Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 P 3660/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 4407/17 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. November 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im einstweiligen Rechtsschutz die Entscheidung über ihren Antrag auf Gewährung von Pflegehilfsmitteln, über ihren Widerspruch vom 12. Dezember 2016 und die Erteilung von Bescheiden über ihre Pflegestufe bzw. ihren Pflegegrad, die Verzinsung der Nachzahlung und die Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung.
Die am 1929 geborene Klägerin ist bei der Antragsgegnerin pflegeversichert. Mit Bescheid vom 22. Juni 2015 bewilligte die Antragsgegnerin ab dem 1. Mai 2015 erhöhtes Pflegegeld nach der Pflegestufe I. Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2015). Während des sich anschließenden Klageverfahrens beim Sozialgericht Stuttgart (SG; S 10 P 6464/15) erließ die Antragsgegnerin den Überleitungsbescheid vom 2. Dezember 2016 für Pflegegeld nach dem Pflegegrad 3 ab dem 1. Januar 2017. Hiergegen legte die Antragstellerin am 12. Dezember 2016 Widerspruch ein.
Mit (rechtskräftigem) Urteil vom 20. Januar 2017 verurteilte das SG die Antragsgegnerin, der Antragstellerin Leistungen nach der Pflegestufe II zu bewilligen. Das während des Gerichtsverfahrens eingeholte Sachverständigengutachten hatte ergeben, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe II seit dem 19. Juni 2015 erfüllt seien.
Mit Schreiben vom 12. Juni 2017 erinnerte die Antragstellerin die Antragsgegnerin an ihren Widerspruch vom 12. Dezember 2016 und die Umsetzung des Urteils des SG.
Mit Schreiben vom 20. Juni 2017 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, aufgrund des Urteils des SG werde sie rückwirkend ab dem 1. Mai 2015 in die Pflegestufe II eingestuft und erhalte ein monatliches Pflegegeld in Höhe von EUR 545,00. Zum 1. Januar 2017 werde sie in den Pflegegrad 4 übergeleitet und es kämen monatlich EUR 728,00 zur Auszahlung. Die Leistungsbescheide der Vergangenheit seien damit aufgehoben. Die Nachzahlungen würden in den nächsten Tagen vorgenommen werden. Ebenso erfolge eine Jahresmeldung über die geleisteten Rentenversicherungsbeiträge. Die monatlichen Kosten von bis zu EUR 40,00 für zum Verbrauch bestimmter Pflegehilfsmittel würden übernommen. Die benötigten Pflegehilfsmittel könnten über ihre Vertragspartner beantragt werden.
Mit Schreiben vom 23. Juni 2017 wies die Antragstellerin darauf hin, dass sie hinsichtlich der Pflegestufe und des Pflegegrads entsprechende Änderungsbescheide erwarte. Außerdem sei über ihren Widerspruch vom 12. Dezember 2016 zu entscheiden. Die nachzuzahlenden Beträge seien zu verzinsen und die gesamten verauslagten Pflegehilfsmittel im Zeitraum vom 1. Mai 2015 bis 1. Juni 2017 in Höhe von EUR 1.040,00 zu erstatten.
Am 3. Juli 2017 beantragte die Antragstellerin beim SG eine "einstweilige Anordnung wegen Untätigkeit". Die Antragsgegnerin sei durch einstweilige Anordnung zu verpflichten, über den Widerspruch vom 12. Dezember 2016 entscheiden, die unstreitigen Nachzahlungen zu leisten und über die Einstufung in die Pflegestufe ab 1. Mai 2015 und dem Pflegegrad ab 1. Januar 2017, die Verzinsung der Nachzahlungen, die Beitragszahlung zur Rentenversicherung und die Erstattung der Kosten für Pflegehilfsmittel durch rechtsbehelfsfähige Bescheide zu entscheiden.
Die Antragsgegnerin trat dem Antrag entgegen und gab an, dass am 20. Juni 2017 die Nachzahlungen von Pflegegeld für die Zeit vom 1. Mai 2015 bis 31. Dezember 2016 (Pflegestufe II) in Höhe von monatlich EUR 229,00 sowie für die Zeit vom 1. Januar 2017 bis 30. Juni 2017 (Pflegegrad 4) in Höhe von monatlich EUR 183,00 erfolgt sei. Das Pflegegeld für Juli 2017 in Höhe von EUR 728,00 sei am 28. Juni 2017 überwiesen worden. Die weiteren Anliegen der Antragstellerin bedürften noch umfangreicher interner Sachbearbeitung. Am 29. Juni 2017 habe die Antragstellerin eine Zwischennachricht erhalten.
