Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 1231/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 4432/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Durchsetzung der zivilrechtlich begründeten Haftung eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts für eine Schuld der Gesellschaft mittels eines Verwaltungsaktes, eines sogenannten Haftungsbescheides, als Voraussetzung der Anwendung des Verwaltungszwangs setzt wegen der mit dieser Handlungsform verbundenen spezifischen Eingriffswirkungen nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes eine hierauf bezogene Rechtsgrundlage voraus (sog. Verwaltungsaktbefugnis; Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 05.06.2019 - 7 B 18/18 -).
2. Aus dem Sozialgesetzbuch ergibt sich keine gesetzliche Grundlage für den Erlass eines Haftungsbescheides (Anschluss an Bayerisches LSG, Urteil vom 29.01.2019 - L 5 KR 394/18 -).
3. Insbesondere § 128 Satz 1 HGB oder § 191 AO stellen keine Rechtsgrundlage für ein Handeln durch Verwaltungsakt dar (Anschluss an Bayerisches LSG, Urteil vom 29.01.2019 - L 5 KR 394/18 -).
2. Aus dem Sozialgesetzbuch ergibt sich keine gesetzliche Grundlage für den Erlass eines Haftungsbescheides (Anschluss an Bayerisches LSG, Urteil vom 29.01.2019 - L 5 KR 394/18 -).
3. Insbesondere § 128 Satz 1 HGB oder § 191 AO stellen keine Rechtsgrundlage für ein Handeln durch Verwaltungsakt dar (Anschluss an Bayerisches LSG, Urteil vom 29.01.2019 - L 5 KR 394/18 -).
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15.11.2018 und der Bescheid der Beklagten vom 18.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2017 sowie der Bescheid der Beklagten vom 18.01.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.03.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2017 aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in erster und zweiter Instanz.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger als ehemaliger Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zur Leistung der Winterbeschäftigungsumlage verpflichtet ist.
Der Kläger war Gesellschafter und Geschäftsführer der G. GbR, die er laut Gesellschaftsvertrag vom 02.04.2012 mit drei weiteren Gesellschaftern gegründet hatte. Zweck der Gesellschaft waren Maurer- und Betonarbeiten, Schalungsarbeiten, Trockenbau, Stahlbetonarbeiten und die Vornahme aller zur Förderung dieses Zwecks dienlichen Maßnahmen und Rechtsgeschäfte. Nach einem weiteren Gesellschaftsvertrag, den der Kläger der S. am 29.11.2012 vorlegte, bestand die Gesellschaft nunmehr aus insgesamt 21 Gesellschaftern. Arbeitsverträge hatte die Gesellschaft mit denjenigen ihrer Gesellschafter, die auf Baustellen tätig wurden, nicht geschlossen. Zum 18.12.2014 wurde die Gesellschaft aufgelöst.
Die Beklagte forderte vom Kläger und einem weiteren Gesellschafter der G. GbR für September und Oktober 2014 durch Bescheid vom 04.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.07.2015 die Zahlung der Winterbeschäftigungsumlage in Höhe von insgesamt 1.500,00 EUR zuzüglich Mahngebühren in Höhe von 7,80 EUR. Das deshalb vom Kläger geführte sozialgerichtliche Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Karlsruhe (S 2 AL 2261/15) endete durch ein Anerkenntnis der Beklagten, weil sich der Bescheid nicht an den richtigen Adressaten gerichtet hatte.
Durch an den Kläger als ehemaligen Gesellschafter der G. GbR gerichteten Bescheid vom 18.01.2017 forderte die Beklagte vom Kläger für September und Oktober 2014 die Winterbeschäftigungsumlage für diejenigen Gesellschafter, die im Rahmen von Baustellenkontrollen des Hauptzollamts im Februar 2015 arbeitend angetroffen worden waren, in Höhe von insgesamt 1.500,00 EUR zuzüglich Mahngebühren in Höhe von 7,80 EUR.
