L 4 R 2321/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 1025/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2321/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 5. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Juli 2012 hinaus.

Die 1974 geborene Klägerin war zuletzt ab 1999 mit Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit versicherungspflichtig beschäftigt und ab 2004 als Gastronomin selbständig. Kurz nach erneuter Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung war sie ab dem 27. Juni 2005 arbeitsunfähig wegen eines Mammakarzinoms rechts. Sie wurde operativ sowie mit Strahlen- und Chemotherapie behandelt. Aus einer stationären Rehabilitationsbehandlung in der O.-klinik, B. K., wurde sie am 10. Mai 2006 als arbeitsunfähig mit einem unter dreistündigen Leistungsvermögen für den allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen; nach angemessener Rekonvaleszenz und weiterer psychotherapeutischer Betreuung sei bei rezidivfreiem Verlauf nach Ablauf von drei bis sechs Monaten eine Einsetzbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich (Rehabericht des PD Dr. St. vom 22. Mai 2006).

Die Beklagte gewährte daraufhin, ausgehend von einem Leistungsfall am 27. Juni 2005, eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 1. April 2006 bis zunächst 28. Februar 2007 (Bescheid vom 24. Oktober 2006). Auf entsprechende Anträge der Klägerin wurde diese Rente anschließend jeweils befristet weitergewährt, zuletzt für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Juli 2012. Dem lag ein Gutachten von Dr. K.-K. vom 16. Juni 2011 zugrunde, in dem diese eine herabgesetzte körperliche Belastbarkeit bei Zustand nach (Z.n.) subkutaner Mastektomie beidseits mit Brustrekonstruktion beidseits (August 2010) und Nekrosebildung links mit Abtragung sowie Re-Operation rechts April 2011 bei Z.n. Mamma-Ca rechts (Erstdiagnose [ED] Juli 2005) mit Operation, Radio- und Chemotherapie, eine Reaktion auf schwere Belastungs- und Anpassungsstörung nach den genannten operativen Eingriffen sowie eine arterielle Hypertonie diagnostizierte. Die Re-Operationen seien noch nicht zufriedenstellend abgeheilt. Die Problembewältigung benötige weitere Behandlung. Das berufliche Leistungsvermögen sei weiterhin aufgehoben.

Vom 15. März bis 19. April 2012 befand sich die Klägerin in stationärer Rehabilitation. Im Entlassbericht vom 7. Mai 2012 beschrieb Dr. H. einen Z.n. Mamma-Karzinom rechts (ED 7/2005), Z.n. brusterhaltender-Axilla-Dissektion, Radiotherapie, Z.n. multiplen Nachrevisionen, einen Verdacht auf reaktive Depression, eine ausgeprägte psychovegetative Erschöpfung, ein chronisch rezidivierendes Schmerzsyndrom und ein generalisiertes Lymphödem. Die Entlassung erfolgte als arbeitsunfähig. Bei Z.n. Axilladissektion mit Neigung zu Lymphödemen seien Überkopfarbeiten sowie schweres Heben und Tragen zu vermeiden. Eine leichte Tätigkeit in wechselnden Körperhaltungen könne die Klägerin sechs Stunden und mehr täglich verrichten.

Am 22. Mai 2012 stellte die Klägerin einen erneuten Antrag auf Weitergewährung der Rente, den die Beklagte, gestützt auf das Rehabilitationsergebnis, mit Bescheid vom 24. September 2012 ablehnte; bei dem beschriebenen Leistungsvermögen liege eine Erwerbsminderung nicht mehr vor.

Auf den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin ließ die Beklagte diese durch den Arzt für Innere Medizin Dr. R. begutachten. Aufgrund einer persönlichen Untersuchung am 28. Januar 2013 stellte dieser in seinem Gutachten vom 29. Januar 2013 die Diagnosen Brustkrebs rechts 2005 sowie subkutane Mastektomie beidseits und wiederholte Eingriffe zur Brustrekonstruktion. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2013 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück.

Am 18. April 2013 erhob die Klägerin dagegen Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) und verwies zur Begründung auf die notwendige Einnahme von starken Schmerzmitteln, u.a. von Opiaten. Die Medikamentenwirkungen spüre sie sehr stark. Sie ermüde sehr schnell. In Folge der Operationen sei der Lymphabbau nicht mehr sichergestellt; wegen eines Ganzkörperödems benötige sie regelmäßig Lymphdrainagen. Seit dem Einsatz von Teilen des Oberschenkelmuskels zum Brustaufbau habe sie erhebliche Schmerzen am Bein; länger als zehn Minuten könne sie nicht gehen. Schwerere Gegenstände wie schon eine kleine Bratpfanne könne sie nicht hochheben. Daneben leide sie unter erheblichen psychischen Problemen in Folge der Krebserkrankung und der nachfolgenden Therapien. Eine geregelte Arbeitstätigkeit sei mit ihren vielen Behandlungsterminen zur Lymphdrainage nicht zu vereinbaren. Ihr Leistungsvermögen sei auf unter drei Stunden täglich herabgesunken. Die Schlussfolgerungen im Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. M. (dazu unten) seien nicht nachzuvollziehen. Richtig sei, dass sie – die Klägerin – aufgrund ihrer Kondition durchaus in der Lage wäre, eine höhere Leistungsfähigkeit zu erlangen; Leistungshindernis sei aber die schnelle und hohe Schmerzhaftigkeit. Gleiches gelte für die ihr mögliche Gehstrecke. Während der Begutachtung empfundene Schmerzen seien nicht in dessen Gutachten eingeflossen. Sie legte ein Schreiben des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. We., Gesundheitsamt Ra., vom 21. April 2015 vor, wonach bei ihr eine reaktiv depressive Symptomatik bestehe und ihre Verhandlungsfähigkeit auf Abschnitte von ca. 30 bis 60 Minuten beschränkt sei.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Gestützt auf eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. Sc. vom 10. Juli 2014 führte sie aus, der Leistungseinschätzung von Prof. Dr. Wi., Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie und Onkologie der Ob.-klinik, (dazu unten) sei nicht zu folgen. Dieser habe bei der körperlichen Untersuchung keinen pathologischen Befund erhoben, keinen Versuch unternommen, die subjektiven Schmerzangaben der Klägerin zu verifizieren und keine Aussage über die aktuelle Situation der Brustkrebserkrankung getroffen.

