L 11 EG 2314/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 EG 3339/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 2314/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Anspruch auf die Partnerschaftsbonusmonate setzt nach
§ 4 Abs 4 Satz 3 BEEG idF vom 04.04.2017 (BGB I 778) u.a
voraus, dass beide Elternteile nicht weniger als 25 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sind.
Diese Voraussetzung ist bei einem mitarbeitenden Gesellschafter nicht erfüllt, wenn er durch einen schriftlichen Arbeitsvertrag nur zu einer Teilzeittätigkeit von 20 Wochenstunden verpflichtet ist. Bei Verträgen von Eltern als Arbeitnehmer mit einer GmbH,
deren Gesellschafter sie sind, ist außerdem ein sog. Fremdvergleich vorzunehmen.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 07.06.2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Elterngeld für den 8. bis 11. Lebensmonat des Sohnes M. des Klägers als Partnerschaftsbonusmonate.

Der Kläger und seine Ehefrau sind Eltern der Kinder N. S. (geb 13.11.2012), K. M. (geb 10.01.2015) und M. C. (geb 21.05.2017) und leben mit diesen in einem gemeinsamen Haushalt. Sie sind Gesellschafter der M.´s GmbH, deren Gegenstand Montagebau, insbesondere Renovierung und Neubau im Bereich Trockenbau, Innenausbau sowie Lieferung und Einbau von genormten Fertigteilen ist (HRB 7 ... S.). Alleingeschäftsführerin ist die Ehefrau des Klägers.

Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 20.09.2017 Elterngeld in Form von Basiselterngeld vom 1. bis 7. Lebensmonat (21.05. bis 20.12.2017) und Partnerschaftsbonus für den 8. bis 11. Lebensmonat (21.12.2017 bis 20.04.2018). Nach den vorgelegten Gehaltsbescheinigungen bezog der Kläger von der M.´s GmbH ein Gehalt iHv 800 EUR im Zeitraum Mai bis September 2016 und iHv 3.382 EUR im Zeitraum Oktober 2016 bis April 2017, jeweils zuzüglich einer Sachkostenpauschale iHv 1.591 EUR für private Kfz-Nutzung. Für den Zeitraum 21.05. bis 20.12.2017 gab der Kläger an, keine Tätigkeit auszuüben und keine Einnahmen zu erzielen.

Mit Bescheid vom 22.11.2017 bewilligte die Beklagte dem Kläger Basiselterngeld für die Zeit vom 21.05. bis 20.12.2017 iHv 902,56 EUR monatlich vorläufig im Hinblick auf das noch nicht abschließend ermittelbare Einkommen nach der Geburt. Eine Bewilligung der Partnerschaftsbonusmonate sei wegen fehlender Nachweise nicht möglich.

Mit Schreiben vom 06.12.2017 reichte der Kläger eine Arbeitgeberbescheinigung ein, woraus sich für die Zeit vom 21.12.2017 bis zum 20.04.2018 eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden bei einem Bruttoeinkommen von monatlich 1.385 EUR ergab. Auf Nachfrage der Beklagten gab der Kläger an, dass die GmbH im 1.-7. Lebensmonat von M. geruht habe. Die Gehälter für ihn und seine Frau seien geringer, da es sich nur um eine verwalterische Tätigkeit in geringem Umfang handle. Abgesehen von einer Putzhilfe seien bis April 2018 keine Mitarbeiter beschäftigt worden. Die Beklagte wies bezüglich der eingereichten Unterlagen darauf hin, dass diese nicht ausreichten bzw widersprüchlich seien. Der Kläger legte daraufhin eine neue Arbeitgeberbescheinigung vom 04.03.2018 vor, wonach er vom 21.12.2017 bis 20.04.2018 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden bei einem monatlichen Einkommen von 1.591 EUR tätig war. Er gab außerdem an, dass er und seine Frau für die geleistete Wochenarbeitszeit von 25 Stunden jeweils als Sachbezug einen Firmen-Pkw nutzten. Dieser Sachbezug zähle zum Bruttoarbeitslohn und werde steuerrechtlich gleichbehandelt wie Lohnauszahlungen. Eine darüberhinausgehende Lohnauszahlung während der Partnerschaftsbonusmonate sei nicht erfolgt, diese solle ja gerade durch das Elterngeld erreicht werden.

