Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
60
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 60 KR 1889/19 WA
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 614.310,60 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.11.2018 zu zahlen. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Der Streitwert wird festgesetzt auf 614.310,60 EUR.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rückerstattung der von der Klägerin für individuell hergestellte Arzneimittel in den Jahren 2009 bis 2017 gezahlten Umsatzsteuer (USt).
Die Klägerin ist eine gesetzliche Krankenkasse. Die Beklagte betreibt in der Rechtsform einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts ein Universitätsklinikum, das ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenes Krankenhaus ist mit angeschlossener Krankenhausapotheke. Die klinikumseigene Apotheke (im Folgenden: Krankenhausapotheke) der Beklagten stellte individuell für Versicherte der klagenden Krankenkasse (KK) Arzneimittelzubereitungen her und gab sie an diese zur ambulanten Behandlung im Krankenhaus der Beklagten durch deren Krankenhausärzte ab.
Die Abgabe dieser Arzneimittel an die Versicherten der Klägerin erfolgte auf der Grundlage von Vereinbarungen gemäß § 129a SGB V.
Die "Vereinbarung für die Krankenhausapotheke gemäß § 129" vom 30.12.2004 zwischen dem Krankenhausträger und der AOK Rheinland, dem BKK Landesverband Nordhein-Westfalen, der IKK Nordrhein, der Landwirtschaftlichen Krankenkasse Nordrhein-Westfalen, der Bundesknappschaft Bochum, dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V., dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V. (Arzneimittelpreisvereinbarung, im Folgenden: AMPV 2005) normiert in ihrem § 5 Absatz 1 Satz 1 "Preisberechnung", dass sich die Regelungen der Preisberechnung aus der Anlage 1 ergeben, die Bestandteil der Vereinbarung sei. Die Anlage 1 bestimmt in Absatz 6 und Absatz 7 und 9 für Rezepturen:
"Die bei der Herstellung von Rezepturen benötigten Arzneimittel, Trägerlösungen, Hilfsmittel, etc. sind grundsätzlich aus wirtschaftlichen Packungsgrößen (z. B. Klinikverpackungen) zu entnehmen und anteilig zu berechnen. Abweichungen von dieser Vorgehensweise müssen im Einzelfall begründet sein."
"Der pauschale Arbeitspreis für Rezepturen enthält die entsprechenden Sachkosten wie Spritzen, Desinfektionsmittel, Handschuhe, die Dokumentation und Kosten der Entsorgung." "Die Preisberechnung der Rezepturen ist auf der Vorderseite des Verordnungsblattes auszuweisen."
Die im Wesentlichen gleichen Vertragsparteien haben ab 2011 eine weitere Vereinbarung für Krankenhausapotheken geschlossen (im Folgenden AMPV 2011).
§ 5, der mit "Preisberechnung" überschrieben ist, verweist in seinem Absatz 1 Satz 1 erneut auf die Anlagen 1 und 2. Nr. 5 und 6 regeln die Preisbildung von Zubereitungen bzw. zytostatikahaltigen parenteralen Lösungen. Für die Umsatzsteuer bestimmt Nr. 13:
"Den nach den Nummer 1 bis 11 ermittelten Abrechnungspreisen der Anlage 1 ist die Umsatzsteuer hinzuzufügen. Der Herstellerrabatt nach § 130a SGB V (ohne Rabatt nach Absatz 8) wird nach Ermittlung des Abrechnungspreises mit Umsatzsteuer abgezogen. Die Umsatzsteuer ist in der Abrechnung auszuweisen. Der Ansatz der Umsatzsteuer entfällt, soweit Umsatzsteuerpflicht nicht besteht."
Die ab 01.01.2012 gültige, zwischen den im Wesentlichen gleichen Vertragsparteien geschlossene AMPV 2012 ist in den genannten Bestimmungen wortgleich zur AMPV 2011 (mit Ausnahme einer zusätzlichen Nummer 12 bei den Abrechnungspositionen).
Die Beklagte rechnete ab 2009 gegenüber der Klägerin Rezepturen, insbesondere Zytostatikazubereitungen und parenterale Lösungsfolinate, die Versicherten der Klägerin ambulant im Krankenhaus der Beklagten verabreicht wurden, nach Maßgabe der vorgenannten Berechnungsgrundlage ab. Zu dieser Preisgestaltung wurde eine Umsatzsteuer in Höhe von 19 % hinzugefügt. In den den Forderungen der Klägerin zu Grunde liegenden Rechnungen ist die Umsatzsteuer nicht nach § 14c Absatz 1 Satz 1 Umsatzusteuergesetz (UStG) ausgewiesen.
Im Einzelnen ergeben sich für die Jahre 2009 bis 2017 folgende Forderungen der Beklagten aus abgerechneten Arzneimittelzubereitungen gegen die Klägerin: Jahr Bruttobetrag Umsatzsteuer 2009 203.352,87 EUR 32.468,11 EUR 2010 395.407,15 EUR 63.132,23 EUR 2011 366.395,98 EUR 58.500,20 EUR 2012 417.156,42 EUR 66.604,81 EUR 2013 540.420,52 EUR 86.285,63 EUR 2014 479.175,35 EUR 76.506,99 EUR 2015 826.578,90 EUR 131.974,78 EUR 2016 557.094,17 EUR 88.947,81 EUR 2017 61.942,94 EUR 9.890,05 EUR Insgesamt 614.310,60 EUR
Die Klägerin beglich diese Rechnungen einschließlich der Umsatzsteuer. Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welchem Umfang die Beklagte die von der Klägerin gezahlte USt an das Finanzamt (FA) abführte und im welchem Umfang das FA den für die streitgegenständlichen Jahre 2009 bis 2017 abgegebenen USt-Anmeldungen zustimmte.
Der BFH entschied mit Urteil vom 24.09.2014 – V R 19/11 –, dass die Abgabe von Zytostatika durch die Krankenhausapotheke bei Abgabe zur ambulanten Behandlung der Patienten im Krankenhaus steuerfrei ist, da es sich insoweit um einen mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundenen Umsatz gemäß § 4 Nr. 16 Buchstabe b a. F. Umsatzsteuergesetz (UStG) (nunmehr § 14 Nr. 14 Buchstabe b UStG) handelt. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) folgte dem für Arzneimittelzubereitungen auch für die Vergangenheit (Schreiben vom 28.09.2016, III C 3 - S 7170/11/10004). Der BMF-Anwendungserlass wurde am 20.10.2016 veröffentlicht.
In der Folge beantragte die Beklagte die Abänderung der Umsatzsteuerbescheide, woraufhin die Finanzverwaltung die Umsatzsteuerbescheide abänderte und der Beklagten insgesamt 10.376.862,38 EUR Umsatzsteuer erstattete, wobei es sich hierbei um die Differenz zwischen Umsatzsteuer in Höhe von 34.642.218,19 EUR und Vorsteuer in Höhe von 24.265.355,81 EUR handelt (Vermerk über Schlussbesprechung vom 05.02.2019 zwischen Beklagter und dem zuständigen Finanzamt, Bl. 77/78 der Gerichtsakte). In welchem Umfang die Finanzverwaltung Umsatzsteuer an die Beklagte gerade für die streitgegenständlichen Forderungen erstattete, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Mit ihrer am 09.11.2018 erhobenen Klage hat die Klägerin die Rückzahlung der von 2009 bis 2017 für Zubereitungen abgerechneten USt in Höhe von 614.310,60 EUR nebst Zinsen begehrt. Zur Begründung trägt sie vor, dass die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) – B 1 KR 5/19 R – ihr Klagebegehren rechtfertige. In der vorliegend anwendbaren, ab dem 01.11.2011 maßgeblichen AMPV haben die Vertragsparteien ausdrücklich vereinbart, dass die Umsatzsteuer nicht beim liefernden Krankenhaus verbleiben solle, sondern als Vergütungsbestandteil entfalle, mit der Folge einer Rückzahlungsvereinbarung bei im Nachhinein zu Unrecht berechneter Umsatzsteuer. Nach dem BSG könne die Krankenkasse vertraglich von dem Krankenhaus die Rückzahlung überzahlter Umsatzsteuer verlangen, wenn die Steuerverwaltung die Umsatzsteuer-Pflicht für die Vergangenheit klar verneint habe und das Krankenhaus seinen Erstattungsanspruch nach § 37 Absatz 2 Abgabenordnung (AO) einfach und risikolos durchsetzen könne, was dem Krankenhaus auch zumutbar sei. Belastungen, die dem Krankenhaus im Verhältnis zum Finanzamt im Zuge der Rückabwicklung entstehen, würden Rückzahlungsanspruche nicht ausschließen. Im Fall, dass die Umsatzsteuer-Bescheide und Anmeldungen bestandskräftig und nicht mehr abänderbar seien, bestehe ein Schadensersatzanspruch nach § 69 SGB V i. V. m. § 280 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Denn das Krankenhaus habe zu vertreten, dass die Umsatzsteuerbescheide und -Anmeldungen pflichtwidrig schon vor dem 20.10.2016 bestandskräftig wurden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 614.310,60 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 09.11.2018 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte habe bis 31.03.2017 die Umsätze aus der Abgabe von Zytostatika als umsatzsteuerpflichtig behandelt und für die entsprechenden Eingangsumsätze den Vorsteuerabzug geltend gemacht. Die im Rahmen der Betriebsprüfung durch das Finanzamt an die Beklagte zugebilligte Erstattung entspräche in etwa 4,78 % des Bruttoumsatzes mit Zytostatika. Die Rechtsprechung des BGH und BSG sei nicht so zu verstehen, dass die Krankenkassen und Versicherungen mehr erhalten dürften, als dasjenige, was sie bei der Rückabwicklung selbst erhalten haben. Dies wäre auch vor dem Hintergrund der erforderlichen weiteren partnerschaftlichen Zusammenarbeit der jeweiligen Parteien wenig hilfreich. Schon allein bei der Weiterleitung des reinen Erstattungsbetrages an die Klägerin verbleibe der nicht unerheblicher Aufwand zur Erlangung der Erstattung – insbesondere die Steuerberaterkosten – für die Beklagte allein bei der Beklagten. Bei dem Krankenhaus stelle sich die Frage, ob es sich – anstatt die Rückerstattung gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen – nicht besser auf Schadensersatz in Anspruch nehmen lasse und zwar in Höhe der Quote aus der Betriebsprüfung ohne Steuerberaterkosten.
Mit Schriftsätzen vom 12.02.2019 und 26.02.2019 haben die Beteiligten im Hinblick auf die beim BSG anhängige Revision in der Rechtssache – B 1 KR 5/19 R – das Ruhen des Verfahrens beantragt. Die Kammer hat mit Beschluss vom 27.02.2019 das Ruhen angeordnet. Mit Schriftsatz vom 29.10.2019 hat die Klägerin das Verfahrens wiederaufgenommen.
Die Vorsitzende hat den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten am 21.02.2020 erörtert. Die Beteiligten haben einen widerruflichen Vergleich in Höhe von 60% der Klagforderung geschlossen (Niederschrift, Bl. 82/85 der Gerichtsakte), der in der Folge von den Beklagtenvertretern mit Schriftsatz vom 02.04.2020 widerrufen wurde.
Mit Verfügung vom 03.04.2020 hat die Vorsitzende erneut eine vergleichsweise Einigung in Annährung an die Erstattungsquote aus der Betriebsprüfung angeregt. Daraufhin hat die Klägerin im Hinblick auf den mit dem immensen, mit der Unterlagenvorlage verbundenen Aufwand mit Schriftsatz vom 29.04.2020 (Bl. 99/100 der Gerichtsakte) einen Vergleich auf der Grundlage einer 50%-Quote vorgeschlagen. Trotz Erinnerung am 16.06.2020, 16.07.2020, 20.08.2020 und 17.09.2020 haben sich die Beklagtenvertreter nicht zu diesem Vergleichsvorschlag geäußert.