Mit Beschluss vom 13. November 2017 lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Der Antrag sei unzulässig, soweit die Antragstellerin die begehrten Leistungen zwischenzeitlich erhalten habe. Im Übrigen sei der Antrag nicht begründet. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) setze einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund voraus. Das Bestehen eines Anordnungsgrundes habe die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Auf seine (des SG) diesbezügliche Anfrage habe die Antragstellerin lediglich ausgeführt, es könne nicht sein, dass sie stets als Bittstellerin auf die Einhaltung geltender Gesetze bestehen müsse. Dadurch sei ihre Würde nicht gewahrt. Selbst wenn, wie von der Antragstellerin vorgetragen, im Hinblick auf die begehrten Inkontinenzunterlagen weder die Apotheke noch sie eine Rückmeldung zu dem erneut eingereichten Antrag auf Pflegehilfsmittel erhalten haben sollte, so sei allein damit nicht dargelegt, dass ihr schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die ihr ein Zuwarten im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar machten. Für die Verbescheidung von Anträgen bzw. Erlass von Widerspruchsbescheiden könnten als Richtschnur die in § 88 Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGG genannten Fristen von sechs Monaten bzw. drei Monaten dienen. Nach Ablauf dieser Fristen stünde den Beteiligten grundsätzlich die Untätigkeitsklage offen. Das Begehren vor Ablauf der Fristen im Wege der einstweiligen Anordnung durchzusetzen, komme nur in Betracht, wenn dem Betreffenden durch die Nichtbescheidung schwere, durch ein Hauptsacheverfahren nicht wieder ausgleichbare Nachteile entstünden. Dass bei einem Zinsanspruch und der Entrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung nur schwerlich ein Anordnungsgrund bestünden könne, sei offensichtlich und bedürfe keiner weiteren Erörterung.
Gegen den ihr am 15. November 2017 zugestellten Beschluss des SG hat die Antragstellerin am 21. November 2017 Beschwerde beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ausgeführt, ihre Rechtspositionen aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) würden verletzt. Das SG habe – anderes als es die Rechtsprechung verlange (unter Hinweis auf Bundesverfassungsgericht [BVerfG] – 1 BvR 120/09 – und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 2. November 2010 – L 11 KR 4896/10 ER-B –) – ihre grundrechtlichen Belange nicht mit in die Abwägung einbezogen. Sie sei schwerstpflegebedürftig und leide unter fortgeschrittener Demenz, Inkontinenz und Herzinsuffizienz. Sie sei täglich auf Inkontinenzunterlagen zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins angewiesen. Außerdem begehre sie Schutz gegen die Willkür der Antragsgegnerin. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Antragsgegnerin trotz aller Hinweise seit Mai 2015 Anträge nicht beantworte und geltendes Recht nicht beachte. Deren Einlassung, es bedürfe noch umfangreicher interner Sachbearbeitung, sei weder glaubhaft noch nachvollziehbar. Die Schreiben der Antragsgegnerin vom 20. Juni 2017 und 5. Dezember 2017 hätten lediglich informativen Charakter und seien keine Bescheide im Rechtssinne. Ihr Widerspruch vom 12. Dezember 2016 sei nicht durch das Urteil des SG gegenstandslos geworden. Die Gewährung von Pflegehilfsmitteln sei Gegenstand aller Widerspruchs- und Klageschriften. Bereits mit der Übergabe der Pflegedokumentation an die Gutachterin der Antragsgegnerin am 18. Juni 2015 seien zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel beantragt worden. Auch im Widerspruch vom 28. Juni 2015 sei ein entsprechender Antrag zu sehen. Erstmals mit Schreiben vom 20. Juni 2017 habe die Antragsgegnerin auf die Verfahrensweise hingewiesen. Aufgrund ihrer gesetzlichen Beratungspflicht hätte die Antragsgegnerin seit 2015 über die Beantragung und die Dokumentation der Rechnungen informieren müssen. Die Nichtvorlage der Unterlagen könne ihr (der Antragstellerin) nicht angelastet werden. Zudem sei ein ausgefüllter Antrag mit Datum vom 20. Juli 2017 bei der Bahnhof Apotheke in Böblingen abgegeben worden. Dies werde an Eides statt versichert. Die Apotheke habe den Antrag per Fax an die Antragsgegnerin übermittelt.