Mit Änderungsbescheid vom 03.04.2018 bewilligte die Beklagte Basiselterngeld für den 1.-7. Lebensmonat endgültig iHv 1.980 EUR monatlich, woraus sich eine Nachzahlung iHv 7.542,08 EUR ergab. Die Bewilligung der Partnerschaftsbonusmonate lehnte sie weiterhin ab. Die Angaben zu den Wochenstunden und zum Einkommen während der beantragten Partnerschaftsbonusmonate seien nicht plausibel. Zwar werde ab dem 21.12.2017 eine Erwerbstätigkeit mit 25 Wochenstunden angegeben, gleichzeitig aber als Einkommen nur eine stundenunabhängige Sachleistung in Form eines geldwerten Vorteils für die Pkw-Nutzung angegeben. Diese Sachleistung sei bereits vor Geburt des Kindes unabhängig von der zu leistenden Stundenzahl bezogen worden. Während das Geschäftsführergehalt vor Geburt des Kindes 3.382 EUR betragen habe, sollten jetzt 25 Wochenstunden ohne weitere Bezahlung geleistet werden. Damit entfalle das Einkommen im Bezugszeitraum nicht aufgrund der Betreuung des Kindes, sondern aufgrund der genannten vertraglichen Vereinbarung. Dies sei als rechtsmissbräuchliche Gestaltung zum Zweck eines höheren Elterngeldbezuges zu bewerten und deshalb nicht zu berücksichtigen. Auf die steuerrechtliche Zulässigkeit komme es dabei nicht an. Der Kläger habe ausdrücklich in der Mail vom 07.03.2018 erklärt, dass diese vertragliche Gestaltung dem Zweck eines höheren Elterngeldanspruchs dienen solle. Zudem seien die Angaben zum Einkommen und den Wochenstunden während der beantragten Partnerschaftsbonusmonate nicht schlüssig. Es sei nicht glaubhaft, dass der Kläger für die Tätigkeit in einem Zeitraum von 11 Tagen bei gleicher Wochenstundenanzahl das gleiche monatliche Einkommen in Gestalt eines geldwerten Vorteils in Höhe von je 1.591 EUR erhalte wie für einen vollen Kalendermonat. Damit seien auch die gemachten Angaben zu den geleisteten Wochenstunden nicht glaubhaft.

Den hiergegen am 27.04.2018 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.05.2018 zurück. Die Angaben zum Einkommen und zur Wochenarbeitszeit seien nicht glaubhaft, die Rechtsgestaltung sei rechtsmissbräuchlich.