Die Beklagte forderte durch weiteren an den Kläger als ehemaligen Gesellschafter der G. GbR gerichteten Bescheid vom 18.01.2017 die Winterbeschäftigungsumlage auch für die Zeiträume von April 2012 bis Juni 2014 und von November 2014 bis Dezember 2014 in Höhe von insgesamt 21.750,00 EUR zuzüglich eines Säumniszuschlags in Höhe von 7.380,00 EUR und Mahngebühren in Höhe von 118,65 EUR. Die Gesamtforderung betrug 29.248,65 EUR.
Mit den deswegen erhobenen Widersprüchen machte der Kläger geltend, er sei der falsche Bescheidadressat. Mit ihm seien keine Beschäftigungsverhältnisse begründet worden. Im Weiteren verwies der Kläger auf das Verfahren S 2 AL 2261/15 vor dem SG Karlsruhe, in dem die Beklagte ein Anerkenntnis abgegeben habe.
Die Beklagte erließ im Widerspruchsverfahren den "Änderungs-Leistungsbescheid" vom 16.03.2017, durch den sie wegen der eingetretenen Verjährung von der Forderung der Winterbeschäftigungsumlage für den Zeitraum von April 2012 bis November 2012 absah. Die Gesamtforderung reduzierte sich hierdurch von 29.248,65 EUR auf 22.481,15 EUR.
Durch Widerspruchsbescheide vom 21.03.2017 wies die Beklagte die Widersprüche, soweit sie nicht infolge des Bescheides vom 16.03.2017 gegenstandslos geworden waren, als unbegründet zurück. Die G. GbR sei wegen der Ausführung von Bauleistungen und der Beschäftigung von Arbeitnehmern zur Zahlung der Winterbeschäftigungsumlage verpflichtet gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) könnten auch Gesellschafter einer GbR in einem Beschäftigungsverhältnis zur Gesellschaft stehen. Die Gesellschafter der G. GbR hätten typische Arbeitnehmertätigkeit ausgeführt.
Ein gegen die Pflicht zur Zahlung der Winterbeschäftigungsumlage vom Kläger geführtes einstweiliges Rechtsschutzverfahren hatte keinen Erfolg (SG Karlsruhe, Beschluss vom 05.05.2017 – S 11 AL 1232/17 ER –; Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.05.2017 – L 13 AL 1953/17 ER-B –; LSG Baden-Württemberg, Beschluss über die Gegenvorstellung des Klägers vom 29.06.2017 – L 13 AL 1953/17 ER-B –). Nach Ansicht des 13. Senats des LSG war die Beklagte zu Recht von der Arbeitnehmereigenschaft der Gesellschafter ausgegangen.
Mit der zum SG Karlsruhe gegen den Bescheid vom 18.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2017 und gegen den Bescheid vom 18.01.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.03.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2017 erhobenen Klage hat der Kläger die Aufhebung dieser Bescheide verfolgt. Er hat zur Klagebegründung geltend gemacht, er sei als ehemaliger Gesellschafter und Geschäftsführer der G. GbR bereits nicht sachlegitimiert. Für eine akzessorische Durchgriffshaftung für Schulden der Gesellschaft gebe es im Sozialrecht keine gesetzliche Grundlage. Auch seien keine Arbeitnehmer beschäftigt worden. Die Beklagte hat zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung auf die Widerspruchsbescheide und die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verwiesen. Im Weiteren hat die Beklagte ausgeführt, im Jahr 2017 habe gegenüber der Gesellschaft kein Bescheid mehr erlassen werden können, da zu diesem Zeitpunkt die Gesellschaft nicht mehr bestanden habe. Der Kläger hafte für die Schulden der Gesellschaft als Gesamtschuldner.
Das SG Karlsruhe hat durch Urteil vom 15.11.2018 die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe den Kläger als Schuldner der Winterbeschäftigungsumlage in Anspruch nehmen können. Als ehemaliger Gesellschafter hafte er für die Schulden der Gesellschaft nach § 128 Satz 1 Handelsgesetzbuch (HGB) als Gesamtschuldner. Auch nach § 191 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) bestehe die Möglichkeit, jeden einzelnen Gesellschafter für die gesamten Steuerschulden der Gesellschaft in Anspruch zu nehmen. Zutreffend habe auch die Beklagte diejenigen Gesellschafter der G. GbR, die auf Baustellen gearbeitet hätten, als Arbeitnehmer und nicht als Selbständige angesehen.
