Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SB 54/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4647/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17.11.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung des Merkzeichens "G".
Der 1960 geborene Kläger beantragte am 07.01.2009 (Blatt 4 VA) bei dem Landratsamt R. (LRA) erstmals die Feststellung des GdB. Mit Bescheid vom 11.02.2010 (Blatt 34/36 VA) stellte das LRA einen GdB von 50 seit dem 01.11.2009 fest und berücksichtigte folgende Funktionseinschränkungen: - Diabetes mellitus - Funktionsbehinderung der Wirbelsäule - Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke - Funktionsbehinderung beider Kniegelenke - Chronisches Schmerzsyndrom Die Feststellung der Merkzeichen G, Gl, B, H, aG, Bl und RF lehnte das LRA ab.
Auf den Änderungsantrag vom 08.05.2013 (Blatt 46 VA) stellte der Beklagte mit Bescheid vom 16.09.2013 (Blatt 71 VA) einen GdB von 60 seit dem 08.05.2013 fest und berücksichtigte als weitere Funktionsbeeinträchtigung eine seelische Störung.
Am 23.10.2013 (Blatt 75 VA) beantragte der Kläger erneut die Neufeststellung des GdB sowie das Merkzeichen "G" und legte das ärztliche Attest des Neurologen Dr. D. vom 04.10.2013 (Blatt 76 VA) vor.
Das LRA holte die Befundscheine des Orthopäden Dr. B. vom 11.11.2013 (Blatt 82 VA – chronische Schmerzerkrankung mit seitenwechselnden Lumboischialgien sowie somatischen und psychischen Faktoren, Diabetes mellitus, Kniegelenksarthrose links) und des Neurologen Dr. D. vom 13.01.2014 (Blatt 89 VA - chronische Schmerzerkrankung Stadium III nach Gerbershagen, Depression mit teilweise schweren depressiven Episoden, insulinpflichtiger Diabetes) ein, zu denen Dr. E. die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 15.02.2014 (Blatt 91 VA) erstattete und darauf hinwies, dass völlig unveränderte medizinische und soziale Verhältnisse bestünden, der GdB von 60 sei bei deutlichen Überschneidungen höchstmöglich, eine erhebliche Gehbehinderung liege nicht vor.
Den Neufeststellungsantrag lehnte das LRA mit Bescheid vom 20.02.2014 (Blatt 94 VA) ab, da die Voraussetzungen für eine höhere Bewertung des GdB nicht vorliegen würden. Die Feststellung des Merkzeichens "G" sei abzulehnen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen würden.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 28.02.2014 (Blatt 95 VA) Widerspruch und machte geltend, eine Wegstrecke von zwei Kilometern in einer halben Stunde nicht zurücklegen zu können. Dr. D. habe die Gehstrecke, die er mit Gehstock zurücklegen könne, mit 200 bis 300 Metern angegeben, auch Dr. B. beschreibe eine schmerzfreie Gehstrecke von 300 Metern.
Das LRA zog das im Verfahren Sozialgericht (SG) Konstanz S 8 R 1787/13 erstatte neurologisch-psychiatrische Sachverständigengutachten des Dr. W. vom 27.06.2014 (Blatt 116/127 VA) nebst ergänzender Stellungnahme vom 03.09.2014 (Blatt 114 VA) sowie die sozialmedizinische Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie B. vom 12.08.2014 und 24.10.2016 (Blatt 112, 115 VA) bei.
OMR N. erstattete die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 13.11.2014 (Blatt 130/131 VA) und führte aus, dass die Behinderungen vollständig und mit Teil-, wie Gesamt-GdB korrekt bewertet worden seien, die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" beschreibe auch das aktuelles Gutachten nicht. Die Funktionsbeeinträchtigungen seien wie folgt zu bewerten: - Diabetes mellitus (Einzel-GdB 40) - Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, der Knie- und Hüftgelenke, chronisches Schmerzsyndrom (Einzel-GdB 30) - Seelische Störung (Einzel-GdB 30)
Gestützt hierauf wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.2014 (Blatt 131/132 VA) zurück und führte zur Begründung aus, dass sich auf die Gehfähigkeit auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule, die für sich einen GdB von wenigstens 50 begründenden, nicht gegeben seien. Darüber hinaus seien die Funktionsbeeinträchtigungen an den unteren Gliedmaßen nicht mit einer Versteifung des Hüftgelenkes, einer Versteifung des Knie- und Fußgelenkes in ungünstiger Stellung vergleichbar. Keine der an den Beinen und an der Lendenwirbelsäule festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen wirke sich auf die Gehfähigkeit in besonderem Maße aus. Eine andere Entscheidung lasse sich auch unter Berücksichtigung der inneren Leiden nicht begründen, da das Ausmaß dieser Funktionsbeeinträchtigungen sich nicht zusätzlich entscheidend auf das Gehvermögen auswirke.
Am 09.01.2015 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Konstanz und machte geltend, die chronische Schmerzerkrankung sowie die claudicatio-spinalis-Symptomatik bedinge die Voraussetzungen des Merkzeichens "G". Durch die Kniearthrose sei das Treppensteigen deutlich erschwert und führe ebenso zu einer Einschränkung des Gehvermögens auf etwa 300 Meter.
Das SG holte die sachverständigen Zeugenauskünfte des Neurologen Dr. D. vom 13.04.2015 (Blatt 24 SG-Akte – Einschränkung der Gehstrecke durch die Claudicatiosymptomatik bei Spinalkanalstenose und Bandscheibenvorfall in Höhe LWK 4/5, 2 Kilometer können nicht in 30 Minuten zurückgelegt werden), des Allgemeinmediziners Dr. B. vom 04.05.2015 (Blatt 26/34 SG-Akte) sowie des Orthopäden Dr. B. vom 01.06.2015 (Blatt 36/37 SG-Akte – deutliche Funktionseinschränkung der Wirbelsäule bei der Inklination sowie der Seitneigung und Rotation, Claudicatio spinalis mit Einschränkung der Gehstrecke) ein, zu denen der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. R. vom 01.09.2015 (Blatt 39/40 VA) vorlegte. Dieser führte aus, dass die Laborwerte einen schlecht eingestellten Diabetes zeigen würden, bei erhöhten Entzündungsparametern. Der Orthopäde habe eine Limitierung der Gehstrecke beschrieben, über Funktionsbehinderungen der Hüft- und Kniegelenke seien keine Angaben gemacht worden. Gehe man von einer Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren aus, bestünden Überschneidungen mit dem orthopädischen Fachgebiet.
Das SG führte die nichtöffentliche Sitzung vom 15.03.2016 (Blatt 46/47 SG-Akte) durch und holte das nervenärztliche Sachverständigengutachten des Dr. T. vom 31.05.2016 (Blatt 53/78 SG-Akte) ein. Dieser legte dar, dass er auf nervenärztlichem Gebiet den GdB auf 30 einschätze, wobei eine wesentliche Verschlechterung nach den Arztberichten seit 2013 nicht erkennbar sei. Bei der apparativen Diagnostik habe sich eine beginnende sensible Polyneuropathie in den Füßen bei langjährigem Diabetes mellitus und in der Duplexsonographie der Halsgefäße eine leichte Makroangiopathie der Halsgefäße mit zusätzlicher 50%-iger längerstreckiger Stenose der Arteria carotis interna auf der linken Seite gezeigt. Auf internistischem Fachgebiet liege ein ausgeprägtes metabolisches Syndrom vor, der Kläger sei erheblich übergewichtig und leide als Gefäßrisikofaktor unter arterieller Hypertonie, erhöhtem Cholesterin und Diabetes, welcher bereits zu multiplen Folgeerscheinungen geführt habe. Es bestehe eine deutliche Einschränkung des Gehvermögens, der Kläger könne nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder Gefahren für sich und andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurücklegen, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt würden. Ursache für die Einschränkung des Gehvermögen seien die bekannte lumbale Spinalkanalstenose mit Funktionsstörung der unteren Gliedmaßen und zusätzlich die beginnende sensible Polyneuropathie in den Beinen.
Der Beklagte legte die versorgungärztliche Stellungnahme des Dr. G. vom 30.06.2016 (Blatt 80 SG-Akte) vor, der die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" als nicht gegeben erachtete, da ein GdB von 50 für Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen bestehen müsse. Die Funktionsbehinderung der Hüft- und Kniegelenke bedinge keinen höheren GdB als 10, konkrete Funktionsbefunde, die eine höhere Bewertung der Hüft- und Kniegelenke begründeten, seien nicht gegeben. Eine beginnende Polyneuropathie bedinge keinen höheren GdB als 10, für das Wirbelsäulensyndrom bei Spinalkanalstenose im LWS-Bereich sei ein GdB von 30 angesetzt, motorische Ausfälle seien im Rahmen der klinischen Untersuchung nicht festgestellt worden.
Dr. T. gab in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22.08.2016 (Blatt 83/84 SG-Akte) an, dass er keinen Zweifel an einer bestehenden deutlichen Einschränkung des Gehvermögens beim Kläger habe. Ursache hierfür sei zum einen die lumbale Spinalkanalstenose mit Funktionsstörung der unteren Gliedmaßen sowie die sensible Polyneuropathie in den Beinen. Die Gangstörung werde multifaktoriell verursacht, bei dem Kläger liege zusätzlich eine Adipositas und koronare 2-Gefäßerkrankung vor.