Hiergegen richtet sich die am 27.06.2018 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Die vorgenommene Rechtsgestaltung sei nicht sozial unangemessen. Die Erwerbstätigkeit sei tatsächlich reduziert worden. Der Kläger habe als Sachbezug die Nutzung eines Firmen-Pkw erhalten, wobei es sich um einen monatlich fortlaufenden steuerpflichtigen geldwerten Vorteil handle. Diese rechtliche Gestaltung sei steuerrechtlich zulässig. Vor dem Hintergrund von Sinn und Zweck des Elterngeldes sei die bloße Optimierung des Elterngeldanspruchs durch die Ausübung steuerlicher Gestaltungsrechte oder im Rahmen der Privatautonomie vorgenommene vertragliche Gestaltungen nicht per se als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Die Regelungen zum Elterngeld Plus sollten die Förderung von Eltern verbessern, die nach der Geburt eines Kindes gemeinsam in Teilzeit erwerbstätig sein wollen. Maßgeblich sei danach die zeitliche Reduzierung der Tätigkeit, die auch vorgenommen worden sei. Er und seine Frau hätten drei Kinder und seien überfordert gewesen. Sie hätten deshalb auch ihre GmbH nicht weiterführen können. Daher hätten sie sich das Geld ausgezahlt und die GmbH habe geruht. Sie hätten sich danach beruflich und hinsichtlich ihrer GmbH neu orientieren wollen. Es sei jedoch zunächst wenig Geld da gewesen, so dass die Auszahlung eines höheren Gehalts im Bezugszeitraum der Partnerschaftsbonusmonate als das angegebene nicht möglich gewesen sei.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und bei ihrer Auffassung geblieben, der Verzicht auf ein der Teilzeittätigkeit entsprechendes Gehalt über den geldwerten Vorteil für die Nutzung des Dienstfahrzeugs hinaus während der Partnerschaftsbonusbezugsmonate widerspreche dem Zweck des Elterngeldes als staatliche Sozialleistung. Es sei rechtsmissbräuchlich, auf arbeitsvertraglich zustehende Ansprüche zu verzichten, um den Betrag der staatlichen Sozialleistung zu erhöhen. Ein anderer Grund für den vom Kläger selbst gewählten Verzicht auf ein entsprechendes Teilzeitgehalt als die Erhöhung des Elterngeldanspruchs sei nicht erkennbar. Zweck des Elterngeldes sei zudem die Rückkehr in die Erwerbstätigkeit, nicht aber die Ermöglichung einer Neuorientierung im Beruf.