Die Antragstellerin beantragt (sachdienlich gefasst),
den Beschluss des SG vom 13. November 2017 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, 1. einen Bescheid über ihre Einstufung in die Pflegestufe II seit dem 1. Mai 2015 und in den Pflegegrad 4 seit dem 1. Januar 2017 zu erteilen, 2. einen Bescheid über die Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erteilen, 3. ihren Antrag auf Verzinsung der Nachzahlungen zu verbescheiden, 4. über ihren Widerspruch vom 12. Dezember 2017 zu entscheiden und hierüber einen Bescheid zu erteilen und 5. ihre Anträge auf Gewährung von Pflegehilfsmitteln vom 18. Juni 2015, 28. Juni 2015 und 20. Juni 2017 zu verbescheiden.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den Beschluss des SG für zutreffend. Das Urteil des SG vom 20. Januar 2017 sei umgesetzt worden. Der Bescheid über die Einstufung der Antragstellerin in die Pflegestufe II ab dem 1. Mai 2015 und die damit verbundene Überleitung in den Pflegegrad 4 ab dem 1. Januar 2017 sei am 20. Juni 2017 erteilt worden. Die Nachzahlungen datierten vom selben Tag. Die Berechnung der Beiträge zur Rentenversicherung und deren Nachentrichtung seien ebenfalls erfolgt (Bescheid vom 5. Dezember 2017). Die Erstellung der Jahresmeldung für das Jahr 2017 erfolge maschinell im Frühjahr 2018 und werde zugestellt. Der Widerspruch vom 12. Dezember 2016 gegen die damalige Überleitung in den Pflegegrad 3 sei durch das Urteil des SG gegenstandslos geworden. Obwohl die Genehmigung von zum Verbrauch bestimmter Pflegehilfsmittel nicht Gegenstand der Rechtssache sei, habe sie die Antragstellerin mit Schreiben vom 20. Juni 2017 auf die Verfahrensweise hingewiesen. Ein Antrag oder Rechnungen seien bislang nicht eingereicht worden. Eine Bearbeitung sei erst nach Vorlage der Unterlagen möglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie der Verfahrensakten des Senats und des SG Bezug.
II.
1. Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere statthaft. Sie ist nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossen.
2. Die Beschwerde ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.
a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit – wie hier – nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die – summarische – Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache können auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden, solange jedenfalls nicht schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 – juris, Rn. 23 ff. und vom 25. Februar 2009 – 1 BvR 120/09 – juris, Rn. 11). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
b) Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs sind die Anträge der Antragstellerin, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtschutzes zu verpflichten, Bescheide über die Pflegestufe bzw. den Pflegegrad und die Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erteilen sowie über die Verzinsung der Nachzahlungen und die Gewährung von Pflegehilfsmitteln sowie über ihren Widerspruch vom 12. Dezember 2016 zu entscheiden, wegen Vorwegnahme der Hauptsache unstatthaft. Sie verfolgt damit ein Begehren, das im Hauptsacheverfahren mit der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG verfolgt werden kann, wobei die Antragstellerin im Hauptsacheverfahren auch nur die Verurteilung der Antragsgegnerin nach § 88 SGG zur Bescheidung erreichen könnte. Mithin strebt die Antragstellerin eine Vorwegnahme der Hauptsache an (vgl. zum Ganzen LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Mai 2010 – L 19 AS 693/10 B – juris, Rn. 12, zur Unstatthaftigkeit eines Antrags nach § 86b Abs. 2 SGG auf Verpflichtung des Leistungsträgers zur Bescheidung eines Antrags). Wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung soll die endgültige Entscheidung der Hauptsache in einem Verfahren nach § 86b Abs. 2 SGG aber nicht vorweggenommen werden (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl., § 86b Rn. 31 m.w.N.).
Hinsichtlich des Begehrens, Bescheide über die Pflegestufe bzw. den Pflegegrad und die Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erteilen, kommt hinzu, dass eine Untätigkeitsklage im Hauptsacheverfahren unzulässig wäre. Die Antragstellerin übersieht, dass die Schreiben der Antragsgegnerin vom 20. Juni 2017 und 5. Dezember 2017 schon entsprechende Verwaltungsakte enthalten. Dass die Schreiben nicht die formalen Kriterien eines Bescheids erfüllen, weil sie insbesondere keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten, steht der Rechtsverbindlichkeit der dort getroffenen Regelungen nicht entgegen.