Mit Urteil vom 17.11.2016 wies das SG die Klage ab und führte zur Begründung aus, dass bei dem Kläger keine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vorliege. Es sei keiner der in Teil D Nr. 1 d) – f) genannten Regelfälle gegeben, bei dem Kläger bestehe keine Beeinträchtigung der unteren Gliedmaßen, die einen Einzel-GdB von wenigstens 50 oder unter 50 mit besonderen Auswirkungen auf die Gehfähigkeit begründeten. Das Wirbelsäulensyndrom sei mit einem GdB von 30 zu bemessen, es habe sich eine Einschränkung der Beweglichkeit der Wirbelsäule gezeigt, die Extremitäten seien frei beweglich gewesen, es hätten sich keine umschriebenen Muskelarthrophien und keine Auffälligkeiten bezüglich Tonus und T. gezeigt. Der Romberg-Stehversuch sei in der Untersuchung des Dr. T. sicher gewesen, kurze Strecken könne der Kläger auch ohne Gehhilfe bewältigen, der Seiltänzergang sei unsicher gewesen, Fersengang und Zehengang gut möglich. Über der Lendenwirbelsäule habe sich ein Klopfschmerz gefunden, der Finger-Boden-Abstand habe 40 cm betragen die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule sei deutlich einschränkt gewesen.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 02.12.2016 (Blatt 95a SG-Akte) zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.12.2016 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er macht geltend, dass die Funktionseinschränkungen an den Hüft- und Kniegelenken nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Dr. W. habe ein eingeschränktes, kurzschrittiges, schleppendes Gangbild mit Schonhinken links beschrieben, der von Dr. T. nicht auslösbare Achillessehnenreflex spreche für habhafte Schäden an der LWS, dieser habe einen etwas langsamen und beschwerlichen Gang befundet. Ergänzend legt er den Befundbericht des Neurologen Dr. D. vom 28.06.2018 (Blatt 88 Senatsakte) vor.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17.11.2016 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm das Merkzeichen "G" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat das orthopädische Sachverständigengutachten des Dr. Z. vom 17.10.2017 (Blatt 30/51 Senatsakte) eingeholt, der Einzel-GdB Werte von je 20 für eine absolute Spinalkanalstenose und Schultersteife rechts sowie Einzel-GdB Werte von jeweils 10 für Funktionsbehinderungen der Hüftgelenke- und Kniegelenke annahm und ausführte, dass die Funktionsbehinderungen der Hüftgelenke und der Kniegelenke keine signifikante Einschränkung des Gehvermögens bedingten, die radiologischen Verhältnisse und Beweglichkeiten der Gelenke seien diesbezüglich noch ausreichend. Durch die absolute spinale Enge und eventuell durch die periphere Verschlusskrankheit sei die Gehleistung von 2 Kilometern in 30 Minuten nicht mehr vorstellbar. Unter Beobachtung sei der Kläger jeweils nur circa 40 Meter gegangen und dann etwa eine Minute stehen geblieben. Bei der durchgeführten Teststrecke von knapp 400 Meter habe der Kläger ohne Unterbrechung gehen können bei langsamen Gehtempo, danach sei der Kläger aber sehr erschöpft gewesen und habe circa 10 Minuten sitzen müssen. Es habe sich eine deutliche Tachykardie und Blutdruckerhöhung gezeigt.
Der Beklagte hat die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. W. vom 06.11.2017 (Blatt 53/54 Senatsakte) vorgelegt, der ausgeführt hat, dass eine arterielle Verschlusskrankheit, die sich auf die Gehfähigkeit auswirkte, mit den bisherigen Aktenunterlagen nicht nachweislich abzuleiten sei. Ebenso könne keine kardiale Funktionseinschränkung erkannt werden, der im Rahmen der Begutachtung durchgeführte Gehtest sei nicht verwertbar, da solche Gehtests mitarbeitsabhängig seien. Aus dem kernspintomographischen Befundbericht könnten keine Rückschlüsse auf Funktionseinschränkungen gezogen werden.
Der Senat hat weiter die sachverständige Zeugenauskunft des Internisten und Kardiologen Dr. M. vom 09.01.2018 (Blatt 60/63 Senatsakte – belastungsabhängige Angina pectoris, diffuse koronare 3-Gefäßerkrankung) sowie das internistische Sachverständigengutachten des Dr. K. vom 29.05.2018 (Blatt 72/86 Senatsakte) eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass der labormedizinisch bestimmte Wert CDT mit 2,0% im erhöhten Bereich gelegen habe und einen chronischen Alkoholmissbrauch (Blutalkoholspiegel zum Zeitpunkt der Untersuchung: 1,91 Promille) widerspiegele. Eine Einsicht in die Problematik der Relevanz von Blutzuckereinstellung und Alkoholmissbrauch sei bei dem Kläger nicht erkennbar gewesen, auch die geklagten Symptome wie Schwindel, Schweißausbrüche und Übelkeit seien auf die Problemfelder des schlecht eingestellten Diabetes mellitus und des Alkoholmissbrauchs zurückzuführen. Die Einschränkung der Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest auf 254,8 Meter (Sollwert 565 Meter) erkläre sich durch die bekannten orthopädischen Leiden und die durch die ketoazidotische Stoffwechselentgleisung und Hyperventilation. Auch wenn sich bei der Durchführung dieses Tests gewisse Verdeutlichungstendenzen ergeben hätten, habe das Ergebnis gezeigt, dass der Kläger keinesfalls in der Lage sei, zwei Kilometer in einer halben Stunde zurückzulegen. Die Problematik des Diabetes mellitus und des Alkoholmissbrauchs sei einer medizinischen Behandlung zugänglich, wenn der Kläger entsprechend motivierte Mitarbeit zeige.
Der Kläger hat den Bericht des Dr. D. vom 28.06.2018, der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. R. vom 12.07.2018 (Blatt 90/91 Senatsakte) vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, dass eine Erhöhung des Teil-GdB für den Diabetes nicht erfolgen könne, da der Kläger über standardisierte Insulingaben berichtet habe, die Anreise zum Untersuchungstermin sei ohne Hilfsmittel erfolgt, in der technischen Untersuchung des Herzens habe die Auswurffraktion 70% betragen bei einer Betonung der linken Kammerwände und Hinweisen für eine diastolische Funktionsstörung, jedoch kein Lungenhochdruck bestanden. Der Kläger sei mit einem Blutalkoholspiegel von 1,91 Promille sowie einem erhöhten Blutzucker von 315 mg/dl zur Untersuchung erschienen. Der Hinweis auf eine eingeschränkte Gehstrecke bei erhöhtem Blutalkoholspiegel, reduziertem Flüssigkeitsvolumen und diabetischer Stoffwechsellage könne die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" nicht begründen. Zu berücksichtigen im Tenor sei noch die Alkoholkrankheit in Verbindung mit der Fettleber.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Absatz 1, 124 Absatz 2 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 20.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2014 soweit der Beklagte darin die Feststellung des Merkzeichens "G" abgelehnt hat. Zwar hatte der Kläger ursprünglich auch eine Erhöhung des GdB beantragt und der Beklagte hierüber in dem angefochtenen Bescheid entschieden, jedoch konnte der Senat feststellen, dass der Kläger bereits beim SG den Bescheid nur hinsichtlich des abgelehnten Merkzeichens "G" angefochten hat, sodass im Übrigen Bestandskraft eingetreten ist.
Rechtsgrundlage sind die Vorschriften des SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen begehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Absatz 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-) Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.
Gemäß § 229 Abs. 1 SGB IX in der seit 01.01.2018 geltenden Fassung (n.F.), (§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX alte Fassung - a. F. -), werden schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 152 Abs. 5 SGB IX n.F. (§ 69 Abs. 5 SGB IX a.F.), im Nahverkehr im Sinne des § 230 Abs. 1 SGB IX n.F. (§ 147 Abs. 1 SGB IX a.F.), unentgeltlich befördert. In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ist erheblich beeinträchtigt nach § 229 Abs. 1 SGB IX n.F. (§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX a.F.), wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt.
Allerdings konnte sich der Beklagte hinsichtlich der Voraussetzungen für die Feststellung des Nachteilsausgleichs "G" bis 14.01.2015 nicht auf die VG berufen. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche durch Verordnung regeln zu können, enthielten weder § 30 Abs. 17 BVG, der nicht auf die im Schwerbehindertenrecht im SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR-SozR 4/2009), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche war auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX vorhanden. Die Regelungen der VG zum Nachteilsausgleich G waren damit mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil des Senats vom 23.07.2010 - L 8 SB 3119/08, veröff. in juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Rechtsgrundlage waren bis 14.01.2015 allein die genannten gesetzlichen Bestimmungen.
Nach Auffassung des Senats hat der Gesetzgeber mit der Übergangsregelung des § 159 Abs. 7 SGB IX aF jedoch ab dem 15.01.2015 wirksam und mit hinreichend bestimmtem Gesetzeswortlaut eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Feststellung des Merkzeichens "G" geschaffen. Die so geschaffene Rechtsgrundlage für die Feststellung des Merkzeichens "G" entfaltet nach der Rechtsprechung des Senats jedoch keine Rückwirkung, sondern ist erst ab dem Datum des Inkrafttretens am 15.01.2015 wirksam (vgl. Senatsurteil vom 22.05.2015 - L 8 SB 70/13 - zum Merkzeichen "aG", juris und sozialgerichtsbarkeit.de). Folglich stellt der Senat für die Zeit ab dem 15.01.2015 auf die in den VG geregelten Kriterien ab (vgl. zur Rechtslage bis 14.01.2015 auch Urteil des Senats vom 22.05.2015 - L 8 SB 70/13 -. juris und Internet sozialgerichtsbarkeit.de, zum Merkzeichen "aG"). Nach § 153 Absatz 2 SGB IX in der ab 01.01.2018 geltenden Fassung wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Nach der Übergangsvorschrift des § 241 Absatz 5 SGB IX geltend die Maßstäbe des § 30 Absatz 1 des Bundesversorgungsgesetzes und der auf Grund des § 30 Absatz 16 des Bundesversorgungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Diese Grundsätze der VG gelten auch nach dem seit 01.01.2018 geltenden Recht.