Gegen das Urteil des SG Karlsruhe hat der Kläger am 12.12.2018 Berufung zum LSG Baden-Württemberg erhoben.
Zur Berufungsbegründung bekräftigt der Kläger sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Ergänzend und vertiefend führt er aus, für seine Haftung als ehemaliger Gesellschafter für die vermeintlichen Schulden der Gesellschaft in Bezug auf die Winterbeschäftigungsumlage könnten zivil- und handelsrechtliche Bestimmungen nicht herangezogen werden. Für den Erlass eines zu seiner Inanspruchnahme notwendigen Haftungsbescheides gebe es keine gesetzliche Grundlage.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15.11.2018 und den Bescheid der Beklagten vom 18.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.01.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.03.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2017 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf das erstinstanzliche Urteil und betont, dass entgegen den Ausführungen des Klägers dieser neben der Gesellschaft für deren Schulden hafte.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerechte (§ 151 SGG) und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind der Bescheid der Beklagten vom 18.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2017 und der Bescheid vom 18.01.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.03.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2017. Mit diesen Bescheiden fordert die Beklagte vom Kläger als ehemaligem Gesellschafter der G. GbR die Zahlung der Winterbeschäftigungsumlage zuzüglich Säumniszuschlägen und Mahngebühren für die Zeiträume Dezember 2012 bis Juni 2014 und September bis Dezember 2014. Die Gesamtforderung beträgt 23.988,95 EUR. Der Kläger verfolgt mit der von ihm erhobenen Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG die Aufhebung der vorgenannten Bescheide.
Das SG Karlsruhe hat zu Unrecht die Klage abgewiesen. Die Beklagte kann vom Kläger, auch wenn er ehemaliger Gesellschafter der G. GbR ist, nicht durch die streitgegenständlichen Bescheide die Zahlung der Winterbeschäftigungsumlage fordern.
1. Rechtsgrundlage für die Erhebung der Winterbeschäftigungsumlage ist § 354 SGB III. Hiernach werden Mittel für die ergänzenden Leistungen nach § 102 SGB III einschließlich der Verwaltungskosten und der sonstigen Kosten, die mit der Gewährung dieser Leistungen zusammenhängen, in den durch Verordnung nach § 109 Abs. 3 SGB III bestimmten Wirtschaftszweigen durch Umlage aufgebracht (Satz 1). Die Umlage wird unter Berücksichtigung von Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien der Wirtschaftszweige von Arbeitgebern oder gemeinsam von Arbeitgebern sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aufgebracht und getrennt nach Zweigen des Baugewerbes und weiteren Wirtschaftszweigen abgerechnet (Satz 2). Nach § 102 Abs. 1 SGB III haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Wintergeld als Zuschuss-Wintergeld und Mehraufwands-Wintergeld und Arbeitgeber haben Anspruch auf Erstattung der von ihnen zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung, soweit für diese Zwecke Mittel durch eine Umlage aufgebracht werden.
Umlagepflichtig sind die Arbeitgeber des Baugewerbes, deren Betrieb durch die Verordnung über die Betriebe des Baugewerbes, in denen die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist, (Baubetriebe-Verordnung) in die Winterbauförderung einbezogen worden ist (vgl. Schaumberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl., Stand: 15.01.2019, § 354, Rn. 24).
Nach diesen gesetzlichen Vorgaben war grundsätzlich die G. GbR die Schuldnerin der Winterbeschäftigungsumlage, wenn sie in den streitgegenständlichen Zeiträumen Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer beschäftigt gehabt hätte.
2. Für die Inanspruchnahme des Klägers als Schuldner der Winterbeschäftigungsumlage durch die Beklagte mittels eines Verwaltungsakts gibt es, auch wenn er ehemaliger Gesellschafter der G. GbR ist, keine gesetzliche Grundlage. Es fehlt an der Verwaltungsaktbefugnis. Dafür kann entgegen den Ausführungen des SG Karlsruhe weder § 128 Satz 1 HGB noch § 191 AO als Rechtsgrundlage herangezogen werden.