Mit Gerichtsbescheid vom 07.06.2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Elterngeld für Partnerschaftsbonusmonate nach § 4 Abs 3 Satz 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) lägen nicht vor. Zwar habe formell für vier Monate eine Teilzeittätigkeit mit 25 Wochenstunden bestanden, wofür sich der Kläger als Gehalt einen geldwerten Vorteil von 1.591 EUR für die Pkw-Nutzung bescheinigt habe. Diese Gestaltung stelle jedoch eine unzulässige Rechtsausübung dar. Voraussetzung sei insoweit, dass sich die jeweilige Rechtsgestaltung günstig auf die Bezugshöhe des Elterngeldes auswirke, zeitnah im Bemessungs- oder Bezugszeitraum erfolge und sozial unangemessen geschehe und der rechtsethischen Funktion des Rechts widerspreche. Der Gehaltsverzicht bei gleichzeitiger Wochenarbeitszeit von 25 Stunden wirke sich positiv auf die Höhe des Elterngeldes aus. Der Gehaltsverzicht — bis auf den geldwerten Vorteil der Pkw-Nutzung — sei zudem zeitnah zum Bezugszeitraum erfolgt. Während der Kläger sich vor der Geburt des Kindes von Mai bis September 2016 ein Gehalt von nur 800 EUR ausgezahlt habe, sei dieses für den Zeitraum von Oktober 2016 bis April 2017 um mehr als das Vierfache auf 3.382 EUR angestiegen. Während der ersten sieben Lebensmonate des Kindes habe der Kläger kein Gehalt mehr bezogen und nach eigenen Angaben auch nicht den geldwerten Vorteil für die Pkw-Nutzung. Zu Beginn des Zeitraums der Partnerschaftsbonusmonate habe der Kläger den geldwerten Vorteil für die Pkw-Nutzung als Gehalt für die Tätigkeit mit einer Wochenstundenzahl von 25 Stunden erhalten. Daraus schließe das Gericht, dass der Kläger Gehalt und Arbeitsumfang im Hinblick auf die Erzielung eines höchstmöglichen Elterngeldanspruchs insbesondere auch hinsichtlich der Partnerschaftsbonusmonate nach Belieben geändert und angepasst habe, was ihm nur deshalb möglich gewesen sei, weil er selbst gemeinsam mit seiner Ehefrau Geschäftsführer der GmbH sei. Zudem sei nach eigenem Vortrag der Gehaltsverzicht nur deshalb vorgenommen worden, um die darüberhinausgehende Lohnauszahlung durch den Bezug von Elterngeld zu erreichen. Damit entfalle das Einkommen nicht aufgrund der Betreuung des Kindes, sondern aufgrund der Entscheidung des Klägers, das eigene Gehalt zu kürzen, um nicht die eigene Firma zu belasten. Der Kläger habe auch angegeben, dass er und seine Frau sich mit ihrer GmbH neu orientieren wollten. Es liege damit aber kein im Rahmen des Elterngeldbezugs für Partnerschaftsmonate zu billigendes Eigeninteresse vor. Zweck der Partnerschaftsmonate sei die Unterstützung von Vätern und Müttern, ihre eigene Lebensgrundlage und die ihrer Familie zu sichern. Die frühere Rückkehr zur Erwerbstätigkeit beider Partner in Teilzeit, die gleichzeitig eine gemeinsame Fürsorge für das Kind ermöglicht, solle sich dadurch lohnen. Damit könnten Elterngeld und Elternzeit wirksam dazu beitragen, die wirtschaftliche Existenz von beiden Elternteilen auf Dauer zu sichern, die Gefahr der Abhängigkeit von staatlichen Transferleistungen zu mindern, Vätern und Müttern Zeit mit dem Kind zu sichern, ohne den Bezug zum Erwerbsleben zu verlieren und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten von Frauen zu verbessern (unter Hinweis auf BT-Drs 18/2583, S 1 f). Mit der beschriebenen Zielsetzung gehe einher, dass bei der aufgenommenen Erwerbstätigkeit nicht nur die Arbeitszeit zwischen 62,5 bis 75 % einer vollen Erwerbstätigkeit betragen müsse, sondern sich dies auch in dem dafür gezahlten Gehalt niederzuschlagen habe. Nur dann werde der Zweck der Gewährung von Elterngeld während der Partnerschaftsbonusmonate erfüllt, wenn durch eine Teilzeitbeschäftigung im Umfang von mehr als einer halben Stelle eine ausreichende wirtschaftliche Absicherung der Familien gewährleistet werde (Richtlinien des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zum BEEG 2/19, Ziff 4.4.3.2). Zweck der Partnerschaftsbonusmonate sei dagegen nicht, den Partnern einen Neustart bei der Führung einer eigenen GmbH zu ermöglichen. Dass es sich um eine unzulässige Vorgehensweise handele, werde auch im Rahmen eines Drittvergleichs deutlich. Eine vertragliche Gestaltung mit dem hier vorliegenden Inhalt würde zwischen Fremden nicht erfolgen. Habe der Kläger zunächst bei einer vollen Berufstätigkeit ein Gehalt in Höhe von 3.382 EUR und zusätzlich einen geldwerten Vorteil zur privaten Pkw-Nutzung erhalten, sei eine Vereinbarung unter Fremden nicht vorstellbar, nach der bei einer Arbeitszeit von 25 Wochenstunden kein Gehalt ausgezahlt werde und der Beschäftigte lediglich den geldwerten Vorteil in Form der Pkw-Nutzung erhalte. Dies sei vergleichbar mit einem der in den Richtlinien des BMFSFJ zum BEEG genannten Beispiele der unzulässigen Rechtsausübung (Richtlinien des BMFSFJ zum BEEG 02/19, Ziff 0.2.2.3.3).