Gemäß den Grundsätzen der VG Teil D 1b) Satz 1 für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für Nachteilsausgleiche ist ein schwerbehinderter Mensch in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, der infolge einer Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden, oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit, nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Für die Bewegungseinschränkung ist nicht die Dauerhaftigkeit entscheidend (BSG, Urteil vom 11.8.2015 - B 9 SB 2/14 R -, juris). Bei der Prüfung der Frage, ob die weiteren Voraussetzungen vorliegen, kommt es zudem nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein - d.h. altersunabhängig von nicht behinderten Menschen - noch zu Fuß zurückgelegt werden (VG Teil D 1b) Satz 2). Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird (VG Teil D 1b) Sätze 3, 4). Nähere Umschreibungen für einzelne Krankheitsbilder und Behinderungen enthalten die VG Teil D 1 d), e) und f). Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind nach den VG Teil D 1 d) als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, z.B. bei Versteifung des Hüftgelenks, Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 und bei Atembehinderungen mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades anzunehmen. Auch bei anderen inneren Leiden mit einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit, z.B. chronische Niereninsuffizienz mit ausgeprägter Anämie, sind die Voraussetzungen als erfüllt anzusehen. Besonderheiten gelten für hirnorganische Anfälle - VG Teil D 1e) - und Orientierungsstörungen infolge von Sehstörungen, Hörstörungen oder geistiger Behinderung - VG Teil D 1f) -. Bei hirnorganischen Anfällen ist die Beurteilung von der Art und Häufigkeit der Anfälle sowie von der Tageszeit des Auftretens abhängig. Im Allgemeinen ist auf eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit erst ab einer mittleren Anfallshäufigkeit mit einem GdB von wenigstens 70 zu schließen, wenn die Anfälle überwiegend am Tage auftreten. Analoges gilt beim Diabetes mellitus mit häufigen hypoglykämischen Schocks.
Die VG beschreiben in Teil D 1 d) bis f) Regelfälle, bei denen nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" als erfüllt anzusehen sind und die bei der Beurteilung einer dort nicht erwähnten Behinderung als Vergleichsmaßstab dienen können. Die VG geben an, welche Funktionsstörungen in welcher Ausprägung vorliegen müssen, bevor angenommen werden kann, dass ein Behinderter infolge einer Einschränkung des Gehvermögens "in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist". Damit tragen die VG dem Umstand Rechnung, dass das menschliche Gehvermögen keine statische Messgröße ist, sondern von verschiedenen Faktoren geprägt und variiert wird. Darunter sind neben den anatomischen Gegebenheiten des Körpers, also Körperbau und etwaige Behinderungen, vor allem der Trainingszustand, die Tagesform, Witterungseinflüsse, die Art des Gehens (ökonomische Beanspruchung der Muskulatur, Gehtempo und Rhythmus) sowie Persönlichkeitsmerkmale, vor allem die Motivation, zu nennen. Von diesen Faktoren filtern die VG all jene heraus, die nach dem Gesetz außer Betracht zu bleiben haben, weil sie die Bewegungsfähigkeit des schwerbehinderten Menschen im Straßenverkehr nicht infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung seines Gehvermögens, sondern möglicherweise aus anderen Gründen erheblich beeinträchtigen (BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 7/06 R -, juris, zu den mit den VG vergleichbaren AHP; BSG, Beschluss vom 17.08.2010 - B 9 SB 32/10 B -, juris, zu den VG und AHP).
Hiervon ausgehend liegen - sowohl nach den bis 31.12.2017 als auch nach dem ab 01.01.2018 - anzuwendenden geltenden Vorschriften die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" nicht vor.
Der Senat konnte zunächst keine Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule feststellen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 begründen.
Dem orthopädischen Sachverständigengutachten des Dr. Z. vom 17.10.2017 (Blatt 30/51 Senatsakte) entnimmt der Senat, dass ein Beckengeradstand bestand, der Wirbelsäulenaufbau war orthograd, die physiologischen Wirbelsäulenschwingungen waren deutlich vermehrt im Sinne eines Hohlrundrückens, die Halswirbelsäule zeigte nur eine gering eingeschränkte Rotation, Inklination, Reklination und Seitneigung. Im Bereich der Lendenwirbelsäulenregion bestanden vermehrte Verspannungen, die LWS-Abschnitte zeigten eine eingeschränkte Beweglichkeit. Der Finger-Boden-Abstand betrug 28 cm, das Zeichen nach Schober wird mit 10/13 cm, das Zeichen nach Ott mit 30/31 cm angegeben. Die Röntgenuntersuchung der LWS zeigte eine geringfügige Rechtsseitneigung, keine signifikante Rotation der Wirbelkörper, vermehrte osteophytäre Ausziehungen lateral bei L 2/3/4, eine Höhenminderung im Segment L5/S1 und an L5 spondylotische Ausziehungen an den kranialen und kaudalen Deckplatten. Ergänzend verweist der Sachverständige auf das MRT der LWS des Dr. N. vom 29.11.2016, welches einen breitbasigen Bandscheibenvorfall im Segment L4/5 bei absoluter spinaler Enge in diesem Segment ergeben hat.
Nach den VG Teil B 18.9 ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 -, veröffentlicht in juris und im Internet sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z. B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z. B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist eine GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt, die jedoch beim Kläger nicht vorliegen und auch nicht geltend gemacht werden.
Anhand der erhobenen Befunde kann der Senat zwar eine mittelgradig bis schwere funktionelle Auswirkung im Bereich der LWS feststellen, jedoch keine schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten, sodass ein höherer Einzel-GdB als 30 für die Wirbelsäule nicht vorliegt.
Hinsichtlich der unteren Extremitäten waren die Beinachsen gerade, die Muskulatur an Ober- und Unterschenkeln klinisch gleich angelegt, an den Hüftgelenken bestand eine endgradige Beugeeinschränkung bei begrenzter Innenrotation und Abduktion. An den Knie- und Sprunggelenken bestand ein freies Gelenkspiel, Schwellungen oder Ergussbildungen waren nicht nachzuweisen, der Bandhalt an den Knie- und Sprunggelenken war stabil, die Meniskuszeichen beidseits schwach positiv. Die Füße zeigten in der Standphase eine Absenkung von Längs- und Quergewölbe, die Zehengelenke waren frei beweglich. Für die Beweglichkeit der Hüftgelenke werden für Extension/Flexion 0-0-110° beidseits und für Ab-/Adduktion 35-0-20° beidseits angegeben, die Außen-/Innenrotation war rechts mit 35-0-20° und links mit 35-0-10° möglich. Die Kniegelenksbeweglichkeit wird beidseits mit 0-0-140° angegeben, in den oberen Sprunggelenken wurden Normalbeweglichkeiten erreicht. Der Senat konnte daher im Bereich der Hüftgelenke keine wenigstens geringgradige Bewegungseinschränkungen (nach VG Teil B Nr. 18.14 bei Streckung/Beugung bis 0-10-90° bei entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) feststellen, solche lagen auch im Bereich der Kniegelenke (nach VG Teil B Nr. 18.14 bei Streckung/Beugung bis 0-0-90°) nicht vor. Im Bereich der oberen Sprunggelenke bestanden gar keine Bewegungseinschränkungen, sondern Normalmaße.
Besondere Auswirkungen trotz des unter 50 liegenden GdB auf die Gehfähigkeit konnte der Senat ebenfalls nicht feststellen. Eine arterielle Verschlusskrankheit, die wenigstens einen GdB von 40 bewirkt, liegt nach dem Sachverständigengutachten des Dr. K. vom 29.05.2018 (Blatt 85 Senatsakte) nicht vor, nachdem sämtliche Pulse gut tastbar waren. Auch bestehen keine Einschränkungen, die einer Versteifung des Hüftgelenkes oder einer Versteifung des Knie- oder Fußgelenkes in ungünstiger Stellung vergleichbar wären. Dem Sachverständigengutachten des Dr. T. vom 31.05.2016 (Blatt 53/78 SG-Akte) entnimmt der Senat, dass die apparative Diagnostik eine beginnende Polyneuropathie in den Füßen ergeben hat, eine wesentliche funktionelle Beeinträchtigung hieraus aber nicht folgt. Der Tonus, die T. und die Motilität der Muskulatur an den Armen und Beinen und am Rumpf war regelrecht, es fanden sich keine Paresen, keine Spastik, kein Rigor und keine Zeichen einer Myotonie. Die Muskeleigenreflexe waren an den Armen und Beinen (seitengleich) schwach auslösbar, der Achillessehnenreflex beidseitig erloschen, das Babinski-Phänomen nicht auslösbar. Zwar verweist Dr. T. auch darauf, dass sich im Bereich der LWS deutliche degenerative Veränderungen mit einer lumbalen Spinalkanalstenose auf Höhe LWK 4/5 gezeigt haben, die für das chronische Schmerzsyndrom verantwortlich zu machen seien, jedoch hat Dr. G. (versorgungsärztliche Stellungnahme vom 30.06.2016, Blatt 80 SG-Akte) nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass sich in den erschwerten Gangproben während der Untersuchung des Sachverständigen Dr. T. nur leichte Unsicherheiten und eine leicht verlangsamte sensible Nervenleitgeschwindigkeit gezeigt hat, wobei keine motorischen Ausfälle beschrieben worden sind. Der Sachverständige Dr. Z. (Sachverständigengutachten vom 17.10.2017, Blatt 30/51 Senatsakte) hat ein hinkfreies, flüssiges Gangbild beschrieben (anders in der Untersuchung des Sachverständigen Dr. W. , der nur ein kurzstreckiges, schleppendes Gangbild gesehen hat, Blatt 123 R VA), wie in der Untersuchung des Dr. T. war der Achillessehnenreflex nicht auslösbar, die Patellasehnenreflexe werden als mittellebhaft beschrieben, die Motorik der Fußheber und Fußsenker war beidseits kräftig, die Sensibilität bis auf Kribbelparäthesien an der linken Fußsohle intakt.