Der Gesellschafter einer GbR haftet zwar nach der entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 128 Satz 1 HGB für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner grundsätzlich persönlich, akzessorisch, primär, unbeschränkt und in voller Höhe (vgl. BGH, Urteil vom 08.02.2011 – II R 263/09 – juris, Rn. 23). Die Durchsetzung der zivilrechtlich begründeten Haftung des Gesellschafters für eine fremde Schuld mittels eines Verwaltungsaktes, eines sogenannten Haftungsbescheides, als Voraussetzung der Anwendung des Verwaltungszwangs setzt aber wegen der mit dieser Handlungsform verbundenen spezifischen Eingriffswirkungen nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) eine hierauf bezogene Rechtsgrundlage voraus. Diese Verwaltungsaktbefugnis muss nicht ausdrücklich normiert sein; es reicht aus, wenn sie sich dem Gesetz im Wege der Auslegung entnehmen lässt (vgl. Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Beschluss vom 05.06.2019 – 7 B 18/18 – juris, Rn. 7).
Eine solche gesetzliche Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber dem Kläger hinsichtlich seiner Haftung als ehemaliger Gesellschafter für die vermeintliche Pflicht der G. GbR zur Erbringung der Winterbeschäftigungsumlage ist nicht gegeben. Aus dem Sozialgesetzbuch ergibt sich keine gesetzliche Grundlage für den Erlass eines Haftungsbescheides (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 29.01.2019 – L 5 KR 394/18 – juris, Rn. 38).
Insbesondere ist § 128 Satz 1 HGB eine solche Rechtsgrundlage nicht zu entnehmen. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, Normen, die jedenfalls in erster Linie eine materiell-rechtliche Verpflichtung regeln, zugleich einen verfahrensrechtlichen Gehalt beizumessen. Dies kommt aber in der Regel nur dann in Betracht, wenn eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung normiert wird, der als solcher bereits eine Nähe zum Verwaltungsakt als einer üblichen Handlungsform der Verwaltung innewohnt. Bei der in § 128 Satz 1 HGB geregelten gesellschaftsrechtlichen Haftung fehlt es an diesem Bezug. Sie taugt folglich als solche nicht zur Begründung einer Verwaltungsaktbefugnis (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.06.2019 – 7 B 18/18 – juris, Rn. 9; Oberverwaltungsgericht [OVG] Brandenburg, Beschluss vom 18.06.2015 – OVG 2 B 8.13 – juris, Rn. 27; Bayerisches LSG, Urteil vom 29.01.2019 – L 5 KR 394/18 – juris, Rn. 47 f.).
Bestätigt wird dies durch die steuerverfahrensrechtlichen Regelungen in der Abgabenordnung. Erst mit dem Erlass eines Haftungsbescheides nach § 191 AO für eine zunächst nur nach Zivilrecht bestehende Haftung des Dritten wird diese in das öffentlich-rechtliche Handlungsregime überführt, während der Steuergläubiger sie ansonsten nur nach den Vorschriften des Zivilrechts geltend machen könnte. Auch hier wird folglich davon ausgegangen, dass es einer ausdrücklichen Transformationsnorm bedarf, weil § 128 Satz 1 HGB ausschließlich eine zivilrechtliche Verbindlichkeit begründet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.06.2019 – 7 B 18/18 – juris, Rn. 10).