Gleiches gilt hinsichtlich ihres Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Bescheidung ihres Widerspruchs vom 12. Dezember 2016. Auch insoweit wäre eine Untätigkeitsklage unzulässig. Die Antragsgegnerin hat im Schreiben vom 20. Juni 2017 den Pflegegrad der Antragstellerin ab dem 1. Januar 2017 abgeändert (Pflegegrad 4 statt 3) und "die Leistungsbescheide der Vergangenheit" aufgehoben. Sie hat damit dem Widerspruch der Antragstellerin vom 12. Dezember 2016 abgeholfen. Eines weiteren Bescheids bedarf es insoweit nicht.
Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG vorliegend erforderlich wäre, der Hauptsache - einer Untätigkeitsklage - vorzugreifen. Es ist nicht ersichtlich, dass ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht mehr gutzumachende Nachteile für die Antragstellerin entstehen, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre.
c) Soweit der Antrag der Antragstellerin meistbegünstigend dahingehend auszulegen wäre, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Erstattung der angefallenen Kosten für Pflegehilfsmittel zu verpflichten, wäre der Antrag mangels Bezifferung unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Denn es fehlt hinsichtlich des Anspruchs für vergangene Zeiträume an einem Anordnungsgrund. Soweit die Antragstellerin die Pflegehilfsmittel selbst beschafft hat, kann sie zumutbar darauf verwiesen werden, diese im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens geltend zu machen. Eine akute, in die Gegenwart fortwirkende (finanzielle) Notlage ist insoweit nicht gegeben und wird von der Antragstellerin auch nicht vorgetragen. Als Sachleistung kann die Versorgung für vergangene Zeiträume ohnehin nicht gewährt werden. Soweit sich der Antrag (meistbegünstigend) auf die zukünftige Versorgung mit Pflegehilfsmitteln richtet, steht dem Antrag auf einstweilige Anordnung entgegen, dass die Antragsgegnerin im Schreiben vom 20. Juni 2017 die Übernahme von monatlichen Kosten von bis zu EUR 40,00 für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel bereits rechtsverbindlich zugesagt hat.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
4. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SSG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im einstweiligen Rechtsschutz die Entscheidung über ihren Antrag auf Gewährung von Pflegehilfsmitteln, über ihren Widerspruch vom 12. Dezember 2016 und die Erteilung von Bescheiden über ihre Pflegestufe bzw. ihren Pflegegrad, die Verzinsung der Nachzahlung und die Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung.
Die am 1929 geborene Klägerin ist bei der Antragsgegnerin pflegeversichert. Mit Bescheid vom 22. Juni 2015 bewilligte die Antragsgegnerin ab dem 1. Mai 2015 erhöhtes Pflegegeld nach der Pflegestufe I. Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2015). Während des sich anschließenden Klageverfahrens beim Sozialgericht Stuttgart (SG; S 10 P 6464/15) erließ die Antragsgegnerin den Überleitungsbescheid vom 2. Dezember 2016 für Pflegegeld nach dem Pflegegrad 3 ab dem 1. Januar 2017. Hiergegen legte die Antragstellerin am 12. Dezember 2016 Widerspruch ein.
Mit (rechtskräftigem) Urteil vom 20. Januar 2017 verurteilte das SG die Antragsgegnerin, der Antragstellerin Leistungen nach der Pflegestufe II zu bewilligen. Das während des Gerichtsverfahrens eingeholte Sachverständigengutachten hatte ergeben, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe II seit dem 19. Juni 2015 erfüllt seien.
Mit Schreiben vom 12. Juni 2017 erinnerte die Antragstellerin die Antragsgegnerin an ihren Widerspruch vom 12. Dezember 2016 und die Umsetzung des Urteils des SG.
Mit Schreiben vom 20. Juni 2017 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, aufgrund des Urteils des SG werde sie rückwirkend ab dem 1. Mai 2015 in die Pflegestufe II eingestuft und erhalte ein monatliches Pflegegeld in Höhe von EUR 545,00. Zum 1. Januar 2017 werde sie in den Pflegegrad 4 übergeleitet und es kämen monatlich EUR 728,00 zur Auszahlung. Die Leistungsbescheide der Vergangenheit seien damit aufgehoben. Die Nachzahlungen würden in den nächsten Tagen vorgenommen werden. Ebenso erfolge eine Jahresmeldung über die geleisteten Rentenversicherungsbeiträge. Die monatlichen Kosten von bis zu EUR 40,00 für zum Verbrauch bestimmter Pflegehilfsmittel würden übernommen. Die benötigten Pflegehilfsmittel könnten über ihre Vertragspartner beantragt werden.