Das SG holte zunächst schriftliche Aussagen der behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen ein. Fachärztin für Allgemeinmedizin Mi.-G. gab unter dem 10. September 2013 an, die Klägerin könne eine leichte Tätigkeit mit wechselnder Körperhaltung zwischen drei und unter sechs Stunden täglich verrichten. Maßgeblich seien Leiden auf den Fachgebieten der Psychiatrie, Psychotherapie und Schmerztherapie. Beigefügt waren u.a. Arztbriefe des Radiologen Dr. Müller vom 5. Juni 2013 (unauffälliger Herz /Lungenbefund; skelettszintigraphisch kein Nachweis pathologischer Anreicherungen, kein Nachweis von Metastasen). Dipl. Psych. D. berichtete über eine mittelgradige depressive Episode; die Klägerin sei derzeit nicht arbeitsfähig (Stellungnahme vom 18. September 2013).

Das SG bestellte Dr. Wib., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, zum gerichtlichen Sachverständigen, der in seinem aufgrund einer Untersuchung am 18. Februar 2014 unter dem 2. März 2014 erstatteten Gutachten die Diagnosen einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie einer asthenischen Neurose stellte. Tätigkeiten unter Zeitdruck, im Schichtbetrieb und mit Publikumsverkehr seien nicht möglich, dauerhaft schwere und mittelschwere Tätigkeiten sowie solche in Kälte, Nässe und Zugluft ungünstig. Im Übrigen sei kein Grund erkennbar, weshalb die Klägerin nicht in der Lage sein sollte, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr werktäglich zu verrichten. Eine Einschränkung der Gehstrecke bestehe auf seinem Fachgebiet nicht. Zusätzliche betriebsunübliche Pausen sei nicht nötig.

Der auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Sachverständigen bestellte Prof. Dr. Wi. stellte aufgrund einer persönlichen Untersuchung am 29. April 2014 in seinem Gutachten vom 21. Mai 2014 folgende Diagnosen: chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren; asthenische Neurose; Z.n. einem loco-regional fortgeschrittenen Brustkrebs rechts Stadium pT1c pN1a cMO mit Z.n. brusterhaltender Resektion des Tumorleidens rechts und Entfernung der Lymphknoten in der rechten Achselhöhle mit konsekutivem Lymphödem; Z.n. Strahlentherapie der rechten Brust; Z.n. einer adjuvanten Chemotherapie mit 5 FU, Epirubicin, Cyclophosphamid; Z.n. Mastektomie beider Brüste; Z.n. Brustaufbau beidseits; Z.n. multiplen postoperativen Komplikationen; Z.n. Entnahme eines Muskels im linken Oberschenkel innen zum Brustaufbau; metabolisches Syndrom mit Diabetes mellitus Typ und arterieller Hypertonie bei einem Körpergewicht von 127 kg; Z.n. einer paroxysmalen supraventrikulären Tachycardie; Z.n. nach einer Analvenenthrombose; Z.n. einer chronischen helicobacter-assoziierten Antrumgastritis. Die chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliege und das wesentliche Problem bezüglich der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin darstelle, führe zu einem nur noch unter dreistündigen Leistungsvermögen auch für leichte Tätigkeiten. Arbeiten in Zwangshaltungen und über Kopf seien ausgeschlossen. Die Klägerin benötige alle 20 bis 30 Minuten eine zusätzliche Pause. Die Umstellungsfähigkeit sei eingeschränkt. Ihre Gehfähigkeit sei nicht relevant eingeschränkt. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 13. März 2015 hielt Prof. Dr. Wi. in Auseinandersetzung mit dem Gutachten von Dr. M. an seiner Leistungsbeurteilung fest.