Gegen den seinem Bevollmächtigten am 13.06.2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15.07.2019 (Montag) Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Das SG habe durch Gerichtsbescheid entschieden, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen hätten. Der Fall weise Schwierigkeiten rechtlicher Art auf und habe grundsätzliche Bedeutung. Damit leide die Entscheidung an einem wesentlichen Verfahrensmangel. Der gewählten Gestaltung, sich während der Partnerschaftsbonusmonate für die geleistete Wochenarbeitszeit von 25 Stunden nur eine stundenunabhängige Sachleistung in Form eines geldwerten Vorteils für die Pkw-Nutzung zu gewähren, könne nicht der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden. Der Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs orientiere sich am Schutzbereich der Norm, wobei grundsätzlich davon auszugehen sei, dass der Berechtigte den ihm zustehenden Anspruch im gesetzlichen Rahmen mit legalen Mitteln ausschöpfen könne. Die steuerrechtlich zulässige Gestaltung halte sich im gesetzlichen Rahmen. Der geldwerte Vorteil für die Pkw-Nutzung sei als Einkommen zu berücksichtigen. Wenn die Anrechnung eines Sachbezugs rechtlich zulässig sei, könne im Umkehrschluss die Gestaltung des Klägers nicht rechtsmissbräuchlich sein. Der Sinn und Zweck des Elterngelds sei erfüllt. Beide Partner könnten früh in die Erwerbstätigkeit zurück bei gleichzeitiger gemeinsamer Fürsorge für das Kind. Das Elterngeld trage hier dazu bei, die wirtschaftliche Existenz beider Elternteile auf Dauer zu sichern. Der Kläger habe angegeben, sich mit seiner GmbH neu orientieren zu wollen. Das SG verkenne, dass genau hierin ein zu billigendes Eigeninteresse vorliege. Sohn M. sei das dritte gemeinsame Kind innerhalb von 5 Jahren gewesen. Das Motiv einer Neuorientierung der Arbeitsorganisation liege bei drei Kindern in diesem Alter auf der Hand. Wie die Kinderbetreuung künftig mit der Arbeit in der gemeinsamen Firma mit dem anderen Elternteil zu vereinbaren sei, sei ein zu billigendes Eigeninteresse und keine Frage der Wirtschaftsförderung, wie ist das SG unterstelle. Durch das Elterngeld werde es dem Kläger und seiner Frau erleichtert, in einer frühen Phase der Elternschaft in die partnerschaftliche Arbeitsteilung hineinzufinden. Maßgeblich sei danach die zeitliche Reduzierung der Tätigkeit, die vorliegend die Eltern vorgenommen hätten. Dabei könne es keinen Unterschied machen, ob es sich um die eigene Firma handelt, oder die Eltern bei einer Fremdfirma angestellt sind. Ansonsten läge ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Grundgesetz (GG) vor. Ein vom SG angestellter Fremdvergleich sei nicht zulässig. Die Gestaltung resultiere aus dem Einkommenssteuerrecht und sei einem Fremdgeschäftsführer nicht vergleichbar. Eine Gehaltszahlung sei gleichwertig zu einem geldwerten Vorteil in Form der Nutzung eines Firmen-Pkw. Dies sei einfacher für den Buchhaltungsvorgang gewesen; es wäre auch möglich gewesen, ein Gehalt auszuzahlen und damit die Nutzung des Pkw zu bezahlen.

Auf Anforderung hat der Kläger noch seinen Anstellungsvertrag vom 28.03.2014 bei der M.´s GmbH (Tätigkeit als Bürokraft in Teilzeit – 20 Stunden, Gehalt 800 EUR zzgl private Nutzung eines Firmen-Pkw) und Protokolle über Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der M.´s GmbH (Beschluss vom 15.09.2016 über Zahlung eines monatlichen Bruttogehalts an den Kläger iHv 3.382 EUR; Beschluss vom 20.12.2017: Herabsetzung des Gehalts des Klägers auf Grund der wirtschaftlichen Lage der Firma bis auf Weiteres auf 0,00 EUR).