Mit Schreiben vom 23. Juni 2017 wies die Antragstellerin darauf hin, dass sie hinsichtlich der Pflegestufe und des Pflegegrads entsprechende Änderungsbescheide erwarte. Außerdem sei über ihren Widerspruch vom 12. Dezember 2016 zu entscheiden. Die nachzuzahlenden Beträge seien zu verzinsen und die gesamten verauslagten Pflegehilfsmittel im Zeitraum vom 1. Mai 2015 bis 1. Juni 2017 in Höhe von EUR 1.040,00 zu erstatten.
Am 3. Juli 2017 beantragte die Antragstellerin beim SG eine "einstweilige Anordnung wegen Untätigkeit". Die Antragsgegnerin sei durch einstweilige Anordnung zu verpflichten, über den Widerspruch vom 12. Dezember 2016 entscheiden, die unstreitigen Nachzahlungen zu leisten und über die Einstufung in die Pflegestufe ab 1. Mai 2015 und dem Pflegegrad ab 1. Januar 2017, die Verzinsung der Nachzahlungen, die Beitragszahlung zur Rentenversicherung und die Erstattung der Kosten für Pflegehilfsmittel durch rechtsbehelfsfähige Bescheide zu entscheiden.
Die Antragsgegnerin trat dem Antrag entgegen und gab an, dass am 20. Juni 2017 die Nachzahlungen von Pflegegeld für die Zeit vom 1. Mai 2015 bis 31. Dezember 2016 (Pflegestufe II) in Höhe von monatlich EUR 229,00 sowie für die Zeit vom 1. Januar 2017 bis 30. Juni 2017 (Pflegegrad 4) in Höhe von monatlich EUR 183,00 erfolgt sei. Das Pflegegeld für Juli 2017 in Höhe von EUR 728,00 sei am 28. Juni 2017 überwiesen worden. Die weiteren Anliegen der Antragstellerin bedürften noch umfangreicher interner Sachbearbeitung. Am 29. Juni 2017 habe die Antragstellerin eine Zwischennachricht erhalten.
Mit Beschluss vom 13. November 2017 lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Der Antrag sei unzulässig, soweit die Antragstellerin die begehrten Leistungen zwischenzeitlich erhalten habe. Im Übrigen sei der Antrag nicht begründet. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) setze einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund voraus. Das Bestehen eines Anordnungsgrundes habe die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Auf seine (des SG) diesbezügliche Anfrage habe die Antragstellerin lediglich ausgeführt, es könne nicht sein, dass sie stets als Bittstellerin auf die Einhaltung geltender Gesetze bestehen müsse. Dadurch sei ihre Würde nicht gewahrt. Selbst wenn, wie von der Antragstellerin vorgetragen, im Hinblick auf die begehrten Inkontinenzunterlagen weder die Apotheke noch sie eine Rückmeldung zu dem erneut eingereichten Antrag auf Pflegehilfsmittel erhalten haben sollte, so sei allein damit nicht dargelegt, dass ihr schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die ihr ein Zuwarten im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar machten. Für die Verbescheidung von Anträgen bzw. Erlass von Widerspruchsbescheiden könnten als Richtschnur die in § 88 Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGG genannten Fristen von sechs Monaten bzw. drei Monaten dienen. Nach Ablauf dieser Fristen stünde den Beteiligten grundsätzlich die Untätigkeitsklage offen. Das Begehren vor Ablauf der Fristen im Wege der einstweiligen Anordnung durchzusetzen, komme nur in Betracht, wenn dem Betreffenden durch die Nichtbescheidung schwere, durch ein Hauptsacheverfahren nicht wieder ausgleichbare Nachteile entstünden. Dass bei einem Zinsanspruch und der Entrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung nur schwerlich ein Anordnungsgrund bestünden könne, sei offensichtlich und bedürfe keiner weiteren Erörterung.