Mit Verfügung vom 09.10.2020, zugestellt den Bevollmächtigten der Beklagten am 19.10.2020 (Bl. 109 der Gerichtsakte), hat die Vorsitzende unter Setzung einer Ausschlussfrist nach § 106a Absatz 2 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von der Beklagten u. a. die Umsatzsteueranmeldungen und –erklärungen der Beklagten einschließlich Änderungsanträgen, -bescheiden, Sonderprüfungsberichten und Umsatzsteueraußenprüfungsberichten angefordert sowie wie der Beklagten nach § 106a Absatz 2 Nr. 1 SGG aufgegeben, dem Gericht für jede einzelne der in der Aufstellung der Klägerin enthaltene Rezeptur/Zubereitung zu substantiieren, welcher wirtschaftliche Schaden der Beklagten durch den Verlust des Vorsteuerabzugs entstanden ist und diesen insgesamt zu beziffern und die zu Grunde liegenden Berechnungsgrundlagen (Einkaufspreise der Rohstoffe, übrige Sach- und Gemein- und Investitionskosten, Verwaltungs- und Nebenkosten etc.) aufzuschlüsseln. Die Kammer hat der Klägerin nach § 106a Absatz 2 Nr. 2 SGG aufgegeben, die einzelnen Rechnungen für jede in der Klageschrift enthaltene Zubereitung sowie die § 301-SGB V-Daten der zu Grunde liegenden Behandlungsfälle, bei denen das Arzneimittel Versicherten der Klägerin in dem Krankenhaus der Beklagten verabreicht wurde, zu übersenden. Mit Schriftsatz vom 23.11.2020 (Bl. 112 der Gerichtsakte) hat die Klägerin die zu Grunde liegenden Rezepte, Behandlungsdaten und Rechnungen vorgelegt und angegeben, dass bisherige Vergleichsangebot nicht mehr aufrechterhalten. Seitens der Beklagten sind keinerlei Unterlagen übersandt worden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von 614.310,60 EUR nebst Zinsen. Der Zahlungsanspruch beruht auf einer vertraglichen Rückzahlungspflicht gemäß § 5 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 13 AMPV 2011 bzw. 2012 für die Jahre 2011 bis 2017, jedenfalls und für die Jahre 2009 und 2010 aus ergänzender Vertragsauslegung, ohne dass die Einreden der Beklagten durchgreifen.
I. Die Klägerin kann ihr Begehren mit der von ihr erhobenen (echten) Leistungsklage im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässigerweise geltend machen (st. Rspr.; vgl. z. B. BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 13, Rn. 9 mwN.; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 17, Rn. 12). Die Klage ist auch im Übrigen zulässig.
II. 1. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Klägerin an die Beklagte im Jahr 2009 32.468,11 EUR, 2010 63.132,23 EUR, 2011 58.500,20 EUR, 2012 66.604,81 EUR, 2013 86.285,63 EUR, 2014 76.506,99 EUR, 2015 131.974,78 EUR, 2016 88.974,81 EUR und 2017 9.890,05 EUR Umsatzsteuer auf ihr von der Beklagten in Rechnung gestellte patientenindividuell hergestellte Zubereitungen zahlte. Weiter ist zwischen den Beteiligten nach Vorlage des Protokolls über die Schlussbesprechung vom 05.02.2019 zwischen der Beklagten und dem Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung nicht mehr streitig, dass die Beklagte grundsätzlich die maßgeblichen USt-Verwaltungsakte (USt-VAe) und USt-Anmeldungen am 20.10.2016 im Umfang der von ihr insgesamt abgeführten Umsatzsteuer nicht hat bestandskräftig werden lassen, sondern das zuständige Finanzamt diese durch Korrekturbescheide abänderte und der Beklagten eine Erstattung auskehrte. Streitig ist indes zwischen den Beteiligten, in welchem Umfang die Beklagte die von der Klägerin gezahlte Umsatzsteuer beim zuständigen Finanzamt anmeldete, die streitgegenständlichen Forderungen zur Erstattung anmeldete und ob und in welchem Umfang Umsatzsteuer für die streitgegenständlichen Forderungen erstattet wurde.
Zur Überzeugung der Kammer ist die Beklagte für die Jahre 2011 bis 2017 unmittelbar aus § 5 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 13 AMPV 2011 bzw. 2012 (a), jedenfalls und für die Jahre 2009 und 2010 aus ergänzender Vertragsauslegung zur Rückerstattung der von der Klägerin unstreitig bezahlten Umsatzsteuer verpflichtet (b).
a) § 5 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 13 AMPV 2011 bzw. 2012 bestimmt, dass den nach der Anlage 1 ermittelten Abrechnungspreisen die Umsatzsteuer hinzuzufügen ist. Ausdrücklich wird geregelt, dass der Ansatz der Umsatzsteuer entfällt, soweit Umsatzsteuerpflicht nicht besteht. Jedenfalls nach der von der Beklagten gegenüber der Finanzverwaltung erwirkten Korrektur der Umsatzsteuer ist die Pflicht der Beklagten zum Ansatz der Umsatzsteuer entfallen, sodass die Klägerin die Umsatzsteuer ohne Rechtsgrund an die Beklagte leistete.
Zwar ließe der Wortlaut "hinzufügen" eine Auslegung dahingehend zu, dass die Regelung durch die zuständige Finanzverwaltung bereits bei Rechnungsstellung bestehen müsse, da andernfalls zu den konkreten Preisen und Entgelten nichts mehr hinzuzufügen wäre. Zur Überzeugung der Kammer stellt der letzte Satz der Nummer 13 der Anlage 1 AMPV 2011 bzw. 2012 indes klar, dass gerade der vorliegende Fall einer nachträglichen Korrektur der Umsatzsteuerpflicht für in der Vergangenheit liegende Veranlagungszeiträume geregelt werden sollte. Denn die ursprünglich angesetzte Umsatzsteuer entfällt gerade, soweit die Umsatzsteuerpflicht nicht besteht. Vor dem Hintergrund, dass die Vertragsparteien die bei Arzneimitteln wohl häufiger auftretende Situation eines nachträglichen Entfalls der Umsatzsteuer einer Regelung zuführen wollten, liegt es auf der Hand, dass gerade der Interessenlage der Beteiligten bei einer nachträglichen Korrektur der Umsatzsteuer Rechnung getragen werden sollte. Anders als z. B. die AMPV 2004 für Baden-Württemberg, die der BSG-Entscheidung vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R – zu Grunde lag, haben die Vertragsparteien der streitgegenständlichen AMPV 2011 und 2012 indes gerade keinen fiktiven Umsatzsteueraufschlag vereinbart, etwa um die fehlende Möglichkeit des Vorsteuerabzugs zu berücksichtigen. Vielmehr führt die abweichenden Regelung der Umsatzsteuerpflicht durch die Finanzverwaltung dazu, dass die Umsatzsteuerkomponente des Preises (nachträglich) entfällt und die Umsatzsteuer damit – worauf die Klägerin zutreffend hinweist – nicht beim beliefernden Krankenhaus verbleiben soll und vom Krankenhaus in vollem Umfang, das heißt ohne Minderung durch einen etwaigen Vorsteuerabzug, zurückzuzahlen ist.
Dem steht auch nicht entgegen, dass der BMF-Anwendungserlass vom 28.09.2016, III C 3 S 7170/11/1004 dem Krankenhaus ein Wahlrecht einräume. Im Anwendungserlass heißt es:
"Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Umsätze, die vor dem 01.04.2017 ausgeführt werden, wird es für das Besteuerungsverfahren nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Leistungen abweichend von Abschnitt 4.14.6 Absatz 2 Nr. 3 UAStAE dem allgemeinen Umsatzsteuersatz unterwirft und insoweit den damit zusammenhängenden Eingangsleistungen unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG den Vorsteuerabzug geltend macht."
Denn in dem Zeitpunkt, in dem die Beklagte der Finanzverwaltung mit einem Antrag auf Änderung der Umsatzsteuer entgegen tritt und die Umsatzsteuerpflicht infolgedessen durch die Finanzverwaltung aufgehoben wurde, hat die Beklagte ihr Wahlrecht im Sinne einer Rückerstattung ausgeübt und kann sich nicht mehr ihr zuvor bestandenes Wahlrecht berufen.
Zur Überzeugung der Kammer besteht der Rückzahlungsanspruch auch nicht nur in Höhe der vom Finanzamt ausgezahlten Steuererstattung unter Abzug der Vorsteuer. Denn indem in der AMPV 2011 und 2012 auf die angesetzte Umsatzsteuer Bezug genommen wird, wird verdeutlicht, dass gerade die im Verhältnis Krankenkasse und Krankenhaus berechnete Umsatzsteuer gemeint ist. Diese Umsatzsteuerpflicht ist in vollem Umfang, d. h. in Höhe von 19% entfallen. In diesem Umfang besteht die "Umsatzsteuerpflicht" nicht mehr. Es wird entsprechend auf die rechtliche Pflicht zur Leistung der Umsatzsteuer angeknüpft, die nunmal in Höhe von 19% besteht und gerade nicht an einen tatsächlichen Vorgang der vom Finanzamtes ausgezahlten, möglicherweise um Vorsteuer geminderten Steuerrückerstattung. Durch diesen Bezugspunkt wird deutlich, dass der in dem Jahr geltende Umsatzsteuersatz vollumfänglich an die belieferte Krankenkasse zu erstatten ist und zwar auch dann wenn die Umsatzsteuererstattungen für die konkreten Jahre infolge des Verlusts der Vorsteuerabzugsmöglichkeit geringer ausfallen. Diese Rechtsansicht bestätigt auch der bereits hierzu in Bezug genommene BMF-Anwendungserlass, der unter Folgen der Steuerbefreiung ausdrücklich normiert:
"Wird die Lieferung von Zytostatika als ein eng mit der Heilbehandlung verbundener nach § 4 Nr. 14 Buchstabe b UStG (bis zum 31.12.2008: § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG) steuerfrei behandelt, ist der Vorsteuerabzug aus dem damit im Zusammenhang stehenden Eingangsleistungen nach § 15 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen. Dies gilt bei der Berufung auf die Grundsätze des BFH-Urteils V R 19/11 für bereits abgelaufene Veranlagungszeiträume im Rahmen des verfahrensrechtlich Zulässigen auch rückwirkend."
Überdies ergibt sich auch aus der bereits oben zitierten Passage des Anwendungserlasses im Umkehrschluss, dass der Vorsteuerabzug nur dann weiter geltend gemacht werden darf, wenn der Unternehmer seine Leistungen weiter und abweichend von der BFH-Rechtsprechung und des Anwendungserlasses der allgemeinen Umsatzsteuer unterwirft. Vorliegend hat die Beklagte indes unstreitig die Erstattung der Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt verlangt und damit gerade nicht mehr der allgemeinen Umsatzsteuerpflicht unterworfen.
Der die Auslegung des BFH-Urteils steuernde BMF-Erlass legt damit zur Überzeugung der Kammer ebenso eine Nichtberücksichtigung der Vorsteuerabzugsmöglichkeit nahe.
Soweit das Urteil des SG Speyer vom 05.12.2019 – S 17 KR 689/16 – eine Pflicht zur Rückerstattung der Umsatzsteuer negierte, so lautete die diesem Rechtsstreit zu Grunde liegende AMPV lediglich, dass "den Preisen für die Arzneimittel und den Arbeitspreisen nach diesem Vertrag die Mehrwertsteuer hinzuzufügen ist, soweit sich aus den Vorschriften zur Preisabrechnung nichts anderes ergibt oder nichts anderes vereinbart ist." Den Zusatz der vorliegend streitgegenständlichen AMPV 2011 und 2012, dass "der Ansatz der Umsatzsteuer entfällt, soweit die Umsatzsteuerpflicht nicht besteht" enthält die rheinland-pfälzische AMPV indes nicht. Anders als in den AMPV 2011 und 2012 hatten sich die Vertragsparteien gerade keine Vorstellung über einen (nachträglichen) Entfall der Umsatzsteuerpflicht gemacht, wohingegen in der hier streitgegenständlichen Regelung gerade eine entsprechende Regelung getroffen wurde (für die Streitjahre 2011 bis 2017).