Das SG bestellte des Weiteren Dr. M. zum gerichtlichen Sachverständigen, der in seinem aufgrund einer Untersuchung am 11. Dezember 2014 erstellten Gutachten vom 27. Dezember 2014 ein chronisches Schmerzsyndrom nach brusterhaltender Tumorresektion rechts (2005) und Lymphknotenentfernung, Mastektomie beidseits sowie mehrmaligen Operationen zum Brustaufbau mit Komplikationen und psychische Faktoren, ein Erschöpfungssyndrom im Sinne einer asthenischen Neurose, ein rezidivierendes Lymphödem der Arme nach Mastektomie beider Mammae bei Brustkrebs rechts (2005) Stadium pT1c pN1a cMO und Entfernung der Lymphknoten der rechten Axilla, Z.n. Radiatio und Chemotherapie 2005/2006, eine chronisch rezidivierende Lumbago, eine latrogene Hypokaliämie, medikamentös ausgleichbar, sowie einen generalisierter Krampfanfall (2/2008) als Gelegenheitsanfall, diagnostizierte. Nicht mehr leidensgerecht seien Überkopfarbeiten, Zwangshaltungen, häufiges Bücken und Hocken, häufiges Ersteigen von Treppen oder Leitern sowie das Arbeiten auf Gerüsten sowie Tätigkeiten mit erhöhtem Stress-triggerfaktor, unter Zeitdruck, in Nacharbeit und mit Publikumsverkehr. Unter Beachtung dieser Einschränkungen könne die Klägerin noch leichte Tätigkeiten ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 7,5 kg, frei von Nässe, Kälte, Hitze, Zugluft und schwankenden Temperaturen acht Stunden täglich verrichten. Zusätzliche betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich. Die Wegefähigkeit sei nicht relevant eingeschränkt.

Mit Urteil vom 5. Mai 2015 wies das SG die Klage ab. Die Voraussetzungen für die weitere Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lägen nicht vor. Nach den eigenen Eindrücken in der mündlichen Verhandlung und insbesondere den Einschätzungen von Dr. Wib. und Dr. M. folgend sei die Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt. Die Krebserkrankung sei inzwischen überwunden. Bei der Bewertung der dem nervenärztlichen Bereich zuzuordnenden Schmerzerkrankung sei das Gutachten von Dr. Wib. als entsprechender Facharzt besonders heranzuziehen. Die davon ohne Begründung abweichende Leistungseinschätzung von Prof. Dr. Wi. überzeuge ebenso wenig wie die der behandelnden Ärztin und Therapeutin.

Gegen das ihr am 8. Mai 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 1. Juni 2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt unter über ihr bisheriges Vorbringen hinaus ausgeführt, Prof. Dr. Wi. habe ihr Schmerzerleben gerade im Hinblick auf die typische Situation nach Brustoperationen der vorliegenden Art als nachvollziehbar bewertet; eine Verifizierung sei also erfolgt. Das SG habe sich mit ihren Einwendungen gegen das Gutachten von Dr. M. nicht auseinandergesetzt. Rückschlüsse des SG aus der ca. einstündigen mündlichen Verhandlung auf eine Belastbarkeit für einen vollen Arbeitstag seien nicht zulässig. Mittlerweile befinde sie sich in Schmerzbehandlung des Neurozentrums Ra. bei Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D.; von einer chronischen Schmerzerkrankung sei auszugehen. Ein im Mai 2016 erneut aufgetretener Krebsverdacht habe zu einer weiteren psychischen Belastung geführt. Die Leistungseinschätzung von Prof. Dr. B., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, spezielle Schmerztherapie, (dazu unten) sei nicht nachvollziehbar. Dieser stütze sich maßgeblich auf einen nicht vorhandenen Wirkspiegel von Schmerzmitteln in der Blutuntersuchung. Da sie, die Klägerin, ausweislich der Anamnese die Morgendosis nicht genommen habe, sei es durchaus möglich, dass bei der vom Sachverständigen angegeben Halbwertszeit zum Zeitpunkt der Begutachtung eine am Vortag genommene Dosis nicht mehr nachzuweisen gewesen sei. Unter Verweis auf den – vorgelegten – Bewilligungsbescheid vom 9. Oktober 2017 hat die Klägerin mitgeteilt, dass ihr durch die Krankenkasse die Kostenübernahme für Cannabinoide (Dronabinol) nach § 31 Abs. 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gewährt worden sei. Grund seien extreme Nebenwirkungen der bisherigen medikamentösen Behandlung mit Pregabalin. Die Klägerin hat u.a. Arztbriefe von Dr. D. vom 2. Juni, 23. Dezember 2015 und 6. Juli 2016, der Frauenklinik der Ob.-klinik vom 24. Juni 2016 (operative Entfernung eines benignen Mammatumors rechts) vorgelegt. Zuletzt hat sie unter Vorlage von Verlaufsberichten von Dr. D. vom 26. Februar und 2. Mai 2018 ausgeführt, ihr Gesundheitszustand habe sich erneut verschlechtert. Sie leide vermehrt unter Schmerzen. Erholungszeiten habe sie nicht mehr.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 5. Mai 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2013 zu verurteilen, ihr über den 31. Juli 2012 hinaus Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Gestützt auf eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. Z. vom 30. August 2016, führt sie aus, aus den Aussagen der sachverständigen Zeugen (dazu sogleich) ließen sich keine richtungsweisenden Aspekte ableiten. Die Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse reiche zum Nachweis eines eingeschränkten Leistungsvermögens im rentenmaßgeblichen Ausmaße nicht aus.

Der Senat hat zunächst Dr. D. sowie erneut Dipl.-Psych. D. als sachverständige Zeugen schriftlich befragt. Dr. D. hat in seiner Stellungnahme vom 15. Februar 2016 über Vorstellungen vom 18. August 2013 bis zum 5. Januar 2016 berichtet. Die Klägerin habe unter einer ausgeprägten Schmerzsymptomatik im Stadium III nach Gerbershagen mit körperlichen und seelischen Anteilen gelitten. Im Vordergrund habe ein neuropathisches Schmerzsyndrom im Brustbein nach mehrfachen Operationen wegen Mamma-Karzinoms gestanden. Ängste und depressive Stimmungsschwankungen seien aufgetreten und hätten im Verlauf seit Februar 2014 zugenommen. Wegen der Schmerzerkrankung und nun auch wegen der Ängste und Depression halte er die Klägerin jedenfalls seit ihrer ersten Vorstellung bei ihm am 28. August 2013 für nicht mehr arbeitsfähig. Dipl.-Psych. D. hat in ihrer Stellungnahme vom 6. April 2016 aufgrund neun psychotherapeutischer Behandlungen von April 2014 bis Juli 2015 eine deutliche Verschlechterung der Schmerzsymptomatik und eine Zunahme der depressiven Zustände angegeben.