Innere Leiden, die sich besonders auf die Gehfähigkeit auswirken, liegen bei dem Kläger ebenfalls nicht vor.
Auf internistischem Fachgebiet konnte der Senat, gestützt auf das Sachverständigengutachten des Dr. K. vom 29.05.2018 (Blatt 72/86 Senatsakte), feststellen, dass sich rhythmische, reine Herztöne zeigten, keine Halsvenenstauung und kein Herzspitzenstoß palpierbar war. Die Echokardiographie zeigte ein hyperdynames Herz mit einer Ruhefrequenz von 115/min und einer LV-EF von 70%, betonte linksventrikuläre Wände mit Hinweisen für diastolische Funktionsstörungen, kein Hinweis auf pulmonalarterielle Hypertonie, kein Perikarderguss. Im Ruhe-EKG bestand ein Sinusrhythmus, keine Erregungsrückbildungsstörungen, keine ST-Streckenveränderungen und keine T-Negativierungen. In der Belastungsergometrie wurde ein Maximalwert von 75 Watt erreicht, die Herzfrequenz in Ruhe stieg von 116/min auf einen Maximalwert von 148/min, was der Sachverständige als entsprechend 90% der maximalen, altersentsprechenden Herzfrequenz beschreibt. Der Belastungstest wurde wegen körperlicher Ermüdung, Dyspnoe und Zunahme von "Brennen der ganzen Brust" vorzeitig beendet. Zusammenfassend geht der Sachverständige davon aus, dass sich leichtgradige, nicht signifikant descendierende ST-Streckensenkungen ohne Zunahme unter Maximalbelastung zeigten. Eine Herzschwäche konnte ausgeschlossen werden, die Herzdarstellung im Röntgenbild des Brustkorbs war unauffällig, krankhafte Flüssigkeitseinlagerungen als Hinweis auf eine Herzschwäche zeigten sich nicht. Elektrokardiographisch bestanden keine belastungsinduzierten ischämiebedingten ST-Veränderungen bis zu einer Belastung von 75 Watt und der Sachverständige weist darauf hin, dass weder der Ziel-Herzfrequenzwert noch der Ziel-Wattwert erreicht worden ist, da bei dem Kläger ein unzureichender Trainingszustand mit hypertensiven Blutdruckwerten bestand. Ein unzureichender Trainingszustand bedeutet jedoch nicht, dass die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" erfüllt wären.
Nach VG Teil B Nr. 9.1.1 ist eine Einschränkung der Herzleistung mit einem GdB von 20 bis 40 zu bewerten, wenn eine Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z.B. forsches Gehen, mittelschwere körperliche Arbeit) besteht und Beschwerden sowie pathologische Messdaten bei einer Ergometerbelastung bis 75 Watt auftreten. Im Hinblick auf die von dem Sachverständigen erhobenen Messdaten und der Tatsache, dass der Abbruch ohne Ausbelastung bei unzureichendem Trainingszustand erfolgte, liegt eine Herzleistungsminderung wenigstens nach Gruppe 3 nicht vor, da diese das Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt voraussetzt, was beim Kläger nicht der Fall ist.
Soweit der Sachverständige Dr. K. auf eine hypertone Blutdrucksituation verweist (Blatt 83 Senatsakte) beschreibt dieser weiter, dass es einer weiteren Abklärung und Therapie bedürfe, sodass der Senat einen im Sinne der VG Teil B Nr. 9.3 relevanten Bluthochdruck nicht feststellen konnte, da es insofern an einem gesicherten Befund fehlt und darüber hinaus für die Annahme einer mindestens mittelschweren Form diastolische Blutdruckwerte von mehrfach über 100 mm Hg trotz Behandlung gefordert werden, eine solche Behandlung von dem Sachverständigen aber erst als ggf. einzuleitend beschrieben wird.
Hinsichtlich der Lungenfunktion entnimmt der Senat dem Sachverständigengutachten des Dr. K. (Blatt 83 Senatsakte), dass sich klinisch, in der Röntgenuntersuchung der Lunge, in der Lungenfunktionsuntersuchung einschließlich Bodyplethsmographie und in der Blutgasanalyse kein Hinweis für eine relevante Lungenerkrankung ergab. Zwar beschreibt der Sachverständige eine leichte Überblähung der Lunge, führt aber weiter aus, dass die Sauerstoffversorgung im Blut normal war und auch die Parameter der Bodyplethysmographie FEV1 und FVC keinen Hinweis auf eine Obstruktion oder Restriktion ergeben haben. Eine mehr als geringgradige Einschränkung der Lungenfunktion nach VG Teil B Nr. 8.3, die mit einem Einzel-GdB von maximal 20 zu bewerten ist, konnte der Senat daher nicht feststellen.
Weiterhin hat der Sachverständige Dr. K. für den Senat überzeugend dargelegt, dass sich aus den labormedizinischen Untersuchungen zur Blutzuckereinstellung ein klarer Hinweis auf die eigentliche Ursache der mit einer Leistungsminderung einhergehenden Luftnotgefühle ergab. Der Blutzucker war mit 315 mg/dl entgleist, der Wert HbA1C, der die Blutzuckereinstellung der vergangenen drei Monate widerspiegelt, war mit 12% schwerst krankhaft verändert im Sinne einer chronisch schlechten Blutzuckereinstellung. In der Blutgasanalyse zeigte sich eine respiratorisch kompensierte metabolische Azidose, die der Sachverständige auf eine Übersäuerung des Stoffwechsels durch eine schlechte Blutzuckereinstellung zurückführt, die durch eine höherfrequente und vertiefte Atmung ausgeglichen werden muss, die subjektiv als Luftnot wahrgenommen wird. Die Probleme der Blutzuckereinstellung beschreibt der Sachverständige weiter als durch den vom Kläger banalisierten und nicht wirklich zugegebenen Alkoholmissbrauch, der durch den labormedizinisch bestimmten Wert CDT mit 2,0% nachgewiesen wurde, aggraviert, die geklagten Symptome Schwindel, Schweißausbrüche und Übelkeit werden ebenfalls auf die Problemfelder des schlecht eingestellten Diabetes und des Alkoholmissbrauchs zurückgeführt.
Nach VG Teil B Nr. 15.1 erleiden die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststellung eines GdB rechtfertigt. Der GdB beträgt 0. Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung. Der GdB beträgt 20. Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwands und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung. Der GdB beträgt 30 bis 40. Die an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindestens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selbständig variiert werden muss, und die durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden auf Grund dieses Therapieaufwands eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung. Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulindosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen dokumentiert sein. Der GdB beträgt 50. Außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen können jeweils höhere GdB Werte bedingen.
Aus der Systematik der VG ergibt sich, dass die Bewertung des Diabetes an die dokumentierte Überprüfung der Blutzuckermessung und den auf die Messergebnisse abgestimmten Therapieaufwand anknüpft, sodass die von dem Kläger mitgeteilten regelmäßigen Insulininjektionen die Voraussetzung einer Anpassung an die Blutzuckermessergebnisse nicht erfüllen. Darauf, dass der Sachverständige kritisch hinterfragt hat, ob dreimal täglich zwei Insuline gespritzt werden und daneben noch Metformin eingenommen wird, kommt es nicht entscheidungserheblich an, da jedenfalls keine angepasste Insulingabe festgestellt werden kann, die für die Annahme eines GdB von 50 zwingend ist.
Eine Atembehinderung mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades liegt damit beim Kläger nicht vor, ebenso wenig konnte der Senat häufige hypoglykämische Schocks feststellen. Diesbezüglich ist dem Sachverständigengutachten des Dr. K. vielmehr zu entnehmen (Blatt 74 SG-Akte), dass solche nur einmal monatlich auftreten und vom Kläger durch Zittern wahrgenommen werden.
Die von den VG genannten Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "G" liegen daher nicht vor, der Umstand, dass die Sachverständigen aufgrund der durchgeführten Gehtests davon ausgehen, dass eine im Sinne des Merkzeichens relevante Gehstreckeneinschränkung vorliegt, genügt nach den Vorgaben der VG nicht. Lediglich ergänzend ist daher darauf hinzuweisen, dass Dr. K. auch Verdeutlichungstendenzen beschreibt, die bereits der Sachverständige Dr. W. angegeben hatte. Soweit Dr. Z. darauf verweist, dass der Kläger nach 400 Metern erschöpft gewesen sei, muss berücksichtigt werden, dass Dr. K. darauf hingewiesen hat, dass eine Ausbelastung des Klägers an dem fehlenden Trainingszustand des Klägers gescheitert ist, was durch die Feststellungen des Dr. Z. bestätigt wird, aber gleichzeitig belegt, dass nicht alleine auf die dargebotene Laufleistung abgestellt werden kann. Gegen eine relevante Gehbeeinträchtigung spricht auch, dass der Kläger alleine mit dem ÖPNV zur Begutachtung bei Dr. K. angereist ist und dabei auch erhebliche Wegstrecken zu Fuß zurücklegen konnte.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung des Merkzeichens "G".