Die Kammer konnte sich zudem nicht davon überzeugen, dass es sich bei § 5 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 13 AMPV 2011 bzw. 2012 um eine Bruttopreisabrede handelt, die eine nachträgliche Umsatzsteuerkorrektur ausschließt. Eine Bruttopreisvereinbarung ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Umsatzsteueranteil als unselbständiger und nicht automatisch rückforderbarer Vergütungsbestandteil darstellt, wohingegen eine Nettopreisabrede die unmissverständliche Übereinkunft voraussetzt, dass ein Nettobetrag geschuldet wird, der Umsatzsteueranteil mithin nur gezahlt werden muss, wenn und soweit dies steuerrechtlich geschuldet ist, wenn materiell eine entsprechende Steuerpflicht besteht (SG Speyer, Urt. v. 05.12.2019 – S 17 KR 689/16 –, juris, Rn. 123 mit Hinweis auf BGH, Urt. v. 20.02.2019 – VIII ZR 7/18 –, Rn. 27 und 47). Vorliegend ist zur Überzeugung der Kammer im Hinblick auf die AMPV 2011 und 2012 von einer Nettopreisabrede auszugehen, da die Vertragsparteien durch den vierten Satz der Nummer 13 in Anlage 1 "Der Ansatz der Umsatzsteuer entfällt, soweit Umsatzsteuerpflicht nicht besteht" deutlich gemacht haben, dass die Umsatzsteuerpflicht mit der Regelung durch die Finanzverwaltung stehen und fallen soll. Die Regelung ist damit wie diejenige der Entscheidung des BSG zu Grunde liegende baden-württembergische AMPV als Nettopreisabrede zu verstehen (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr. 2, Rn. 21). Im Übrigen werden in den Rechnungen der streitgegenständlichen Forderungen sowohl der Nettopreis als auch der Bruttopreis angegeben, sodass sich auch aus der gelebten Vertragspraxis zwischen den Beteiligten die Umsatzsteuer nicht als unselbständiger Vergütungsbestandteil darstellt. Vielmehr wird durch die Angabe des Netto- und Bruttopreises in den Rechnungen deutlich, dass – entsprechend der § 5 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 13 4. Satz AMPV – die Umsatzsteuer nur dann gezahlt werden soll, wenn auch in rechtlicher Hinsicht eine Verpflichtung zur Leistung der Umsatzsteuer besteht.
Selbst wenn man mit der Beklagten von einer Bruttopreisrede ausgehen würde, kann diese Vereinbarung ergänzend dahingehend auszulegen sein, dass die Klägerin nicht verpflichtet sein soll, den unselbständigen Umsatzsteueranteil auch dann zu tragen, wenn und sobald für die Beklagte die Möglichkeit besteht, ihrerseits einen Rückerstattungsanspruch betreffend die von ihr abgeführte Umsatzsteuer gegen das Finanzamt geltend zu machen, wie der BGH jüngst in seinem Urteil vom 10.06.2020 – VIII ZR 360/18 –, Rn. 35 festgestellt hat.
Infolge der unstreitigen nachträglichen Korrektur der Umsatzsteuerpflicht für patientenindividuelle Zubereitungen durch die Finanzverwaltung entfällt auch die Umsatzsteuer für die bereits abgerechneten und bezahlten Arzneimittel für die Vergangenheit. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 5 Absatz 1 in Verbindung Anlage 1 Nr. 13 Satz 4 AMPV 2011 und 2012 ist die Klägerin nicht mehr verpflichtet, auf die patientenindividuellen Zubereitungen eine Umsatzsteuer zu bezahlen, weil die Umsatzsteuerpflicht entfallen ist.
b) Jedenfalls ergibt sich vorliegend der Rückzahlungsanspruch der Klägerin in Höhe der von ihr gezahlten Umsatzsteuer aus der ergänzenden Vertragsauslegung, ohne dass der Verlust der Vorsteuerabzugsmöglichkeit zu berücksichtigen wäre. Da die AMPV 2005 keine Regelung über die Umsatzsteuer für patientenindividuelle Zubereitungen traf, folgt der Anspruch der Klägerin für die Jahre 2009 und 2010 allein aus ergänzender Vertragsauslegung.
Eine ergänzende Vertragsauslegung nach § 157 BGB i. V. m. § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V setzt zunächst voraus, dass der Vertrag, mit dem die Beteiligten in privatautonomer Verantwortung ihre Interessen in Bezug auf einen Lebenssachverhalt geordnet haben, eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr. 2, Rn. 17; MüKoBGB/Busche, 8. Aufl. 2018, BGB § 157 Rn. 38 m. w. N.). Dieses im bürgerlichen Recht (§ 157 BGB) entwickelte Auslegungsverfahren ist auch auf öffentlich-rechtliche Verträge wie die AMPV anwendbar (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R – BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr. 2, Rn. 17 mit Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 69 Nr. 7 Rn. 24; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr. 4 S. 18 f. m. w. N. = Juris, Rn. 22). So liegt es, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, wenn mithin ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr. 2, Rn. 17 m. w. N.). Soweit schon das anzuwendende Gesetzesrecht Regelungen zur Schließung der vertraglichen Lücke bereithält, fehlt es an einer durch die ergänzende Vertragsauslegung zu schließenden Regelungslücke.
aa) Die Beteiligten schlossen mit der AMPV 2005 – ebenso wie mit der AMPV 2011 und 2012 – wirksam einen Vertrag nach § 129a SGB V. Die AMPV begründet den streitigen Rückzahlungsanspruch bei Abänderbarkeit der maßgeblichen USt-VAe und -Anmeldungen zumindest noch am 20.10.2016 (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr. 2, Rn. 15). Die AMPV berechtigt die Krankenhausapotheke der Beklagten zu Lasten der Krankenkasse auf der Grundlage ordnungsgemäß ausgestellter Verordnungen Arzneimittel abzurechen, auf die Versicherte nach § 31 Absatz 1 Satz 1 SGB V einen Leistungsanspruch haben (§ 1 Absatz 1 AMPV 2005, 2011 und 2012). Überdies können Spezialrezepturen zur Krebsbehandlung in begründeten Ausnahmefällen abgerechnet werden (§ 5 Abs. 1 Satz 1 AMPV 2005, 2011, 2012 in Verbindung mit der Anlage 1). Die Vergütung richtet sich nach den Regelungen zur Preisberechnung.
bb) Die AMPV 2011 und 2012 enthalten – anders als die AMPV 2005 – zur Überzeugung der Kammer bereits keine qualifizierte Regelungslücke, da sich eine Verpflichtung zur Rückerstattung der Umsatzsteuer wie oben unter II. 1a) ausgeführt bereits aus der ausdrücklichen vertraglichen Regelung ergibt. Versteht man die Bestimmung dahingehend, dass mit Entfall der Umsatzsteuerpflicht im Sinne des § 5 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit AMPV 2011 und 2012 nur solche für die Zukunft erfasst sein solle, besteht eine qualifizierte Regelungslücke hinsichtlich der Arzneimittelzubereitungen betreffenden USt. Im Hinblick auf die streitgegenständlichen Rezepturen gingen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die Krankenkassen den auf den Umsatz der Krankenhäuser entfallenden Umsatzsteueranteil tragen und damit in wirtschaftlicher Hinsicht die entsprechende Steuerlast der Krankenhäuser übernehmen.
Die Vertragsparteien der AMPV hätten indes nicht bedacht, was gelten soll, wenn die Steuerverwaltung bei den betroffenen Arzneimittelzubereitungen die USt-Pflicht abgerechneter und bezahlter Leistungen nach der USt-Anmeldung im weiteren zeitlichen Verlauf anders als zuvor beurteilt. Wenn man diesen Fall nicht wie von der Überzeugung der Kammer getragen von § 5 Absatz 1 Satz 1 Anlage 1 AMPV erfasst, fehlt es an einer Regelung für den nachträglichen Entfall der Umsatzsteuer. Nach der bei Abgabe der USt-Anmeldung geltenden Erlasslage war von USt-Pflicht der patientenindividuellen Zubereitungen auszugehen. Dazu führt das Bundessozialgericht seinem Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr 2, Rn. 22 – 23 wie folgt aus:
"§ 4 Nr. 14 Buchst b UStG (idF durch Art 7 Nr 4 Buchst b Jahressteuergesetz 2009 (JStG 2009) vom 19.12.2008, BGBl I 2794, mWv 1.1.2009) regelt: ‚Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei: ( ) 14. ( ) b) Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen ( ) sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von aa) zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ( ) erbracht werden; ( )‘. Hierzu gab das BMF durch Abschnitt 100 Abs 3 Nr 4 Umsatzsteuerrichtlinie (UStR) 2008 der Steuerverwaltung vor: ‚Nicht zu den eng verbundenen Umsätzen gehören insbesondere ( ) 4. die Abgabe von Medikamenten zur unmittelbaren Anwendung durch ermächtigte Krankenhausambulanzen an Patienten während der ambulanten Behandlung sowie die Abgabe von Medikamenten durch Krankenhausapotheken an Patienten im Rahmen der ambulanten Behandlung im Krankenhaus; ( )‘ (s ferner Abschnitt 4.14.6 Abs 3 Nr 4 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE), vom 1.10.2010, BStBl 2010 I 846).
Jedenfalls mit dem 20.10.2016 änderte sich die Erlasslage. Der BFH entschied - von den Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (2004) nicht vorhergesehen - mit Urteil vom 24.9.2014 (V R 19/11 - BFHE 247, 369 = BStBl II 2016, 781) für die Streitjahre 2005 und 2006 zu § 4 Nr 16 Buchst b UStG - soweit hier von Belang ohne inhaltliche Änderung zu § 4 Nr 14 Buchst b UStG idF des JStG 2009 -, dass die Verabreichung von Zytostatika im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlung, die dort individuell für den einzelnen Patienten in einer Apotheke dieses Krankenhauses hergestellt werden, als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz - abweichend von Abschn 100 Abs 3 Nr 4 UStR 2005 und Abschn 4.14.6 Abs 3 Nr 4 UStAE - steuerfrei ist. Ebenfalls von den Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (2004) nicht vorhergesehen änderte das BMF-Schreiben vom 28.9.2016 den Abschn 4.14.6 UStAE (BStBl I 2016, Nr 18 vom 20.10.2016, S 1043) und fügte in den dortigen Abs 2 eine neue Nr 3 ein: (2) ( ) können zu den eng verbundenen Umsätzen gehören: ( ) ‚3. die Abgabe von individuell für den einzelnen Patienten in einer Apotheke des Krankenhauses hergestellten Arzneimitteln, wenn diese im Rahmen einer ambulant in den Räumen dieses Krankenhauses durchgeführten Heilbehandlung verwendet werden; auf die sozialrechtliche Ermächtigungsform für die ambulante Heilbehandlung kommt es nicht an ( )‘. Für Umsätze, die vor dem 1.4.2017 ausgeführt worden sind, sieht das BMF-Schreiben vor, dass der Unternehmer seine Leistungen abweichend von Abschn 4.14.6 Abs 2 Nr 3 UStAE dem allgemeinen Steuersatz unterwerfen und insoweit aus den damit zusammenhängenden Eingangsleistungen unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG den Vorsteuerabzug geltend machen kann, wenn die Fälle noch ‚offen‘ sind."
Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an.
cc) Im Fall, dass man die abweichende Auffassung der Beklagten einer fehlenden ausdrücklichen Regelung zu Grunde legt, würde sich Regelungslücke nicht durch dispositives oder sonstiges Gesetzesrecht, insbesondere Steuerrecht schließen lassen (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr 2, Rn. 24 mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 20.02.2019 – VIII ZR 7/18 –, juris, Rn. 47 m. w. N.; BGHZ 170, 311, Rn. 29, dort zum Gesamtschuldverhältnis von Steuer- und Haftungsschuldner).