Entgegen der Ansicht des SG Karlsruhe kann § 191 AO nicht im Wege einer entsprechenden Anwendung zur Begründung einer Haftung des Klägers für die Winterbeschäftigungsumlage herangezogen werden. § 191 AO ist eine Spezialvorschrift aus dem Bereich des Steuerrechts und beinhaltet insofern keinen verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 29.01.2019 – L 5 KR 394/18 – juris, Rn. 40). Auch ist eine analoge Anwendung des § 191 AO nicht geboten, weil eine planwidrige gesetzliche Regelungslücke fehlt (vgl. zu den Voraussetzungen einer Analogie Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 05.07.2018 – B 8 SO 32/16 R – juris, Rn. 20). Die Beklagte hat die Möglichkeit, den Kläger aufgrund dessen zivilrechtlicher Haftung nach dem entsprechend anwendbaren § 128 Satz 1 HGB für die Schulden der G. GbR und damit auch für die Winterbeschäftigungsumlage, auf dem Zivilrechtsweg in Anspruch zu nehmen (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 29.01.2019 – L 5 KR 394/18 – juris, Rn. 49).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO. Der Kläger gehört im vorliegenden Rechtstreit nicht zu den in § 183 SGG genannten kostenprivilegierten Personen. Mit seiner Klage verfolgt er gegenüber der Beklagten keine Rechte als Versicherter auf Leistungen aus der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung, sondern wendet sich gegen die Pflicht zur Leistung der Winterbeschäftigungsumlage.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG gegeben ist.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger als ehemaliger Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zur Leistung der Winterbeschäftigungsumlage verpflichtet ist.
Der Kläger war Gesellschafter und Geschäftsführer der G. GbR, die er laut Gesellschaftsvertrag vom 02.04.2012 mit drei weiteren Gesellschaftern gegründet hatte. Zweck der Gesellschaft waren Maurer- und Betonarbeiten, Schalungsarbeiten, Trockenbau, Stahlbetonarbeiten und die Vornahme aller zur Förderung dieses Zwecks dienlichen Maßnahmen und Rechtsgeschäfte. Nach einem weiteren Gesellschaftsvertrag, den der Kläger der S. am 29.11.2012 vorlegte, bestand die Gesellschaft nunmehr aus insgesamt 21 Gesellschaftern. Arbeitsverträge hatte die Gesellschaft mit denjenigen ihrer Gesellschafter, die auf Baustellen tätig wurden, nicht geschlossen. Zum 18.12.2014 wurde die Gesellschaft aufgelöst.
Die Beklagte forderte vom Kläger und einem weiteren Gesellschafter der G. GbR für September und Oktober 2014 durch Bescheid vom 04.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.07.2015 die Zahlung der Winterbeschäftigungsumlage in Höhe von insgesamt 1.500,00 EUR zuzüglich Mahngebühren in Höhe von 7,80 EUR. Das deshalb vom Kläger geführte sozialgerichtliche Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Karlsruhe (S 2 AL 2261/15) endete durch ein Anerkenntnis der Beklagten, weil sich der Bescheid nicht an den richtigen Adressaten gerichtet hatte.
Durch an den Kläger als ehemaligen Gesellschafter der G. GbR gerichteten Bescheid vom 18.01.2017 forderte die Beklagte vom Kläger für September und Oktober 2014 die Winterbeschäftigungsumlage für diejenigen Gesellschafter, die im Rahmen von Baustellenkontrollen des Hauptzollamts im Februar 2015 arbeitend angetroffen worden waren, in Höhe von insgesamt 1.500,00 EUR zuzüglich Mahngebühren in Höhe von 7,80 EUR.
Die Beklagte forderte durch weiteren an den Kläger als ehemaligen Gesellschafter der G. GbR gerichteten Bescheid vom 18.01.2017 die Winterbeschäftigungsumlage auch für die Zeiträume von April 2012 bis Juni 2014 und von November 2014 bis Dezember 2014 in Höhe von insgesamt 21.750,00 EUR zuzüglich eines Säumniszuschlags in Höhe von 7.380,00 EUR und Mahngebühren in Höhe von 118,65 EUR. Die Gesamtforderung betrug 29.248,65 EUR.
Mit den deswegen erhobenen Widersprüchen machte der Kläger geltend, er sei der falsche Bescheidadressat. Mit ihm seien keine Beschäftigungsverhältnisse begründet worden. Im Weiteren verwies der Kläger auf das Verfahren S 2 AL 2261/15 vor dem SG Karlsruhe, in dem die Beklagte ein Anerkenntnis abgegeben habe.