Gegen den ihr am 15. November 2017 zugestellten Beschluss des SG hat die Antragstellerin am 21. November 2017 Beschwerde beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ausgeführt, ihre Rechtspositionen aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) würden verletzt. Das SG habe – anderes als es die Rechtsprechung verlange (unter Hinweis auf Bundesverfassungsgericht [BVerfG] – 1 BvR 120/09 – und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 2. November 2010 – L 11 KR 4896/10 ER-B –) – ihre grundrechtlichen Belange nicht mit in die Abwägung einbezogen. Sie sei schwerstpflegebedürftig und leide unter fortgeschrittener Demenz, Inkontinenz und Herzinsuffizienz. Sie sei täglich auf Inkontinenzunterlagen zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins angewiesen. Außerdem begehre sie Schutz gegen die Willkür der Antragsgegnerin. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Antragsgegnerin trotz aller Hinweise seit Mai 2015 Anträge nicht beantworte und geltendes Recht nicht beachte. Deren Einlassung, es bedürfe noch umfangreicher interner Sachbearbeitung, sei weder glaubhaft noch nachvollziehbar. Die Schreiben der Antragsgegnerin vom 20. Juni 2017 und 5. Dezember 2017 hätten lediglich informativen Charakter und seien keine Bescheide im Rechtssinne. Ihr Widerspruch vom 12. Dezember 2016 sei nicht durch das Urteil des SG gegenstandslos geworden. Die Gewährung von Pflegehilfsmitteln sei Gegenstand aller Widerspruchs- und Klageschriften. Bereits mit der Übergabe der Pflegedokumentation an die Gutachterin der Antragsgegnerin am 18. Juni 2015 seien zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel beantragt worden. Auch im Widerspruch vom 28. Juni 2015 sei ein entsprechender Antrag zu sehen. Erstmals mit Schreiben vom 20. Juni 2017 habe die Antragsgegnerin auf die Verfahrensweise hingewiesen. Aufgrund ihrer gesetzlichen Beratungspflicht hätte die Antragsgegnerin seit 2015 über die Beantragung und die Dokumentation der Rechnungen informieren müssen. Die Nichtvorlage der Unterlagen könne ihr (der Antragstellerin) nicht angelastet werden. Zudem sei ein ausgefüllter Antrag mit Datum vom 20. Juli 2017 bei der Bahnhof Apotheke in Böblingen abgegeben worden. Dies werde an Eides statt versichert. Die Apotheke habe den Antrag per Fax an die Antragsgegnerin übermittelt.
Die Antragstellerin beantragt (sachdienlich gefasst),
den Beschluss des SG vom 13. November 2017 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, 1. einen Bescheid über ihre Einstufung in die Pflegestufe II seit dem 1. Mai 2015 und in den Pflegegrad 4 seit dem 1. Januar 2017 zu erteilen, 2. einen Bescheid über die Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erteilen, 3. ihren Antrag auf Verzinsung der Nachzahlungen zu verbescheiden, 4. über ihren Widerspruch vom 12. Dezember 2017 zu entscheiden und hierüber einen Bescheid zu erteilen und 5. ihre Anträge auf Gewährung von Pflegehilfsmitteln vom 18. Juni 2015, 28. Juni 2015 und 20. Juni 2017 zu verbescheiden.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den Beschluss des SG für zutreffend. Das Urteil des SG vom 20. Januar 2017 sei umgesetzt worden. Der Bescheid über die Einstufung der Antragstellerin in die Pflegestufe II ab dem 1. Mai 2015 und die damit verbundene Überleitung in den Pflegegrad 4 ab dem 1. Januar 2017 sei am 20. Juni 2017 erteilt worden. Die Nachzahlungen datierten vom selben Tag. Die Berechnung der Beiträge zur Rentenversicherung und deren Nachentrichtung seien ebenfalls erfolgt (Bescheid vom 5. Dezember 2017). Die Erstellung der Jahresmeldung für das Jahr 2017 erfolge maschinell im Frühjahr 2018 und werde zugestellt. Der Widerspruch vom 12. Dezember 2016 gegen die damalige Überleitung in den Pflegegrad 3 sei durch das Urteil des SG gegenstandslos geworden. Obwohl die Genehmigung von zum Verbrauch bestimmter Pflegehilfsmittel nicht Gegenstand der Rechtssache sei, habe sie die Antragstellerin mit Schreiben vom 20. Juni 2017 auf die Verfahrensweise hingewiesen. Ein Antrag oder Rechnungen seien bislang nicht eingereicht worden. Eine Bearbeitung sei erst nach Vorlage der Unterlagen möglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie der Verfahrensakten des Senats und des SG Bezug.