So trifft das nach § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V ergänzend zu den AMPVs anzuwendende dispositive Recht des Werklieferungsvertrags (§ 650 BGB) keine spezifische Regelung. Ein einseitiges Preisbestimmungsrecht der Beklagten nach § 316 BGB scheidet wegen der Regelungen in §§ 5 der AMPVs von vornherein aus (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr. 2, Rn. 24 zur baden-württembergischen Regelung in § 6 AMPV). Weder die Krankenkasse noch die Krankenhausapotheke hat ein berechtigtes Interesse an einem, über das Angemessene (einschließlich einer üblichen Gewinnspanne) hinausgehenden allein nach billigem Ermessen festzusetzendem Preis (BGH, Urt. v. 10.06.2020 – VIII ZR 360/18 –, juris, Rn. 25). Die Regelung über die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB ist gegenüber der ergänzenden Vertragsauslegung nachrangig (BGH, Urt. v. 10.06.2020 – VIII ZR 360/18 –, juris, Rn. 35 mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 20.02.2019 – VIII ZR 7/18 –, juris, Rn. 45 m. w. N.). Die Möglichkeit einer auch im öffentlich-rechtlichen Vertragsrecht anwendbaren Schadensersatzhaftung (vgl. § 280 BGB iVm. § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V) macht eine ergänzende Vertragsauslegung nicht entbehrlich (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr 2, Rn. 24). Auch aus dem UStG und der Abgabenordnung (AO) lassen sich keine Regelungen entnehmen, die unmittelbar die Aufteilung des Risikos einer fehlerhaften Bewertung der USt-Pflicht im Verhältnis zwischen dem die Lieferung erbringenden Unternehmer und dem Abnehmer seiner Lieferung regeln (vgl. §§ 2, 3 UStG). Schließlich enthalten auch das BMF-Schreiben vom 28.09.2016 – ungeachtet der fehlenden außenwirksamen Normqualität norminterpretierender Verwaltungsvorschriften (vgl. BFH, Urteil vom 16.09.2015 – XI R 27/13 –, juris Rn. 30 m. w. N) – keine Regelung über die endgültige sozialrechtliche Zuweisung des Risikos fehlerhafter Bewertung der USt-Pflicht und deren Rechtsfolgen (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr. 2, Rn. 24).
dd) Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet überdies nicht deswegen aus, weil zur Ausfüllung der Regelung theoretisch mehrere Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Hierzu hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 10.06.2020 – VIII ZR 360/18 –, juris. Rn. 25 überzeugend ausgeführt:
"Anders als die Revisionserwiderung - eine erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Flensburg (Urteil vom 4. Oktober 2019 - 3 O 167/18, juris Rn. 30 ff.) aufgreifend - meint, scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung auch nicht deswegen aus, weil zur Ausfüllung der Regelungslücke theoretisch verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht kommen. Die Revisionserwiderung und das Landgericht Flensburg verkennen die von ihnen zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung. Der Umstand, dass die Vertragsparteien, wenn sie die Umsatzsteuerproblematik bedacht hätten, zwischen mehreren Gestaltungsmöglichkeiten hätten wählen können, schließt eine ergänzende Vertragsauslegung nicht aus.
Denn das Instrument der ergänzenden Vertragsauslegung zielt nicht darauf ab, die Regelung nachzuzeichnen, die die Parteien bei Berücksichtigung des nicht bedachten Falls tatsächlich getroffen hätten, sondern ist auf einen beiderseitigen Interessenausgleich gerichtet, der aus einer objektivgeneralisierenden Sicht dem hypothetischen Parteiwillen beider Parteien Rechnung trägt (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2019 - I ZR 34/18, GRUR 2020, 57 Rn. 26 mwN). Maßgebend ist damit bei einer Bandbreite möglicher Alternativen diejenige Gestaltungsmöglichkeit, die die Vertragsparteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise ausgewählt hätten (vgl. etwa Senatsurteile vom 20. Februar 2019 - VIII ZR 7/18, aaO Rn. 61; vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 70; jeweils mwN). Dementsprechend ist eine ergänzende Vertragsauslegung im Falle des Bestehens mehrerer Auslegungsmöglichkeiten nur dann ausgeschlossen, wenn sich anhand der getroffenen Regelungen und Wertungen sowie aufgrund des Sinns und Zwecks des Vertrags keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen - an den beschriebenen Maßstäben ausgerichteten - hypothetischen Parteiwillen ergeben (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 397/03, NJW-RR 2005, 1619 unter II 3 b; vom 12. Oktober 2007 - V ZR 283/06, NJW- RR 2008, 251 Rn. 21; vom 6. Juli 2016 - IV ZR 44/15, NJW 2017, 388 Rn. 48; jeweils mwN). Dies verkennt das Landgericht Flensburg (aaO Rn. 33), wenn es eine ergänzende Vertragsauslegung mit der - die hier nicht in Rede stehende Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 305c Abs. 2 BGB) betreffenden - Erwägung verneinen will, eine solche scheide aus, weil mehrere Gestaltungsmöglichkeiten bestünden und keine von ihnen "fernliegend" sei.
Redliche, auf eine Ausgewogenheit der Vertragsbeziehungen und nicht einseitig auf die eigenen Interessen bedachte Vertragsparteien hätten allein die vom Senat in den Urteilen vom 20. Februar 2019 (VIII ZR 7/18, aaO Rn. 60 ff.; VIII ZR 66/18, aaO Rn. 61 ff.; VIII ZR 115/18, aaO Rn. 57 ff., und VIII ZR 189/18, aaO Rn. 57 ff.) beschriebene Regelung getroffen. Denn die weiteren vom Landgericht Flensburg (aaO Rn. 31 ff.) angeführten Gestaltungsmöglichkeiten nehmen nicht - wie erforderlich - die Interessen beider Seiten hinreichend in den Blick."
Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an.
ee) Nach der gebotenen ergänzenden Vertragsauslegung hat die Klägerin einen vertraglichen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung zu Unrecht gezahlter USt und zwar im Umfang von 19 % ohne Berücksichtigung etwaiger Steuerminderungseffekte infolge des Verlusts der Möglichkeit zum Vorsteuerabzug.
Grundlage für die Ergänzung des Vertragsinhalts ist der hypothetische Wille der Vertragsparteien. Dieser ist unter angemessener Abwägung der Interessen der Beteiligten nach Treu und Glauben zu bestimmen und zu ermitteln, was diese redlicherweise im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbart hätten, wenn sie den nach Auffassung der Beklagten nicht geregelten Fall bedacht hätten. Zur Überzeugung der Kammer entspricht es dem Willen der Vertragsparteien zu einer insgesamt vertraglichen Bewältigung der Regelungslücke zu gelangen (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr 2, Rn. 26).
Abgesehen davon, dass der Vertragsgeber zur Überzeugung der Kammer bereits eine ausdrückliche Regelung dahingehend traf, dass die Umsatzsteuer in vollem Umfang zurückzuerstatten ist, dürfte diese Regelung auch der Interessenlage der Beteiligten entsprechen.
Denn abweichend zur Rechtsansicht des SG Speyer in seinem Urteil vom 05.12.2019 – S 17 KR 689/16 –, Rn. 137 dürfte es gerade keinen allgemeinen Regelungsplan in der hier zur Auslegung stehenden AMPVs dahingehend geben, dass Aufwendungen der Krankenhausapotheke für die Herstellung der betroffenen Arzneimittelzubereitungen in voller Höhe durch die Krankenkasse zu tragen sind. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Anlage 1 der AMPVs ausführliche Regelungen enthält, welche Aufwendungen von der Krankenkasse erstattungsfähig sind. So bestimmt etwa Anlage 1 (6) AMPV 2005, dass bei der Herstellung von Rezepturen benötigte Arzneimittel, Trägerlösungen und Hilfsmittel grundsätzlich wirtschaftlichen Packungsgrößen zu entnehmen und anteilig zu berechnen sind. Der pauschale Arbeitspreis enthält gemäß Anlage 1 (7) AMPV 2005 nur die Sachkosten für Verbrauchsmaterial wie Spritzen, Desinfektionsmittel und Handschuhe, die Dokumentation und Entsorgung. Vor dem Hintergrund der detaillierten Regelungen über erstattungsfähige Aufwendungen bei der Herstellung patientenindividueller Zubereitungen kann keinesfalls ein allgemeiner Grundsatz angenommen werden, dass die Krankenkasse alle in diesem Zusammenhang anfallenden Aufwendungen des Krankenhauses erstattet; denn dann bedürfte es der getroffenen detaillierten Bestimmungen nicht. Insbesondere bedürfte es besonders begründungsbedürftig sein, warum die Klägerin im Rahmen des Vorsteuerabzugs auch anteilig für Gemeinkosten wie Gas, Strom, Wasser und Investitionskosten etwa für die Herrichtung eines Reinraums aufkommen soll.
Soweit der Bundesgerichtshof u. a in seinem Urteil vom 10.06.2020 – VIII ZR 360/18 –, juris, Rn. 66 davon ausgeht, dass redliche Vertragspartner hypothetisch den Kaufpreis in der Weise bestimmt hätten, dass ein Betrag in Höhe des angesetzten Umsatzsteueranteils von dem tatsächlich vereinbarten Kaufpreis abgezogen, dafür jedoch anteilig auf den jeweiligen Vertrag entfallende, von dem Krankenhaus gemäß § 15 UStG in Bezug auf die vertraglich geschuldete Leistung bei seinem Finanzamt angemeldete Vorsteuer addiert wird, dürfte es zur Überzeugung der Kammer keinen allgemeinen Grundsatz geben, dass der Verlust der Vorsteuerabzugsmöglichkeit bei der Bestimmung des hypothetischen Preises zu berücksichtigen ist. Denn dem beklagten Krankenhaus steht in wirtschaftlicher Hinsicht ebenso die Möglichkeit offen, den Verlust des Vorsteuerabzugs gegenüber seinen Lieferanten zu adressieren und in diesen Vertragsbeziehungen seinem wirtschaftlichen Schaden Rechnung zu tragen. Jedenfalls bedürfte es für eine hypothetische Preisermittlung durch das Gericht einer Offenlegung der umsatzsteuerrechtlichen (Korrektur-)Bescheide einschließlich derer Berechnungsgrundlagen sowie der Kalkulationsgrundlagen insbesondere im Hinblick auf die Sach-, Gemein- und Investitionskosten betreffende Vorsteuer, die die Beklagte trotz Anforderung unter Setzung einer Ausschlussfrist nicht vorlegte und die die Kammer auch nicht durch Amtsermittlung etwa durch Einholung einer Auskunft des zuständigen Finanzamtes kompensieren kann, da die Umsatzsteueranmeldungen, Bescheide und Korrekturbescheide nur die aggregierten Daten ohne Berechnungsgrundlagen enthalten. Ohne diese Offenlegung kann die vom BGH geforderte, anteilig auf den jeweiligen Vertrag entfallende Berücksichtigung der Vorsteuer nicht zu Grunde gelegt werden. Soweit der Beklagtenvertreter die Niederschrift über die Besprechung des Finanzamtes mit der Beklagten vorgelegt hat, enthält diese nur die Daten der angemeldeten und erstatteten Umsatzsteuer insgesamt, ohne auch nur annährend einen Rückschluss auf mögliche Erstattungen für die streitgegenständlichen Forderungen zu erlauben.
Zur Überzeugung der Kammer stellt eine Berechnung die Beklagte auch nicht vor kaum zu bewältigende administrative Probleme. Das BSG hat überzeugend ausgeführt, dass mit der Rückabwicklung verbundene Belastungen den Rückzahlungsanspruch der Klägerin nicht ausschließen (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr. 2, Rn. 27).
2. Soweit sich ein Differenzbetrag zwischen von der Beklagten abgeführten und von der Klägerin bezahlten Umsatzsteuer ergeben sollte, kann die Klägerin diesen aus öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch verlangen, da die Beklagte insoweit eine Vermögensmehrung erlangt hat, für die mangels Abführung der entsprechenden Umsatzsteuer an das Finanzamt keine Entreicherung eingetreten ist (vgl. LSG Baden-Württemberg Urt. v. 16.01.2018 – L 11 KR 1723/17 –, BeckRS 2018, 966 Rn. 32, beck-online). Soweit die Beklagte eine Steuererstattung nicht im vollem Umfang gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht haben sollte, besteht ein Schadensersatzanspruch nach § 69 Absatz 1 Satz 3 SGB V i. V. m. § 280 Absatz 1 BGB im Umfang des vertraglichen Rückzahlungsanspruches, da die Beklagte es zu vertreten hätte, dass die Umsatzsteuer-Verwaltungsakte und –Anmeldungen pflichtwidrig schon vor dem 20.10.2016 bestandskräftig wurden (BSG, Urt. v. 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, Rn. 30 ff.).
3. Die Klägerin hat Anspruch auf Prozesszinsen ab dem 09.11.2018. Für die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Krankenhäusern gelten die Zinsvorschriften des BGB entsprechend, soweit nicht in Verträgen etwas anderes geregelt ist (stRspr.; vgl. z. B. BSG, SozR 4-2500 § 69 Nr. 7 Rn. 14 m. w. N; BSG SozR 4-7610 § 204 Nr. 2 Rn. 24). Die AMPV 2005, 2011 und sehen keine eigene Regelung zur Verzinsung von Ansprüchen vor. Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen (§ 291 S. 1 BGB). Der Zinsanspruch beträgt fünf Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz (§ 291 iVm. § 288 Abs. 1 BGB).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 Teils 3 SGG iVm. § 155 Abs. 1 S. 1 und S. 3 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG iVm. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 3 sowie § 47 Abs. 1 GKG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rückerstattung der von der Klägerin für individuell hergestellte Arzneimittel in den Jahren 2009 bis 2017 gezahlten Umsatzsteuer (USt).