Der 1960 geborene Kläger beantragte am 07.01.2009 (Blatt 4 VA) bei dem Landratsamt R. (LRA) erstmals die Feststellung des GdB. Mit Bescheid vom 11.02.2010 (Blatt 34/36 VA) stellte das LRA einen GdB von 50 seit dem 01.11.2009 fest und berücksichtigte folgende Funktionseinschränkungen: - Diabetes mellitus - Funktionsbehinderung der Wirbelsäule - Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke - Funktionsbehinderung beider Kniegelenke - Chronisches Schmerzsyndrom Die Feststellung der Merkzeichen G, Gl, B, H, aG, Bl und RF lehnte das LRA ab.
Auf den Änderungsantrag vom 08.05.2013 (Blatt 46 VA) stellte der Beklagte mit Bescheid vom 16.09.2013 (Blatt 71 VA) einen GdB von 60 seit dem 08.05.2013 fest und berücksichtigte als weitere Funktionsbeeinträchtigung eine seelische Störung.
Am 23.10.2013 (Blatt 75 VA) beantragte der Kläger erneut die Neufeststellung des GdB sowie das Merkzeichen "G" und legte das ärztliche Attest des Neurologen Dr. D. vom 04.10.2013 (Blatt 76 VA) vor.
Das LRA holte die Befundscheine des Orthopäden Dr. B. vom 11.11.2013 (Blatt 82 VA – chronische Schmerzerkrankung mit seitenwechselnden Lumboischialgien sowie somatischen und psychischen Faktoren, Diabetes mellitus, Kniegelenksarthrose links) und des Neurologen Dr. D. vom 13.01.2014 (Blatt 89 VA - chronische Schmerzerkrankung Stadium III nach Gerbershagen, Depression mit teilweise schweren depressiven Episoden, insulinpflichtiger Diabetes) ein, zu denen Dr. E. die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 15.02.2014 (Blatt 91 VA) erstattete und darauf hinwies, dass völlig unveränderte medizinische und soziale Verhältnisse bestünden, der GdB von 60 sei bei deutlichen Überschneidungen höchstmöglich, eine erhebliche Gehbehinderung liege nicht vor.
Den Neufeststellungsantrag lehnte das LRA mit Bescheid vom 20.02.2014 (Blatt 94 VA) ab, da die Voraussetzungen für eine höhere Bewertung des GdB nicht vorliegen würden. Die Feststellung des Merkzeichens "G" sei abzulehnen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen würden.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 28.02.2014 (Blatt 95 VA) Widerspruch und machte geltend, eine Wegstrecke von zwei Kilometern in einer halben Stunde nicht zurücklegen zu können. Dr. D. habe die Gehstrecke, die er mit Gehstock zurücklegen könne, mit 200 bis 300 Metern angegeben, auch Dr. B. beschreibe eine schmerzfreie Gehstrecke von 300 Metern.
Das LRA zog das im Verfahren Sozialgericht (SG) Konstanz S 8 R 1787/13 erstatte neurologisch-psychiatrische Sachverständigengutachten des Dr. W. vom 27.06.2014 (Blatt 116/127 VA) nebst ergänzender Stellungnahme vom 03.09.2014 (Blatt 114 VA) sowie die sozialmedizinische Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie B. vom 12.08.2014 und 24.10.2016 (Blatt 112, 115 VA) bei.
OMR N. erstattete die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 13.11.2014 (Blatt 130/131 VA) und führte aus, dass die Behinderungen vollständig und mit Teil-, wie Gesamt-GdB korrekt bewertet worden seien, die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" beschreibe auch das aktuelles Gutachten nicht. Die Funktionsbeeinträchtigungen seien wie folgt zu bewerten: - Diabetes mellitus (Einzel-GdB 40) - Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, der Knie- und Hüftgelenke, chronisches Schmerzsyndrom (Einzel-GdB 30) - Seelische Störung (Einzel-GdB 30)
Gestützt hierauf wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.2014 (Blatt 131/132 VA) zurück und führte zur Begründung aus, dass sich auf die Gehfähigkeit auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule, die für sich einen GdB von wenigstens 50 begründenden, nicht gegeben seien. Darüber hinaus seien die Funktionsbeeinträchtigungen an den unteren Gliedmaßen nicht mit einer Versteifung des Hüftgelenkes, einer Versteifung des Knie- und Fußgelenkes in ungünstiger Stellung vergleichbar. Keine der an den Beinen und an der Lendenwirbelsäule festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen wirke sich auf die Gehfähigkeit in besonderem Maße aus. Eine andere Entscheidung lasse sich auch unter Berücksichtigung der inneren Leiden nicht begründen, da das Ausmaß dieser Funktionsbeeinträchtigungen sich nicht zusätzlich entscheidend auf das Gehvermögen auswirke.
Am 09.01.2015 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Konstanz und machte geltend, die chronische Schmerzerkrankung sowie die claudicatio-spinalis-Symptomatik bedinge die Voraussetzungen des Merkzeichens "G". Durch die Kniearthrose sei das Treppensteigen deutlich erschwert und führe ebenso zu einer Einschränkung des Gehvermögens auf etwa 300 Meter.
Das SG holte die sachverständigen Zeugenauskünfte des Neurologen Dr. D. vom 13.04.2015 (Blatt 24 SG-Akte – Einschränkung der Gehstrecke durch die Claudicatiosymptomatik bei Spinalkanalstenose und Bandscheibenvorfall in Höhe LWK 4/5, 2 Kilometer können nicht in 30 Minuten zurückgelegt werden), des Allgemeinmediziners Dr. B. vom 04.05.2015 (Blatt 26/34 SG-Akte) sowie des Orthopäden Dr. B. vom 01.06.2015 (Blatt 36/37 SG-Akte – deutliche Funktionseinschränkung der Wirbelsäule bei der Inklination sowie der Seitneigung und Rotation, Claudicatio spinalis mit Einschränkung der Gehstrecke) ein, zu denen der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. R. vom 01.09.2015 (Blatt 39/40 VA) vorlegte. Dieser führte aus, dass die Laborwerte einen schlecht eingestellten Diabetes zeigen würden, bei erhöhten Entzündungsparametern. Der Orthopäde habe eine Limitierung der Gehstrecke beschrieben, über Funktionsbehinderungen der Hüft- und Kniegelenke seien keine Angaben gemacht worden. Gehe man von einer Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren aus, bestünden Überschneidungen mit dem orthopädischen Fachgebiet.
Das SG führte die nichtöffentliche Sitzung vom 15.03.2016 (Blatt 46/47 SG-Akte) durch und holte das nervenärztliche Sachverständigengutachten des Dr. T. vom 31.05.2016 (Blatt 53/78 SG-Akte) ein. Dieser legte dar, dass er auf nervenärztlichem Gebiet den GdB auf 30 einschätze, wobei eine wesentliche Verschlechterung nach den Arztberichten seit 2013 nicht erkennbar sei. Bei der apparativen Diagnostik habe sich eine beginnende sensible Polyneuropathie in den Füßen bei langjährigem Diabetes mellitus und in der Duplexsonographie der Halsgefäße eine leichte Makroangiopathie der Halsgefäße mit zusätzlicher 50%-iger längerstreckiger Stenose der Arteria carotis interna auf der linken Seite gezeigt. Auf internistischem Fachgebiet liege ein ausgeprägtes metabolisches Syndrom vor, der Kläger sei erheblich übergewichtig und leide als Gefäßrisikofaktor unter arterieller Hypertonie, erhöhtem Cholesterin und Diabetes, welcher bereits zu multiplen Folgeerscheinungen geführt habe. Es bestehe eine deutliche Einschränkung des Gehvermögens, der Kläger könne nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder Gefahren für sich und andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurücklegen, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt würden. Ursache für die Einschränkung des Gehvermögen seien die bekannte lumbale Spinalkanalstenose mit Funktionsstörung der unteren Gliedmaßen und zusätzlich die beginnende sensible Polyneuropathie in den Beinen.
Der Beklagte legte die versorgungärztliche Stellungnahme des Dr. G. vom 30.06.2016 (Blatt 80 SG-Akte) vor, der die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" als nicht gegeben erachtete, da ein GdB von 50 für Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen bestehen müsse. Die Funktionsbehinderung der Hüft- und Kniegelenke bedinge keinen höheren GdB als 10, konkrete Funktionsbefunde, die eine höhere Bewertung der Hüft- und Kniegelenke begründeten, seien nicht gegeben. Eine beginnende Polyneuropathie bedinge keinen höheren GdB als 10, für das Wirbelsäulensyndrom bei Spinalkanalstenose im LWS-Bereich sei ein GdB von 30 angesetzt, motorische Ausfälle seien im Rahmen der klinischen Untersuchung nicht festgestellt worden.
Dr. T. gab in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22.08.2016 (Blatt 83/84 SG-Akte) an, dass er keinen Zweifel an einer bestehenden deutlichen Einschränkung des Gehvermögens beim Kläger habe. Ursache hierfür sei zum einen die lumbale Spinalkanalstenose mit Funktionsstörung der unteren Gliedmaßen sowie die sensible Polyneuropathie in den Beinen. Die Gangstörung werde multifaktoriell verursacht, bei dem Kläger liege zusätzlich eine Adipositas und koronare 2-Gefäßerkrankung vor.