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 07.06.2019 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 03.04.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.05.2018 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Elterngeld in Form des beantragten Partnerschaftsbonus für den Zeitraum 21.12.2017 bis 20.04.2018 (8. bis 11. Lebensmonat des Sohnes M. C.) zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das SG habe rechtmäßig von der Möglichkeit der Entscheidung durch Gerichtsbescheid Gebrauch gemacht und die Beteiligten hierzu im Erörterungstermin am 07.05.2019 angehört. Der Kläger erfülle für die beantragten Partnerschaftsbonusmonate unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Elterngeldes nicht die Anspruchsvoraussetzungen. Trotz seiner 30 bzw 25 Wochenstunden umfassenden Teilzeittätigkeit während der beantragten Partnerschaftsbonusmonate (21.12.2017 bis 20.04.2018) habe der Kläger bewusst auf ein Geschäftsführergehalt verzichtet, das über den Sachbezug der privaten PKW-Nutzung hinausging, denn nach eigener Angabe sollte die darüberhinausgehende Lohnzahlung gerade durch das Elterngeld erreicht werden. Die Angaben des Klägers zu seinen Einkommensverhältnissen im Bezugszeitraum seien zudem widersprüchlich und nicht plausibel (Arbeitgeberbescheinigung vom 06.12.2017: wöchentliche Arbeitszeit 30 Stunden, "Laufendes steuerpflichtiges Bruttoeinkommen" jeweils 1.385 EUR; Arbeitgeberbescheinigung vom 04.03.2018: Wochenarbeitszeit nur 25 Stunden, "Laufendes Steuerliches Bruttoeinkommen" von jeweils 1.591 EUR - beides auch für Teilzeiträume in den Monaten Dezember 2017 und April). Bei der Verwendung des Begriffs der Erwerbstätigkeit komme es nach Sinn und Zweck der Regelung in § 4 Abs 4 Satz 3 BEEG entscheidend auf die mit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verbundenen Erwerbseinkünfte an. Dass der Gesetzgeber mit der zwingenden Aufnahme einer Teilerwerbstätigkeit in den Partnerschaftsbonusmonaten untrennbar auch die Erzielung eines entsprechenden Teilzeitgehalts verbinde, ergebe sich eindeutig aus den Materialien (BT-Drs 18/2583 S 24, 26 und 28). Der dem Kläger hier vorgeworfene Gestaltungsmissbrauch beziehe sich nicht auf die Tatsache, dass er sich der steuerrechtlichen Gestaltungsmöglichkeit Sachbezug bedient habe, sondern vielmehr darauf, dass er selbst ohne zwingenden Grund während der Partnerschaftsbonusmonate eine darüberhinausgehende, dem Umfang seiner Teilzeittätigkeit tatsächlich entsprechende Einkommenserzielung durch eine Vereinbarung mit sich selbst vereitelt habe. Ein solches Verhalten sei sozial unangemessen und widerspreche dem Sinn und Zweck des Elterngeldes als freiwilliger Sozialleistung des Staates. Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbreche oder reduziere, solle einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr erhalten. Eines Ersatzes bedürfe es jedoch nicht, wenn die Einkünfte weiter erzielt werden. Gleiches müsse dann auch gelten, wenn die Einkünfte vom Elterngeldberechtigten zwar weiter erzielt werden könnten, er dies selbst jedoch vereitele. Der angestellte Fremdvergleich sei ebenfalls zulässig. Andernfalls würde der Kläger gegenüber jedem anderen angestellten Elterngeldberechtigten, der bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auf eine angemessene Gehaltszahlung schon arbeitsrechtlich nicht ohne Weiteres verzichten könne und werde, unangemessen bevorzugt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 03.04.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.05.2018 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Partnerschaftsbonus für den 8. bis 11. Lebensmonat von M ... Streitig ist allein der Zeitraum 21.12.2017 bis 20.04.2018, denn für die ersten sieben Lebensmonate hat die Beklagte bereits Basiselterngeld (Höchstsatz) gewährt, die Bewilligung ist bestandskräftig.