Die Klägerin ist eine gesetzliche Krankenkasse. Die Beklagte betreibt in der Rechtsform einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts ein Universitätsklinikum, das ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenes Krankenhaus ist mit angeschlossener Krankenhausapotheke. Die klinikumseigene Apotheke (im Folgenden: Krankenhausapotheke) der Beklagten stellte individuell für Versicherte der klagenden Krankenkasse (KK) Arzneimittelzubereitungen her und gab sie an diese zur ambulanten Behandlung im Krankenhaus der Beklagten durch deren Krankenhausärzte ab.
Die Abgabe dieser Arzneimittel an die Versicherten der Klägerin erfolgte auf der Grundlage von Vereinbarungen gemäß § 129a SGB V.
Die "Vereinbarung für die Krankenhausapotheke gemäß § 129" vom 30.12.2004 zwischen dem Krankenhausträger und der AOK Rheinland, dem BKK Landesverband Nordhein-Westfalen, der IKK Nordrhein, der Landwirtschaftlichen Krankenkasse Nordrhein-Westfalen, der Bundesknappschaft Bochum, dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V., dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V. (Arzneimittelpreisvereinbarung, im Folgenden: AMPV 2005) normiert in ihrem § 5 Absatz 1 Satz 1 "Preisberechnung", dass sich die Regelungen der Preisberechnung aus der Anlage 1 ergeben, die Bestandteil der Vereinbarung sei. Die Anlage 1 bestimmt in Absatz 6 und Absatz 7 und 9 für Rezepturen:
"Die bei der Herstellung von Rezepturen benötigten Arzneimittel, Trägerlösungen, Hilfsmittel, etc. sind grundsätzlich aus wirtschaftlichen Packungsgrößen (z. B. Klinikverpackungen) zu entnehmen und anteilig zu berechnen. Abweichungen von dieser Vorgehensweise müssen im Einzelfall begründet sein."
"Der pauschale Arbeitspreis für Rezepturen enthält die entsprechenden Sachkosten wie Spritzen, Desinfektionsmittel, Handschuhe, die Dokumentation und Kosten der Entsorgung." "Die Preisberechnung der Rezepturen ist auf der Vorderseite des Verordnungsblattes auszuweisen."
Die im Wesentlichen gleichen Vertragsparteien haben ab 2011 eine weitere Vereinbarung für Krankenhausapotheken geschlossen (im Folgenden AMPV 2011).
§ 5, der mit "Preisberechnung" überschrieben ist, verweist in seinem Absatz 1 Satz 1 erneut auf die Anlagen 1 und 2. Nr. 5 und 6 regeln die Preisbildung von Zubereitungen bzw. zytostatikahaltigen parenteralen Lösungen. Für die Umsatzsteuer bestimmt Nr. 13:
"Den nach den Nummer 1 bis 11 ermittelten Abrechnungspreisen der Anlage 1 ist die Umsatzsteuer hinzuzufügen. Der Herstellerrabatt nach § 130a SGB V (ohne Rabatt nach Absatz 8) wird nach Ermittlung des Abrechnungspreises mit Umsatzsteuer abgezogen. Die Umsatzsteuer ist in der Abrechnung auszuweisen. Der Ansatz der Umsatzsteuer entfällt, soweit Umsatzsteuerpflicht nicht besteht."
Die ab 01.01.2012 gültige, zwischen den im Wesentlichen gleichen Vertragsparteien geschlossene AMPV 2012 ist in den genannten Bestimmungen wortgleich zur AMPV 2011 (mit Ausnahme einer zusätzlichen Nummer 12 bei den Abrechnungspositionen).
Die Beklagte rechnete ab 2009 gegenüber der Klägerin Rezepturen, insbesondere Zytostatikazubereitungen und parenterale Lösungsfolinate, die Versicherten der Klägerin ambulant im Krankenhaus der Beklagten verabreicht wurden, nach Maßgabe der vorgenannten Berechnungsgrundlage ab. Zu dieser Preisgestaltung wurde eine Umsatzsteuer in Höhe von 19 % hinzugefügt. In den den Forderungen der Klägerin zu Grunde liegenden Rechnungen ist die Umsatzsteuer nicht nach § 14c Absatz 1 Satz 1 Umsatzusteuergesetz (UStG) ausgewiesen.
Im Einzelnen ergeben sich für die Jahre 2009 bis 2017 folgende Forderungen der Beklagten aus abgerechneten Arzneimittelzubereitungen gegen die Klägerin: Jahr Bruttobetrag Umsatzsteuer 2009 203.352,87 EUR 32.468,11 EUR 2010 395.407,15 EUR 63.132,23 EUR 2011 366.395,98 EUR 58.500,20 EUR 2012 417.156,42 EUR 66.604,81 EUR 2013 540.420,52 EUR 86.285,63 EUR 2014 479.175,35 EUR 76.506,99 EUR 2015 826.578,90 EUR 131.974,78 EUR 2016 557.094,17 EUR 88.947,81 EUR 2017 61.942,94 EUR 9.890,05 EUR Insgesamt 614.310,60 EUR
Die Klägerin beglich diese Rechnungen einschließlich der Umsatzsteuer. Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welchem Umfang die Beklagte die von der Klägerin gezahlte USt an das Finanzamt (FA) abführte und im welchem Umfang das FA den für die streitgegenständlichen Jahre 2009 bis 2017 abgegebenen USt-Anmeldungen zustimmte.
Der BFH entschied mit Urteil vom 24.09.2014 – V R 19/11 –, dass die Abgabe von Zytostatika durch die Krankenhausapotheke bei Abgabe zur ambulanten Behandlung der Patienten im Krankenhaus steuerfrei ist, da es sich insoweit um einen mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundenen Umsatz gemäß § 4 Nr. 16 Buchstabe b a. F. Umsatzsteuergesetz (UStG) (nunmehr § 14 Nr. 14 Buchstabe b UStG) handelt. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) folgte dem für Arzneimittelzubereitungen auch für die Vergangenheit (Schreiben vom 28.09.2016, III C 3 - S 7170/11/10004). Der BMF-Anwendungserlass wurde am 20.10.2016 veröffentlicht.
In der Folge beantragte die Beklagte die Abänderung der Umsatzsteuerbescheide, woraufhin die Finanzverwaltung die Umsatzsteuerbescheide abänderte und der Beklagten insgesamt 10.376.862,38 EUR Umsatzsteuer erstattete, wobei es sich hierbei um die Differenz zwischen Umsatzsteuer in Höhe von 34.642.218,19 EUR und Vorsteuer in Höhe von 24.265.355,81 EUR handelt (Vermerk über Schlussbesprechung vom 05.02.2019 zwischen Beklagter und dem zuständigen Finanzamt, Bl. 77/78 der Gerichtsakte). In welchem Umfang die Finanzverwaltung Umsatzsteuer an die Beklagte gerade für die streitgegenständlichen Forderungen erstattete, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Mit ihrer am 09.11.2018 erhobenen Klage hat die Klägerin die Rückzahlung der von 2009 bis 2017 für Zubereitungen abgerechneten USt in Höhe von 614.310,60 EUR nebst Zinsen begehrt. Zur Begründung trägt sie vor, dass die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) – B 1 KR 5/19 R – ihr Klagebegehren rechtfertige. In der vorliegend anwendbaren, ab dem 01.11.2011 maßgeblichen AMPV haben die Vertragsparteien ausdrücklich vereinbart, dass die Umsatzsteuer nicht beim liefernden Krankenhaus verbleiben solle, sondern als Vergütungsbestandteil entfalle, mit der Folge einer Rückzahlungsvereinbarung bei im Nachhinein zu Unrecht berechneter Umsatzsteuer. Nach dem BSG könne die Krankenkasse vertraglich von dem Krankenhaus die Rückzahlung überzahlter Umsatzsteuer verlangen, wenn die Steuerverwaltung die Umsatzsteuer-Pflicht für die Vergangenheit klar verneint habe und das Krankenhaus seinen Erstattungsanspruch nach § 37 Absatz 2 Abgabenordnung (AO) einfach und risikolos durchsetzen könne, was dem Krankenhaus auch zumutbar sei. Belastungen, die dem Krankenhaus im Verhältnis zum Finanzamt im Zuge der Rückabwicklung entstehen, würden Rückzahlungsanspruche nicht ausschließen. Im Fall, dass die Umsatzsteuer-Bescheide und Anmeldungen bestandskräftig und nicht mehr abänderbar seien, bestehe ein Schadensersatzanspruch nach § 69 SGB V i. V. m. § 280 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Denn das Krankenhaus habe zu vertreten, dass die Umsatzsteuerbescheide und -Anmeldungen pflichtwidrig schon vor dem 20.10.2016 bestandskräftig wurden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 614.310,60 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 09.11.2018 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte habe bis 31.03.2017 die Umsätze aus der Abgabe von Zytostatika als umsatzsteuerpflichtig behandelt und für die entsprechenden Eingangsumsätze den Vorsteuerabzug geltend gemacht. Die im Rahmen der Betriebsprüfung durch das Finanzamt an die Beklagte zugebilligte Erstattung entspräche in etwa 4,78 % des Bruttoumsatzes mit Zytostatika. Die Rechtsprechung des BGH und BSG sei nicht so zu verstehen, dass die Krankenkassen und Versicherungen mehr erhalten dürften, als dasjenige, was sie bei der Rückabwicklung selbst erhalten haben. Dies wäre auch vor dem Hintergrund der erforderlichen weiteren partnerschaftlichen Zusammenarbeit der jeweiligen Parteien wenig hilfreich. Schon allein bei der Weiterleitung des reinen Erstattungsbetrages an die Klägerin verbleibe der nicht unerheblicher Aufwand zur Erlangung der Erstattung – insbesondere die Steuerberaterkosten – für die Beklagte allein bei der Beklagten. Bei dem Krankenhaus stelle sich die Frage, ob es sich – anstatt die Rückerstattung gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen – nicht besser auf Schadensersatz in Anspruch nehmen lasse und zwar in Höhe der Quote aus der Betriebsprüfung ohne Steuerberaterkosten.
Mit Schriftsätzen vom 12.02.2019 und 26.02.2019 haben die Beteiligten im Hinblick auf die beim BSG anhängige Revision in der Rechtssache – B 1 KR 5/19 R – das Ruhen des Verfahrens beantragt. Die Kammer hat mit Beschluss vom 27.02.2019 das Ruhen angeordnet. Mit Schriftsatz vom 29.10.2019 hat die Klägerin das Verfahrens wiederaufgenommen.
Die Vorsitzende hat den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten am 21.02.2020 erörtert. Die Beteiligten haben einen widerruflichen Vergleich in Höhe von 60% der Klagforderung geschlossen (Niederschrift, Bl. 82/85 der Gerichtsakte), der in der Folge von den Beklagtenvertretern mit Schriftsatz vom 02.04.2020 widerrufen wurde.
Mit Verfügung vom 03.04.2020 hat die Vorsitzende erneut eine vergleichsweise Einigung in Annährung an die Erstattungsquote aus der Betriebsprüfung angeregt. Daraufhin hat die Klägerin im Hinblick auf den mit dem immensen, mit der Unterlagenvorlage verbundenen Aufwand mit Schriftsatz vom 29.04.2020 (Bl. 99/100 der Gerichtsakte) einen Vergleich auf der Grundlage einer 50%-Quote vorgeschlagen. Trotz Erinnerung am 16.06.2020, 16.07.2020, 20.08.2020 und 17.09.2020 haben sich die Beklagtenvertreter nicht zu diesem Vergleichsvorschlag geäußert.