Der Senat hat Prof. Dr. B. zum Sachverständigen bestellt. In seinem aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am 29. Mai 2017 erstellten Gutachten vom 27. Juli 2017 hat dieser einen chronischen Schmerz mit somatischen und psychischen Faktoren, ein Mamma-Karzinom rechts, ED 2005, bestrahlt und chemotherapeutisch behandelt, einen Z.n. Mastektomie beidseits und beidseitige axilläre Lymphknotenentfernung, einen Diabetes mellitus Typ 2, diätetisch behandelt, eine Zöliakie, bioptisch gesichert, einen Z.n. Appendektomie sowie einen Nikotinabusus diagnostiziert. Aufgrund der zahlreichen Operationen, der Neigung zur Entwicklung von Lymphödemen sowie der angegebenen Schmerzsymptomatik seien schwere körperliche Arbeiten sowie das Heben und Tragen von schweren Gegenständen über 10 bis 15 kg nicht mehr möglich. Erstrebenswert sei eine Tätigkeit wechselnd im Stehen, Gehen und Sitzen; auch eine überwiegend sitzende sei möglich. Überkopfarbeiten, Arbeiten unter ungünstigen Witterungsbedingungen und unter sehr hohem Zeitdrucksollten vermieden werden. Solchermaßen zumutbare Tätigkeiten könne die Klägerin mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Zusätzliche betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich. Die Wegefähigkeit sei nicht relevant eingeschränkt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten des Senats und des SG sowie der Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, denn die Klägerin begehrt laufende Rentenleistungen für mehr als ein Jahr.

2. Streitgegenstand ist das Begehren der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung über den 31. Juli 2012 hinaus. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) macht die 1974 geborene Klägerin zu Recht nicht geltend (vgl. § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Streitbefangen ist der Bescheid vom 24. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2013.

3. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitere Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. August 2012).

a) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Bei einem Antrag, eine befristet bewilligte Rente wegen Erwerbsminderung weiterzuzahlen, bedarf es keines Nachweises, dass eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen im Sinne von § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gegenüber denen, die der Bewilligung zugrundelagen, eingetreten ist. Die Entscheidung, ob dem Versicherten nach Ablauf des Bewilligungszeitraums der Rente wegen Erwerbsminderung auf Zeit diese weiterhin zusteht, ist nicht bloß die Verlängerung einer früher bereits dem Grunde nach anerkannten Sozialleistung, sondern stellt die eigenständige und vollinhaltlich erneute ("wiederholte") Bewilligung der beantragten Rente dar. Bei der Zuerkennung einer Rente auf Zeit richtet sich der Wille des Versicherungsträgers von vornherein nur auf die Gewährung von Rente für diese Zeit und es fehlt infolgedessen für die darüber hinausreichende Zeit an jeder für den Versicherten positiven Regelung durch den Versicherungsträger (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 26. Juni 1990 – 5 RJ 62/89 – juris, Rn. 17).

b) Nach diesen Maßstäben steht für den Senat aufgrund der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass die Klägerin in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zwar liegen bei ihr gesundheitliche und daraus resultierende funktionelle Einschränkungen vor. Diese mindern ihre berufliche Leistungsfähigkeit jedoch nur in qualitativer, nicht aber in quantitativer Hinsicht.

(1) Bei der Klägerin besteht zunächst ein Z.n. Mamma-Karzinom mit multiplen Operationen zum Brustwiederaufbau und Korrektureingriffen. Die im Juni 2005 aufgetretene Tumorerkrankung selbst ist nach Operation (Resektion des Tumors und Entfernung der Lymphknoten in der rechten Achselhöhle), Radio- und Chemotherapie ohne Metastasen und Rezidiv geblieben. Dies ist sämtlichen hierzu vorliegenden medizinischen Unterlagen zu entnehmen. Aus der im Mai 2016 aufgetretenen Neubildung ergibt sich nichts anderes. Es handelte sich um einen benignen Mammatumor ohne Hinweise auf Malignität (Arztbrief der Ob.-klinik vom 24. Juni 2016). Abweichendes macht auch die Klägerin nicht geltend. Die Krebserkrankung selbst bedingte im streitigen Zeitraum ausweislich der vorliegenden medizinischen Unterlagen auch keine spezifischen Behandlungsmaßnahmen.