Die Beklagte erließ im Widerspruchsverfahren den "Änderungs-Leistungsbescheid" vom 16.03.2017, durch den sie wegen der eingetretenen Verjährung von der Forderung der Winterbeschäftigungsumlage für den Zeitraum von April 2012 bis November 2012 absah. Die Gesamtforderung reduzierte sich hierdurch von 29.248,65 EUR auf 22.481,15 EUR.
Durch Widerspruchsbescheide vom 21.03.2017 wies die Beklagte die Widersprüche, soweit sie nicht infolge des Bescheides vom 16.03.2017 gegenstandslos geworden waren, als unbegründet zurück. Die G. GbR sei wegen der Ausführung von Bauleistungen und der Beschäftigung von Arbeitnehmern zur Zahlung der Winterbeschäftigungsumlage verpflichtet gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) könnten auch Gesellschafter einer GbR in einem Beschäftigungsverhältnis zur Gesellschaft stehen. Die Gesellschafter der G. GbR hätten typische Arbeitnehmertätigkeit ausgeführt.
Ein gegen die Pflicht zur Zahlung der Winterbeschäftigungsumlage vom Kläger geführtes einstweiliges Rechtsschutzverfahren hatte keinen Erfolg (SG Karlsruhe, Beschluss vom 05.05.2017 – S 11 AL 1232/17 ER –; Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.05.2017 – L 13 AL 1953/17 ER-B –; LSG Baden-Württemberg, Beschluss über die Gegenvorstellung des Klägers vom 29.06.2017 – L 13 AL 1953/17 ER-B –). Nach Ansicht des 13. Senats des LSG war die Beklagte zu Recht von der Arbeitnehmereigenschaft der Gesellschafter ausgegangen.
Mit der zum SG Karlsruhe gegen den Bescheid vom 18.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2017 und gegen den Bescheid vom 18.01.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.03.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2017 erhobenen Klage hat der Kläger die Aufhebung dieser Bescheide verfolgt. Er hat zur Klagebegründung geltend gemacht, er sei als ehemaliger Gesellschafter und Geschäftsführer der G. GbR bereits nicht sachlegitimiert. Für eine akzessorische Durchgriffshaftung für Schulden der Gesellschaft gebe es im Sozialrecht keine gesetzliche Grundlage. Auch seien keine Arbeitnehmer beschäftigt worden. Die Beklagte hat zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung auf die Widerspruchsbescheide und die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verwiesen. Im Weiteren hat die Beklagte ausgeführt, im Jahr 2017 habe gegenüber der Gesellschaft kein Bescheid mehr erlassen werden können, da zu diesem Zeitpunkt die Gesellschaft nicht mehr bestanden habe. Der Kläger hafte für die Schulden der Gesellschaft als Gesamtschuldner.
Das SG Karlsruhe hat durch Urteil vom 15.11.2018 die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe den Kläger als Schuldner der Winterbeschäftigungsumlage in Anspruch nehmen können. Als ehemaliger Gesellschafter hafte er für die Schulden der Gesellschaft nach § 128 Satz 1 Handelsgesetzbuch (HGB) als Gesamtschuldner. Auch nach § 191 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) bestehe die Möglichkeit, jeden einzelnen Gesellschafter für die gesamten Steuerschulden der Gesellschaft in Anspruch zu nehmen. Zutreffend habe auch die Beklagte diejenigen Gesellschafter der G. GbR, die auf Baustellen gearbeitet hätten, als Arbeitnehmer und nicht als Selbständige angesehen.
Gegen das Urteil des SG Karlsruhe hat der Kläger am 12.12.2018 Berufung zum LSG Baden-Württemberg erhoben.