Mit Verfügung vom 09.10.2020, zugestellt den Bevollmächtigten der Beklagten am 19.10.2020 (Bl. 109 der Gerichtsakte), hat die Vorsitzende unter Setzung einer Ausschlussfrist nach § 106a Absatz 2 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von der Beklagten u. a. die Umsatzsteueranmeldungen und –erklärungen der Beklagten einschließlich Änderungsanträgen, -bescheiden, Sonderprüfungsberichten und Umsatzsteueraußenprüfungsberichten angefordert sowie wie der Beklagten nach § 106a Absatz 2 Nr. 1 SGG aufgegeben, dem Gericht für jede einzelne der in der Aufstellung der Klägerin enthaltene Rezeptur/Zubereitung zu substantiieren, welcher wirtschaftliche Schaden der Beklagten durch den Verlust des Vorsteuerabzugs entstanden ist und diesen insgesamt zu beziffern und die zu Grunde liegenden Berechnungsgrundlagen (Einkaufspreise der Rohstoffe, übrige Sach- und Gemein- und Investitionskosten, Verwaltungs- und Nebenkosten etc.) aufzuschlüsseln. Die Kammer hat der Klägerin nach § 106a Absatz 2 Nr. 2 SGG aufgegeben, die einzelnen Rechnungen für jede in der Klageschrift enthaltene Zubereitung sowie die § 301-SGB V-Daten der zu Grunde liegenden Behandlungsfälle, bei denen das Arzneimittel Versicherten der Klägerin in dem Krankenhaus der Beklagten verabreicht wurde, zu übersenden. Mit Schriftsatz vom 23.11.2020 (Bl. 112 der Gerichtsakte) hat die Klägerin die zu Grunde liegenden Rezepte, Behandlungsdaten und Rechnungen vorgelegt und angegeben, dass bisherige Vergleichsangebot nicht mehr aufrechterhalten. Seitens der Beklagten sind keinerlei Unterlagen übersandt worden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von 614.310,60 EUR nebst Zinsen. Der Zahlungsanspruch beruht auf einer vertraglichen Rückzahlungspflicht gemäß § 5 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 13 AMPV 2011 bzw. 2012 für die Jahre 2011 bis 2017, jedenfalls und für die Jahre 2009 und 2010 aus ergänzender Vertragsauslegung, ohne dass die Einreden der Beklagten durchgreifen.
I. Die Klägerin kann ihr Begehren mit der von ihr erhobenen (echten) Leistungsklage im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässigerweise geltend machen (st. Rspr.; vgl. z. B. BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 13, Rn. 9 mwN.; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 17, Rn. 12). Die Klage ist auch im Übrigen zulässig.
II. 1. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Klägerin an die Beklagte im Jahr 2009 32.468,11 EUR, 2010 63.132,23 EUR, 2011 58.500,20 EUR, 2012 66.604,81 EUR, 2013 86.285,63 EUR, 2014 76.506,99 EUR, 2015 131.974,78 EUR, 2016 88.974,81 EUR und 2017 9.890,05 EUR Umsatzsteuer auf ihr von der Beklagten in Rechnung gestellte patientenindividuell hergestellte Zubereitungen zahlte. Weiter ist zwischen den Beteiligten nach Vorlage des Protokolls über die Schlussbesprechung vom 05.02.2019 zwischen der Beklagten und dem Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung nicht mehr streitig, dass die Beklagte grundsätzlich die maßgeblichen USt-Verwaltungsakte (USt-VAe) und USt-Anmeldungen am 20.10.2016 im Umfang der von ihr insgesamt abgeführten Umsatzsteuer nicht hat bestandskräftig werden lassen, sondern das zuständige Finanzamt diese durch Korrekturbescheide abänderte und der Beklagten eine Erstattung auskehrte. Streitig ist indes zwischen den Beteiligten, in welchem Umfang die Beklagte die von der Klägerin gezahlte Umsatzsteuer beim zuständigen Finanzamt anmeldete, die streitgegenständlichen Forderungen zur Erstattung anmeldete und ob und in welchem Umfang Umsatzsteuer für die streitgegenständlichen Forderungen erstattet wurde.
Zur Überzeugung der Kammer ist die Beklagte für die Jahre 2011 bis 2017 unmittelbar aus § 5 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 13 AMPV 2011 bzw. 2012 (a), jedenfalls und für die Jahre 2009 und 2010 aus ergänzender Vertragsauslegung zur Rückerstattung der von der Klägerin unstreitig bezahlten Umsatzsteuer verpflichtet (b).
a) § 5 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 13 AMPV 2011 bzw. 2012 bestimmt, dass den nach der Anlage 1 ermittelten Abrechnungspreisen die Umsatzsteuer hinzuzufügen ist. Ausdrücklich wird geregelt, dass der Ansatz der Umsatzsteuer entfällt, soweit Umsatzsteuerpflicht nicht besteht. Jedenfalls nach der von der Beklagten gegenüber der Finanzverwaltung erwirkten Korrektur der Umsatzsteuer ist die Pflicht der Beklagten zum Ansatz der Umsatzsteuer entfallen, sodass die Klägerin die Umsatzsteuer ohne Rechtsgrund an die Beklagte leistete.
Zwar ließe der Wortlaut "hinzufügen" eine Auslegung dahingehend zu, dass die Regelung durch die zuständige Finanzverwaltung bereits bei Rechnungsstellung bestehen müsse, da andernfalls zu den konkreten Preisen und Entgelten nichts mehr hinzuzufügen wäre. Zur Überzeugung der Kammer stellt der letzte Satz der Nummer 13 der Anlage 1 AMPV 2011 bzw. 2012 indes klar, dass gerade der vorliegende Fall einer nachträglichen Korrektur der Umsatzsteuerpflicht für in der Vergangenheit liegende Veranlagungszeiträume geregelt werden sollte. Denn die ursprünglich angesetzte Umsatzsteuer entfällt gerade, soweit die Umsatzsteuerpflicht nicht besteht. Vor dem Hintergrund, dass die Vertragsparteien die bei Arzneimitteln wohl häufiger auftretende Situation eines nachträglichen Entfalls der Umsatzsteuer einer Regelung zuführen wollten, liegt es auf der Hand, dass gerade der Interessenlage der Beteiligten bei einer nachträglichen Korrektur der Umsatzsteuer Rechnung getragen werden sollte. Anders als z. B. die AMPV 2004 für Baden-Württemberg, die der BSG-Entscheidung vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R – zu Grunde lag, haben die Vertragsparteien der streitgegenständlichen AMPV 2011 und 2012 indes gerade keinen fiktiven Umsatzsteueraufschlag vereinbart, etwa um die fehlende Möglichkeit des Vorsteuerabzugs zu berücksichtigen. Vielmehr führt die abweichenden Regelung der Umsatzsteuerpflicht durch die Finanzverwaltung dazu, dass die Umsatzsteuerkomponente des Preises (nachträglich) entfällt und die Umsatzsteuer damit – worauf die Klägerin zutreffend hinweist – nicht beim beliefernden Krankenhaus verbleiben soll und vom Krankenhaus in vollem Umfang, das heißt ohne Minderung durch einen etwaigen Vorsteuerabzug, zurückzuzahlen ist.
Dem steht auch nicht entgegen, dass der BMF-Anwendungserlass vom 28.09.2016, III C 3 S 7170/11/1004 dem Krankenhaus ein Wahlrecht einräume. Im Anwendungserlass heißt es:
"Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Umsätze, die vor dem 01.04.2017 ausgeführt werden, wird es für das Besteuerungsverfahren nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Leistungen abweichend von Abschnitt 4.14.6 Absatz 2 Nr. 3 UAStAE dem allgemeinen Umsatzsteuersatz unterwirft und insoweit den damit zusammenhängenden Eingangsleistungen unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG den Vorsteuerabzug geltend macht."
Denn in dem Zeitpunkt, in dem die Beklagte der Finanzverwaltung mit einem Antrag auf Änderung der Umsatzsteuer entgegen tritt und die Umsatzsteuerpflicht infolgedessen durch die Finanzverwaltung aufgehoben wurde, hat die Beklagte ihr Wahlrecht im Sinne einer Rückerstattung ausgeübt und kann sich nicht mehr ihr zuvor bestandenes Wahlrecht berufen.
Zur Überzeugung der Kammer besteht der Rückzahlungsanspruch auch nicht nur in Höhe der vom Finanzamt ausgezahlten Steuererstattung unter Abzug der Vorsteuer. Denn indem in der AMPV 2011 und 2012 auf die angesetzte Umsatzsteuer Bezug genommen wird, wird verdeutlicht, dass gerade die im Verhältnis Krankenkasse und Krankenhaus berechnete Umsatzsteuer gemeint ist. Diese Umsatzsteuerpflicht ist in vollem Umfang, d. h. in Höhe von 19% entfallen. In diesem Umfang besteht die "Umsatzsteuerpflicht" nicht mehr. Es wird entsprechend auf die rechtliche Pflicht zur Leistung der Umsatzsteuer angeknüpft, die nunmal in Höhe von 19% besteht und gerade nicht an einen tatsächlichen Vorgang der vom Finanzamtes ausgezahlten, möglicherweise um Vorsteuer geminderten Steuerrückerstattung. Durch diesen Bezugspunkt wird deutlich, dass der in dem Jahr geltende Umsatzsteuersatz vollumfänglich an die belieferte Krankenkasse zu erstatten ist und zwar auch dann wenn die Umsatzsteuererstattungen für die konkreten Jahre infolge des Verlusts der Vorsteuerabzugsmöglichkeit geringer ausfallen. Diese Rechtsansicht bestätigt auch der bereits hierzu in Bezug genommene BMF-Anwendungserlass, der unter Folgen der Steuerbefreiung ausdrücklich normiert:
"Wird die Lieferung von Zytostatika als ein eng mit der Heilbehandlung verbundener nach § 4 Nr. 14 Buchstabe b UStG (bis zum 31.12.2008: § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG) steuerfrei behandelt, ist der Vorsteuerabzug aus dem damit im Zusammenhang stehenden Eingangsleistungen nach § 15 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen. Dies gilt bei der Berufung auf die Grundsätze des BFH-Urteils V R 19/11 für bereits abgelaufene Veranlagungszeiträume im Rahmen des verfahrensrechtlich Zulässigen auch rückwirkend."
Überdies ergibt sich auch aus der bereits oben zitierten Passage des Anwendungserlasses im Umkehrschluss, dass der Vorsteuerabzug nur dann weiter geltend gemacht werden darf, wenn der Unternehmer seine Leistungen weiter und abweichend von der BFH-Rechtsprechung und des Anwendungserlasses der allgemeinen Umsatzsteuer unterwirft. Vorliegend hat die Beklagte indes unstreitig die Erstattung der Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt verlangt und damit gerade nicht mehr der allgemeinen Umsatzsteuerpflicht unterworfen.
Der die Auslegung des BFH-Urteils steuernde BMF-Erlass legt damit zur Überzeugung der Kammer ebenso eine Nichtberücksichtigung der Vorsteuerabzugsmöglichkeit nahe.
Soweit das Urteil des SG Speyer vom 05.12.2019 – S 17 KR 689/16 – eine Pflicht zur Rückerstattung der Umsatzsteuer negierte, so lautete die diesem Rechtsstreit zu Grunde liegende AMPV lediglich, dass "den Preisen für die Arzneimittel und den Arbeitspreisen nach diesem Vertrag die Mehrwertsteuer hinzuzufügen ist, soweit sich aus den Vorschriften zur Preisabrechnung nichts anderes ergibt oder nichts anderes vereinbart ist." Den Zusatz der vorliegend streitgegenständlichen AMPV 2011 und 2012, dass "der Ansatz der Umsatzsteuer entfällt, soweit die Umsatzsteuerpflicht nicht besteht" enthält die rheinland-pfälzische AMPV indes nicht. Anders als in den AMPV 2011 und 2012 hatten sich die Vertragsparteien gerade keine Vorstellung über einen (nachträglichen) Entfall der Umsatzsteuerpflicht gemacht, wohingegen in der hier streitgegenständlichen Regelung gerade eine entsprechende Regelung getroffen wurde (für die Streitjahre 2011 bis 2017).