Infolge der Lymphknotenentfernung liegt eine Neigung zur Entwicklung von Lymphödemen vor. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten von Dr. M., der ein rezidivierendes Lymphödem im Bereich der Arme und Hände diagnostiziert. Bereits Dr. H. beschrieb im Reha-Entlassungsbericht vom 7. Mai 2012 eine Neigung zu Lymphödemen. Auch Prof. Dr. Wi. nennt ein (nach Lymphknotenentfernung) konsekutives Lymphödem. Dass dieses nicht durchgehend besteht, ist dem bereits im Widerspruchsverfahren erstatteten Gutachten von Dr. R. zu entnehmen, das der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwerten konnte (vgl. etwa BSG, Beschluss vom 14. November 2013 – B 9 SB 10/13 B – juris, Rn. 6; BSG, Urteil vom 5. Februar 2008 – B 2 U 8/07 R – juris, Rn. 51). Bei der dortigen Untersuchung am 28. Januar 2013 lagen keine Lymphödeme vor; die Umfangmessungen an den Armen ergaben keine Differenzen. Auch bei der Untersuchung durch Prof. Dr. B. am 29. Mai 2017 zeigten sich Hände und Arme zwar leicht "teigig", aber ohne klassische Ödeme in Form von eindrückbarer subkutaner Flüssigkeit. Auch im Bereich der Beine bestand keine Umfangsasymmetrie.

Es besteht ein chronischer Schmerz mit somatischen und psychischen Faktoren. Dies entnimmt der Senat den übereinstimmenden Beurteilungen von Prof. Dr. B. und Dr. Wib. sowie dem Reha-Entlassungsbericht von Dr. H ... Auch Prof. Dr. Wi. und Dr. D. haben diese Diagnose gestellt. Ob das Schmerzsyndrom am Brustbein als neuropathisch anzusehen ist, wie Dr. D. meint, kann vorliegend offenbleiben, da es für die hier vorliegende Frage des beruflichen Leistungsvermögens in erster Linie auf die Ausprägung, nicht die genaue diagnostische Fassung einer Gesundheitsstörung ankommt.

Eine belangvolle depressive Erkrankung bestand und besteht im streitbefangenen Zeitraum nicht. Im Reha-Entlassungsbericht von Dr. H. stellte dieser lediglich eine Verdachtsdiagnose einer reaktiven Depression; in der Alltagsgestaltung zeigte sich die Klägerin im dortigen Aufenthalt aber nicht eingeschränkt. Dr. R. beschreibt in seinem Gutachten die Stimmungslage als euthym, die affektive Schwingungsfähigkeit als regelrecht. Ein Hinweis auf gesteigerte Ängstlichkeit fand sich nicht. Antrieb und Eigeninitiative waren nicht beeinträchtigt. Es bestanden keine mnestischen Störungen, auch keine der Aufmerksamkeit, Konzentration oder des Reaktionsvermögens. Die Psychomotorik war regelrecht. Eine Diagnose aus dem depressiven Formenkreis stellte er dementsprechend nicht. Bei der Begutachtung durch Dr. Wib. war die Stimmungslage zwar gedrückt, aber auflockerbar. Antrieb und Psychomotorik waren nur im subjektiven Erleben reduziert, im Gespräch jedoch ohne Auffälligkeiten. Vitalstörungen bestanden nicht. Auch in der Testpsychologie lag die Klägerin nicht im Bereich einer depressiven Verstimmung; antidepressive Medikation nahm sie nicht. Sie zeigte einen geregelten Tagesablauf, konnte Kontakte und Hobbies benennen. Auffassung, Aufmerksamkeit, Konzentration, Gedächtnisfunktion zeigten sich ungestört. Einen weitgehend entsprechenden Befund erhob auch Dr. M. am 11. Dezember 2014, der sogar eine ausgeglichene Stimmungslage beschrieb. Prof. Dr. Wi. erhob keinen psychiatrischen Befund, diagnostizierte aber auch keine depressive Gesundheitsstörung. Eine Zunahme depressiver Stimmungsschwankungen seit Februar 2014, wie von Dr. D. und Dipl.-Psych. D. angegeben, vermag der Senat daher nicht nachvollziehen. Bei Prof. Dr. B. fanden sich wiederum keine Hinweise auf Konzentrations- und Auffassungsstörungen. Die Stimmung war durchgehend euthym. Die Klägerin wirkte affektiv etwas nivelliert, mitunter phasenweise gleichmütig, in Abhängigkeit der Gesprächsinhalte aber modulationsfähig. Eine schwerere Angstsymptomatik bestand nicht, vielmehr die Sorge vor einem erneuten Auftreten des Tumors. Die höheren kognitiven Funktionen erschienen ungestört. Der Tagesablauf gestaltete sich im Wesentlichen, wie bereits von Dr. Wib. beschrieben. Zu Hobbies gab die Klägerin zwar an, nunmehr nicht mehr Häkeln zu können; sie schwimme jedoch sehr gerne und lese viel. Damit ergab sich nach überzeugender Darstellung von Prof. Dr. B. ein regelrechter psychischer Befund ohne Hinweise auf eine depressive Störung. Aus den zuletzt vorgelegten Verlaufsberichten von Dr. D. ergibt sich nichts anderes. Dieser gibt u.a. hinsichtlich Befund und Medikation an, dass keine relevante Veränderung eingetreten sei; im Übrigen beschreibt er lediglich eine gedrückte Stimmung (Verlaufsbericht vom 26. Februar 2018). Der Verlaufsbericht vom 2. Mai 2018 enthält keine Befundangaben. Zu entnehmen ist eine zeitweise Umstellung der Medikation, die verträglich blieb. Die von ihm gestellte Diagnose Angst und depressive Störung, gemischt, soll bereits nach der Definition der angegebenen ICD-10-Kodierung (F41.2G) bei gleichzeitigem Bestehen von Angst und Depression Verwendung finden, jedoch nur, wenn keine der beiden Störungen eindeutig vorherrscht und keine für sich genommen eine eigenständige Diagnose rechtfertigt. Wegen Niedergestimmtheit erfolgte eine medikamentöse Aufdosierung. Eine anhaltende, eigenständige Depression liegt also auch nach Auffassung von Dr. D. nicht vor. Weshalb er gleichwohl in seinem Arztbrief vom 2. Juni 2015 den Verdacht auf eine schwere depressive Störung (schwerster Schweregrad) annahm, ist somit nicht nachvollziehbar. Auch im Übrigen kann den Berichten eine dauerhafte Verschlechterung nicht zu entnehmen, zumal zuletzt erst eine Anpassung der Medikation erfolgte.