Mit Urteil vom 17.11.2016 wies das SG die Klage ab und führte zur Begründung aus, dass bei dem Kläger keine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vorliege. Es sei keiner der in Teil D Nr. 1 d) – f) genannten Regelfälle gegeben, bei dem Kläger bestehe keine Beeinträchtigung der unteren Gliedmaßen, die einen Einzel-GdB von wenigstens 50 oder unter 50 mit besonderen Auswirkungen auf die Gehfähigkeit begründeten. Das Wirbelsäulensyndrom sei mit einem GdB von 30 zu bemessen, es habe sich eine Einschränkung der Beweglichkeit der Wirbelsäule gezeigt, die Extremitäten seien frei beweglich gewesen, es hätten sich keine umschriebenen Muskelarthrophien und keine Auffälligkeiten bezüglich Tonus und T. gezeigt. Der Romberg-Stehversuch sei in der Untersuchung des Dr. T. sicher gewesen, kurze Strecken könne der Kläger auch ohne Gehhilfe bewältigen, der Seiltänzergang sei unsicher gewesen, Fersengang und Zehengang gut möglich. Über der Lendenwirbelsäule habe sich ein Klopfschmerz gefunden, der Finger-Boden-Abstand habe 40 cm betragen die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule sei deutlich einschränkt gewesen.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 02.12.2016 (Blatt 95a SG-Akte) zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.12.2016 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er macht geltend, dass die Funktionseinschränkungen an den Hüft- und Kniegelenken nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Dr. W. habe ein eingeschränktes, kurzschrittiges, schleppendes Gangbild mit Schonhinken links beschrieben, der von Dr. T. nicht auslösbare Achillessehnenreflex spreche für habhafte Schäden an der LWS, dieser habe einen etwas langsamen und beschwerlichen Gang befundet. Ergänzend legt er den Befundbericht des Neurologen Dr. D. vom 28.06.2018 (Blatt 88 Senatsakte) vor.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17.11.2016 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm das Merkzeichen "G" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat das orthopädische Sachverständigengutachten des Dr. Z. vom 17.10.2017 (Blatt 30/51 Senatsakte) eingeholt, der Einzel-GdB Werte von je 20 für eine absolute Spinalkanalstenose und Schultersteife rechts sowie Einzel-GdB Werte von jeweils 10 für Funktionsbehinderungen der Hüftgelenke- und Kniegelenke annahm und ausführte, dass die Funktionsbehinderungen der Hüftgelenke und der Kniegelenke keine signifikante Einschränkung des Gehvermögens bedingten, die radiologischen Verhältnisse und Beweglichkeiten der Gelenke seien diesbezüglich noch ausreichend. Durch die absolute spinale Enge und eventuell durch die periphere Verschlusskrankheit sei die Gehleistung von 2 Kilometern in 30 Minuten nicht mehr vorstellbar. Unter Beobachtung sei der Kläger jeweils nur circa 40 Meter gegangen und dann etwa eine Minute stehen geblieben. Bei der durchgeführten Teststrecke von knapp 400 Meter habe der Kläger ohne Unterbrechung gehen können bei langsamen Gehtempo, danach sei der Kläger aber sehr erschöpft gewesen und habe circa 10 Minuten sitzen müssen. Es habe sich eine deutliche Tachykardie und Blutdruckerhöhung gezeigt.
Der Beklagte hat die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. W. vom 06.11.2017 (Blatt 53/54 Senatsakte) vorgelegt, der ausgeführt hat, dass eine arterielle Verschlusskrankheit, die sich auf die Gehfähigkeit auswirkte, mit den bisherigen Aktenunterlagen nicht nachweislich abzuleiten sei. Ebenso könne keine kardiale Funktionseinschränkung erkannt werden, der im Rahmen der Begutachtung durchgeführte Gehtest sei nicht verwertbar, da solche Gehtests mitarbeitsabhängig seien. Aus dem kernspintomographischen Befundbericht könnten keine Rückschlüsse auf Funktionseinschränkungen gezogen werden.
Der Senat hat weiter die sachverständige Zeugenauskunft des Internisten und Kardiologen Dr. M. vom 09.01.2018 (Blatt 60/63 Senatsakte – belastungsabhängige Angina pectoris, diffuse koronare 3-Gefäßerkrankung) sowie das internistische Sachverständigengutachten des Dr. K. vom 29.05.2018 (Blatt 72/86 Senatsakte) eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass der labormedizinisch bestimmte Wert CDT mit 2,0% im erhöhten Bereich gelegen habe und einen chronischen Alkoholmissbrauch (Blutalkoholspiegel zum Zeitpunkt der Untersuchung: 1,91 Promille) widerspiegele. Eine Einsicht in die Problematik der Relevanz von Blutzuckereinstellung und Alkoholmissbrauch sei bei dem Kläger nicht erkennbar gewesen, auch die geklagten Symptome wie Schwindel, Schweißausbrüche und Übelkeit seien auf die Problemfelder des schlecht eingestellten Diabetes mellitus und des Alkoholmissbrauchs zurückzuführen. Die Einschränkung der Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest auf 254,8 Meter (Sollwert 565 Meter) erkläre sich durch die bekannten orthopädischen Leiden und die durch die ketoazidotische Stoffwechselentgleisung und Hyperventilation. Auch wenn sich bei der Durchführung dieses Tests gewisse Verdeutlichungstendenzen ergeben hätten, habe das Ergebnis gezeigt, dass der Kläger keinesfalls in der Lage sei, zwei Kilometer in einer halben Stunde zurückzulegen. Die Problematik des Diabetes mellitus und des Alkoholmissbrauchs sei einer medizinischen Behandlung zugänglich, wenn der Kläger entsprechend motivierte Mitarbeit zeige.
Der Kläger hat den Bericht des Dr. D. vom 28.06.2018, der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. R. vom 12.07.2018 (Blatt 90/91 Senatsakte) vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, dass eine Erhöhung des Teil-GdB für den Diabetes nicht erfolgen könne, da der Kläger über standardisierte Insulingaben berichtet habe, die Anreise zum Untersuchungstermin sei ohne Hilfsmittel erfolgt, in der technischen Untersuchung des Herzens habe die Auswurffraktion 70% betragen bei einer Betonung der linken Kammerwände und Hinweisen für eine diastolische Funktionsstörung, jedoch kein Lungenhochdruck bestanden. Der Kläger sei mit einem Blutalkoholspiegel von 1,91 Promille sowie einem erhöhten Blutzucker von 315 mg/dl zur Untersuchung erschienen. Der Hinweis auf eine eingeschränkte Gehstrecke bei erhöhtem Blutalkoholspiegel, reduziertem Flüssigkeitsvolumen und diabetischer Stoffwechsellage könne die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" nicht begründen. Zu berücksichtigen im Tenor sei noch die Alkoholkrankheit in Verbindung mit der Fettleber.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Absatz 1, 124 Absatz 2 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 20.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2014 soweit der Beklagte darin die Feststellung des Merkzeichens "G" abgelehnt hat. Zwar hatte der Kläger ursprünglich auch eine Erhöhung des GdB beantragt und der Beklagte hierüber in dem angefochtenen Bescheid entschieden, jedoch konnte der Senat feststellen, dass der Kläger bereits beim SG den Bescheid nur hinsichtlich des abgelehnten Merkzeichens "G" angefochten hat, sodass im Übrigen Bestandskraft eingetreten ist.
Rechtsgrundlage sind die Vorschriften des SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen begehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Absatz 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-) Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.
Gemäß § 229 Abs. 1 SGB IX in der seit 01.01.2018 geltenden Fassung (n.F.), (§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX alte Fassung - a. F. -), werden schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 152 Abs. 5 SGB IX n.F. (§ 69 Abs. 5 SGB IX a.F.), im Nahverkehr im Sinne des § 230 Abs. 1 SGB IX n.F. (§ 147 Abs. 1 SGB IX a.F.), unentgeltlich befördert. In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ist erheblich beeinträchtigt nach § 229 Abs. 1 SGB IX n.F. (§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX a.F.), wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt.
Allerdings konnte sich der Beklagte hinsichtlich der Voraussetzungen für die Feststellung des Nachteilsausgleichs "G" bis 14.01.2015 nicht auf die VG berufen. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche durch Verordnung regeln zu können, enthielten weder § 30 Abs. 17 BVG, der nicht auf die im Schwerbehindertenrecht im SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR-SozR 4/2009), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche war auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX vorhanden. Die Regelungen der VG zum Nachteilsausgleich G waren damit mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil des Senats vom 23.07.2010 - L 8 SB 3119/08, veröff. in juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Rechtsgrundlage waren bis 14.01.2015 allein die genannten gesetzlichen Bestimmungen.
Nach Auffassung des Senats hat der Gesetzgeber mit der Übergangsregelung des § 159 Abs. 7 SGB IX aF jedoch ab dem 15.01.2015 wirksam und mit hinreichend bestimmtem Gesetzeswortlaut eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Feststellung des Merkzeichens "G" geschaffen. Die so geschaffene Rechtsgrundlage für die Feststellung des Merkzeichens "G" entfaltet nach der Rechtsprechung des Senats jedoch keine Rückwirkung, sondern ist erst ab dem Datum des Inkrafttretens am 15.01.2015 wirksam (vgl. Senatsurteil vom 22.05.2015 - L 8 SB 70/13 - zum Merkzeichen "aG", juris und sozialgerichtsbarkeit.de). Folglich stellt der Senat für die Zeit ab dem 15.01.2015 auf die in den VG geregelten Kriterien ab (vgl. zur Rechtslage bis 14.01.2015 auch Urteil des Senats vom 22.05.2015 - L 8 SB 70/13 -. juris und Internet sozialgerichtsbarkeit.de, zum Merkzeichen "aG"). Nach § 153 Absatz 2 SGB IX in der ab 01.01.2018 geltenden Fassung wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Nach der Übergangsvorschrift des § 241 Absatz 5 SGB IX geltend die Maßstäbe des § 30 Absatz 1 des Bundesversorgungsgesetzes und der auf Grund des § 30 Absatz 16 des Bundesversorgungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Diese Grundsätze der VG gelten auch nach dem seit 01.01.2018 geltenden Recht.