Die Kammer konnte sich zudem nicht davon überzeugen, dass es sich bei § 5 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 13 AMPV 2011 bzw. 2012 um eine Bruttopreisabrede handelt, die eine nachträgliche Umsatzsteuerkorrektur ausschließt. Eine Bruttopreisvereinbarung ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Umsatzsteueranteil als unselbständiger und nicht automatisch rückforderbarer Vergütungsbestandteil darstellt, wohingegen eine Nettopreisabrede die unmissverständliche Übereinkunft voraussetzt, dass ein Nettobetrag geschuldet wird, der Umsatzsteueranteil mithin nur gezahlt werden muss, wenn und soweit dies steuerrechtlich geschuldet ist, wenn materiell eine entsprechende Steuerpflicht besteht (SG Speyer, Urt. v. 05.12.2019 – S 17 KR 689/16 –, juris, Rn. 123 mit Hinweis auf BGH, Urt. v. 20.02.2019 – VIII ZR 7/18 –, Rn. 27 und 47). Vorliegend ist zur Überzeugung der Kammer im Hinblick auf die AMPV 2011 und 2012 von einer Nettopreisabrede auszugehen, da die Vertragsparteien durch den vierten Satz der Nummer 13 in Anlage 1 "Der Ansatz der Umsatzsteuer entfällt, soweit Umsatzsteuerpflicht nicht besteht" deutlich gemacht haben, dass die Umsatzsteuerpflicht mit der Regelung durch die Finanzverwaltung stehen und fallen soll. Die Regelung ist damit wie diejenige der Entscheidung des BSG zu Grunde liegende baden-württembergische AMPV als Nettopreisabrede zu verstehen (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr. 2, Rn. 21). Im Übrigen werden in den Rechnungen der streitgegenständlichen Forderungen sowohl der Nettopreis als auch der Bruttopreis angegeben, sodass sich auch aus der gelebten Vertragspraxis zwischen den Beteiligten die Umsatzsteuer nicht als unselbständiger Vergütungsbestandteil darstellt. Vielmehr wird durch die Angabe des Netto- und Bruttopreises in den Rechnungen deutlich, dass – entsprechend der § 5 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 13 4. Satz AMPV – die Umsatzsteuer nur dann gezahlt werden soll, wenn auch in rechtlicher Hinsicht eine Verpflichtung zur Leistung der Umsatzsteuer besteht.
Selbst wenn man mit der Beklagten von einer Bruttopreisrede ausgehen würde, kann diese Vereinbarung ergänzend dahingehend auszulegen sein, dass die Klägerin nicht verpflichtet sein soll, den unselbständigen Umsatzsteueranteil auch dann zu tragen, wenn und sobald für die Beklagte die Möglichkeit besteht, ihrerseits einen Rückerstattungsanspruch betreffend die von ihr abgeführte Umsatzsteuer gegen das Finanzamt geltend zu machen, wie der BGH jüngst in seinem Urteil vom 10.06.2020 – VIII ZR 360/18 –, Rn. 35 festgestellt hat.
Infolge der unstreitigen nachträglichen Korrektur der Umsatzsteuerpflicht für patientenindividuelle Zubereitungen durch die Finanzverwaltung entfällt auch die Umsatzsteuer für die bereits abgerechneten und bezahlten Arzneimittel für die Vergangenheit. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 5 Absatz 1 in Verbindung Anlage 1 Nr. 13 Satz 4 AMPV 2011 und 2012 ist die Klägerin nicht mehr verpflichtet, auf die patientenindividuellen Zubereitungen eine Umsatzsteuer zu bezahlen, weil die Umsatzsteuerpflicht entfallen ist.
b) Jedenfalls ergibt sich vorliegend der Rückzahlungsanspruch der Klägerin in Höhe der von ihr gezahlten Umsatzsteuer aus der ergänzenden Vertragsauslegung, ohne dass der Verlust der Vorsteuerabzugsmöglichkeit zu berücksichtigen wäre. Da die AMPV 2005 keine Regelung über die Umsatzsteuer für patientenindividuelle Zubereitungen traf, folgt der Anspruch der Klägerin für die Jahre 2009 und 2010 allein aus ergänzender Vertragsauslegung.
Eine ergänzende Vertragsauslegung nach § 157 BGB i. V. m. § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V setzt zunächst voraus, dass der Vertrag, mit dem die Beteiligten in privatautonomer Verantwortung ihre Interessen in Bezug auf einen Lebenssachverhalt geordnet haben, eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr. 2, Rn. 17; MüKoBGB/Busche, 8. Aufl. 2018, BGB § 157 Rn. 38 m. w. N.). Dieses im bürgerlichen Recht (§ 157 BGB) entwickelte Auslegungsverfahren ist auch auf öffentlich-rechtliche Verträge wie die AMPV anwendbar (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R – BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr. 2, Rn. 17 mit Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 69 Nr. 7 Rn. 24; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr. 4 S. 18 f. m. w. N. = Juris, Rn. 22). So liegt es, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, wenn mithin ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr. 2, Rn. 17 m. w. N.). Soweit schon das anzuwendende Gesetzesrecht Regelungen zur Schließung der vertraglichen Lücke bereithält, fehlt es an einer durch die ergänzende Vertragsauslegung zu schließenden Regelungslücke.
aa) Die Beteiligten schlossen mit der AMPV 2005 – ebenso wie mit der AMPV 2011 und 2012 – wirksam einen Vertrag nach § 129a SGB V. Die AMPV begründet den streitigen Rückzahlungsanspruch bei Abänderbarkeit der maßgeblichen USt-VAe und -Anmeldungen zumindest noch am 20.10.2016 (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr. 2, Rn. 15). Die AMPV berechtigt die Krankenhausapotheke der Beklagten zu Lasten der Krankenkasse auf der Grundlage ordnungsgemäß ausgestellter Verordnungen Arzneimittel abzurechen, auf die Versicherte nach § 31 Absatz 1 Satz 1 SGB V einen Leistungsanspruch haben (§ 1 Absatz 1 AMPV 2005, 2011 und 2012). Überdies können Spezialrezepturen zur Krebsbehandlung in begründeten Ausnahmefällen abgerechnet werden (§ 5 Abs. 1 Satz 1 AMPV 2005, 2011, 2012 in Verbindung mit der Anlage 1). Die Vergütung richtet sich nach den Regelungen zur Preisberechnung.
bb) Die AMPV 2011 und 2012 enthalten – anders als die AMPV 2005 – zur Überzeugung der Kammer bereits keine qualifizierte Regelungslücke, da sich eine Verpflichtung zur Rückerstattung der Umsatzsteuer wie oben unter II. 1a) ausgeführt bereits aus der ausdrücklichen vertraglichen Regelung ergibt. Versteht man die Bestimmung dahingehend, dass mit Entfall der Umsatzsteuerpflicht im Sinne des § 5 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit AMPV 2011 und 2012 nur solche für die Zukunft erfasst sein solle, besteht eine qualifizierte Regelungslücke hinsichtlich der Arzneimittelzubereitungen betreffenden USt. Im Hinblick auf die streitgegenständlichen Rezepturen gingen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die Krankenkassen den auf den Umsatz der Krankenhäuser entfallenden Umsatzsteueranteil tragen und damit in wirtschaftlicher Hinsicht die entsprechende Steuerlast der Krankenhäuser übernehmen.
Die Vertragsparteien der AMPV hätten indes nicht bedacht, was gelten soll, wenn die Steuerverwaltung bei den betroffenen Arzneimittelzubereitungen die USt-Pflicht abgerechneter und bezahlter Leistungen nach der USt-Anmeldung im weiteren zeitlichen Verlauf anders als zuvor beurteilt. Wenn man diesen Fall nicht wie von der Überzeugung der Kammer getragen von § 5 Absatz 1 Satz 1 Anlage 1 AMPV erfasst, fehlt es an einer Regelung für den nachträglichen Entfall der Umsatzsteuer. Nach der bei Abgabe der USt-Anmeldung geltenden Erlasslage war von USt-Pflicht der patientenindividuellen Zubereitungen auszugehen. Dazu führt das Bundessozialgericht seinem Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr 2, Rn. 22 – 23 wie folgt aus:
"§ 4 Nr. 14 Buchst b UStG (idF durch Art 7 Nr 4 Buchst b Jahressteuergesetz 2009 (JStG 2009) vom 19.12.2008, BGBl I 2794, mWv 1.1.2009) regelt: ‚Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei: ( ) 14. ( ) b) Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen ( ) sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von aa) zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ( ) erbracht werden; ( )‘. Hierzu gab das BMF durch Abschnitt 100 Abs 3 Nr 4 Umsatzsteuerrichtlinie (UStR) 2008 der Steuerverwaltung vor: ‚Nicht zu den eng verbundenen Umsätzen gehören insbesondere ( ) 4. die Abgabe von Medikamenten zur unmittelbaren Anwendung durch ermächtigte Krankenhausambulanzen an Patienten während der ambulanten Behandlung sowie die Abgabe von Medikamenten durch Krankenhausapotheken an Patienten im Rahmen der ambulanten Behandlung im Krankenhaus; ( )‘ (s ferner Abschnitt 4.14.6 Abs 3 Nr 4 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE), vom 1.10.2010, BStBl 2010 I 846).
Jedenfalls mit dem 20.10.2016 änderte sich die Erlasslage. Der BFH entschied - von den Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (2004) nicht vorhergesehen - mit Urteil vom 24.9.2014 (V R 19/11 - BFHE 247, 369 = BStBl II 2016, 781) für die Streitjahre 2005 und 2006 zu § 4 Nr 16 Buchst b UStG - soweit hier von Belang ohne inhaltliche Änderung zu § 4 Nr 14 Buchst b UStG idF des JStG 2009 -, dass die Verabreichung von Zytostatika im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlung, die dort individuell für den einzelnen Patienten in einer Apotheke dieses Krankenhauses hergestellt werden, als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz - abweichend von Abschn 100 Abs 3 Nr 4 UStR 2005 und Abschn 4.14.6 Abs 3 Nr 4 UStAE - steuerfrei ist. Ebenfalls von den Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (2004) nicht vorhergesehen änderte das BMF-Schreiben vom 28.9.2016 den Abschn 4.14.6 UStAE (BStBl I 2016, Nr 18 vom 20.10.2016, S 1043) und fügte in den dortigen Abs 2 eine neue Nr 3 ein: (2) ( ) können zu den eng verbundenen Umsätzen gehören: ( ) ‚3. die Abgabe von individuell für den einzelnen Patienten in einer Apotheke des Krankenhauses hergestellten Arzneimitteln, wenn diese im Rahmen einer ambulant in den Räumen dieses Krankenhauses durchgeführten Heilbehandlung verwendet werden; auf die sozialrechtliche Ermächtigungsform für die ambulante Heilbehandlung kommt es nicht an ( )‘. Für Umsätze, die vor dem 1.4.2017 ausgeführt worden sind, sieht das BMF-Schreiben vor, dass der Unternehmer seine Leistungen abweichend von Abschn 4.14.6 Abs 2 Nr 3 UStAE dem allgemeinen Steuersatz unterwerfen und insoweit aus den damit zusammenhängenden Eingangsleistungen unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG den Vorsteuerabzug geltend machen kann, wenn die Fälle noch ‚offen‘ sind."
Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an.
cc) Im Fall, dass man die abweichende Auffassung der Beklagten einer fehlenden ausdrücklichen Regelung zu Grunde legt, würde sich Regelungslücke nicht durch dispositives oder sonstiges Gesetzesrecht, insbesondere Steuerrecht schließen lassen (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr 2, Rn. 24 mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 20.02.2019 – VIII ZR 7/18 –, juris, Rn. 47 m. w. N.; BGHZ 170, 311, Rn. 29, dort zum Gesamtschuldverhältnis von Steuer- und Haftungsschuldner).