II.
1. Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere statthaft. Sie ist nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossen.
2. Die Beschwerde ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.
a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit – wie hier – nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die – summarische – Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache können auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden, solange jedenfalls nicht schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 – juris, Rn. 23 ff. und vom 25. Februar 2009 – 1 BvR 120/09 – juris, Rn. 11). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
b) Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs sind die Anträge der Antragstellerin, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtschutzes zu verpflichten, Bescheide über die Pflegestufe bzw. den Pflegegrad und die Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erteilen sowie über die Verzinsung der Nachzahlungen und die Gewährung von Pflegehilfsmitteln sowie über ihren Widerspruch vom 12. Dezember 2016 zu entscheiden, wegen Vorwegnahme der Hauptsache unstatthaft. Sie verfolgt damit ein Begehren, das im Hauptsacheverfahren mit der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG verfolgt werden kann, wobei die Antragstellerin im Hauptsacheverfahren auch nur die Verurteilung der Antragsgegnerin nach § 88 SGG zur Bescheidung erreichen könnte. Mithin strebt die Antragstellerin eine Vorwegnahme der Hauptsache an (vgl. zum Ganzen LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Mai 2010 – L 19 AS 693/10 B – juris, Rn. 12, zur Unstatthaftigkeit eines Antrags nach § 86b Abs. 2 SGG auf Verpflichtung des Leistungsträgers zur Bescheidung eines Antrags). Wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung soll die endgültige Entscheidung der Hauptsache in einem Verfahren nach § 86b Abs. 2 SGG aber nicht vorweggenommen werden (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl., § 86b Rn. 31 m.w.N.).
Hinsichtlich des Begehrens, Bescheide über die Pflegestufe bzw. den Pflegegrad und die Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erteilen, kommt hinzu, dass eine Untätigkeitsklage im Hauptsacheverfahren unzulässig wäre. Die Antragstellerin übersieht, dass die Schreiben der Antragsgegnerin vom 20. Juni 2017 und 5. Dezember 2017 schon entsprechende Verwaltungsakte enthalten. Dass die Schreiben nicht die formalen Kriterien eines Bescheids erfüllen, weil sie insbesondere keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten, steht der Rechtsverbindlichkeit der dort getroffenen Regelungen nicht entgegen.
Gleiches gilt hinsichtlich ihres Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Bescheidung ihres Widerspruchs vom 12. Dezember 2016. Auch insoweit wäre eine Untätigkeitsklage unzulässig. Die Antragsgegnerin hat im Schreiben vom 20. Juni 2017 den Pflegegrad der Antragstellerin ab dem 1. Januar 2017 abgeändert (Pflegegrad 4 statt 3) und "die Leistungsbescheide der Vergangenheit" aufgehoben. Sie hat damit dem Widerspruch der Antragstellerin vom 12. Dezember 2016 abgeholfen. Eines weiteren Bescheids bedarf es insoweit nicht.
Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG vorliegend erforderlich wäre, der Hauptsache - einer Untätigkeitsklage - vorzugreifen. Es ist nicht ersichtlich, dass ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht mehr gutzumachende Nachteile für die Antragstellerin entstehen, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre.
c) Soweit der Antrag der Antragstellerin meistbegünstigend dahingehend auszulegen wäre, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Erstattung der angefallenen Kosten für Pflegehilfsmittel zu verpflichten, wäre der Antrag mangels Bezifferung unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Denn es fehlt hinsichtlich des Anspruchs für vergangene Zeiträume an einem Anordnungsgrund. Soweit die Antragstellerin die Pflegehilfsmittel selbst beschafft hat, kann sie zumutbar darauf verwiesen werden, diese im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens geltend zu machen. Eine akute, in die Gegenwart fortwirkende (finanzielle) Notlage ist insoweit nicht gegeben und wird von der Antragstellerin auch nicht vorgetragen. Als Sachleistung kann die Versorgung für vergangene Zeiträume ohnehin nicht gewährt werden. Soweit sich der Antrag (meistbegünstigend) auf die zukünftige Versorgung mit Pflegehilfsmitteln richtet, steht dem Antrag auf einstweilige Anordnung entgegen, dass die Antragsgegnerin im Schreiben vom 20. Juni 2017 die Übernahme von monatlichen Kosten von bis zu EUR 40,00 für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel bereits rechtsverbindlich zugesagt hat.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
4. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SSG).
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