Die in § 1 Abs 1 Satz 1 BEEG genannten Voraussetzungen für den Bezug von Elterngeld liegen zwar vor. Der Kläger hat seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, lebt mit seinem Sohn im gemeinsamen Haushalt, betreut und erzieht ihn und übt keine volle Erwerbstätigkeit aus. Rechtsgrundlage des Anspruchs auf die Partnerschaftsbonusmonate ist § 4 Abs 4 Satz 3 BEEG in der Fassung vom 04.04.2017 (BGBl I 778). Diese Norm lautet:

Wenn beide Elternteile in vier aufeinander folgenden Lebensmonaten gleichzeitig 1. nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sind und 2. die Voraussetzungen des § 1 erfüllen, hat jeder Elternteil für diese Monate Anspruch auf vier weitere Monatsbeträge Elterngeld Plus (Partnerschaftsbonusmonate).

Vorliegend erfüllen beide Elternteile schon die Eingangsvoraussetzungen des § 4 Abs 4 Satz 3 BEEG nicht, denn die von ihnen angegebene Erwerbstätigkeit mit 25 Wochenstunden für ihre Firma, M.´s GmbH, ist nicht glaubhaft. Erwerbstätigkeit iS der §§ 1 Abs 1 Satz 1 Nr 4, 4 Abs 4 Satz 3 BEEG ist die unselbständige Beschäftigung gegen Entgelt oder die selbständige Tätigkeit zur Erzielung eines wirtschaftlichen Erfolges (vgl zu § 2 Abs 1 BErzGG BSG 13.05.1998, B 14 EG 2/97 R, SozR 3-7833 § 2 Nr 6 Rn 11). Die Vorschrift des § 4 Abs 4 Satz 3 BEEG verlangt eine tatsächliche Reduzierung des zeitlichen Umfangs der Erwerbstätigkeit, ohne dass jedoch der Erwerbszweck verloren geht. Dies ergibt sich aus der Gesetzessystematik und der Entstehungsgeschichte der Norm.

Nach den eigenen Angaben des Klägers wurde die Geschäftstätigkeit der M.´s GmbH, bei der es sich um eine im Trockenbau tätige Firma handelt, mit der Geburt von M. eingestellt, bis auf eine Reinigungskraft wurden alle Mitarbeiter freigestellt. Nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat waren dies fünf bis sechs Fachkräfte aus Polen gewesen. Im hier streitigen Zeitraum war die M.´s GmbH weiterhin nicht aktiv tätig. Der Kläger ist laut Anstellungsvertrag als Bürokraft beschäftigt. Es ist für den Senat in keiner Weise nachvollziehbar, welche Verwaltungstätigkeiten bei einer (bereits seit sieben Monaten) ruhenden Firma in einem Umfang von insgesamt 50 Wochenstunden (für den Kläger und seine Ehefrau) noch angefallen sein sollten. Dies konnte der Kläger auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht plausibel machen. Er hat hierzu ausgeführt, dass zB noch Buchhaltungsarbeiten nachzuholen gewesen seien, im Wesentlichen jedoch zeitlicher Aufwand entstanden sei für die Überlegung, wie es mit der Firma weitergehen soll in Richtung ökologischer Wohnbau und damit im Zusammenhang stehende Vorbereitungen. Derartige strategische Überlegungen gehören jedoch nicht zum Aufgabengebiet der Bürokraft und damit zur hier in Rede stehenden Erwerbstätigkeit, sondern diese entspringen der Eigenschaft des Klägers als Gesellschafter der M.´s GmbH. Auffällig ist insoweit, dass die Arbeitgeberbescheinigungen den jeweiligen Bedürfnissen entsprechend (selbst) ausgestellt wurden und zudem inhaltlich nicht plausibel sind. Hierauf verweist die Beklagte zu Recht, wenn sie es als fragwürdig ansieht, dass für einen Zeitraum von 11 Tagen dasselbe Gehalt gezahlt wird wie für einen vollen Monat – ganz abgesehen von den zunächst wechselnden Angaben einer Tätigkeit mit 30 Wochenstunden und sodann 25 Wochenstunden.