Zur Berufungsbegründung bekräftigt der Kläger sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Ergänzend und vertiefend führt er aus, für seine Haftung als ehemaliger Gesellschafter für die vermeintlichen Schulden der Gesellschaft in Bezug auf die Winterbeschäftigungsumlage könnten zivil- und handelsrechtliche Bestimmungen nicht herangezogen werden. Für den Erlass eines zu seiner Inanspruchnahme notwendigen Haftungsbescheides gebe es keine gesetzliche Grundlage.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15.11.2018 und den Bescheid der Beklagten vom 18.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.01.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.03.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2017 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf das erstinstanzliche Urteil und betont, dass entgegen den Ausführungen des Klägers dieser neben der Gesellschaft für deren Schulden hafte.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerechte (§ 151 SGG) und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind der Bescheid der Beklagten vom 18.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2017 und der Bescheid vom 18.01.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.03.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2017. Mit diesen Bescheiden fordert die Beklagte vom Kläger als ehemaligem Gesellschafter der G. GbR die Zahlung der Winterbeschäftigungsumlage zuzüglich Säumniszuschlägen und Mahngebühren für die Zeiträume Dezember 2012 bis Juni 2014 und September bis Dezember 2014. Die Gesamtforderung beträgt 23.988,95 EUR. Der Kläger verfolgt mit der von ihm erhobenen Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG die Aufhebung der vorgenannten Bescheide.
Das SG Karlsruhe hat zu Unrecht die Klage abgewiesen. Die Beklagte kann vom Kläger, auch wenn er ehemaliger Gesellschafter der G. GbR ist, nicht durch die streitgegenständlichen Bescheide die Zahlung der Winterbeschäftigungsumlage fordern.
1. Rechtsgrundlage für die Erhebung der Winterbeschäftigungsumlage ist § 354 SGB III. Hiernach werden Mittel für die ergänzenden Leistungen nach § 102 SGB III einschließlich der Verwaltungskosten und der sonstigen Kosten, die mit der Gewährung dieser Leistungen zusammenhängen, in den durch Verordnung nach § 109 Abs. 3 SGB III bestimmten Wirtschaftszweigen durch Umlage aufgebracht (Satz 1). Die Umlage wird unter Berücksichtigung von Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien der Wirtschaftszweige von Arbeitgebern oder gemeinsam von Arbeitgebern sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aufgebracht und getrennt nach Zweigen des Baugewerbes und weiteren Wirtschaftszweigen abgerechnet (Satz 2). Nach § 102 Abs. 1 SGB III haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Wintergeld als Zuschuss-Wintergeld und Mehraufwands-Wintergeld und Arbeitgeber haben Anspruch auf Erstattung der von ihnen zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung, soweit für diese Zwecke Mittel durch eine Umlage aufgebracht werden.
Umlagepflichtig sind die Arbeitgeber des Baugewerbes, deren Betrieb durch die Verordnung über die Betriebe des Baugewerbes, in denen die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist, (Baubetriebe-Verordnung) in die Winterbauförderung einbezogen worden ist (vgl. Schaumberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl., Stand: 15.01.2019, § 354, Rn. 24).
Nach diesen gesetzlichen Vorgaben war grundsätzlich die G. GbR die Schuldnerin der Winterbeschäftigungsumlage, wenn sie in den streitgegenständlichen Zeiträumen Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer beschäftigt gehabt hätte.
2. Für die Inanspruchnahme des Klägers als Schuldner der Winterbeschäftigungsumlage durch die Beklagte mittels eines Verwaltungsakts gibt es, auch wenn er ehemaliger Gesellschafter der G. GbR ist, keine gesetzliche Grundlage. Es fehlt an der Verwaltungsaktbefugnis. Dafür kann entgegen den Ausführungen des SG Karlsruhe weder § 128 Satz 1 HGB noch § 191 AO als Rechtsgrundlage herangezogen werden.
Der Gesellschafter einer GbR haftet zwar nach der entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 128 Satz 1 HGB für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner grundsätzlich persönlich, akzessorisch, primär, unbeschränkt und in voller Höhe (vgl. BGH, Urteil vom 08.02.2011 – II R 263/09 – juris, Rn. 23). Die Durchsetzung der zivilrechtlich begründeten Haftung des Gesellschafters für eine fremde Schuld mittels eines Verwaltungsaktes, eines sogenannten Haftungsbescheides, als Voraussetzung der Anwendung des Verwaltungszwangs setzt aber wegen der mit dieser Handlungsform verbundenen spezifischen Eingriffswirkungen nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) eine hierauf bezogene Rechtsgrundlage voraus. Diese Verwaltungsaktbefugnis muss nicht ausdrücklich normiert sein; es reicht aus, wenn sie sich dem Gesetz im Wege der Auslegung entnehmen lässt (vgl. Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Beschluss vom 05.06.2019 – 7 B 18/18 – juris, Rn. 7).