Jedenfalls zu Beginn des streitbefangenen Zeitraums lag ein Erschöpfungssyndrom vor. Dr. H. diagnostizierte ein psychovegetatives Erschöpfungssyndrom. Dr. Wib. führte für den Senat nachvollziehbar aus, dass dieses Syndrom durch verschiedene unbewusste Konflikte gesteuert werde und daher als asthenische Neurose zu diagnostizieren sei. Prof. Dr. B. hat bei seiner Begutachtung entsprechende Befunde nicht mehr erhoben und entsprechend eine solche Gesundheitsstörung nachvollziehbar nicht mehr diagnostiziert.

Ob ein metabolisches Syndrom mit Diabetes mellitus, arterieller Hypertonie und Adipositas im streitbefangenen Zeitraum noch zu stellen war, wie von Prof. Dr. Wi. postuliert, kann offenbleiben. Denn dieser weist selbst darauf hin, dass nach einer deutlichen Gewichtsabnahme von 127 auf 82 kg sowohl der Blutdruck als auch die Glukosekonzentration im Blut ohne Medikation zu senken waren. Dieser Zustand bestand bereits während des Rehaverfahrens vom 15. März 2012 bis 19. April 2012 und damit vor Beginn des streitbefangenen Zeitraums. Entsprechend wurde diese Diagnose im Reha-Entlassungsbericht von Dr. H. nicht gestellt. Gleiches gilt für die Begutachtungen durch Dr. R. und Dr. M ... Bereits Dr. Sc. hatte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 10. Juli 2014 überzeugend darauf hingewiesen, dass das beschriebene metabolische Syndrom wie auch eine angegebene Sinustachykardie jeweils behandelbar seien, also keine vorliegend relevante Leistungseinschränkung bedingen. Dr. D. beschreibt im Verlaufsbericht vom 26. Februar 2018 eine Gewichtszunahme auf 95 kg, was aber lediglich zur Reduktion des Pregabalin führte.

Mangels hieraus resultierender Funktionseinschränkungen der Klägerin kann daher auch offenbleiben, ob die von Prof. Dr. Wi. angegebenen Diagnosen Z.n. nach einer Analvenenthrombose und Z.n. einer chronischen helicobacter-assoziierten Antrumgastritis vorlagen. Dieser hat sie selbst nicht zur Begründung seiner Leistungsbeurteilung herangezogen.

(2) Aus dem bei der Klägerin als relevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Ansicht des Senats qualitative Einschränkungen. Der Senat stützt sich insoweit auf die Gutachten von Dr. R., Dr. Wib., Dr. M. und Prof. Dr. B. sowie den Reha-Entlassungsbericht von Dr. H ... Die psychischen Gesundheitsstörungen setzen die Belastbarkeit herab, so dass Tätigkeiten unter Zeitdruck, im Schichtbetrieb und mit Publikumsverkehr nicht möglich sind. Aufgrund der Schmerzsymptomatik und wegen der Neigung zu ödematösen Schwellungen in den Armen und Händen sind der Klägerin nur noch leichte Tätigkeiten ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 7,5 kg, frei von Nässe, Kälte, Hitze, Zugluft und schwankenden Temperaturen zuzumuten. Auch Überkopfarbeiten und Zwangshaltungen, häufiges Bücken und Hocken sind zu vermeiden. Gleiches gilt aufgrund der Schmerzsymptomatik im linken Bein nach Muskelentnahme für häufiges Steigen von Treppen oder Leitern sowie das Arbeiten auf Gerüsten.

(3) Die bei der Klägerin als rentenrelevant zu berücksichtigen Gesundheitsstörungen führen jedoch nicht zu einem Absinken des tatsächlichen Restleistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß; sie ist jedenfalls seit 1. August 2012 in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich auszuüben. Der Senat stützt sich auch insoweit auf die Gutachten von Dr. R., Dr. Wib., Dr. M. und Prof. Dr. B. sowie den Reha-Entlassungsbericht von Dr. H ...

