgesamt laxer Bandapparat" und eine "multidirektionaler Instabilität", die aber muskulär grundsätzlich gut kompensiert sei, vor. Aber diese Instabilität ist nicht unfallbedingt. Dies ist offenkundig. Bereits lange vor dem Unfall und mehrfach war das Schultergelenk herausgesprungen, der Kläger hatte es regelmäßig - wie auch am 9. Februar 2013 - selbst reponiert. Die linke Schulter war auch schon mehrfach operiert worden, im Jahre 2000 im Übrigen auch die rechte Schulter. Die insoweit letzten Operationen waren sogar in der BG-Klinik selbst durchgeführt worden, und zwar 2005 und 2010 jeweils eine Labrumraffung und eine Refixation des linken Schultergelenks. Auch dies hat Dr. S. berichtet. Dass sich die vorbestehende Instabilität durch den Unfall verschlechtert haben sollte, ist nicht einmal vorgetragen, geschweige denn belegt.

Andere unfallbedingte Funktionseinbußen, die zu einer MdE führen könnten, sind nicht zurückgeblieben. Insbesondere ist die Beweglichkeit der linken Schulter nicht in diesem Maße eingeschränkt. Dr. E. hat - im Einklang mit der vorgeschriebenen Neutral-Null-Methode - die Beugung/Streckung mit 30/0/120°, die Rotation mit 40/0/70° (rechts 60/0/80°) und die Abduktion/Adduktion mit 100/0/60° (120/0/60°) gemessen. Das sind zwar mit Ausnahme der Adduktion in allen Beweglichkeiten Einschränkungen im Vergleich zum gesunden rechten Arm und im Vergleich zu den Normalwerten, aber sie sind geringfügig. Nach den medizinischen Erfahrungswerten setzt eine MdE von 20 v.H. z.B. eine Einschränkung der Armhebung auf die Waagerechte (90°) voraus. Eine MdE von 10 v.H. kommt schon bei einer Einschränkung der Armhebung auf 120° oder weniger in Betracht (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 560). Bei dem Kläger ist die Schulterhebung in einer Dimension auf 120°, in der anderen auf 100° limitiert gewesen. Bei einer Zusammenschau ist insoweit selbst eine MdE von 10 v.H. nicht zwingend anzunehmen, aber jedenfalls liegt keine MdE von 20 v.H. vor.

Diese Einschätzung hat der Kläger nicht erschüttern können. Seine Ausführungen in der Berufungsbegründung, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Unfall "zu Beschwerden in der Schulter geführt" habe, reichen für eine weitere Beweiserhebung nicht aus, sie sind spekulativer Natur. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Dr. E. durchaus Beschwerden bzw. Einschränkungen gesehen hat, die aber - wie ausgeführt - keinen rentenberechtigenden Grad erreichen.

Weitere gesundheitliche Folgen des Unfalls sind nicht ersichtlich oder vorgetragen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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