Gemäß den Grundsätzen der VG Teil D 1b) Satz 1 für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für Nachteilsausgleiche ist ein schwerbehinderter Mensch in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, der infolge einer Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden, oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit, nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Für die Bewegungseinschränkung ist nicht die Dauerhaftigkeit entscheidend (BSG, Urteil vom 11.8.2015 - B 9 SB 2/14 R -, juris). Bei der Prüfung der Frage, ob die weiteren Voraussetzungen vorliegen, kommt es zudem nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein - d.h. altersunabhängig von nicht behinderten Menschen - noch zu Fuß zurückgelegt werden (VG Teil D 1b) Satz 2). Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird (VG Teil D 1b) Sätze 3, 4). Nähere Umschreibungen für einzelne Krankheitsbilder und Behinderungen enthalten die VG Teil D 1 d), e) und f). Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind nach den VG Teil D 1 d) als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, z.B. bei Versteifung des Hüftgelenks, Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 und bei Atembehinderungen mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades anzunehmen. Auch bei anderen inneren Leiden mit einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit, z.B. chronische Niereninsuffizienz mit ausgeprägter Anämie, sind die Voraussetzungen als erfüllt anzusehen. Besonderheiten gelten für hirnorganische Anfälle - VG Teil D 1e) - und Orientierungsstörungen infolge von Sehstörungen, Hörstörungen oder geistiger Behinderung - VG Teil D 1f) -. Bei hirnorganischen Anfällen ist die Beurteilung von der Art und Häufigkeit der Anfälle sowie von der Tageszeit des Auftretens abhängig. Im Allgemeinen ist auf eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit erst ab einer mittleren Anfallshäufigkeit mit einem GdB von wenigstens 70 zu schließen, wenn die Anfälle überwiegend am Tage auftreten. Analoges gilt beim Diabetes mellitus mit häufigen hypoglykämischen Schocks.
Die VG beschreiben in Teil D 1 d) bis f) Regelfälle, bei denen nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" als erfüllt anzusehen sind und die bei der Beurteilung einer dort nicht erwähnten Behinderung als Vergleichsmaßstab dienen können. Die VG geben an, welche Funktionsstörungen in welcher Ausprägung vorliegen müssen, bevor angenommen werden kann, dass ein Behinderter infolge einer Einschränkung des Gehvermögens "in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist". Damit tragen die VG dem Umstand Rechnung, dass das menschliche Gehvermögen keine statische Messgröße ist, sondern von verschiedenen Faktoren geprägt und variiert wird. Darunter sind neben den anatomischen Gegebenheiten des Körpers, also Körperbau und etwaige Behinderungen, vor allem der Trainingszustand, die Tagesform, Witterungseinflüsse, die Art des Gehens (ökonomische Beanspruchung der Muskulatur, Gehtempo und Rhythmus) sowie Persönlichkeitsmerkmale, vor allem die Motivation, zu nennen. Von diesen Faktoren filtern die VG all jene heraus, die nach dem Gesetz außer Betracht zu bleiben haben, weil sie die Bewegungsfähigkeit des schwerbehinderten Menschen im Straßenverkehr nicht infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung seines Gehvermögens, sondern möglicherweise aus anderen Gründen erheblich beeinträchtigen (BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 7/06 R -, juris, zu den mit den VG vergleichbaren AHP; BSG, Beschluss vom 17.08.2010 - B 9 SB 32/10 B -, juris, zu den VG und AHP).
Hiervon ausgehend liegen - sowohl nach den bis 31.12.2017 als auch nach dem ab 01.01.2018 - anzuwendenden geltenden Vorschriften die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" nicht vor.
Der Senat konnte zunächst keine Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule feststellen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 begründen.
Dem orthopädischen Sachverständigengutachten des Dr. Z. vom 17.10.2017 (Blatt 30/51 Senatsakte) entnimmt der Senat, dass ein Beckengeradstand bestand, der Wirbelsäulenaufbau war orthograd, die physiologischen Wirbelsäulenschwingungen waren deutlich vermehrt im Sinne eines Hohlrundrückens, die Halswirbelsäule zeigte nur eine gering eingeschränkte Rotation, Inklination, Reklination und Seitneigung. Im Bereich der Lendenwirbelsäulenregion bestanden vermehrte Verspannungen, die LWS-Abschnitte zeigten eine eingeschränkte Beweglichkeit. Der Finger-Boden-Abstand betrug 28 cm, das Zeichen nach Schober wird mit 10/13 cm, das Zeichen nach Ott mit 30/31 cm angegeben. Die Röntgenuntersuchung der LWS zeigte eine geringfügige Rechtsseitneigung, keine signifikante Rotation der Wirbelkörper, vermehrte osteophytäre Ausziehungen lateral bei L 2/3/4, eine Höhenminderung im Segment L5/S1 und an L5 spondylotische Ausziehungen an den kranialen und kaudalen Deckplatten. Ergänzend verweist der Sachverständige auf das MRT der LWS des Dr. N. vom 29.11.2016, welches einen breitbasigen Bandscheibenvorfall im Segment L4/5 bei absoluter spinaler Enge in diesem Segment ergeben hat.
Nach den VG Teil B 18.9 ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 -, veröffentlicht in juris und im Internet sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z. B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z. B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist eine GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt, die jedoch beim Kläger nicht vorliegen und auch nicht geltend gemacht werden.
Anhand der erhobenen Befunde kann der Senat zwar eine mittelgradig bis schwere funktionelle Auswirkung im Bereich der LWS feststellen, jedoch keine schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten, sodass ein höherer Einzel-GdB als 30 für die Wirbelsäule nicht vorliegt.
Hinsichtlich der unteren Extremitäten waren die Beinachsen gerade, die Muskulatur an Ober- und Unterschenkeln klinisch gleich angelegt, an den Hüftgelenken bestand eine endgradige Beugeeinschränkung bei begrenzter Innenrotation und Abduktion. An den Knie- und Sprunggelenken bestand ein freies Gelenkspiel, Schwellungen oder Ergussbildungen waren nicht nachzuweisen, der Bandhalt an den Knie- und Sprunggelenken war stabil, die Meniskuszeichen beidseits schwach positiv. Die Füße zeigten in der Standphase eine Absenkung von Längs- und Quergewölbe, die Zehengelenke waren frei beweglich. Für die Beweglichkeit der Hüftgelenke werden für Extension/Flexion 0-0-110° beidseits und für Ab-/Adduktion 35-0-20° beidseits angegeben, die Außen-/Innenrotation war rechts mit 35-0-20° und links mit 35-0-10° möglich. Die Kniegelenksbeweglichkeit wird beidseits mit 0-0-140° angegeben, in den oberen Sprunggelenken wurden Normalbeweglichkeiten erreicht. Der Senat konnte daher im Bereich der Hüftgelenke keine wenigstens geringgradige Bewegungseinschränkungen (nach VG Teil B Nr. 18.14 bei Streckung/Beugung bis 0-10-90° bei entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) feststellen, solche lagen auch im Bereich der Kniegelenke (nach VG Teil B Nr. 18.14 bei Streckung/Beugung bis 0-0-90°) nicht vor. Im Bereich der oberen Sprunggelenke bestanden gar keine Bewegungseinschränkungen, sondern Normalmaße.
Besondere Auswirkungen trotz des unter 50 liegenden GdB auf die Gehfähigkeit konnte der Senat ebenfalls nicht feststellen. Eine arterielle Verschlusskrankheit, die wenigstens einen GdB von 40 bewirkt, liegt nach dem Sachverständigengutachten des Dr. K. vom 29.05.2018 (Blatt 85 Senatsakte) nicht vor, nachdem sämtliche Pulse gut tastbar waren. Auch bestehen keine Einschränkungen, die einer Versteifung des Hüftgelenkes oder einer Versteifung des Knie- oder Fußgelenkes in ungünstiger Stellung vergleichbar wären. Dem Sachverständigengutachten des Dr. T. vom 31.05.2016 (Blatt 53/78 SG-Akte) entnimmt der Senat, dass die apparative Diagnostik eine beginnende Polyneuropathie in den Füßen ergeben hat, eine wesentliche funktionelle Beeinträchtigung hieraus aber nicht folgt. Der Tonus, die T. und die Motilität der Muskulatur an den Armen und Beinen und am Rumpf war regelrecht, es fanden sich keine Paresen, keine Spastik, kein Rigor und keine Zeichen einer Myotonie. Die Muskeleigenreflexe waren an den Armen und Beinen (seitengleich) schwach auslösbar, der Achillessehnenreflex beidseitig erloschen, das Babinski-Phänomen nicht auslösbar. Zwar verweist Dr. T. auch darauf, dass sich im Bereich der LWS deutliche degenerative Veränderungen mit einer lumbalen Spinalkanalstenose auf Höhe LWK 4/5 gezeigt haben, die für das chronische Schmerzsyndrom verantwortlich zu machen seien, jedoch hat Dr. G. (versorgungsärztliche Stellungnahme vom 30.06.2016, Blatt 80 SG-Akte) nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass sich in den erschwerten Gangproben während der Untersuchung des Sachverständigen Dr. T. nur leichte Unsicherheiten und eine leicht verlangsamte sensible Nervenleitgeschwindigkeit gezeigt hat, wobei keine motorischen Ausfälle beschrieben worden sind. Der Sachverständige Dr. Z. (Sachverständigengutachten vom 17.10.2017, Blatt 30/51 Senatsakte) hat ein hinkfreies, flüssiges Gangbild beschrieben (anders in der Untersuchung des Sachverständigen Dr. W. , der nur ein kurzstreckiges, schleppendes Gangbild gesehen hat, Blatt 123 R VA), wie in der Untersuchung des Dr. T. war der Achillessehnenreflex nicht auslösbar, die Patellasehnenreflexe werden als mittellebhaft beschrieben, die Motorik der Fußheber und Fußsenker war beidseits kräftig, die Sensibilität bis auf Kribbelparäthesien an der linken Fußsohle intakt.