Die psychischen Gesundheitsstörungen rechtfertigen – insbesondere auch unter Berücksichtigung der ganz im Vordergrund stehenden chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren – keine Einschränkung auf ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen. Der Senat folgt insoweit der Einschätzung von Dr. Wib. und Prof. Dr. B ... Überzeugend und in Übereinstimmung mit den von ihnen erhobenen Befunden haben diese begründet, dass sich eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens bezogen auf eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht rechtfertigen lässt. Konzentration, Auffassung und die höheren kognitiven Funktionen waren jeweils ungestört. Eine depressive Stimmung oder eine schwerere Angstsymptomatik bestanden nicht. Eine Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmung zeigte sich nicht. Trotz der Symptomatik war die Klägerin durchgängig in der Lage, ihren Tagesablauf angemessen bzw. den Anforderungen entsprechend zu strukturieren. Weder aus der Aktenlage, der Anamnese noch den Untersuchungsbefund ergab sich ein ausreichender Grund für die Annahme einer Einschränkung des Durchhaltevermögens. Eine weitgehende, objektivierbare oder ausreichend begründbare Einschränkung der Fähigkeit zur Teilhabe an den Aktivitäten des täglichen Lebens (z.B. in den Bereichen Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Konzentrationsfähigkeit, Antrieb, Interesse und Aufmerksamkeit) lagen nach den Darstellungen von Dr. Wib. und Prof. Dr. B. nicht vor. Dies stimmt auch mit den Einschätzungen von Dr. M. überein. Die von der Klägerin an dessen Gutachten geübte Kritik ist nicht geeignet, die vom Sachverständigen erhobenen objektiven Befunde in Zweifel zu ziehen. Zusätzlich war das Ergebnis der im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. B. durchgeführten Laboruntersuchungen zu berücksichtigen. Für den Senat überzeugend legte der Sachverständige dar, dass auch unter Berücksichtigung der biologischen Halbwertszeiten, die danach fehlenden Wirkspiegel von Hydromorphon (stark wirksames Opioid) und Pregabalin, mit einer regelmäßigen Einnahme dieser Substanzen nicht zu vereinbaren waren. Da die Klägerin trotz der völlig fehlenden Wirkspiegel nicht schmerzgeplagt imponierte, ist die Notwendigkeit dieser Substanzen grundsätzlich zu hinterfragen. Die Halbwertszeit von Pregabalin beträgt nach Darstellung des Sachverständigen sechs bis sieben Stunden; der tatsächlich erhobene Wert am Untersuchungstag lag bei unter 0,1 mg/l. Der therapeutische Bereich i.S.e. Wirkspiegel beträgt 2,0 bis 5,0 mg/l. Prof. Dr. B. hat die Angabe der Klägerin, am Untersuchungstag dieses Medikament nicht eingenommen zu haben, berücksichtigt, aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dennoch aufgrund der angegebenen sehr hohen Tagesdosis vom 300 mg eine regelmäßige Einnahme nicht gegeben sein kann und auch an der Einnahme am Vortag in hohem Maße gezweifelt werden muss. Der nicht fachlich fundierte Einwand der Klägerin, bei regelmäßiger Einnahme bis zum Vortag wäre der Wirkstoff nach 14 Stunden nicht mehr nachweisbar, vermag daher nicht zu überzeugen. Unabhängig davon ist insoweit in erster Linie maßgeblich, dass für die genannten Schmerzmedikamente völlig fehlende Wirkspiegel vorlagen und die Klägerin in der Untersuchung dennoch nicht schmerzgeplagt imponierte. Überzeugend kommt Prof. Dr. B. – in Übereinstimmung insbesondere mit Dr. Wib. – daher aufgrund seiner besonderen Fachkunde zu dem Ergebnis, dass ein derart schweres Krankheitsbild, das ein aufgehobenes Leistungsvermögen bedingen würde, auch unter Berücksichtigung der Diagnosekriterien nach Gerbershagen, nicht vorliegt. Ausdrücklich bezieht er dabei neben dem Aspekt der fehlenden Wirkspiegel den Gesamteindruck, die Angaben zum Tagesablauf und die gegebene Fahrtüchtigkeit der Klägerin mit ein. Die Bewilligung der Kostenübernahme für Cannabinoide (Arzneimittel Dronabinol) durch die Krankenkasse ist nicht geeignet, diese auf den Gesamtumständen fußende Beurteilung von Prof. Dr. B. in Frage zu stellen. Im Übrigen datiert das zugrundeliegende Attest von Dr. D. vom 16. Juni 2017 und damit vor Erstattung des Gutachtens von Prof. Dr. B ... Im Verlaufsbericht vom 26. Februar 2018 gibt Dr. D. an, dass u.a. hinsichtlich Befund und Diagnose keine wesentlichen Veränderungen eingetreten seien. Daher kann offenbleiben, ob sein Vermerk, die Klägerin bleibe schmerzgeplagt, eine Wiedergabe von deren Angaben darstellt oder eine eigene Einschätzung des Arztes.

Die übrigen oben näher bezeichneten Gesundheitsstörungen bedingen keine weitergehende Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht. Dies gilt namentlich für die Neigung zu Lymphödemen. Auch Prof. Dr. Wi. hat seine abweichende Leistungsbeurteilung nicht auf diese Gesundheitsstörung gestützt, sondern ausdrücklich maßgeblich auf die Schmerzstörung. Die Krebserkrankung selbst bedingte im streitigen Zeitraum keine Funktionseinschränkungen oder spezifischen Behandlungsmaßnahmen mehr.