Entscheidend ist für den Senat jedoch, dass keine arbeitsvertragliche Verpflichtung des Klägers bestand, überhaupt 25 Wochenstunden zu arbeiten. Nach dem Anstellungsvertrag ist der Kläger lediglich zu einer Teilzeittätigkeit von 20 Wochenstunden verpflichtet, eine Erhöhung dieses Pensums ist nicht nachgewiesen. Zu der Gehaltserhöhung vor der Geburt gibt es lediglich einen Gesellschafterbeschluss ohne arbeitsvertragliche Umsetzung; zur Reduzierung des Gehalts auf Null in der Elternzeit wurde lediglich der Gesellschafterbeschluss vom 20.12.2017 vorgelegt, mit Wirkung "bis auf Weiteres". Auf ausdrückliche Nachfrage in der mündlichen Verhandlung wurde bestätigt, dass es keine weiteren Regelungen zu Arbeitszeit oder Entgelt für die Zeit ab der Geburt von M. gibt. Damit existiert keine arbeitsvertragliche Vereinbarung über eine Tätigkeit von 25 Wochenstunden zu einem Gehalt in Höhe des Nutzungsvorteils der privaten Pkw-Nutzung für den hier streitigen Zeitraum. Von einer mündlichen, zumindest konkludenten Änderung des Arbeitsvertrags kann nach Auffassung des Senats nicht ausgegangen werden. Jedenfalls wäre eine derartige konkludente mündliche Änderung bei der Prüfung eines Anspruchs auf Elterngeld nicht anzuerkennen, denn sie hält einem Fremdvergleich nicht stand. Wie zur steuerrechtlichen Anerkennung von Verträgen unter nahen Angehörigen gefordert wird, dass diese zivilrechtlich wirksam abgeschlossen sind und nach Inhalt und Durchführung dem unter Fremden Üblichen entsprechen (vgl BFH 16.12.1998, X R 139/95), ist auch bei einer Konstellation wie hier mit Verträgen der Eltern als Arbeitnehmer zu einer GmbH, deren Gesellschafter sie sind, ein Fremdvergleich vorzunehmen (vgl auch BSG 24.05.2006, B 11a AL 7/05 R – zur fremdnützigen Treuhand; BSG 17.06.2010, B 14 AS 46/09 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 30 – zu Darlehen durch Familienangehörige). Anders als bei den Kosten der Unterkunft im Bereich der Grundsicherung geht es vorliegend nicht um Leistungen der Existenzsicherung, bei denen die Frage eines tatsächlich bestehenden existenziellen Bedarfs maßgeblich ist und daher nicht entscheidend ist, ob die Vertragsgestaltung einem Fremdvergleich standhält (vgl BSG 03.03.2009, B 4 AS 37/08 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 15 – zu Kosten der Unterkunft bei Mietvertrag unter nahen Angehörigen; BSG 23.03.2010, B 8 SO 24/08 R, SozR 4-3500 § 29 Nr 1).

Ein fremder Arbeitnehmer würde jedenfalls keine Vereinbarung abschließen, wonach er anstelle von 20 Stunden für (zuletzt) 3.382 EUR zzgl private Kfz-Nutzung im Wert von 1.591 EUR sich nunmehr zu einer Arbeitsleistung von 25 Stunden für nur noch 1.591 EUR Sachbezug verpflichten würde. Auf die darüber hinaus problematische unbeschränkt mögliche private Nutzung eines Firmenwagens ohne weiteres Gehalt (vgl dazu BFH 10.10.2018, X R 44-45/17, DB 2019, 464), zumal bei einer Firma ohne Geschäftsbetrieb, kommt es daher nicht an. Damit kann jedenfalls beim Kläger nicht von einer Erwerbstätigkeit im Umfang von 25 bis 30 Stunden wöchentlich ausgegangen werden. Damit scheitert der Anspruch auf Partnerschaftsbonusmonate insgesamt, denn beide Eltern müssen in dem von § 4 Abs 4 Satz 3 BEEG geforderten Umfang tätig sein.

Da nach alledem schon die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt sind, kommt es auf die Frage, ob eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung vorliegt, nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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