So trifft das nach § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V ergänzend zu den AMPVs anzuwendende dispositive Recht des Werklieferungsvertrags (§ 650 BGB) keine spezifische Regelung. Ein einseitiges Preisbestimmungsrecht der Beklagten nach § 316 BGB scheidet wegen der Regelungen in §§ 5 der AMPVs von vornherein aus (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr. 2, Rn. 24 zur baden-württembergischen Regelung in § 6 AMPV). Weder die Krankenkasse noch die Krankenhausapotheke hat ein berechtigtes Interesse an einem, über das Angemessene (einschließlich einer üblichen Gewinnspanne) hinausgehenden allein nach billigem Ermessen festzusetzendem Preis (BGH, Urt. v. 10.06.2020 – VIII ZR 360/18 –, juris, Rn. 25). Die Regelung über die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB ist gegenüber der ergänzenden Vertragsauslegung nachrangig (BGH, Urt. v. 10.06.2020 – VIII ZR 360/18 –, juris, Rn. 35 mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 20.02.2019 – VIII ZR 7/18 –, juris, Rn. 45 m. w. N.). Die Möglichkeit einer auch im öffentlich-rechtlichen Vertragsrecht anwendbaren Schadensersatzhaftung (vgl. § 280 BGB iVm. § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V) macht eine ergänzende Vertragsauslegung nicht entbehrlich (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr 2, Rn. 24). Auch aus dem UStG und der Abgabenordnung (AO) lassen sich keine Regelungen entnehmen, die unmittelbar die Aufteilung des Risikos einer fehlerhaften Bewertung der USt-Pflicht im Verhältnis zwischen dem die Lieferung erbringenden Unternehmer und dem Abnehmer seiner Lieferung regeln (vgl. §§ 2, 3 UStG). Schließlich enthalten auch das BMF-Schreiben vom 28.09.2016 – ungeachtet der fehlenden außenwirksamen Normqualität norminterpretierender Verwaltungsvorschriften (vgl. BFH, Urteil vom 16.09.2015 – XI R 27/13 –, juris Rn. 30 m. w. N) – keine Regelung über die endgültige sozialrechtliche Zuweisung des Risikos fehlerhafter Bewertung der USt-Pflicht und deren Rechtsfolgen (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr. 2, Rn. 24).
dd) Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet überdies nicht deswegen aus, weil zur Ausfüllung der Regelung theoretisch mehrere Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Hierzu hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 10.06.2020 – VIII ZR 360/18 –, juris. Rn. 25 überzeugend ausgeführt:
"Anders als die Revisionserwiderung - eine erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Flensburg (Urteil vom 4. Oktober 2019 - 3 O 167/18, juris Rn. 30 ff.) aufgreifend - meint, scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung auch nicht deswegen aus, weil zur Ausfüllung der Regelungslücke theoretisch verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht kommen. Die Revisionserwiderung und das Landgericht Flensburg verkennen die von ihnen zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung. Der Umstand, dass die Vertragsparteien, wenn sie die Umsatzsteuerproblematik bedacht hätten, zwischen mehreren Gestaltungsmöglichkeiten hätten wählen können, schließt eine ergänzende Vertragsauslegung nicht aus.
Denn das Instrument der ergänzenden Vertragsauslegung zielt nicht darauf ab, die Regelung nachzuzeichnen, die die Parteien bei Berücksichtigung des nicht bedachten Falls tatsächlich getroffen hätten, sondern ist auf einen beiderseitigen Interessenausgleich gerichtet, der aus einer objektivgeneralisierenden Sicht dem hypothetischen Parteiwillen beider Parteien Rechnung trägt (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2019 - I ZR 34/18, GRUR 2020, 57 Rn. 26 mwN). Maßgebend ist damit bei einer Bandbreite möglicher Alternativen diejenige Gestaltungsmöglichkeit, die die Vertragsparteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise ausgewählt hätten (vgl. etwa Senatsurteile vom 20. Februar 2019 - VIII ZR 7/18, aaO Rn. 61; vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 70; jeweils mwN). Dementsprechend ist eine ergänzende Vertragsauslegung im Falle des Bestehens mehrerer Auslegungsmöglichkeiten nur dann ausgeschlossen, wenn sich anhand der getroffenen Regelungen und Wertungen sowie aufgrund des Sinns und Zwecks des Vertrags keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen - an den beschriebenen Maßstäben ausgerichteten - hypothetischen Parteiwillen ergeben (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 397/03, NJW-RR 2005, 1619 unter II 3 b; vom 12. Oktober 2007 - V ZR 283/06, NJW- RR 2008, 251 Rn. 21; vom 6. Juli 2016 - IV ZR 44/15, NJW 2017, 388 Rn. 48; jeweils mwN). Dies verkennt das Landgericht Flensburg (aaO Rn. 33), wenn es eine ergänzende Vertragsauslegung mit der - die hier nicht in Rede stehende Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 305c Abs. 2 BGB) betreffenden - Erwägung verneinen will, eine solche scheide aus, weil mehrere Gestaltungsmöglichkeiten bestünden und keine von ihnen "fernliegend" sei.
Redliche, auf eine Ausgewogenheit der Vertragsbeziehungen und nicht einseitig auf die eigenen Interessen bedachte Vertragsparteien hätten allein die vom Senat in den Urteilen vom 20. Februar 2019 (VIII ZR 7/18, aaO Rn. 60 ff.; VIII ZR 66/18, aaO Rn. 61 ff.; VIII ZR 115/18, aaO Rn. 57 ff., und VIII ZR 189/18, aaO Rn. 57 ff.) beschriebene Regelung getroffen. Denn die weiteren vom Landgericht Flensburg (aaO Rn. 31 ff.) angeführten Gestaltungsmöglichkeiten nehmen nicht - wie erforderlich - die Interessen beider Seiten hinreichend in den Blick."
Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an.
ee) Nach der gebotenen ergänzenden Vertragsauslegung hat die Klägerin einen vertraglichen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung zu Unrecht gezahlter USt und zwar im Umfang von 19 % ohne Berücksichtigung etwaiger Steuerminderungseffekte infolge des Verlusts der Möglichkeit zum Vorsteuerabzug.
Grundlage für die Ergänzung des Vertragsinhalts ist der hypothetische Wille der Vertragsparteien. Dieser ist unter angemessener Abwägung der Interessen der Beteiligten nach Treu und Glauben zu bestimmen und zu ermitteln, was diese redlicherweise im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbart hätten, wenn sie den nach Auffassung der Beklagten nicht geregelten Fall bedacht hätten. Zur Überzeugung der Kammer entspricht es dem Willen der Vertragsparteien zu einer insgesamt vertraglichen Bewältigung der Regelungslücke zu gelangen (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr 2, Rn. 26).
Abgesehen davon, dass der Vertragsgeber zur Überzeugung der Kammer bereits eine ausdrückliche Regelung dahingehend traf, dass die Umsatzsteuer in vollem Umfang zurückzuerstatten ist, dürfte diese Regelung auch der Interessenlage der Beteiligten entsprechen.
Denn abweichend zur Rechtsansicht des SG Speyer in seinem Urteil vom 05.12.2019 – S 17 KR 689/16 –, Rn. 137 dürfte es gerade keinen allgemeinen Regelungsplan in der hier zur Auslegung stehenden AMPVs dahingehend geben, dass Aufwendungen der Krankenhausapotheke für die Herstellung der betroffenen Arzneimittelzubereitungen in voller Höhe durch die Krankenkasse zu tragen sind. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Anlage 1 der AMPVs ausführliche Regelungen enthält, welche Aufwendungen von der Krankenkasse erstattungsfähig sind. So bestimmt etwa Anlage 1 (6) AMPV 2005, dass bei der Herstellung von Rezepturen benötigte Arzneimittel, Trägerlösungen und Hilfsmittel grundsätzlich wirtschaftlichen Packungsgrößen zu entnehmen und anteilig zu berechnen sind. Der pauschale Arbeitspreis enthält gemäß Anlage 1 (7) AMPV 2005 nur die Sachkosten für Verbrauchsmaterial wie Spritzen, Desinfektionsmittel und Handschuhe, die Dokumentation und Entsorgung. Vor dem Hintergrund der detaillierten Regelungen über erstattungsfähige Aufwendungen bei der Herstellung patientenindividueller Zubereitungen kann keinesfalls ein allgemeiner Grundsatz angenommen werden, dass die Krankenkasse alle in diesem Zusammenhang anfallenden Aufwendungen des Krankenhauses erstattet; denn dann bedürfte es der getroffenen detaillierten Bestimmungen nicht. Insbesondere bedürfte es besonders begründungsbedürftig sein, warum die Klägerin im Rahmen des Vorsteuerabzugs auch anteilig für Gemeinkosten wie Gas, Strom, Wasser und Investitionskosten etwa für die Herrichtung eines Reinraums aufkommen soll.
Soweit der Bundesgerichtshof u. a in seinem Urteil vom 10.06.2020 – VIII ZR 360/18 –, juris, Rn. 66 davon ausgeht, dass redliche Vertragspartner hypothetisch den Kaufpreis in der Weise bestimmt hätten, dass ein Betrag in Höhe des angesetzten Umsatzsteueranteils von dem tatsächlich vereinbarten Kaufpreis abgezogen, dafür jedoch anteilig auf den jeweiligen Vertrag entfallende, von dem Krankenhaus gemäß § 15 UStG in Bezug auf die vertraglich geschuldete Leistung bei seinem Finanzamt angemeldete Vorsteuer addiert wird, dürfte es zur Überzeugung der Kammer keinen allgemeinen Grundsatz geben, dass der Verlust der Vorsteuerabzugsmöglichkeit bei der Bestimmung des hypothetischen Preises zu berücksichtigen ist. Denn dem beklagten Krankenhaus steht in wirtschaftlicher Hinsicht ebenso die Möglichkeit offen, den Verlust des Vorsteuerabzugs gegenüber seinen Lieferanten zu adressieren und in diesen Vertragsbeziehungen seinem wirtschaftlichen Schaden Rechnung zu tragen. Jedenfalls bedürfte es für eine hypothetische Preisermittlung durch das Gericht einer Offenlegung der umsatzsteuerrechtlichen (Korrektur-)Bescheide einschließlich derer Berechnungsgrundlagen sowie der Kalkulationsgrundlagen insbesondere im Hinblick auf die Sach-, Gemein- und Investitionskosten betreffende Vorsteuer, die die Beklagte trotz Anforderung unter Setzung einer Ausschlussfrist nicht vorlegte und die die Kammer auch nicht durch Amtsermittlung etwa durch Einholung einer Auskunft des zuständigen Finanzamtes kompensieren kann, da die Umsatzsteueranmeldungen, Bescheide und Korrekturbescheide nur die aggregierten Daten ohne Berechnungsgrundlagen enthalten. Ohne diese Offenlegung kann die vom BGH geforderte, anteilig auf den jeweiligen Vertrag entfallende Berücksichtigung der Vorsteuer nicht zu Grunde gelegt werden. Soweit der Beklagtenvertreter die Niederschrift über die Besprechung des Finanzamtes mit der Beklagten vorgelegt hat, enthält diese nur die Daten der angemeldeten und erstatteten Umsatzsteuer insgesamt, ohne auch nur annährend einen Rückschluss auf mögliche Erstattungen für die streitgegenständlichen Forderungen zu erlauben.
Zur Überzeugung der Kammer stellt eine Berechnung die Beklagte auch nicht vor kaum zu bewältigende administrative Probleme. Das BSG hat überzeugend ausgeführt, dass mit der Rückabwicklung verbundene Belastungen den Rückzahlungsanspruch der Klägerin nicht ausschließen (BSG, Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, BSGE 128, 65-78, SozR 4-2500 § 129a Nr. 2, Rn. 27).
2. Soweit sich ein Differenzbetrag zwischen von der Beklagten abgeführten und von der Klägerin bezahlten Umsatzsteuer ergeben sollte, kann die Klägerin diesen aus öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch verlangen, da die Beklagte insoweit eine Vermögensmehrung erlangt hat, für die mangels Abführung der entsprechenden Umsatzsteuer an das Finanzamt keine Entreicherung eingetreten ist (vgl. LSG Baden-Württemberg Urt. v. 16.01.2018 – L 11 KR 1723/17 –, BeckRS 2018, 966 Rn. 32, beck-online). Soweit die Beklagte eine Steuererstattung nicht im vollem Umfang gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht haben sollte, besteht ein Schadensersatzanspruch nach § 69 Absatz 1 Satz 3 SGB V i. V. m. § 280 Absatz 1 BGB im Umfang des vertraglichen Rückzahlungsanspruches, da die Beklagte es zu vertreten hätte, dass die Umsatzsteuer-Verwaltungsakte und –Anmeldungen pflichtwidrig schon vor dem 20.10.2016 bestandskräftig wurden (BSG, Urt. v. 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R –, Rn. 30 ff.).
3. Die Klägerin hat Anspruch auf Prozesszinsen ab dem 09.11.2018. Für die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Krankenhäusern gelten die Zinsvorschriften des BGB entsprechend, soweit nicht in Verträgen etwas anderes geregelt ist (stRspr.; vgl. z. B. BSG, SozR 4-2500 § 69 Nr. 7 Rn. 14 m. w. N; BSG SozR 4-7610 § 204 Nr. 2 Rn. 24). Die AMPV 2005, 2011 und sehen keine eigene Regelung zur Verzinsung von Ansprüchen vor. Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen (§ 291 S. 1 BGB). Der Zinsanspruch beträgt fünf Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz (§ 291 iVm. § 288 Abs. 1 BGB).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 Teils 3 SGG iVm. § 155 Abs. 1 S. 1 und S. 3 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG iVm. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 3 sowie § 47 Abs. 1 GKG.
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