Den abweichenden Leistungseinschätzungen von Dr. Mi.-G. und Dipl.-Psych. D. vermag der Senat schon deshalb nicht zu folgen, weil diese auch eine tatsächlich nicht vorliegende gewichtigere depressive Störung einbezogen haben. Gleiches gilt im Ergebnis für die Beurteilungen von Dr. D., der sich allerdings auf eine "Arbeitsunfähigkeit", nicht auf eine Erwerbsminderung bezogen und ebenfalls letztlich nicht belegte zunehmende Ängste und depressive Stimmungsschwankungen angeführt hat, und Dr. We ... Schließlich vermag der Senat auch der Leistungseinschätzung von Prof. Dr. Wi. nicht zu folgen. Hinsichtlich der Schmerzen und der hieraus angenommenen Einschränkungen gibt dieser nur die Beschwerdeangaben der Klägerin wieder. Zwar hat er, worauf die Klägerin hinweist, in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13. März 2015 näher ausgeführt, das Schmerzerleben gerade im Hinblick auf die typische Situation nach Brustoperationen der vorliegenden Art als nachvollziehbar bewertet zu haben. Eine Verifizierung insbesondere des Ausmaßes hat er damit für den konkreten Fall der Klägerin jedoch nicht vorgenommen. Auswirkungen auf die Alltagsgestaltung wurden nicht abgefragt; ein Tagesablauf ist nicht erhoben worden. Eine notwendige Konsistenzprüfung (vgl. Knittel, SGb 2016, 124, 126) der Angaben ist insoweit nicht erfolgt. Eine solche ist jedoch gerade bei Schmerzangaben im Rahmen eines Rentenverfahrens notwendig. Zwar haben sämtliche mit der Klägerin befassten Gutachter eine bewusste Aggravation oder gar Simulation verneint. Frei von Verdeutlichungstendenzen war diese indes nicht. Bereits im Reha-Entlassungsbericht von Dr. H. wird darauf hingewiesen, dass klinischer Befund und Befindlichkeit zum Teil Diskrepanzen zeigten. Auch Dr. Wib. wies auf gewisse Verdeutlichungstendenzen hin. Dr. M. beschrieb, dass während des ablenkenden Gesprächs die Empfindlichkeit der Oberschenkelnarbe und der Narben beider Mammae deutlich We. leidensbetont war. Auch der von Prof. Dr. B. angegebene fehlende Wirkspiegel der Schmerzmedikation ist hier zu beachten. Der Frage noch vorhandener Ressourcen der Klägerin ist Prof. Dr. Wi. nicht erkennbar nachgegangen. Einen psychiatrischen Befund hat er nicht erhoben.

(4) Der Senat sieht sich nicht zu weiteren Ermittlungen gedrängt. Soweit die Klägerin zuletzt eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes durch vermehrte Schmerzen geltend macht, fehlt es an Anhaltspunkten, dass hieraus dauerhafte Funktionseinschränkungen resultieren könnten. In erster Linie ist bei tatsächlicher gegebener Verschlechterung an eine Intensivierung oder Anpassung der Therapie zu denken. Dass eine solche ausgeschlossen sein soll, ist nicht zu erkennen und wird von der Klägerin auch nicht substantiiert behauptet. Der vorgelegte Verlaufsbericht von Dr. D. vom 26. Februar 2018 zeigt aus den oben bereits genannten Gründen keine maßgebliche Verschlechterung auf.

(5) Ob der Klägerin ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Restleistungsvermögen – wenn auch mit qualitativen Einschränkungen – in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, sie also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 13 R 78/09 R – juris, Rn. 31). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.

(6) Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegen nicht vor. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten (siehe – auch zum Folgenden – etwa Urteil des Senats vom 21. November 2014 – L 4 R 4797/13 – nicht veröffentlicht). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.

Dies ist hier nicht der Fall. Die qualitativen Leistungseinschränkungen der Klägerin (siehe oben) sind nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Darin ist weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen zu sehen. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können – unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände – beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris, Rn. 28 m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen ist vorliegend gegeben. Soweit Prof. Dr. Wi. angab, die Klägerin benötige alle 20 bis 30 Minuten eine zusätzliche Pause und die Umstellungsfähigkeit sei eingeschränkt, ist diese Einschätzung aus den bereits oben genannten Gründen nicht nachvollziehbar. Die von ihm postulierten Einschränkungen hat Prof. Dr. Wi. auch nicht spezifisch begründet. Letztlich beruhen sie nach dem Inhalt des Gutachtens allein auf den subjektiven Angaben der Klägerin. Auch die Länge der als notwendig erachteten Pausen wird nicht angegeben. Es fehlt somit insgesamt an der Nachvollziehbarkeit. Therapiemaßnahmen zur Lymphdrainage – von der Klägerin zuletzt gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. B. mit zwei- bis dreimal wöchentlich wohnortnah angegeben – stehen entgegen der Ansicht der Klägerin einer regelmäßigen Arbeitsleistung nicht entgegen.

(7) Auch die Wegefähigkeit der Klägerin war und ist gegeben. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90 – juris, Rn. 16 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 21/10 R – juris, Rn. 21 f.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – juris, Rn. 19 f.). Die Klägerin ist in der Lage, eine Gehstrecke von 500 Metern viermal in We. als 20 Minuten täglich zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Aus den ärztlichen Äußerungen ergeben sich keine Befunde, die für eine unter den genannten Maßstäben eingeschränkte Gehfähigkeit der Klägerin sprechen. Das Gangbild wird durchgängig von allen mit der Klägerin befassten Gutachtern als unbeeinträchtigt beschrieben. Soweit diese als limitierend eine schnelle und hohe Schmerzhaftigkeit bezeichnet, ist zu berücksichtigen, dass sie selbst angab, Spaziergänge bis zu 20 Minuten machen. Im Übrigen sah auch Prof. Dr. Wi. keine relevante Einschränkung der Gehstrecke. Des Weiteren ist die Klägerin im Alltag mit Pkw ausreichend mobil; so war sie in der Lage, zur Untersuchung durch Prof. Dr. B. selbst zu fahren.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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