Innere Leiden, die sich besonders auf die Gehfähigkeit auswirken, liegen bei dem Kläger ebenfalls nicht vor.
Auf internistischem Fachgebiet konnte der Senat, gestützt auf das Sachverständigengutachten des Dr. K. vom 29.05.2018 (Blatt 72/86 Senatsakte), feststellen, dass sich rhythmische, reine Herztöne zeigten, keine Halsvenenstauung und kein Herzspitzenstoß palpierbar war. Die Echokardiographie zeigte ein hyperdynames Herz mit einer Ruhefrequenz von 115/min und einer LV-EF von 70%, betonte linksventrikuläre Wände mit Hinweisen für diastolische Funktionsstörungen, kein Hinweis auf pulmonalarterielle Hypertonie, kein Perikarderguss. Im Ruhe-EKG bestand ein Sinusrhythmus, keine Erregungsrückbildungsstörungen, keine ST-Streckenveränderungen und keine T-Negativierungen. In der Belastungsergometrie wurde ein Maximalwert von 75 Watt erreicht, die Herzfrequenz in Ruhe stieg von 116/min auf einen Maximalwert von 148/min, was der Sachverständige als entsprechend 90% der maximalen, altersentsprechenden Herzfrequenz beschreibt. Der Belastungstest wurde wegen körperlicher Ermüdung, Dyspnoe und Zunahme von "Brennen der ganzen Brust" vorzeitig beendet. Zusammenfassend geht der Sachverständige davon aus, dass sich leichtgradige, nicht signifikant descendierende ST-Streckensenkungen ohne Zunahme unter Maximalbelastung zeigten. Eine Herzschwäche konnte ausgeschlossen werden, die Herzdarstellung im Röntgenbild des Brustkorbs war unauffällig, krankhafte Flüssigkeitseinlagerungen als Hinweis auf eine Herzschwäche zeigten sich nicht. Elektrokardiographisch bestanden keine belastungsinduzierten ischämiebedingten ST-Veränderungen bis zu einer Belastung von 75 Watt und der Sachverständige weist darauf hin, dass weder der Ziel-Herzfrequenzwert noch der Ziel-Wattwert erreicht worden ist, da bei dem Kläger ein unzureichender Trainingszustand mit hypertensiven Blutdruckwerten bestand. Ein unzureichender Trainingszustand bedeutet jedoch nicht, dass die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" erfüllt wären.
Nach VG Teil B Nr. 9.1.1 ist eine Einschränkung der Herzleistung mit einem GdB von 20 bis 40 zu bewerten, wenn eine Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z.B. forsches Gehen, mittelschwere körperliche Arbeit) besteht und Beschwerden sowie pathologische Messdaten bei einer Ergometerbelastung bis 75 Watt auftreten. Im Hinblick auf die von dem Sachverständigen erhobenen Messdaten und der Tatsache, dass der Abbruch ohne Ausbelastung bei unzureichendem Trainingszustand erfolgte, liegt eine Herzleistungsminderung wenigstens nach Gruppe 3 nicht vor, da diese das Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt voraussetzt, was beim Kläger nicht der Fall ist.
Soweit der Sachverständige Dr. K. auf eine hypertone Blutdrucksituation verweist (Blatt 83 Senatsakte) beschreibt dieser weiter, dass es einer weiteren Abklärung und Therapie bedürfe, sodass der Senat einen im Sinne der VG Teil B Nr. 9.3 relevanten Bluthochdruck nicht feststellen konnte, da es insofern an einem gesicherten Befund fehlt und darüber hinaus für die Annahme einer mindestens mittelschweren Form diastolische Blutdruckwerte von mehrfach über 100 mm Hg trotz Behandlung gefordert werden, eine solche Behandlung von dem Sachverständigen aber erst als ggf. einzuleitend beschrieben wird.
Hinsichtlich der Lungenfunktion entnimmt der Senat dem Sachverständigengutachten des Dr. K. (Blatt 83 Senatsakte), dass sich klinisch, in der Röntgenuntersuchung der Lunge, in der Lungenfunktionsuntersuchung einschließlich Bodyplethsmographie und in der Blutgasanalyse kein Hinweis für eine relevante Lungenerkrankung ergab. Zwar beschreibt der Sachverständige eine leichte Überblähung der Lunge, führt aber weiter aus, dass die Sauerstoffversorgung im Blut normal war und auch die Parameter der Bodyplethysmographie FEV1 und FVC keinen Hinweis auf eine Obstruktion oder Restriktion ergeben haben. Eine mehr als geringgradige Einschränkung der Lungenfunktion nach VG Teil B Nr. 8.3, die mit einem Einzel-GdB von maximal 20 zu bewerten ist, konnte der Senat daher nicht feststellen.
Weiterhin hat der Sachverständige Dr. K. für den Senat überzeugend dargelegt, dass sich aus den labormedizinischen Untersuchungen zur Blutzuckereinstellung ein klarer Hinweis auf die eigentliche Ursache der mit einer Leistungsminderung einhergehenden Luftnotgefühle ergab. Der Blutzucker war mit 315 mg/dl entgleist, der Wert HbA1C, der die Blutzuckereinstellung der vergangenen drei Monate widerspiegelt, war mit 12% schwerst krankhaft verändert im Sinne einer chronisch schlechten Blutzuckereinstellung. In der Blutgasanalyse zeigte sich eine respiratorisch kompensierte metabolische Azidose, die der Sachverständige auf eine Übersäuerung des Stoffwechsels durch eine schlechte Blutzuckereinstellung zurückführt, die durch eine höherfrequente und vertiefte Atmung ausgeglichen werden muss, die subjektiv als Luftnot wahrgenommen wird. Die Probleme der Blutzuckereinstellung beschreibt der Sachverständige weiter als durch den vom Kläger banalisierten und nicht wirklich zugegebenen Alkoholmissbrauch, der durch den labormedizinisch bestimmten Wert CDT mit 2,0% nachgewiesen wurde, aggraviert, die geklagten Symptome Schwindel, Schweißausbrüche und Übelkeit werden ebenfalls auf die Problemfelder des schlecht eingestellten Diabetes und des Alkoholmissbrauchs zurückgeführt.
Nach VG Teil B Nr. 15.1 erleiden die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststellung eines GdB rechtfertigt. Der GdB beträgt 0. Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung. Der GdB beträgt 20. Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwands und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung. Der GdB beträgt 30 bis 40. Die an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindestens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selbständig variiert werden muss, und die durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden auf Grund dieses Therapieaufwands eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung. Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulindosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen dokumentiert sein. Der GdB beträgt 50. Außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen können jeweils höhere GdB Werte bedingen.
Aus der Systematik der VG ergibt sich, dass die Bewertung des Diabetes an die dokumentierte Überprüfung der Blutzuckermessung und den auf die Messergebnisse abgestimmten Therapieaufwand anknüpft, sodass die von dem Kläger mitgeteilten regelmäßigen Insulininjektionen die Voraussetzung einer Anpassung an die Blutzuckermessergebnisse nicht erfüllen. Darauf, dass der Sachverständige kritisch hinterfragt hat, ob dreimal täglich zwei Insuline gespritzt werden und daneben noch Metformin eingenommen wird, kommt es nicht entscheidungserheblich an, da jedenfalls keine angepasste Insulingabe festgestellt werden kann, die für die Annahme eines GdB von 50 zwingend ist.
Eine Atembehinderung mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades liegt damit beim Kläger nicht vor, ebenso wenig konnte der Senat häufige hypoglykämische Schocks feststellen. Diesbezüglich ist dem Sachverständigengutachten des Dr. K. vielmehr zu entnehmen (Blatt 74 SG-Akte), dass solche nur einmal monatlich auftreten und vom Kläger durch Zittern wahrgenommen werden.
Die von den VG genannten Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "G" liegen daher nicht vor, der Umstand, dass die Sachverständigen aufgrund der durchgeführten Gehtests davon ausgehen, dass eine im Sinne des Merkzeichens relevante Gehstreckeneinschränkung vorliegt, genügt nach den Vorgaben der VG nicht. Lediglich ergänzend ist daher darauf hinzuweisen, dass Dr. K. auch Verdeutlichungstendenzen beschreibt, die bereits der Sachverständige Dr. W. angegeben hatte. Soweit Dr. Z. darauf verweist, dass der Kläger nach 400 Metern erschöpft gewesen sei, muss berücksichtigt werden, dass Dr. K. darauf hingewiesen hat, dass eine Ausbelastung des Klägers an dem fehlenden Trainingszustand des Klägers gescheitert ist, was durch die Feststellungen des Dr. Z. bestätigt wird, aber gleichzeitig belegt, dass nicht alleine auf die dargebotene Laufleistung abgestellt werden kann. Gegen eine relevante Gehbeeinträchtigung spricht auch, dass der Kläger alleine mit dem ÖPNV zur Begutachtung bei Dr. K. angereist ist und dabei auch erhebliche Wegstrecken zu Fuß zurücklegen konnte.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
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