Eine solche gesetzliche Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber dem Kläger hinsichtlich seiner Haftung als ehemaliger Gesellschafter für die vermeintliche Pflicht der G. GbR zur Erbringung der Winterbeschäftigungsumlage ist nicht gegeben. Aus dem Sozialgesetzbuch ergibt sich keine gesetzliche Grundlage für den Erlass eines Haftungsbescheides (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 29.01.2019 – L 5 KR 394/18 – juris, Rn. 38).
Insbesondere ist § 128 Satz 1 HGB eine solche Rechtsgrundlage nicht zu entnehmen. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, Normen, die jedenfalls in erster Linie eine materiell-rechtliche Verpflichtung regeln, zugleich einen verfahrensrechtlichen Gehalt beizumessen. Dies kommt aber in der Regel nur dann in Betracht, wenn eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung normiert wird, der als solcher bereits eine Nähe zum Verwaltungsakt als einer üblichen Handlungsform der Verwaltung innewohnt. Bei der in § 128 Satz 1 HGB geregelten gesellschaftsrechtlichen Haftung fehlt es an diesem Bezug. Sie taugt folglich als solche nicht zur Begründung einer Verwaltungsaktbefugnis (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.06.2019 – 7 B 18/18 – juris, Rn. 9; Oberverwaltungsgericht [OVG] Brandenburg, Beschluss vom 18.06.2015 – OVG 2 B 8.13 – juris, Rn. 27; Bayerisches LSG, Urteil vom 29.01.2019 – L 5 KR 394/18 – juris, Rn. 47 f.).
Bestätigt wird dies durch die steuerverfahrensrechtlichen Regelungen in der Abgabenordnung. Erst mit dem Erlass eines Haftungsbescheides nach § 191 AO für eine zunächst nur nach Zivilrecht bestehende Haftung des Dritten wird diese in das öffentlich-rechtliche Handlungsregime überführt, während der Steuergläubiger sie ansonsten nur nach den Vorschriften des Zivilrechts geltend machen könnte. Auch hier wird folglich davon ausgegangen, dass es einer ausdrücklichen Transformationsnorm bedarf, weil § 128 Satz 1 HGB ausschließlich eine zivilrechtliche Verbindlichkeit begründet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.06.2019 – 7 B 18/18 – juris, Rn. 10).
Entgegen der Ansicht des SG Karlsruhe kann § 191 AO nicht im Wege einer entsprechenden Anwendung zur Begründung einer Haftung des Klägers für die Winterbeschäftigungsumlage herangezogen werden. § 191 AO ist eine Spezialvorschrift aus dem Bereich des Steuerrechts und beinhaltet insofern keinen verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 29.01.2019 – L 5 KR 394/18 – juris, Rn. 40). Auch ist eine analoge Anwendung des § 191 AO nicht geboten, weil eine planwidrige gesetzliche Regelungslücke fehlt (vgl. zu den Voraussetzungen einer Analogie Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 05.07.2018 – B 8 SO 32/16 R – juris, Rn. 20). Die Beklagte hat die Möglichkeit, den Kläger aufgrund dessen zivilrechtlicher Haftung nach dem entsprechend anwendbaren § 128 Satz 1 HGB für die Schulden der G. GbR und damit auch für die Winterbeschäftigungsumlage, auf dem Zivilrechtsweg in Anspruch zu nehmen (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 29.01.2019 – L 5 KR 394/18 – juris, Rn. 49).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO. Der Kläger gehört im vorliegenden Rechtstreit nicht zu den in § 183 SGG genannten kostenprivilegierten Personen. Mit seiner Klage verfolgt er gegenüber der Beklagten keine Rechte als Versicherter auf Leistungen aus der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung, sondern wendet sich gegen die Pflicht zur Leistung der Winterbeschäftigungsumlage.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG gegeben ist.
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